Netzwerk Neuroendokrine Tumoren Heft 5-2003 http://www.karzinoid.net Inhalt Editorial 1 Publik Wir suchen Ansprechpartner für Patienten Ein Patiententreffen ganz besonderer Art Interdisziplinäre Fortbildung „neuroendokrine Tumoren“ Aus dem Mitgliederleben der Selbsthilfegruppe NeuroEndokrine Tumoren e.V. Berlin Ansprechpartner für NeT-Patienten 2 3 4 5 6 Therapiemöglichkeiten Tumorbehandlung mit Radionukliden 7 Veranstaltungen Bericht vom Patiententag in Neuss, 29.03.03: Neuroendokrine Tumoren – Stellenwert der Chirurgie 1. Münchner Arzt-Patienten-Seminar „Neuroendokrine Tumoren“ am 29.03.03 im Klinikum Großhadern Patiententreffen in Erlangen 4. Berliner Patiententreffen 9 10 16 17 Erfahrungsberichte Mein kleines Jubiläum: Seit einem Jahr ohne ernste Beschwerden Trotz neuroendokrinem Pankreastumor: Stets optimistisch bleiben! Heute ist mein Zustand wieder stabil Es ist nicht immer leicht, mit dem Karzinoid zu leben Erfahrungen einer Patientin mit Insulinom: Immer wieder warten und hoffen Patient mit metastasiertem Bronchialkarzinoid: Ich hoffe, mein Zustand lässt sich noch lange aufrechterhalten! Warten auf die richtige Diagnose Was kommt denn nun noch alles auf mich zu? Nach operativer Entfernung eines Insulinoms: Bis heute bin ich symptomfrei! 18 19 20 21 22 23 25 25 26 Leserbriefe 27 Karzinoid-Patienten fragen... 31 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, vor Ihnen liegt die Ausgabe 5 der Zeitschrift Glandula NeT, der Zeitschrift für Betroffene mit neuroendokrinen Tumoren wie dem Karzinoid. Mit der Nummer 5 begehen wir schon ein kleines erstes Jubiläum. Dieses Heft – eigentlich schon ein kleines Büchlein – gibt Zeugnis über die Fortschritte, die das Netzwerk Neuroendokrine Tumoren in den letzten Jahren gemacht hat. In vielen Orten sind Regionalgruppen des Netzwerks Neuroendokrine Tumoren entstanden, immer mit Unterstützung engagierter Ärzte, die Patiententage und Informationstage durchführten, wie z.B. in Neuss, in München oder demnächst in Bad Berka. In vielen Orten finden Gesprächskreise statt, haben sich Gruppen oder Vereine gebildet, und zahlreiche Betroffene haben sich als Ansprechpartner für die Erkrankung zur Verfügung gestellt, gerade um Betroffenen mit neu entdeckten neuroendokrinen Tumoren mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Auch unsere Geschäftsstelle in Erlangen gibt den Mitgliedern des Netzwerks Neuroendokrine Tumoren bei Fragen und Problemen immer Unterstützung und Hilfe. Die vielen Leserbriefe und Erfahrungsberichte, die wir in der jetzigen Glandula NeT zusammengetragen haben, belegen, wie wichtig der Austausch der Betroffenen untereinander ist. Die Reaktionen der Betroffenen zeigen uns darüber hinaus, wie froh viele Betroffene sind, so viel geballte Informationen in der Glandula NeT zu finden. Auf unseren Internetseiten unter http://www.karzinoid.net/karzinoid.html können Sie auch in älteren Ausgaben der Glandula NeT stöbern und zwei Karzinoidbroschüren im PDF-Format herunterladen. Das Karzinoidforum ist als Diskussionsform auch direkt unter http://f30934.siteboard.de/ zu erreichen. Beleben Sie das Forum durch Ihren Besuch und Ihre Diskussionen! Ich wünsche Ihnen, dass Sie beim Lesen dieser Ausgabe all die Informationen bekommen, die Ihnen persönlich weiterhelfen. Ihr Prof. Dr. med. Johannes Hensen 1 Publik Wir suchen Ansprechpartner für Patienten Termine für die nächsten Patiententreffen in Erlangen Sicher haben viele von Ihnen schon erlebt, wie hilfreich ein Gespräch mit Leidensgenossen sein kann, insbesondere dann, wenn man gerade erst von seiner Krankheit erfahren hat. Leider hat unsere Karzinoid-Selbsthilfegruppe in Erlangen in den letzten beiden Jahren vier Ansprechpartner verloren. Daher wende ich mich heute an alle Patienten mit der Bitte, einmal darüber nachzudenken, ob Sie nicht in Zukunft gerne anderen Patienten helfen wollen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie dankbar Patienten für jede Hilfe sind und wieviel Neues und Wissenswertes man selbst bei den Gesprächen erfährt. Um sich als Ansprechpartner vorzustellen, sollten Sie Ihre Bereitschaft dazu formulieren und den Text zusammen mit Anschrift und Telefonnummer – wenn möglich auch mit einem Passbild – an die Redaktion der Glandula NeT senden. Wirkungsvoller ist es, seine Krankengeschichte in der Glandula NeT zu veröffentlichen. Für diesen Erfahrungsbericht braucht man nur das, was man wegen seiner Krankheit erlebt, erlitten und empfunden hat, so, wie man es anderen schon mehrmals erzählt hat, niederzuschreiben und (am besten mit einem Foto) an die Redaktion zu senden – als E-Mail, als Computerausdruck (bitte mit Diskette), per Fax oder einfach als mit der Hand geschrieber Brief. Anstelle der Krankengeschichte können Sie auch den Verlauf und den Erfolg Ihrer Therapie beschreiben. Dabei brauchen Sie keine Angst wegen irgendwelcher Fehler zu haben – diese werden von der Redaktion ganz diskret korrigiert! Für unsere nächsten Treffen wurden folgende Termine festgelegt: Grund für diese Vorgehensweise ist, dass Frau Dr. Pavel ihre Teilnahme an diesen Treffen nur unter der Voraussetzung zusagen kann, dass sie nicht aus beruflichen Gründen verhindert ist. Sollte dies wider Erwarten der Fall sein, würden wir den betroffenen Termin kurzfristig verschieben und können Sie bei Ihrem Anruf darüber informieren. Am 26.09.03. wird uns Herr Prof. Müller aus Basel über die Radionuklidtherapie mit 90Yttrium-DOTATOC informieren. Damit wir die Teilnehmer abschätzen können, bitten wir Sie, sich bis zum 21.9. telefonisch unter der Nummer 09195-8648 anzumelden. Hans-Dieter Allmendinger, Hemhofen Hans-Dieter Allmendinger, Hemhofen • Freitag, 26. September 2003 (Achtung: Termin wurde vorverlegt!) • Donnerstag, 18. März 2004 • Donnerstag, 24. Juni 2004 • Donnerstag, 07. Oktober 2004 Achtung: Der Beginn aller Treffen wurde auf 17.00 Uhr vorverlegt! Tagungsort ist das „Nichtoperative Zentrum“ der Uniklinik Erlangen, Ulmenweg 18 (am Maximiliansplatz bzw. Betten-Hochhaus). Den Raum bitten wir an der Anmeldung zu erfragen. Wenn Sie an einem Patiententreffen teilnehmen wollen, melden Sie sich bitte etwa eine Woche vor dem Termin telefonisch bei Herrn Hans-Dieter Allmendinger, Tel. 09195 / 8648 Nachruf Mit großer Trauer mussten wir am 24. November letzten Jahres von Herrn Hartmut Lemke aus Gehrden Abschied nehmen Herr Lemke gehörte seit Gründung der Karzinoid-Selbsthilfegruppe Erlangen/Hannover deren Vorstand an und hat sich von Anfang an als Ansprechpartner für unsere Patienten eingesetzt. In vielen Gesprächen, in Briefen und auch in der Glandula NeT hat er seine Erfahrungen im Umgang mit seiner Krankheit an unsere Patienten weitergegeben. Wir werden ihn nie vergessen. Der Vorstand der Karzinoid-Selbsthilfegruppe Erlangen, Hans-Dieter Allmendinger 2 Hartmut Lemke † Publik Vorankündigung: Ein Patiententreffen ganz besonderer Art Das Netzwerk Neuroendokrine Tumoren und die „NeuroEndokrine Tumoren Selbsthilfegruppe e.V.“ Berlin wollen vom 8.8. bis 10.8.03 ein gemeinsames Patiententreffen in Bad Berka durchführen. Dazu haben wir viel Zeit für Gespräche vorgesehen, um miteinander über unsere Sorgen, Wünsche und Probleme reden zu können. Dabei wollen wir auch Vorschläge und Anregungen sammeln, wie wir Patienten uns gegenseitig besser helfen können. Zusätzlich ist am Freitag Nachmittag eine Führung durch die Zentralklinik Bad Berka GmbH vorgesehen und am Samstag Vormittag ein Vortrag von Herrn Prof. Dr. Baum, Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin/PET-Zentrum, zum Thema „Nuklearmedizinische Behandlung neuroendokriner Tumoren“. Anschließend besteht noch Gelegenheit zur Diskussion offener Fragen. Derzeit ist folgender Ablauf geplant: Freitag, 8.8.03: Ankunft der Teilnehmer in Bad Berka im Laufe des Vormittags. 12.00 Uhr Begrüßung in der Gaststätte „Station 33“ der Zentralklinik Bad Berka (im Erdgeschoß rechts vom Haupteingang 15.00 bis 16.00 Uhr Führung durch die Klinik durch Frau Ganß bzw. Frau Laubner (in zwei Gruppen) Samstag, 9.8.03: 10.00 bis 12.00 Uhr Vortrag von Herrn Prof. Dr. Baum, Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin/ PET-Zentrum, zum Thema „Nuklearmedizinische Behandlung neuroendokriner Tumoren“ mit anschließender Diskussion (Hörsaal im Zentralgebäude, 1. Etage) 14.30 Uhr Rundfahrt und Besichtigung in Weimar Sonntag, 10.8.03: Verabschiedung und Rückfahrt der Teilnehmer Soweit das bisher festgelegte Programm. Die Zeiten zwischen den bereits geplanten Veranstaltungen sind für Gespräche der Patienten untereinander vorgesehen, denn wir wollen uns bewusst viel Zeit dafür reservieren. Sobald die Vorbereitungen abgeschlossen sind, erhalten die Mitglieder der Selbsthilfegruppen per Post eine Einladung mit dem endgültigen Programm, den Unterlagen zur Anmeldung und eine Liste von Pensionen und Gaststätten in Bad Berka, damit Sie Übernachtung und Frühstück buchen können. Hans-Dieter Allmendinger, Hemmhofen Petra König, Berlin Inmitten Thüringens – 10 km südlich von Weimar – liegt die Zentralklinik Bad Berka GmbH. In zehn Fachkliniken und einem interdisziplinären Diagnostikum versorgen hochqualifizierte Ärzte und geschultes Pflegepersonal die Patienten. Insgesamt verfügt die Zentralklinik über 669 Planbetten und ist mit ca. 1.200 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber der Region um Bad Berka. Zentralklinikum Bad Berka – kompetent in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie Die Klinik für Nuklearmedizin und das integrierte PET-Zentrum (einschl. Radiochemie und Zyklotron) der Zentralklinik Bad Berka GmbH bietet mit modernster technologischer Austattung das gesamte diagnostische und therapeutische Spektrum der Nuklearmedizin an. Integriert in eines der weltweit fortschrittlichsten „Imaging Centers“ (eröffnet 1998) wird funktionelle und metabolische Diagnostik (SPECT und PET) auf höchstem Niveau angeboten. Besonders hervorzuheben ist die enge Vernetzung (PACS) mit radiologischen Untersuchungsverfahren (u.a. MehrschichtCT und Kernspintomographie im Institut für bildgebende Diagnostik), wobei eine optimale Krankenversorgung durch die enge Zusammenarbeit (z.B. interdisziplinäres Tumorboard) mit den verschiedenen Kliniken (insbesondere Pneumologie, Thorax- und Gefäßchirurgie, Herzzentrum, Neurochirurgie, Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie u.a.) gewährleistet wird. Ambulante Untersuchungen sind nach Vereinbarung für GKV-Versicherte (kassenärztliche Ermächtigung, Überweisung durch Internisten oder Nuklearmediziner) sowie für privatversicherte Patienten möglich. Zur Diagnostik (komplette nuklear- Die Eingangshalle ist das medizinische Standarddiagnostik einschl. Herz der Klinik. Sie Spezialverfahren wie Rezeptor- und beherbergt neben der Rezeption und der Immunszintigraphie sowie als Schwerpunkt Patientenaufnahme auch die Positronen-Emissions-Tomographie = Dienstleistungsbereiche PET) werden für den Stoffwechsel bedeutsa- wie Cafeteria, Sparkasse, me Moleküle mit kurzlebigen Radionukliden Patientenbibliothek und markiert, wodurch es möglich ist, die entspre- einiges mehr. 3 Publik Der Dachgarten des Bettenhauses bietet für Patienten und Besucher einen weiten Blick ins Ilmtal. chenden Stoffwechsel- bzw. Krankheitsprozesse im Körper in den jeweiligen Organen zu messen und bildlich darzustellen. Auf diesem Wege sind die Quantifizierung der Funktion von Organen (z.B. Schilddrüse, Herz, Nieren, Lunge, Gehirn, Leber) und die Lokalisation von Krankheitsprozessen (Tumordiagnostik, u.a. Diagnostik von Knochen- und Wirbelsäulenerkrankungen) mit hoher Genauigkeit möglich. Die Strahlenbelastung ist bei nuklearmedizinischen Untersuchungen meist gering, da die mit Radioisotopen markierten Ärztlicher Ansprechpartner für Patienten aus dem Raum Bremen Liebe Mitglieder des Netzwerks NeT, am Sonntag, dem 6.4.03, hatten wir eine „Mini“-Mitgliederversammlung – in Bremen gibt es noch nicht so viele Mitglieder, und so waren wir nur zu viert. Es war trotzdem sehr nett. Hier ein wichtiges Ergebnis unseres Treffens: Unser Bremer Endokrinologe, Dr. Klaus Ventzke, hat sich bereit erklärt, als „Facharzt vor Ort“ für NeT-Patienten zur Verfügung zu stehen. Ich persönlich freue mich, diesen Arzt gefunden zu haben, weil er als einziger meine Krebserkrankung hinterfragte, durch spezielle Untersuchungen den endokrinen Tumor entdeckt und mir so mein Leben gerettet und bisher um Jahre verlängert hat. Er ist sehr bemüht und ermöglichte mir mehrfach den Kontakt zu verschiedenen Kliniken und Fachleuten, zu denen ich normalerweise keinen Zugang hätte. Rolf Behrmann, Bremen Dr. med. Klaus Ventzke Facharzt für Innere Medizin Endokrinologie – Diabetes – Stoffwechselerkrankungen Schwachhauser Heerstraße 93 28211 Bremen Tel. 0421 / 3499420 4 Untersuchungssubstanzen in der Regel rasch ausgeschieden werden. Nuklearmedizinische Therapien erfolgen auf einer patientenfreundlichen, hochmodernen, 1999 neu eröffneten und 2002 erweiterten Isotopen-Therapiestation mit 15 Planbetten in 1- und 2-Bett-Zimmern. Wir führen Radioiodtherapien bei Schilddrüsenüberfunktion durch (über 1500 Behandlungen jährlich) und behandeln hochspezialisiert Schilddrüsenkarzinome. Schmerzhafte Knochenmetastasen (vor allem bei Prostata- und Brustkrebsabsiedlungen) sowie Spezialbehandlungen wie die Radiorezeptortherapie bei neuroendokrinen Tumoren (siehe Seite 7ff. in dieser Ausgabe) und die Radioimmuntherapie (z.B. bei Lymphomen und kolorektalen Tumoren) gehören ebenfalls zum Behandlungsspektrum. Hierzu werden hochwirksame radioaktive Arzneimittel, die mit Beta- oder Alphastrahlern markiert sind, verwendet. Diese Strahlung hat im Gewebe eine sehr geringe Reichweite (im Millimeterbereich), so dass das umgebende gesunde Gewebe weitgehend geschont wird. Interdisziplinäre Fortbildung „neuroendokrine Tumoren“ Am Lukaskrankenhaus in Neuss wird in diesem Jahr erstmalig eine interdisziplinäre Fortbildung zum Thema neuroendokrine Tumoren durchgeführt. Veranstalter sind Prof. Dr. med. Goretzki, Prof. Dr. med. Köster, Prof. Dr. med. Starke und Prof. Dr. med. Tschahargane. Interessierte Ärzte sind herzlich eingeladen, an den interdisziplinären Konferenzen teilzunehmen. Diese finden in zweimonatigen Abständen jeweils am 2. Montag des Monats statt. Von 17.00 bis 18.00 Uhr werden jeweils maximal zwei Krankengeschichten mit interessanten endokrinen, radiologischen, operativen, aber auch histologischen und immunhistochemischen Ergebnissen vorgestellt und diskutiert. Auskünfte erteilt Herr Professor Tschahargane, Tel. 02131 / 888-2600. B. S. Beiträge für die Glandula NeT Unsere Mitgliederzeitschrift Glandula NeT ist dazu geschaffen worden, um uns über alles zu informieren, was uns Patienten hilft, besser mit unserem Schicksal fertig zu werden. Dazu tragen Erfahrungsberichte über den Krankheitsverlauf oder die Erlebnisse einer Therapie und deren Erfolg genauso bei wie fachbezogene oder persönliche Fragen, auf die man eine Antwort sucht. Damit könnte unsere Zeitschrift wenigstens teilweise Patiententreffen ersetzen, die auf Grund der großen Entfernungen zwischen den Patienten nicht oder nur schwer zustande kommen. Falls Sie etwas veröffentlichen wollen, aber im Moment nicht wissen, wie Sie damit anfangen sollen, dürfen Sie mich jederzeit anrufen. Wenn ich kann, helfe ich Ihnen gerne. Hans-Dieter Allmendinger, Hemhofen, Tel. 09195/8648 Publik Aus dem Mitgliederleben der Selbsthilfegruppe NeuroEndokrine Tumoren e.V. Berlin Seit Erscheinen der letzten Ausgabe der „Glandula NeT“ haben wir weiterhin aktiv in der Öffentlichkeit gearbeitet, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Besonders mit Informationsständen waren wir vertreten: – Im September 2002 beim „Tag des Ehrenamtes“ in BerlinCharlottenburg und beim „Pankefest“ in Berlin-Pankow, – im Oktober 2002 anlässlich des Kongresses „Selbsthilfe Krebs“, beim 5. Deutschen Selbsthilfekongress in Bad Homburg sowie beim 8. Potsdamer Gesundheitsmarkt. – Ein Vortrag von Dr. Schulz zum Thema „Ernährung bei neuroendokrinen Tumoren“ erfreute sich großen Interesses unserer Mitglieder. – Im November 2002 fand das gut besuchte 4. Berliner Treffen für Patienten mit neuroendokrinen Tumoren im Virchow-Klinikum Berlin statt mit interessanten Vorträgen und der anschließenden Mitgliederversammlung. – Im Dezember 2002 präsentierten wir uns mit einem Informationsstand anlässlich des Kongresses „Armut und Gesundheit“. Das Jahr ließen wir ausklingen mit einem kleinen Rückblick im Rahmen unserer monatlich stattfindenden Gesprächskreise. Die aktive Arbeit mit Vorträgen und Informationsveranstaltungen setzen wir auch im Jahr 2003 fort. Ein Höhepunkt wird die geplante gemeinsame Fahrt vom 8.–10. August 2003 zur Zentralklinik Bad Berka, Klinik für Nuklearmedizin/PET-Zentrum, werden. Nach der Besichtigung der Klinik wird Herr Prof. Dr. med. R. P. Baum, Chefarzt der Klinik und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der NET-SHG e.V. Berlin, einen Vortrag zum Thema „Nuklearmedizinische Behandlung neuroendokriner Tumoren“ halten. Wir danken all unseren Mitgliedern für ihre rege und konstruktive Mitarbeit bei allen anstehenden Fragen und Aufgaben! Der Vorstand Selbsthilfegruppe NeuroEndokrine Tumoren e.V. Berlin Großes Interesse fand unser Stand bei den Bürgern anlässlich des 8. Potsdamer Gesundheitsmarktes. An unseren Ständen erhalten Betroffene und Angehörige ausführliches Informationsmaterial zum Thema Karzinoid. Zum Jahresausklang trafen wir uns zu einer kleinen Weihnachtsfeier. Vorhaben im Jahr 2003: Im Juni 03 ist ein Vortrag von Frau Dr. Christensen vorgesehen zur biologischen Krebsabwehr. Im Juli 03 organisieren wir ein Mitgliedertreffen mit Führung durch den im Mai 03 neu eröffneten „Japanischen Garten“ in Berlin-Marzahn. Neben guten Gesprächen einmal wieder eine Möglichkeit, zu entspannen und die Seele baumeln zu lassen. Im August 03 erwartet uns ein Höhepunkt unserer Mitgliedertreffen: Wir erhalten die Gelegenheit zur Besichtigung des PETZentrums im Klinikum Bad Berka, wo uns Prof. Dr. med. Baum die Behandlungsmethoden erläutern wird. Außerdem haben wir die Gelegenheit, die Stadt Weimar (Goethe-Schiller-Stadt) zu besuchen. Im September 03 werden wir Wissenswertes über chinesische Methoden der Entspannung und Mobilisierung der Selbstheilungskräfte erfahren. Im Oktober 03 ist ein Vortrag über Patientenrechte geplant. Auf dem Selbsthilfekongress in Bad Homburg besuchte Dr. Ellis Huber den Infostand der NET-SHG e.V. Berlin. Im November 03 finden das 5. Patientenseminar für Patienten mit neuroendokrinen Tumoren sowie die Mitglieder-/Wahlversammlung statt. Im Dezember 03 klingt das Jahr mit einer Weihnachtsfeier aus. Außerdem: Jeden 4. Montag im Monat findet unser Gesprächskreis statt. Auskunft dazu erteilt Frau Hanack, Tel. 030 / 5346540. 