Energieeffizienz von Getriebemotoren mit Frequenzumrichter

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Energieeffizienz von Getriebemotoren mit Frequenzumrichter
Prof. Dr.-Ing. Karl-Dieter Tieste, Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Professor für elektrische Maschinen, elektrische Antriebe und Leistungselektronik im
Fachbereich Elektrotechnik.
Dipl.-Ing. Robert Hanne, Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, wiss. Mitarbeiter.
Dr.-Ing. Sven Hilfert, Lenze drive systems, Leiter Entwicklung Elektromechanik.
Dr.-Ing. Edwin Kiel, Lenze AG, Leiter Innovation.
Efficiency of geared motors with frequency converter
Geared motors with frequency converters in the power range < 1,1kW are used in
numerous applications in industry e.g. driving a conveyor belt.
The investigation's questions after the optimum operating point concerning to optimum efficiency of the drive. The investigation is focusing particularly on the aspects
efficiency at partial load, efficiency at variable speed, optimal magnetism, optimal induction motor, optimal operating frequency.
geared motor, efficiency, VSD
1. Einführung
Getriebemotoren sind die typischen Antriebe in der Fördertechnik. Der Stückzahlschwerpunkt dieser Antriebe liegt im Bereich unterhalb von 1,1kW, wobei der Getriebemotor eine Drehzahl von 60 ... 200 1/min liefern muss. Die Getriebemotoren bestehen meist aus Standard-Asynchronmaschinen, die zusammen mit einem StirnradWinkel- oder Kegelstirnradgetriebe eine Einheit bilden. Die Steuerung und Regelung
erfolgt mit Hilfe von Frequenzumrichtern, die von der Anlagensteuerung über Bussysteme oder Schaltsignale gesteuert werden.
Das wichtigste Kriterium bei der Auswahl von großen Antrieben für hohe Betriebszeiten sind die Energiekosten, so dass hier hocheffiziente Antriebe eingesetzt werden.
Bei kleinen Antrieben erfolgt die Auswahl meist anhand der Investitionskosten. In Logistikzentren sind oftmals mehrere hundert Transportbänder im Dauereinsatz, die jeweils mit einem kleinen Antrieb ausgestattet sind, der meist in Teillast betrieben wird.
Den Anwender von Getriebemotoren interessieren folgende Punkte:
● Die passende Abtriebsdrehzahl
● Ein möglichst hoher Wirkungsgrad für die Arbeitspunkte, in denen der Antriebsstrang betrieben wird
● Möglichst geringe Lebenszykluskosten
● Eine hohe Zuverlässigkeit des Antriebsstranges
● Die Antriebstechnologie ist für den Anwender eher uninteressant
Bisher war es üblich Getriebemotoren für die vorhandene Netzfrequenz auszulegen.
Durch den Einsatz von Frequenzumrichtern ist der Antrieb nicht mehr an die starre
Netzfrequenz gebunden. Der Motor kann nun durch Anpassung von Frequenz und
Spannung in einem wirkungsgradoptimalen Arbeitspunkt betreiben werden.
Die Untersuchung geht folgenden Fragen nach:
● Wo liegt der optimale Arbeitspunkt für einen hohen Wirkungsgrad von Standard-Getriebemotoren?
● Mit welchen Maßnahmen lässt sich eine Optimierung des Wirkungsgrades unter Verwendung von Standardkomponenten vornehmen?
● Wie verhält sich der Wirkungsgrad eines Antriebsstranges im Teillastbereich?
● Welchen Einfluss haben die Komponenten (Getriebe, Motor, Frequenzumrichter) auf den Systemwirkungsgrad?
Dem Anwender sollen Hinweise gegeben werden, wie ein Antriebsstrang energieeffizient mit Standardkomponenten realisiert werden kann.
2. Der Messaufbau
LastMaschine
DrehmomentMesswelle
Prüfling
P El =  3 U 1 I N ,1 cos N ,1
Getriebemotor
mit Umrichter
P Mech=2  M 2 n 2
P Mech
P El
verwendet; dies ist das Verhältnis zwischen aufgenommener elektrischer Leistung
und abgegebener mechanischer Leistung.
