Mathecamp Kaiserlautern 2017 Beweis Beweisstrategien Beweisstrategie 1:: Vollständige Fallunterscheidung Bei dieser Beweisstrategie strategie teilt man ein komplexes Problem (eine komplexe Aussage) in endliche viele Fälle ein, deren Gesamtheit alles einschließt. So wird es uns ermöglicht, umfangreiche Behauptungen in kleinere, leichter zu bearbeitende Fälle aufzuteilen und zu lösen. Beweisstrategie 2: Direkter Beweis Bei dieser Art von Beweisstrategie trategie geht es um Aussagenlogik. Möchte man eine Behauptung auf Grundlage ge einer Voraussetzung beweisen, leitet man die Behauptung mit logischen Schlussregeln ausgehend von Voraussetzung ab. Beweisstrategie 3:: Indirekter Beweis Bei dieser Art von Beweisstrategie trategie geht es ebenfalls um Aussagenlogik. Möchte man eine Behauptung auf Grundlage einer Voraussetzung beweisen, führt man den Beweis, dass das Gegenteil der Behauptung wahr ist, zum Widerspruch. Somit hat man indirekt bewiesen, dass die Behauptung wahr sein muss. Steffen Brenner, StR WWG Altenkirchen Landesbeauftragter MO BS1 (Olympiadeaufgabe 530812) Friederikes Spielkiste enthält viele gleich große, einfarbige Kugeln in fünf verschiedenen Farben. Sie entnimmt der Kiste vier Kugeln und baut daraus auf einem Drehteller eine Kugelpyramide. Eine solche Pyramide besteht aus drei unteren Kugeln, welche auf dem Drehteller liegen und einander paarweise berühren, sowie einer oberen Kugel, welche die drei unteren berührt. Zwei Kugelpyramiden gelten als verschieden, wenn sie nicht durch Drehen des Tellers ineinander überführt werden können. Ermittle, wie viele verschiedene Kugelpyramiden sich errichten lassen. BS2 (Olympiadeaufgabe 530821) In der Klausur der 2. Stufe der Mathematik-Olympiade können maximal 40 Punkte erreicht werden. Paula ist an ihrem Ergebnis sehr interessiert und fragt ihren Mathematik-Lehrer. Dieser antwortet: (1) „Ein Teiler deiner Gesamtpunktzahl ist eine Mirpzahl.“ (2) „Wenn du die Quersumme deiner Gesamtpunktzahl verdoppelst und 7 addierst, erhältst du auch eine Mirpzahl.“ Zeige, dass aus diesen Angaben Paulas Gesamtpunktzahl eindeutig bestimmt werden kann, und gib diese Gesamtpunktzahl an. Bemerkung: Eine Mirpzahl ist eine Primzahl, die eine andere Primzahl ergibt, wenn man die Ziffern von rechts nach links liest. Folglich ist 13 die erste Mirpzahl. Liest man das Wort „mirp“ von rechts nach links, so erhält man das Wort „prim“. BS3 (Olympiadeaufgabe 520823) Ermittle alle vierstelligen positiven ganzen Zahlen, die durch 24 teilbar sind und deren Zifferndarstellung die Form „9x6y“ hat. BS4 (Olympiadeaufgabe 530823) Beweise folgende Sätze: a) Wenn ein Dreieck gleichseitig ist, dann ist die Summe der Größen zweier zu verschiedenen Eckpunkten gehörender Außenwinkel immer doppelt so groß wie die Summe der Größen der zugehörigen Innenwinkel. b) Wenn in einem Dreieck die Summe der Größen je zweier zu verschiedenen Eckpunkten gehörender Außenwinkel stets doppelt so groß ist wie die Summe der Größen der beiden zugehörigen Innenwinkel, dann ist das Dreieck gleichseitig. BS5 (Olympiadeaufgabe 530842) Eine Zahl sei unglücklich genannt, wenn sie eine positive ganze Zahl ist, die gleich dem Dreizehnfachen ihrer Quersumme ist. a) Beweise, dass es keine zweistelligen unglücklichen Zahlen gibt. b) Ermittle alle dreistelligen unglücklichen Zahlen. c) Untersuche, ob es unglückliche Zahlen gibt, welche mehr als 3, aber weniger als 20 Stellen haben. Lösungen BS1 (Vollständige Fallunterscheidung) Es wird eine Fallunterscheidung nach der Anzahl der Farben in der Kugelpyramide durchgeführt. • Fall 1: Einfarbige Kugelpyramiden Es gibt 5 Möglichkeiten zur Auswahl der Farbe. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Farben zu verteilen. Es gibt daher 5 einfarbige Kugelpyramiden. • Fall 2: Zweifarbige Kugelpyramiden Es gibt genau zwei Möglichkeiten für die anzahlmäßige Verteilung der Farben auf die Kugeln. o Fall 2.1: Drei Kugeln sind gleichfarbig, die vierte Kugel hat eine andere Farbe Es gibt 5 Möglichkeiten für die Farbe der oberen Kugel und dann noch vier Möglichkeiten für die andere Farbe. Wenn die obere Kugel die einzelne Farbe hat, dann sind alle unteren Kugeln gleichfarbig. Es gibt daher (5 ·4 = ) 20 solcher Kugelpyramiden. Wenn eine der unteren Kugeln die einzelne Farbe hat, dann kann diese Kugel auch auf die beiden anderen Positionen gedreht werden. Es gibt daher 20 solcher Kugelpyramiden Fall 2.2: Je zwei Kugeln sind gleichfarbig Es gibt 5 Möglichkeiten für die Farbe der oberen Kugel und dann noch 4 Möglichkeiten für die andere Farbe. Die obere Kugel bleibt immer oben. Alle möglichen Anordnungen mit zwei gleichen Farben unter den unteren Kugeln lassen sich durch Drehen ineinander über führen. Es gibt daher (5·4 = ) 20 solcher Kugelpyramiden. Zusammen sind dies (20 + 20 + 20 = ) 60 zweifarbige Pyramiden. o • • Fall 3: Dreifarbige Kugelpyramiden Bei dreifarbigen Kugelpyramiden gibt es zwei gleichfarbige Kugeln und zwei Kugeln mit jeweils einer weiteren Farbe. Für die Farbe der zwei gleichfarbigen Kugeln gibt es 5 Möglichkeiten. Wenn die obere Kugel eine der beiden gleichfarbigen Kugeln ist, sind auf zwei unteren Kugeln die anderen beiden Farben. Durch Drehen kann aber nicht erreicht werden, dass sie ihre Position wechseln. Es kommt also auf die Reihenfolge der beiden anderen Farben an. Unter Beachtung der Reihenfolge gibt es 4·3 Möglichkeiten für die Auswahl dieser Farben. Es gibt also (5 · 4 ·3 = ) 60 solcher Pyramiden. Wenn die obere Kugel keine der beiden gleichfarbigen Kugeln ist, dann gibt es noch 4 Möglichkeiten für ihre Farbe. Für die verbleibende Kugel gibt es noch 3 Möglichkeiten für ihre Farbe. Von den unteren Kugeln sind zwei gleichfarbig und eine in einer anderen Farbe. Durch Drehen können die möglichen Anordnungen wieder ineinander überführt werden. Es gibt also (5 · 4 ·3 = ) 60 solcher Pyramiden. Zusammen sind dies (60 + 60 = ) 120 dreifarbige Pyramiden. Fall 4: Vierfarbige Kugelpyramiden Für die Farbe der oberen Kugel gibt es 5 Möglichkeiten. Für die Auswahl der drei Farben der unteren Kugeln gibt es 4 Möglichkeiten, die nicht genutzte Farbe zu