5 Publik Ansprechpartner für NeT-Patienten* – nach PLZ-Gebieten geordnet – PLZ-Gebiet 0 PLZ-Gebiet 2 PLZ-Gebiet 3 PLZ-Gebiet 6 Sachsen/Raum Dresden Henri Auer Feldgasse 9 01069 Dresden Tel. 0351 / 4904856 Raum Nordheide Anita Blohm Steinb. Mühlenweg 17a 21244 Buchholz Tel. 04181 / 5387 Hessen/NRW Ute Gerbig Am Sonnenhang 1 34388 Trendelburg Tel. 05671 / 6241 Hessen/Raum Frankfurt Wolfgang Bodek Bahnhofstraße 5 61206 Wöllstadt Tel. 06034 / 8937 Sachsen/Raum Hoyerswerda Irmgard Radke Niederkirchner Straße 22 02977 Hoyerswerda Tel. 03571 / 401376 Raum Hamburg Anna Marwedel Irensweg 19 22307 Hamburg Tel. 040 / 6914019 Hessen/Raum Wetzlar/Gießen Dr. Heike Grüner E-Mail: higrü[email protected] Hessen/Raum Frankfurt Heinz Wade Riemenschneiderstraße 8 63322 Rödermark Tel. 06074 / 99820 Sachsen/Raum Leipzig Ute Klawes Städtelner Straße 53 04416 Markkleeberg Tel. 0341 / 3581759 E-Mail: [email protected] Schleswig-Holstein/Raum Lübeck Günther Zeitler Wachtelschlag 13 23562 Lübeck Tel. 0451 / 594527 Sachsen-Anhalt/Raum Halle Winfried Müller Unter den Eichen 32 06184 Dieskau Tel. 0345 / 8042146 E-Mail: [email protected] Sachsen/Raum Chemnitz Birgit Raabs (Prolaktinom) Zimmerstraße 18 08393 Meerane Tel. 0175 / 1418862 E-Mail: [email protected] PLZ-Gebiet 1 Raum Berlin Regina Hanack Heidelkampweg 63 12437 Berlin Tel. 030 / 5346540 E-Mail: [email protected] Raum Berlin Petra König Schluchseestraße 49 13469 Berlin Tel. 030 / 4021323 Raum Berlin Thomas Garbisch Schluchseestraße 49 13469 Berlin Tel. 030 / 4021323 Brandenburg/Raum Perleberg Helmut Brautzsch Friedensstraße 18 19348 Perleberg Tel. 03876 / 613806 Schleswig-Holstein Rolf Pettschuleit Hauptstraße 20 24616 Hardebek Tel. 04324 / 883875 Schleswig-Holstein/Raum Lübeck Horst Günther Timm-Kröger-Weg 31 24939 Flensburg Tel. 0461 / 51216 Niedersachsen/ Raum Papenburg–Leer Gea Bruns Meppenerstraße 123 26871 Papenburg-Herbrum Tel. 04962 / 340 E-Mail: [email protected] Raum Bremen Rolf Behrmann (Glukagonom) Oyter Straße 28 28325 Bremen Tel. 0421 / 405613 Fax: 0421 / 405689 Niedersachsen/Raum Danneberg Wolfgang Schubert Prösten/Schweskau 29485 Lemgow Tel. 05833 / 1451 Hessen/Raum Bebra, Bad Hersfeld, Totenburg Anneliese Sass Bitzenweg 12 36179 Bebra Tel. 06622 / 6655 E-Mail: [email protected] Rheinland-Pfalz/Raum Ludwigshafen Ingeborg Haas Stauferstraße 15 67133 Maxdorf Tel. 06237 / 920210 Niedersachsen/Raum Wolfenbüttel– Braunschweig Rüdiger Nitsch Obere Dorfstraße 10a 38304 Wolfenbüttel Tel. 05331 / 43381 Rheinland-Pfalz/Raum Ludwigshafen Gertraudi Heil Bleichgraben 7B 67269 Grünstadt Tel. 06359 / 84803 Sachsen-Anhalt/Raum Halberstadt Gerd Fürle Westerhäuser Straße 38 38820 Halberstadt Tel. 03941 / 441962 PLZ-Gebiet 7 PLZ-Gebiet 4 Niedersachsen/Raum Osnabrück Horst Arendröwer Ernst-Siewers-Straße 118 49078 Osnabrück Tel. 0541 / 43643 PLZ-Gebiet 5 NRW/Raum Köln Nicole Paling Ringenstraße 1 51067 Köln Tel. 0172 / 7829227 NRW/Raum Aachen Elisabeth Pastor Bogenstraße 30 52080 Aachen Tel. 0241 / 165150 Baden-Württemberg/Raum Emmendingen/Freiburg Monika Kreiner Brunnenstraße 6/1 79312 Emmendingen Tel. 07641 / 8064 Fax: 07641 / 571483 E-Mail: [email protected] PLZ-Gebiet 9 Bayern/Raum Erlangen–Nürnberg Hans-Dieter Allmendinger Birkenstraße 8 91334 Hemhofen Tel. 09195 / 8648 Thüringen/Raum Weimar Reinhard Schiele Im Dorfe 1F 99428 Nohra/OT Ulla Tel. 03643 / 829471 E-Mail: [email protected] NRW/Raum Witten Gerhard Frickmann Ludwigstraße 4 58452 Witten Tel./Fax: 02302 / 30709 * Die Liste enthält Ansprechpartner unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen regionalen Patientengruppen oder zu lokalen oder überregional tätigen Vereinen. In die Liste wurde aufgenommen, wer sich für diese – nicht immer ganz leichte Tätigkeit – freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Das Netzwerk NeT dankt allen Ansprechpartnern, die ja auch Betroffene sind, ganz herzlich dafür! Bei Fragen können Sie sich auch an das Netzwerk-Büro in Erlangen wenden, dort werden Ihnen weitere aktuelle Kontakte in Ihrer Region vermittelt. 6 Therapiemöglichkeiten Tumorbehandlung mit Radionukliden Die Radionuklidtherapie mit Yttrium-90-DOTATOC gilt als vielversprechendes Behandlungsverfahren bei rezeptorpositiven neuroendokrinen Tumoren, denn es verkleinert das Tumorvolumen und hemmt das Tumorwachstum. Was es mit diesem Verfahren auf sich hat und welche nuklearmedizinischen Methoden außerdem bei der Diagnostik und Therapie von Karzinomen eingesetzt werden, darüber informiert Sie Herr Professor Richard P. Baum, Facharzt für Nuklearmedizin und Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin und des PETZentrums der Zentralklinik Bad Berka, in diesem Beitrag. Die nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie mit sog. offenen radioaktiven Substanzen beruht darauf, dass bestimmte spezifische Stoffwechselvorgänge oder Zelleigenschaften gezielt ausgenutzt werden. Am bekanntesten ist die Behandlung von Schilddrüsenüberfunktionen und Schilddrüsenkarzinomen mit radioaktivem Iod (Radio-Iodtherapie), die bereits seit 60 Jahren etabliert ist. Hierbei wird die Fähigkeit der Schilddrüsenzellen und auch der sog. differenzierten Schilddrüsenkarzinomzellen genutzt, Iod spezifisch aufzunehmen und zu verstoffwechseln, eine Eigenschaft, die keine andere Körperzelle besitzt. Mit der RadioIodtherapie können auch metastasierte Schilddrüsenkarzinome ohne wesentliche Nebenwirkungen für den Patienten geheilt (!) werden – ein Erfolg, von dem man sonst in der Tumortherapie oft nur träumen kann. Somatostatin und Somatostatin-Rezeptor – der Schlüssel und das Schloss Das Vorhandensein spezifischer Ankerstellen, sog. Rezeptoren, auf der Zelloberfläche von Tumoren ermöglicht es, dass sich bestimmte Substanzen (Rezeptorliganden) passgenau an diese Ankerstellen anlagern (so etwa wie ein Schlüssel nur in ein ganz bestimmtes Schloss passt). Eine dieser Ankerstellen ist der Somatostatin-Rezeptor, an den sich als Ligand spezifisch das körpereigene Hormon Somatostatin (ein Gegenspieler zum Wachstumshormon) anlagert. Das Somatostatin ist ein kleines Eiweißmolekül (Peptid), welches mit radioaktiven Strahlern, sog. Isotopen, markiert werden kann und das nach intravenöser Injektion dann von außen mittels spezieller Aufnahmesysteme (Gammakameras oder PETScannern) nachzuweisen ist. Prinzip der Radio-Rezeptortherapie mit Yttrium-90-DOTATOC Bindet man einen therapeutischen Strahler wie den Betastrahler Yttrium-90 an das Peptid, dann kann man damit Tumoren „von innen“ bestrahlen, da sich das Radiopharmazeutikum spezifisch im Tumor anreichert (Abb. 1). Ein derartig verändertes Somatostatinmolekül ist das künstlich herstellbare Yttrium-90DOTATOC. Die nuklearmedizinische Therapie ist seit Jahrzehnten bekannt und und im klinischen Routineeinsatz. Weltweit wuden Millionen Patienten erfolgreich mit Radionukliden behandelt. Auch die Radio-Rezeptortherapie (RRT) wird seit nahezu 20 Jahren von Nuklearmedizinern durchgeführt, es bestehen somit umfangreiche Erfahrungen in der Indikationsstellung und in der Erfolgskontrolle. Neu bei der RRT mit Y-90 markierten Abkömmlingen (Analoga) des Somatostatins ist lediglich die Substanz, die zur Therapie verwendet wird, nicht das Verfahren an sich. Vergleichbar ist dies Abbildung 1: Die Messung des Traubenzuckerstoffwechsels mit Fluor18-FDG vor (linkes Bild) und nach (rechtes Bild) Radio-Rezeptortherapie mit Y-90-DOTATOC zeigt einen deutlichen Therapieeffekt. etwa mit der Arbeit eines Chirurgen, der ein neuartiges Skalpell zur Operation verwendet, mit dem er noch persönliche Erfahrungen sammelt (deswegen muss er aber nicht den Beruf des Chirurgen neu erlernen oder sich das Operationsverfahren erneut aneignen!). Insofern ist die Behauptung mancher Bedenkenträger im Gesundheitssystem, dass es sich bei der RRT um ein grundsätzlich neues Verfahren handelt, nicht korrekt. Richtig ist vielmehr, dass es zwingend notwendig ist, weitere Erfahrungen zu sammeln und vor allem interdisziplinär, d. h. durch enge Zusammenarbeit der verschiedenen Spezialisten, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Therapie anzuwenden. Auch bei der Diagnostik ist das frühzeitige Einbeziehen der Nuklearmedizin von Vorteil Für die neuroendokrinen Tumoren gilt oben Gesagtes in besonderem Maße: Bei der Diagnosestellung und der Entfernung des Primärtumors ist zunächst vor allem der jeweilige Organspezialist (meist Internisten, der Pathologe und der Chirurg) gefragt. Danach sollte zur Ausbreitungsdiagnostik (Staging) bereits der Nuklearmediziner mit einbezogen werden, da die SomatostatinSzintigraphie das empfindlichste und spezifischste Verfahren darstellt, um Absiedlungen (Metastasen) mit einer Ganzkörperuntersuchung nachzuweisen. Hierbei werden die Szintigraphie (Emissions-Computertomographie, ECT) oder die PositronenEmissions-Tomographie (PET) mit markierten Somatostatin-Analoga als extrem genaue Verfahren eingesetzt (Abb. 2 und 3). 7 Abbildung 2: GanzkörperSzintigramm mit Nachweis von Lebermetastasen eines Karzinoids. Wichtig ist eine maßgeschneiderte individuelle Therapie Werden Metastasen nachgewiesen, muss entschieden werden, ob eine nochmalige Operation („Debulking“) bei vereinzelten Herden in Frage kommt, oder ob eine biologische Therapie (z.B. mit Sandostatin, einem nicht radioaktiv markierten Abkömmling des Somatostatins, evtl. kombiniert mit AlphaInterferon), eine Chemotherapie oder eine regionale Behandlungsmethode (z.B. Chemoembolisation von Lebermetastasen, Radiofrequenzablation oder LITT) oder eine RRT die zu einem bestimmten Zeitpunkt beste Therapie darstellt. Bei Vorliegen multipler Metastasen gibt es derzeit kein einzelnes Therapieverfahren, welches die Krankheit bei jedem Patienten definitiv heilen kann. Es kommt daher besonders darauf an, die Therapie auszuwählen, die maßgeschneidert und individuell für jeden einzelnen Patienten einen bestmöglichen Erfolg mit möglichst geringen Nebenwirkungen und guter Lebensqualität garantiert. Gute Erfahrung an über 1000 Patienten mit Y-90-DOTATOC Behandlungen mit Y-90 markierten Somatostatin-Analoga (u.a. DOTATOC) an mehreren europäischen Universitätskliniken und onkologischen Zentren (z.B. Basel, Mailand, Rotterdam, Brüssel, Wien, London, Bad Berka u.a.) haben in den letzten 5 Jahren bei inzwischen über 1000 behandelten Patienten gezeigt, dass die RRT ein wirksames Verfahren zur Behandlung von rezeptorpositiven neuroendokrinen Tumoren darstellt. So kam es am EIO in Mailand bei nahezu einem Drittel der behandelten Patienten zu einer partiellen oder kompletten Tumorrückbildung, in Basel bei 50 % der Patienten zu einer Stabilisierung (stable disease) der Erkrankung und bei 80 % der Patienten zu einer Besserung der Krankheitssymptome. Bei Einhaltung entsprechender Maßnahmen („Nierenschutz“ mit Aminosäureinfusionen) traten keine oder nur geringe, meist voll reversible Nebenwirkungen auf. Es bleibt zu hoffen, dass nach Abschluss der laufenden Studien baldmöglichst eine europäische Zulassung bei der EMEA („orphan drug indication“) erfolgt und damit der Status des „Heilversuchs“, wie derzeit die Therapie in Deutschland noch bezeichnet werden muss, aufgehoben wird. Weitere Langzeitbeobachtungen müssen helfen, die noch ausstehenden Fragen zu klären, z.B., ob durch die RRT eine deutliche Kosteneinsparung im Gesundheitswesen möglich ist, da die Gesamtkosten für die Behandlung deutlich niedriger sind als z.B. die Ausgaben für die monatliche Therapie mit langwirkenden Somatostatin-Analoga. Gleichzeitig ist der Effekt auf das Tumorwachstum durch die RRT erheblich größer. Zu klären ist auch, 8 Abbildung 3: Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) stellt Krankheitsprozesse aufgrund von Stoffwechselveränderungen bereits in einem sehr frühen Stadium dreidimensional bildlich dar. Sie hat sich zur Tumordiagnostik (z.B. bei Lungenkarzinomen, Dickdarmkrebs, Melanomen, Lymphomen, Mamma- und Ovarialkarzinomen, bei Herzerkrankungen und neuromedizinischen Krankheitsbildern (Epilepsie, Hirntumoren, Alzheimer-Demenz) als hochempfindliches und nebenwirkungsfreies Diagnoseverfahren bewährt. inwiefern der frühe Einsatz der RRT bei kleinen Tumoren die Wirksamkeit noch erhöhen kann. Fazit Zusammenfassend ist festzustellen, dass die nuklearmedizinische Diagnostik und Behandlung von Tumoren mit Radionukliden seit Jahrzehnten etabliert ist und dass vor allem in der Therapie von neuroendokrinen Tumoren in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt wurden. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Wahl der richtigen Therapie zum richtigen Zeitpunkt und eine individuell maßgeschneiderte Behandlung können sicherlich dazu beitragen, künftig die Prognose von Patienten mit neuroendokrinen Tumoren zu verbessern. Prof. Dr. med. Richard P. Baum, Klinik für Nuklearmedizin und PET-Zentrum der Zentralklinik Bad Berka Prof. Dr. med. Richard P. Baum ist Facharzt für Nuklearmedizin und Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin und des PET-Zentrums der Zentralklinik Bad Berka – in der Nähe von Weimar gelegen – sowie Professor für Nuklearmedizin mit Lehr- und Forschungstätigkeit am Klinikum der Universität Frankfurt am Main. Er ist u. a. Mitglied der EORTC (europäische Krebsorganisation) und als Berater tätig für die WHO, die IAEA (internationale Atomenergiebehörde), das Paul-Ehrlich-Institut und die EMEA (europäische Arzneimittelbehörde). Er ist Mit- Prof. Dr. med. Richard P. Baum glied zahlreicher wissenschaftlicher Fachgesellschaften und im Editorial Board mehrerer medizinischer Fachzeitschriften. Seine klinischen und wissenschaftlichen Arbeitsgebiete betreffen vor allem die nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie von Tumoren sowie von kardiovaskulären Erkrankungen (z.B. koronare Herzkrankheit), renalen (Nierenkrankheiten) und neuromedizinischen Erkrankungen (u.a. Hirntumordiagnostik und Therapie). Besonders intensiv hat er sich mit kolorektalen Tumoren (Darmkrebs), Lungenkarzinomen, Ovarial- und Brustkrebs sowie mit Schilddrüsenkarzinomen und neuroendokrinen Tumoren beschäftigt. Prof. Baum begann mit seiner Frankfurter Arbeitsgruppe bereits 1984, die Radio-Rezeptortherapie mit Iod-131 MIBG zur Behandlung bestimmter Tumoren (z.B. maligner Phäochromozytome oder Neuroblastome sowie Paragangliome) einzusetzen. Die erste Radioimmuntherapie in Deutschland wurde von ihm und seiner Arbeitsgruppe 1985 durchgeführt, die erste Radio-Rezeptortherapie mit Yttrium-90-DOTATOC zur Behandlung eines neuroendokrinen Tumors bereits 1997. Veranstaltungen Bericht vom Patiententag in Neuss, 29.03.03: Neuroendokrine Tumoren – Stellenwert der Chirurgie Zu einem Patiententag in Neuss luden Professor Goretzki und das Netzwerk NET, Erlangen, am 29. März 2003 ein. Auf dieser gut besuchten Veranstaltung berichtete Professor Goretzki über den Stellenwert der Chirurgie in der Therapie der neuroendokrinen Tumoren des GEP-Systems. Wenn der Primärtumor lokalisiert werden kann, ist die operative Entfernung des Tumorgewebes die Therapie der ersten Wahl. Nur die vollständige chirurgische Tumorentfernung ermöglicht die Heilung dieser Erkrankung (Tab. 1). Eine Entnahme von Tumorgewebe sichert außerdem die genaue Klassifizierung durch den Pathologen. Nur die vollständige chirurgische Tumorentfernung ermöglicht die Heilung (5-Jahres-Überlebensrate > 90 %) Ausgedehnte Resektionen bei Lymphknoten-Matastasierung („technisch aufwändige Spezialchirurgie“) Mehrfache Reoperationen sind aus kurativem und palliativem Ansatz gerechtfertigt Notfallsituationen (Ileus, bronchiale Blutung) können in einigen Fällen zur Sofortoperation zwingen Tabelle 1: Bedeutung der Operation bei neuroendokrinen Tumoren Tumormarker und Octreoscan als wichtigste diagnostische Maßnahmen Tumormarker ist das Chromogranin A. Isolierte Messwerte dieses Markers sind nicht besonders aussagekräftig und müssen individuell im Zusammenhang mit den sonstigen Informationen über die Klinik interpretiert werden. Als höherwertig ist die Betrachtung dieses Markers über einen längeren Zeitraum einzustufen. Die Szintigraphie (Octreoscan) ist das zurzeit wichtigste bildgebende Verfahren. Hierdurch können nicht nur häufig Primärtumor und Metastasen dargestellt, sondern auch Aussagen zum Vorhandensein von Somatostatinrezeptoren getroffen werden. Damit ist dieses Verfahren ein wichtiger Schritt in der Diagnostik und wegweisend für die weitere individuelle Therapie. in einer lebhaften Frage- und Diskussionsrunde Rede und Antwort. Die Therapiemöglichkeiten der neuroendokrinen Tumoren wurden dabei ausführlich erörtert. Etabliert ist hier die medikamentöse Therapie mit Somatostatinanaloga (z. B. Sandostatin). Neben der Behandlung der Symptomatik (Flush, Diarrhoen) geht man auch von einem wachstumshemmenden Effekt dieses Medikaments aus. Ähnliche Aussagen können auch bezüglich Interferon getroffen werden. Hier beobachtet man jedoch häufiger unangenehme Nebenwirkungen. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkansätze ist bei Nichtansprechen von Somatostatinanaloga daher auch eine Kombination mit Interferon zu erwägen. Daneben spielt zur Reduktion der Tumormasse die Therapie der Lebermetastasen eine bedeutende Rolle. Die Techniken hierfür haben sich in den letzten Jahren sehr verbessert, und prognostisch kann das Vorhandensein von Lebermetastasen heute deutlich besser eingestuft werden. Mit der Chemotherapie und zukünftig wohl zunehmend mit Dotatoc, einem Radionukleotid, das an die tumorständigen Somatostatinrezeptoren andockt und von dort aus nächster Nähe den Tumor bestrahlt, existieren zwei weitere Therapieansätze. Professor Starke verwies auf die Website www.GEP-NET.com, auf der weitere interessante Informationen zu diesem Thema zu finden sind. Dr. Thomas Kolpatzik Novartis Pharma, Nürnberg Abbildung 1: Großes Interesse fand der Patiententag im Lukaskrankenhaus Neuss, der von Herrn Professor Goretzki und seinem Team veranstaltet wurde. Optimale Behandlung in spezialisierten Zentren Professor Goretzki resümierte, dass es sich bei den neuroendokrinen Tumoren um sehr unterschiedliche Erkrankungen handelt, die interdisziplinär behandelt werden, und dass es den Patienten dringend zu raten ist, ein Zentrum mit Erfahrung auf dem Gebiet dieser seltenen Erkrankung aufzusuchen. Intensive Gespräche zwischen Arzt und Patient sind unverzichtbar. In diesem Sinne standen Professor Goretzki und sein Kollege Professor Starke vom Lukaskrankenhaus Neuss den Patienten Abbildung 2: Professor Goretzki und Professor Starke vermittelten den Patienten wertvolle Informationen zu den etablierten Therapiemöglichkeiten von neuroendokrinen Tumoren. 