Der Prüfstand besteht aus dem Getriebemotor-Prüfling, der entweder direkt aus dem
Netz oder über den Frequenzumrichter Lenze 8400 Stateline gespeist wird. Der PrüfZur Beurteilung des Wirkungsgrades wird der „Black-Box-Wirkungsgrad“ =
ling ist über eine Drehmomentmesswelle an die Lastmaschine gekoppelt. Mit Hilfe
zweier Leistungsmessgeräte werden die netzseitige Leistung, die elektrische Leistung zwischen Umrichter und Prüfling sowie aus Drehzahl und Drehmoment die mechanische Leistung erfasst. Der Prüfablauf wird halbautomatisch mit Hilfe einer Labview Anwendung gesteuert.
M1,
M5
M2
M3
Ausgangspunkt für die Untersuchung sind
Getriebemotoren, die jeweils aus einem
zweistufigem Stirnradgetriebe und einer
Standard-Asynchronmaschine
in
unterschiedlichen Baugrößen und Effizenzklassen
bestehen.
Die mechanische Schnittstelle auf der Abtriebsseite mit einer Drehzahl von 100 1/min
und einer mechanischen Leistung von
1100W ist einheitlich, so dass die Getriebemotoren untereinander austauschbar sind.
Dennoch sind die Antriebe unterschiedlich
groß. Die Daten der Antriebe sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Motor
Motortyp
Daten für 50Hz
Getriebe
Abtriebsseite
M1
35,4kg
Lenze
MDEMA090-12B
P=2, Eff2
400V Y (50Hz)
n n = 1410 1/min
P n = 1100W (50Hz)
Anbau über
Kupplung,
i = 14,356
98,2 1/min,
(50Hz)
M2
21,1kg
Lenze
MDEMAXX080-42
P=2, Eff2
400V Y (50Hz)
n n = 1390 1/min
P n = 1100W (50Hz)
Direktanbau
i = 14,356
96,8 1/min
(50Hz)
M3
Lenze MDEMA17,8 kg XX071-42
P=2, Eff2
400V D (87Hz)
n n = 1390 1/min
P n = 550W (50Hz)
P n = 1000W (87Hz)
Direktanbau
i = 24,933
100,9 1/min,
(87Hz)
M5
Nord
36,0 kg SK90SH/4
P=2, Eff1
400V Y (50Hz)
n n = 1430 1/min
P n = 1100W (50Hz)
Anbau über
Kupplung,
i = 14,356
99,6 1/min
(50Hz)
3. Messungen bei Netzfrequenz
Aus der Leerlaufmessung lässt sich
der Leistungsbedarf
ablesen, der für die
Bewegung
ohne
Lastmoment erforderlich ist. Der Leistungsbedarf hängt
vom Maschinentyp
sowie
signifikant
von der Netzspannung ab, die die Magnetisierung in der
Maschine bestimmt.
Der Antrieb M1 benötigt rund 240W
zur Aufrechterhaltung des Betriebs im
Leerlauf; der Antrieb M5 mit dem Eff1 Motor schneidet hier mit 150W deutlich besser
ab. Die Motoren M1 und M5 ließen sich vom Getriebe trennen (Messungen M1_LOG
und M5_LOG); durch die Messung der Differenz der Leistungsaufnahme konnte ermittelt werden, dass das Getriebe zu einer Änderung der Leistungsaufnahme von
40W führt. Umgerechnet mit einem Motorwirkungsgrad von ca. 75% benötigt das Getriebe 30W Leistung.
Die Wirkungsgrade
der Antriebe hängen vom Lastmoment ab. Der maximale Wirkungsgrad
liegt jeweils etwa im
Nennpunkt.
Bei
Teillast fällt der Wirkungsgrad schnell
ab.
Es ist zu erkennen,
dass M5 mit dem
Eff1-Motor im Wirkungsgrad deutlich
überlegen ist. Eine
große Asynchronmaschine (M1) ist aber nicht unbedingt die erste Wahl; hier ist M2
überlegen. Asynchronmaschinen sind auf die Netzspannung von 400V +-Toleranz
ausgelegt. Die Leerlaufkennlinie hat gezeigt, dass die Leistungsaufnahme in starkem
Maße von der Netzspannung abhängt, auch wenn sich der Antrieb im Bereich oberhalb von von ca. 200V mit einer nahezu konstanten Drehzahl dreht. Es stellt sich die
Frage, wo die optimale Netzspannung für den jeweiligen Arbeitspunkt liegt. Im Teillastbereich ist eine Absenkung der Netzspannung sinnvoll, da sich dadurch die Magnetisierungsverluste sowie die Ständer-Kupferverluste, die durch den hohen Magnetisierungsstrom hervorgerufen werden, deutlich verringern lassen. Für Vollast ist aller-
dings eine ausreichend hohe Spannung erforderlich, damit der Motor nicht kippt. Das
Netz lässt keine Veränderung der Spannung zu, wohl aber ein Frequenzumrichter.
