Mathematik Lerneinheit 1.2 Strukturelles Denken Teil 2: Gleichungen, Gleichungssysteme Leitidee Polynome Strategien, Konzepte, Anwendungen Theorie, Übungen, Partnerinterviews, Partnerinterviews, dynamische Experimentiervorlagen, Experimentiervorlagen, Lernkontrollen Durch Lernen erwerben wir Kenntnisse, durch eigenes Denken Verständnis, durch Üben Anwendungsbereitschaft. Benno Frei ©2013/14 DialogMathe Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS 4 Gleichungen praxisbezogen, Formeln...................................................................................... 153 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 5 Gleichungen mathematisch ........................................................................................................ 187 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 6 Definition Gleichung............................................................................................................. 187 Lösen einer Gleichung, Äquivalenzumformungen .......................................................... 192 Graphisches Lösen von Gleichungen ................................................................................. 200 Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren ...................................................................... 203 Lösen von Gleichungen mit dem Rechner ......................................................................... 214 Algebratraining: Gleichungen ............................................................................................. 217 Gleichungssysteme ...................................................................................................................... 221 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 7 Umwandeln einer Formel .................................................................................................... 153 Graphische Interpretation: Diagramme ............................................................................. 160 Differential- und Integralrechnung..................................................................................... 164 Ursache-Wirkungs-Prinzip, lineare Denkweise ................................................................ 171 Beispiel Auslenkung einer Feder, Spannarbeit ................................................................. 176 Übungen: Interpretation von Formeln ............................................................................... 178 Modell: Newtonsches Gravitationsgesetz.......................................................................... 180 2x2 Gleichungssysteme......................................................................................................... 221 3x3 Gleichungssysteme......................................................................................................... 227 Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen ................................... 232 Gauss‘sches Eliminationsverfahren .................................................................................... 244 Moderne Anwendungen aus der Technik ......................................................................... 252 Chemische Reaktionsgleichungen, mathematisches Ausgleichen ................................. 254 Physik, Gleichungssystem aus der Bewegungslehre ....................................................... 258 Ausblick Vektorräume als mathematische Struktur ........................................................ 267 Leitidee Polynome ........................................................................................................................ 271 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 Definition Polynom ............................................................................................................... 271 Graphische Darstellung eines Polynoms ........................................................................... 276 Anwendungen, Übungen, Repetitionstest........................................................................ 288 Algebraische Bestimmung von Polynomen ...................................................................... 294 Dynamische Darstellung von Polynomen ......................................................................... 297 Grafische Darstellung von mathematischen Objekten..................................................... 304 Repetitionstest Polynome ..................................................................................................... 308 „Durch Lernen erwerben wir Kenntnisse, durch eigenes Denken Verständnis, durch Üben Anwendungsbereitschaft.“ © DialogMathe Mathematik Lerneinheit 1.2 Skript Strukturelles Denken 2013/14 Teil 2: Gleichungen, Gleichungssysteme, Anwendungen, Leitidee Polynome Theorie, Übungen, Partnerinterviews, Lernkontrollen, dynamische Experimentiervorlagen Von Benno Frei © Übersicht Gleichungen ÜBERSICHT GLEICHUNGEN DialogMathe DialogMathe Vorwort Vorwort: Was vermittelt diese Lerneinheit? Inhaltlich geht es um Gleichungen und Gleichungssysteme und viele praktische Anwendungen. Zusätzlich werden im letzten Kapitel Polynome besprochen. In der Geometrie hast du das mathematische Prinzip, Gleichungen aufzustellen, um deine Unbekannten zu bestimmen, schon angewendet. Gleichungen brauchst du in der Praxis um Problemstellungen zu mathematisieren. Probleme werden von dir analysiert und in die Sprache der Mathematik übersetzt, wo du sie dann lösen kannst. Die gefundenen Lösungen müssen von dir interpretiert oder auf Plausibilität überprüft werden. So gesehen sind Gleichungen ein Werkzeug, um Probleme zu lösen und du lernst wie dieses Werkzeug effizient eingesetzt werden kann, um Lösungen für deine zukünftigen Problemstellungen zu finden. Nebst der Fähigkeit, Probleme zu lösen, lernst du verschiedene Darstellungsformen zu gebrauchen. Der Wechsel zwischen Darstellungsformen fördert das Verständnis und kann dir beim Lösen von Problemen behilflich sein. Kommst du mit dem Mathematikunterricht klar? Es gibt nichts Ungerechteres als die gleiche Behandlung von Ungleichen! Lernen ist eine höchst persönliche Angelegenheit, auch während des Mathematikunterrichts. Jeder einzelne Lernende muss auf der Basis seines mathematischen Know-how, seines Lerntyps und seiner aktuellen Wahrnehmungsfähigkeit motiviert werden, sich neuen Inhalten zu öffnen. Der Unterricht soll sich daher zuvorderst an den Fähigkeiten jedes einzelnen Lernenden orientieren und nicht an der Erfüllung von Lehrplänen. Die Forderung jede einzelne Konstellation im Mathematikunterricht berücksichtigen zu wollen, ist und bleibt sicherlich ein Wunschtraum. Doch mit einem breiten Angebot an Methoden, Lernformen, Lernzugängen, einer positiven Fehlerkultur (zulassen von Fehlern und der angstfreie, konstruktive Umgang damit) und einem motivierenden Lernklima können viele verschiedene Konstellationen angesprochen werden. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© I DialogMathe Vorwort Du musst dir den Spass an der Mathematik erhalten! Wenn du Spass an der Mathematik hast, so entwickelt sich eine nach oben führende Spirale mit einem virtuosen Kreis, der mit Belohnung beginnt und zur Freude an der Mathematik führt. Es wird mehr Mathematik getrieben, woraus ein besseres Verstehen und eine Verbesserung der Fähigkeiten folgen, was zu besseren Leistungen und wieder zur Belohnung führt. Wichtig ist, dass wir die richtige Einstellung finden und uns selbständig mit mathematischen Problemen befassen. Wir benötigen individuelle Anregung, um entsprechend motiviert zu werden. Befindest du dich in einer nach unten führenden Spirale, mit einem Teufelskreis aus Frustration, Angst, Vermeidung, fehlendem Lernen, fehlender Kompetenz, schlechter Leistung, Bestrafung und erneuter Frustration? Dann analysiere deine Situation und finde heraus, wie du einen Wechsel in den virtuosen Kreis herbeiführen kannst! Durch Lernen erwerben wir Kenntnisse, durch eigenes Denken Verständnis, durch Üben Anwendungsbereitschaft. Diskutiere mit deinen Lernpartnern über Mathematik und schreibe jeweils die Resultate in dein Lernjournal. Wer über Mathematik reden und schreiben kann, der hat sie verstanden! II Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Vorwort Überblick Lerneinheit 1.2 strukturelles Denken Teil 2 Kapitel 4: Gleichungen praxisbezogen, Formeln In diesem Kapitel lernst du Formeln zu interpretieren, in Modellen zu denken und Zusammenhänge durch Analogien zu erkennen. Mit Hilfe von Diagrammen werden algebraische Zusamenhänge visualisiert. Es werden wichtige mathematische Konzepte vorgestellt, die in der Physik und Technik Anwendung finden. Algebraische Definitionen werden geometrisch interpretiert, wobei das Erkennen von mathematischen Strukturen zum Verständnis der Natur beiträgt. Kapitel 5: Gleichungen mathematisch Eine kurze Theorie führt dich in die Gleichungslehre ein. Definitionen und Sätze sind die Grundlagen für das Verständnis im Umgang mit Gleichungen. Strategien zum Lösen von Gleichungen werden dir bei den Anwendungen hilfreich sein. Auch hier werden wir mit zwei verschiedenen Repräsentationsformen arbeiten. Durch Gleichungen mit Parametern werden Probleme dynamisiert. Kapitel 6: Gleichungssysteme In diesem Kapitel diskutieren wir das Auflösen von Gleichungssystemen. Durch die geometrische Interpretation von Gleichungssystemen gewinnen wir Verständnis für dessen Lösbarkeit. Anwendungen aus der Chemie, Physik und der Technik., die auf Gleichungssysteme führen, werden besprochen. Zum Schluss wird dir der theoretische Begriff des Vektorraumes vorgestellt. Kapitel 7: Leitidee Polynome Das Kapitel ist eine Vorbereitung für die Funktionslehre. Du lernst spezielle Terme algebraisch und graphisch zu interpretieren, wobei der Wechsel zwischen den beiden Repräsentationsformen dir Verständnis bringen soll. Mit Hilfe von Parametern werden Terme dynamisiert und analysiert. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© III Vorwort DialogMathe Notizen IV Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Umwandeln einer Formel 4 Gleichungen praxisbezogen, Formeln Was ist eine Formel? Formeln treten sehr häufig in technischen und naturwissenschaftlichen Anwendungen auf. Sie geben in Gleichungsform den Rechengang an, wie gewünschte Grössen berechnet werden können. 4.1 Umwandeln einer Formel Oft ist es notwendig, aus einer Formel bestimmte Grössen zu berechnen, die Formel also umzuformen. Da Formeln Gleichungen sind, werden sie wie diese nach der gewünschten Grösse aufgelöst. Die zu berechnende Grösse ist die Gleichungsvariable, nach der die Gleichung aufgelöst werden muss. 4.1.1 Beispiel: Bewegung Stell dir vor du bewegst dich mit konstanter (gleichbleibender) Geschwindigkeit z.B. v = 3 ms−1 . Du legst also jede Sekunde drei Meter Weg zurück. Mache eine Skizze für die Bewegung und zeichne für die ersten 5 Sekunden die Positionen ein. Die Bewegung kann durch die Gleichung s = v ⋅ t beschrieben werden, wobei s der zurückgelegte Weg in Metern und t die dazu benötigte Zeit in Sekunden bedeuten. In der Physik lernst du diese Gleichung als Weg-Zeit-Gesetz für eine gleichförmige Bewegung kennen. Wir sagen das Weg-Zeit-Gesetz ist ein Modell für die Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit. Bewegungen, bei denen diese Voraussetzung nicht gilt, können nicht durch dieses Modell beschrieben werden. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 153 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln Anwendung des Weg-Zeit-Gesetzes Willst du wissen, welchen Weg du nach einer Minute zurückgelegt hast, wenn du dich mit der Geschwindigkeit v = 3 ms−1 bewegst, so lässt sich das mit dem Weg - Zeit - Gesetz ermitteln: s = v ⋅ t = 3ms−1 ⋅ 60s = 180m . Möchtest du wissen, welche Gechwindigkeit nötig ist, um in t = 25s den Weg s = 550m zurückzulegen, so ist kein weiteres Gesetz notwendig, sondern du kannst die Grundgleichung s = v ⋅ t nach v auflösen. Dazu müssen wir die Gleichung durch t dividieren: s = v⋅t |: t s s 550m = v oder v = = = 22ms−1 t t 25s Weiter können wir die Gleichung s = v ⋅ t auch nach der Zeit t auflösen, indem wir durch die Geschwindigkeit v dividieren. s = v⋅t |: v s s = t oder t = v v So erfahren wir z.B. wie viel Zeit wir benötigen, wenn wir s = 100 m mit einer Geschwindigkeit v = 20 ms−1 zurücklegen: t= s 100m = = 4s v 20ms−1 Zusammenfassung Das Weg-Zeit-Gesetz besteht aus den drei Grössen Weg s, Geschwindigkeit v und Zeit t. Sind zwei bekannt, so lässt sich die dritte mit Hilfe der Grundgleichung s = v ⋅ t berechnen: v= s s und t = . t v Beachte: Es ist nicht nötig alle drei Gleichungen auswendig zu lernen, da die letzten beiden durch Umformen aus der Grundgleichung ermittelt werden können. 154 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 4.1.2 Umwandeln einer Formel Beispiel: Dopplereffekt Frequenz einer Welle bei bewegter Quelle: f = f0 ⋅ c c−v c : Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle (z.B. Schall) v : Geschwindigkeit der Quelle f0 : Frequenz der Welle bei ruhender Quelle Applet Beispiel zum Doppler-Effekt. (http://www.walter-fendt.de/ph14d/doppler.htm) Ein Notarztwagen fährt mit eingeschaltetem Martinshorn an einer Person vorbei, die an der Strasse steht. Dadurch, dass sich der Notarztwagen der Personen nähert, kommen die Wellenfronten in kürzeren Zeitabständen an. Wenn sich das Fahrzeug von der Person entfernt, sind die zeitlichen Abstände zwischen den eintreffenden Wellenfronten verlängert. Auflösen nach der Frequenz f0 der Welle bei ruhender Quelle c f = f0 ⋅ / ⋅( c − v ) c−v f ⋅ ( c − v ) = f0 ⋅ c /:c f ⋅(c − v ) v = f ⋅ 1 − c c Auflösen nach der Geschwindigkeit v der Quelle c f = f0 ⋅ / ⋅( c − v ) c−v f ⋅ ( c − v ) = f0 ⋅ c / ausmultiplizieren f0 = f ⋅ c − f ⋅ v = f0 ⋅ c / +f ⋅ v f ⋅ c − f0 ⋅ c = f ⋅ v /:f f ⋅ c − f0 ⋅ c =v f → / − f0 ⋅ c v=c− f0 ⋅ c f = c ⋅ 1 − 0 f f Auflösen nach der Ausbreitungsgeschwindigkeit c der Welle c f = f0 ⋅ / ⋅( c − v ) c−v f ⋅ ( c − v ) = f0 ⋅ c / ausmultiplizieren f ⋅ c − f ⋅ v = f0 ⋅ c / +f ⋅ v f ⋅ c − f0 ⋅ c = f ⋅ v / c ausklammern c ⋅ ( f − f0 ) = f ⋅ v / : ( f − f0 ) c= / − f0 ⋅ c f ⋅v f − f0 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 155 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.1.3 Übungen: Auflösen einer Formel Ohmsches Gesetz U = R ⋅ I Löse die Formel nach R auf. Löse die Formel nach I auf. Arbeit eines elektrischen Gleichstroms W = U ⋅ I ⋅ t Druck p = Löse die Formel nach U auf. Löse die Formel nach t auf. Löse die Formel nach F auf. Löse die Formel nach A auf. F A Fläche eines Dreiecks A = 21 ⋅ g ⋅ h Löse die Formel nach h auf. Winkelgeschwindigkeit ω = Löse die Formel nach g auf. 2π T Löse die Formel nach T auf. Kapazität eines Plattenkondensators C = ε⋅ Löse die Formel nach A auf. Umkreisradius in einem Dreieck r = Löse die Formel nach d auf. a ⋅b ⋅c 4A Löse die Formel nach a auf. 156 A d Löse die Formel nach A auf. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Umwandeln einer Formel Höhe eines gleichseitigen Dreiecks h = a ⋅ 2 3 Löse die Formel nach a auf. Gesetz von Boyle – Mariotte p1 = p2 ⋅ V2 V1 Löse die Formel nach p2 auf. Parallelschaltung von Widerständen I1 = Löse die Formel nach V2 auf. R2 ⋅I R1 2 Löse die Formel nach I2 auf. Leistung eines elektrischen Gleichstroms P = Löse die Formel nach R auf. Kinetische Energie W = Löse die Formel nach R1 auf. U2 R Löse die Formel nach U auf. m 2 ⋅v 2 Löse die Formel nach m auf. Energie in einem Kondensator W= Löse die Formel nach v auf. C ⋅ U2 2 Löse die Formel nach C auf. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© Löse die Formel nach U auf. 157 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln Mittellinie eines Trapezes m = a+c 2 Löse die Formel nach a auf. Massenträgheitsmoment einer Kugel Löse die Formel nach c auf. I = 52 ⋅ m ⋅ r 2 Löse die Formel nach m auf. Löse die Formel nach r auf. Volumen eines Kegels V = 31 ⋅ π ⋅ r 2 ⋅ h Löse die Formel nach h auf. Löse die Formel nach r auf. Umfang eines Rechtecks U = 2 ⋅ ( a + b ) Löse die Formel nach a auf. Fahrenheit – und Celsiusgrade Löse die Formel nach b auf. C = 59 ⋅ ( F − 32 ) Löse die Formel nach F auf. Fläche eines Trapezes A= a+c ⋅h 2 Löse die Formel nach h auf. 158 Löse die Formel nach a auf. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Umwandeln einer Formel Oberfläche eines Zylinders O = 2π ⋅ r ⋅ ( r + h ) Löse die Formel nach h auf. Inkreisradius beim Dreieck r = 2A a+b+c Löse die Formel nach A auf. Klemmspannung Löse die Formel nach b auf. UK = UL − I ⋅ Ri Löse die Formel nach UL auf. Übersetzungsverhältnis (Flaschenzug) n = Löse die Formel nach r auf. Senkrechter Wurf h= Löse die Formel nach I auf. R−r 2R Löse die Formel nach R auf. v + v0 ⋅t 2 Löse die Formel nach v auf. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© Löse die Formel nach t auf. 159 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.2 Graphische Interpretation: Diagramme Die Gleichung s = v ⋅ t beschreibt den Weg s in Abhängigkeit der Zeit t, wobei der Weg s auch durch die Geschwindigkeit v beeinflusst wird. Da wir die Zeit variieren ist t die Variable und die konstant gehaltene Geschwindigkeit v der Parameter. Die Abhängigkeit des Weges s von der Zeit t können wir in einem Diagramm darstellen: Wir interpretieren die Zahlenpaare (t|s) als Punkte in einem Koordinatensystem. Das Diagramm ordnet einer Zeit t den Weg s zu. Direkte Proportionalität Alle Punkte ( t | s ) , die wir durch s = v ⋅ t erhalten, liegen auf einer Geraden. Abhängigkeiten dieser Form nennen wir direkte Proportionalitäten. Wenn wir die Zeit verdoppeln, so verdoppelt sich auch der Weg! Die Gleichung s = v ⋅ t zeigt uns, dass der Weg auch direkt proportional zur Geschwindigkeit v ist. Wie beeinflusst der Parameter v das Diagramm? Dies können wir mit unserem Rechner erkunden, wenn wir v als Schieberegler definieren. Damit lässt sich die Geschwinigkeit v als Parameter für unsere Bewegung variieren. Wir stellen fest, dass v die Neigung (Steigung) der Geraden im s-t-Diagramm bestimmt. Die Geschwindigkeit wird auch als Änderungsrate des Weges bezeichnet! 160 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Graphische Interpretation: Diagramme Anders verhält sich die Abhängigkeit t von v: t = s v Halten wir den Weg s konstant und verdoppeln die Geschwindigkeit v, so halbiert sich die Zeit t. Abhängigkeiten dieser Form nennen wir indirekte Proportionalitäten. Indirekte Proportionalität Die Zeit t ist proportional zu Das t-v-Diagramm t ( v ) = 1 oder indirekt proportional zu v . v s ist eine Hyperbel. v Was bewirkt die Änderung des Weges im Zeit-Geschwindigkeits-Diagramm? Die Gleichung t = s zeigt uns, dass die Zeit t direkt proportional zum Weg s v ist. Wie beeinflusst der Parameter s das Diagramm? Dies können wir mit unserem Rechner erkunden, wenn wir s als Schieberegler definieren. Damit lässt sich der Weg s als Parameter für unsere Bewegung variieren. Wir stellen fest, dass der Weg s die Kurven (Hyperbeln) nach oben verschiebt! Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 161 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.2.1 Beispiel: Gleichmässig beschleunigte Bewegung Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz: v = v0 + a ⋅ t Löse die Formel nach a auf. Löse die Formel nach t auf. Zeichne das v-t-Diagramm. Welche Informationen enthält dieses Diagramm? (Anfangsgeschwindigkeit v0 , Beschleunigung a ) Weg-Zeit-Gesetz: s = v0 ⋅ t + a 2 ⋅ t2 Löse die Formel nach v0 auf. Löse die Formel nach a auf. Warum kannst du die Gleichung nicht von Hand nach t auflösen? Löse die Formel mit Hilfe des Rechners nach t auf und interpretiere das Resultat. 162 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 4.2.2 Graphische Interpretation: Diagramme Partnerinterview mathematische Analogien Partnerinterview mathematische Analogien Zeit: 15 Minuten Analysiere die Analogien der folgenden zwei Bewegungen in den Formeln und in den Diagrammen (Steigung, Fläche). Gleichförmige Bewegung Definition: v = konstant Gleichmässig beschleuinigte Bewegung aus der Ruhe ( v 0 = 0 ) Definition: a = konstant s = v⋅t s= Steigung v = a 2 ⋅ t2 ∆s = konstant ∆t v = konstant Diagramm: Fläche = Weg ∆v =0 Steigung a = ∆t v = a⋅t Diagramm: Fläche = Weg ∆v = konstant Steigung a = ∆t Beschleunigung a = 0 a = konstant Diagramm: Fläche = Geschwinigkeit Für allgemeine Bewegungen (Beschleunigung a nicht konstant) gibt es ein mathematisches Prinzip um Änderungsraten (Steigung) und Flächen unter den Kurven zu bestimmen (Differential- und Integralrechnung). Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 163 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.3 Differential- und Integralrechnung Obwohl die Differenzial- und Integralrechnung nicht im Lehrplan der technischen BMS aufgeführt ist, werden wir uns kurz in diesem Kapitel damit beschäftigen. Der Grund liegt in meinen Erfahrungen, die ich selbst als Lernender gemacht habe. Ich hatte Mühe die „Schulphysik“ zu verstehen. Das Verständnis für die Physik kam erst, als ich die Differenzial – und Integralrechnung zur Verfügung hatte. Was ist Differenzial- und Integralrechnung? Die Differenzial- und Integralrechnung ist eine weit entwickelte Methode des Umgangs mit funktionalen Beziehungen, welche in den wissenschaftlichen und mathematischen Problemen auftauchen. Seit ihren Anfängen ist sie eine Sprache zur Beschreibung des quantitativen Zusammenhangs verschiedener Grössen und liefert Werkzeuge zur Erforschung dieser Zusammenhänge. Die grosse Faszination, welche sie auszuüben vermag, liegt wesentlich in ihren vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und ihren Beziehungen zu anderen Wissenschaften. Sie liefert die Grundlage zur Möglichkeit der Mathematisierung konkreter Probleme, welche es erlaubt, die Probleme genauer zu erfassen und Prognosen über den Verlauf zu erstellen. So basieren sowohl die Berechnungen der Planetenbahnen, Voraussagen über den Verlauf chemischer Reaktionen, die Wetterprognosen wie auch Prognosen über wirtschaftliche oder soziale Entwicklungen auf Modellen, welche die Werkzeuge der Differenzialund Integralrechnung verwenden. 4.3.1 Prinzip für die Definition einer Momentangrösse Physikalische Grössen sind im allgemeinen Momentangrössen d.h. sie ändern sich ständig. Um solche Momentangrössen zu beschreiben, entwickelte Newton seine Fluxionsrechnung (1670 – 1680) die heutige Differential-und Integralrechnung. Eigentlich sind die Definitionen von Momentangrössen sehr anschaulich, da sie von Messprinzipien ausgehen und erst nachträglich durch Abstraktion 164 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Differential- und Integralrechnung ihre exakte Form erhalten. Dieses Prinzip wollen wir verstehen und dann verstehen wir auch, dass in der Praxis eine Momentangrösse immer nur angenähert gemessen werden kann. Momentangrösse als Grenzwert Wir nehmen die Durchschnittsgrösse für ein Zeitintervall ∆ t = t 2 − t1 . Dann lassen wir ∆ t immer kleiner werden bis als Grenzwert ∆ t = 0 wird, dann ist t 2 = t1 und wir haben die Momentangrösse im Zeitpunkt t1 . Die Grenzwertbildung wird in der Mathematik ausführlich studiert (Differentialquotient, Ableitung). In der Praxis bei der Messung sollte ∆ t sehr klein gewählt werden, was die Messtechnik nicht immer erlaubt. Beispiel Geschwindigkeit als Momentangrösse Um die Geschwindigkeit v eines Autos zu messen müssen wir den zurückgelegten Weg ∆s und die dazu benötigte Zeit ∆t ermitteln. Daraus ergibt sich die Durchschnittsgeschwindigkeit: v= ∆s (Sekantensteigung) ∆t Momentangeschwindigkeit als Grenzwert Bei der Momentangeschwindigkeit müssen wir ∆t gegen Null streben lassen: v= ∆s lim ∆t → 0 ∆ t (Tangentensteigung, lim = Limes, Grenzwert) Beispiel für Genzwertbildung: Freier Fall Weg-Zeit-Gesetz: s(t) = 5 t 2 (s = g 2 ⋅ t2 , g 2 ≈ 5ms−2 ) Wir wollen die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t1 ermitteln. Dazu lassen wir die Bewegung bis t 2 weiterlaufen und bestimmen ∆s = s ( t2 ) − s ( t1 ) und mit ∆t = t 2 − t1 die Geschwindigkeit v ( t1 ) = Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© ∆s . ∆t 165 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln t1 t2 ∆t s(t1) s(t2) ∆s v(t1) [s] 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 [s] 3 2.9 2.8 2.7 2.6 2.5 2.4 2.3 2.2 2.1 2.01 2.001 2.0001 2.00001 2.000001 2.0000001 2.00000001 2.000000001 [s] 1 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0.01 0.001 0.0001 0.00001 0.000001 0.0000001 0.00000001 0.000000001 [m] 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 [m] 45 42.05 39.2 36.45 33.8 31.25 28.8 26.45 24.2 22.05 20.2005 20.020005 20.00200005 20.0002 20.00002 20.000002 20.0000002 20.00000002 [m] 25 22.05 19.2 16.45 13.8 11.25 8.8 6.45 4.2 2.05 0.2005 0.020005 0.00200005 0.000200001 0.00002 0.000002 0.0000002 0.00000002 [ms ] 25 24.5 24 23.5 23 22.5 22 21.5 21 20.5 20.05 20.005 20.0005 20.00005 20.000005 20.00000048 20 20 -1 Die Tabelle verdeutlicht uns den Grenzübergang: Wir lassen t 2 = 3s nach t1 = 2s streben d.h. ∆t = t 2 − t1 gegen Null. Dann strebt auch ∆s gegen Null (in der Zeit ∆t = 0 bewegt sich der Körper um ∆s = 0 ). Wir erhalten für die Geschwindigkeit den Differenzenquotient v = ∆s 0 = , ∆t 0 wobei sich für die Geschwindigkeit als Grenzwert v = 20ms −1 ergibt. Der Grenzwert lässt sich als Differentialquotient formal exakt bestimmen : v= ∆s lim ∆t → 0 ∆ t = ds ɺ =s dt (zeitliche Ableitung schreiben wir mit einem Punkt: „s Punkt“) Für die zeitliche Ableitung von s(t) = 5 t 2 erhalten wir: sɺ (t) = 10 ⋅ t (v = g⋅ t) ɺ und für die Geschwindigkeit v(t1 ) = s(2) = 10 ⋅ 2 = 20 ms−1 Beispiel : Momentan – und Durchschnittsgeschwindigkeit Das Weg-Zeit-Gesetz eines Körpers ist gegeben durch: s(t) = 5 ⋅ t 3 + 4 ⋅ t [ t in Sekunden ergibt s in Metern]. Bestimme die Momentangeschwindigkeiten v(t) mit deinem Rechner und berechne die Geschwindigkeiten zu den Zeitpunkten t1 = 4s und t 2 = 8s . 166 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Differential- und Integralrechnung Wir erhalten: v(t) = 15 ⋅ t 2 + 4 und v(4s) = 244ms−1 ; v(8s) = 964ms−1 . Wie gross ist die Durchschnittsgeschwindigkeit v im Zeitintervall [ 4s; 8s ] ? v = ∆ s s ( 8 ) − s ( 4 ) 2592m − 336m = = = 564ms−1 ∆t 8−4 4s Definition: Momentangeschwindigkeit und Momentanbeschleunigung Die Momentangeschwindigkeit v ist die zeitliche Ableitung des Weges s(t). v= ∆s lim ∆t → 0 ∆ t = ds = sɺ dt (sprich: s Punkt ) Die Geschwindigkeit entspricht der Steigung im Weg-Zeit-Diagramm. Die Momentanbeschleunigung a ist die zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit v(t). a= Merke: ∆v lim ∆t → 0 ∆ t = dv = vɺ dt (sprich: v Punkt ) Da die Geschwindigkeit die erste Ableitung von s(t) ist, ergibt sich die Beschleunigung als zweite Ableitung von s(t): a = vɺ = ɺɺs . Die Beschleunigung entspricht der Steigung im Geschwindigkeits-Zeit- Diagramm. Umkehrung der Differentialrechnung : Integralrechnung Bei der gleichförmigen Bewegung und bei der gleichmässig beschleunigten Bewegung haben wir gelernt, dass wir den zurückgelegten Weg eines Körpers als Fläche unter der v(t)-Kurve erhalten. Kennen wir nun die Geschwindigkeit v(t), so können wir auch im allgemeinen Fall den zurückgelegten Weg als Fläche unter der v(t)-Kurve berechnen. Die Fläche erhalten wir durch ein bekanntes Verfahren in der Analysis: Die Integration. Da die Geschwindigkeit v(t) nicht konstant ist, gilt das Weg-Zeit-Gesetz der gleichförmigen Bewegung s = v ⋅ t nicht! Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 167 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln Wir können nun aber die Bewegung in kleine Zeitintervalle ∆ t i unterteilen, so dass während eines Zeitintervalls ∆ t i die Geschwindigkeit vi näherungsweise konstant angesehen werden kann. So lassen sich die Wegstücke ∆ si berechnen: ∆ si ≈ v i ⋅ ∆ t i Den total zurückgelegten Weg s erhalten wir als Summe der Wegstücke ∆ si . Wenn wir die Bewegung in n Zeitintervalle ∆ t1, ∆ t 2 ,⋯ ,∆ t i ,⋯ , ∆ t n unterteilen, so erhalten wir für den Weg s≈ n ∑ ∆ si ≈ i =1 n ∑ vi ⋅ ∆ ti i =1 Grenzübergang: Machen wir die Unterteilung unendlich fein (n → ∞ ) d.h. ∆ t i → 0 , so geht die Summe in das Integral über ( ∑ → ∫ ) und wir erhalten exakt den Weg s. s= lim n →∞ n t2 i =1 t1 ∑ v i ⋅ ∆ ti = ∫ v dt Beispiel: gleichmässig beschleunigte Bewegung: v(t) = a ⋅ t s = ∫ v dt = t2 ∫ ( a ⋅ t ) dt t1 t2 = a2 ⋅ t 2 = t1 a 2 ⋅ t 22 − a2 ⋅ t12 Dreiecksfläche bzw. Trapezfläche! Unser CAS-Rechner kann auch integrieren: Analog zu s = ∫ v dt gilt für die Geschwindigkeit v = ∫ a dt d.h. die Geschwindigkeit ist die Fläche unter der Beschleunigungs –Zeit- Kurve. 168 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Differential- und Integralrechnung Beispiel freier Fall Beschleunigung: g ≈ 10 ms−2 (konstant) ( v = g ⋅t ) Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz: v(t) = 10 t Weg-Zeit-Gesetz: s(t) = 5 t 2 Integrieren (s = g 2 ⋅ t2 ) Differenzieren Graphische Interpretation (Graphisches Differenzieren und Integrieren) Zusammenhang Weg – Geschwinigkeit 2 ds d ( 5 ⋅ t ) ɺ v= s= = = 10 ⋅ t dt dt Die Geschwindigkeit ist die Tangentensteigung im Wegdiagramm. Geschwindigkeit = Änderungsrate des Wegs Zusammenhang Geschwindigkeit - Weg s = ∫ v dt = to ∫ ( 10 ⋅ t ) dt 0 t o = 5 ⋅ t 2 = 5 ⋅ t o2 0 Der Weg ist die Fläche im Geschwindigkeitsdiagramm Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 169 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.3.2 Anwendung: Trägheitsnavigation Es ist heute möglich geworden, sehr genaue Beschleunigungsmesser zu bauen. Diese haben die bemerkenswerte Eigenschaft, die Beschleunigung in einer vorgewählten Richtung zu messen und als elektrische Spannung für die Weiterverarbeitung darzustellen. Durch elektronisches Integrieren erhalten wir daraus die Geschwindigkeit. Durch nochmaliges Integrieren erhalten wir aus der Geschwindigkeit den momentanen Ort (Position). Nach diesem Prinzip funktioniert die unheimliche Präzision von Interkontinentalraketen. Dabei ist der Zielpunkt fest einprogrammiert, und die Rakete findet ihr Ziel auch bei grossen äusseren Störungen (Winde usw.). Mathematisch integrieren (Fläche unter der Kurve berechnen, Zustand) Die Beschleunigung a(t) eines Flugkörpers wird gemessen, daraus wird der t Geschwindigkeitszuwachs ∆v = ∫ a(t') dt' berechnet und damit v(t). t1 t Mit v(t) wird der Wegzuwachs ∆x = ∫ v(t') dt' berechnet und damit x(t). t1 Beschleunigung Geschwindigkeit Weg (Position) Beschleunigungsmesser Fläche im a-t-Diagramm Fläche im v-t-Diagramm t a(t) gemessen v(t) = v(t1 ) + ∫ a(t') dt' t1 t x(t) = x(t1 ) + ∫ v(t') dt' t1 x(t) vergleichen mit der vorgegebenen Bahnkurve. Abweichungen können durch die Beschleunigung a(t) mit Hilfe des Triebwerks korrigiert werden. Dazu muss a(t) bestimmt werden: 170 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Ursache-Wirkungs-Prinzip, Prinzip, lineare Denkweise Mathematisch differenzieren (Steigung der Tangente berechnen, berechnen, Änderungsrate) Änderungsrate Weg (Position) Geschwindigkeit Beschleunigung Bahnkurve Steigung Steigung im x-t-Diagramm im v-tt-Diagramm x(t) ɺ v(t) = x(t) ɺ = ɺɺ a(t) = v(t) x(t) 4.4 Ursache-Wirkungs Wirkungs-Prinzip, lineare Denkweise Das Denken in Ursache und Wirkung ist eine lineare Denkweise, Denkweise die durch die Frage „Warum?“ erforscht wird. Diese kausale Frage mag bei einfachen einfach Zusammenhängen sinnvoll sein. Beziehungen als dauerhafte Interaktionen können mit dieser Denkweise jedoch nicht angemessen beschrieben werden. Im Bereich der unbelebten Materie sind kausale Zusammenhänge Zusammenhänge von blossem em Nacheinander relativ einfach abzugrenzen. Im zwischenmenschlichen Bereich ist das wesentlich komplexer. Angemessener ist es also, die Aktionen und Reaktionen Reaktionen nicht linear sondern als Kreislauf - zirkulär - zu beschreiben (siehe Vorwort).. In dem Begriff Teufelskreis wird die Zirkularität einer solchen Situation verdeutlicht. Ein zwischenmenschlicher Teufelskreis kann als ein kybernetischer Regelkreis beschrieben schrieben werden. Lerneinheit 1.2 .2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 171 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln Mathematische Strukturgleichheit Ein Ziel der Wissenschaft ist es, in der Vielzahl der Erscheinungen, Gemeinsamkeiten zu erkennen. Mathematik ist das mächtigste Instrument für das quantitative Denken, für Vergleiche und Vorhersagen. Das ist ein Grund dafür, dass Ergebnisse in der Wissenschaft in mathematischer Form dargestellt werden. Zudem ist die Verständigung über Zahlen und Formeln leichter als über Worte. Oft geht jedoch mit der Mathematik die Anschaulichkeit verloren. Ein weiterer Grund für die Bedeutung der Mathematik ist, dass viele Erscheinungen in der Wissenschaft durch in der Struktur identische Gleichungen beschrieben werden können, die gleichartige Lösungen haben. Diese sich mathematisch zeigende Strukturgleichheit, können wir ausnützen um Erscheinungen anhand von Analogien schneller zu verstehen. 4.4.1 Modell: Stationärer Fluss Prinzip: Wirkung proportional Ursache Ist die Ursache zeitlich konstant, so ergibt sich eine zeitlich konstante Wirkung z.B. in der Transporttheorie ein stationärer Fluss d.h. pro Zeiteinheit fliesst durch einen Querschnitt immer gleichviel „Substanz“. Das Ohmsche Gesetz U = R ⋅ I ist ein Musterbeispiel für einen stationären Fluss. In der Gleichstromlehre ist der elektrische Strom I proportional zur angelegten Spannung U. Der Proportionalitätsfaktor ist der Widerstand R. 172 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 4.4.2 Ursache-Wirkungs-Prinzip, lineare Denkweise Modell stationärer Fluss in der Elektrizitätslehre (Ohmsches Gesetz) (stationär heisst, dass der Fluss konstant bleibt) Es gilt: Wirkung proportional Ursache! Beim elektrischen Strom I fliesst Ladung Q. Damit Ladung fliessen kann, braucht sie als Ursache eine Spannung U (Potentialdifferenz ∆ V = V2 − V1 ). Stell dir vor, du beobachtest den Querschnitt A eines Kupferdrahtes und zählst wie viel Ladung ∆Q pro Zeiteinheit ∆t hindurchfliesst. Daraus lässt sich die Stromstärke I bestimmen: I = ∆∆Qt . Es gilt weiter: Der Strom I ist proportional zur Spannung U 1 ⋅ U (Leitwertdenken, Leitwert G = 1 ) oder I=R R U = R ⋅ I (Widerstandsdenken) Von welchen Grössen hängt der Widerstand R ab? R ist abhängig einerseits von der Geometrie des Leiters (Länge L, Querschnitt A), andererseits vom Material (Leitfähigkeit σ ). Überlege dir, welche der drei Grössen direkt proportional (steht im Zähler) und welche indirekt proportional (steht im Nenner) zum Widerstand ist. Widerstand: R = • L A⋅σ (Leitwert: 1 A⋅σ = ) R L Verdoppeln wir die Länge L des Drahtes, so wird auch der Widerstand R verdoppelt. • Verdoppeln wir den Querschnitt A des Drahtes, so wird der Widerstand R halbiert. • Ist die Leitfähigkeit σ um den Faktor 2 grösser, so ist der Widerstand R um den Faktor 2 kleiner. Überlege dir, welche Grösse du erhälst, wenn du Ursache mal Wirkung rechnest! Das Ohmsche Gesetz , kann in Analogie (stationärer Fluss) auf andere Gebiete der Physik übertragen werden. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 173 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln Teilbereich der Physik Ursache „Substanz“ Wirkung Elektrizitätslehre Spannung U = ∆V Ladung Ladungsfluss Wärmelehre Temperaturdifferenz Wärme Wärmefluss Hydrodynamik Druckdifferenz Wasser Wasserfluss Feuchte Dampfdruckdifferenz Wasserdampf Dampffluss 4.4.3 Partnerinterview Modell stationärer Fluss in der Wärmelehre Partnerinterview Modell stationärer Fluss in der Wärmelehre Zeit: 15 Minuten Zur Berechnung der Wärmeleitung kann die Analogie zum elektrischen Strom verwendet werden. Diskutiere das Modell! Modell stationärer Fluss in der Wärmelehre Zeichne entsprechnende Grössen in die untenstehende Skizze ein. Stell dir folgende Fragen: Was ist ein Wärmestrom (Definition, physikalische Einheiten) Was ist die Ursache für einen Wärmestrom? Von welchen Grössen ist der Wärmewiderstand abhängig? 174 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 4.4.4 Ursache-Wirkungs-Prinzip, lineare Denkweise Analogien Elektrizitätslehre / Wärmelehre Es treten Analogien zum elektrischen Strom auf, die die Anwendung des ohmschen Gesetzes und der kirchhoffschen Regeln bei der Wärmeübertragung ermöglichen. So ist die Behandlung der Wärmeleitung (Widerstand R) und die Wärmespeicherung (Kapazität C) mit den Methoden der Elektrotechnik möglich. Elektrizitätslehre Wärmelehre Elektrischer Widerstand R Wärmewiderstand R Elektrische Spannung U Temperaturdifferenz ∆ϑ (Potentialdifferenz ∆V ) Elektrischer Strom I ɺ Wärmestrom Q Elektrische Leitfähigkeit σ Wärmeleitfähigkeit λ Elektrische Kapazität C Wärmekapazität C = c ⋅ m Wärmefluss oder Entropiefluss? In der Wärmelehre wird immer noch gestritten, welches Modell verwendet werden soll. Die Analogie kann hier etwas Licht ins Dunkel bringen, indem wir das Produkt Ursache mal Wirkung betrachten. Ursache mal Wirkung Elektrizitästlehre ɺ = P (Leistung) U ⋅ I = ∆V ⋅ Q Wärmelehre ɺ schon eine Leistung ist handelt Da Q ɺ um Lesitung mal es sich bei ∆T ⋅ Q Temperatur ∆p ⋅ Vɺ = P (Leistung) Strömungslehre Definition Entropie: S = Q Wärmemenge = = "reduzierte Wärme" T Temperatur Temperaturdifferenz x Entropiefluss = Leistung ( ∆T ⋅ Sɺ = P ) Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 175 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.5 Beispiel Auslenkung einer Feder, Feder Spannarbeit 4.5.1 Partnerinterview w Spannarbeit einer Feder Partnerinterview Spannarbeit einer Feder Zeit: 15 Minuten Eine Feder wird langsam durch die Kraft F um die Länge x von der kräftefreien Lage ausgezogen. Welche Arbeit W verrichtet die Kraft F ? Federgesetz : F = D ⋅ x ( D = Federkonstante) Die Kraft F ist nicht n konstant längs des Weges x! Mit dem Konzept der Integralrechnung erhalten wir: lim ( n→∞ n x i =1 0 ∑ Fi ⋅ ∆ x i ) = ∫ F(x) dx Summe der Rechtecksflächen = Dreiecksfläche (unendlich feine Unterteilung) Auftrag: Überdenke nochmals das Konzept der Integralrechnung mit Hilfe des untenstehenden n F-x- Diagramms. xo W= ∫ F(x) dx = 0 176 xo x D ⋅ x 2 o = D ⋅ x 2 − D ⋅ 02 = D ⋅ x 2 D ⋅ x dx = ∫ 2 2 o 2 2 o 0 0 Lerneinheit 1.2 .2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Merke: Beispiel Auslenkung einer Feder, Spannarbeit Die Spannarbeit W einer Feder ist die Fläche unter der F-x-Kurve Kurve ( Kraft-Weg-Diagramm Diagramm ) : 4.5.2 W = F⋅x D ⋅ x2 = 2 2 Anwendungen Feder Beispiel Spannarbeit Gegeben ist eine Feder mit der Federkonstanten D = 100Nm−1 . a) Welche Kraft muss aufgewendet werden um die Feder bei der Auslenkung x1 = 5 cm zu halten? b) Welche Arbeit wird verrichtet um die Feder von der Ruhelage um x1 = 5 cm auszuziehen? c) Welche Arbeit wird verrichtet um die Feder von x1 = 5 cm auf x 2 = 10 cm zu spannen? Knacknuss: Federspanner Ein Federkraftmesser mit dem Messbereich 25 N hängt von der Decke und zieht gleichzeitig an einem anderen Federkraftmesser, der am Fussboden befestigt ist. Professor Ratlos fragt sich, ob er den oberen Federkraftmesser überdehnt, wenn er zusätzlich ein Massestück sestück von 1 kg anhängt? Was zeigen die beiden Kraftmesser an, wenn wir das Kilogramm an den oberen Kraftmesser hängen? Lerneinheit 1.2 .2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 177 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.6 Übungen: Interpretation von Formeln 4.6.1 Interpretation Kreisbewegung/Winkelgeschwindigkeit Interpretiere die Formel der Winkelgeschwindigkeit ω = 4.6.2 2π . T Abhängigkeiten Dreiecksfläche Umkreisradius Formel für den Umkreisradius r in einem Dreieck: r = a ⋅b ⋅c 4A a,b,c: Seitenlängen , A: Dreiecksfläche Widerlege oder bestätige folgende Behauptung: Wird die Fläche eines Dreiecks verdoppelt, so wird der Umkreisradius halbiert. 178 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 4.6.3 Übungen: Interpretation von Formeln Analogie: Ohmsches Gesetz / Bewegungsgleichung Zeichne die Diagramme und diskutiere die Analogie. Ohmsches Gesetz U = R ⋅ I Gesetz / Formel Bewegungsgleichung F = m ⋅ a Diagramm Ursache Wirkung Widerstand Die Masse m (Widerstand) eines Körpers gegen Bewegungen wird in der Bewegungslehre Trägheit genannt. 4.6.4 Analogie: Bewegung / Feder Zeichne die Diagramme und diskutiere die Analogie. Formel Bewegung Feder v = a ⋅ t (linear) F = D ⋅ x (linear) Diagramm Formel a D 2 ⋅ x (quadratisch) 2 s = ⋅ t 2 (quadratisch) W = Der Weg s ist die Fläche im Die Spannarbeit W ist die Fläche im Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm. Kraft-Weg-Diagramm. 