9 Veranstaltungen 1. Münchner Arzt-Patienten-Seminar „Neuroendokrine Tumoren“ am 29. März 2003 im Klinikum Großhadern Neuroendokrine Tumoren (NET) stellen eine wichtige Untergruppe aller Tumorerkrankungen des Magen-Darm-Trakts und der Bauchspeicheldrüse dar, die sich hinsichtlich klinischem Beschwerdebild und Verlauf sowie Diagnostik und Therapie entscheidend von den übrigen gastrointestinalen Tumoren abgrenzen. Während sich die Diagnostik der NET in der Regel unproblematisch gestaltet, kann die individuelle erfolgreiche Therapieoptimierung schwierig sein und erfordert daher dringend die vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit von Patient, betreuendem Arzt und Spezialisten aus verschiedenen Fachdisziplinen wie der Gastroenterologie, Endokrinologie, Chirurgie, Nuklearmedizin und Radiologie (Abb. 1). Abbildung 1: Die individuelle Therapieoptimierung bei Patienten mit NET erfordert die enge Zusammenarbeit von Patient, betreuendem Arzt und Spezialisten aus verschiedenen Fachdisziplinen wie der Chirurgie, Endokrinologie, Gastroenterologie und Nuklearmedizin. gen mitzuteilen und Fragen zu Diagnose, Therapieoptimierung und Betreuung zu stellen. Formen und Symptomatik der NET im Gastrointestinaltrakt Nach der Begrüßung durch Herrn Prof. Dr. B. Göke, dem Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Klinikums Großhadern der LMU München, wurde im ersten Vortrag von Herrn Prof. Dr. D. Engelhardt, Oberarzt der Medi- Abbildung 2: Herr Prof. Dr. D. zinischen Klinik und Poliklinik II, Engelhardt gab einen ein allgemeiner Überblick gege- allgemeinen Überblick über die ben über die verschiedenen verschiedenen NET des NET des Gastrointestinaltraktes Gastrointestinaltraktes und ihre und ihre Symptomatik (Abb. 2). Symptomatik. NET des Gastrointestinaltraktes sind insgesamt selten auftretende Tumoren und stellen eine nur kleine Untergruppe aller malignen gastrointestinalen Tumoren dar (2 %). Sie treten in der Regel sporadisch auf, können aber auch im Rahmen der „Multiplen Endokrinen Neoplasie“ vererbbar sein und sind dann häufig mit Tumoren der Nebenschilddrüse und der Hypophyse assoziiert (MEN Typ I). Bei den NET des Gastrointestinaltraktes unterscheidet man die NET der Bauchspeicheldrüse, zu denen die Insulinome, Gastrinome, VIPome, Glukagonome und endokrin inaktiven Tumoren zählen, sowie die Karzinoide, die außerhalb der Bauchspeicheldrüse im Thymus, Bronchialsystem, Magen, Dünn- und Dickdarm gelegen sein können (Abb. 3). Zielsetzung der Veranstaltung Am Samstag, den 29.03.2003 von 9.00–14.00 Uhr, veranstaltete daher die Medizinische Klinik II des Klinikums der Universität München – Großhadern ein erstes Münchner Arzt-Patienten-Seminar „Neuroendokrine Tumoren“. Ziel der Veranstaltung war es, über derzeit etablierte Diagnose- und Therapiestrategien für NET zu informieren sowie neue erfolgversprechende Therapiekonzepte, die sich zum Teil noch in der klinischen Erprobung befinden, vorzustellen und gemeinsam zu diskutieren. Darüber hinaus sollte über Ziele und Erfahrungen des „Netzwerks Neuroendokrine Tumoren“ berichtet werden, mit dem sich bereits ein bundesweites Forum für Patienten mit NET etabliert hat, und zur Gründung einer regionalen Münchner Patientenselbsthilfegruppe aufgerufen werden. Teilgenommen haben etwa 75 Patienten mit neuroendokrinen gastrointestinalen Tumoren, ihre Angehörigen und behandelnde Ärztinnen und Ärzte, die im Anschluss an die einzelnen Vorträge, im Rahmen der Podiumsdiskussion und in den Kaffee- und Imbisspausen viel Gelegenheit hatten, ihre persönlichen Erfahrun10 Abbildung 3: Bei den NET des Gastrointestinaltraktes, die hormonaktiv oder hormoninaktiv sein können, unterscheidet man die NET der Bauchspeicheldrüse und die Karzinoide, die außerhalb der Bauchspeicheldrüse im Thymus, Bronchialsystem, Magen, Dünn- und Dickdarm gelegen sein können. Veranstaltungen Die meisten NET sind endokrin inaktiv (keine Hormonfreisetzung) und machen sich in erster Linie durch Komplikationen aufgrund des verdrängenden Tumorwachstums (Gelbsucht, Darmverschluss, Blutung) bemerkbar. Die endokrin aktiven Tumoren sind gekennzeichnet durch die Freisetzung spezifischer Hormone, wodurch die für den jeweiligen endokrinen Tumor charakteristischen klinischen Syndrome entstehen (Abb. 3). Durch die Freisetzung von Serotonin und Tachykininen entsteht bei Karzinoiden mit Lebermetastasen das Karzinoidsyndrom, das durch Flush, Durchfälle, Asthma und Herzbeteiligung gekennzeichnet ist. Das Gastrin-produzierende Gastrinom führt zum „Zollinger-Ellison-Syndrom“, charakterisiert durch multiple Geschwüre im oberen Gastrointestinaltrakt, Durchfälle und Fettstühle. Durch die exzessive Freisetzung von Insulin beim Insulinom kommt es zum Unterzucker, von Glukagon beim Glukagonom zum Überzucker (Diabetes mellitus) und zu einer typischen Hautbeteiligung („nekrolytisches migratorisches Erythem“). Das „Verner-Morrison-Syndrom“ beim VIPom entsteht durch erhöhte Serumspiegel von vasoaktivem intestinalem Polypeptid und ist gekennzeichnet durch wässrige Durchfälle und Elektrolytverschiebung. Diagnostische Verfahren In einem weiteren Übersichtsvortrag stellte Herr Dr. C. Auernhammer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Medizinischen Klinik und Poliklinik II, die wichtigsten Untersuchungen zur Diagnostik bei NET des Gastrointestinaltraktes zusammen (Abb. 4). Abbildung 5: Beim Karzinoid ist die vermehrte Ausscheidung des Serotoninmetaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES) im 24 Stunden-Urin diagnostisch wegweisend. – Die Diagnose des Insulinoms stützt sich auf die klinischen Symptome sowie auf einen pathologischen Hungerversuch, der über mindestens 72 Stunden durchgeführt werden sollte (abfallende Blutzuckerwerte und gleichbleibende/ansteigende Insulin- und C-Peptid-Spiegel). Die Bestimmung von Chromogranin A im Serum als Marker für NET stellt ein sehr sensitives Verfahren dar. Die Serumspiegel von Chromogranin A sind bei fast allen metastasierten NET erhöht und daher für die Erstdiagnose, die Erfassung des Tumorausmaßes und die Verlaufsbeurteilung wertvoll. Bildgebende Verfahren Im Gegensatz zum Nachweis erhöhter Hormonspiegel bei endokrin aktiven NET kann die Lokalisationsdiagnostik wesentlich schwieriger sein (Abb. 6). Sowohl die Sonographie (Ultraschalluntersuchung) als auch die Computertomographie der Bauchspeicheldrüse können diese Tumoren nur selten sichtbar machen, da sie zum Zeitpunkt der Diagnosestellung häufig noch sehr klein sind und die Konturen der Bauchspeicheldrüse vom Tumor nicht überschritten werden. Die endoskopische Ultraschalluntersuchung und die Kernspintomographie bieten eine wesentliche Verbesserung der Lokalisationsdiagnostik. Abbildung 4: Herr Dr. C. Auernhammer im Gespräch mit Patienten und ihren Angehörigen. Bestimmung der Hormonspiegel Bei allen endokrin aktiven Tumoren wird die Diagnose durch Nachweis der jeweils erhöhten Hormonspiegel im Blut gesichert: – Beim Karzinoid ist die vermehrte Ausscheidung des Serotoninmetaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-Stunden-Urin wegweisend (Abb. 5). – Beim Gastrinom ist der Nachweis eines erhöhten Gastrinspiegels im Serum diagnostisch entscheidend. Zur weiteren Differenzierung dient der Sekretintest. Beim „Zollinger-Ellison-Syndrom“ führt die Injektion von Sekretin zum weiteren Ansteigen des Gastrinspiegels. Abbildung 6: Lokalisationsdiagnostik bei NET. SRS = Somatostatinrezeptor-Szintigraphie; MRT = Kernspintomographie; CT = Computertomographie. 11 Veranstaltungen Die angiographische Untersuchung der Bauchspeicheldrüse bringt bei endokrinen Tumoren keinen Vorteil in der Lokalisationsdiagnostik gegenüber der Sonographie und dem Computertomogramm. Ebenso sind selektive Katheterisierungen mit stufenweiser Blutentnahme und Hormonbestimmung nicht primär indiziert. Lediglich bei Rezidiven bzw. bei chirurgisch nicht auffindbaren Tumoren sollte diese Technik angewendet werden. Nicht selten können kleine Tumoren erst intraoperativ durch Palpation der Bauchspeicheldrüse oder des Zwölffingerdarms durch den erfahrenen Chirurgen gefunden werden. Szintigraphie Die Rolle der Nuklearmedizin bei der Diagnostik der NET erörterte Herr Prof. Dr. K. Hahn, Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Klinikums der LMU München. Mit der Somatostatinrezeptor-Szintigraphie steht ein wirksames Instrument für die Lokalisationsdiagnostik Somatostatinrezeptortragender NET zur Verfügung. Als Radiopharmaka dienen dabei das 123-I-markierte Somatostatinanalogon Tyr3-Octreotid oder das neuere 111-Indium-markierte Pentatreotid DTPA (Octreoscan). Mittels Octreoscan können etwa 100 % der Glukagonome, 88 % der VIPome, 87% der Karzinoide, 46 % der Insulinome und 82 % der endokrin inaktiven Bauchspeicheldrüsenumoren nachgewiesen werden. Bei einem Teil der NET stellt die Metaiodbenzylguanidin-(MIBG-)Szintigraphie ein ergänzendes szintigraphisches Verfahren dar, insbesondere bei fehlender Darstellung des Tumors im Octreoscan. Da 111-Indium nicht nur die für die szintigraphische Darstellung genutzten Gamma-Strahlen aussendet, sondern auch AugerElektronen, von denen ein hemmender Effekt auf das Tumorzellwachstum erwartet werden kann, liegt es nahe, 111-In-DTPAOctreotid auch therapeutisch einzusetzen. Mit der 111-In-DTPAOctreotid-Szintigraphie lässt sich dabei die Ausbreitung Somatostatinrezeptor-positiver NET bestimmen und deren Ansprechbarkeit auf eine gezielte Somatostatinrezeptor-gerichtete Radiopeptid-Therapie ermitteln. In ersten Untersuchungen zeigten Patienten mit progredienten NET unter der Therapie mit 111-In-DTPA-Octreotid bei geringen Nebenwirkungen eine deutliche Verbesserung der klinischen Symptome unter Verminderung der Hormonfreisetzung aus dem Tumor und Hemmung der Tumorzellvermehrung. Die Verwendung von Beta-Emittern, wie 90-Yttrium, gekoppelt an DOTA-Octreotid, lässt aufgrund der höheren Energie der BetaPartikel einen noch besseren therapeutischen Effekt erwarten. Ergebnisse aus ersten klinischen Studien zeigten bei Patienten mit Somatostatinrezeptor-positiven NET eine signifikante Abnahme der Tumorgröße bei insgesamt geringen Nebenwirkungen, die vor allem die Niere betreffen. Weiterführende kontrollierte Studien an größeren Patientenkollektiven sind nötig, um die Wirkung der Somatostatinrezeptor-gerichteten Radiopeptid-Therapie bei malignen NET näher zu charakterisieren. 12 diskutieren. Frau Dr. C. Spitzweg, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Medizinischen Klinik und Poliklinik II, konzentrierte sich dabei auf die medikamentöse Therapie bei NET (Abb. 7). Grundsätzlich ist als einziger kurativer Ansatz immer die chirurgische Entfernung des Tumors anzustreben, Abbildung 7: Frau Dr. C. Spitzweg die unbedingt von einem erörterte die Möglichkeiten der auf diesem Gebiet erfahre- medikamentösen Therapie bei NET. nen Chirurgen durchgeführt werden sollte. Ist dies nicht möglich, stehen zur Kontrolle der klinischen Symptome und Erhaltung der Lebensqualität eine Reihe medikamentöser Therapien zur Verfügung (Abb. 8). Abbildung 8: Grundprinzipien der Therapie bei NET. Octreotid Die symptomatische Therapie der Wahl beim Karzinoid ist die Anwendung langwirksamer Somatostatinanaloga (Abb. 9). Octreotid lindert bzw. normalisiert in der Mehrzahl der Fälle (75– 90%) durch Hemmung der Hormonfreisetzung aus dem Tumor die häufigsten Symptome beim Karzinoidsyndrom. Octreotid ist auch Medikament der Wahl zur Prophylaxe und Therapie einer Karzinoidkrise und sollte daher vor, während und nach chirurgischen Resektionen und anderen Tumormanipulationen gegeben werden. Medikamentöse Therapie Nicobion Während im ersten Teil des Seminars vor allem die diagnostischen Mittel bei NET erläutert worden waren, war Ziel der zweiten Runde, die verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten bei Patienten mit NET des Gastrointestinaltraktes darzulegen und zu Da der größte Teil des mit der Nahrung zugeführten Tryptophans im Tumor zu 5-Hydroxyindolessigsäure umgebaut wird, kann bei großen Tumoren ein Nikotinamid-Mangel auftreten, der eine Nikotinamidsubstitution nötig macht (Nicobion). Veranstaltungen Abbildung 9: Symptomatische Therapie der Wahl beim Karzinoid ist die Anwendung langwirksamer Somatostatinanaloga. Abbildung 10: Beim Insulinom kann mit Diazoxid, das die Insulinfreisetzung durch direkten Angriff an der Beta-Zelle der Bauchspeicheldrüse hemmt, in etwa 50% eine zufriedenstellende Kontrolle des Unterzuckers erreicht werden. α-Interferon Auch α-Interferon findet Anwendung in der Therapie des metastasierten Karzinoids, wodurch die klinische Symptomatik beim Karzinoidsyndrom in 30–75% der Fälle gebessert werden kann. Aufgrund des erheblichen Nebenwirkungsspektrums und der Überlegenheit der Therapie mit Somatostatinanaloga in der Beherrschung der klinischen Symptome beim metastasierten Karzinoids sollte α-Interferon vor allem dann Anwendung finden, wenn mit Somatostatinanaloga allein keine Beschwerdefreiheit erzielt werden kann. Diazoxid Dort, wo die chirurgische Therapie eines Insulinoms nicht möglich ist, kann versucht werden, durch regelmäßige Einnahme kohlehydrathaltiger Nahrung besonders in den späten Abendstunden und vor körperlichen Anstregungen schweren Unterzucker zu vermeiden. Häufig kommt Diazoxid zum Einsatz, das die Insulinfreisetzung durch direkten Angriff an der Beta-Zelle der Langerhans-Inseln hemmt und so in etwa 50% der Insulinompatienten eine zufriedenstellende Kontrolle des Unterzuckers bewirken kann (Abb. 10). Es kann auch versucht werden, mit langwirksamen Somatostatinanaloga und/oder α-Interferon den schweren Unterzucker beim Insulinom zu kontrollieren. Behandlung von Herzerkrankungen Da 50–70% der Patienten mit Karzinoid-Syndrom eine Herzbeteiligung in Form einer Endokardfibrose aufweisen, die nicht selten die klinische Symptomatik sowie die Prognose der Erkrankung bestimmt, ist häufig eine kardiologische Mitbetreuung des Patienten erforderlich. der Protonenpumpenhemmer muss dabei individuell ermittelt werden (Abb. 11). Antiproliferative Therapie Bei Patienten mit metastasierten NET des Gastrointestinaltraktes muss vor dem Beginn einer aggressiven, nebenwirkungsreichen wachstumshemmenden Therapie das individuelle spontane Wachstumsverhalten des Tumors und seiner Metastasen mit großer Sorgfalt abgeschätzt werden. Aggressive Therapiemaßnahmen sind nur bei rapide wachsenden Tumoren indi- Abbildung 11: Die erhöhte ziert und bei Patienten, deren beein- Säuresekretion beim Gastrinom lässt trächtigende klinische Symptomatik sich zuverlässig mit Protonenpumpenauf keine der gängigen, neben- hemmern beherrschen. wirkungsärmeren Behandlungsmöglichkeiten anspricht. Oberstes Ziel jeder Therapie muss die Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität des Patienten sein, weshalb bei langsam wachsenden Tumoren eine eher zurückhaltende, rein symptomatische Therapie unter gleichzeitig aufmerksamer Beobachtung des Tumorwachstums gerechtfertigt ist. Bei schneller wachsenden Tumoren kann eine wachstumshemmende Therapie mit Somatostatinanaloga, α-Interferon, hepatischer Chemoembolisation, Chemotherapie und Somatostatinrezeptor-gerichteter Radiopeptid-Therapie versucht werden (Abb. 12). Kontrolle der erhöhten Magensäuresekretion Chirurgische Entfernung und „Tumordebulking“ Die erhöhte Säuresekretion beim Gastrinom und ihre Folgeerscheinungen (Magengeschwüre, wässrige Durchfälle) lassen sich zuverlässig mit Protonenpumpenhemmern (Omeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol) beherrschen. Die notwendige Dosis Herr Prof. Dr. K. Jauch, Direktor der Chirurgischen Klinik und Poliklinik des Klinikums Großhadern der LMU München, fasste in seinem Vortrag die Rolle der Chirurgie bei der Therapie von NET 13 Abbildung 12: Unterschiedliches therapeutisches Vorgehen bei NET, abhängig vom spontanen Tumorwachstumsverhalten. zusammen. Grundsätzlich ist bei allen nichtmetastasierten NET die chirurgische Entfernung des Tumors durch einen auf diesem Gebiet erfahrenen Chirurgen anzustreben. Die Therapie der Wahl beim Insulinom, bei dem es sich in 85–90% der Fälle um einen gutartigen, solitären Bauchspeicheldrüsentumor handelt, ist die kurative chirurgische Entfernung. Da bösartige Insulinome eine sehr langsame Wachstumsrate aufweisen, sollte auch im Falle metastasierter Insulinome (5–10%) ein chirurgisches „Tumordebulking“ (Verminderung der Tumormasse) in Erwägung gezogen werden, da hierdurch nicht nur eine Linderung der klinischen Symptomatik, sondern auch eine langfristige Remission erreicht werden kann. Wegen des häufig bösartigen Charakters kann eine Heilung bei sporadischen Gastrinomen durch chirurgische Tumorentfernung nur in etwa 30% der Fälle erreicht werden. Bei den sporadisch auftretenden, häufig solitären Gastrinomen sollte eine Kombination aus medikamentöser Therapie mit Protonenpumpenhemmern und chirurgischer Resektion des Tumors angestrebt werden. Eine postoperative Beendigung der Therapie mit Protonenpumpenhemmern ist erst erlaubt, wenn die Serumgastrinspiegel deutlich abfallen und sich bei einem Auslassversuch des Protonenpumpenblockers normalisieren. Beim Gastrinom im Rahmen eines MEN-I-Syndroms ist die Wahrscheinlichkeit einer kurativen Resektion aufgrund des multizentrischen Auftretens der meist kleinen Tumoren sehr gering und in Anbetracht des insgesamt meist gutartigen Charakters auch nicht zwingend erforderlich. Hier ist eine lebenslange, säurehemmende Therapie mit Protonenpumpenhemmern oft Therapie der Wahl. Auch beim Karzinoid ist die Therapie der Wahl die komplette chirurgische Tumorentfernung, die jedoch aufgrund häufig vorliegender Metastasierung nur selten möglich ist. Bei Karzinoiden der Appendix (Blinddarm) kann in der Regel eine Heilung des Patienten durch Appendektomie erzielt werden. Auch bei weiter fortgeschrittenen und metastasierten Karzinoiden hat sich die palliative Resektion als sinnvoll erwiesen, da Auftreten und Schweregrad des Karzinoidsyndroms durch Reduktion der Tumormasse gelindert werden und ein besseres Ansprechen auf eine konservative Therapie erzielt werden kann. 14 Je nach Tumorlokalisation und Ausbreitungsgrad werden unterschiedliche chirurgische Vorgehensweisen gewählt (lokale Exzision, rechtsseitige Hemikolektomie, Pankreatikoduodenektomie, Leberteilresektion, in Ausnahmefällen und bei ausschließlichem Metastasenbefall der Leber Lebertransplantation). Auch lokale Komplikati- Abbildung 13: Herr Prof. Dr. B. Göke onen können durch ver- ermöglichte einen vielversprechenden drängendes Tumor- Ausblick auf neue Therapieperspektiven wachstum (Darmver- bei NET. schluss, Blutung) einen chirurgischen Eingriff erforderlich machen. Radiopeptid-Therapie Im abschließenden Vortrag ermöglichte Herr Prof. Dr. B. Göke (Abb. 13) einen vielversprechenden Ausblick auf neue, sich noch auf experimenteller Ebene bzw. in der Erprobung befindende Therapieperspektiven mit besonderem Schwerpunkt auf der Somatostatinrezeptor-gerichteten Radiopeptid-Therapie mit 111Indium-DTPA-Octreotid oder 90-Yttrium-DOTA-Octreotid, die eine neue Therapieoption bei metastasierten Somatostatinrezeptor-positiven NET darstellt, deren Sicherheit und therapeutische Effizienz jedoch derzeit in multizentrischen Studien noch geprüft werden muss. Durch die Entwicklung neuer Somatostatinanaloga mit stärkerer bzw. selektiver Bindung an bestimmte Somatostatinrezeptortypen kann deren therapeutische Wirkung noch zusätzlich verstärkt werden. Durch die Kopplung chemotherapeutischer Substanzen an Somatostatinanaloga können diese gezielt in die Tumorzellen gelangen und so ihre Wirkung stärker und nebenwirkungsärmer entfalten. Falls sich erfolgversprechende Ergebnisse im Tiermodell auch in ersten klinischen Studien beim Menschen bestätigen lassen, könnte die bei Schilddrüsenkarzinomen sehr wirkungsvoll und mit viel Erfahrung eingesetzte Radioiodtherapie durch gezielten Gentransfer des Iodtransporter-Gens der Schilddrüse in NET-Zellen auch bei der Therapie der NET Anwendung finden. Gründung einer Münchner Patientenselbsthilfegruppe NeT Im Anschluss an die Podiumsdiskussion, die sowohl Patienten/ innen mit NET und ihren Angehörigen als auch behandelnden Ärzten/innen die Gelegenheit gab, eigene Erfahrungen zu berichten und Fragen zur Diagnostik und Therapie an Experten zu stellen (Abb. 14), berichtete Herr H.