4. Betrieb am Frequenzumrichter
Ein Frequenzumrichter trägt nicht zur Verbesserung des Wirkungsrades bei, wenn
dieser aus der Netzspannung von 400V 50Hz die Motorspannung von ebenfalls
400V 50Hz erzeugt.
Der Einsatz von Frequenzumrichtern ist
jedoch
durch
die
Steuerbarkeit
und
hervorragende Flexibilität legitimiert. Der
Frequenzumrichter
8400 Stateline besitzt
einen Eigenverbrauch
von 15W und benötigt
zum Betrieb vom Antrieb M1 im Nennpunkt (400V 50Hz)
eine Leistung von
50W. Durch die Verwendung des Umrichters
verschlechtert
sich hier der Systemwirkungsgrad um rund
5%.
Frequenzumrichter
werden zur Variation
der Drehzahl eines
Antriebs eingesetzt.
Hier liegt ihre Stärke;
jedoch hat die Variation der Drehzahl auch
Einfluss auf den Systemwirkungsgrad.
Eine Verringerung
der Frequenz ist
verbunden mit einer
Verringerung
des
Wirkungsgrades.
Dies ist verständlich, denn die induzierte Spannung in
einem elektrischen
Leiter sinkt mit abnehmender
Frequenz; der ohmsche Spannungsabfall am Leiterwiderstand bleibt jedoch
gleich. Mit steigender Frequenz steigt auch der Wirkungsgrad um oberhalb des Eckpunktes des Motors
im Feldschwächbereich bei hohem Lastmoment wieder abzufallen. Betreibt man den
Getriebemotor
in
Dreieckschaltung,
so besitzt die Maschine ihren Eckpunkt
bei
400V
87Hz.
Der
Wirkungsrad des Systems ist bei 87Hz
deutlich besser als
bei
50Hz.Dieser
Trend ist generell
bei Asynchronmaschinen zu beobachten.
Durch
Anpassung
der Getriebeübersetzung lässt sich die Motordrehzahl an die Abtriebsdrehzahl anpassen. Dies erfolgt ohne nennenswerte Veränderung des Wirkungsgrades, sofern
die Zahl der Getriebestufen beibehalten werden kann. Bei der Maschine M2 handelt
es sich um einen 2-poligen Asynchronmotor mit einer Nennleistung von 1,1kW 400 V
50 Hz Y. Die Schaltung im Dreieck und
der Betrieb bei 87Hz
haben zu einer Verbesserung des Wirkungsgrades geführt.
Interessant ist jetzt die
Darstellung des Wirkungsgrades aufgetragen über der mechanischen Leistungsabgabe. Hier wird deutlich,
dass M2 in der Schal-
tungsart 400 V 87Hz Dreieck für eine Leistungsabgabe von 1,1kW zu groß für die
Antriebsaufgabe ist. Optimal wäre diese Maschine für eine Leistungsabgabe von
1,8kW.
Eff1
Eff2
50Hz → 87Hz
Bemerkenswert ist auch der Vergleich der Masse der Antriebe: Antrieb M1 (35,4kg)
hat bei 50Hz einen schlechteren Wirkungsgrad als M3 (17,8kg), der bei 87Hz betrieben wird.
Die heutige Zeit ist geprägt von zunehmender Ressourcenknappheit. Energie und
Rohstoffe sind ein wertvolles Gut, mit denen verantwortungsvoll umgegangen werden muss. Die Rohstoffpreise sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Hocheffiziente Motoren verwenden aber mehr Rohstoffe, insbesondere Kupfer, um ihren Wirkungsgrad bei 50Hz zu steigern. Mit Hilfe von Frequenzumrichtern lässt sich der Wirkungsgrad ebenso gut durch Erhöhung der Drehzahl bzw. Frequenz verbessern.
Eine deutliche Verbesserung des Wirkungsgrades lässt sich durch die Wahl einer kleineren Maschine mit Effizienzklasse Eff1 für 87Hz an Stelle einer größeren Maschine für 50Hz erreichen.