2 Diagramm Zusammenhang Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 179 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln 4.7 Modell: Newtonsches Gravitationsgesetz Zwei Massen ziehen sich an. Mit Hilfe der folgenden Gleichung kann die Anziehungskraft F von zwei Massen m 1 und m 2 im Abstand r berechnet werden, wobei γ = 6,673 ⋅ 10 F= γ⋅ 4.7.1 −11 Nm2 kg−2 die Gravitationskonstante ist. m1 ⋅ m 2 r2 Allgemeiner experimenteller Befund Irgend zwei Massen m 1 und m 2 ziehen sich an. m 1 übt auf m 2 eine Anziehungskraft F2,1 aus. Ebenso übt m 2 nach actio = reactio eine gleich grosse entgegengesetzte gerichtete Anziehungskraft F1,2 auf m 1 aus. Notation: F2,1 : Kraft auf Körper 2 ( m 2 ) herrührend von Körper 1 ( m 1 ) F1,2 : Kraft auf Körper 1 ( m 1 ) herrührend von Körper 2 ( m 2 ) Wird eine Masse (z.B. m 1 ) bei gleichem Abstand r der Zentren verdoppelt, so werden die Anziehungskräfte ebenfalls doppelt so gross. Wird z.B. m 1 verdreifacht und m 2 vervierfacht, so werden bei gleichem Abstand r der Zentren die Anziehungskräfte verzwölffacht (3 mal 4 = 12) Die Anziehungskräfte sind proportional zu m 1 und proportional zu m 2 . Wird bei gleichbleibenden Massen m 1 , m 2 der Abstand r verdoppelt, so sinken die Anziehungskräfte auf 41 . Wird der Abstand r verfünffacht, so sinken die Anziehungskräfte auf Die Anziehungskräfte sind proportional zu 1 25 . 1 . r2 Die Messung der äusserst kleinen Kräfte geschieht im Labor mit der Gravitationswaage. Beispiel: 180 m 1 = 2kg , m 2 = 1 kg , r = 10cm → F1,2 = F2,1 = 1,3 ⋅ 10 − 8 N Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Modell: Newtonsches Gravitationsgesetz Gravitationsgesetz von Newton Befinden sich zwei Massenpunkte 1 und 2 mit den Massen m 1 und m 2 im Abstand r, dann ziehen sie sich mit den Kräften F1,2 = − F2,1 an, wobei gilt: F1,2 = F2,1 = γ ⋅ m1 ⋅ m 2 r2 Die Gravitationskonstante γ ist universell und muss experimentell bestimmt werden: γ = 6,673 ⋅ 10 −11 Nm 2kg −2 Beachte Modell Massenpunkt Das Newtonsche Gravitationsgesetz gilt nur für Massenpunkte. Massenpunkte Beim Massenpunkt handelt es sich um ein Denkmodell, bei dem die räumliche Ausdehnung eines Körpers ausser Betracht bleibt. Wir betrachten einen Körper als punktförmig, d.h. die die gesamte Masse des Körpers ist auf einen Punkt „zusammengeschrumpft“. So lassen sich grundlegende Zusammenhänge hänge leichter erkennen und mathematisch einfacher darstellen. 4.7.2 Anziehungskräfte zwischen Menschen Ein Junge und ein Mädchen sitzen in einem Abstand von r = 1m auf einem Sofa. Ihre Massen betragen mM = 50kg , mJ = 100kg . Welche Anziehungskraft übt das Mädchen auf den Jungen aus? Welche Anziehungskraft übt der Junge auf das Mädchen aus? FJ,M = γ ⋅ mJ ⋅ mM 100kg ⋅ 50kg = 6,673 ⋅ 10 −11 Nm2kg − 2 = 3,34 ⋅ 10 − 7 N 2 r ( 1m )2 FM,J = FJ,M = 3,34 ⋅ 10 − 7 N (actio = reactio) Lerneinheit 1.2 .2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 181 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln Die Anziehungskräfte sind sehr klein, so dass wir sie im Alltag nicht wahrnehmen. Jedoch spüren wir die Anziehungskraft der Erde! 4.7.3 Wichtige Anwendung des Gravitationsgesetzes: Gewichtskraft Wir nehmen für m 1 die Erdmasse M, und für m 2 eine Probemasse m und messen mit einer Federwaage die Anziehungskraft auf m herrührend von M. Daten Erdmasse: M = 5,976 ⋅ 10 24 kg Probemasse: m = 1kg mittlerer Erdradius: RE = 6,371 ⋅ 10 6 m An der Erdoberfläche gilt: FG = γ ⋅ M ⋅ m 5,976 ⋅ 10 24 kg ⋅ 1kg − 11 2 −2 = ⋅ ⋅ 6,673 10 Nm kg 2 R2E 6,371 ⋅ 10 6 m = 6,673 ⋅ 5,976 10 −11 ⋅ 10 24 Nm 2kg − 2 ⋅ kg ⋅ kg ⋅ ⋅ 2 6,3712 m2 ( 10 6 ) = 0,982 ⋅ 10 1 ⋅ N = 9,82 N Für eine allgemeine Probemasse m gilt: FG = 9,82 ⋅ m [ m in kg → FG in N ] Feststellungen und Bezeichnungen Ein Körper mit der Masse m wird mit einer Kraft in Richtung Erdmittelpunkt angezogen. Diese Kraft heisst Schwerkraft (Gewichtskraft, Kurzzeichen FG oder G) des Körpers. FG ist proportional zur Masse m . Da die Gewichtskraft immer und überall proportional zur Masse m ist, definieren wir: FG = m ⋅ g g = Proportionalitätsfaktor genannt Fallbeschleunigung , [Einheiten : Newton pro Kilogramm = Nkg−1 = ms−2 ], g hängt vom Himmelskörper und vom Ort und Höhe auf diesem ab. m = Masse des Körpers , [Einheit : kg] FG = Gewichtskraft des Körpers = Kraft mit welcher der Himmelskörper die Masse m anzieht. [Einheit : N] 182 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Modell: Newtonsches Gravitationsgesetz Die gleichen Überlegungen können wir bezüglich irgendeines Himmelskörpers machen. Für Mond und Jupiter ergeben sich folgende Verhältnisse: FG (Mond) ≈ 1 F (Erde) ; FG (Jupiter) ≈ 2,5 FG (Erde) 6 G Fallbeschleunigung an der Oberfläche eines Himmelskörpers FG = γ ⋅ M⋅m γ ⋅M = ⋅m = g⋅m 2 R R2 mit g= γ ⋅M , R2 wobei γ die universelle Gravitationskonstante ist, M die Masse und R der Radius des Himmelskörpers. Ist der Himmelskörper die Erde, so heisst g die Erdbeschleunigung. Beispiele : g n = 9,80665 ms − 2 (Normwert, Paris) g = 9,80590 ms − 2 (in St. Gallen) g A = 9,7803 ms − 2 (am Äquator) g P = 9,8322 ms − 2 (am Nordpol) g = 9,81 ms − 2 (für Rechnungen mit dem Taschenrechner) g ≈ 10 ms -2 (für Kopfrechnungen und Abschätzungen) Die Gewichtskraft FG eines Körpers hängt ab: • Vom Ort auf der Erdoberfläche • Von der Meereshöhe h: r = RE + h Grund: Abplattung der Erde, unregelmässige Massenverteilung im Erdinnern. Pol : kleinere Entfernung (r) ergibt grössere Gewichtskraft ( FG ) Äquator : grössere Entfernung (r) ergibt kleinere Gewichtskraft ( FG ) 4.7.4 Abhängigkeiten der Erdbeschleunigung Überprüfe die folgende Behauptung auf ihre Richtigkeit. Die Antwort ist rechnerisch zu begründen! Behauptung: Hätte die Erde doppelte Masse und doppelten Radius, so wäre die Erdbeschleunigung nur halb so gross. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 183 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln Die Erdbeschleunigung g = g ( γ,M,R ) ist abhäbgig von der Gravitationskonstanten γ , der Erdmasse M und dem Erdradius R. g = γ ⋅ M R2 Veränderung: γ' = γ , g' = 4.7.5 M' = 2M , R' = 2R γ' ⋅ M' γ ⋅ 2M 2 γ ⋅M 1 = = ⋅ 2 = ⋅ g ⇒ Behauptung ist richtig 2 2 4 2 R' R ( 2R ) Vergleich: Modell / Realität Gewichtskraft: FG = γ ⋅ M⋅m r2 Modell : Massenpunkt Die gesamte Masse M der Erde ist „zusammengeschrumpft“ auf einen Punkt im Ursprung. → FG ∝ 1 für r ∈ ] 0 , ∞ r2 [ Real : M ist eine Kugel 1 r2 → FG ∝ → FG ∝ r FG ∝ M r2 für r ∈ [ R E , ∞ [ für r ∈ ] 0 , R E ] und M ∝ r 3 ,denn M = ρ ⋅ V = ρ ⋅ 4π 3 r 3 Wenn wir ins Erdinnere gehen, nimmt die Masse der Erde ab. Die Masse ausserhalb trägt nichts mehr bei zur Gravitationskraft (Satz von Gauss in der Feldtheorie). 184 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 4.7.6 Modell: Newtonsches Gravitationsgesetz Fernwirkungstheorie / Nahwirkungstheorie Fernwirkungstheorie Das Gravitationsgesetz beschreibt uns quantitativ die Wechselwirkung von zwei Massen aufeinander. Es ist eine durch Erfahrung bestätigte Regel für den Zusammenhang von physikalischen Grössen ( m1 , m 2 , r ). Das Gravitationsgesetz gibt uns keine Erklärung, warum sich zwei Massen anziehen. Die Massen wirken über Distanz durch den leeren Raum aufeinander. Sie tun dies auf geheimnisvolle Weise. Direkt und ohne „Zwischending“ (Medium, Vermittler). Beispiel : Wenn wir die Masse m1 verdoppeln, so wird die Kraft F2,1 auf die Masse m 2 herrührend von m1 auch verdoppelt. Es stellt sich die Frage: Wie merkt m 2 , dass wir m1 verdoppelt haben? Wir können dieses Problem beseitigen, indem wir eine neue Theorie (Anschauung) entwickeln eine sogenannte Feldtheorie (Nahwirkungstheorie). Nahwirkungstheorie Die Massen verändern den sie umgebenden Raum. Die Veränderung wird durch das Gravitationsfeld beschrieben. Die Wechselwirkung von zwei Massen m1 und m 2 erklärt sich dabei so: Interpretation der Gravitationsfeld Massenanziehung: m1 erzeugt ein m1 Gravitationsfeld. m 2 befindet sich im Feld, m2 welches eine Kraft FG auf m 2 ausübt. m1 verändert den umgebenden Raum. Um m1 existiert deshalb ein Gravitationsfeld, herrührend von m1 allein. m 2 befindet sich in diesem Feld (wie eine Sonde oder ein Empfänger!) und spürt es direkt an ihrem Ort. Das Feld von m1 wirkt am Ort von m 2 auf sie. Die Nahwirkungstheorie verwendet also eine Art Vermittler (das Gravitationsfeld) für die Kraft. Alle modernen physikalischen Theorien sind Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 185 DialogMathe Gleichungen praxisbezogen, Formeln nach diesem Muster aufgebaut. Wie können wir das Gravitationsfeld definieren? Das Gravitationsfeld wird mittels einer Feldstärke g über eine FG Kraftwirkung definiert: g = m Die Definition einer neuen physikalischen Grösse muss auch ein Prinzip angeben, das die Messung der Grösse erlaubt. Messvorschrift: Bestimmung der Feldstärke g in einem Raumpunkt P: Nehme eine Sonde mit der Probemasse m und gehe damit zum Raumpunkt P. Bestimme die Kraft FG auf die Probesonde. Dividiere die erhaltene Kraft durch die Probemasse m. Mathematische Analogie Coulomb’sches Gesetz Newton‘sches (Kräftewirkung von zwei Gravitationsgesetzes Ladungen) Kraftgesetz F1,2 = F2,1 = k ⋅ Analoge Grössen WW-Teilchen Q1 ⋅ Q 2 r2 F1,2 = F2,1 = γ ⋅ m1 ⋅ m 2 r2 Ladung Q Masse m Es gibt positive und Warum gibt es keine negative Ladungen. negative Masse? Photonen Gravitonen Die Feldtheorie erklärt das 1 Kraftgesetz. r2 Eine Punktquelle erzeugt ein Feld konstanter Feldstärke. Im Abstand r von der Quelle verteilt sich die Feldstärke auf eine Kugeloberfläche ( 4π ⋅ r 2 ) , d.h. da die Fläche mit r 2 zunimmt, nimmt die Feldstärke mit r 2 ab. Quantisierung In den Feldtheorien werden die Felder quantisiert. Eine Quelle strahlt nicht kontinuierlich, sondern sie strahlt Energiepakete ab (Quanten). Durch dieses Konzept entstehen Wechselwirkungsteilchen, die die Kraftwirkungen erklären. 186 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Definition Gleichung 5 Gleichungen mathematisch Was ist eine Gleichung? In der Mathematik erhalten wir eine Gleichung, wenn wir zwei Terme gleichsetzen. Probleme lösen heisst Gleichungen aufzustellen, diese zu lösen und die Lösungen zu interpretieren. Das Auflösen von Gleichungen hängt vom Gleichungstyp ab. Es ist sinnvoll für die wichtigsten Gleichungstypen Auflösungsstrategien parat zu haben, wobei der Rechner uns diese Arbeit, wenn nötig, abnehmen kann. Strategien zum Lösen von Gleichungen können jedoch auch unser Verständnis für die gestellten Problemstellungen fördern. Darstellungsformen Bei angewandten Problemen macht es meistens Sinn, die abstrakten Gleichungen zu interpretieren. Unser Rechner gibt uns die Chance Gleichungen zu visualisieren. So lassen sich Methoden entwickeln , um nebst der algebraischen Darstellungsform auch die graphische für die Problemlösung einzusetzen. Der erfahrene Praktiker benutzt beide Darstellungsformen und gewinnt an Verständnis, indem er die Möglichkeit ausnutzt, zwischen den Darstellungsformen zu wechseln. 5.1 Definition Gleichung Definition Gleichung Werden zwei Terme gleichgesetzt, so entsteht eine Gleichung: T1 = T2 5.1.1 Partnerinterview Definition Gleichung Partnerinterview Definition Gleichung Zeit: 5 Minuten Entscheide, ob eine Gleichung vorliegt oder nicht? Begründe kurz! 1. 3x − 2 = 5 − 5x 2. 4x − 3 = 12 3. 3 ⋅ ( 6x − 2 ) + 3x 4. 4 + 9 = 13 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 187 DialogMathe Gleichungen mathematisch 5. 3+5= 4 6. ( 3x + 5 )2 7. ( 3x + 5 )2 = 1 8. 2x − : 3 = 5x 9. ( a + b )2 = a2 + 2ab + b2 10. an ⋅ am = an + m 11. a+b =a Eine Gleichung kann ohne Variablen als Behauptung (Nr. 4 und Nr. 5) oder als Forderung (Nr. 9, Nr. 10 und Nr. 11) aufgefasst werden. Damit sind folgende Fragen sinnvoll: • Ist die Behauptung wahr oder falsch? • Ist die Forderung erfüllt oder nicht? Enthält eine Gleichung Variablen (Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 7), so müssen die Fragen umformuliert werden: • Für welchen Wert der Variablen ist die Behauptung wahr resp. falsch? Dies bedeutet, dass erst nach der Belegung der Variablen mit konkreten Werten aus der Grundmenge, entschieden werden kann, ob die Behauptung wahr oder falsch ist. Der Wahrheitswert hängt bei einer Gleichung mit Variablen von der Belegung ab! 5.1.2 Aussage, Aussageform Definition Aussageform Eine Behauptung , die mindestens eine Variable enthält, deren Wahrheitswert also von der wählbaren Belegung der Variablen abhängt, heisst Aussageform. Sobald wir in einer Aussageform alle Variablen konkret belegen, geht die Aussageform in eine Aussage über. Definition Aussage Eine Behauptung, die entweder wahr oder falsch ist, heisst Aussage. 188 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Definition Gleichung Partnerinterview Aussage Zeit: 5 Minuten Bei welchen der nachfolgenden Behauptungen handelt es sich um Aussagen? Bestimme bei den Aussagen jeweils den Wahrheitswert. Behauptung Aussage? Wahrheitswert Bern ist die Hauptstadt der Schweiz. Ja Nein 5 ist eine Primzahl Ja Nein 2+5=9 Ja Nein 2x + 5 = 21 Ja Nein Wie geht es dir? Ja Nein Bring mir das Buch! Ja Nein ( a − b )2 = a2 − 2ab + b2 Ja Nein 2 ⋅ ( a ⋅ b ) = 2a2 ⋅ 2b2 Ja Nein 2 Eine Gleichung mit Variablen (Unbekannten) ist eine Aussageform. Sie wird zu einer wahren oder einer falschen Aussage, wenn die Variable durch Zahlen aus der Grundmenge ersetzt werden. Lösungsmenge einer Gleichung Eine Gleichung zu lösen bedeutet, aus einer vorgegebenen Grundmenge alle Werte zu bestimmen, welche die Gleichung (Aussageform) zu einer wahren Aussage machen. Es gibt Gleichungen, für die mehrere solcher Werte existieren. Man spricht deshalb von einer Lösungsmenge L der Gleichung. 5.1.3 Einteilung der Gleichungen Wir unterscheiden identische Gleichungen (Identitäten) und Bestimmungsgleichungen. Identitäten Identitäten sind Gleichungen, die allgemeine algebraische Warheiten enthalten. Beispiele: 6 + 3 = 9 ( a − b )2 = a2 − 2ab + b2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 189 DialogMathe Gleichungen mathematisch a2 = a Für die vorkommenden Variablen dürfen beliebige reelle Zahlen eingesetzt werden. Die Gleichung ist immer erfüllt. Bestimmungsgleichungen Bestimmungsgleichungen sind Gleichungen, die nur für gewisse Werte der Variablen erfüllt sind. Wir unterscheiden bei den Bestimmungsgleichungen zwischen algebraischen Gleichungen und transzendenten Gleichungen. Beispiele algebraische Gleichungen Gleichungen 1. Grades (lineare Gleichungen) 8x + 7 = 25 Die Unbekannte kommt in der ersten Potenz vor. Gleichungen 2. Grades (quadratische Gleichungen) x 2 + 5x − 24 = 0 Die Unbekannte kommt in der zweiten Potenz vor. Gleichungen 3. Grades (kubische Gleichungen) x 3 + 6x 2 − 3x − 2 = 0 Die Unbekannte kommt in der dritten Potenz vor. Gleichungen n-ten Grades an xn + an −1xn −1 + an − 2 xn − 2 + ⋯⋯ + a2 x 2 + a1x + a0 = 0 Die Unbekannte kommt in der n-ten Potenz vor. Wurzelgleichungen 2x + 3 = 2x 2 + x − 1 Die Unbekannte kommt mindestens einmal unter einer Wurzel vor. Beispiele transzendente Gleichung Exponentialgleichung: e x + e2x = 2 Logarithmische Gleichung: log ( 2x ) + log ( x ) = 4 Goniometrische Gleichung: sin ( x ) − cos ( x ) = 0,5 Kombiniert: 190 sin ( x ) ⋅ e− x + 1 = ln ( x ) Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Definition Gleichung Partnerinterview Gleichungstypen Zeit: 10 Minuten Bestimme bei den nachfolgenden Gleichungen möglichst genau den Gleichungstyp. Kennst du Strategien um die Gleichung zu lösen? Nr. Gleichung 1. 5x 2 − 12x + 2 = 0 2. 3x + 4 = 4x + 2 3. 2x = 8 4. ( 3x − 1) ⋅ ( x + 3 ) = 0 5. cos ( x ) = 0,5 6. a ⋅b = a ⋅ b 7. x +3 = x−2 8. x 2 + 2x − 4 = x 2 + 3 9. x ⋅ ( x 2 + 2x − 4 ) = 3 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© Gleichungstyp 191 DialogMathe Gleichungen mathematisch 5.2 Lösen einer Gleichung, Äquivalenzumformungen Viele praktische Probleme lassen sich in knapper Form mit Hilfe von Gleichungen formulieren. Mit Gleichungen lassen sich Sachverhalte oder Abläufe in der Wirtschaft, in der Technik und in den Naturwissenschaften beschreiben. Unbekannte Grössen, die in Gleichungen auftreten, können in systematischer Weise ermittelt werden, was einen grossen Teil mathematischer Arbeit ausmacht. Der sichere Umgang mit Gleichungen ist daher von grosser Bedeutung. Das Lösen einer Gleichung kann auf unterschiedliche Arten erfolgen. Dazu gehören: • Äquivalenzumformungen • Graphische und numerische Verfahren • Spezielle Auflösungsverfahren Grundlegend im Umgang mit Gleichungen sind die Äquivalenzumformungen. Darunter verstehen wir solche Umformungen einer Gleichung, die die Lösungsmenge nicht verändern. Auf diese Weise umgeformte Gleichungen sind, was die Lösungsmenge betrifft, äquivalent ( = gleichwertig). Auflösungsstrategie Ziel dieser Umformungen ist es, die Gleichungsvariable zu isolieren, d.h. allein auf eine Gleichungsseite zu bringen. Eine unveränderte Lösungsmenge ist bei Umformungen einer Gleichung nicht selbstverständlich, wie wir noch sehen werden. Es gibt Umformungen, bei denen Lösungen dazukommen oder wegfallen können. Äquivalenzumformungen Eine Äquivalenzumformung einer Gleichung liegt vor, wenn wir 1. beide Seiten vertauschen 2. auf beiden Seiten der Gleichung entweder denselben Term addieren oder subtrahieren. 3. beide Seiten der Gleichung mit demselben Term multipliziert oder durch denselben Term dividieren. Achtung! Der Term darf nicht gleich 0 sein. 192 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung, Äquivalenzumformungen 5.2.1 Äquivalenzumformungen mit dem Rechner Beispiel: 3x − 2 = 21 x Strategie: Die Unbekannte x auf einer Seite isolieren! Schritt 1: Gleichung mit 2 Multiplizieren (Gleichung in Klammern setzen und mit 2 ( 3x − 2 = 21 x ) ⋅ 2 multiplizieren) → 2 ⋅ ( 3x − 2 ) = x Schritt 2: Linke Seite ausmultiplizieren. exp and ( 2 ⋅ ( 3x − 2 ) = x ) Schritt 3: Beidseitig x subtrahieren ( 6x − 4 = x ) − x → 5x − 4 = 0 Schritt 4: Beidseitig 4 addieren ( 5x − 4 = 0 ) + 4 → 5x = 4 Schritt 5: Gleichung mit 5 dividieren → 6x − 4 = x ( 5x = 4 ) : 5 → x = 4 5 Bei der umgeformten Gleichung x = 54 ist die Lösung direkt ablesbar! Die Lösung dieser Gleichung ist auch Lösung der ursprünglichen Gleichung (da nur Äquivalenzumformungen benutzt wurden). Probe ( x = 54 einsetzen) : 3 ⋅ 54 − 2 = 21 ⋅ 54 12 − 2 = 1 ⋅ 4 2 5 2 5 2 = 2 5 5 ⇒ wahre Aussage (Identität) x = 54 ist eine Lösung der Gleichung. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 193 DialogMathe Gleichungen mathematisch 5.2.2 Partnerinterview Äquivalenzumformungen Partnerinterview Äquivalenzumformungen Zeit: 10 Minuten Welche der folgenden Umformungen sind Äquivalenzumformungen? Nr. Gleichung Umformung 1. 7x − 4 = 3x +4 2. 7x − 4 = 3x − 3x 3. 7x − 4 = 3x ⋅0 4. 7x − 4 = 3x ⋅a 5. 7x − 4 = 3x :3 6. 7x − 4 = 3x :a 7. x ⋅ ( 3 − x ) = 4x :x Äquivalenzumformung? Merke Division durch die Variable ist keine Äquivalenzumformung. Daher: Nie durch die Variable dividieren! Beispiel x ⋅ ( 3 − x ) = 4x (Voraussetzung x ≠ 0) :x 3−x = 4 +x x = −1 → x ⋅ ( 3 − x ) = 4x −4 Seitenvertauschen L = { −1} Linke Seite ausmultiplizieren 3x − x 2 = 4x + x2 0 = x2 + x − 3x Re chte Seite faktorisieren 0 = x ⋅ ( x + 1) x = 0 und x + 1 = 0 → L = { − 1, 0 } Bei der Division durch x verlieren wir die Lösung x = 0! 194 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung, Äquivalenzumformungen 5.2.3 Übungen Auflösen von Gleichungen mit Hilfe von Äquivalenzumformungen. Beispiel 1 2x + 3 = 4 2x + 3 = 4 / −3 2x =1 /:2 x= Beispiel 2 1 2 u + 2 = 3 ⋅ ( 2u − 1) u + 2 = 3 ⋅ ( 2u − 1) u + 2 = 6u − 3 / auf der rechten Seite ausmultiplizieren / −u / +3 5 = 5u / Seiten vertauschen 5u = 5 /:5 u=1 Übung 1 bis 5: Löse die Gleichungen auf. Gib jeweils die Äquivalenzumformungen an. Übung 1 a) x +1= 3 b) x−2=5 c) 2x = 5 d) x =1 2 e) 3x + 1 = 0 f) x −1= 0 4 g) 3x 1 = 4 2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 195 Gleichungen mathematisch h) DialogMathe 2x 1 − =0 5 2 Übung 2 a) 4x = 0 b) a =2 5 c) 3m =0 5 d) 1 = 2k 5 e) 0, 3n = 0, 4 f) e = 0,1 2 g) s − 0,2 = 0 5 h) p − 0,2 = 0 0,1 196 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung, Äquivalenzumformungen Übung 3 a) 3c − 4 = 2c b) u − 1 = 2u 2 c) 2v + 3 = − v + 2 d) −4a + 0,5 = a + 2 e) 0,1 ⋅ b + 2 = b + 0, 2 f) c − 1 = 2c − 11 3 Übung 4 a) x + 2 = 3⋅(2 − x) b) 4y − ( 1 + y ) = 0 c) 2 ⋅ ( 1 − 4x ) = − ( 1 + 2x ) Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 197 Gleichungen mathematisch d) k + 2 ⋅ ( 1 − 3k ) = 2 − k e) 1 − ( c + 1) = 2 − 3c f) 0,1 ⋅ ( d + 3 ) = 0,02 + 0,3 ⋅ d DialogMathe Übung 5 a) r − 3 = 0,2 + 2r 0,1 b) 0,5d + c) k 4−k = 2 3 d) m+4 = 3m 3 e) a−2= f) w − 4 ⋅ 0,1 = w 0,3 7 198 1 = 2d 2 a + 0,5 2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung, Äquivalenzumformungen Übung 6 (komplexere Gleichungen) a) b) h= A b⋅A ⋅a + − 1 Löse die Gleichung nach b auf! 2 2c w= 1 1+ k Löse die Gleichung nach m2 auf! ⋅ v 1 − 2 1 + m1 m2 c −b 2 ⋅ ( y − 1) ⋅ h z c) n = b− 2⋅ d) a= 1 1 1 2 − + ⋅ 2b c b ⋅ c 3 e) A= x a 1 x+3 − ⋅ x − Löse die Gleichung nach x auf! b 2 2 b b=− Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© A2 m2 = Löse die Gleichung nach b auf! b = Löse die Gleichung nach c auf! 2c ⋅ ( a ⋅ A − 2h − 2 ) m1 ⋅ ( v − 2w ) k ⋅ v + 2w 4c ⋅ y + h ⋅ n ⋅ z − 4c 4y + h ⋅ z − 4 c=− x= 4 ( b + 1) 3 ( 2a ⋅ b − 1) 2 ( 3a − 2b ⋅ A ) a ⋅(b − 2) − 4 199 DialogMathe Gleichungen mathematisch 5.3 Graphisches Lösen von Gleichungen 5.3.1 Gleichungen vom Typ T ( x ) = 0 Beispiel: 2x − 5 = 0 Graphische Darstellung der Gleichung: Linke Seite der Gleichung: y = f1(x) = 2x − 5 (Gerade) Rechte Seite der Gleichung: y = 0 (x-Achse) Lösung: Schnittpunkt der Geraden mit der x-Achse x = 2,5 Folgerung: Eine lineare Gleichung hat immer genau eine Lösung. 