-D. Allmendinger als selbst betroffener Patient und Vorsitzender des „Netzwerkes Neuroendokrine Tumoren“ seine Erfahrungen mit dem Netzwerk und erläuterte dessen Ziele (Abb. 15). Er schilderte seine eigenen Veranstaltungen Abbildung 14: Im Rahmen der Podiumsdiskussion hatten Patienten/ innen, ihre Angehörigen und behandelnde Ärzte/innen viel Gelegenheit, eigene Erfahrungen zu berichten sowie Fragen zu Diagnostik und Therapie an die Experten zu stellen (von links Herr Prof. Dr. B. Göke, Herr Prof. Dr. K. Jauch, Herr Prof. Dr. K. Hahn). Abbildung 16: Herr J. Blaß rief als Patientenvertreter zur Gründung einer Münchner Patientenselbsthilfegruppe NeT auf. Abbildung 15: Herr H.-D. Allmendinger, Vorsitzender des „Netzwerkes Neuroendokrine Tumoren“, stellte das Netzwerk vor, erläuterte dessen Ziele und Aufgaben. Erfahrungen in der Anfangsphase der Krankheit, den Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung und die Hoffnung und Zuversicht, die er aus den Gesprächen mit anderen Betroffenen und Ärzten/innen im Rahmen des Netzwerkes geschöpft hat, und übergab dann an Herrn J. Blaß, der als Patientenvertreter zur Gründung einer Münchner Patientenselbsthilfegruppe NeT aufgerufen hat (Abb. 16). Das erste Treffen hierzu findet am Mittwoch, dem 09.07.2003, um 19.00 Uhr im Konferenzraum der Medizinischen Klinik II im Klinikum Großhadern (FG, I. Stock) statt. Interessenten können bei Rückfragen gerne mit Frau Dr. C. Spitzweg oder Herrn Dr. C. Auernhammer, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum Großhadern, Marchioninistraße 15, 81377 München, Tel.: 089-70950, Fax: 089-7095-8887 Kontakt aufnehmen. Dr. med. Christine Spitzweg, Medizinische Klinik und Poliklinik II Klinikum Großhadern der LMU München 15 Veranstaltungen Patiententreffen in Erlangen Am 20. März fand in Erlangen unser 8. Patiententreffen statt. Dazu waren wieder Patienten aus ganz Süddeutschland angereist. Zuerst wurden einige organisatorischen Probleme geklärt. Durch den Tod einiger Mitglieder des im Januar 2000 in Hannover gewählten Vorstandes fehlten in den letzten Monaten Ansprechpartner für unsere Patienten. Für diese Funktion konnten wir Frau Ingeborg Haas aus Maxdorf und Frau Elisabeth Pastor aus Aachen gewinnen. l Ihre Unterstützung bei der Organisation unserer Treffen haben Herr Günter Englert aus Oberschleißheim (Tel. 089 / 3174492 bzw. 0173 / 9565706) und Herr Gerhard Obernosterer aus Nürnberg (Tel. 0911/512540) zugesagt. Um die notwendigen Vorbereitungen mit der Klinik weitgehend telefonisch erledigen zu können, wird Herr Allmendinger mit der Klinikverwaltung sprechen und die zuständigen Ansprechpartner und deren Telefonnummern mitteilen. l Ein Protokoll wird in Zukunft Frau Oehme erstellen. l Damit Patienten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, bis zum Ende an unseren Treffen teilnehmen können, wird in Zukunft der Beginn auf 17.00 Uhr vorverlegt. Die überwiegende Mehrzahl der Anwesenden war damit einverstanden. l Termine für folgende Veranstaltungen wurde bekannt gegeben: – Münchner Arzt-Patienten-Seminar „Neuroendokrine Tumoren“ am 29.3.2003 im Klinikum der Universität Großhadern. – Informationsveranstaltung von Prof. Goretzki am 29.3.2003 im Lukaskrankenhaus in Neuss. – Patiententreffen in Bad Berka vom 8.8. bis 10.8.03 (siehe auch „Ein Patiententreffen der ganz besonderen Art“ auf S. 3f.) l Danach wurden von den anwesenden Patienten und auch von deren Angehörigen wieder viele Fragen an Frau Dr. Pavel gestellt, so z. B.: Wie zuverlässig kann man mit den heutigen bildgebenden Verfahren noch aktive Metastasen in der Leber erkennen und sie nach einer Therapie von abgestorbenem Gewebe unterscheiden? Immer bessere Geräte (CT, MRT und Ultraschall ) und die Erfahrung der Ärzte ergeben inzwischen eine recht zuverlässige Aussage. 16 Welche Therapie ist die beste? Es gibt keine Therapie, die für alle Patienten gleich gut geeignet ist. Allein bei den Metastasen in der Leber können, je nach Anzahl, Größe und/oder Lage, verschiedene Methoden die besten Ergebnisse versprechen oder von vornherein ausgeschlossen werden. Selbst die Yttrium-Dotatoc-Therapie kann nicht helfen, wenn die endokrinen Zellen eines Patienten das SomatostatinAnalogon Dotatoc nicht binden. Dazu kommen noch die Metastasen in anderen Teilen des Körpers, die manchmal größere Probleme bereiten als diejenigen in der Leber oder der Primärtumor. Wichtig ist, dass erfahrene Fachärzte nach gründlichen Untersuchungen gemeinsam die optimale Therapie festlegen. Eine Patientin berichtete von ihrer Yttrium-Dotatoc-Therapie in Basel: Die erste Sitzung fand im Oktober 2002 statt. Untersuchungen danach ergaben ein kleineres Volumen der Metastasen in der Leber. Eine zweite Sitzung wurde im Dezember 2002 durchgeführt. Während der Behandlung trat Flush auf und danach öfter Wärmegefühle. Insgesamt wurde die Therapie gut vertragen, und das Allgemeinbefinden der Patientin ist besser als vor der Behandlung. Der Wert des Chromogranin A ist auf knapp über 110 zurückgegangen. Um mehr über die Yttrium-Dotatoc-Therapie zu erfahren, wurde vorgeschlagen, einen Referenten aus Basel zu einem unserer nächsten Treffen einzuladen. Unser Wunschtermin wäre der 10.10.2003. Frau Dr. Pavel hat sich bereit erklärt, mit ihren Kollegen in Basel darüber zu sprechen. Gegen 21 Uhr wurde der offizielle Teil mit der Frage an die Anwesenden abgeschlossen, ob jemand zum Verlauf unserer Treffen Anregungen oder Verbesserungsvorschläge machen möchte. Allgemein ist man mit dem Verlauf einverstanden. Herr Oehme bedankte sich im Namen aller Patienten bei Frau Dr. Pavel dafür, dass sie in ihrer Freizeit unsere Fragen so geduldig und verständlich beantwortet. Durch ihre Teilnahme sind unsere Patiententreffen besonders wertvoll für uns geworden. Frau Oehme, Auerswalde Herr Allmendinger, Hemhofen Veranstaltungen 4. Berliner Patiententreffen Für mich war es das erste Treffen dieser Art. Voller Spannung erwartete ich den Tag. Am 23. November 2002, pünktlich um 9.30 Uhr, waren wir, d. h. mein Mann und ich, in den Hörsaal 6, Mittelallee 10, des Virchow-Klinikums in Berlin gekommen. Viele Patienten waren mit ihren Angehörigen da. Die Begrüßung durch Herrn Professor Dr. B. Wiedenmann nahm mir die Anspannung, und so konnte ich mich voll auf seinen Vortrag zur „Diagnostik und Therapie bei Patienten mit NET“ konzentrieren. Er sprach über den gegenwärtigen Stand der Diagnostik, die verschiedenen Tumorarten und deren Behandlungsmöglichkeiten aus schulmedizinischer Sicht. Bekanntes, aber auch Unbekanntes, wurde für uns verständlich und z. T. anhand von schematischen Darstellungen erklärt. Sehr bemerkenswert und wohltuend war die ruhige und freundliche Art des Professors, der viele Zwischenfragen ausführlich beantwortete. Etwas in Zeitnot geraten, wurden die folgenden Programmpunkte gestrafft. Herr Priv.-Doz. Dr. T. Steinmüller referierte über den aktuellen Stand der chirurgischen Eingriffe bei NET. Er ließ klar erkennen, dass die Operationen in gemeinsamer Abstimmung mit Herrn Professor Wiedenmann erfolgen, wobei versucht wird, eine optimale Variante für den Patienten zu finden. Sehr interessant fand ich persönlich den Vortrag von Frau Priv.Doz. Dr. U. Plöckinger. Gern hätte ich noch mehr über Tumormarker und deren Wertigkeit erfahren. Die Tagesordnung ging weiter mit einem psychologischen Thema: „Tumorerkrankung und Konfliktbewältigung“. Nach all dem vorangegangenen Faktenwissen erforderte das ein Umdenken, und Frau H. Lampe benötigte auch etwas Zeit, um den richtigen Draht zum „Fachpublikum“ zu finden. Herr Dr. N. Tiling stellte schließlich eine aktuelle Studie zu PegIntron vor, die mich besonders interessierte, weil diese Behandlung evtl. eines Tages auch für mich in Frage kommen kann. Gern hätte ich noch etwas über Naturheilverfahren erfahren, über Mittel zur Stärkung des Immunsystems sowie über die Entstehung von NET. Aber dazu hätte dieser Tag nicht ausgereicht. Außerdem war ich am Ende des vorgetragenen Programms so geschafft, dass ich nicht mehr an der Mitgliederversammlung der SHG teilnehmen konnte. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich für diesen informativen Tag bedanken und gleichzeitig die Bitte äußern: Machen Sie weiter so! Diese Informationsveranstaltungen helfen uns Patienten, die Erkrankung besser zu akzeptieren, damit zurecht zu kommen und uns sowie unseren Angehörigen ein wenig die Angst zu nehmen. Heiderose Postleb, Selbsthilfegruppe NeuroEndokrine Tumoren e.V. Berlin So erreichen Sie das KarzinoidNetzwerk online Wissenschaftlicher Beirat der NET-SHG Berlin Wie uns die 2. Vorsitzende der NeuroEndokrinen Tumoren Selbsthilfegruppe e.V. Berlin mitteilt, hat deren wissenschaftlicher Beirat erneut „Zuwachs“ bekommen. Nunmehr besteht er aus 11 Mitgliedern: • Prof. Dr. Bertram Wiedenmann, Berlin (1. Vorsitzender) • Prof. Dr. Rudolf Arnold, Marburg (2. Vorsitzender) • Prof. Dr. Johannes Hensen, Hannover (3. Vorsitzender) • Prof. Dr. Richard Baum, Bad Berka • Prof. Dr. Henning Dralle, Halle • Priv.-Doz. Dr. Wolfram Karges, Ulm • Prof. Dr. Jan Müller-Brand, Basel • Dr. Ullrich-Frank Pape, Heidelberg • Prof. Dr. Ludwig Schaaf, München • Priv.-Doz. Dr. Thomas Steinmüller, Berlin • Dr. Nikolaus Tiling, Berlin J. H. Homepage: www.karzinoid.net/karzinoid.html Hier finden Sie aktuelle Informationen, das Gästebuch und unsere Diskussionsforen (Netzwerkforum, Forum Akromegalie und Forum neuroendokrine Tumoren). Dort ist auch eine aktualisierte Adressliste der in Deutschland praktizierenden Endokrinologen, geordnet nach Postleitzahlgebieten, verfügbar. E-Mail: [email protected] Das ist die Adresse für Ihre Fragen, z.B. zur Mitgliedschaft, für Leserbriefe und Beiträge für die Glandula, für Berichte und Anregungen aus den Regionalgruppen etc. Webmaster: [email protected] Hier können Sie Fehler und Anregungen zur Internetpräsenz melden. Übrigens: Wussten Sie, dass Sie die Foren abonnieren können? Als Abonnent erhalten Sie eine E-Mail, wenn neue Einträge gemacht wurden. Wie´s geht, ist auf unserer Homepage beschrieben. 17 Erfahrungsberichte Mein kleines Jubiläum: Seit einem Jahr ohne ernste Beschwerden! Vor etwa sechs Jahren, während einer Abendveranstaltung, bekam ich zum ersten Mal urplötzlich Probleme: rasch zunehmende Übelkeit, Schweißausbruch, Schüttelfrost und ein Gefühl, dass mich das kleinste Lüftchen umblasen würde. Weil ich am nächsten Tag einen wichtigen Geschäftstermin hatte, wollte ich jedoch auf keinen Fall ins Krankenhaus. So blieb meiner Frau nichts anderes übrig, als mich nach Hause zu fahren und mit einer Wärmflasche ins Bett zu stecken. Wie fertig ich war, zeigte sich am nächsten Tag: Der heiße Verschluss der Wärmflasche, auf der ich eingeschlafen war, hatte eine deutliche Verbrennung auf meinem Rücken hinterlassen. Am nächsten Morgen war alles wieder in Ordnung. Auf Drängen meiner Frau und Tochter ging ich dann aber doch noch zum Arzt. Die Untersuchung brachte außer meinem bereits bekannten Bluthochdruck kein Ergebnis. Es passierte dann rund drei Monate nichts, und der Vorfall war fast vergessen. Am 12. Dezember 2001 kam dann Günter Englert, München gegen vier Uhr morgens ein erneuter heftiger Anfall. Diesmal brachten auch die Spritzen des herbeigerufenen Arztes keine Linderung, und so wurde ich mit einem Krankenwagen unter Begleitung des Notarztes in ein Krankenhaus eingeliefert. Aufgrund meiner Schmerzen brachte man mich dort zunächst in die Intensivstation. Ich bekam ständig starke Schmerzmittel, da sich mein Zustand nicht bessern wollte. Alle Untersuchungen brachten zunächst kein brauchbares Ergebnis. Erst bei einer CT ergab sich ein vager Verdacht, der dann durch eine weitere CT und eine Punktion zur Diagnose führte: zwei große Lymphknotenmetastasen eines neuroendokrinen Tumors, die bei Wachstumsschüben die Beschwerden hervorriefen. Das war allerdings eine Weihnachtsüberraschung, mit der ich erst mal fertig werden musste. Übelkeit und Koliken kamen immer wieder Zum Glück wurde bei der Operation auch der Primärtumor gefunden An einem Nachmittag im Büro wurde mir überraschend und ziemlich schnell schlecht, so dass ich beschloss, nach Hause zu gehen. Auf dem Weg verschlimmerte sich die Übelkeit rasant, und ich erbrach meinen gesamten Mageninhalt in mehreren starken Schüben. Nach zwei Stunden verbesserte sich mein Zustand wieder, und am Abend war es vorbei. Der nächste Anfall kam etwa drei Monate später und war schlimmer als die davor. Es fing in der Nacht mit leichter Übelkeit an, die sich rasch zu kolikartigen Bauchschmerzen und starkem Erbrechen entwickelte. Nachdem diesmal auch nach mehr als zwei Stunden keine Besserung eintrat, entschloss ich mich, die Ambulanz eines Krankenhauses aufzusuchen. Dort gab man mir als Ersthilfe zwei Voltaren-Tabletten die ich bei mir behielt und die langsam eine Verbesserung meines Zustandes bewirkten. Die durchgeführten Untersuchungen mit Röntgen, Ultraschall und Labor brachten jedoch wieder kein greifbares Ergebnis. Während einer Dienstreise entdeckte ich dann in meinem Stuhl Spuren von Blut. Wieder zu Hause ging ich sofort zum Arzt und unterzog mich der verordneten Darmspiegelung. Ergebnis: Wahrscheinliche Verursacher der Blutung waren innere Hämorrhoiden. In den darauffolgenden vier Jahren kamen die Anfälle nun in immer kürzeren Abständen, mit unterschiedlicher Intensität, aber immer nach dem gleichen Muster: leichte Übelkeit, die sich rasch zu kolikartigen Bauchschmerzen steigerte und von starkem Erbrechen begleitet wurde. Meistens genügte die rechtzeitige Einnahme von Medikamenten, um meinen Zustand wieder zu stabilisieren und zu normalisieren. Mehrfach benötigte ich jedoch auch die Hilfe des ärztlichen Notdienstes oder musste die Notfallambulanz eines Krankenhauses aufsuchen. Die „stressbedingten psychosomatischen“ Ursachen entpuppten sich als neuroendokriner Tumor Immer wieder durchgeführte Untersuchungen und zwei weitere Darmspiegelungen ergaben jedoch keine brauchbare Diagnose. Zuletzt vermutete man stressbedingte psychosomatische Ursachen. 