wählen. Da die Farben benachbarter Kugeln durch Drehen nicht vertauscht werden können, gibt es je Farbauswahl 2 verschiedene Möglichkeiten, insgesamt also (5 · 4 · 2 = ) 40 Möglichkeiten. Es gibt daher 40 vierfarbige Kugelpyramiden. Zusammenfassend erhält man, dass sich (5 + 60 + 120 + 40 = ) 225 verschiedene Kugelpyramiden errichten lassen. BS2 (Direkter Beweis) I. Es sei g die Gesamtpunktzahl. Laut Aufgabenstellung gilt dann g ≤ 40 (3) Aus der Aussage (1) folgt g=t·p (4) mit einer positiven ganzen Zahl t und einer Mirpzahl p. Wegen (3) kann nur p ∈ {13, 17, 31, 37} (5) gelten, da 13, 17, 31 und 37 die einzigen Mirpzahlen kleiner oder gleich 40 sind. Wegen (3), (4) und (5) kommen nur 13, 17, 26, 31, 34, 37 und 39 als Gesamtpunktzahl in Frage. II. Das um 7 vermehrte Doppelte der Quersumme der Zahlen 13, 17, 26, 31, 34, 37 und 39 ist jeweils 15, 23, 23, 15, 21, 27 und 31, wovon nur 31 eine Mirpzahl ist. Daher ist die Aussage (2) nur für g = 39 wahr. Aus I. und II. folgt, dass Paulas Gesamtpunktzahl eindeutig bestimmt werden kann: Paula hat in der Klausur 39 Punkte erreicht. BS3 (Vollständige Fallunterscheidung) Es sei z eine Zahl, welche den Forderungen genügt. Dann gilt z = 9060 +100x + y mit Zahlen x, y ∈ {0, 1, 2, ..., 9}. Nach den Forderungen ist z durch 24 teilbar, also insbesondere durch 3, 4 und 8. Eine Zahl ist genau dann durch 4 teilbar, wenn die aus den letzten beiden Ziffern gebildete Zahl durch 4 teilbar ist. Für y kommen also nur noch die Zahlen 0, 4 und 8 in Frage. Eine Zahl ist genau dann durch 8 teilbar, wenn die aus den drei letzten Stellen gebildete Zahl durch 8 teilbar ist. Eine Zahl ist genau dann durch 3 teilbar, wenn ihre Quersumme durch 3 teilbar ist. Folglich muss hier 9 + x + 6 + y und daher x + y durch 3 teilbar sein. Wir betrachten die drei möglichen Fälle bezüglich y: Fall 1: Es gilt y = 0 In diesem Fall ist z genau dann durch 8 teilbar, wenn x = 1, x = 3, x = 5, x = 7 oder x = 9 gilt. Die verbleibenden Zahlen z sind nur für x = 3 oder x = 9 durch 3 teilbar. Wir erhalten 9360 und 9960 als den Forderungen genügende Zahlen. Fall 2: Es gilt y= 4 In diesem Fall ist z genau dann durch 8 teilbar, wenn x = 0, x = 2, x = 4, x = 6 oder x = 8 gilt. Die verbleibenden Zahlen z sind nur für x = 2 oder x = 8 durch 3 teilbar. Wir erhalten 9264 und 9864 als den Forderungen genügende Zahlen. Fall 3: Es gilt y= 8 In diesem Fall ist z genau dann durch 8 teilbar, wenn x = 1, x = 3, x = 5, x = 7 oder x = 9 gilt. Die verbleibenden Zahlen z sind nur für x = 1 oder x = 7 durch 3 teilbar. Wir erhalten 9168 und 9768 als den Forderungen genügende Zahlen. Die den Forderungen genügenden Zahlen sind folglich 9168, 9264, 9360, 9768, 9864 und 9960. BS4 (Direkter Beweis) a) Ein Dreieck ABC sei gleichseitig. Dann haben alle drei Innenwinkel die Größe 60°. Nach dem Nebenwinkelsatz hat jeder Außenwinkel des Dreiecks die Größe (180° − 60°= ) 120°. Demzufolge ist die Summe der Größen zweier Außenwinkel 240° und die Summe der Größen zweier dazugehöriger Innenwinkel ist 120°. Da 240°= 2 · 120° gilt, ist der