5.3.2 Gleichungen vom Typ T1 ( x ) = T2 ( x ) Beispiel: 2x − 5 = − x + 4 Graphische Darstellung der Gleichung: Linke Seite der Gleichung: y = f1(x) = 2x − 5 (Gerade) Rechte Seite der Gleichung: y = f 2(x) = − x + 4 (Gerade) Lösung: x-Koordinate des Schnittpunkts der beiden Geraden x = 3 200 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 5.3.3 Graphisches Lösen von Gleichungen Gleichungen mit Parametern Gegeben ist die Gleichung 10x − 3 = ax , ( a ∈ R ) a) Bei welchem Wert von a wird die Gleichung nicht erfüllbar? b) Bei welchem Wert von a ist die Lösung der Gleichung 2? Graphische Darstellung der Gleichung: Linke Seite der Gleichung: y = f1(x) = 10x − 3 (Gerade) Rechte Seite der Gleichung: y = f 2(x) = a ⋅ x (Gerade) Den Parameter a als Schieberegler definieren. a = 2,5 → x = 0,4 a = −10 → x = 0,15 a) Bei welchem Wert von a wird die Gleichung nicht erfüllbar? Gleichung nach x auflösen: 10x − 3 = ax / −ax / +3 10x − ax = 3 / x ausklammern x ( 10 − a ) = 3 x= / : ( 10 − a ) ; a ≠ 10 3 10 − a Beim Auflösen der Gleichung gibt es eine Bedingung für den Parameter a: a ≠ 10 , d.h. für a = 10 hat die Gleichung keine Lösung. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 201 DialogMathe Gleichungen mathematisch Graphische Interpretation für a = 10 Die beiden Geraden sind parallel. Es gibt keinen Schnittpunkt und somit keine Lösung. b) Bei welchem Wert von a ist die Lösung der Gleichung 2? Für x = 2 in die Gleichung einsetzen und nach a auflösen: 10x − 3 = ax → 20 − 3 = 2a → a = 8,5 Graphisch: Schieberegler variieren bis x-Koordinate vom Schnittpunkt 2 beträgt. Diese Methoden funktionieren auch, wenn die Gleichungen nicht linear sind, d.h. wenn die Terme T(x) beliebig sind. Beispiel: x 3 − 3 ⋅ x 2 − 33 ⋅ x + 35 = 0 Lösungen: Drei Schnittpunkte mit der x-Achse. x1 = −5 x2 = 1 x3 = 7 202 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren 5.4 Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren Lineare Gleichungen können durch Äquivalenzumformungen aufgelöst werden. Dieses Verfahren ist bei quadratischen Gleichungen nicht mehr zielführend. Bei diesen Gleichungen gibt es jedoch ein spezielles Auflösungsverfahren, das die quadratische Gleichung auf zwei lineare Gleichungen zurückführt. Um eine mögliche Strategie zum Lösen von quadratischen Gleichungen zu entwickeln, benötigen wir folgende wichtige Aussage: „Ein Produkt ist genau dann Null, wenn einer der Faktoren Null ist.“ Beispiel x 2 + 4x + 3 = 5x + 9 1. Schritt: Auf einer Seite der Gleichung muss Null stehen! Dies können wir durch Äquivalenzumformungen erreichen. x 2 + 4x + 3 = 5x + 9 / −5x / −9 x −x−6 =0 2 2. Schritt: Den quadratischen Ausdruck faktorisieren. Wenn die Lösungen ganzzahlig sind, gelingt uns das, indem wir die Vieta – Struktur ausnützen. x2 − x − 6 = ( x + 2 ) ⋅ ( x − 3 ) ( x + 2 ) und ( x − 3 ) heissen Linearfaktoren (x kommt in der ersten Potenz vor). Die Lösungen der Gleichung ( x + 2 ) ⋅ ( x − 3 ) = 0 erhalten wir, indem wir die einzelnen Linearfaktoren Null setzen: x+2=0 → x = −2 x−3 =0 → x=3 Wir stellen fest: Jeder Linearfaktor liefert uns eine Lösung der Gleichung. Kehren wir diesen Sachverhalt um, so können wir auch sagen, dass jede Lösung der Gleichung einen Linearfaktor ergibt. Beispiel Bestimme eine quadratische Gleichung, welche die beiden Lösungen x1 = 5 und x 2 = −3 hat. ( x − 5) ⋅( x + 3) = 0 ausmultiplizieren → Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© x2 − 2x − 15 = 0 203 DialogMathe Gleichungen mathematisch 5.4.1 Partnerinterview Lösungen einer quadratischen Gleichung Partnerinterview Lösungen einer quadratischen Gleichung Zeit: 10 Minuten Wie viele Lösungen hat eine quadratische Gleichung. Agumentiere mit Hilfe der Linearfaktoren. Diskutiere und Überdenke die folgenden Aussagen. Gib jeweils ein Beispiel mit konkreten Zahlen an. Eine quadratische Gleichung hat höchstens 2 Lösungen. Beispiel: Es gibt auch quadratische Gleichungen, die nur eine Lösung haben. Beispiel: Es gibt auch quadratische Gleichungen, die keine Lösung haben. Beispiel: 204 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren 5.4.2 Memo Linearfaktorzerlegung Memo Linearfaktorzerlegung 1) Quadratische Gleichung Sind x1 und x2 die beiden Lösungen der normierten quadratischen Gleichung x 2 + a1 x + a0 = 0 (normiert heisst a 2 = 1 ). Dann gilt: ( x − x1 ) ⋅ ( x − x 2 ) = 0 und x1 ⋅ x 2 = a0 , x1 + x 2 = − a1 Beweis: ( x − x 1 ) ⋅ ( x − x 2 ) = x 2 − x 2 ⋅ x − x1 ⋅ x + x 1 ⋅ x 2 = x 2 + ( − x 2 − x 1 ) ⋅ x + x 1 ⋅ x 2 x 2 + ( − x1 − x 2 ) ⋅ x + x1 ⋅ x 2 = x 2 + a1 x + a0 Koeffizientenvergleich: a1 = − ( x1 + x 2 ) ; a0 = x1 ⋅ x 2 Linearfaktoren ( x − x1 ) und ( x − x2 ) heissen Linearfaktoren. Es gilt: Jeder Linearfaktor liefert uns eine Lösung der Gleichung und umgekehrt jede Lösung der Gleichung liefert uns einen Linearfaktor. Satz von Vieta Für eine normierte quadratische Gleichung x 2 + a1 x + a0 = 0 mit den reellen Lösungen x1 und x2 gilt: 1. x1 + x 2 = − a1 2. x1 ⋅ x 2 = a0 3. ( x − x1 ) ⋅ ( x − x 2 ) = x 2 + a1 x + a 0 2) Kubische Gleichung Ist x1 eine Lösung der kubischen Gleichung x3 + a2 x 2 + a1 x + a0 = 0 , so lässt sich im Polynomterm der Linearfaktor x − x1 durch Division abspalten, und es gilt: x 3 + a 2 x 2 + a1 x + a 0 = q ( x ) ⋅ ( x − x1 ) , wobei q ( x ) vom Grad 2 ist. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 205 DialogMathe Gleichungen mathematisch Beispiel: x1 = −1 ist eine Lösung der Gleichung x3 − 6 x 2 + 3 x + 10 = 0 . Zeige, dass x1 = −1 eine Lösung der Gleichung ist. Dazu müssen wir x1 in die Gleichung einsetzen: ( −1) − 6 ⋅ ( −1) + 3 ⋅ ( −1) + 10 = −1 − 6 − 3 + 10 = 0 3 Spalte den Linearfaktor x − x1 = x − ( −1) = x + 1 ab, 2 ( x3 − 6 x2 + 3 x + 10 ) : ( x + 1) = x2 − 7x + 10 x3 + x 2 − 7 x 2 + 3 x + 10 indem du nebenstehende − 7 x 2 − 7x Polynomdivision ausführst. 10x + 10 10x + 10 0 Ergebnis: x3 − 6 x 2 + 3 x + 10 = ( x + 1) ⋅ ( x 2 − 7x + 10 ) Der quadratische Ausdruck kann durch die Vieta-Struktur weiter faktorisiert werden: x 2 − 7x + 10 = ( x − 2 ) ⋅ ( x − 5 ) x3 − 6 x 2 + 3 x + 10 = ( x + 1) ⋅ ( x 2 − 7x + 10 ) = ( x + 1) ⋅ ( x − 2 ) ⋅ ( x − 5 ) x 2 = 2 und x 3 = 5 Übung 1 Bestimme die Lösungen der folgenden Gleichungen durch Faktorisieren. a) x2 − x − 2 = 0 b) x 2 − 6x + 9 = 0 c) x4 − 1 = 0 Bestimme mit Hilfe des Rechners die Linearfaktorzerlegung der folgenden Gleichung und gib die Lösungen an. d) x 6 − x 5 + 4x 4 + 2x 3 + 5x 2 − x − 2 = 0 e) x 6 − 2x 5 + x 4 + x 2 − 2x + 1 = 0 206 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren f) x6 + 1 = 0 g) x 5 + x 4 − 2x 3 − 2x 2 + x + 1 = 0 h) x5 − x 4 + x − 1 = 0 Gleichungen, dessen Lösungen nicht ganzzahlig sind. i) x2 − 5 = 0 k) x 2 − 10x + 1 = 0 l) x 2 − 3x − 5 = 0 Übung 2 Ermittle die Lösungen der folgenden kubischen Gleichungen, wenn die Lösung x1 gegeben ist. a) x 3 + 3x 2 − 13x − 15 = 0 ; x1 = −1 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 207 Gleichungen mathematisch DialogMathe b) x 3 − 19x + 30 = 0 ; x1 = 3 c) x 3 + 5x 2 − x − 5 = 0 ; x1 = −5 d) x 3 − 2x 2 + x − 2 = 0 ; x1 = 2 208 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren e) x 3 − 2x 2 − 4x + 8 = 0 ; x1 = −2 f) x 3 − 3x 2 + 3x − 1 = 0 ; x1 = 1 Übung 3 Bestimme eine Gleichung mit folgenden Eigenschaften: a) Grad 3, Lösungen: x1 = −2 , x2 = 3 , x 3 = −5 b) Grad 2, keine Lösungen c) Grad 4, nur die Lösung x1 = 1 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 209 DialogMathe Gleichungen mathematisch 5.4.3 Übungen: Gleichungen Übung 1 Durch welche Umformung geht die Gleichung A in die Gleichung B über? Bestimme die Lösungsmenge L A und LB . Entscheide, ob die beiden Gleichungen äquivalent sind. x2 − x = 0 B: b) A : x 2 = 2x B: x =2 c) A : x2 = 4 B: x =2 B: 7x = 8 d) A : x 2 + 7x = x 2 + 8 e) A : ( x − 3 ) ⋅ ( x + 6 ) = 0 f) A : x 2 = 25 g) A : ( x + 2 ) = 16 2 h) A : x ⋅ ( x 2 + 1) = x 2 + 1 Übung 2 x ⋅ ( x − 1) = 0 a) A : B: B: B: B: x−3 =0 x =5 x+2 = 4 x =1 Für welchen Wert von m wird die Gleichung ( 4x − m ) ⋅ x = ( 3x 2 + 1) ⋅ m linear? 210 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Übung 3 Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren Löse die folgenden Gleichungen nach x auf! a) ( x + 1) ⋅ ( 4x − 3 ) = 2 ⋅ ( x + 1) ⋅ ( 2x + 3 ) b) ( x − 6 ) + ( x − 4 ) + ( 2x − 9 ) = ( x − 8 ) ⋅ ( 6x − 8 ) 2 c) 2 2 ( 5x + 1) ⋅ ( 2x − 1) − ( 2x + 1) ⋅ ( 3x − 5 ) = 4 ⋅ ( x + 3 ) ⋅ ( x − 1) − 4 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 211 DialogMathe Gleichungen mathematisch Übung 4 Löse die folgenden Gleichungen nach x auf! a) 3( x − 6 ) 2( x − 3 ) x −1 x + 13 + 15 + = 25 + − 4 3 2 5 b) 3x − Übung 5 2x + 5 7x + 19 2x + 1 = 16 − − 7 2 3 Löse die folgenden Gleichungen nach x auf! a) ( a + b ) ⋅ ( x − b ) = a 2 − b 2 212 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen einer Gleichung durch Faktorisieren b) a−x x+b = b a c) ax bx a+b cx − = − m n 2 3m Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 213 DialogMathe Gleichungen mathematisch 5.5 Lösen von Gleichungen mit dem Rechner Solve() – Befehl Im calculator, Taste menu, 3 Algebra, 1 Solve Syntax: solve(Gleichung, Variable) Wenn wir beim Ausarbeiten von mathematischen Problemen auf Gleichungen stossen, die wir noch nicht von Hand lösen können, kann uns der Rechner durch den solve() Befehl weiterhelfen und die Gleichung auflösen. Beispiel: Lösen einer quadratischen Gleichung 2x 2 − 7x − 49 = 0 nach x auflösen Lösungen: x1 = −3,5 und x 2 = 7 Beispiel: Lösen einer kubischen Gleichung x 3 + 5x 2 − x − 5 = 0 nach x auflösen Lösungen: x1 = −5 , x 2 = −1 und x3 = −1 Beispiel: Lösen einer Gleichung mit Parametern h= v + v0 ⋅ t nach v auflösen 2 Lösung: v = 214 2h − v0 t Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Lösen von Gleichungen mit dem Rechner Beispiele aus den Übungen S 211 – S 213 Von Hand aufgelöste Gleichungen können mit dem Taschenrechner kontrolliert werden! Übung 3a) ( x + 1) ⋅ ( 4x − 3 ) = 2 ⋅ ( x + 1) ⋅ ( 2x + 3 ) Verschiedene Auflösungsstrategien 1) Ausmultiplizieren 2) Gleichung durch x + 1 dividieren Der Rechner warnt, dass die Lösungsmenge grösser sein kann. Bei der Division durch den Linearfaktor x + 1 verlieren wir die Lösung x = − 1 3) Alternative: Nullform und faktorisieren ( x + 1) ⋅ ( 4x − 3 ) − 2 ⋅ ( x + 1) ⋅ ( 2x + 3 ) = 0 ( x + 1) ⋅ [ 4x − 3 − 2 ⋅ ( 2x + 3 ) ] = 0 ( x + 1) ⋅ [ 4x − 3 − 4x − 6 ] = 0 ( x + 1) ⋅ [ −9 ] = 0 Übung 3b) ( x − 6 ) + ( x − 4 ) + ( 2x − 9 ) = ( x − 8 ) ⋅ ( 6x − 8 ) 2 2 Die Gleichung hat keine Lösung: L = { Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 2 } 215 DialogMathe Gleichungen mathematisch Übung 4b) 3x − 2x + 5 7x + 19 2x + 1 = 16 − − 7 2 3 Strategie: Nenner wegschaffen, d.h. Gleichung mit dem kgV der Nenner multiplizieren. Übung 5a) ( a + b ) ⋅ ( x − b ) = a2 − b2 Übung 5b) a−x x+b = b a Lösung: x = a − b Die Lösung hängt von den Parametern a und b ab. Wenn a+b =0 a⋅b → a+b = 0 → a = −b a = −b in die Gleichung eingesetzt: Übung 5c) 216 → L =R −b − x x+b = b −b → − x+b x+b =− b b ax bx a+b cx − = − m n 2 3m Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Algebratraining: Gleichungen 5.6 Algebratraining: Gleichungen Katzen frech am Ufer fauchen, Enten rasch ins Wasser tauchen. Vierzig Beine, achtzehn Tier’, lös dies Rätsel zum Pläsier. Aufgabe 1 bis 3 Bestimme die Definitionsmenge und die Lösungsmenge der folgenden Gleichungen. Beispiel 3 2−x + 5x + 8 x2 − 4 − 2x + 1 ( x + 2 )2 = 0 Nenner faktorisieren Erster Bruch umformen: −3 x−2 + 3 −3 = 2−x x−2 5x + 8 ( x − 2 )( x + 2 ) Definitionsmenge: − 2x + 1 ( x + 2 )2 = 0 D = R \ { −2 ; 2 } Strategie: Gleichung mit kgV der Nenner multiplizieren. −3 x−2 + 5x + 8 x 2 )( x + 2 ) − ( − 2x + 1 (x + 2) 2 = / ⋅ ( x − 2 )( x + 2 ) 0 2 −3 ( x + 2 ) + ( 5x + 8 ) ( x + 2 ) − ( 2x + 1) ( x − 2 ) = 0 2 −3x 2 − 12x − 12 + 5x 2 + 18x + 16 − 2x 2 + 3x + 2 = 0 9x + 6 = 0 / −6 9x = −6 x=− Kontrollieren, ob x = − /:9 2 3 2 in der Definitionsmenge enthalten ist. 3 Lösungsmenge L = { − 32 } Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 217 DialogMathe Gleichungen mathematisch Aufgabe 1 218 a) x 4x − 20x + 25 b) 24x + 1 1 5x − 2 3x + 2 + = − 2 4 4x − 16 3x + 12 2x − 32 2 − 1 4x − 10 + 10 4x − 25 2 = 0 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Aufgabe 2 Algebratraining: Gleichungen a) b) Aufgabe 3 4x + 6 2 x+3 − = 2x 3 x 1 2 1 − 2 = x−2 x x − 2x a) 2ax − 4a2 = bx − 4ab + b2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 219 DialogMathe Gleichungen mathematisch b) c) 220 1 a+b + a+b x = 1 a−b + a−b x x2 − 4a2 8ax − 3x 1 − = 1− 2 2 2 2 4a − 2x x + 4ax + 4a 2x − 8a Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 2x2 Gleichungssysteme 6 Gleichungssysteme Bei einer Gleichung, die mehr als eine Unbekannte hat, können die Unbekannten nicht bestimmt werden. Bei Problemen, die n Unbekannte besitzen, brauchen wir n Gleichungen. Wir sprechen dann von einem n x n - Gleichungssystem. 6.1 2x2 Gleichungssysteme Die Gleichung 2x + y = 5 mit den Unbekannten (x ; y) hat unendlich viele Lösungen, z.B. die Zahlenpaare … ( −1; 7 ) , ( 0 ; 5 ) , ( 1; 3 ) , ( 2 ; 1) , ( 3 ; − 1) , ( 4 ; − 3 ) … Die Gleichung x + 2y = 4 mit den Unbekannten (x ; y) hat unendlich viele Lösungen, z.B. die Zahlenpaare … ( −1; 2,5 ) , ( 0 ; 2 ) , ( 1; 1,5 ) , ( 2 ; 1) , ( 3 ; 0,5 ) , ( 4 ; 0 ) … Die beiden Gleichungen haben genau ein Zahlenpaar ( 2 ; 1) gemeinsam. Dieses Zahlenpaar erfüllt beide Gleichungen und ist die Lösung des Gleichungssystems 2x + y = 5 x + 2y = 4 . L = { ( 2 ; 1) } 6.1.1 Auflösungsverfahren für 2x2 Gleichungssysteme Wir lernen drei verschiedene Verfahren kennen, die es uns gestatten die Lösung von 2 x 2 – Gleichungssystemen zu bestimmen. Strategie: Eine Unbekannte eliminieren. Einsetzmethode ( 1) 2x + y = 5 ( 2 ) x + 2y = 4 Gleichung (1) nach y auflösen und in Gleichung (2) einsetzen. ( 1 ) 2x + y = 5 → y = 5 − 2x ( 2 ) x + 2y = 4 → x + 2 ⋅ ( 5 − 2x ) = 4 → x + 10 − 4x = 4 → x = 2 Nun lässt sich auch y bestimmen: y = 5 − 2x = 5 − 4 = 1 Damit erhalten wir die Lösung des Gleichungssystems: L = { ( 2 ; 1 ) } Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 221 DialogMathe Gleichungssysteme Gleichsetzmethode ( 1) 2x + y = 5 ( 2 ) x + 2y = 4 Gleichung (1) und Gleichung (2) nach y auflösen und dann gleichsetzen. ( 1) 2x + y = 5 → y = 5 − 2x ( 2 ) x + 2y = 4 → y = 2 − 2x 5 − 2x = 2 − x 2 → 3x = 3 2 → x=2 L = { ( 2 ; 1) } y = 5 − 2x = 5 − 4 = 1 Additionsmethode ( 1) 2x + y = 5 ( 2 ) x + 2y = 4 Wenn wir die Gleichungen mit Zahlen multiplizieren, ändert sich die Lösungsmenge nicht. Wir dürfen auch Gleichungen addieren. Bei der Additionsmethode multiplizieren wir die Gleichungen derart, dass beim Addieren der beiden Gleichungen eine Unbekannte eliminiert wird. z.B. y eliminieren: Gleichung (1) mit −2 multiplizieren. ( 1) − 4x − 2y = −10 x + 2y = 4 ( 2) − 3x = −6 2x + y = 5 → → 4+y =5 x=2 → y =1 L = { ( 2 ; 1) } 6.1.2 Übungen 2x2 Gleichungssysteme Löse folgende Gleichungssysteme nach x und y auf. Wähle jeweils eine geeignete Methode. a) 222 x + y = 10 x−y=4 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 2x2 Gleichungssysteme b) c) d) e) 5x + 7y = 176 5x − 3y = 46 x = 3y − 19 y = 3x − 23 2x + 4y = 0 4x + 7y = 0 2x + 7y = 16 6x + 21y = 48 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 223 DialogMathe Gleichungssysteme f) 224 x = 3y − 19 18y = 6x + 38 g) 2 3 + = 13 x y 1 2 + =8 x y h) 1 1 1 + = x y 2 1 1 1 − = 2x 2y 12 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 2x2 Gleichungssysteme Lösungen: a) L = { ( 7 ; 3 ) } b) L = { ( 17 ;13 ) } c) L = { ( 11; 10 ) } d) L = { ( 0 ; 0 ) } f) L = { e) L = R x R 6.1.3 } g) L = { ( 1 ; 1 ) } 2 3 h) L = { ( 3 ; 6 ) } Substitution 1 1 1 + = x y 2 1 1 1 − = 2x 2y 12 Aufgabe h) Substitution: u = → u+v = 1 x ; v= 1 y 1 2 1 1 1 u− v = 2 2 12 1 2 1 u−v = 6 2 2u = 3 u+v = u= 1 2 → v= 1 1 = 6 y → y=6 u+v = v= → 1 1 = 3 x 1 −u 2 → → v= x=3 1 1 1 − = 2 3 6 L = {( 3 ; 6 )} Übungen Löse mit Hilfe einer geeigneten Substitution! a) 3 4 = 5 − x+y x−y 9 2 − = −1 − x+y x−y Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© b) 33 24 + = 5 2 + 3y 5y − 3 x x 55 144 + = 17 2 + 3y 5y − 3 x x 225 DialogMathe Gleichungssysteme 6.1.4 Partnerinterview Gleichungssysteme, Auflösungsverfahren Partnerinterview Gleichungssysteme, Auflösungsverfahren Zeit: 10 Minuten Was ist ein Gleichungssystem? Was ist die Lösung eines Gleichungssystems? Was für Typen von Gleichungssystemen kennst du? Diskutiere die drei Auflösungsstrategien für ein lineares Gleichungssystem mit zwei Gleichungen (Gl. 1 und Gl. 2) und zwei Unbekannten (x und y). Einsetzmethode Gleichsetzmethode Additionsmethode 226 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 3x3 Gleichungssysteme 6.2 3x3 Gleichungssysteme 6.2.1 Auflösen eines Gleichungssystems Das Auflösen eines linearen Gleichungssystems ist eine Arbeit, die heutzutage von Rechnern durchgeführt wird. Stelle dir vor, du stehst als Ingenieurin oder als Biologe vor einem Problem, das du mit linearen Gleichungssystemen lösen kannst. Dann wirst du die nötigen Rechnungen auf einem Computer durchführen. Bei der Benützung von Rechnern ist man bemüht, mit möglichst wenig Angaben durchzukommen. Deshalb wird ein Gleichungssystem in der Form eines Zahlenschemas angegeben. Das Gleichungssystem x + 3y + 2z = 5 (1) −2x + 2y − z = 1 − x + y − z = −2 beispielsweise wird auf das folgende Schema reduziert: 1 3 2 5 −2 2 −1 1 −1 1 −1 −2 (2) Ein solches Schema, bei dem Zahlen in Zeilen und Spalten angeordnet sind, nennen wir eine Matrix. Die Bedeutung der Zahlen ist in unserem Fall klar: Die Zeilen entsprechen den einzelnen Gleichungen. Bei den Zahlen handelt es sich um die Faktoren, mit denen die Unbekannten multipliziert werden bzw. um die rechten Seiten der Gleichungen. Die Faktoren, mit denen die Unbekannten in einem linearen Gleichungssystem multipliziert werden, nennen wir auch Koeffizienten. Bei der Benützung eines Rechners gehen wir meist auf folgende Weise vor: Zuerst setzen wir das Gleichungssystem in ein Zahlenschema um. Dieses Schema geben wir dem Rechner ein. Wir erhalten als Resultat ein neues Schema, das wir wieder als Gleichungssystem interpretieren. Aus diesem äquivalenten, aber einfacheren System können wir die Lösungen dann leicht ermitteln. Wir haben zum Beispiel das Schema (2) in unseren Rechner eingegeben und das folgende Resultat erhalten: (3) 1 3 2 5 0 0 1 0 0.375 1.375 1 5 Es entspricht dem Gleichungssystem x + 3y + 2z = 5 (4) y + 0,375 z = 1,375 z=5 Dieses System hat genau eine Lösung. Wir können sie durch Einsetzen berechnen. Sie lautet (– 3.5, – 0.5, 5). Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 227 DialogMathe Gleichungssysteme Beispiel Auflösen von Hand x + 3y − 5z = 22 Gl. 1 2x − y − 3z = 2 Gl. 2 3x + 2y + z = 15 Gl. 3 Auflösen mit Computer 3 − 5 22 1 2 −1 − 3 2 3 2 1 15 Matrix A und Vektor b: 1 0 0 Elimination von x (Additionsmethode) Gl. 2 + (– 2)Gl.1 Gl.3 + (– 3)Gl.1 x + 3y − 5z = 22 Gl. 1 0x − 7y + 7z = −42 Gl. 2 0x − 7y + 16z = −51 Gl. 3 3 ( A | b) −5 22 7 − 42 16 − 51 −7 −7 TR: ref(A|b) Elimination von y Gl.3 +(– 1)Gl.2 x + 3y − 5z = 22 Gl. 1 0x − y + z = − 6 Gl. 2 0x + 0y + 9z = −9 Gl. 3 (– 1)Gl.2 und Gl.3/9 x + 3y − 5z = 22 Gl. 1 0x + y − z = 6 Gl. 2 0x + 0y + z = −1 Gl. 3 Rückwärts einsetzen z = − 1 Gl.2 : y − z = 6 → y +1= 6 → y = 5 Gl1: x + 3y − 5z = 22 → x + 15 + 5 = 22 → x = 2 1 3 −5 0 0 −1 0 1 9 1 3 −5 0 0 1 0 −1 1 22 − 6 − 9 22 6 − 1 TR: rref(A|b) 1 0 0 0 0 1 0 0 1 2 5 − 1 Simult(A,b) Lösung: ( 2 | 5 | −1) Solve(Gleichungssystem,Variablen) 228 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 6.2.2 3x3 Gleichungssysteme Anwendungen 3x3 Gleichungssysteme Anwendung 1: Bewegungsaufgabe Ein Radfahrer hat eine Geschwindigkeit von 25 km/h auf ebenem Gelände, von 15 km/h bergaufwärts und 30 km/h abwärts. Wie viel ebenen, ansteigenden und absteigenden Weg enthält unter diesen Voraussetzungen eine Strasse von 100km, wenn der Radfahrer 4 Stunden 24 Minuten braucht, um sie in der einen Richtung, und 4 Stunden 36 Minuten, um sie in der anderen Richtung zu durchfahren? Lösung Informationen in einer Tabelle strukturieren Gelände Geschwindigkeit in km/h Weglänge in km s s = v⋅t → t = v eben 25 x x Einführen von Unbekannten : 1 x + y + z = 100 x + aufwärts 15 y abwärts 30 z y z y + z = 100 x y z 22 + + = 6x + 10y + 5z = 660 25 15 30 5 6x + 5y + 10z = 690 x y z 23 3 + + = 25 30 15 5 Gleichung 1 : Gesamte Weglänge Gleichung 2 : Zeit für Hinweg Gleichung 3: Zeit für Rückweg (y und z vertauschen) 2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© x = 50 y = 22 z = 28 229 DialogMathe Gleichungssysteme Anwendung 2: zerstreuter Professor Ein „zerstreuter Professor“ besitzt Fünf- , Zehn- und Zwanzigrappenmünzen, total 65 Stück. Beim Zusammenzählen erhält er Fr. 9,25. Er merkt jedoch, dass er die Anzahl Zehner und Zwanziger verwechselt hat. Beim erneuten Zusammenzählen erhält er Fr. 7,65. Diesmal hat der Unglückliche aber die Anzahl der Fünfer und Zehner verwechselt. Wie viele Fünfer, Zehner und Zwanziger besitzt er? 230 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 3x3 Gleichungssysteme Anwendung 3: Politik In einem Gemeindeparlament sitzen 63 Mitglieder aus den Parteien SP, CVP und FDP. Nach einem Jahr wechseln zwei CVP – Leute zur FDP. Dadurch hat die CVP nur noch 8 Mitglieder mehr im Parlament als die FDP. Bei der nächsten Wahl verliert die FDP 7 Sitze, davon zwei an die SP. Andere bis jetzt nicht im Parlament vertretene Parteien bleiben auch weiterhin ohne Sitz. Dadurch hat die CVP dreimal so viele Vertreter wie die FDP. Wie viele Mitglieder jeder Partei waren ursprünglich im Gemeindeparlament? Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 231 DialogMathe Gleichungssysteme 6.3 Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen Im Zusammenhang mit Gleichungssystemen treten immer wieder Fragen bezüglich der Lösbarkeit auf: Existenz: Hat jedes System eine Lösung? Eindeutigkeit: Kann es mehrere Lösungen geben? Worin unterscheiden sich die Lösungen? Lineares Gleichungssystem: Die Unbekannten kommen nur in der ersten Potenz vor, d.h. Potenzen höherer Ordnung z.B. x 2 + y 5 = 1 oder kleinerer 1 1 Ordnung z.B. x 2 + y 5 = 1 oder mit der wurzelschreibweise x +5 y =1 kommen nicht vor. 6.3.1 Einführendes Beispiel 2x2 Gleichungssystems In Kapitel 6.1 haben wir gesehen, dass die Gleichung 2x + y = 5 mit den Unbekannten (x ; y) unendlich viele Zahlenpaare als Lösungen hat. Zahlenpaare, die die Gleichung 2x + y = 5 erfüllen. x …… –1 0 1 2 3 4 …… y ……. 7 5 3 1 –1 –3 …… Wir interpretieren nun diese Zahlenpaare (x ; y) als Punkte P ( x | y ) in einem Koordinatensystem. Wenn wir die Gleichung 2x + y = 5 nach y auflösen, können wir dies mit Hilfe des Rechners machen: f1(x) = y = −2x + 5 . Der Rechner setzt für x alle reellen Zahlen ein und berechnet für jedes x den zugehörigen y-Wert, den er dann graphisch im Koordinatensystem darstellt. 232 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen Wir stellen fest: Alle Punkte P ( x | y ) , dessen Koordinaten (x ; y) die Gleichung 2x + y = 5 erfüllen, liegen auf einer Geraden. Wir interpretieren die zweite Gleichung von Kapitel 6.1 auf die gleiche Art. Zahlenpaare, die die Gleichung x + 2y = 4 erfüllen. x …… –1 0 1 2 3 4 …… y ……. 2,5 2 1,5 1 0,5 0 …… Auflösen der Gleichung nach y: f 2(x) = y = − 21 x + 2 Wir stellen auch hier fest: Alle Punkte P ( x | y ) , dessen Koordinaten (x ; y) die Gleichung x + 2y = 4 erfüllen, liegen auf einer Geraden. Im Kapitel 6.1 haben wir festgestellt, dass die beiden Gleichungen genau ein Zahlenpaar ( 2 ; 1) gemeinsam haben. Dieses Zahlenpaar erfüllt beide Gleichungen und ist die Lösung L = { ( 2 ; 1) } des Gleichungssystems 2x + y = 5 x + 2y = 4 . Geometrische Interpretation der Lösung eines 2x2-Gleichungssystems Die Lösung des Gleichungssystems ist das Zahlenpaar, dessen Punkt auf beiden Geraden liegt. Diesen Punkt erhalten wir als Schnittpunkt der beiden Geraden, die durch die beiden Gleichungen beschrieben werden. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 233 DialogMathe Gleichungssysteme 6.3.2 Parameter der Geradengleichung Um eine Gerade graphisch zu interpretieren, muss die Gleichung nach y aufgelöst werden. Wir erhalten Gleichungen der Form: y = m ⋅ x + q Fragestellung: Wie beeinflussen die beiden Parameter m und q die Gerade? Dies können wir mit unserem Rechner untersuchen. Wir geben die Gleichung f1( x ) = m ⋅ x + q in den Rechner ein, wobei wir die beiden Parameter m und q als Schieberegler definieren. Experimentiere mit den beiden Parametern m und q. Wie ändert sich die Gerade, wenn m variiert wird! Bedeutung von m Mache die Fallunterscheidung: m positiv m negativ Was ergibt sich für den Spezialfall m = 0? Wie ändert sich die Gerade, wenn q variiert wird! Bedeutung von q 234 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen 6.3.3 Beispiele: Lösungen von 2x2 Gleichungssystemen Die Anzahl Lösungen eines 2 x 2 Gleichungssystems lassen sich durch eine geometrische Interpretation der beiden Gleichungen ermitteln. Dabei lassen sich die folgenden drei Fälle unterscheiden: Geometrisch Die Geraden Die Geraden sind Die Geraden liegen Geraden schneiden sich in parallel. aufeinander. einem Punkt. Schnittpunkt = gemeinsamer Punkt Unendlich viele Algebraisch ein Schnittpunkt kein Schnittpunkt genau 1 Lösung keine Lösung Schnittpunkte unendlich viele Lösungen Gleichungssystem Kriterien g : y = m1 ⋅ x + q1 m1 ≠ m2 m1 = m2 m1 = m2 und h : y = m 2 ⋅ x + q2 q1 , q2 beliebig q1 ≠ q2 q1 = q2 Was lässt sich über die Anzahl Lösungen der folgenden Gleichungssysteme sagen. Wir lösen die Gleichungen jeweils nach y auf und interpretieren diese als Geraden. Beispiel 1 x + 2y + 6 = 0 x + 3y + 9 = 0 → y = − 21 x − 3 y = − 31 x − 3 m1 ≠ m2 (Steigungen der beiden Geraden sind verschieden!) → Geraden schneiden sich. Es gibt genau einen gemeinsamen Punkt, nämlich den Schnittpunkt. Das Gleichungssystem hat genau eine Lösung. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 235 DialogMathe Gleichungssysteme Beispiel 2 8x + 2y − 12 = 0 4x + y − 1 = 0 → y = − 4x + 6 y = − 4x + 1 m1 = m2 (Steigungen der beiden Geraden sind gleich!) → Geraden sind parallel. Es gibt keinen gemeinsamen Punkt. Das Gleichungssystem hat keine Lösung. Beispiel 3 x − 5y − 5 = 0 3x − 15y − 15 = 0 → y = 51 x − 1 y = 51 x − 1 m1 = m2 und q1 = q2 (Steigungen der beiden Geraden und der Schnittpunkt mit der y-Achse sind gleich!) Die beiden Geraden sind parallel und haben einen gemeinsamen Punkt. → Geraden liegen aufeinander. Es gibt unendlich viele gemeinsame Punkte. Das Gleichungssystem hat unendlich viele Lösungen. Bestimmung der Lösungen Wir wollen die Lösungen der drei Beispiele von Hand mit der Additionsmethode und mit dem Rechner durch den solve()-Befehl ermitteln. Beispiel 1 Gleichung 1 mit ( −1) multiplizieren. − x − 2y − 6 = 0 x + 3y + 9 = 0 y+3 =0 → y = −3 x = −2y − 6 = 6 − 6 = 0 → L = { ( 0; −3 ) } Mit dem Rechner ergibt sich: 236 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Beispiel 2 Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen Gleichung 2 mit ( −2 ) multiplizieren. 8x + 2y − 12 = 0 − 8x − 2y + 2 = 0 − 10 = 0 Bei der Elimination einer Variablen verlieren wir beide! Übrig bleibt eine falsche Aussage. Daraus folgt, dass das Gleichungssystem keine Lösung hat. L ={ } Mit dem Rechner ergibt sich: Der Taschenrechner zeigt als Lösung die beiden ursprünglichen Gleichungen an (Exact – Modus) oder er gibt false zurück (Apprx – Modus)! Beispiel 3 Gleichung 1 mit ( −3 ) multiplizieren. − 3x + 15y + 15 = 0 3x − 15y − 15 = 0 0=0 Auch hier verlieren wir beide Variablen! Übrig bleibt aber eine wahre Aussage. Daraus folgt, dass das Gleichungssystem unendlich viele Lösungen hat. { L = (x; y) } x ∈ R und y = 51 x − 1 = { ( x ; y ) y ∈ R und x = 5 ⋅ ( y + 1) } Mit dem Rechner ergibt sich: Der Taschenrechner zeigt die Lösung mit Hilfe eines Parameters c1 ∈ R an. Für c1kann eine beliebige Zahl eingesetzt werden. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 237 DialogMathe Gleichungssysteme 6.3.4 Partnerinterview Lösungen eines 2x2 Gleichungssystems Partnerinterview geometrische Interpretation Lösungen eines 2x2 Gleichungssystems Zeit: 10 Minuten Diskutiere folgende Feststellungen Die Lösungsmenge einer linearen Gleichung mit zwei Unbekannten kann als Gerade interpretiert werden. Somit lässt sich die Lösungsmenge eines linearen Gleichungssystems mit zwei solchen Gleichungen als Schnittfigur von zwei Geraden interpretieren. Es gibt drei Fälle: 1) Die Geraden schneiden sich, das System hat eine Lösung. (Lösung: Koordinaten des Schnittpunktes) 2) Die Geraden sind parallel, das System hat keine Lösung. 3) Die Geraden fallen zusammen, das System hat unendlich viele Lösungen. (Lösungen: Alle Punkte auf der Geraden) Auftrag Diskutiere die drei Fälle. Mache Beispiele! 238 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen 6.3.5 Partnerinterview Anzahl Lösungen eines Gleichungssystems Partnerinterview Anzahl Lösungen eines Gleichungssystems Zeit: 10 Minuten Bestimme im folgenden Gleichungssystem den Parameter a so, dass das Gleichungssystem x − ay − a = 0 2x − 4y − 2 = 0 a) genau eine Lösung hat. b) keine Lösung hat. c) unendlich viele Lösungen hat. Diskutiere eine Lösungsidee, wie du die drei Fälle unterscheiden kannst. Entwickle dann eine Lösungsstrategie für das oben gestellte Problem. Versuche das Problem mit deinem Rechner zu lösen! Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 239 DialogMathe Gleichungssysteme x − ay − a = 0 Das Gleichungssystem 2x − 4y − 2 = 0 mit dem Parameter a kann auf ver- schiedene Arten mit dem Rechner diskutiert werden. 1. Methode: Gleichungssystem auflösen und die Lösungen diskutieren! Mit dem Rechner ergibt sich: Da der Term a – 2 im Nenner der Lösung vorkommt, ist diese für a = 2 nicht definiert (Division durch Null). Daraus ergeben sich die zwei möglichen Fälle: a = 2 : Das Gleichungssystem hat keine Lösung. a ≠ 2 : Das Gleichungssystem hat genau eine Lösung: 2. Methode: Beide Gleichungen nach y auflösen. y= 1 a x −1 y= 1 2 x− ( 2 a− a ; 2a−−a1 ) 1 2 Daraus ergeben sich die zwei möglichen Fälle: Geraden parallel: 1 a = → 1 2 a = 2 . Das Gleichungssystem hat keine Lösung. Geraden schneiden sich: a ≠ 2 . Das Gleichungssystem hat genau eine Lösung. 3. Methode: Graphisch mit dem Rechner (Parameter a dynamisch mit Schieberegler!) Gerade 1: f1( x ) = 240 1 2 x− 1 2 , Gerade 2: f 2 ( x ) = 1 a x −1 Für a = 2 ergeben sich parallele Für a = 1,5 ergibt sich der Schnittpunkt Geraden. (3;1). Gleichungssystem hat genau eine Gleichungssystem hat keine Lösung Lösung x = 3, y = 1 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen 6.3.6 Übungen: Lösungen von 2x2 Gleichungssystemen Was kannst du über die Anzahl Lösungen der folgenden Gleichungssysteme sagen (Begründe deine Antwort grafisch!) Gleichungssystem Anzahl Lösungen A 2x − 10y = 10 y = 51 x − 1 B 1x + 1y = 3 3 2 1x + 1y =1 4 6 C x + 2y + 6 = 0 x + 3y + 9 = 0 Löse die drei Gleichungssysteme von Hand und mit dem Rechner auf! Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 241 DialogMathe Gleichungssysteme 6.3.7 Partnerinterview Lösungen eines 3x3 Gleichungssystems Partnerinterview Vektorgeometrie Lösungen eines 3x3 Gleichungssystems Zeit: 15 Minuten Erweiterung Wir versuchen jetzt die Fragen für ein lineares Gleichungssystem mit drei Gleichungen und drei Unbekannten zu beantworten. Die Lösungsmenge einer linearen Gleichung mit drei Unbekannten kann als Ebene im Raum interpretiert werden. Somit lässt sich die Lösungsmenge eines Gleichungssystems mit drei solchen Gleichungen als Schnittfigur von drei Ebenen interpretieren. Fragen 1) Wie sehen die verschiedenen Möglichkeiten für die gegenseitige Lage dreier Ebenen im Raum aus und welche Typen von Schnittfiguren entstehen? 2) Welche Fälle können beim Lösen eines linearen Gleichungssystems mit drei Gleichungen und drei Unbekannten auftreten? Es gibt vier mögliche Schnittfiguren, wobei zu verschiedenen Modellen die gleiche Figur gehören kann. Stelle den Zusammenhang zwischen den Schnittfiguren und der Lösbarkeit der zugehörigen Gleichungssysteme her. Beantworte dazu folgende Fragen: 3) Wie sieht die Schnittfigur aus? 4) Wie viele Lösungen gibt es? Beispiel Bei einem Modell mit nur zwei Ebenen könnten wir schreiben: Die Schnittfigur ist eine Gerade. Es gibt unendlich viele Lösungen, wobei alle die Gleichung der Schnittgeraden erfüllen müssen. 242 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Geometrische Interpretation von linearen Gleichungssystemen 6.3.8 Geometrische Interpretation linearer 3x3 Gleichungssysteme Punkt – eine Lösung Die Schnittfigur ist ein Punkt. Das Gleichungssystem hat (genau) eine Lösung. Diesen Fall bezeichnen bezeichn wir als Normalfall. Gerade – unendlich viele Lösungen Die Schnittfigur ist eine Gerade. Das Gleichungssystem hat unendlich viele Lösungen. Sie erfüllen die Gleichung der Schnittgeraden. Ebene – unendlich viele Lösungen Die Schnittfigur ist eine Ebene. Das Gleichungssystem hat unendlich viele Lösungen. Sie erfüllen die Gleichung der Ebene. Leere Menge – keine Lösung Der Durchschnitt der drei Ebenen ist leer. Das Gleichungssystem hat keine Lösung. Hier wären auch noch drei ParallelParalle ebenen möglich. möglich Hier wären auch noch drei Parallelebenen möglich. Lerneinheit 1.2 .2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 243 DialogMathe Gleichungssysteme 6.4 Gauss‘sches Eliminationsverfahren Das Gauss‘sche Eliminationsverfahren ist ein schematisches Verfahren zur Bestimmung der Lösungsmenge von linearen Gleichungssystemen. Es wurde um 1850 von Carl Friedrich Gauss aufgestellt. Der Algorithmus gehört zu den wichtigsten numerischen Verfahren der Mathematik. Für diesen Algorithmus spricht heute unter anderem die einfache Implementierbarkeit in Computern. Ein lineares 3x3 Gleichungssystem hat die Form: a11 ⋅ x + a12 ⋅ y + a13 ⋅ z = b1 a21 ⋅ x + a22 ⋅ y + a23 ⋅ z = b2 a31 ⋅ x + a32 ⋅ y + a33 ⋅ z = b3 Dieses kann durch eine Matrix A und einen Vektor b beschrieben werden. a11 a12 a13 ( A | b ) mit A = a21 a22 a23 a 31 a32 a33 b1 ; b = b2 b 3 Der Algorithmus wird in zwei Etappen gegliedert. 1. Vorwärtselimination 2. Rückwärtseinsetzen Im ersten Schritt wird das Gleichungssystem in die Dreiecksform gebracht. Das heisst, dass die Elemente unter der Hauptdiagonalen, das sind im obigen Beispiel a21 = a31 = a32 = 0 , Null sein müssen. Die Umformung erfolgt wie beim Additionsverfahren. a11 A = 0 0 a12 a22 0 * a13 | b1 a23 * | b2* a33 * | b3* Im zweiten Schritt werden von der letzten Zeile ausgehend die Variablen ausgerechnet und in die darüber liegende Zeile eingesetzt. Ein lineares Gleichungssystem kann eindeutig, mehrdeutig oder gar nicht lösbar sein. Die Unterscheidung in diese Fälle ist nach der ersten Etappe des Verfahrens möglich. Fall: a33* ≠ 0 , das Gleichungssystem hat genau eine Lösung. 244 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Gauss‘sches Eliminationsverfahren a11 A = 0 0 a12 a22* 0 a13 | b1 a23 * | b2* 0 | b3 * Fall: a33* = 0 , wenn b3* ≠ 0 Gleichungssystem hat keine Lösung. b3* = 0 Gleichungssystem hat unendlich viele Lösungen. Beispiel Gleichungssystem drei Gleichungen mit drei Variablen. 7x + 3y − 5z = − 12 Zeilen dürfen wir: - vertauschen - mit einer Zahl multiplizieren - durch eine Zahl dividieren - addieren - subtrahieren Gl. 1 x − 2y + 4z = 5 Gl. 2 −4x + y − 3z = 1 Gl. 3 Es wird zeilenweise gearbeitet. Rechenschema ; Umformung soll ergeben: * bedeutet irgendeine Zahl x y z | 7 3 −5 | −12 1 −2 4 | 5 −4 1 −3 | 1 x y z x y z | * * * | * 0 * * | * 0 0 * | * | Spalten dürfen ebenfalls vertauscht werden, wenn jeweils die Variable x, y oder z mitgenommen wird Rückwärtseinsetzen 7 3 −5 | −12 0 −19 41 | 41 0 0 5 | −14 Gleichungssysteme mit Rechner solve(Gleichungssystem, Variablen) Löst ein n x n Gleichungssystem (auch nicht lineare). simult(Matrix, Vektor) Löst ein n x n Gleichungssystem (A | b) mit dem Gaussalgorithmus. ref(Matrix) Berechnet die Diagonalform einer Matrix (A | b). rref(Matrix) Berechnet die reduzierte Diagonalform einer Matrix (A | b). Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 245 DialogMathe Gleichungssysteme 6.4.1 Lineare 2x2 Gleichungssysteme Beispiel 1: Genau eine Lösung 3x + 3y = 9 −x+ y=3 L = {( 0 | 3 )} Schnittpunkt von zwei Geraden! Beispiel 2: Keine Lösung 8x + 2y = 12 4x + y = 1 Beim Auflösen verlieren wir beide Variablen: 8x + 2y = 12 − 8x − 2y = − 2 0 = 10 L ={ 246 } → falsche Aussage → keine Lösung Geraden haben keinen gemeinsamen Punkt! Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Gauss‘sches Eliminationsverfahren Beispiel 3: Unendlich viele Lösungen 9x − 3y = 21 3x − y = 7 Beim Auflösen verlieren wir beide Variablen: 9x − 3y = 21 −9x + 3y = − 21 0=0 ⇒ → wahre Aussage → unendlich viele Lösungen L = { ( x | y ) I x ∈ R ; y = 3x − 7 } Gerade: y = 3x − 7 oder 3x − y − 7 = 0 Vektorielle Darstellung (siehe Lerneinheit 3 Vektorgeometrie) Gleichungssystem: x= 7 3 + 31 ⋅ t y= t ( t ∈ R : Parameter, frei wählbar) x 7 1 Gerade: r = = 3 + t ⋅ 3 y 0 1 1 3 Richtungsvektor der Geraden: , Normalenvektor: = n 3 −1 Die Komponenten 3 und –1 des Normalenvektors sind die Koeffizienten der Geradengleichung: 3x − y − 7 = 0 3 x Darstellung einer Geraden: n ⋅ r + c = 0 , Beispiel oben: − 7 = 0 −1 y Aufgabe Bestimme den Normalenvektor zu den gegebenen Geraden: g1 : 2x + 5y + 10 = 0 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© g2 : −x+y+2=0 247 DialogMathe Gleichungssysteme 6.4.2 Lineare 3x3 Gleichungssysteme Beispiel 1: Genau eine Lösung 3x + 7y + z = 10 4x + 5y + 6z = 16 x + 2y + 3z = 7 Genau eine Lösung, die drei Ebenen schneiden sich in einem Punkt. L = {( 248 1 2 |1 | 3 2 )} Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Gauss‘sches Eliminationsverfahren Beispiel 2: Keine Lösung x + y + 8z = 6 2x + 3y + 4z = 12 3x + 4y + 12z = 24 Die letzte Zeile 0 = 1 ergibt eine falsche Aussage, d.h. das Gleichungssystem hat keine Lösung: L = { }. Die drei Ebenen besitzen keine gemeinsamen Punkte. Lerneinheit 1.2 .2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 249 DialogMathe Gleichungssysteme Beispiel 3: Unendlich viele Lösungen (Gerade) x + y + 8z = 12 2x + 3y + 4z = 12 3x + 4y + 12z = 24 2 Gleichungen / 3 Unbekannte Gleichungssystem unterbestimmt, unendlich viele Lösungen Lösung: Schnittgerade von zwei Ebenen t ∈ R Parameter (frei wählbar) x = 24 − 20t y = − 12 + 12t z= t x 24 −20 r = y = −12 + t ⋅ 12 (Gerade) z 0 1 250 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Gauss‘sches Eliminationsverfahren Beispiel 4: Unendlich viele Lösungen (Ebene) x + 2y − 3z = −2 − 2x − 4y + 6z = 4 5x + 10y − 15z = −10 1 Gleichung / 3 Unbekannte Gleichungssystem unterbestimmt, unendlich viele Lösungen Die drei Ebenen fallen zusammen! Lösung: Ebene u, v ∈ R Parameter (frei wählbar) x = −2 − 2u + 3v y= z= u v x −2 −2 3 r = y = 0 + u ⋅ 1 + v ⋅ 0 (Ebene) z 0 0 1 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 251 DialogMathe Gleichungssysteme 6.5 Moderne Anwendungen aus der Technik Heute werden viele Vorgänge mit Hilfe von linearen Gleichungssystemen Gleichungs erfasst: • das Auftreten von Spannungen Spannun in einem Gabelschlüssel Gabelschlüs • das Versickern von Wasser Wasse unter einem Staudamm • die Ausbreitung des Schalles in einem Autoinnenraum • Computer Computer-Tomographie Die Liste der Beispiele ist fast unerschöpflich. unerschöpflich. In jedem Fall müssen sehr grosgro se lineare Gleichungssysteme gelöst werden. Diese Systeme haben oft TauTa sende von Gleichungen und entsprechend viele Unbekannte. Es braucht natürlich eine grosse Vorbereitung, bis man bei diesen Problemen Pro auf lineare Gleichungssysteme Gleich kommt. 