18 Im Januar darauf versuchte man in der Klinik dann mit allen möglichen Diagnoseverfahren den Primärtumor zu lokalisieren, leider jedoch ohne Erfolg. Die behandelnden Ärzte bezeichneten meinen Fall wegen der Lage der Metastasen als kompliziert und rieten mir, mich an ein Zentrum für neuroendokrine Erkrankungen zu wenden. Man empfahl mir die Universitätsklinik Marburg. Nach einem Vorstellungstermin in Marburg erhielt ich einige Zeit später die Nachricht, dass man die Metastasen operativ entfernen könnte. Bei den vorbereitenden Untersuchungen wurden allerdings in der Leber weitere Metastasen des Tumors entdeckt. Am 11. März 2002 wurde ich dann operiert. Die beiden Lymphknotenmetastasen wurden komplett entfernt – und welch ein Glück, bei der Operation wurde auch der Primärtumor gefunden und entfernt. Die Operation war ein voller Erfolg. Ich erholte mich sehr schnell. Bereits am 20. Tag nach meiner Operation konnte ich meine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen. Trotz der Lebermetastasen geht es mir gut Seit der Operation sind keine Anfälle mehr aufgetreten. Trotz der Lebermetastasen geht es mir gut, und was für mich sehr wichtig ist, ich kann meine berufliche Tätigkeit wieder ausüben. Gelegentlich habe ich Probleme mit plötzlich auftretendem Durchfall. Das ist bei meiner beruflichen Reisetätigkeit natürlich nicht ganz unproblematisch. Vorher hatte ich sehr selten wässrigen oder breiigen Stuhlgang. Einen Flush hatte ich nie. In den letzten Monaten vor der Operation fühlte ich mich allerdings oft abgeschlagen und müde. Aus meiner Sicht als Betroffener war ich natürlich zunächst der Meinung, dass man meine Erkrankung viel zu spät erkannt hat. Heute, nach der Vielzahl von Untersuchungen und vielen Informationen, die ich erhielt, weiß ich, wie schwierig die Diagnose eines Karzinoids ist. Besonders wenn typische Symptome, wie z. B. der Flush, überhaupt nicht auftreten. Vor allem die Diagnoseverfahren zur Untersuchungen des Dünndarms sind bei so klei- Erfahrungsberichte nen Tumoren anscheinend noch sehr begrenzt erfolgreich. Ich hoffe, dass in Zukunft neuere Verfahren, wie z. B. die Kapselendoskopie, schnellere und bessere Ergebnisse erzielen. Meine weitere Behandlung findet z. Zt. im Rahmen einer klinischen Studie statt, für die ich mich zur Verfügung gestellt habe. Die regelmäßigen Kontrollen zeigten bisher keine Veränderung der Lebermetastasen. Von anderen Patienten habe ich aber schon gehört, dass diese auch nach Jahren plötzlich aktiv werden können. Der Kontakt zu anderen Betroffenen gibt mir Kraft, wieder ins Lot zu kommen Oft denke ich an einen Patienten, den ich während meiner Klinikaufenthalte kennen lernte, bei dem der Primärtumor nach Jah- Trotz neuroendokrinem Pankreastumor: Stets optimistisch bleiben! In der Zeitschrift „Glandula NeT“ wurde in der Rubrik „Therapeutische Möglichkeiten“ die Behandlung neuroendokriner Tumoren mit 90-Yttrium-DOTATOC beschrieben. Auch ich war im Juli und September 2000 zur Behandlung im Kantonsspital Basel, Institut für Nuklearmedizin. Aber bis es zu diesen zwei Behandlungen kam, hatte ich zahlreiche Ärzte und Professoren in Deutschland konsultiert. Das Octreotid-Scan brachte Klarheit Die genaue Bestimmung meines neuroendokrinen Pankreastumors, der hormonell inaktiv ist und bereits in die Leber metastasiert hatte, gestaltete sich aufgrund der Seltenheit dieser Tumoren als sehr schwierig, gelang aber letztlich durch die Zusammenarbeit mehrerer Spezialisten. Auf Empfehlung der Deutschen Krebshilfe Bonn war ich bei Herrn Prof. Dr. med. Klapsdor, Hamburg, der auch als medizinischer Berater für das von der Krebshilfe herausgegebene Buch „Krebs der Bauchspeicheldrüse“ fungiert. Von ihm bekam ich den Rat, ein Octreotid-Szintigramm durchführen zu lassen. Danach wusste ich, dass der Tumor im Pankreaskopf neuroendrokrin und hormonell inaktiv, also ein Karzinoid ist. Sehr gute Remission nach der DOTATOC-Behandlung Mit dieser Diagnose ging ich nach Basel zur 90-YttriumDOTATOC-Behandlung. Diese verlief sehr erfolgreich, denn es kam zur Remission: Das Volumen des Pankreas-Karzinoids hat sich von Juli/September 2000 bis November 2002 um 54 % reduziert. Auch die Metastasen in der Leber zeigen ähnliche Volumen-Abnahmen. Leider haben sich bei mir auch Begleiterkrankungen eingestellt, so vor allem eine Niereninsuffizienz, die ich regelmäßig von einem Nephrologen beobachten lasse. Außerdem musste ich ab Juli 1999 – nach der Entdeckung des Tumors – alle 3–4, später alle 2 Wochen einen endoskopischen Gallengangsprothesenwechsel vornehmen lassen (ERCP wurde bereits im Heft 3-2002 beschrieben). Dies war notwendig, weil der Gallengang im Bereich Pan- ren noch nicht gefunden wurde. Seine trotzdem lebensbejahende Haltung und seinen Humor bewundere ich sehr. Durch die Selbsthilfegruppe habe ich außerdem erfahren, wie viele Menschen mit dieser Krankheit leben müssen und ihr Leben meistern. Das hilft auch mir, bei aufkommenden Zweifeln wieder ins Lot zu kommen. Und natürlich bin ich an allen Informationen über mögliche Behandlungsmethoden interessiert. Ich mag die Hoffnung nicht aufgeben, dass es in Zukunft ein Medikament oder eine Behandlung gibt, welche die Lebermetastasen ganz beseitigen kann. Bisher hatte ich trotz allem viel Glück. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch bei den behandelnden Ärzten und dem jeweiligen Stationspersonal bedanken. Ich habe mich immer in guten Händen gefühlt. Günter Englert, München kreas/Dünndarm vom Karzinoid zugedrückt bzw. eingeengt wurde. Im September 2002 wurde der Stentwechsel durch eine Operation, bei der die Gallenblase und Teile des Gallengangs entfernt wurden, beendet. Die Operation ist gut verlaufen, ich konnte 11 Tage nach dem Eingriff das Krankenhaus verlassen. Trotz Tumorrest fühle ich mich wohl Gerhard P. H. Frickmann, Witten Bis jetzt – Februar 2003 – habe ich keine Behandlungen mit Chemotherapeutika, Bestrahlungen oder ähnlichen Therapien erhalten müssen. Mein Allgemeinbefinden ist für mich als 68-jährigen gut. Die wesentlichen Blutwerte wie GOT, AP, AMY, LIP, CHOL, UDL, LDL, TRIG, ERY, LEUK und HBA1 sind in den Referenzbereichen. Auch die Tumormarker CA und CEA sind gut. Lediglich KREA, HAST, HKT und HB sind außerhalb der Norm, belasten mich aber nicht. Für den Chromogranin-A-Wert ließ ich im Mai 2003 eine Kontrollanalyse vornehmen. Wichtig ist, dass man die Krankheit annimmt Ich treibe regelmäßig Sport, z. B. Tennis, Wandern, Rad fahren und Skilanglauf. Außerdem bin ich kreativ tätig (Tiffany, Bleiverglasung und Glasfusing) und arbeite gerne mit Holz. Wichtig ist, dass man die Krankheit annimmt und mit der inneren Einstellung Sorgen nicht aufkommen lässt, also immer optimistisch denkt. Zum großen Vorteil für mich ist das sehr gute Verständnis meiner Frau, unserer Kinder und Enkelkinder. Sie sind mir als Kraftquelle unersetzlich. Ich danke allen, auch dem Schutzengel, die mir bis jetzt geholfen haben und hoffentlich auch weiter helfen werden. Mit dieser Kraft sehe ich positiv in die Zukunft. Ich wünsche allen Betroffenen gute Behandlungserfolge und den Angehörigen viel Kraft. Gerhard P. H. Frickmann, Witten 19 Erfahrungsberichte Heute ist mein Zustand wieder stabil Ich bin 1933 geboren. Meine Eltern besaßen eine Werkswohnung, direkt angrenzend an eine große Hochdruck-Kesselanlage und an Maschinensäle, die zusammengenommen einen mit Vibrationen einhergehenden, zeitweise ohrenbetäubenden Lärm verursachten. Während des Krieges liefen die Maschinen häufig bei Tag und Nacht. „Wir sind das gewohnt“, sagten die Eltern zu unseren Besuchern, die das unerträglich fanden. Zum konzentrierten Lesen oder Lernen ging ich nach draußen. Bei Regenwetter und Kälte durfte ich einen Lagerraum in einem Nebengebäude benutzen. Durch die vom Kesselhaus ausgehende Erwärmung der Fußböden und Wände unserer Wohnung war die Luft extrem trocken. Spätere Hautprobleme, chronische Bindehautentzündung, trockene Nasenschleimhäute usw. sind wohl teilweise darauf zurückzuführen. Meine Beschwerden führte ich anfangs auf mein „ungesundes Vorleben“ zurück 1959 gründete ich meinen eigenen Hausstand. Als sich im Laufe der Jahre Bluthochdruck, Schmerzen in der Herzgegend mit Ausstrahlung in den linken Arm und unerklärliche Durchfälle einstellten (Diagnosen: essentielle Hypertonie, Angina-pectorisSyndrom, Colon irritabile), wunderte ich mich angesichts meines ungesunden Vorlebens überhaupt nicht. So etwas konnte ja nicht ohne Folgen bleiben! Obwohl ich immer wieder auf Herz und Nieren untersucht wurde, konnten keine organischen Ursachen entdeckt werden. Meine eigenen Erfahrungen stützten diese Diagnose. So konnte ich meine Herzbeschwerden bei Wanderungen und Bergtouren regelrecht „abschütteln“. Eine jährlich im Herbst angesetzte Traditionswanderung über 40 km an einem Tag wurde zum Gradmesser, an dem ich meinen tatsächlichen Gesundheitszustand ablesen zu können glaubte. Später, als mir „explosionsartige Durchfälle“, Schweißausbrüche und nächtliche Bauchkrämpfe (die von einer eindeutig lokalisierbaren Stelle im Dünndarmbereich ausgingen) das Leben schwer machten, kamen immer wieder Zweifel auf. Sonographie und Kontrastmittel-Röntgenaufnahmen und die Jahr für Jahr problemlos verlaufenden 40-km-Wanderungen lieferten jedoch weder den Ärzten noch mir Anhaltspunkte für eine bösartige organische Erkrankung. Dies änderte sich ab dem Spätherbst 1997 schlagartig, als mittels Sonographie „Knoten“ in der Leber entdeckt und in den Städtischen Kliniken Esslingen als Tochtergeschwülste eines Karzinoids erkannt wurden. Zur weiteren Abklärung kam ich dann in die Universitätsklinik Charité, Campus Virchow-Klinikum, nach Berlin. Mittels aufwändiger Diagnoseverfahren wurde dort der Primärtumor im Dünndarmbereich entdeckt und anschließend in der chirurgischen Klinik entfernt. Auf eine ursprünglich vorgesehene Teilresektion der Leber wurde wegen der diffus über die ganze Leber verteilten Tochtergeschwülste verzichtet. 20 Mit dem Schicksal zu hadern, ist nicht meine Sache Seit meiner Entlassung aus dem Virchow-Klinikum werde ich vom Hausarzt und der onkologischen Ambulanz der Städtischen Kliniken Esslingen regelmäßig überwacht und betreut. Seit Mitte 2000 bekomme ich in 4-wöchigem Abstand Sandostatin-Spritzen (20 mg) verabreicht, die meine Lebensqualität insgesamt deutlich verbessert haben. Wie aus den vierteljährlich vorgenommenen Messungen hervorgeht, hat sich auch das Wachstum der im Durchmesser bis ca. 3,5 cm großen Lebertumoren verringert, sodass von einem stabilen Zustand gesprochen werden kann. Großen Wert lege ich auf die noch bestehenden Kontakte zum Virchow-Klinikum und auf die jährliche Vortragsveranstaltung „Berliner Treffen für Patienten mit neuroendokriner Tumorerkrankung – NET“. Für sehr wichtig halte ich auch die vielseitige Arbeit der Berliner NET-Selbsthilfegruppe, die ich mit meinem bescheidenen Mitgliedsbeitrag unterstütze. Neben meiner Karzinoid-Erkrankung hatte ich in den letzten Jahren mehrere Herzinfarkte und Nierenstein-Probleme. Gott sei Dank blieb der Bewegungsapparat intakt, so dass ich die gewohnten Langstrecken-Wanderungen bis heute ungeschmälert fortsetzen konnte! Abgesehen von dem Hochgefühl, das mich am Ende einer solchen Wanderung überkommt, erlebe ich die Natur und viele Schönheiten am Wegesrand intensiver als früher, so dass ich meinen Krankheiten (oder dem Alter?) auch gute Seiten abgewinnen kann. Mit dem Schicksal zu hadern, ist sowieso nicht meine Sache. Meine Krankengeschichte wäre unvollständig, wenn ich die Auswirkungen auf meine Umgebung unterschlagen würde. Weil ich sowohl die passende Frau fürs Leben, als auch den passenden Beruf und das passende Tätigkeitsfeld gefunden hatte, verliefen Familienleben und Berufsleben, abgesehen von unvermeidlichen Stresssituationen, weitestgehend harmonisch. Von dieser Seite war meine Gesundheit nie gefährdet. Im Gegenteil habe ich meiner Familie und meinen Arbeitskollegen zu danken, dass sie meine krankheitsbedingten Launen ertragen und gelegentliche Ausfallerscheinungen toleriert haben. Meine Krankheitssymptome habe ich Vorgesetzten und Untergebenen nach Möglichkeit verheimlicht. Als ich 1992 unter zunehmendem Leidensdruck einsehen musste, dass ich den an mich gestellten Ansprüchen nicht mehr auf die gewohnte Art genügen konnte, habe ich um die Versetzung in den Ruhestand gebeten. Schließlich wurde ich wegen eines „Erschöpfungssyndroms“ pensioniert. Die Wahrheit – in Form eines „großen Tumors“ – kam erst fünf Jahre später ans Licht. Da es sich um einen sehr langsam wachsenden Tumor handelt, dürfte der Zeitpunkt, zu dem meine vegetativen Beschwerden in das ähnlich definierte „Karzinoid-Syndrom“ umschlugen, ziemlich weit zurückliegen. Gerhard Jesinger Erfahrungsberichte Es ist nicht immer leicht, mit dem Karzinom zu leben Der 19. September 2001 war ein denkwürdiger Tag für mich, und das im wörtlichen Sinne. Meine älteste von vier Töchtern wurde 43 Jahre alt, und ich hatte einen an sich harmlosen Termin bei meinem langjährigen Internisten, Kollege meines bereits seit 10 Jahren im Ruhestand lebenden Ehemannes (Jahrgang 1925, ich selbst bin Jahrgang 1935). Die Sonographie meiner Lebergegend entlockte dem erfahrenen Doktor einen entsetzten Aufschrei – etwas für mich bis dahin Ungewohntes bei einem untersuchenden Arzt. Gemeinsam mit dem herbeigerufenen Praxiskollegen betrachteten wir meine Leber auf dem Monitor, die angefüllt war mit verschieden großen blumenkohlröschenähnlichen Gebilden. Der unerwartete Befund: Karzinoide in der Leber Der Leser und Kenner der Situation aus eigener Erfahrung weiß, was nun geschah: Zunächst erschreckt-hilflose Diagnostikversuche, die alsbald in das riesige Räderwerk klinischer Untersuchungen mündeten. Die Diagnose hieß: „Metastasierende Karzinoide der Leber“ – aber was hatte sich gebildet und warum? Nach dem noch relativ geringen Wissensstand um diese Art Erkrankung hätte der auslösende Primärtumor im Dünndarm sitzen müssen. Ohne ihn jedoch zu finden und auszurotten, wäre eine in Erwägung gezogene Lebertransplantation sinnlos gewesen. Die aufwändige Suche nach dem Primärtumor begann In guter Zusammenarbeit zwischen Hausinternist und Onkologen an den heimischen Kliniken „Maria Hilf“ schickte man mich zur erneuten Apparate-Diagnostik stationär in die Uni-Klinik Essen. Die Chirurgie-Professoren dort sind bundes-, ja weltweit bekannt für ihre Kunst speziell in Bezug auf Lebertransplantationen, aber ebenso für das fast kriminalistische Aufspüren verborgener endokriner Tumoren. Vom 9. bis 28. Oktober 2001 hielt ich mich also in Essen auf und wurde zwecks Tumorsuche am 22. Oktober operiert. Dabei wurde der gesamte Darm millimeterweise abgetastet, Schnellschnitte (Biopsien) vorgenommen und ein „Seitenblick“ auf die überfüllte Leber geworfen, um deren „Lebenserwartung“ zu beurteilen. Eine aufwändige, langwierige Sache! Obwohl ich in allen Lebens- und Krankheitslagen mit vielerlei Operationen nie den Mut, die Geduld und Gelassenheit verloren habe, beschleicht mich noch immer ein Panikgefühl, wenn ich an diese Zeit zurückdenke – so schlecht ging es mir. Trotz seiner damals 76 Jahre hatte mein Mann daheim Unglaubliches geleistet. Das kann man nur verstehen, wenn man weiß, dass unser geliebter brüderlicher Freund (kath. Priester), den wir seit 1966 kannten und seit 1981 ganz in unsere große Familie aufgenommen, betreut und versorgt hatten, nunmehr 60-jährig, zum Sterben kam. Sein gesamter Bauchraum, dann Lungen, zuletzt das Gehirn war – inzwischen nach erfolgloser Operation – voller Krebsmetastasen. Mein Mann und ich wollten den Freund auf unseren und seinen eigenen Wunsch hin zu Hause pflegen. Und nun versage ich so kläglich und kehre nach der Tortur in Essen völlig erschöpft, um 9 kg leichter und zittrig nach Hause zurück. Mein „Unvermögen“ machte mir sehr zu schaffen Christine Brossok Mein Allgemeinzustand verschlechterte sich zusehends: Die schon jahrelang bestehenden Herzsensationen verschlimmerten sich, der Blutdruck schwankte ständig zwischen 90 und 190. Mein bis dahin hilfreicher Betablocker versagte. Immer wieder plagten mich Blasenentzündungen, resistent gegen mein gewohntes Antibiotikum. Ich konnte mir mein fast ständiges Erbrechen von „reiner Salzsäure“ nicht erklären. Magenbeschwerden bis zum Hals – anderer Art als jemals zuvor – versuchte ich (bis heute) mit Omeprazol erträglich zu halten. Flushs hatte ich allerdings nur selten, und auch der Dauerdurchfall, ausgelöst durch eine jahrzehntealte Divertikulose des Dickdarms, verschwand. Vor allem schreckten mich erhebliche Gedächtnislücken und zeitweilige Sprachstörungen. Großen Kummer machte mir, dass mein Gehirn nichts mehr aufnehmen noch behalten wollte. Meine geliebten Bücher, die Zeitung, das Fernsehen waren kein Thema mehr! Doch noch gravierender und deprimierender war mein empfundenes (nicht reales, wie meine Familie mir später sagte) Unvermögen, dem dahinsiechenden liebenswerten Familienfreund die richtige und notwendige Hilfe geben zu können, seelischer und körperlicher Art. Ich hätte und wollte so gern mehr getan haben, obgleich ich Tag und Nacht an seiner Seite war trotz eigener Schwäche. Nur mit äußerster Willensanstrengung schaffte ich es mit meinem Mann zusammen. Zu Hilfe kam mir auch, dass ich nach meiner Heimkunft aus den Essener Kliniken bereits nach 17 Tagen einen Platz in der nahegelegenen Reha-Niederrheinklinik in Koschenbroich bekam, wo ich ungemein liebevoll, sachverständig und hilfsbereit vom Ärzteteam, dem Pflegepersonal, den Therapeuten und dem Hauspersonal, behandelt, umsorgt und regelrecht aufgepäppelt wurde. Ich lernte dort für mich sehr Wichtiges: genügend zu trinken und richtig zu atmen und tue das bis heute. So konnte ich schon nach 4 Wochen, am 6. Dezember 2001, wieder nach Hause zurück und voll in die Pflege unseres Freundes einsteigen, die einen Monat später bis zum 7. März 2002 rund um die Uhr nötig war. Diese Tätigkeit war aber auch nach all dem empfangenen Guten durch den Freund mein Herzenswunsch gewesen, bevor ich selbst danach sterben zu müssen glaubte. Niemand hatte mir ja Genaueres über die sonderbare Art meines „eigenen“ Krebses sagen können. Inzwischen jährte sich der Todestag unseres Freundes – und ich lebe immer noch! Das lange Sterben des Freundes unserer Familie, sein qualvoller Erstickungstod in unseren Armen, stürzte mich in ein tiefes, langanhaltendes Trauerloch. Die Gedächtnislücken, hervorgegangen aus Schwäche durch die nur zögerlich 21 Erfahrungsberichte fortschreitende Rekonvaleszenz, bescherten mir Schuldbewusstsein, nicht genug getan zu haben – was mich noch heute quält. Dank NET-SHG kam ich wieder aus dem „Trauerloch“ In diesem seelischen Tief erfuhr ich von der besorgten Chefärztin meiner Reha-Klinik von der Existenz der „Selbsthilfegruppe NET e.V. Berlin“. Durch die einschneidenden Geschehnisse in Familie und Haus hatte ich bisher versäumt, mich an mich selbst zu erinnern. Ich hatte meine kranke Leber sozusagen zur Seite gestellt. Ich fand, dass es mir doch gut ging. Trotz all der oben angegebenen Misslichkeiten, war ich doch immer ein „Urviech“ gewesen im Ertragen gesundheitlicher Beschwerden! Vom Team der NET-SHG Berlin wurde ich sehr herzlich als Mitglied aufgenommen und bin nun eine von Ihnen. Nicht mehr allein zu sein mit dieser offenbar wenig bekannten Art des Krebses – das war tröstlich, das tat gut! Zum Glück fanden sich keine weiteren Metastasen Am 13. Januar 2003 war wieder ein CT fällig. Es zeigte, dass alle inneren Organe – bis eben auf die Leber – frei von Metastasen sind. Außer einiger Lymphknoten im Truncus coeliacus unterhalb des Zwerchfells, die sich bei der Leber „bedient“ hatten. Die bisher abgegrenzten Leberkarzinoide begannen, sich miteinander zu verwischen und zu verwachsen, einige versuchen zu verkalken. Leider gibt es dadurch kein neues gesundes Gewebe. Aber die Leber ist eh ein Wunder für sich mit dem, was sie fertigbringt, und mit wie wenig sie auskommt. Ich habe jetzt meinen inneren Widerstand gegen das mir empfohlene Sandostatin aufgegeben und warte nun, ob es mir bekommt oder nicht. Erfahrungen einer Patientin mit Insulinom: Immer wieder warten und hoffen Während meiner letzten Berufsjahre war ich im Einzelhandel tätig. An den Vormittagen merkte ich in zunehmendem Maße, dass meine Konzentrationsfähigkeit nachließ. Das veranlasste mich, immer eine Kleinigkeit zu mir zu nehmen. Es ging mir dann jedes Mal besser. Zu niedrige Zuckerspiegel führten mich zum Arzt Um etwas für mein persönliches Wohlbefinden zu tun, nahm ich in meiner Freizeit an einem Gymnastikkurs teil, der etwas entfernt von meinem Wohnort stattfand. Die Autofahrten dorthin kosteten mich sehr viel Energie. Auf dem Heimweg vom Kurs traten dann das erste Mal Orientierungsschwierigkeiten auf. Natürlich wusste ich nicht, dass die Ursache für diesen Zustand auf einem zu niedrigen Zuckerspiegel beruhte. Im Laufe der Zeit erlebte ich den gleichen Zustand hin und wieder auch morgens. Ich gab den Gymnastikkurs wieder auf. Man wies mich darauf hin, dass bei mir ein Hormonproblem vorliegen könnte. Deshalb suchte ich einen Endokrinologen auf. Nach umfangreichen Bluttests stellte der Arzt fest, dass die Bauchspeicheldrüse die Ursache war: Es bestand Verdacht auf ein Insulinom. 