Satz bewiesen. b) Betrachtet wird ein beliebiges Dreieck ABC, bei dem die Summe der Größen je zweier zu verschiedenen Eckpunkten gehörender Außenwinkel stets doppelt so groß ist wie die Summe der Größen der beiden zugehörigen Innenwinkel. Die Größen der Innenwinkel werden mit α, β und γ bezeichnet. Die Größen der dazugehörigen Außenwinkel sind nach dem Nebenwinkelsatz dann 180° − α, 180° − β und 180° − γ. Nach Voraussetzung gelten die Gleichungen 180°− α + 180° − β = 2 · (α + β) (1) 180° − α + 180° − γ = 2 · (α + γ) (2) 180° − β + 180° − γ = 2 · (β + γ) (3) Zieht man Gleichung (2) von Gleichung (1) ab, so folgt γ − β = 2 · (β − γ), also 3 · (β − γ) = 0 und daher β = γ. Zieht man Gleichung (3) von Gleichung (2) ab, so folgt β − α= 2 · (α − β), also 3 · (α − β) = 0 und daher α = β. Folglich gilt α = β = γ, weswegen das Dreieck ABC ein gleichseitiges Dreieck ist. Damit ist der Satz bewiesen. BS5 (Direkter/Indirekter Beweis) a) Unglückliche Zahlen sind nach Definition durch 13 teilbar. Keine der durch 13 teilbaren zweistelligen Zahlen 13, 26, 39, 52, 65, 78, 91 ist das Dreizehnfache ihrer Quersumme. Also gibt es keine zweistellige unglückliche Zahl. b) I. Es sei z eine dreistellige unglückliche Zahl. Da z dreistellig ist, gibt es Zahlen a, b und c mit a ∈ {1, 2, 3, . . . ,9} (1) b, c ∈ {0, 1, 2, . . . , 9} (2) und z = 100a+ 10b+c. Da z gleich dem Dreizehnfachen der Quersumme von z ist, gilt 100a + 10b + c = 13·(a + b + c) und daher 87a = 3b + 12c. Mit Division durch 3 folgt 29a = b + 4c (3) Aus (2) und (3) folgt 29a ≤ 9 + 4·9 = 45. Hieraus und wegen (1) folgt a= 1. Aus (3) folgt nun b + 4c = 29 (4) Wegen (2) und (4) muss daher 0 + 4c ≤ 29 und 9 + 4c ≥ 29, also 20 ≤ 4c ≤ 29 gelten. Wegen (2) folgt hieraus c ∈ {5, 6, 7}. Aus c = 5 und (4) folgt b = 9, aus c = 6 und (4) folgt b = 5 und aus c= 7 und (4) folgt b = 1.Wenn es eine dreistellige unglückliche Zahl gibt, dann kann es folglich nur eine der Zahlen 195, 156 oder 117 sein. II. Die Zahlen 117, 156 und 195 sind dreistellige positive ganze Zahlen. Wegen 13 · (1 + 1 + 7) = 117, 13 · (1 + 5 + 6) = 156 und 13 · (1 + 9 + 5) = 195 sind sie jeweils auch gleich dem Dreizehnfachen ihrer Quersumme und daher unglücklich. Aus I. und II. folgt, dass die Zahlen 117, 156 und 195 alle dreistelligen unglücklichen Zahlen sind. c) Angenommen, es gibt eine n-stellige unglückliche Zahl z mit n ≥ 4. Dann ist die Quersumme von z kleiner oder gleich 9n. Das Dreizehnfache der Quersumme von z ist daher kleiner oder gleich (13 · 9n = ) 117n. Folglich gilt z ≤ 117n. Da z eine n-stellige, positive ganze Zahl ist, gilt auch ≥ ݖ10ିଵ . Aus beiden Ungleichungen folgt 1170 · ݊ ≥ 10 (5) 1170 · ݊ < 10 (6) Wir behaupten stattdessen Für n ∈ {4, 5, 6, 7, 8} gilt 1170 · n ≤ 1170 · 8 = 9360 < 10଼ ≤ 10n und daher (6). Für n ∈ {9, 10, . . . ,19} gilt 1170 · n < 2000 · 20 = 40000 < 10ଽ ≤ 10n und daher ebenfalls (6). Daher gilt die Ungleichung (6) für n ∈ {4, 5, . . . , 19} im Widerspruch zur Ungleichung (5). Folglich gibt es keine unglückliche Zahl mit mehr als 3 und weniger als 20 Stellen.