1973 hat eine neue Technik die medimed zinische Diagnostik revolutioniert. (Das Wort 'Diagnostik' stammt aus dem Griechischen und bedeutet die Fähigkeit, Krankheiten zu erkennen.) Diese DiD agnosetechnik heisst Computer-Tomographie. Computer Sie stützt sich auf RöntgenRöntge strahlen, lineare Gleichungssysteme und Computer. Beim herkömmlichen Röntgen werden den ganze Körperpartien durchleuchtet. Bei der ComputerComputer Tomographie hingegen werden Röntgenstrahlen nur durch eine schmale Schicht des Körpers geschickt. Messungen Messungen und Computerberechnungen lieli fern dann ein Bild dieser Körperschicht, ein sogenanntes Tomogramm. Figur 2 zeigt eine bemalte Holzfigur aus dem 17. Jahrhundert. Daneben sehen Sie das Tomogramm eines Querschnittes durch den Kopf. Der Querschnitt liegt etwa et auf Nasenhöhe. Fig. 2 252 Fig. 3 Lerneinheit 1.2 .2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Moderne Anwendungen aus der Technik Die Ausbuchtungen in Figur 3 rühren von der Nase (oben) und den Haarlocken her. Im Innern ist deutlich die Maserung des Holzes zu sehen. Der weisse Rand schliesslich zeigt die dicke Schicht aus bleihaltigen Farben, mit denen der Kopf bemalt worden ist. Beispiel aus der Technik Für ein technisches Problem erhalten wir das folgende Gleichungssystem. x1 + 2x2 + x 4 = 3 Löse es mit Hilfe deines Rechners. x3 + 2x 4 = 5 x 4 + x5 = 5 a) Gib das Zahlenschema an, welches du in den Rechner eingibst. b) Lass das Gleichungssystem durch den Gaussalgorithmus lösen und gib das vom Rechner berechnete Zahlenschema an. c) Wie viele Lösungen hat das Gleichungssystem? Begründe kurz! d) Welches sind die freien Variablen? e) Gib die allgemeine Lösung in vektorieller Form an. Lösungen 1 2 0 1 0 3 0 0 1 2 0 5 ; 0 0 0 1 1 5 1 0 0 0 0 2 0 0 − 1− 2 0 1 0 − 2 − 5 0 0 1 1 5 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 c) Das Gleichungssystem hat unendlich viele Lösungen. Es handelt sich um ein unterbestimmtes Gleichungssystem (3 Gleichungen / 5 Unbekannte). In den letzten beiden Zeilen befinden sich lauter Nullen. d) x 5 und x 2 sind die freien Variablen! x1 x 2 x = x3 x4 x 5 −2 1 −2 0 0 1 = −5 + u ⋅ 2 + v ⋅ 0 5 −1 0 1 0 0 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 253 DialogMathe Gleichungssysteme 6.6 Chemische Reaktionsgleichungen, mathematisches Ausgleichen Nach Peter Bützer (mein Chemielehrer). "Old chemists are excellent. Otherwise they would have been eliminated by their experiments." Interessantes zur Chemie auf der Internetseite: http://www.buetzer.info/ Chemie lernt als wichtigsten Teil die Prozesse und die Abläufe, die Dynamik, die Kybernetik zu verstehen - auch wenn sie als Grundlage Strukturen und Zustände hat. Können statt Knobeln Das Ausgleichen von chemischen Reaktionsgleichungen ist, vor allem wenn es keine trivialen Gleichungen sind, ein „Pröbeln“. In Prüfungen wird diese Aufgaben zu einem wirklichen Stress – ein unnötiger Stress. Gibt es ein mathematisches Verfahren, das uns diese Arbeit abnimmt? Natürlich, das mathematische Prinzip: Unbekannten einführen, Gleichungen aufstellen. Im Folgenden lernen wir dieses Verfahren kennen. Chemische Voraussetzungen 1. Auf beiden Seiten der Reaktionsgleichung hat es gleich viele Atome jeder Sorte. 2. Die stöchiometrischen Koeffizienten sind ganzzahlig und minimal. 6.6.1 Beispiel Eisenherstellung Chemische Reaktionsgleichung mit den stöchiometrischen Koeffizienten a, b, c und d als Unbekannte. a ⋅ C + b ⋅ Fe 2O3 → c ⋅ Fe + d ⋅ CO 2 Gleichungssystem für die drei beteiligten Elemente C, Fe und O Element Gleichung C a =d Fe 2b = c O 3b = 2d Wir erhalten nur drei Gleichungen für vier Unbekannte! 254 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 6.6.2 Chemische Reaktionsgleichungen, mathematisches Ausgleichen Übung: Auflösen einer Brausetablette mit Zitronensäure a ⋅ H8C6O7 + b ⋅ CaCO3 → c ⋅ Ca3 ( H5C6O7 )2 + d ⋅ CO2 + e ⋅ H2O Gleichungssystem Element Gleichung H C O Ca a= c= b= d= e= Resultat: 2H8C6O7 + 3CaCO3 → Ca3 ( H5C6O7 )2 + 3CO2 + 3H2O Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 255 DialogMathe Gleichungssysteme 6.6.3 Übung: Herstellung von Hexamethylentetramin a ⋅ HCOH + b ⋅ NH3 → c ⋅ ( CH2 )6 N4 + d ⋅ H2O Gleichungssystem Element Gleichung H C O N a= c= b= d= Resultat: 6HCOH + 4NH3 → ( CH2 )6 N4 + 6H2O 6.6.4 Eine Knacknuss In der Literatur ist die folgende Reaktion beschrieben: a ⋅ NaJO3 + b ⋅ H2O + c ⋅ SO3 → d ⋅ Na2 SO 4 + e ⋅ H2 SO 4 + f ⋅ J2 Gleichungssystem 256 Element Gleichung Na a = 2d J a =2f O 3a + b + 3c = 4d + 4e H 2b = 2e S c=d+e Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Chemische Reaktionsgleichungen, mathematisches Ausgleichen a, d und f sind Null: Resultat H2O + SO3 → H2SO 4 Daraus folgt, dass die Reaktion so wie sie angegeben wurde, nicht abläuft. a ⋅ NaJO3 + b ⋅ H2O + c ⋅ SO3 → d ⋅ Na2 SO 4 + e ⋅ H2 SO 4 + f ⋅ J2 Notwendige Korrektur: SO3 durch SO2 ersetzen. a ⋅ NaJO3 + b ⋅ H2O + c ⋅ SO 2 → d ⋅ Na 2SO 4 + e ⋅ H2SO 4 + f ⋅ J2 Im Gleichungssystem Gleichung für Element O ersetzen durch O 3a + b + 2c = 4d + 4e Resultat: 2NaJO3 + 4 H2O + 5 SO2 → Na 2SO 4 + 4 H2SO 4 + J2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 257 DialogMathe Gleichungssysteme 6.7 Physik, Gleichungssystem aus der Bewegungslehre 6.7.1 Algebraische Behandlung von Bewegungsaufgaben Die gleichmässig beschleunigte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit kann durch fünf Grössen beschrieben werden. Diese stehen in Beziehung zueinander durch das Geschwindigkeits-Zeit-Gesetz und das Weg-Zeit-Gesetz. Wir haben also zwei Bestimmungsgleichungen, d.h. wenn wir von den fünf Grössen drei vorgeben, dann können wir die restlichen zwei bestimmen. t : Zeit ; s : zurückgelegter Weg ; v A : Anfangsgeschwindigkeit v E : Endgeschwindigkeit Geschwindigkeits-Zeit-Gesetz: vE = v A + a ⋅ t s = vA ⋅ t + Weg-Zeit-Gesetz: ; a : Beschleunigung a ⋅ t2 2 Beispiel: Gegeben: v A , v E , s Gesucht: a , t Wir können das folgende Gleichungssystem nach a und t auflösen. (Beachte, dass die zweite Gleichung quadratisch in t ist) vE = v A + a ⋅ t s = vA ⋅ t + (1) a 2 ⋅t 2 (2) Lösung: z.B. Gleichung (1) nach t auflösen und in Gleichung (2) einsetzen. vE = v A + a ⋅ t s = vA ⋅ t + a 2 ⋅t 2 → t = vE − v A a (3) / (3) einsetzen v − vA a vE − v A s = vA ⋅ E + ⋅ a 2 a 2as = 2v A ⋅ ( vE − v A ) + ( vE − v A ) 2 / ⋅ 2a 2 2as = 2 v A v E − 2 v A 2 + vE2 − 2 v A v E + v A 2 2as = vE2 − v A 2 a = t = 258 vE2 − v A 2 2s / : 2s in Gleichung (3) einsetzen vE − v A 2s ( vE − v A ) ⋅ 2s ( vE − v A ) ⋅ 2s = = = = t 2 2 a ( vE − v A ) ⋅ ( vE + v A ) ( vE + v A ) vE − v A Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Physik, Gleichungssystem aus der Bewegungslehre Auflösen des Gleichungssystems mit dem Rechner vE = v A + a ⋅ t s = vA ⋅ t + a 2 ⋅t 2 Syntax : Gleichung1 solve , Variable, Variable Gleichung2 t= a= 2s v A + vE ( − v A2 − v E2 2s ) = v E2 − v A2 2s Beachte das Vorzeichen im Zähler! a ist positiv, wenn v E > v A . 6.7.2 Arbeiten mit CAS-Bausteinen CAS-Bausteine sind eine sehr sinnvolle Anwendung, wenn es darum geht, ein Problem schnell und immer wieder zu lösen. Da der Baustein vom Benutzer selbst erarbeitet werden muss und der Baustein in der Regel eine allgemeine Lösung ist (Baustein mit Variablen), ist es eine wunderschöne Übung, um allgemeine Lösungsansätze herauszufinden. Mit einem Baustein lässt es sich wunderbar experimentieren, d.h. mit wenigen Handgriffen kann man verfolgen, wie sich eine Funktion oder Anderes verändern. Der CAS-Baustein für die gleichmässig beschleunigte Bewegung Aus 5 Grössen können auf 10 verschiedene Arten 2 ausgewählt werden d.h. es gibt 10 verschiedene Typen von Bewegungsaufgaben. Diese können alle durch einen CAS-Baustein erfasst werden. glsgbb(x,y): Gleichungssystem für gleichmässig beschleunigte Bewegung als CAS-Baustein. Der CAS-Baustein glsgbb(x,y) benötigt für die Platzhalter x und y als Eingabe zwei Grössen der gleichmässig beschleunigten Bewegung ( a, v A , v E , s, t ). Diese beiden Grössen werden dann vom Baustein berechnet. Aufruf des CAS-Bausteins glsgbb(a,t): Der Baustein soll für uns die Beschleunigung a und die Zeit t berechnen. Wenn wir nur glsgbb(a,t) eingeben, dann gibt uns der Rechner die Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 259 DialogMathe Gleichungssysteme Formeln für die Beschleunigung a und die Zeit t. Wir können aber auch die gegebenen Grössen mitliefern, dann erhalten wir Zahlenwerte. Beispiel oben: Im Datenblatt eines Autos wird folgende Information gegeben: Abbremsen von 100 auf 0 km/h auf einem Weg von 38,5 Metern. Bewegungsaufgabe: Gegeben: v A = 100 , v = 0, s = 38,5 ; Gesucht: a, t 3,6 E Die Beschleunigung beträgt a = −10ms−2 (negativ, weil es sich um einen Bremsvorgang handelt) und die Zeit t = 2,77s (Bremszeit). Beispiele Im technischen Datenblatt beim Maserati GranSport 4.2 V8 Coupé sind folgende Werte angegeben: Beispiel 1: Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden. Gegeben: v A = 0 ms −1 , vE = 27,8 ms−1 , t = 4,8 s ; Gesucht: a und s Beispiel 2: Abbremsen von 100km/h auf 0 auf einem Weg von 36 Metern. Gegeben: v A = 27,8 ms−1 , vE = 0 ms−1 , s = 36 m ; Gesucht: a und t Übung Benütze den CAS-Baustein glsgbb(x,y) um die Formeln zu überprüfen! a t VA VE s Gegeben Gegeben Gegeben vA + a ⋅ t vA ⋅ t + Gegeben Gegeben vE − a ⋅ t Gegeben Gegeben vE − v A a Gegeben Gegeben vE − v A t Gegeben Gegeben Gegeben Gegeben Gegeben s a⋅t − t 2 s a⋅t + t 2 Gegeben 2s 2v A − t t2 Gegeben 260 2as + v A2 − v A a Gegeben vE − vE2 − 2as a Gegeben Gegeben v E2 − 2as 2as + v A2 a 2 ⋅t 2 a vE ⋅ t − ⋅ t 2 2 2 vE − v A2 2a vE + v A ⋅t 2 Gegeben Gegeben 2s − vA t Gegeben Gegeben Gegeben 2vE 2s − 2 t t Gegeben 2s − vE t Gegeben Gegeben vE2 − v A2 2s 2s vE + v A Gegeben Gegeben Gegeben Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Physik, Gleichungssystem aus der Bewegungslehre 6.7.3 Beispiel: Anhalteweg - Innerorts 60 km/h statt 50 km/h Im Strassenverkehr ist eine der Situation angepasste Geschwindigkeit erforderlich. Tritt unerwartet ein Hindernis auf, so muss der Verkehrsteilnehmer rechtzeitig anhalten können. Gelingt das nicht, so kommt es zur Kollision, deren Schwere von der Kollisionsgeschwindigkeit abhängt. Unfallstatistik Untersuchungen zeigen, dass bei Verkehrsunfällen von PKW’s mit Fussgängern die Verletzungsschwere wesentlich von der Kollisionsgeschwindigkeit abhängig ist. Bei 30 km/h werden 5%, bei 50 km/h 50% und bei 70 km/h praktisch alle angefahrenen http://www.upi-institut.de/upi42.htm Fussgänger getötet. Geschwindigkeit und Anhalteweg Anhalteweg = Reaktionsweg + Bremsweg s = v a ⋅ tR + v a2 2a va : Anfangsgeschwindigkeit, tR : Reaktionszeit, a : Bremsbeschleunigung Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 261 DialogMathe Gleichungssysteme Der Anhalteweg kann durch das Diagramm berechnet werden. Reaktionsweg = v a ⋅ t (Rechteckfläche) va : Anfangsgeschwindigkeit; Bremsweg = t : Reaktionszeit (0,5s bis 1,5s) va2 (Dreieckfläche) 2a a : Bremsbeschleunigung (zwischen −5 m / s2 und −12 m / s2 ) Aufgabenstellung Analysiere die folgende Verkehrssituation: Vor zwei gleiche Autos, eines mit der Geschwindigkeit 50 km/h das andere mit 60 km/h, springt plötzlich einige Meter vor uns ein spielendes Kind auf die Strasse, so dass wir ein Bremsmanöver einleiten müssen. Welche Geschwindigkeit hat das Auto mit 60 km/h noch dort, wo das Auto mit 50 km/h zum Stillstand kommt? Nimm für die Reaktionszeit tR = 1s an und ermittle die Verzögerung aus dem technischen Datenblatt des Autos: Abbremsen von 100 auf 0 km/h auf einem Weg von 38.6 Metern. Bewegungsaufgaben können in verschiedenen Darstellungsformen gelöst werden: Algebraisch mit Gleichungen oder graphisch mit Diagrammen. Algebraische Behandlung Den «CAS-Baustein» glsgbb ( x, y ) definieren. Das Gleichungssystem für die gleichmässig beschleunigte Bewegung eingeben und lösen. 3 der 5 Variablen a, v a , v e , s, t müssen jeweils gegeben sein, damit die andern beiden durch das Gleichungssystem bestimmt werden können. Das Gleichungssystem kann auch zur Berechnung des Anhaltewegs genutzt werden: Die Bewegung muss in zwei Abschnitte aufgeteilt werden: 262 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Physik, Gleichungssystem aus der Bewegungslehre Reaktionsphase: tr Reaktionszeit, Abbremsphase: tb Bremszeit Dabei muss die Endgeschwindigkeit v e den Wert Null annehmen. Wie gross ist die Geschwindigkeit in der Bremsphase (Beachte: 0 ≤ t ≤ tb ), nachdem das Auto den Weg s zurückgelegt hat? Da die Endgeschwindigkeit durch eine Wurzel berechnet wird, enthält das Resultat die Bedingung, dass der Ausdruck unter der Wurzel positiv sein muss. Ist s < tr ⋅ v a , so wird der Wurzelausdruck negativ. Wir befinden uns noch in der Reaktionsphase und es ist v e = v a . Die beiden Terme lassen sich nun als «CAS-Bausteine» definieren und benützen: Anhalteweg sanh ( va, tr,a ) mit v a [ km / h ] Kollisionsgeschwindigkeit kolv ( va, tr,a,s ) nach dem zurückgelegtem Weg s Fährt ein Auto mit 50 km/h, so beträgt sein Anhalteweg 23.53 m. Fährt es jedoch mit 60 km/h beträgt nach dieser Strecke die Kollisionsgeschwindigkeit 42.67 km/h. Folgende Fragestellungen lassen sich mit diesen beiden «CAS-Bausteinen» ebenfalls beantworten: Wie gross müsste die Reaktionszeit tr sein, um mit 60 km/h den gleichen Anhalteweg wie mit 50 km/h zu erreichen? Wie ändert sich der Anhalteweg, wenn die Bremsen nicht in einem einwandfreien Zustand sind, z.B. a = − 5 m / s2 ? Wie ändert sich der Anhalteweg, wenn die Reaktion (tr = 2 s), z.B. durch Alkoholkonsum oder Telefonieren während der Fahrt, eingeschränkt ist? Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 263 DialogMathe Gleichungssysteme Der «CAS-Baustein» kolv liefert nicht immer ein Ergebnis. So findet der Rechner für va = 50 km/h, tr = 2 s, a = − 10 m / s2 und s = 23.53 m keine reelle Zahl. Wie gross ist in diesem Fall die Kollisionsgeschwindigkeit? Experimentiere mit dem «CAS-Baustein» und analysiere! Graphische Behandlung «CAS-Baustein» v ( va,a, tr, t ) als abschnittweise Funktion definieren: Während der Reaktionszeit tr ist die Geschwindigkeit konstant va, im Zeitintervall [ tr ; tr + tb ] nimmt sie dann linear ab. Mit f1( x ) = v ( 50,10,1, x ) ergibt sich das nebenstehende v-t-Diagramm. Den Anhalteweg erhält man als Fläche unter der Funktion. Diese lässt sich mit graphischem Integrieren ermitteln: s = 23.53 m . Beträgt die Geschwindigkeit nicht 50, sondern 60 km/h, f 2 ( x ) = v ( 60,10,1, x ) , so kann die Kollisionsgeschwindigkeit vkol mit einem Schieberegler ermittelt werden, wobei man mit ts die rechte Grenze der Fläche variieren kann. [Anleitung: Punkt T auf die x-Achse setzen und dessen x- Koordinate der Variablen ts des Schiebereglers zuordnen. Den Schnittpunkt V einer Senkrechten zur x-Achse durch T mit dem Graph f2 bestimmen. Die y-Koordinate von V ( 11.87 m / s = 42.72 km / h ) repräsentiert die Kollisionsgeschwindigkeit nach der Strecke s = 23.53 m ] 264 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Physik, Gleichungssystem aus der Bewegungslehre Mit dem «CAS-Bausteins» v ( va,a, tr, t ) lässt sich auch einer der drei Parameter va, a oder tr mit Hilfe eines Schiebereglers dynamisieren. So lässt sich z. B. die Reaktionszeit tr der Variablen trs des Schiebereglers zuordnen. Dadurch lässt sich die Reaktionszeit mit Hilfe des Schiebereglers im Diagramm variieren. Graphische Behandlung von Bewegungsaufgaben (Diagramme, Funktionen) Es gilt: v = ∆s ∆t → ∆s = v ⋅ ∆t Die Geschwindigkeit ist die Steigung im s-t-Diagramm. Der zurückgelegte Weg ist die Fläche im v –t-Diagramm. Analog: a = ∆v ∆t → ∆v = a ⋅ ∆t Die Beschleunigung ist die Steigung im v- t- Diagramm. Die Geschwindigkeit ist die Fläche im a- t -Diagramm. v -t -Diagramm beim Anhalten Das v-t-Diagramm kann als Graph einer abschnittsweise linearen Funktion dargestellt werden. Geschwindigkeit va = 50km / h (13.9m / s) Reaktions- zeit t = 1.2s Bremsbeschleunigung a = −10 m / s2 Der zurückgelegte Weg s lässt sich durch die Berechnung der Fläche bestimmen. Das graphische Integrieren kann durch einen Schieberegler mit einer variablen rechten Grenze ta animiert werden. Damit lässt sich das Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 265 DialogMathe Gleichungssysteme s-t-Diagramm (gepunktete Linie) wie folgt ermitteln: Flächenwert s einer Funktion f2 zuordnen. Schnittpunkt S vom Graph f2 mit einer Senkrechten durch ta bestimmen. Geometriespur für S aktivieren und den Schieberegler von ta = 0 bis ta = 2.59s variieren. Interpretation: Wir erkennen die beiden Bereiche: Der Reaktionsweg nimmt linear zu (konstante Geschwindigkeit, Rechteckfläche, Gerade), der Bremsweg nimmt quadratisch zu (linear abnehmende Geschwindigkeit, Dreieckfläche, Parabel). s-t-Diagramm beim Anhalten Umgekehrt ist die Steigung im s-t-Diagramm durch das v-t-Diagramm gegeben. Aus der im v-t-Diagramm erhaltenen Geometriespur lässt sich die Funktionsgleichung des s-t-Diagramms ermitteln. Aus der Funktion s50(x) lässt sich durch graphisches Ableiten das v-t-Diagramm als Geometriespur (analog wie oben beschrieben) darstellen, wobei die abschnittsweise definierte Funktion s50(x) durch die beiden Funktionen f2 und f3 dargestellt werden. Für den Reaktionsweg wird der Schieberegler tr, für den Bremsweg der Schieberegler tb verwendet. 266 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Ausblick Vektorräume als mathematische Struktur 6.8 Ausblick Vektorräume als mathematische Struktur Definition Gruppe Ein Paar ( G , ) mit einer Menge G und einer inneren zweistelligen Verknüpfung : G x G → G : ( a,b ) ֏ a b heisst Gruppe, wenn folgende Axiome erfüllt sind: Assoziativität Für alle Gruppenelemente a, b und c gilt: a (b c ) = (a b) c . Neutrales Element Es gibt ein neutrales Element e ∈ G , mit dem für alle Gruppenelemente a gilt: a e = e a = a . Zu jedem Gruppenelement a existiert ein Element a −1 ∈ G mit a a −1 = a −1 a = e . Inverses Element Eine Gruppe ( G , ) heisst abelsch oder kommutativ, wenn die Verknüpfung symmetrisch ist, d. h. wenn zusätzlich das folgende Axiom erfüllt ist: Kommutativität Für alle Gruppenelemente a und b gilt a b = b a . Bei dieser Definition darf nicht übersehen werden, dass die Verknüpfung " " eine innere Verknüpfung sein muss, dass sie also jedes Paar von Gruppenelementen a,b ∈ G auf ein Element abbildet, das auch wieder in der Gruppe liegt: a b ∈ G . Diese Eigenschaft wird oft Abgeschlossenheit genannt (wobei diese Bezeichnung eigentlich nur einen Sinn ergibt, wenn G in einer grösseren Menge H als Teilmenge enthalten ist, auf der die Verknüpfung " " ebenfalls definiert ist). Definition Körper Ein Körper ist im mathematischen Teilgebiet der Algebra eine ausgezeichnete algebraische Struktur, in der die Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division wie bei den „normalen“ (reellen) Zahlen durchgeführt werden können. Die Bezeichnung Körper wurde im 19. Jahrhundert von Richard Dedekind eingeführt. Ein Tripel ( K , + , ⋅ ) , bestehend aus einer Menge K und zwei binären Verknüpfungen " + " und " ⋅ " (die üblicherweise Addition und Multiplikation genannt werden), ist genau dann ein Körper, wenn folgende Eigenschaften für alle a,b,c ∈ K erfüllt sind: Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 267 DialogMathe Gleichungssysteme Additive Eigenschaften: Assoziativität a + (b + c ) = (a + b) + c Kommutativität neutrales Element inverses Element a+b =b+a Es gibt ein Element 0 ∈ K mit 0 + a = a Zu jedem a ∈ K existiert das additive Inverse −a mit ( −a ) + a = 0 Multiplikative Eigenschaften: Assoziativität a ⋅ (b ⋅ c ) = (a ⋅b) ⋅c Kommutativität neutrales Element inverses Element a⋅b = b⋅a Es gibt ein Element 1 ∈ K mit 1 ⋅ a = a , und es ist 1 ≠ 0 . Zu jedem a ∈ K { 0 } existiert das multiplikative Inverse a −1 mit a −1 ⋅ a = 1. Zusammenspiel von additiver und multiplikativer Struktur: Distributivität a ⋅ ( b + c ) = a ⋅ b + a ⋅ c und ( a + b ) ⋅ c = a ⋅ c + b ⋅ c Definition Vektorraum Ein Vektorraum über einem Körper ( K , + , ⋅ ) oder kurz K-Vektorraum ist eine additive abelsche Gruppe (V, +), auf der zusätzlich eine Multiplikation mit einem Skalar aus K erklärt ist: ⋅ : K x V → V . Diese Skalarmultiplikation muss dabei für alle u,v ∈ V und a,b ∈ K die folgenden Bedingungen erfüllen: Assoziativität a ⋅ (b ⋅ v ) = (a ⋅b) ⋅ v Distributivgesetze a ⋅ ( u + v ) = a ⋅ u + a ⋅ v und ( a + b ) ⋅ v = a ⋅ v + b ⋅ v neutrales Element Neutralität der 1 des Körpers K: 1 ⋅ v = v Ein Vektorraum ist eine algebraische Struktur, d.h. eine Menge von Elementen, die man zueinander addieren und die man mit Zahlen multiplizieren kann, wobei die üblichen Rechenregeln gelten. Die Elemente eines Vektorraums werden allgemein als Vektoren bezeichnet. Beispiele für Vektoren