22 Außer frühmogendlicher Depressionen (etwa ab 4 Uhr), ja oft Todesängsten, die sich gottlob meist später über den Tag wieder „auflösen“, habe ich nicht viel zu beklagen. Da ich nicht mehr so zuverlässig bin wegen der schwankenden Befindlichkeit, gehe ich meinen Ehrenämtern nicht mehr nach. Aber ich singe noch im Kirchenchor und widme mich meinen sieben Enkeln, jedoch nicht allen auf einmal. Gegen Furcht und Trauer helfen Trost und Verständnis Sicherlich werden sich einige von Ihnen, liebe Leser, in meinen Zeilen wiederfinden, und ich bin sicher, dass es vielen nicht so glückhaft gut ergeht wie mir. Dann aber ist es besonders schwer, sich anhören zu müssen: „Du musst kämpfen“ oder: „Du musst positiv denken“. Das geht schon gar nicht, wenn einen Depressionen und Todesängste in den Krallen haben. Es gibt Depressionen – und ich spreche aus dreijahrzehntelanger Erfahrung –, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Man muss sie – dumm ausgedrückt – „aussitzen“. Meist unter der Bettdecke, vielleicht mit Hilfe geeigneter Medikamente. Tödlich ist dann, gesagt zu bekommen: „Reiß dich doch zusammen“. (Mein Mann hatte gottlob immer Verständnis mit mir!) Ich weiß auch genau wie Sie – man spricht es nicht gern aus –, dass in einem gewissen Alter oder aber im Hinblick auf unsere Krankheit kein Pharao, nicht Karl der Große und nicht J. S. Bach vor dem Sterben gefeit waren. Wir alle haben unsere Zeit zugemessen bekommen. Sie liegt in Gottes Hand. Nur – das ist kein Trost, wenn uns Furcht und Trauer überfallen und wir uns allein und ausgegrenzt fühlen. Umso dankbarer bin ich, dass wir einander haben, auch ohne uns persönlich zu kennen. Christine Brossok Aufgrund dieser Diagnose wurde ich 1997 in das Klinikum Benjamin Franklin in Berlin überwiesen. Trotz Operation steigt der Blutzucker nicht an Die umfangreichen Untersuchungen in der Klinik bestätigten, dass ein Insulinom auf dem Schwanz der Bauchspeicheldrüse die Ursache für meine Beschwerden war. Es wurde eine Operation vorgenommen, nach der – wie man mir vorher mitteilte – sich mein Zuckerspiegel wieder auf Normalwerte einpendeln würde. Doch schon der erste Bluttest nach der Operation zeigte, dass das nicht der Fall war. Der Zuckerspiegel blieb nach wie vor morgens gleich niedrig (38–40 mg/dl). Nach fünf Wochen wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Ich erhielt das Medikament Diazoxid, das ich aber nicht vertrug und das nach kurzer Zeit abgesetzt werden musste. Im Verlauf der letzten fünf Jahre wurden umfangreiche Untersuchungen mittels Endo-Sono, Ultraschall, Mot und SandostatinRezeptorscan durchgeführt. Dabei wurden Blutschwämmchen in der Leber festgestellt. Weitere Maßnahmen wurden nicht ergriffen. Das nächste Gespräch mit der Endokrinologin findet im Mai statt, um weitere Behandlungsmöglichkeiten zu besprechen. Bis dahin heißt es abwarten und des öfteren kleine Mahlzeiten einnehmen, um den Zuckerspiegel hochzuhalten. Sigrid Melle Erfahrungsberichte Patient mit metastasiertem Bronchialkarzinoid: Ich hoffe, mein Zustand lässt sich noch lange aufrechterhalten! „Warten auf den Tod ist Folter“ – so war vor einigen Jahren ein Bericht im Spiegel betitelt, der sich mit den Todeskandidaten in amerikanischen Gefängnissen befasste. Der Titel hat mich beeindruckt. Es gibt Zeiten, in denen mich die Frage beschäftigt, was mich in dieser Hinsicht eigentlich von diesen Menschen unterscheidet. Zum Tod verurteilt wurde ich Anfang 1998, auf Begnadigung (wie vor kurzem in Illinois für 167 Gefangene) kann ich nach derzeitigem Kenntnisstand allerdings kaum hoffen. Für mich geht es jedoch ebenfalls darum, mein Ableben so weit wie möglich zu hinauszuschieben. So fing es an Ich bin seit 1988 an einem metastisierten Bronchialkarzinoid erkrankt. Es begann damit, dass Im Rahmen einer routinemäßigen Röntgenuntersuchung Ende 1988 anlässlich der bevorstehenden Verbeamtung auf Lebenszeit ein Schatten auf der Lunge festgestellt wurde. Die nachfolgende Bronchoskopie ergab für mich als überzeugten Nichtraucher im Alter von 25 Jahren den Befund Karzinoid-Tumor. Da Metastasen nicht nachweisbar waren, wurde ich kurze Zeit später, Anfang 1989, operiert. Dabei wurden mit dem Tumor zwei Lappen des rechten Lungenflügels entfernt. Wohl auch aufgrund des Alters erholte ich mich erstaunlich schnell von dieser Operation. Selbst mein Lungenvolumen baute sich ziemlich rasch wieder nahezu auf Normalwerte auf. Für die nächsten fünf Jahre waren regelmäßige Nachuntersuchungen vorgesehen, deren Intervalle sich immer mehr verlängerten. Nach Ablauf dieser Zeit wurde ich aus ärztlicher Obhut als geheilt entlassen. Die Folgezeit nutzte ich, um zu heiraten und mich beruflich zu profilieren. Nach der Hochzeit 1991 haben wir 1993 gebaut, 1993 und 1996 kamen unsere beiden Söhne zur Welt. Metastasen im Bereich der Augen, der Leber und der Knochen 10 Jahre nach der Diagnose des Bronchialkarzinoids bekam ich Ende 1998 leichte Sehbeschwerden. Nach Überweisung in die Augenklinik wurden hinter beiden Augen Auffälligkeiten festgestellt, die nur Tumoren sein konnten. Der Tumor im linken Augen drückte bereits so stark auf den Sehnerv, dass das Zentrum des schärfsten Sehens beeinträchtigt wurde und ich dort nur noch einen grauen Fleck wahrnehme. Die sofort angesetzten umfangreichen Untersuchungen (Röntgen, CT, MRT, Skelettszintigraphie, Ultraschall) erbrachten dann eine vernichtende Diagnose: erhebliche Metastisierung des ursprünglichen Bronchialkarzinoids im Bereich der Augen (3 Tumoren), der Leber (1–2 Tumoren) und der Knochen (diverse Tumoren in der Wirbelsäule, Rippen, Becken, Oberschenkel etc.). Der mich betreuende Oberarzt hat mir schnell deutlich gemacht, dass sich Karzinoid-Tumoren zwar relativ langsam entwickeln, eine letztlich erfolgversprechende systemische Behandlung dieser Erkrankung allerdings kaum möglich sei. Also: Abwarten und Tee K.-H. Matyschik, Bovenden trinken, oder ... siehe Titel. Als Sofortmaßnahme folgte immerhin die Bestrahlung der Augen beidseits mit 36 Gy, zudem hatte ich mich 4-wöchentlich dem Oberarzt in der Onkologie des Uni-Klinikums vorzustellen. Außerdem waren entsprechende Untersuchungen alle 3 Monate vorgesehen. Eine weitergehende Behandlung wurde nicht angeboten! Als Tumormarker wurde bei mir das Serotonin ermittelt, das via Blutuntersuchung gemessen werden konnte. Dieser Wert lag bei ca. 1000 (Norm 80–200). Auf wiederholtes Nachfragen wurde dann über 5-Jahres- und 10-Jahres-Überlebensraten gesprochen, die ich nicht als sonderlich ermutigend empfand. Diagnose und Prognose erschütterten nicht nur mich, sondern natürlich auch die Familie, zumal die Existenzängste (Haus, zwei Kinder) erdrückend erschienen. Halswirbelbruch Mitte 1999 bekam ich Rückenschmerzen und suchte einen niedergelassenen Orthopäden auf. In völliger Verkennung meiner ihm geschilderten Krankengeschichte hielt er einen bereits geschädigten Halswirbel für einen angeborenen Defekt und verschrieb mir Massagen. Insgesamt 3 äußerst schmerzhafte Massagetermine konnte ich wahrnehmen, dann passierte es. Mitte Oktober, Sonntagmorgen, machte ich mich im Bett hoch, als ich einen gewaltigen Schmerz im Nacken verspürte, der mich sofort zurück ins Bett warf. Mein Hals und der gesamte Körper verkrampften sich. Der herbeigerufene Notarztwagen konnte mich nur mit Schwierigkeiten ins Klinikum bringen, da jede Bodenwelle erhebliche Schmerzen verursachte. In der Klinik wurden mir starke Schmerzmittel verabreicht. Die Untersuchung ergab, dass mein 4. Halswirbel kollabiert war. Eine mechanische Überbrückung bzw. Stabilisierung kam nicht in Betracht, da auch die angrenzenden Halswirbel in ihrer Substanz bereits beeinträchtigt waren. Die Behandlung bestand nur in Ruhigstellung mit Bettruhe und Halskrause – andere Alternativen gab es nicht. Erstaunlicherweise erholte ich mich schnell. Die Schmerzmittel konnten nach einigen Tagen abgesetzt werden, bald konnte ich die ersten vorsichtigen Schritte aus dem Bett machen. Es ging dann relativ schnell bergauf. Fünf Wochen dauerte der stationäre Aufenthalt mit vorsichtiger Krankengymnastik und natürlich Bestrahlung der Hals- und Brustwirbelsäule mit 30 Gy. Die Bestrahlung hatte allerdings erhebliche Auswirkungen auf die Schleimhäute und führte zu schmerzhaften Schluckbeschwerden. 23 Erfahrungsberichte Kuraufenthalt zur Förderung der Rekonvaslezenz In dieser Zeit habe ich begonnen, mich intensiver mit Literatur und Angeboten zu den Themen Alternativmedizin, Spontanheilung u.ä. zu beschäftigen und u.a. mit Visualiserungen nach Simonton und progressiver Muskelentspannung nach Jacobsen zu beginnen. Da die Orthopäden in Bezug auf die Stabilität meiner Halswirbel eher unsicher waren, wurde es erforderlich, dass ich auch nach Entlassung aus der stationären Betreuung über einen Zeitraum von noch etwa fünf Monaten dauerhaft eine Halskrause tragen musste. Zur Förderung der Rekonvaleszenz und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit entschloss ich mich anschließend für einen Kuraufenthalt. Sowohl örtlich wie auch von der ganzheitlichen Ausrichtung war für mich die Habichtswaldklinik in KasselWilhelmshöhe naheliegend. Ich bin in 2002 nun das dritte Mal in Folge dort gewesen und finde diese Einrichtung weiterhin empfehlenswert. Die ganzheitliche Ausrichtung, drei verschiedene Kostformen (u.a. Vollwertküche), die Anbindung an die Kurhessentherme sowie der schöne Park vor der Haustür überzeugen. Stabilität dank professioneller Betreuung Die Betreuung im Göttinger Unversitätsklinikum war während des stationären Aufenthaltes und ist auch im ambulanten Bereich überwiegend als gut und professionell zu bezeichnen. Als besonders positiv muss ich die Ansprechbarkeit und Betreuung in der Nuklearmedizin durch Herrn Prof. Becker, der zu meinem großen Bedauern mittlerweile verstorben ist, herausstellen. Herr Prof. Becker hatte mir bereits in 2000 eine Radionuklidtherapie mit DOTATOC in Basel vermittelt. Diese Therapie habe ich 2001 u. a. wegen der angestiegenen Tumormarker einmal wiederholt. Ich gehe davon aus, dass diese Therapie in Verbindung mit der regelmäßigen Gabe von Interferon 3 x 3 Mio./Woche und vierwöchentlich Aredia 90 mg im Wesentlichen zur andauernden Stabilisierung des Krankheitsverlaufs beigetragen hat. Die Größe der Tumoren in der Leber (sicherlich abhängig auch von der jeweiligen Aufnahmequalität des Gerätes bzw. des Bedieners) ist 24 stabil bis rückläufig, die Tumoren in den Augen sind inaktiv ggf. abgestorben, die Tumoren in den Kochen, insbesondere in den Wirbeln, wohl nicht rückläufig, aber zumindest nicht aktiv. Der Tumormarker Serotonin befindet sich mit ca. 350 eher auf dem Tiefststand. Probleme im beruflichen und privaten Bereich Besonders negative Erfahrungen musste ich im Zusammenhang mit meiner Erkrankung allerdings sowohl im beruflichen wie auch privaten Umfeld machen. Nach 11-monatiger Abwesenheit wurde ich als Beamter am ersten Arbeitstag kaltblütig von meiner Arbeitsstelle verdrängt, meine Leitungsfunktion wurde mir entzogen. Erst durch eine Klage gegen meinen Arbeitgeber auf angemessene Beschäftigung konnte ich nach zwei Jahren die Umsetzung auf eine entsprechende Stelle erreichen. Außerdem haben sich auch meine Eltern sowie meine Schwester (im selben Ort wohnhaft) im Zusammenhang mit meiner Erkrankung von mir und meiner Familie komplett losgesagt, was nicht nur für mich, sondern gerade auch für meine Kinder sehr schmerzhaft ist. In diesem Zusammenhang spielt sicherlich die lange Krankheitsphase von Karzinoidpatienten bei relativ guter Gesundheit eine Rolle. So entspricht man trotz der Belastung durch die Erkrankung über lange Zeit eben nicht dem Bild des „klassischen“ Krebspatienten, was für das persönliche Umfeld durchaus irritieren sein kann. Trotz dieser Erfahrungen geht es mir gesundheitlich weiterhin erstaunlich gut, und ich hoffe, diesen Zustand trotz aller sonst widrigen Umstände mit Rücksicht auf meine Frau und die Kinder möglichst noch lange aufrechterhalten zu können. Gerne hätte ich Kontakt zu anderen Betroffenen Ich finde es begrüßenswert, dass es mit dem Netzwerk und der Zeitschrift ein Forum für durch diese eher seltene Erkrankung Betroffene gibt, und bin sehr an Kontakten mit ähnlich Betroffenen interessiert. K.-H. Matyschik Brandenburger Str. 24, 37120 Bovenden Erfahrungsberichte Warten auf die richtige Diagnose Im Mai 2001 wurde bei einer routinemäßigen Nachsorgeuntersuchung auf der Röntgenaufnahme der Lunge etwas gesehen – eine dunkle Stelle, die bei den vorhergehenden Aufnahmen nicht bemerkt worden war. Dazu muss ich vorausschicken, dass mir bereits 1993 die linke Niere wegen eines bösartigen Tumors entfernt worden ist und ich im Juni 1997 wegen eines bösartigen Tumors am Darm operiert worden bin. Bis zum Mai 2001 habe ich regelmäßig alle Kontrolluntersuchungen wahrgenommen, und die Ergebnisse waren immer gut. Doch dann kam das niederschmetternde Ergebnis auf dem Röntgenbild. Lungenmetastasen – Primärtumor unbekannt Ich war schon jahrelang Patientin in Berlin im Klinikum Benjamin Franklin in Steglitz und sehr zufrieden mit der dortigen Arbeit. Der Oberarzt der Chirurgischen Poliklinik, die ich regelmäßig wegen der Nachsorgeuntersuchungen konsultierte, veranlasste eine Coputertomographie. Der Befund lautete: Matastasen in der Lunge – es war fürchterlich. Die Ärzte konnten sich nicht erklären, woher diese Metastasen kommen. Ein neuer Herd wurde ausgeschlossen. Letztendlich meinten sie, die Metastasen wären eine Folge des Tumors im Darm. Fraglich blieb jedoch, weshalb sie erst nach 4 Jahren auftauchten und nicht bereits innerhalb der ersten 2 Jahre nach der Operation – so die gängige Erfahrung. Mit dieser Diagnose habe ich mich nie abgefunden und immer versucht, mich dagegen zu wehren. Insgesamt habe ich 25 hochdosierte Chemotherapien durchgemacht: Nach jeder CT habe ich in den Gesprächen mit dem Oberarzt meine Zweifel darüber geäußert, ob das auch die richtige Behandlung sei. Ich war nach jeder CT schockiert, weil keinerlei Veränderungen zu sehen waren. Von der ersten bis zur letzten CT sind alle Aufnahmen absolut identisch. Was kommt denn nun noch alles auf mich zu? Seit etwa November 2002 litt ich an Blinddarm-Beschwerden, wurde immer wieder in ein Krankenhaus eingewiesen und jedesmal – 5-mal insgesamt – nach Hause geschickt. Mein Leiden sei chronisch – und da operiert man eben nicht. Am 19.03.03 wurde ich dann endlich doch operiert. Die Diagnose neben der Entfernung eines vereiterten Blinddarms lautete: Karzinoid. Obwohl ich vom „Fach“ bin – ich arbeite als Arzthelferin – hatte ich zuvor noch nie etwas von einer solchen Tumorart gehört. Eine ehemalige Kollegin war so nett und hat sich für mich im Internet informiert. Nun konnte ich auch meine vorangegangenen Symptome deuten. Lange blieben meine Symptome unerklärlich Seit 1991 litt ich ständig unter Durchfall. Acht Darmspiegelungen führten zur Diagnose „unspezifische chronische Entzündung“, Trotz Chemotherapie zeigten sich keinerlei Veränderungen Auch auf den Aufnahmen, die 5 Monate nach der letzten Chemotherapie gemacht wurden, waren keinerlei Veränderungen zu sehen. Trotz des guten Ergebnisses – man sprach immer von einem wunderbaren Ergebnis, und man müsse weitermachen – empfahl man mir eine Chemotherapie in Tablettenform, um das gute Ergebnis zu stabilisieren. Ich habe mich mit der Entscheidung, diese Tabletten einzunehmen und weiterzumachen, sehr schwer getan. Nach dreimaliger Einnahme ging es mir körperlich so schlecht, dass ich ins Krankenhaus kam. Keiner wusste so recht, warum es mir so schlecht ging. Daraufhin entschloss ich mich, die Behandlung abzubrechen. Meine Hausärztin überwies mich zu einer onkologischen Ärztin. Nach den Untersuchungen, die sie veranlasste, vermutete sie, dass die Metastasen von einem Hormon produzierenden Tumor kommen. Vielleicht doch ein Karzinoid? Um ganz sicher zu gehen und die richtige Diagnose zu finden, wurde ich an die Charité überwiesen. Dort wurde ich im November 2002 für ein paar Tage stationär aufgenommen, um herauszubekommen, ob die Metastasen nicht von einem Karzinom ausgehen, sondern eventuell im Zusammenhang mit einem Karzinoid stehen. Die Ärztin vermutete, dass es ganz stark in diese Richtung geht. An diesem Punkt befinde ich mich jetzt und erwarte eine baldige richtige Diagnose. Ingrid Fußangel und 1994 sagte man mir, sie wäre auf eine Laktose-Intoleranz (MilchzuckerUnverträglichkeit) zurückzuführen. 1997 setzten ständig wiederkehrende linksseitige Bauchschmerzen ein, seit 1999 auch rechtsseitig. Mehrere Bauchspiegelungen ergaben außer Eierstockzysten (meist links) keine weiteren Befunde. 1997 begannen auch meine Probleme mit Hormonen: Östrogen zu niedNicole Paling, Köln rig, Gestagen zu niedrig, Testosterone, Androstendion und Prolaktin zu hoch. Dadurch hatte ich 3 Jahre lang statt der normalen Periode Dauerbluten! Deswegen stellte sich auch eine Eisenmangelanämie ein. Eine Hormonspirale stoppte zwar die Blutung, aber die Anämie war trotz Bluttransfusion nicht in den Griff zu bekommen. Mein Blutdruck spielte verrückt, mal zu hoch, mal zu niedrig, Tachykardien mit einem Puls von 100–140. Die nächste Diagnose hieß: Mittelklappen-Prolaps (Herzfehler). Man meinte, diese Patienten haben eben Tachykardien! 