Feldschwächung im
Teillastbetrieb
Optimale Spannung
Im Teillastbereich führt
eine Verringerung der
Magnetisierung durch
eine geringere Betriebsspannung in Abhängigkeit von der Belastung zu einer deutlichen
Verbesserung
des Wirkungsgrades.
Allerdings ist ein so in
Teillast
betriebener
Motor nicht voll magnetisiert, so dass ein
plötzlich auftretendes
Lastmoment nicht so
schnell ausgeregelt werden kann wie bei Nenn-Magnetisierung. Für Anwendungen in
der Fördertechnik ist diese Eigenschaft jedoch meist akzeptabel.
Auch die Schaltfrequenz hat Einfluss auf den Systemwirkungsgrad. Bei Verwendung
einer kurzen Motorleitung (3m) schneidet die
Schaltfrequenz
16kHz
vom Wirkungsgrad her
schlechter ab als kleinere Schaltfrequenzen. Allerdings besitzen die
16kHz akustische Vorteile beim Betrieb des Antriebs.
Auch die Länge der Motorleitung beeinflusst den
Systemwirkungsgrad.
Bei langer Motorleitung
(50m) führt eine hohe
Schaltfrequenz zu einer
deutlichen Verschlechterung des Wirkungsgrades. Auch die Modulationsart AO = 3-SchalterModulation, Pv = 2Schalter-Modulation hat
einen Einfluss auf den
Wirkungsgrad. Im Sinne
eines guten Wirkungsgrades sollte die Modulationsart 8_Pv = 8kHz,
2-Schalter-Modulation
als Defaultwert für die
meisten Anwendungen
empfohlen werden.
4. Zusammenfassung
a) Ein Frequenzumrichter steigert nicht den Wirkungsgrad solange dieser die Netzfrequenz von 50Hz in die Motorfrequenz von ca. 50Hz umformt. Frequenzumrichter
rechtfertigen sich durch
● Drehzahlverstellung
● kontrollierte Beschleunigung und Verzögerung
● als Steuerelement für Motoren
b) Der Betrieb einer ASM am Frequenzumrichter bei 50Hz oder darunter ist uneffektiv. Frequenzumrichter geben aber die Freiheit der Frequenzwahl.
● Ein Betrieb in 87Hz Technik ist mit Standardkomponenten möglich. Gleichzeitig spart der Betrieb bei höheren Frequenzen Material (Kupfer, Eisen), da die
Maschinen kleiner werden.
● Ein Betrieb im Bereich 100 ... 150 Hz erscheint sinnvoll; dies erfordert jedoch
Sondermaschinen.
c) Verwendung von Eff1-Motoren
● Für den Dauerbetrieb ist der Einsatz von effizienten Motoren unerlässlich.
● Diese lassen sich durch die Kombination mit der 87Hz Technik betreiben, was
zu einem kostengünstigen, und gleichzeitig hocheffizienten Antrieb führt, der
eine kleine Baugröße besitzt und wenig Material beansprucht.
d) Tuning am Frequenzumrichter
● Durch die Funktion einer belastungsabhängigen Magnetisierungsstromabsenkung lässt sich der Wirkungsgrad insbesondere im Teillastbereich deutlich
verbessern.
● Der Anwender sollte bei der Auswahl der effizienten Schaltfrequenz und Modulationsart unterstützt werden.
e) Antriebsentwicklung ist Systementwicklung
● Der Antriebsstrang besteht aus Umrichter, Motor und Getriebe. Den Maschinenbauer interessiert jedoch „nur“ die Drehzahl und das Drehmoment an der
Abtriebswelle. Die derzeitigen Lösungen werden dominiert durch Antriebe, die
sich an Netzfrequenz und Netzspannung orientieren. Gerade die Wahl von
Frequenz und Spannung, die mit Hilfe des Frequenzumrichters möglich ist, eröffnet Freiheitsgrade, die zur Verbesserung der Energieeffizienz bei gleichzeitiger Reduzierung der Menge der eingesetzten Rohstoffe führen.
5. Literatur
Kiel, E. (Hrsg.): Antriebslösungen - Mechatronik für Produktion und Logistik. Springer
Berlin Heidelberg New York, 2007
DENA Stromeffizienz 2006, Berlin, 19.09.2006, Vortrag Prof. Dr.-Ing. Wolfgang
Schröppel, Energietechnischen Gesellschaft im VDE (ETG)
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