sind alle reellen Funktionen, lineare Gleichungen, Matrizen sowie die geometrischen Vektoren im engeren Sinn. Die Theorie der Vektorräume ist Gegenstand der linearen Algebra. Mengentheoretisch hat eine Menge die Struktur eines Vektorraums, wenn eine assoziative und kommutative Addition ihrer Elemente sowie eine S-Multiplikation mit Elementen eines Körpers K erklärt sind, für die ein Assoziativ- und zwei Distributivgesetze gelten. Für die Vektoraddition ist der Nullvektor das neutrale und der Gegenvektor das inverse Element. Vektoren eines Vektorraums heissen linear 268 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Ausblick Vektorräume als mathematische Struktur unabhängig, wenn es keine Linearkombination dieser Vektoren gibt, die den Nullvektor erzeugt. Gibt es eine solche Linearkombination, nennt man die Vektoren linear abhängig. Ein Vektorraum ist n-dimensional, wenn es in ihm höchstens n linear unabhängige Vektoren gibt; durch Addition und S-Multiplikation lässt sich in ihm jeder Vektor aus n Vektoren zusammensetzen; diese n erzeugenden Vektoren bilden eine Basis des Vektorraums. Beispiel geometrischer Raum Der Raum unserer Anschauung stellt einen 3-dimensionalen Vektorraum dar. Alle Raumvektoren (darstellbar als Pfeile, die die einzelnen Raumpunkte fest legen) lassen sich mit Hilfe dreier Basisvektoren (z. B. e x , e y , ez ) durch Multiplikation mit geeigneten Zahlen (Koordinaten genannt, z. B. x, y, z) und anschliessender Addition erzeugen: v = x ⋅ e x + y ⋅ e y + z ⋅ e z . Beispiel Euklidische Ebene Ein anschaulicher Vektorraum ist die zweidimensionale Ebene R2 (in rechtwinkligen kartesischen Koordinaten) mit den Pfeilklassen (Verschiebungen oder Translationen) als Vektoren und den reellen Zahlen als Skalaren. Beispiel eines einfachen abstrakten Vektorraums Vektorräume können jedoch auch abstrakter aussehen. So kann V etwa die Menge der Geraden sein. Beispiele für Geraden sind etwa: f ( x ) = 2x + 3 , g ( x ) = 3x − 5 . Die Summe zweier Geraden ist wieder eine Gerade: f ( x ) + g ( x ) = 2x + 3 + 3x − 5 = ( 2 + 3 ) x + ( 3 − 5 ) = 5x − 2 Der Nullvektor ist die Funktion: n ( x ) = 0x + 0 , d.h. n ( x ) = 0 Mit einem Skalar a = 3 aus der Menge der reellen Zahlen ist die Skalarmultiplikation: a ⋅ f ( x ) = 3 ⋅ ( 2x + 3 ) = ( 3 ⋅ 2 ) x + ( 3 ⋅ 3 ) = 6x + 9 Vektorraum der Polynome Die Polynome mit Koeffizienten aus einem Körper bilden, mit der üblichen Addition und der Multiplikation mit einem Element des Körpers, einen unendlich-dimensionalen Vektorraum. Für die Polynome, deren Grad durch ein n ∈ N0 nach oben beschränkt ist, hat der resultierende Vektorraum die Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 269 DialogMathe Gleichungssysteme Dimension n + 1. Beispielsweise ist die Menge aller Polynome vom Grad kleiner gleich 4 a + b ⋅ x + c ⋅ x 2 + d ⋅ x 3 + e ⋅ x 4 ein Vektorraum der Dimension 5. Eine Basis bilden die Monome {1, x , x 2 , x 3 , x 4 } . Man kann zeigen, dass dieser Vektorraum alle Bedingungen erfüllt. Was bringt die Zukunft? Oft besitzt ein Vektorraum neben seiner algebraischen auch noch eine damit verträgliche topologische Struktur; er ist dann ein topologischer Vektorraum. In vielen Vektorräumen ist es möglich, die Länge eines Vektors anzugeben, die etwas abstrakter seine Norm genannt wird: der Vektorraum ist dann ein normierter Raum. Eine Norm induziert stets eine Metrik und damit auch eine Topologie. Oft ist es sinnvoll und möglich, auch den Winkel zwischen Vektoren zu definieren. Das geschieht mit Hilfe des Skalarprodukts (nicht zu verwechseln mit der Skalarmultiplikation!); der Vektorraum ist dann ein Innenproduktraum. In einem metrischen Raum ist das analytische Konzept der Konvergenz anwendbar; ein metrischer Raum, in dem jede Cauchy-Folge konvergiert, heisst vollständig. Ein vollständiger normierter Raum heisst Banach-Raum, ein vollständiger Innenproduktraum heisst Hilbert-Raum (Norm durch ein Skalarprodukt induziert). Die Quantenmechanik (physikalische Theorie der Materie und dessen Wechselwirkungen) arbeitet mit Hilberträumen, deren Elemente Wellenfunktionen sind. Eine Metrik ist in der Mathematik eine Funktion, die je zwei Punkten eines Raums einen reellen Wert zuordnet, der als Abstand der beiden Punkte voneinander aufgefasst werden kann. Metriken geben einem Raum eine globale und eine lokale Struktur. Die globale Struktur kommt in geometrischen Eigenschaften wie der Kongruenz von Figuren zum Ausdruck. Die lokale metrische Struktur, also die Definition kleiner Abstände, ermöglicht unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen die Einführung von Differentialoperationen. Die verschiedenen topologischen Räume verallgemeinern die möglichen lokalen Strukturen metrischer Räume. Jeder metrische Raum ist ein topologischer Raum mit der Topologie, die durch die Metrik induziert wird. Jeder metrische Raum ist ein Hausdorff-Raum. 270 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Definition Polynom 7 Leitidee Polynome In diesem Kapitel betrachten wir besondere Terme, so genannte Polynome. Insbesondere interessieren wir uns für verschiedene Darstellungsformen. Algebraische Termdarstellung: Polynomform, Linearfaktorzerlegung. Numerische Darstellung: Wertetabelle eines Polynoms Graphische Darstellung in einem Koordinatensystem: Graph eines Polynoms 7.1 Definition Polynom Ein Polynom ist eine vielgliedrige algebraische Summe. Wir betrachten spezielle Polynome p(x) der folgenden Art: p(x) = an ⋅ xn + an −1 ⋅ xn −1 + ⋯⋯ + a2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a0 Das Polynom besteht aus Potenzen einer Variablen x, wobei die Koeffizienten an ,an −1 ,⋯⋯ ,a 2 ,a1 ,a0 beliebige reelle Zahlen sind und der Exponent n eine natürliche Zahl (Grad des Polynoms) ist. Beispiel 1 Polynom 4. Grades: x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24 n = 4 ,a 4 = 1,a3 = −2 ,a2 = −13 ,a1 = 14 ,a0 = 24 Beispiel 2 Polynom 6. Grades: x 6 − x 5 + x 2 − x n = 6 ,a 6 = 1,a5 = −1,a 4 = 0 ,a3 = 0 ,a 2 = 1,a1 = −1,a0 = 0 Beispiel 3 Polynom n - ten Grades: − 2x5 + 3x 4 − 5x 3 + 8x 2 − x − 7 Grad: n = Koeffizienten: a5 = ; a4 = ; a3 = a2 = ; a1 = ; a0 = Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 271 DialogMathe Leitidee Polynome 7.1.1 Übungen Polynome Aufgabe 1: allgemeine Polynome allgemeines Polynom n - ten Grades: an ⋅ xn + an −1 ⋅ xn −1 + ⋯⋯ + a2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a0 a) Gib ein allgemeines Polynom 3. Grades an. b) Gib ein allgemeines Polynom 6. Grades an, bei dem a5 = a 4 = a1 = 0 ist. c) Gib ein allgemeines Polynom 2. Grades an, bei dem a0 = 0 ist. d) Gib ein allgemeines Polynom 1. Grades an. Aufgabe 2: Beispiele für Polynome Gib den Grad n und die Koeffizienten an ,an −1 ,⋯⋯ ,a 2 ,a1 ,a0 für folgende Polynome an. a) 2x 4 − 5x 3 − x 2 + 7x + 3 b) − 4x 6 + 3x 5 + 2x 4 − x3 − x 2 + x + 10 c) x 6 − 6x 3 − 2x 2 + 5x + 1 d) x4 + 1 e) 5x 2 + 2x + 9 f) x−5 272 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Definition Polynom Aufgabe 3: Die Koeffizienten bestimmen ein Polynom Schreibe das Polynom auf, das durch folgende Koeffizienten gegeben ist. a) a3 = 7 ,a2 = −5 ,a1 = −1,a0 = 21 b) a6 = 1,a5 = 0 ,a 4 = 0 ,a3 = 0 ,a 2 = 1,a1 = 1,a0 = 1 c) a3 = 1,a 2 = −2 ,a1 = 3 ,a0 = 0 Aufgabe 4: Grad und Koeffizienten von Polynomen Bestimme den Grad n und die Koeffizienten der folgenden Polynome: a) ( x + 1) ⋅ ( x − 1) 3 b) ( x − 1) 3 5 c) ( 2x + 3 ) 4 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 273 DialogMathe Leitidee Polynome 7.1.2 Wertetabelle Wir setzen für die Variable x einige Werte ein (z.B. – 3, – 2, – 1, 0, 1,2 ,3) und berechnen den Wert des Polynoms z.B. für x = 2: p(2) = 26 − 25 + 22 − 2 = 64 − 32 + 4 − 2 = 34 p( −3) p(x) x − 2x − 13x + 14x + 24 4 3 2 0 984 x −x +x −x 6 5 p( −2) 2 p( −1) -24 102 p(0) 0 4 p(1) 24 0 24 0 p(2) 0 34 p(3) -24 492 Für einige x-Werte wird der Wert des Polynoms Null, z.B. für x = – 3: p( −3) = ( −3 ) − 2 ⋅ ( −3 ) − 13 ⋅ ( −3 ) + 14 ⋅ ( −3 ) + 24 4 3 2 = 81 − 2 ⋅ ( −27 ) − 13 ⋅ 9 + 14 ⋅ ( −3 ) + 24 = 81 + 54 − 117 − 42 + 24 = 0 In der oben aufgeführten Wertetabelle sehen wir, dass beim Polynom p ( x ) = x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24 nebst p( −3) = 0 auch p( −1) = 0 und p(2) = 0 ist. Wir können uns fragen, wie viele Werte x gibt es, so dass p(x) = 0 wird? Die Antwort auf diese Frage gibt uns die Linerfaktorzerlegung des Polynoms. 7.1.3 Linearfaktorzerlegung Untersuche den Zusammenhang zwischen dem Grad n eines Polynoms und der Anzahl a der x-Werte, die den Wert Null für das Polynom ergeben. Benutze dazu die folgenden zwei Funktionen deines Rechners: Befehl: factor ( p ( x ) , x ) Befehl: exp and() → Faktorisieren von Polynomen → ausmultiplizieren der Linearfaktorzerlegung Beispiel 1 p ( x ) = x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24 (Polynomform) Faktorisieren mit Rechner: factor(x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24) = ( x − 4 ) ⋅ ( x − 2 ) ⋅ ( x + 1 ) ⋅ ( x + 3 ) p(x) = ( x − 4 ) ⋅ ( x − 2 ) ⋅ ( x + 1) ⋅ ( x + 3 ) heisst Linearfaktorzerlegung des Polynoms. Linearfaktoren Die Faktoren ( x − 4 ) , ( x − 2 ) , ( x + 1) , ( x + 3 ) heissen Linearfaktoren. 274 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Definition Polynom Beispiel 2 p ( x ) = x6 − x5 + x 2 − x Faktorisieren: factor(x 6 − x 5 + x 2 − x) = x ⋅ ( x − 1) ⋅ ( x 4 + 1) Der Faktor ( x 4 + 1) ist kein Linearfaktor (Polynom 4. Grades) und kann nicht weiter zerlegt werden. Es handelt sich hier um einen so genannten Primfaktor. Ausmultiplizieren von Polynomen (Linearfaktorzerlegung) expand ( ( x − 4 ) ⋅ ( x − 2 ) ⋅ ( x + 1 ) ⋅ ( x + 3 ) ) = x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24 expand ( x ⋅ ( x − 1) ⋅ ( x 4 + 1) ) = x 6 − x5 + x 2 − x Übung 1 Gesucht ist ein Polynom mit folgenden Eigenschaften: Grad n = 4, nur p ( 2 ) = 0 und p ( 1) = 0 , keine weiteren x-Werte so dass p ( x ) = 0 . Lösung: p( 2 ) = 0 → Linearfaktor ( x − 2 ) p ( 1) = 0 → Linearfaktor ( x − 1) Vier Möglichkeiten p ( x ) = ( x − 2 ) ⋅ ( x − 1) ⋅ ( x 2 + 1) p ( x ) = ( x − 2 ) ⋅ ( x − 1) 3 ; ; p ( x ) = ( x − 2 ) ⋅ ( x − 1) 2 p ( x ) = ( x − 2 ) ⋅ ( x − 1) 2 3 Übung 2 Gesucht ist ein Polynom mit folgenden Eigenschaften: Grad n = 3 nur p ( −2 ) = 0 , p ( −1) = 0 und p ( 0 ) = 0 Übung 3 Gibt es ein Polynom a) 3. Grades b) 4. Grades, so dass p ( x ) ≠ 0 ist für alle x-Werte. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 275 DialogMathe Leitidee Polynome 7.2 Graphische Darstellung eines Polynoms Wir benutzen dazu das kartesische Koordinatensystem (zwei Achsen x und y, die rechtwinklig zueinander stehen). Ins Koordinatensystem werden Punkte P ( x | y ) eingezeichnet, wobei y = y ( x ) = p ( x ) der Wert des Polynoms an der Stelle x ist. Beispiel 1 y = x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24 (Polynomform) y = ( x − 4 ) ⋅ ( x − 2 ) ⋅ ( x + 1) ⋅ ( x + 3 ) (Linearfaktorzerlegung) y 50 10 O Schnittpunkt mit der y-Achse: 1 5 x ( 0 | 24 ) y = p ( 0 ) = 24 Schnittpunkte mit der x-Achse: Nullstellen: y = p ( x ) = 0 Linearfaktoren (4;0) x − 2 = 0 → x = 2 → p( 2) = 0 → ( 2; 0) x + 1 = 0 → x = −1 → p ( −1) = 0 → ( −1; 0 ) x + 3 = 0 → x = −3 → p ( −3 ) = 0 → ( −3 ; 0 ) x−4=0 276 → x=4 → p( 4) = 0 → Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Beispiel 2 Graphische Darstellung eines Polynoms y = x 5 + 3x 4 − 5x 3 − 15x 2 + 4x + 12 y = ( x − 2 ) ⋅ ( x − 1) ⋅ ( x + 1) ⋅ ( x + 2 ) ⋅ ( x + 3 ) y 10 O Schnittpunkt mit der y-Achse: 1 x ( 0 | 12 ) y = p ( 0 ) = 12 Schnittpunkte mit der x-Achse: Nullstellen: y = p ( x ) = 0 Linearfaktoren x−2=0 → x −1= 0 → x +1= 0 → x+2=0 → x+3=0 → (2;0) x = 1 → p ( 1) = 0 → ( 1; 0 ) x = −1 → p ( −1) = 0 → ( −1; 0 ) x = −2 → p ( − 2 ) = 0 → ( − 2 ; 0 ) x = −3 → p ( −3 ) = 0 → ( −3 ; 0 ) x=2 → Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© p( 2) = 0 → 277 DialogMathe Leitidee Polynome 7.2.1 Übungen Koordinatensystem Übung 1: Polynomterm graphisch darstellen Gegeben ist der Polynomterm T ( x ) = −0,5x 3 − x 2 + 2,5x + 3 . Erstelle eine Wertetabelle und skizziere das Polynom in einem Koordinatensystem. Berechne y = T ( x ) für die speziellen Werte in der unten aufgeführten Wertetabelle. Wertetabelle x –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 y = T(x) Graph des Polynoms Trage die errechneten Punkte P ( x | y ) mit y = T ( x ) in das y Koordinatensystem ein. Versuche die Punkte zu einer Linie zu verbinden! Welche 5 Schwierigkeiten ergeben sich? 1 11 x -5 Alle Punkte P ( x | y ) mit x ∈ R bilden den Graph des Polynoms. -10 278 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Graphische Darstellung eines Polynoms Übung 2 In welchen Quadranten liegen die folgenden Punkte: P1 ( 2 | 5 ) , P2 ( −4 | 5 ) , P3 ( 3 | − 7 ) , P4 ( −5 | − 1) Das kartesische Koordinatensystem (Achsen stehen senkrecht zueinander) wird durch die x- und y-Achse in vier Quadranten aufgeteilt. Diese werden im Gegenuhrzeigersinn nummeriert, wobei der 1. Quadrant jener mit den positiven x- und y-Werten ist. Wie erkennst du anhand der Koordinaten eines Punktes P, in welchem Quadrant der Punkt P liegt? 7.2.2 Skizzieren eines Polynoms Ein Polynom mit Hilfe einer Wertetabelle zu skizzieren gelingt nur, wenn sehr viele Werte mit einem kleinen ∆x berechnet werden. Ein Polynom p(x) kann von Hand skizziert werden, wenn folgende Eigenschaften bekannt sind: • Schnittpunkte mit der x-Achse • Minima, Maxima • Verhalten für kleine und grosse x-Werte • Schnittpunkt mit der y-Achse: y ( 0 ) = a0 Beispiel p ( x ) = −0,5x 3 − x 2 + 2,5x + 3 Schnittpunkt mit der y-Achse: p ( 0 ) = − 0,5 ⋅ 0 3 − 0 2 + 2,5 ⋅ 0 + 3 = 3 Schnittpunkte mit der x-Achse (Nullstellen): Linearfaktorzerlegung factor ( − x 3 − 2x 2 + 5x + 6 ) = ( −1) ⋅ ( x − 2 ) ⋅ ( x + 1) ⋅ ( x + 3 ) Nullstellen: Schnittpunkte mit der x-Achse (y = 0): x = 2 , x = −1, x = −3 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 279 DialogMathe Leitidee Polynome Minima, Maxima mit Hilfe des Rechners Minimum: Min ( −2,1| − 2,0 ) ; Maximum: Max ( 0,8 | 4,1) Verhalten für kleine und grosse x – Werte Für kleine und grosse x-Werte dominiert die Potenz mit dem grössten Exponenten. Für kleine x-Werte (x ist negativ) p ( x ) ≈ − x 3 ist positiv, d.h. die Punkte liegen im zweiten Quadranten. Für grosse x-Werte (x ist positiv) p ( x ) ≈ − x 3 ist negativ, d.h. die Punkte liegen im vierten Quadranten. Graph des Polynoms y 5 1 O 280 1 x Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Graphische Darstellung eines Polynoms 7.2.3 Grafisches Verhalten für kleine und grosse x – Werte Partnerinterview Verhalten für kleine und grosse x – Werte Zeit: 20 Minuten Untersuche das Verhalten von Polynomen für kleine und grosse x-Werte. p(x) = an ⋅ xn + an −1 ⋅ xn −1 + ⋯⋯ + a2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a0 Das Verhalten für kleine und grosse x-Werte wird durch den ersten Summand bestimmt, d.h. durch den Summanden mit dem höchsten Exponent. Die anderen Summanden können vernachlässigt werden. p(x) ≈ an ⋅ xn Der Verlauf ist also vom Exponent n (Grad des Polynoms) und vom Koeffizient an abhängig. Diskutiere die in untenstehender Grafik aufgeführten vier Fälle systematisch. z.B. Fall Q2 / Q1: das Polynom verläuft für kleine x im zweiten Quadranten und für grosse x im ersten Quadranten. Überlege: Welchen Effekt hat der Koeffizient an auf den Graph y = an ⋅ xn . Unterscheide an positiv oder an negativ! Welchen Effekt hat der Grad n auf den Graph y = an ⋅ xn . Unterscheide n gerade oder n ungerade! Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 281 DialogMathe Leitidee Polynome Gib für jeden der vier Fälle je ein Beispielpolynom an. Skizziere den ungefähren Verlauf des Polynoms (Graph) mit Hilfe des Rechners. 282 an : positiv negativ an : positiv negativ n : gerade ungerade n : gerade ungerade an : positiv negativ an : positiv negativ n : gerade ungerade n : gerade ungerade Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Graphische Darstellung eines Polynoms 7.2.4 Übung: Skizzieren eines Polynoms Skizziere das folgende Polynom: p ( x ) = − 0,1x 4 − 0,1x 3 + 1,5x 2 + 1, 6x + 1,6 Grad des Polynoms: Schnittpunkt mit der y-Achse: Schnittpunkte mit der x-Achse (Nullstellen): Linearfaktorzerlegung Minima, Maxima mit Hilfe des Rechners Minimum: Maxima: Verhalten für kleine und grosse x-Werte: Graph: y 10 5 1 -5 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© O 1 5 x 283 DialogMathe Leitidee Polynome 7.2.5 Partnerinterview Darstellungsformen für Polynome Partnerinterview Darstellungsformen für Polynome Zeit: 15 Minuten Diskutiere die folgenden Aussagen über Polynome! Mach dir klar was für dich ein Polynom ist. Einerseits ist ein Polynom für uns ein Term (speziell ein Term in der Linearfaktorzerlegung), andererseits können wir ein Polynom als Zuordnung (Funktion) auffassen und diese graphisch als Linie in einem Koordinatensystem (Graph des Polynoms) aufzeichnen. Term Zuordnung (Funktion) Graph Linearfaktoren Nullstellen Schnittpunkte mit x-Achse Gelingt es uns gedanklich zwischen diesen drei Darstellungsformen hin und her zu springen, so erhalten wir ein effizientes und mächtiges Werkzeug, um Problemstellungen aus der Praxis (Technik, Wirtschaft, usw.) zu analysieren und zu lösen. Aussagen über Polynome Aussage über den Graph Ein Polynom n-ten Grades hat Der Graph eines Polynoms n-ten höchsten n Linearfaktoren. Grades hat höchsten n Nullstellen (Schnittpunkte mit der x-Achse). Ist der Grad n eines Polynoms Ist der Grad n eines Polynoms unge- ungerade, so hat es mindestens einen rade, so hat der Graph mindestens Linearfaktor. eine Nullstelle (einen Schnittpunkt mit der x-Achse). Bei Polynomen mit geradem n, kann Bei Polynomen mit geradem n kann es sein, dass sie keinen Linearfaktor es sein, dass der Graph keine haben (z.B. x 2 + 1 , x 4 + 1 , usw.). Nullstellen (Schnittpunkte mit der x -Achse) hat. 284 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Graphische Darstellung eines Polynoms 7.2.6 Doppelt auftretende Linearfaktoren Bei der Linearfaktorzerlegung eines Polynoms, können Linearfaktoren auch mehrfach auftreten. Wir wollen nun untersuchen, was es für den Graph eines Polynoms bedeutet, wenn ein Linearfaktor zweifach auftritt. Berührung Ein doppelt auftretender Linearfaktor bedeutet eine Berührung des Graphen mit der x-Achse. Beispiel 1: p ( x ) = ( x − 1) Beispiel 2: p ( x ) = ( x + 1) ⋅ ( x − 2 ) 2 Beispiel 3: p ( x ) = x ⋅ ( x + 3 ) ⋅ ( x − 2 ) 2 2 7.2.7 Übungen Linearfaktoren Übung 1: Bestimme die Linearfaktorzerlegung der Polynome. Wie viele Linearfaktoren haben die Polynome? Gib alle Nullstellen der Polynome an, d.h. die Werte x, so dass p ( x ) = 0 wird. a) –c) ohne Rechner; d) – h) mit Rechner a) p ( x ) = x2 − x − 2 b) p ( x ) = x 2 − 6x + 9 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 285 DialogMathe Leitidee Polynome c) p ( x ) = x4 − 1 d) p ( x ) = x 6 − x 5 + 4x 4 + 2x 3 + 5x 2 − x − 2 e) p ( x ) = x 6 − 2x 5 + x 4 + x 2 − 2x + 1 f) p ( x ) = x6 + 1 g) p ( x ) = x 5 + x 4 − 2x 3 − 2x 2 + x + 1 h) p ( x ) = x5 − x 4 + x − 1 Übung 2: Ermittle ein Polynom mit den folgenden Eigenschaften: Bestimme ein Polynom 4. Grades, so dass a) p ( −7 ) = 0 ,p ( −2 ) = 0 ,p ( 1) = 0 ,p ( 5 ) = 0 b) nur p ( −2 ) = 0 ,p ( 1) = 0 ,p ( 5 ) = 0 ist und keine weitere Zahl x den Wert des Polynoms Null macht. c) nur p ( 1) = 0 , p ( 5 ) = 0 ist. d) nur p ( 5 ) = 0 ist e) p ( x ) ≠ 0 d.h. keine Zahl x den Wert des Polynoms Null macht. Übung 3: Ermittle ein Polynom mit den folgenden Eigenschaften: Bestimme ein Polynom 3. Grades, so dass a) p ( −2 ) = 0 , p ( −1) = 0 , p ( 0 ) = 0 b) nur p ( 2 ) = 0 , p ( 1) = 0 ist c) nur p ( −3 ) = 0 ist. 286 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Übung 4: Graphische Darstellung eines Polynoms Bestimme die Linearfaktoren der folgenden Polynome mit Hilfe der Schnittpunkte des Graphen mit der x-Achse. Was kannst du über den Grad n der Polynome aussagen? Polynom A y 1 O 1 x 1 x 1 x Polynom B y 1 O Polynom C y 1 O Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 287 DialogMathe Leitidee Polynome 7.3 Anwendungen, Übungen, Repetitionstest 7.3.1 Anzahl Lösungen einer Gleichung zweiten Grades Eine Gleichung zweiten Grades hat höchstens zwei Lösungen. Überprüfe folgende Fälle für die Anzahl Lösungen einer Gleichung zweiten Grades. 1. genau zwei Lösungen 2. nur eine Lösung 3. keine Lösung 7.3.2 Anzahl Lösungen einer Gleichung dritten Grades Eine Gleichung dritten Grades hat höchstens drei Lösungen und mindestens eine Lösung. Überprüfe folgende Fälle für die Anzahl Lösungen einer Gleichung dritten Grades. 