25 Erfahrungsberichte Seit ca. 6 Monaten habe ich 20–25 kg Gewicht verloren, schwitze in Wallen – ohne besonderen Grund (in den Wechseljahren kann ich mit meinen 26 Jahren eigentlich noch nicht sein). Seit November 2002 bekomme ich Morphin wegen chronischer Schmerzen infolge eines Bandscheibenvorfalls und Arthrosen sowie einer Nervenschädigung im Fuß. Seit dieser Zeit litt ich ständig unter Verstopfung. Nach der Operation (siehe oben) traten aber wieder Durchfälle auf. Auch nach der Operation sind noch viele Fragen offen Die postoperativen Untersuchungen ergaben zunächst außer einer Eierstockzyste links (6 cm) und Flüssigkeitsansammlung rechts im frisch operierten Bereich nichts. Die für die KarzinoidDiagnostik erforderliche Octreotidszintigrafie wurde ständig verschoben – angeblich gebe es in Deutschland dieses Kontrastmittel nicht. Der Befund vom 19.04.03 zeigte schließlich einen Rest- tumor im Dünndarm. Die Tumormarker ergaben bis jetzt verschiedene Werte. In Gesprächen mit meinem Chirurgen erfuhr ich, dass er erst zwei Patienten mit einem Karzinoid behandelt hatte – da musste ich doch erst einmal schlucken. Er meinte, diese Tumorerkrankung werde niemals zum Stillstand kommen, immer wieder werden Rezidive auftreten, bei dem einen früher, bei dem anderen später. Da ich noch sehr jung bin – erst 27 Jahre – hätte ich eine schlechte Prognose, d.h. Überlebenschance... Die Nachsorge soll einmal im Jahr erfolgen. Das heißt dann: CT, Lungen-Röntgen, Ultraschall und Magen-Darm-Spiegelung, alle 3 Monate Blutkontrolle. Aber darüber mache ich mir erst Gedanken, wenn die noch ausstehenden Untersuchungen stattgefunden haben. Große Hoffnung setze ich in die Behandlung im Universitätsklinikum Charité, Berlin, die am 07.05.03 beginnt. Nicole Paling, Köln Nach operativer Entfernung eines Insulinoms: Bis heute bin ich symptomfrei Innerhalb eines Jahres nahm ich 10 kg an Gewicht zu. Um etwas abzunehmen, reduzierte ich meine Mahlzeiten, fuhr recht häufig längere Strecken mit dem Fahrrad und arbeitete fleißig im Garten. Das führte zwar zur Gewichtsabnahme, aber gleichzeitig veränderte sich mein Gesundheitszustand und gab immer mehr Anlass zur Besorgnis. Ganz plötzlich fiel ich um, konnte oftmals meine Beine und im späteren Verlauf auch meine Arme nur noch unkontrolliert bewegen. Gleichzeitig traten starke Schweißausbrüche, Übelkeit und heftiges Zittern auf. Erst hatte ich diese Anfälle einmal im Monat, später dann wöchentlich, und schließlich steigerten sie sich auf zwei- bis dreimal die Woche. In der Folgezeit kam es zur Bewusstseinstrübung, so dass mich Freunde immer wieder zum Arzt brachten. Im September 1998 wurde ich in das Krankenhaus eingewiesen. Doch trotz gründlicher Untersuchung fand man keinen Hinweis auf eine Erkrankung. Bewusstseinsverlust wegen Unterzucker Da sich trotz gesunder Lebensführung keine Besserung einstellte und die oben beschriebenen Anfälle sich häuften, ließ ich mich im Oktober 1999 in die Neurologie einweisen. Bei den eingehenden Untersuchungen wurde auch ein Belastungs-EKG erstellt. Dabei verlor ich das Bewusstsein. Die Ursache dafür war eine Unterzuckerung im Blut. Diese war wegweisend: Nach weiteren Untersuchungen entdeckten die Ärzte ein Insulinom an der Bauchspeicheldrüse. Ursache für meine Beschwerden war ein Insulinom Zur weiteren Behandlung wurde ich in das Virchow-Klinikum überwiesen. Nach abermals gründlichen Untersuchungen lautete 26 die Diagnose, dass sich am Schwanz des Pankreas ein Insulinom von 2,5 cm Durchmesser gebildet hatte. Der Tumor wurde operativ entfernt. Durch verantwortungsvolle Arbeit der Ärzte und Schwestern konnte ich wieder soweit hergestellt werden, dass ich Erika Lehmann, Eberswalde am 21.12.1999 aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Im Januar 2000 schloss sich eine dreiwöchige Heilbehandlung in der Reha-Klinik Salzelmen (Magdeburg) an. Diese Kur hat mir sehr geholfen und verbesserte meinen Gesundheitszustand. Kontrolluntersuchungen sind „ohne Befund“ In der folgenden Zeit kontrollierte ich meine Blutzuckerwerte dreimal täglich. Beim nächsten Krankenhausaufenthalt wurde die Funktion der Bauchspeicheldrüse überprüft. Die Untersuchungsmethode empfand ich als unangenehm, denn 6 Tage hindurch erhielt ich keine Mahlzeiten und durfte nur Flüssigkeit zu mir nehmen. Das Ergebnis fiel zum Glück sehr gut aus. Medikamente benötigte ich nicht. Zweimal jährlich erfolgt eine Kontrolle in der Klinik. Die weiteren Untersuchungen führt meine Hausärztin durch. Meine Blutzuckerwerte überprüfe ich selbst einmal in der Woche. In dieser schweren Zeit standen mir meine Tochter und ihrer Familie immer hilfreich zur Seite und gaben mir wieder neuen Lebensmut. Bis heute bin ich symptomfrei, und auch das gibt Lebenskraft. Erika Lehmann, Eberswalde Aus Briefen an das Netzwerk Neuroendokrine Tumoren Waldstraße 34 91054 Erlangen Es muss nicht immer zu Rückfällen oder einer Metastasierung kommen Als ich am 20.09.1993 in die Uniklinik Mainz eingeliefert wurde, habe ich nicht eine Sekunde lang damit gerechnet, mit der Diagnose Darmkrebs konfrontiert zu werden. Zwei Tage zuvor hatte ich nach dem Abendessen Bauchschmerzen, die in der Nacht fast unerträglich wurden. Trotzdem rief ich keinen Notarzt und überstand die Nacht in der Hoffnung, mein Zustand würde sich am nächsten Tag wieder bessern. Erst am Montag früh rief ich meinen Hausarzt an. Er bestellte mich für nachmittags 16.00 Uhr in die Praxis. Seine Diagnose lautete Darmverschluss. Ich wurde sofort in die Klinik eingeliefert und am Abend einer Notoperation unterzogen. Dabei wurde ein Karzinoid im Dünndarm samt zwei befallener Lymphknoten entdeckt und entfernt. Als Stoma-Patient wachte ich aus der Narkose auf. Nach nur 12 Tagen wurde ich nach Hause entlassen. Etwa 8 Wochen später wurde der künstliche Darmausgang zurückverlegt und zwei weitere Tochtergeschwüre und die linke Nebenniere entfernt. Seit meiner Entlassung aus der Klinik werde ich in der Tumornachsorge-Sprechstunde in Mainz betreut. Dank des rechtzeitigen Eingriffs habe ich mehr als 9 Lebensjahre geschenkt bekommen. Die Beeinträchtigungen durch die Folgen der Operation sind so minimal (hin und wieder leide ich unter dünnem Stuhl), dass ich ein ganz normales Leben führen kann. Ich bin dakbar, dass es bis heute nicht zu einem Rückfall der Erkrankung gekommen ist, obwohl zum Zeitpunkt der Operation bereits zwei Lymphknoten befallen waren. Mein Beitrag soll anderen Menschen mit dieser Erkrankung Hoffnung geben, dass es nicht immer zu einem Rückfall oder einer Streuung kommen muss, auch wenn bei der Entdeckung des Karzinoids schon Lymphknoten befallen sind. Wolfgang Flörsheimer, Flörsheim/Main Sensationelle Fortschritte bei Diagnose und Therapie Im Heft 3 der Glandula NeT wurde mein Erfahrungsbericht unter der Überschrift „Manches hätte besser laufen können ...“ veröffentlicht. Den Bericht kann ich nun um ein kleines, aber sehr erfreuliches Kapitel fortsetzen. Im August 2001 wurde eine weitere Yttrium-DOTATOC-Therapie durchgeführt. Bei dieser 5. Anwendung erhielt ich die doppelte Dosis im Vergleich zu den vorhergehenden Behandlungen. Der Therapie-Erfolg ist nach dem letzten CT-Befund sehr beachtlich: „Nach länger zurückliegender Yttrium-Therapie zeigte sich in der Verlaufsuntersuchung von vor über einem Jahr ein deutlicher Viele Leserbriefe und die Korrespondenz mit dem Karzinoid-Netzwerk enthalten Schilderungen sehr persönlicher Probleme und medizinischer Situationen. Zur Wahrung der Vertraulichkeit wird aus diesen Briefen deshalb grundsätzlich nur anonym zitiert – es sei denn, der Schreiber oder die Schreiberin wünscht die Namensnennung. Im Übrigen gilt in der Glandula-Redaktion wie bei allen Zeitschriften: Anonym zugesandte Briefe werden gar nicht veröffentlicht, Kürzungen und redaktionelle Korrekturen bleiben vorbehalten. Größenrückgang der Metastasen des primär pulmonalen Karzinoids im rechten vorderen Mediastinum sowie ein Rückgang der Lebermetastasen, die in der aktuellen Untersuchung nicht mehr nachweisbar sind.“ 1994 wurde mein Fall nach der Operation von Rezidiven noch so beurteilt: „Da eine zumutbare, erfolgversprechende Chemotherapie derzeit nicht existiert, beschränkt sich die weitere Therapie auf rein symptomatische Maßnahmen in Abhängigkeit von der Progredienz des Grundleidens.“ Im Rückblich auf die nun fast schon 16 Jahre Leben mit dem Karzinoid sehe ich sensationelle Fortschritte bei der Diagnose und der Therapie. Ich denke, das kann vor allem den Patienten Hoffnung geben, bei denen diese Krankheit erst erkannt wurde. B. Z.* Mein Sanssouci Hätte Friedrich der Große zu seiner Zeit die Möglichkeit gehabt, den Winter anstatt im eiskalten Schloss Sanssouci auf einer der Kanarischen Inseln zu verbringen, so wäre ihm manche Pein erspart geblieben. Welche Möglichkeiten bieten sich dagegen heutzutage auch dem Normalbürger, um Kälte, Eis und Schnee zu entfliehen? Nach etwa 4 1/2 Stunden Flugzeit landet man zum Beispiel in Puerto del Rosario auf der Insel Fuerteventura bei strahlend blauem Himmel und einer Temperatur von ca. 25 °C. Man lässt nicht nur das kalte, ungemütliche Wetter, sondern auch Probleme, Sorgen und Nöte hinter sich und taucht in eine Stimmung der Ruhe, Entspannung, Freude und des Wohlbefindens ein. Im Hotel wird man umsorgt und verwöhnt, kann sich viele Wünsche erfüllen lassen. Einige verbringen die Tage auf der Liege am Pool, andere lieben kilometerlange Wanderungen auf dem feinsandigen Strand mit oder ohne Badeunterbrechung im 20 °C warmen Wasser des Atlantiks. Auch ich als Patient mit einem neuroendokrinen Tumor habe die Zeit auf Fuerteventura im Dezember genossen und mich sehr wohl gefühlt. Außerdem habe ich festgestellt, dass die Begleiterscheinungen der Erkrankung, wie z.B. die Flush-Symptomatik, dort wesentlich geringer ausgeprägt waren als zu Hause. Das legt für mich den Schluss nahe, dass sich die äußeren und inneren Umstände, wie Klima und Stressarmut, positiv auf Körper und Seele auswirken und damit zumindest vorübergehend zu einer Befundbesserung beitragen. Aus diesem Grund kann ich für mich persönlich feststellen: Ich habe mein Sanssouci auf Fuerteventura gefunden und hoffe, dort noch viele angenehme Aufenthalte zu verbringen. Wilfried Renner, Berlin * Name und Anschrift sind der Redaktion bekannt; Leserzuschriften leiten wir gerne weiter! 27 Leserbriefe Wohin wenden bei Kieferhöhlenkarzinoid? Auf der Suche nach Informationen über Karzinoide, speziell im Kiefer-bzw. Keilbeinhöhlenbereich, habe ich Ihren KarzinoidRatgeber für Patienten gefunden. Seit 1995 bin ich wegen Karzinomen/Karzinoiden im Nasenbereich in Behandlung. Leider bin ich sowohl in der HNO-Klinik als auch bei meinem Hämatologen/ Onkologen die erste und einzige Patientin mit diesem Krankheitsbild. Auch im Internet habe ich noch keinen entsprechenden Hinweis gefunden. Ich suche dringend nach einer Einrichtung/einem Arzt oder Patienten, die/der sich mit Karzinoiden im HNO-Bereich beschäftigt bzw. davon betroffen ist. Können Sie mir in irgendeiner Weise weiterhelfen? Wie sehen Sie die Behandlung mit Somatostatin in meinem Fall? Ich möchte betonen, daß ich die fachlichen Kompetenzen und die Betreuung durch meine behandelnden Ärzte keinesfalls in Frage stelle. Zurzeit werde ich aber in der HNO-Klinik massiv zu einer sofortigen Operation gedrängt. Das wäre dann die 4. große Operation, obwohl die Operation von 2002 wahrscheinlich nicht sehr erfolgreich war. Elke Schulze ([email protected]) Sie haben eine sehr, sehr seltene Erkrankung, und es ist sicher nicht einfach, einen weiteren Patienten mit dieser Erkrankung zu finden. Auch sind die Verläufe und die jeweiligen Einzelbefunde, z.B. Positivität in der Somatostatin-Szintigraphie, von Patient zu Patient unterschiedlich, so dass Ihnen selbst das Finden eines gleichermaßen Betroffenen nicht sehr viel weiterhelfen könnte. Auch große HNO-Kliniken haben immer nur vereinzelt Patienten mit diesem Krankheitsbild. Ich würde Ihnen vorschlagen, in unserem Forum (Sie finden es unter www.karzinoid.net) einen Sucheintrag mit Ihren Angaben zu machen. J. H. Nur kleine, realistische Ziele setzen! Am 04.01.00 erfolgte meine erste Operation wegen Verdacht auf Blinddarmentzündung. Dabei wurden ein Blinddarmkarzinoid und der befallenen Lymphknoten entfernt. Zwei Tage später wurden sämtliche sichtbare Matastasen entfernt – Teile vom Dünndarm, Dickdarm, Bauchfell sowie beide Eierstöcke und die Gebärmutter. Danach waren alle Tumormarker im Normbereich. Leider kämpfte ich mit langanhaltenden und ausgeprägten Darmbeschwerden sowie einer dramatischen Gewichtsabnahme, was zum Glück durch eine Anschlussheilbehandlung wieder ins Lot gebracht werden konnte. Zu dieser Zeit wog ich nur noch 44 kg, und mir war recht elend zumute. Ich war sehr dankbar, als es wieder aufwärts ging. Ab 01.01.02 begann für mich eine vorsichtige Rückkehr ins Berufsleben mit dem Hamburger Modell, ab 01.06.02 nahm ich meine normale berufliche Tätigkeit von 16 Stunden pro Woche wieder auf. Vorausgegangen war eine Rehakur in Bad Oesen. Diese Klinik hat ein onkologisches Rehaprogramm für Mütter mit Kindern. Meine Tochter und ich hatten dort eine wunderbare Zeit und können nun unbeschwerter mit dieser Krankheit umgehen. Außerdem wurde ich meine permanenten Alpträume los und treibe seither wieder regelmäßig Sport. 28 Meine Tumormarker sind noch immer gut – ich habe keinerlei Beschwerden mehr, bin lebensfroh und blicke zuversichtlich in die Zukunft. Rückwirkend muss ich sagen, dass es leider unerlässlich ist, alles zu hinterfragen und auch zu kontrollieren. Durch Beharrlichkeit und viel eigenes Engagement konnte ich einiges erreichen. Um an der anfänglich niederschmetternden Diagnose nicht zu verzweifeln, steckte ich mir zuerst ganz kleine, realistische Ziele und dann langsam immer größere. So kann man sich auch in schlimmsten Zeiten seine Erfolgserlebnisse schaffen. Das hat mir sehr geholfen, und noch heute halte ich mich daran. E. S.* * Name und Anschrift sind der Redaktion bekannt; Leserzuschriften leiten wir gerne weiter! Wer hat Erfahrungen mit der Nukleartherapie? Ohne irgendein besonderes Signal meines Körpers bekam ich ganz leichtes Magenbluten, was sich als „Teerstuhl“ bemerkbar machte. Da ich bereits früher mit Magenbeschwerden zu tun hatte, die sich immer als harmlos erwiesen, gab ich auch diesmal nicht viel auf die Symptome. Nach etwa einer Woche bekam ich einen anämischen Anfall, aufgrund dessen der Notarzt mich einwies. Das war am 29. November 2000. Im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle (Saale) begann eine intensive Ursachenforschung, in deren Verlauf „multiple Leberfiliae bei noch unbekanntem Primärtumor“ diagnostiziert wurden. Am 08.01.2002 wurde dann eine Leberspiegelung durchgeführt. Die dabei stattgefundene Biopsie führte zur Diagnose „Metastase eines überwiegend kleinzelligen, neoendokrin differenzierten Karzinoms. Der Primärtumor wurde nach gründlicher und langwieriger Suche am 17.02.2001 im Verlauf einer Endosonographie gefunden. Daraufhin erfolgte am 19.02.2001 die Operation „Pankreasschwanzresektion mit Splenektomie und Magenfundusteilresektion“. Bereits Anfang Februar begann die Therapie mit Sandostatin. Nachdem die Dosis vor der Operation auf 3x täglich Sandostatin 200 s.c. festgelegt wurde und ich am 13.02.2001 die erste LAR bekommen hatte, wurde die Dosis nach der Operation, während der Heilung der postoperativen Wundinfektion (Staphylokokken), auf 1x Sandostatin 100 s.c. täglich reduziert. Entlassen wurde ich am 23.03.2001 mit noch offener Operationswunde, die sich erst nach der AHB langsam schloss. Die Folge war, dass sich ein Narbenbruch von 79,3 x 19,1 Größe entwickelte. Inzwischen lebe ich mit diesem Handycap bei 100 % Schwerbeschädigung ohne irgendwelche Vergünstigungen bei ständig wechselnden, aber stetig steigenden Tumormarkerwerten und demzufolge steigenden Sandostatin-Dosierungen. Zurzeit spritze ich täglich 2 x 2 ml Sandostatin 500 s.c. und habe damit die Obergrenze erreicht. Meine Onkologin hat mich nun zu einer Nukleartherapie angemeldet. Momentan weiß ich noch nichts Näheres darüber. Gibt es bei Ihnen entsprechende Erfahrungen? Meine Erfahrungen über das Spritzen habe ich in nebenstehendem Artikel – nicht ganz ernst gemeint – niedergeschrieben. Vielleicht macht dieser Text anderen Patienten Mut und/oder Freude. Winfried Müller, Dieskau Leserbriefe Drei Minuten im Leben einer Spritze Seit ich mich täglich spritze, frage ich mich immer wieder, wie es wohl so einer Spritze geht, wenn sie vergeht. Monatelang, von der Herstellung bis zur Verwendung – und sie sind fünf Jahre lang verwendbar – liegen sie, fein säuberlich und steril verpackt, getrennt voneinander in Kartons. Hier die Spritze, da die dicken, langen Aufziehkanülen, dort die kleinen schlanken, kurzen Spritzkanülen und ganz woanders, ebenso sorgsam und steril verpackt, in Ampullen abgefüllt, das Spritzgut, das Medikament, der Wirkstoff, kurz, viele kleine Teilchen, die wirken sollen. Und eines Tages, vormittags, kommen sie alle zusammen. Dann beginnen die letzten drei Minuten im Leben dieser Spritze. Die Spritze als solche, grün, hohl aber mit verschiebbarem Kolben, wird enthüllt. Die Beschriftung und die Folie fallen, sie wird ihrer Hülle entledigt und liegt nun nackt und bloß in der Hand des Spritzenden. Dieser wiederum verfährt ebenso konsequent wie unverfroren mit der dicken langen Aufziehkanüle, entledigt sie ihrer Hülle und stülpt sie mit ihrer Öffnung auf den Stutzen der Spritze. Was ist das für ein Gefühl für die Kanüle? Was fühlt die Spritze? Jetzt aber wird mit roher Gewalt die Ampulle geköpft. Wie der Stechrüssel einer Mücke sich in das Fleisch bohrt um zu trinken, so senkt sich die Spitze der Kanüle in den Körper der Ampulle und saugt den Impfstoff, das Spritzgut, den Wirkstoff in wässriger Lösung aus ihm heraus, bis er trocken und leer auf den Müll geworfen wird. Armer Ampullenkörper. Du hast Deine Schuldigkeit getan. Danke! Doch nun weiter. Es sind nur noch zwei Minuten. Mit einem leisen „Pflopp“ wird mehr oder weniger zart die Aufziehkanüle von dem Spritzenstutzen entfernt. Sie bekommt ihre Schutzhülle übergestülpt und ist jetzt mit ihren Gefühlen allein. Wie war das, als gezogen von leichtem Unterdruck, das Spritzgut durch sie hindurchströmte, diese auf Zimmertemperatur erwärmte Flüssigkeit, die im Körper des Spritzenden Zerstreuung und Wirkungsstätte suchen und finden soll. Sie fühlt noch den letzten Rest der wässrigen Lösung in sich ehe sie, geworfen von einer unerbittlichen Hand, auf dem Boden des Abfalleimers aufschlägt und sich zu den entsorgten Überresten ihrer Weggefährten gesellt. Danke, du dicke, lange Aufziehkanüle. Das war einer guter Job. Jetzt sind es nur noch sechzig Sekunden. Mit spitzen Fingern entblättert der Spritzende die kleine, schlanke Spritzkanüle. Jetzt darf sie erfahren, was ihre große dicke Schwester vor gut einer Minute fühlen durfte, als sie auf den Spritzen- Karzinoid oder GEP-Tumor? Ein Gespräch mit der NET Selbsthilfegruppe gab mir neuen Lebensmut, denn jetzt weiß ich, dass ich mit dieser Krankheit nicht allein bin. Dem zugesandten Informationsmaterial habe ich viel entnommen, insbesondere was evtl. für meine Behandlung in Frage kommen könnte. Jedoch kann ich nicht selbst einschät- stutzen gestülpt wurde. Eng schmiegt sich ihre Öffnung um diesen Stutzen, immer bestrebt, keinen Tropfen zu verpassen und ihn in die richtigen Kanäle zu leiten. Welche Verantwortung! Nun wird sie ihrer Schutzhülle beraubt. Nackt