1. genau drei Lösungen 2. nur zwei Lösung 3. nur eine Lösung 4. keine Lösung 7.3.3 Satz von Vieta Für eine normierte quadratische Gleichung x 2 + a1 x + a0 = 0 mit den reellen Lösungen x1 und x2 gilt: 1. x1 + x 2 = − a1 2. x1 ⋅ x 2 = a0 3. ( x − x1 ) ⋅ ( x − x 2 ) = x 2 + a1 x + a 0 Aufgabenstellung 1: Polynome zweiten Grades: p ( x ) = x 2 + a1 x + a 0 ( a2 = 1 ) Zeige, dass der Satz von Vieta gilt. Aufgabenstellung 2: Übertrage den Satz von Vieta auf ein Polynom dritten Grades: p ( x ) = x 3 + a 2 x 2 + a1 x + a0 288 ( a3 = 1 ) Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Anwendungen, Übungen, Repetitionstest 7.3.4 Polynom dritten Grades Gib ein Polynom dritten Grades p ( x ) = x 3 + a 2 x 2 + a1 x + a0 an, das die x-Achse bei x1 = 1, x 2 = 2 , x 3 = 3 schneidet. Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Zahlen x1 , x 2 , x 3 und der Zahl a0 des Polynoms? Welche Bedeutung hat a0 für den Graph des Polynoms? Spezialfall: Das Polynom schneidet die x-Achse im Ursprung, d.h. x 0 = 0 Zerlegung eines Polynoms dritten Grades Zeige anhand des untenstehenden Beispiels, dass folgender Satz gilt: Ist x1 eine Lösung von p ( x ) = x 3 + a 2 x 2 + a1 x + a0 = 0 , so lässt sich im Polynomterm der Linearfaktor x − x1 abspalten (Polynomdivision), und es gilt: p ( x ) = x 3 + a 2 x 2 + a1 x + a0 = q ( x ) ⋅ ( x − x1 ) , wobei q ( x ) vom Grad 2 ist. Beispiel: p ( x ) = x 3 − 6 x 2 + 3 x + 10 Zeige, dass p ( −1) = 0 und somit x1 = −1 . Spalte den Linearfaktor x − ( −1) = x + 1 von p ( x ) ab, d.h., führe folgende Polynomdivision aus: p ( x ) : ( x + 1) = q ( x ) Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 289 DialogMathe Leitidee Polynome 7.3.5 Polynom vierten Grades Skizziere das folgende Polynom: y = x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24 Berechne dazu mit Hilfe des Rechners die speziellen Punkte. Wie viel Mal schneidet das Polynom die x-Achse? Durch welche einfache Änderung am Term des Polynoms, kann verhindert werden, dass der Graph die x-Achse schneidet? Begründe deine Lösungsidee! Was bedeutet dies für die Linearfaktorzerlegung des Polynoms? Spezielle Punkte des Polynoms (Maxima, Minima, Nullstellen). Graph des Polynoms y 50 10 O 290 1 5 x Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 7.3.6 Repetitionstest Polynome Repetitionstest Polynome Zeit: 40 Minuten Aufgabe 1 Gegeben ist das Polynom : p ( x ) = x 2 − 8x + 15 a) Bestimme p ( −1) = b) Berechne den Wert des Polynoms für x = 2: c) Bestimme die Werte x, so dass p ( x ) = 0 . d) Liegt der Punkt P ( 3 | 1) auf dem Graph des Polynoms y = p ( x ) ? Aufgabe 2 a) Bestimme ein Polynom 5. Grades, so dass nur p ( −2 ) = 0 , p ( 1) = 0 , p ( 5 ) = 0 ist und keine weitere Zahl x den Wert des Polynoms Null macht. b) Gib ein Polynom 6. Grades an, dessen Graph die x-Achse nicht schneidet. Aufgabe 3 Ermittle die Koeffizienten der folgenden Polynome! a) p ( x ) = 3 ⋅ ( x − 1) ⋅ ( x − 7 ) b) p ( x ) = ( x 2 + 2 ) 2 c) p ( x ) = ( x − 1) 3 Aufgabe 4 Bestimme die Linearfaktorzerlegung der folgenden Polynome! a) p ( x ) = 2x 2 − 8 b) p ( x ) = 4x 2 − 8x + 4 c) p ( x ) = x 2 − 8x + 15 d) p ( x ) = x 4 − 1 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 291 DialogMathe Leitidee Polynome Aufgabe 5 Ordne die folgenden Polynome A, B, C und D in untenstehender Tabelle den vier Fällen zu. Polynom A: p A ( x ) = 7x 5 + 3x 4 − 5x 3 − 15x 2 + 4x + 12 Polynom B: pB ( x ) = −5x 3 − x 2 + 6x − 9 Polynom C: p C ( x ) = 8x 4 − 2x 3 − x 2 + 5x + 2 Polynom D: pD ( x ) = −15x 2 + 3x + 1 Verhalten für grosse und kleine x-Werte Polynom Aufgabe 6 Wo schneidet der Graph des Polynoms y = 13 ⋅ ( x + 3 ) ⋅ ( 1 − x ) die y-Achse? Aufgabe 7 Wo schneidet der Graph des Polynoms y = 3x ⋅ (x + 3) die x-Achse? Für welchen x-Wert wird y minimal. Aufgabe 8 Bestimme die Gleichung des Polynoms, das den nebenstehenden Graph hat. y 2 O 292 2 x Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Aufgabe 9 Überprüfe folgende Aussagen und kreuze an. Gegeben sind die beiden Polynome p1 ( x ) = ( x + 4 )( x − 2 ) und p2 ( x ) = ( x + 4 )( 2 − x ) . • Die beiden Polynome p1 ( x ) und p2 ( x ) haben die richtig falsch gleichen Schnittpunkte mit der x – Achse. • Die beiden Polynome p1 ( x ) und p2 ( x ) haben den gleichen Graph. • p1 ( x ) hat ein Maximum, p2 ( x ) hat ein Minimum. • Die beiden Polynome p1 ( x ) und p2 ( x ) schneiden die y-Achse an unterschiedlicher Stelle. Aufgabe 10 Überprüfe folgende Aussagen und kreuze an. Gegeben ist das Polynom: y = p ( x ) = ( −1) ⋅ ( x − 5 ) ⋅ ( x + 3 ) Der Graph des Polynoms • schneidet die y-Achse bei y = 15. richtig falsch • ist eine nach unten geöffnet Parabel. • schneidet die x-Achse bei x = 3 und x = – 5. • hat bei x = – 1 ein Minimum Aufgabe 11 Gegeben ist das Polynom: p ( x ) = ( x 4 − x 2 ) ⋅ ( x 2 + 2x − 8 ) ⋅ ( x 2 − 6x + 9 ) ⋅ ( x + 1) Bestimme den Grad n des Polynoms. Wie viel mal und wo berührt der Graph des Polynoms die x-Achse? Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 293 DialogMathe Leitidee Polynome 7.4 Algebraische Bestimmung von Polynomen Durch wie viele Punkte wird der Graph eines Polynoms eindeutig bestimmt? 7.4.1 Partnerinterview: Lösen eines Problems durch einen Ansatz Partnerinterview: Lösen eines Problems durch einen Ansatz Zeit: 15 Minuten Überzeuge dich, dass folgende Behauptung zutrifft! Der Graph eines Polynoms n-ten Grades ist eindeutig bestimmt, wenn wir n + 1 Punkte vorgeben. Transformiere das graphische Problem in ein algebraisches: Ein Polynom n-ten Grades kann durch die Zuordnung y ( x ) = an ⋅ x n + an −1 ⋅ x n −1 + ⋯⋯ + a 2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a0 beschrieben werden. Diese Gleichung hat n + 1 Unbekannte (Koeffizienten an ,an −1,…… ,a2 ,a1,a0 ). Um diese zu bestimmen brauchen wir n + 1 Gleichungen. Jeder gegebene Punkt P ( x | y ) beschreibt eine Zuordnung und liefert daher eine Gleichung, d.h. zur Bestimmung eines Polynoms n-ten Grades brauchen wir ein Gleichungssystem ( n + 1 Unbekannte / n + 1 Gleichungen). Beispiele Anzahl Grad Ansatz Anzahl Unbekannte Punkte 1 y ( x ) = a1 ⋅ x + a0 2 y ( x ) = a 2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a0 3 y ( x ) = a3 ⋅ x 3 + a 2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a 0 4 y ( x ) = a 4 ⋅ x 4 + a3 ⋅ x 3 + a 2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a 0 ⋮ n 294 y ( x ) = an ⋅ x n + an −1 ⋅ x n −1 + ⋯ + a1 ⋅ x + a 0 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Algebraische Bestimmung von Polynomen 7.4.2 Gegeben vier Punkte, gesucht Polynom 3. ten Grades Gesucht ist die Gleichung eines Polynoms 3. Grades durch die folgenden vier Punkte: P1 ( − 2 | − 38 ) , P2 ( − 1 | − 17 ) , P3 ( 2 | 10 ) , P4 ( 3 | 47 ) Hinweis: Mache einen Ansatz: y = a3 ⋅ x3 + a2 ⋅ x 2 + a1 ⋅ x + a0 und löse das Problem durch ein Gleichungssystem, durch welches du die Koeffizienten a3 ,a2 ,a1,a0 bestimmen kannst. Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 295 DialogMathe Leitidee Polynome 7.4.3 Spezielle Punkte Vom Graph eines Polynoms 2. Grades kennen wir einen Punkt P ( 4 | 6 ) und die beiden Schnittpunkte mit der x-Achse N1 ( 6 | 0 ) und N2 ( − 2 | 0 ) . Bestimme die Gleichung des Polynoms. Welchen Ansatz wählst du? 7.4.4 Symmetrisches Polynom zur y – Achse Zeige: Ein zur y-Achse symmetrisches Polynom 4. Grades wird durch drei Punkte bestimmt. 296 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Dynamische Darstellung von Polynomen 7.5 Dynamische Darstellung von Polynomen 7.5.1 Kurvenscharen statisch und dynamisch Gegeben ist das Polynom p ( x ) = 1 x4 2 − 4x 2 + a mit dem Parameter a. Statische Darstellung der Kurvenschar mit Hilfe einer Liste Dynamische Darstellung der Kurvenschar mit Hilfe eines Schiebereglers Im Gegensatz zur statischen Darstellung mit einer Liste werden mit Hilfe von Schiebereglern die Kurven in ihrem dynamischen Verhalten beim Durchlaufen des Parameterbereichs gezeichnet. Da während der Parameteränderung die Graphen zeitgleich gezeichnet werden, lassen sich in einer Art "Film" die Auswirkungen der Parameter auf die Graphen "dynamisch" untersuchen. (Es besteht auch die Möglichkeit den Schieberegler zu animieren.) Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 297 DialogMathe Leitidee Polynome Damit ergeben sich ganz neuartige Zugänge zu mathematischen Erkenntnissen. Wir können Eigenschaften von Funktionen entdecken oder rechnerische Ergebnisse bestätigen. 7.5.2 Lernaufgaben mit interaktiven Arbeitsblättern Aufgabenstellung 1: Vertikale Verschiebung Gegeben ist das Polynom p ( x ) = 1 x4 2 − 4x 2 + a mit dem Parameter a. a) Gib das Polynom ein und wähle mit Hilfe des Schiebereglers für a den Wert 2. a1) Wo schneidet der Graph des Polynoms die y-Achse? a2) Wie viele Schnittpunkte hat das Polynom mit der x-Achse? a3) Welche Symmetrie besitzt der Graph? b) Verändere den Parameter a. Was kannst du beobachten? c) Wie muss a gewählt werden, damit c1) das Polynom und die x-Achse keine gemeinsamen Punkte haben. c2) das Polynom und die x-Achse drei gemeinsame Punkte haben. 298 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Dynamische Darstellung von Polynomen Aufgabenstellung 2: Horizontale Verschiebung Gegeben ist das Polynom p ( x ) = ( x + b ) mit dem Parameter b. 2 Untersuche den Effekt des Parameters b mit Hilfe eines Schiebereglers. Beispiel 1 Seite 276 p ( x ) = x 4 − 2x 3 − 13x 2 + 14x + 24 Wird der Graph des Polynoms eine halbe Einheit nach links verschoben, so ist er symmetrisch bezüglich der y-Achse. p( x ) p( x + → 1 2 p( x + ) = ( x + 21 ) 1 2 4 ) − 2( x + Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© ) 1 3 2 − 13 ( x + ) 1 2 2 + 14 ( x + 1 2 ) + 24 299 DialogMathe Leitidee Polynome Polynome, deren Graphen symmetrisch zur y-Achse sind, bestehen nur aus Potenzen mit geraden Exponenten. Aufgabenstellung 3: Symmetrie Für welche Polynome gilt: p ( −x ) = p ( x ) Beispiel: p ( x ) = x 2 ; p ( −2 ) = ( −2 ) = 4 und p ( 2 ) = 22 = 4 2 ⇒ p ( −2 ) = p ( 2 ) Für welche Polynome gilt: p ( − x ) = − p ( x ) Beispiel: p ( x ) = x 3 ; p ( −2 ) = ( −2 ) = − 8 und p ( 2 ) = 23 = 8 3 ⇒ p ( −2 ) = − p ( 2 ) Überprüfe deine Vermutung mit Hilfe einiger Beispiele. Beispiele für Polynome mit der Eigenschaft: p ( −x ) = p ( x ) Beispiele für Polynome mit der Eigenschaft: p ( − x ) = − p ( x ) Symmetrie Welche Symmetrien haben die grafischen Darstellungen der Polynome mit der Eigenschaft: p ( −x ) = p ( x ) p ( −x ) = − p ( x ) 300 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Dynamische Darstellung von Polynomen Aufgabenstellung 4: Verhalten für kleine und grosse x-Werte Gegeben ist das Polynom p ( x ) = a ⋅ x b mit den Parametern a und b. Bestätige das grafische Verhalten für kleine und grosse x-Werte, welches wir auf Seite 281 / 282 im Partnerinterview erarbeitet haben. a = an ∈ R und b = n ∈ N a positiv, b gerade a negativ, b gerade a positiv, b ungerade a negativ, b ungerade Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 301 DialogMathe Leitidee Polynome Aufgabenstellung 5: Linearfaktorzerlegung Gegeben ist das Polynom p ( x ) = ( x + a ) ⋅ ( x + b ) ⋅ ( x + c ) mit den Parametern a, b und c. a) Wähle für a = 1, b = – 3 und c = 0. Wo schneidet der Graph die x-Achse? b) Verändere den Parameter c mit dem Schieberegler. Beobachte dabei den Graph, insbesondere bei c = 1 und c = – 3. c) Wähle für a = b = c = – 3. Erkläre den Verlauf des Graphen. Aufgabenstellung 6: Grad und Graph des Polynoms f ( x ) = x 3 + 2x 2 − 5x − 6 = ( x − 2 ) ⋅ ( x + 1 ) ⋅ ( x + 3 ) g ( x ) = x2 + a h ( x ) = f ( x ) ⋅ g ( x ) = ( x − 2 ) ⋅ ( x + 1) ⋅ ( x + 3 ) ⋅ ( x 2 + a ) Wähle a = – 4 und verändere den Parameter in kleinen Schritten bis a = 4. Beobachte dabei h(x). Welches ist der Grad des Polynoms h(x). Wie viele Schnittpunkte mit der x-Achse hat es? Unterscheide verschiedene Fälle für den Parameter a. 302 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Dynamische Darstellung von Polynomen Aufgabenstellung 7: Scheitelform Gegeben ist das Polynom p ( x ) = a ⋅ ( x + b ) + c . 2 Welchen Grad hat das Polynom? Welchen Effekt haben die Zahlen a, b und c auf die grafische Darstellung des Polynoms? a b c 1 0 0 0,5 0 0 2 0 0 p ( x ) = 21 x 2 p ( x ) = 2x 2 -1 0 0 p ( x ) = − x2 1 2 0 p( x ) = ( x + 2 ) 0 p( x ) = ( x − 2 ) 2 p ( x ) = x2 + 2 1 –2 p ( x ) = x2 2 2 1 0 1 0 1 1 1 p ( x ) = ( x + 1) + 1 –1 1 1 p ( x ) = − ( x + 1) + 1 1 –3 2 p( x ) = ( x − 3 ) + 2 2 3 –4 –2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© p ( x ) = x2 − 2 2 2 2 p( x ) = 2 ⋅ ( x + 3 ) − 4 2 303 DialogMathe Leitidee Polynome 7.6 Grafische Darstellung von mathematischen Objekten Repetition von Problemstellungen unter Verwendung des Funktionsbegriffs. Funktion = Zuordnung, siehe Lerneinheit 4 funktionales Denken. 7.6.1 Definitionsmenge eines Terms Bruchterme (Variable befindet sich im Nenner) Da die Division durch Null nicht definiert ist, müssen wir Zahlen, die den Nenner Null machen, aus der Grundmenge ausschliessen! Wurzelterme (Variable befindet sich unter einer Wurzel) Da die Wurzel aus negativen Zahlen nicht definiert ist, müssen wir Zahlen, die den Radikand negativ machen, aus der Grundmenge ausschliessen! Beispiel Bestimme die Definitionsmenge des Terms T(x), wenn R die Grundmenge ist. T( x) = 1. x2 + x − 6 ( x 2 + 25 ) ⋅ ( x 2 − 8x + 16 ) ⋅ ( x 2 + 4x − 21) x2 + x − 6 ≥ 0 p(x) = x 2 + x − 6 = ( x − 2 ) ⋅ ( x + 3 ) Graphische Darstellung der Ungleichung Polynom 2. Grades, Graph nach oben geöffnete Parabel, Schnittpunkte mit der x-Achse – 3 und 2 , x-Werte für die der Graph oberhalb der x-Achse verläuft: R 304 ] −3 ;2 [ Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Grafische Darstellung von mathematischen Objekten 2. ( x2 + 25 ) ⋅ ( x2 − 8x + 16 ) ⋅ ( x2 + 4x − 21) ≠ 0 x 2 + 25 = 0 → nicht möglich x2 − 8x + 16 = ( x − 4 ) 2 → x 2 + 4x − 21 = ( x − 3 ) ⋅ ( x + 7 ) R x=4 → x = 3 ; x = −7 { −7 ; 3 ; 4 } Definitionsmenge: D = R Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© ( ] − 3 ; 2 [ ∪ { −7 ; 3 ; 4 } ) 305 DialogMathe Leitidee Polynome 7.6.2 Anwendung: Betragsungleichung Gesucht sind die Lösungen der Ungleichung: 1x +1 2 − 2 ≥ 0 Da zum Ermitteln der Lösung der Betragsungleichung der Betrag weggeschafft werden muss, braucht es eine Fallunterscheidung. Funktionale Lösung Diese Fallunterscheidung und auch die möglichen Lösungen erhalten wir sehr schnell, indem wir die linke Seite der Ungleichung als Funktion interpretieren und den Graph vom Rechner aufzeichnen lassen. Der Funktionsgraph ist ein V nach oben geöffnet. Die Fallunterscheidung ist an der Spitze ( x = −2 ;y = −2 ) ersichtlich x ≥ − 2 und x < − 2 . Die Lösung erhalten wir durch die x-Werte, bei denen der Funktionsgraph oberhalb der x-Achse verläuft! Dazu müssen wir die Nullstellen der Funktion bestimmen: L = ] − ∞; − 6 ] ∪ [ 2;∞ [ x1 = − 6 und x 2 = 2 . Lösung mit Solve - Befehl Analytische Lösung von Hand Fall1: 21 x + 1 ≥ 0 → 1x +1 2 → x ≥ −2 → D1 = [ − 2 ; ∞ [ = 21 x + 1 1x +1 − 2 ≥ 0 2 x ≥ 2 → Fall 2: → L1 = [ 2 ; ∞ [ ∩ D1 = [ 2 ; ∞ [ 1x +1 < 0 2 1x +1 2 → x < −2 ( → D2 = ] −∞ ; − 2 [ ) = − 21 x + 1 = − 21 x − 1 − 21 x − 1 − 2 ≥ 0 x ≤ −6 → L 2 = ] − ∞ ; − 6 ] ∩ D2 =] − ∞ ; − 6 ] L = ] − ∞;− 6 ] ∪ [ 2;∞ [ 306 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe 7.6.3 Grafische Darstellung von mathematischen Objekten Anwendung: Bewegungsaufgaben Funktionale Behandlung von Bewegungsaufgaben Beispiel: Wir steigen auf unser Velo und werden angestossen. Mit einer Anfangsgeschwindigkeit v A = 3ms−1 treten wir in die Pedale und beschleunigen dadurch unser Velo mit a = 0,5 ms−2 . Die gleichmässig beschleunigte Bewegung wird durch das folgende Gleichungssystem beschrieben: vE = v A + a ⋅ t s = vA ⋅ t + a 2 ⋅t 2 Wir betrachten nun die Geschwindigkeit vE = v ( t ) und den zurückgelegten Weg s ( t ) als Funktion der Zeit, d.h. wir ordnen jedem Zeitpunkt t eine Geschwindigkeit v E und einen Weg s zu. Geschwindigkeits-Zeit-Funktion vE = v A + a ⋅ t → v ( t ) = 3 + 0,5 ⋅ t → y = f ( x ) = 21 ⋅ x + 3 Weg-Zeit-Funktion s = vA ⋅ t + a 2 ⋅t 2 → s ( t ) = 3 ⋅ t + 0,25 ⋅ t 2 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© → y = f ( x ) = 41 ⋅ x 2 + 3 ⋅ x 307 DialogMathe Leitidee Polynome Mit Hilfe dieser Funktionen (Diagrammen) können wir die Geschwindigkeit v und den zurückgelegten Weg s zu jedem Zeitpunkt t bestimmen. Umgekehrt können wir zu jeder Geschwindigkeit oder zu jedem Weg die Zeit ermitteln. Die beiden Funktionen sind gleichbedeutend mit dem Gleichungssystem, welches wir auf S 258 kennen gelernt haben. 7.7 Repetitionstest Polynome Repetitionstest Polynome Zeit: 50 Minuten / 75 Punkte Aufgabe 1 [6 Punkte] Ein Polynom ist gegeben durch folgende Koeffizienten: a3 = 1, a 2 = 0 , a1 = −4 , a0 = 0 a) Schreibe das Polynom p ( x ) auf. b) Bestimme die Linearfaktorzerlegung des Polynoms. c) Bestimme p ( −1) = d) Bestimme alle Werte x, so dass p ( x ) = 0 . e) Liegt der Punkt P ( −1| −5 ) auf dem Graph des Polynoms y = p ( x ) ? Aufgabe 2 [5 Punkte] Ermittle die Koeffizienten der folgenden Polynome! a) p ( x ) = ( −1) ⋅ x ⋅ ( 7 − x ) a2 = ; a1 = b) p ( x ) = ( x 2 − 2 ) 308 ; a0 = 2 a4 = ; a3 = a2 = ; a1 = ; a0 = Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Aufgabe 3 Repetitionstest Polynome [6 Punkte] Bestimme die Linearfaktorzerlegung der folgenden Polynome! a) p ( x ) = x 2 − 7x − 18 b) p ( x ) = 21 ⋅ x 2 + 4x + 8 c) p ( x ) = x 4 − 2x 2 + 1 Aufgabe 4 [6 Punkte] Gegeben ist das Polynom: pa ( x ) = ( −2x ) ⋅ ( x − 1) ⋅ ( x + 2 ) + a 2 2 Für a = 0 gibt uns der Rechner den untenstehenden Graph. Wie viele gemeinsame Punkte hat das Polynom pa ( x ) mit der x-Achse wenn Anzahl gemeinsame Punkte mit der x-Achse a = 2 ist? a = 1 ist? a = − 1 ist? a = − 8 ist? a = −10 ist? Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 309 DialogMathe Leitidee Polynome Aufgabe 5 [4 Punkte] Graph 1 Graph 2 Graph 3 Ordne das Polynom p(x) = −0,1 ⋅ x5 − 0,2 ⋅ x 4 + 1,3 ⋅ x 3 + 1,4 ⋅ x 2 − 2, 4 ⋅ x einem der drei Graphen zu. Begründe deine Wahl kurz! Graph 1 Graph 2 Graph 3 Aufgabe 6 [6 Punkte] Gegeben ist das Polynom p(x) = x 3 + 1 . Bestimme die Koeffizienten der folgenden Polynome: p A (x) = p(x) − 1 a3 = a2 = a1 = a0 = a2 = a1 = a0 = pB (x) = p(x − 1) a3 = 310 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Aufgabe 7 Repetitionstest Polynome [4 Punkte] Richtig oder falsch? richtig falsch Der Graph des Polynoms p(x) = x − 3x + 5x − 1 schneidet die x-Achse nicht. 3 2 Der Graph des Polynoms p(x) = ( x + 2 ) ⋅ ( x − 2 ) 2 schneidet die x-Achse bei x = 2 und berührt die x-Achse bei x = – 2. Der Graph des Polynoms p(x) = x 4 − 2x 2 + 1 ist symmetrisch zur y-Achse. Aufgabe 8 [6 Punkte] Gegeben ist das Polynom zweiten Grades: p(x) = x 2 − 3x − 10 a) Ordne das Polynom einem der drei Graphen zu. Graph 1 Graph 2 Graph 3 Graph 2 Graph 1 Graph 3 b) Für welche x-Werte gilt: x 2 − 3x − 10 ≤ 0 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 311 DialogMathe Leitidee Polynome Aufgabe 9 [4 Punkte] Welches Polynom wird durch den nebenstehenden Graph dargestellt. p(x) = x 3 − 3x 2 + 4 p(x) = x3 + 5x 2 + 8x + 4 Begründe kurz! Aufgabe 10 [5 Punkte] Wo schneidet der Graph des Polynoms p(x) = ( x 2 − 1) ⋅ ( x 2 + 3x − 10 ) a) die x-Achse b) die y-Achse Aufgabe 11 [6 Punkte] Bestimme ein Polynom ersten Grades, dessen Graph durch die Punkte P1 ( −4 | 3 ) und P2 ( 2 | 6 ) geht. 312 Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© DialogMathe Aufgabe 12 Repetitionstest Polynome [6 Punkte] Bestimme ein Polynom mit den folgenden Eigenschaften: • Grad n = 2 • Der Graph des Polynoms schneidet die x-Achse bei x1 = −1 und x2 = 3 . • Der Graph des Polynoms schneidet die y-Achse bei y = −1 Aufgabe 13 [5 Punkte] Der Graph des Polynoms p(x) = x 2 wird 20 Einheiten nach rechts und 50 Einheiten nach oben verschoben. a) Bestimme den Term p(x) , welcher den Graph des verschobenen Polynoms beschreibt. b) Für das Polynom des verschobenen Graphen gilt: p(x min ) = yminimal Gib xmin und yminimal an. xmin = yminimal = Lerneinheit 1.2 | Strukturelles Denken | 2013/14 | BF© 313 DialogMathe Leitidee Polynome Aufgabe 14 [6 Punkte] Das Polynom p(x) = − x 2 − 5x + 50 hat den nebenstehenden Graph. a) Berechne die Schnittpunkte mit der x-Achse. b) Bestimme die Definitionsmenge des Terms T(x) = c) Für welche x-Werte ist der Term T(x) = 314 1 . p(x) p(x) definiert? 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