und bloß erblickt sie das Licht des Zimmers, das von ihrem glänzenden Körper reflektiert wird. Mein Gott, ist die scharf und spitz! Winfried Müller, Dieskau Dann nähert sie sich der gespannten Haut des Spritzenden, der in tapferer Selbstmedikation täglich dieses Ritual wiederholt, nur von dem praktischen Sinn seiner Handlungen erfüllt. Er denkt nicht an die Gefühle seiner Werkzeuge. Eben noch geblendet vom Lampenlicht des Zimmers, wird es plötzlich dunkel um sie. Aber im Dunkeln ist auch Wärme und Feuchte, die den schlanken Körper unserer kleinen Kanüle eng umschließt, bis schließlich das höchste der Gefühle beginnt. Getrieben vom verschiebbaren Kolben der Spritze strömt nun unter leichtem Druck die, wie wir wissen, zimmerwarme wässrige Lösung der Wirkstoffe, das Medikament, das Spritzgut durch den gesamten Körper unserer Kanüle. Zum ersten und letzten Mal kommt sie in den Genuss zu erleben, wie sich die Wirkstoffe an ihrer Spitze zu einer kleinen Flüssigkeitskugel formen. Doch leider ist damit alles zu Ende. Hart und unerbittlich schlägt das Zimmerlicht zu. Die Kanüle ist wieder im Freien. Aus, vorbei. Ein Glück, dass die Schutzhülle sie mit ihrer schönen Erinnerung und dem letzten Tropfen warmer Körperflüssigkeit einschließt. So merkt sie kaum, wie sie am anderen Ende vom Spritzenstutzen getrennt wird und fast gleichzeitig mit der Spritze neben der dicken, langen Aufziehkanüle auf dem Grund des Abfalleimers aufprallt. Ihr könnt stolz auf euch sein. Ihr habt eure Bestimmung erfüllt. Euer Dasein war nicht umsonst. Wer kann das schon von sich behaupten? Das Spritzgut, das sich zu einer kleinen Flüssigkeitskugel im Körper des tapferen, schmerzverachtenden Selbstspritzers geformt hat, löst sich nun langsam auf. Die Wirkstoffe trennen sich von ihrem wässrigen Trägerelement und machen sich auf zu ihrer Wirkungsstätte und wirken, und wirken, und wirken ... Winfried Müller, Dieskau zen, ob es sich bei meiner Krankheit um ein Karzinoid oder GEPTumor handelt. Daher schildere ich hier einfach meinen Krankheitsverlauf. Bis auf leichte Zwischenblutungen hatte ich keinerlei Schmerzen oder Beschwerden. Zwecks Abklärung ging ich trotzdem im April 2002 zu meiner Gynäkologin. Bei einer Sonographie entdeckte 29 Leserbriefe meine Ärztin „etwas“ an der Gebärmutter. Im Krankenhaus wurde eine Abrasion der Gebärmutter vorgenommen. Zwei Tage später wurde mir mitgeteilt, dass es sich um atypische Zellen handelt, der Histologe sei sich nur nicht sicher, woher die Zellen stammen. Erneute Gewebeentnahmen aus dem Gebärmuttermund sollten weiteren Aufschluss bringen. Wieder zu Hause verging eine Woche mit zermürbendem Warten. Dann endlich das erwartete Telefonat: Der Chefarzt teilte mir mit, es handele sich vermutlich um ein Zervixkarzinom, er möchte aber den Fall an das Universitäts-Klinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) abgeben. Drei Tage später saß ich im UKE einem sehr netten Professor der Abt. Operative Gynäkologie gegenüber. Er klärte sehr genau meine Vorgeschichte ab, untersuchte mich ausführlich und besprach anschließend die bevorstehenden Operationen mit mir und meinem Mann. Für mich stand sowieso schon fest: Die Gebärmutter sollte raus, ich wollte den Tumor so schnell wie möglich los sein. Die Operationen verliefen wie geplant. Zuerst wurde eine StagingLaparoskopie durchgeführt, da Metastasen vermutet wurden. Dabei wurden insgesamt 43 Lymphknoten aus dem Bauchraum entnommen. Der pathologische Befund war erfreulich, denn keiner der Lymphknoten war befallen. Daraufhin wurde in der zweiten Operation die Gebärmutter entfernt. Die histologischen Befunde ergaben, dass es sich um ein kleinzelliges, neuroendokrines, undifferenziertes Zervixkarzinom handelt. Als positiv wurde herausgestellt, der Tumor habe eine geringe Eindringtiefe von 0,5 cm und nur eine geringe Größe von 2,5 x 2 x 1 cm. Als negativ wurde jedoch eine anfängliche Lymphangiosis erwähnt, außerdem sei dieser Tumortyp ein sehr seltener, der eher in der Lunge vorkommt. Der Tumormarker NSE lag bei 20 µg/l (Normbereich bis 15,2 µg/l). Es wurde eine adjuvante Radio-Chemotherapie empfohlen. Von Juni bis August 2002 erhielt ich 8 Chemotherapien mit Cisplatin 40 mg/m2; parallel dazu 28 äußere Bestrahlungen von 4 Seiten des Beckens und 2 innere Bestrahlungen des Scheidenstumpfes. Diskutiert wurde über eine mögliche Fortsetzung der Chemotherapie mit Carboplatin oder VP16. Dies wurde aufgrund der o.g. positiven Kriterien wieder verworfen. Permanente Übelkeit, Durchfälle, Geschmacks- und Nervenirritationen bestimmten diese Zeit und noch Wochen danach. Mein Körper beherrschte mich und nicht umgekehrt. Die meiste Zeit verbrachte ich im Bett oder auf der Toilette. Meine sozialen Kontakte waren auf ein Minimum beschränkt. Heute glaube ich, dass nur mein starker Willen, diese Krankheit zu besiegen, mir die Kraft gegeben hat, diese Therapie durchzustehen. Im Oktober besuchte ich über 4 Wochen eine Anschlussheilbehandlung in Bad Schwartau. Hier hatte ich wieder erste soziale Kontakte und war körperlich sehr aktiv. Dieser Aufenthalt hat mir sehr gut getan, und ich kann nur jedem raten, solche Möglichkeiten zu nutzen. Die erste Nachsorgeuntersuchung Ende Oktober ergab lediglich starke Lymphansammlungen im Fettgewebe des Beckens und der Oberschenkel. Hormonuntersuchungen zeigten, dass die Eierstöcke die Bestrahlung nicht überlebt hatten. Ansonsten war 30 alles o.k. Meine Anfragen auf Untersuchung der Lunge, auch schon während der Therapie, wurden immer wieder abgewiesen, denn „da könne nichts sein... alles o.k.“. Leider stellten sich starke Rückenschmerzen ein. Mit Gymnastik, Walking, Fahrrad fahren und Schwimmen baute ich meinen Körper Stück für Stück wieder auf und gewann dabei meine Lebensfreude zurück, weil die Schmerzen allmählich nachließen. Lymphdrainagen, um die ich meinen Hausarzt bat, taten mir ebenfalls gut. Im Januar beschloss ich, wieder ins Berufsleben zurückzukehren. Am 1. April 2003 sollte es losgehen. Bis dahin sollten meine letzten Lymphprobleme ausgemerzt und die Wechseljahreserscheinungen mit einer Hormonersatztherapie eingestellt sein. Da meine Blutwerte, hauptsächlich die Leukozyten, noch immer nicht im Normbereich lagen, ging ich alle 2 Wochen zu meinem Hausarzt zur Überprüfung. Mitte Januar ergaben sich leider erhöhte Leberenzymwerte (Gamma-GT). Anfang Februar waren diese dann vierfach höher. Dieser Prozess ging einher mit ständig steigender Übelkeit in der Magengegend und Zunahme des Umfanges des Oberbauches um 3–4 cm. Mitte Februar hatte ich meinen nächsten Nachsorgetermin im UKE. Dabei wurde eine vergrößerte Leber ertastet, die Sonographie zeigte keine abgrenzbaren Organkonturen der Leber. Die Leberenzymwerte hatten sich nochmals verdoppelt, ein CT wurde angeordnet. Dieses zeigte eine Woche später eine sehr ausgedehnte Metastasierung der gesamten Leber mit multiplen Metastasen bis 2,5 cm Größe. Die Lunge ist komplett mit 0,3 cm großen Metastasen durchsetzt. Der Tumormarker NSE lag bei 161,2 µg/l (Normbereich bis 15,2 µg/l), CEA lag bei 60,7 µg/l (Normbereich bis 4,6 µg/l). Mit diesem Befund wurde ich von der gynäkologischen Abteilung in die Onkologie überwiesen. Bis heute fehlt mir ein klärendes Gespräch mit einem kompetenten Onkologen. Bisher haben wir diesbezüglich gute Erfahrungen gemacht, alle Befunde und Behandlungen der gynäkologischen Abteilung wurden vorher mit uns ausführlich besprochen. Nun wurde mir lediglich mitgeteilt, dass eine Operation keinesfalls möglich sei. Palliativ wurde eine Chemotherapie eingeleitet mit den Kombinationspräparaten Cyclophosphamid, Doxorubicin und Vincristin (ACO-Schema). Geplant sind 6 Zyklen in 3-wöchigem Abstand. Nach dem dritten Zyklus soll eine computertomographische Verlaufskontrolle erfolgen. Die erste Chemotherapie habe ich hinter mir. Wenn sich die Blutwerte (Leukozyten) erholen, wird diese Woche noch der zweite Zyklus verabreicht. Jedoch zeigen die laufenden Blutuntersuchungen schon sinkende Leberenzymwerte. Ich weiß nicht, was dies bedeutet, hoffe jedoch, dass die Therapie schon anschlägt. Bei diesem schnell wachsenden Tumor, so wurde uns seitens der Ärzte gesagt, ist diese Therapie die einzige Behandlungsmöglichkeit. Gibt es evtl. andere Therapien für mich, falls diese Behandlung nicht den gewünschten Erfolg bringt? Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht? Für jede Hilfe wäre ich sehr dankbar. Petra Preugschas Steinbeker Hauptstraße 65 22117 Hamburg Karzinoid-Patienten fragen... Karzinoid-Patienten fragen ... Unter dieser Rubrik haben wir in der letzten Ausgabe Fragen unserer Leser abgedruckt. Frau Dr. med. Marianne Pavel von der Medizinischen Klinik I der Universität Erlangen hat all diese Fragen ausführlich beantwortet. ˚ Ich habe seit einiger Zeit ein Karzinoid und muss nun regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen. Dabei wird auch der Chromogranin-A-Wert ermittelt. Nun bin ich erstaunt, dass es in der Regel ziemlich lange dauert, bis dieser Wert vorliegt. Können Sie mir den Grund dafür sagen? Die Bestimmung des Chromogranin-A-Wertes ist eine Laboruntersuchung, die im Vergleich zu anderen Routinelaborwerten relativ selten angefordert wird. Da diese Bestimmung in einem Laboransatz erfolgt, bei dem zeitgleich etwa 40 Werte bestimmt werden, wird die Untersuchung erst dann durchgeführt, wenn entsprechend viele Anforderungen zusammengekommen sind. Je nachdem, wie viele Proben in ein Labor eingesandt werden, erfolgt daher die Bestimmung zu unterschiedlichen Zeitpunkten und kann auch einmal 2 oder 3 Wochen dauern. ¸ Ich bin Hausfrau, 52 Jahre alt. Seit einiger Zeit habe ich immer wieder das Gefühl, dass mir das „Herz bis zum Halse schlägt” und dass mein Herz „stolpert”. Sind solche Herzrhythmustörungen ein Problem, das im Zusammenhang mit einem Karzinoid steht, oder kann das möglicherweise auch auf die Wechseljahre zurückzuführen sein? Herzrhythmusstörungen können Ausdruck zahlreicher Erkrankungen sein. Es kann eine Herzerkrankung selbst vorliegen oder andere organische Erkrankungen können der Auslöser sein, beispielsweise auch eine Schilddrüsenüberfunktion. In sehr seltenen Fällen kann ein ‚Karzinoid’ Ursache von Herzrhythmusstörungen sein, wenn die Erkrankung sehr lange besteht und mit einer lang anhaltenden Hormonausschüttung einhergeht. In der Regel kann eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) weiter helfen. Prinzipiell sollte eine kardiologische Abklärung erfolgen. Von Mitpatienten habe ich gehört, dass nach Entfernen des Primärtumors das Tumorgewebe auf den Faktor Ki-67 untersucht wurde. Können Sie mir mitteilen, um was es sich dabei handelt, und ob es möglich bzw. sinnvoll ist, diesen Wert nachträglich zu bestimmen? Die Operation liegt bei mir allerdings schon 3 Jahre zurück. Ki-67 stellt einen Marker für die Zellteilungsrate eines Tumors dar. Es handelt sich um eine Färbemethode, bei der die sich in Teilung befindlichen Zellen dargestellt werden. Man kann daraus ersehen, wie schnell sich ein Tumor wahrscheinlich vermehren wird. Ki-67 hilft uns, den Tumorverlauf besser einzuschätzen, und hat möglicherweise auch Einfluss auf die Therapieauswahl. Bei Feststellung eines neuroendokrinen Tumors sollte dieser Marker bestimmt werden. Es kann jedoch auch sinnvoll sein, ihn zu einem späteren Zeitpunkt nachzubestimmen, insbesondere wenn eine neue Therapieentscheidung gefällt werden muss. Liegt die Operation oder Probenentnahme jedoch viele Jahre zurück, ist es gegebenenfalls sinnvoller, eine neue Probe, z. B. aus einem Leberherd, zu entnehmen, um einen besseren Eindruck vom aktuellen Tumorverhalten zu bekommen. Frau Dr. med. Marianne ˝ Ich bin 57 Jahre alt und habe Pavel, Erlangen 2 Metastasen im Durchmesser von etwa 3 cm und mehrere kleinere Metastasen von etwa 1 cm in der Leber. Weitere Metastasen sind nicht bekannt. Von Mitpatienten habe ich erfahren, dass in Deutschland seit ein paar Monaten auch die sog. Yttrium-Therapie zugelassen ist, die bislang nur in der Schweiz (Basel) angewendet wurde. Können Sie mich über die grundsätzlichen Vor- und Nachteile dieser Therapie informieren? Insbesondere würde mich interessieren, ob bei dieser Therapie Schädigungen der Niere, der Bauchspeicheldrüse und des Knochengewebes zu befürchten sind. Interessieren würde mich auch, in welchen Kliniken diese Therapie in Deutschland durchgeführt wird. Die so genannte Radionuklidtherapie, z. B. mit Yttrium-90DOTATOC, ist in Deutschland nach wie vor keine zugelassene Therapie. Die Kosten für diese Therapie werden daher in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen. Es gibt jedoch einzelne Zentren, die diese Therapie bereits durchgeführt haben, so das Nuklearmedizinische Zentrum der Universitätsklinik Marburg, die Nuklearmedizinische Klinik in Bad Berka und das Klinikum rechts der Isar in München. Das Verfahren ist in den letzten Jahren soweit verbessert worden, dass Nebenwirkungen wie Schädigung des Knochenmarks oder eine Störung der Nierenfunktion sehr selten auftreten (siehe auch den Beitrag auf S. 7f. in diesem Heft). ˛ Ich habe gehört, dass in letzter Zeit zunehmend das YttriumTherapieverfahren angewendet wird. Sind dadurch die lokalen Therapieverfahren wie die Alkohol-Embolisation oder Chemo-Embolisation der Metastasen in der Leber hinfällig? Zunehmend hört man ja auch von Verfahren, bei denen die Lebermetastasen mit einem Hochtemperaturverfahren („Mikrowelle”) zerstört werden. Unter welchen Voraussetzungen ist welche Therapie angebracht? Die Anwendung anderer Lokaltherapieverfahren neben der Radionuklidtherapie erfolgt nach wie vor. Die meisten Erfahrungen liegen sicher zur Chemoembolisation vor. An radiologisch spezialisierten Zentren wird diese Therapie mit Erfolg durchgeführt. Voraussetzung ist eine begrenzte Anzahl von Leberherden, die gut erreicht werden können, und häufig die Begrenzung des Tumors auf die Leber. Eine Alternative ist die Hochfrequenzthermotherapie, die an speziell dafür ausgestatteten Zentren durchgeführt wird. Hier gelten ähnliche Kriterien für die Anwendung. Insbesondere bei hormonell aktiven Tumoren, bei denen die Beschwerden durch die medikamentöse Therapie nicht hinreichend gelindert werden können, kann dieses Verfahren in Betracht gezogen werden. Die Alkoholinjektion ist dagegen in den Hintergrund getreten. Vorzug der Radionuklidtherapie ist, dass 31 auch Tumoranteile außerhalb der Leber erreicht werden können, das Verfahren nichtinvasiv und die Verträglichkeit gut ist. ˇ Vor gut 6 Jahren wurden bei mir nach einer Darmoperation in der Leber zwei Karzinoid-Metastasen von ca. 1 cm Durchmesser festgestellt. Mit Beginn dieses Jahres bekam ich am ganzen Körper Muskelschmerzen, ähnlich einem kräftigen Muskelkater. Insbesonders am Morgen sind die Gelenke nur eingeschränkt beweglich. Eine Blutuntersuchung ergab deutlichen Eisenmangel und erhöhte Thrombozyten. Bis heute konnte trotz intensiver Untersuchungen keine eindeutige Diagnose gestellt und auch keine deutliche Besserung erreicht werden. Treten solche Beschwerden bei Karzinoid-Patienten häufiger auf? Muskuläre Beschwerden, auch Gelenkbeschwerden, werden häufiger von unseren Patienten berichtet, ohne dass die Ursache dafür angegeben werden kann. Auch bei anderen Tumorerkrankungen können derartige Begleitbeschwerden auftreten. — Ich bin 53 Jahre alt und habe mehrere Metastasen in der Leber. Weitere Metastaten sind nicht bekannt. Im Übrigen habe ich keine Karzinoidsymptome wie Flush oder Durchfall. Kommt in diesem Fall eine Lebertransplantation in Betracht oder erst dann, wenn Begleitsymptome auftreten und die Metastasen schnell wachsen? Wie ich gehört habe, sollte ein solcher Eingriff gemacht werden, solange der Patient sich noch fit fühlt und noch widerstandsfähig ist. Die Entscheidung zur Lebertransplantation ist nicht an das Vorhandensein von Karzinoidsymptomen gebunden. Die Erfahrungen bei Patienten mit neuroendokrinen Tumoren sind gering. Eine Lebertransplantation kann nur in ausgewählten Einzelfällen nach Konsultation eines spezialisierten Zentrums erwogen werden. Die allgemeine und neuere Datenlage spricht jedoch nicht für eine Überlegenheit dieses Verfahrens gegenüber der medikamentösen Therapie, so dass die Lebertransplantation heute in den Hintergrund getreten ist. In der amerikanischen Internetliteratur zum Thema Karzinoid liest man immer wieder, dass Alkohol sowie körperliche und psychische Belastungen zu vermeiden sind. Können Sie hierzu Stellung nehmen? Außerdem ist auch immer wieder die Rede von „functioning” und „non functioning” Karzinoid-Tumoren. Mir ist der Unterschied nicht so ganz klar. Alkohol kann Karzinoidsymptome bei hormonell aktiven Tumoren hervorrufen, z.B. einen Flush auslösen. Auch eine Manipulation am Tumor, z. B. durch Palpation der Leber bei der Untersuchung, kann zur vermehrten Freisetzung von Mediatoren (hormonellen Botenstoffen) führen. Moderate körperliche Belastung, die dem Zustand des Patienten angemessen ist, ist sicher möglich. Unter „functioning tumors“ versteht man die Tumoren, die hormonell aktiv sind, d. h. Hormone oder andere Substanzen in die Blutbahn abgeben und damit zu Beschwerden wie Flush oder Durchfall führen oder aber andere spezifische Beschwerden hervorrufen, je nachdem, welches Hormon vermehrt ausgeschüttet wird. Unter „non functioning tumors“ versteht man Tumoren, die kein Hormon oder andere Substanzen in die Blutbahn ausschütten. Sie rufen daher keine spezifischen Beschwerden hervor, sondern fallen z. B. durch Bauchschmerzen oder Gewichtsverlust auf. Ich bin erst seit ein paar Wochen mit der Karzinoid-Problematik konfrontiert und insgesamt noch wenig informiert. Meine Frage an Sie ist daher, ob es eine Liste von Ärzten bzw. Kliniken gibt, die in diesem Bereich besonders kompetent sind? In Gesprächen mit Patienten habe ich erfahren, dass in der Vergangenheit einige Kliniken Patientenseminare abgehalten haben. Plant derzeit eine Klinik eine derartige Veranstaltung? Mittlerweile gibt es mehrere regionale Selbsthilfegruppen, die sich in regelmäßigen Abständen treffen (z.B. in Erlangen, Marburg, Berlin und München). Ort und Zeitpunkt von Patienteninformationstagen werden in der Glandula NeT bekannt gegeben. Eine Liste von kompetenten Ansprechpartnern bzw. ausgewiesenen Kliniken existiert bisher nicht. Nähere Informationen erhalten Sie über das Netzwerk. Liebe Leserinnen und Leser, damit wir Ihren Brief oder Beitrag in der nächsten Glandula NeT abdrucken können, beachten Sie bitte: Redaktionsschluss für Ausgabe 6/2003 ist der 31. Oktober 2003 32