Peter Kurzweil | Paul Scheipers Chemie Aus dem Programm Naturwissenschaftliche Grundlagen Physik von A. Böge und J. Eichler Physik von J. Eichler Tribologie-Handbuch von H. Czichos und K.-H. Habig Mechatronik von H. Czichos Physik für Ingenieure von P. Dobrinski, G. Krakau und A. Vogel Technische Berichte von H. und L. Hering Wutz Handbuch Vakuumtechnik herausgegeben von K. Jousten Physik Formelsammlung für Ingenieure und Naturwissenschaftler von P. Kurzweil (Hrsg.), B. Frenzel und F. Gebhard Physik-Aufgabensammlung von P. Kurzweil, B. Frenzel, J. Eichler und B. Schiewe www.viewegteubner.de Peter Kurzweil | Paul Scheipers Chemie Grundlagen, Aufbauwissen, Anwendungen und Experimente 9., erweiterte Auflage Mit 414 Abbildungen STUDIUM Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Das Buch erschien zum ersten Mal 1981 unter der Herausgeberschaft von Wolfgang Weißbach. 1. Auflage 1988 2., verbesserte und erweiterte Auflage 1990 Nachdruck 1991 3., verbesserte Auflage 1993 4., verbesserte Auflage 1999 5., überarbeitete Auflage 2000 6., überarbeitete und erweiterte Auflage 2002 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2005 8., überarbeitete und erweiterte Auflage 2010 9., erweiterte Auflage 2012 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg+Teubner Verlag |Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2012 Lektorat: Thomas Zipsner | Imke Zander Vieweg+Teubner Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8348-1555-2 V Vorwort Autorengeist vermittelt Wissen besonders gern als Leckerbissen. Das Vorwort gilt dann – wie es heißt – als Kompass für des Lesers Geist. PAUL SCHEIPERS D ie technischen Innovationen des 21. Jahrhunderts sind ohne Chemie nicht realisierbar. Um dem wachsenden Bedarf an chemischer Grundbildung in den vernetzten Studiengängen des europäischen Hochschulraumes noch besser zu entsprechen, wurde die vorliegende 9. Auflage um das Kapitel „Anorganische Stoffchemie“ erweitert. Zahlreiche Detailverbesserungen beruhen auf Vorschlägen der aufmerksamen Lesergemeinde. PROF. DR. PETER KURZWEIL Im Oktober 2011 Hochschule Amberg-Weiden [email protected] Aus dem Vorwort zur 8. Auflage Die Neugestaltung dieses straffen Lehrwerks wurde unter Studierenden und Lehrenden an Fachhochschulen und Universitäten, aber auch im beruflichen Umfeld, mit großem Zuspruch aufgenommen. Als gehaltvolles Kompendium für Prüfungen im Nebenfach Chemie und umfassendes Repetitorium der Schulchemie zur Angleichung des unterschiedlichen Eingangsniveaus der Studierenden im ersten Semester hat sich das Konzept der 7. Auflage bewährt. Der einprägsame Duktus soll die effektive Prüfungsvorbereitung erleichtern und durch schlagwortartige Verknüpfung des Wissens zur aktiven Beschäftigung mit den Fakten ermutigen. Neu sind die Kapitel Polymerchemie und Nachhaltige Chemie, sowie das Global-Harmonische-System im Teil III. Dichte Informationen zum Umweltschutz und über Lebensmittelzusatzstoffe sind in den Kapiteln 4 und 7 bis 11 zu finden, da diese Thematik in engem Zusammenhang mit den chemischen Grundlagen diskutiert werden muss. Dem Verlag Vieweg + Teubner, voran Herrn ZIPSNER und Frau ZANDER danken wir für die Unterstützung, dass dieses Buch zweifarbig zu einem erschwinglichen Preis erscheinen kann. Im Oktober 2009 PROF. DR. PETER KURZWEIL PAUL SCHEIPERS VI Aus dem Vorwort zur 7. Auflage Dieses Lehrbuch befasst sich in der neu bearbeiteten 7. Auflage mit Teilen der „Schulchemie“ und mit der „Angewandten Chemie“, wie sie an Fachhochschulen und Universitäten in den ersten S emestern erforderlich ist. Jedes Kapitel enthält Grundlagen- und Aufbauwissen, damit das Buch im Schul- und Hochschulbereich gleichermaßen erfolgreich eingesetzt werden kann. Der auf unterschiedlichen Niveaustufen dargestellte Stoff verschmilzt zu einer Einheit und kann so vielseitiger, durchlässiger, vernetzter und komplexer genutzt werden. Im Hochschulbereich bringen die Studi enanfänger im Nebenfach Chemie in der Regel ein sehr unterschiedliches Eingangsniveau mit. Dieses Buch hilft auch, Lücken im Grundlagenwissen relativ einfach zu schließen, da der Inhalt in enger Beziehung zur Anwendung steht. Das Verständnis für aktuelle Themen – wie Brennstoffzellen, Batterien, Korrosionsschutz, Abgasnachbehandlung in Kraftfahrzeugen, Umweltschutz und Arbeitssicherheit – wird durch entsprechende Chemiekenntnisse erst möglich! Das Fachgebiet der Chemie begleitet die tiefe Durchdri ngung anderer Disziplinen und bildet so ein wichtiges Bindeglied zwischen Werkstofftechnik, Verfahrenstechnik, Elektrotechnik, Maschinenbau und anderen Bereichen. Als Lehrbuch und Nachschlagewerk in Fachschulen für Technik, Fachoberschulen, Höheren Tec hnischen Lehranstalten, Gymnasien, Fachhochschulen und Universitäten sowie für Weiterbildungskurse, Fernstudien, Praktiker im Beruf und besonders zum Selbststudium setzt die neue Auflage auf die bewährte Konzeption – z. B. die spezielle Form der Zweispaltigkeit. In der linken Spalte (Lehrspalte) steht im Wesentlichen der eigentliche Lehrtext. Die rechte Spalte (Ergänzungsspalte) bleibt vor allem Beispielen, Bildern, Tabellen, Hinweisen, Vertiefungen, Versuchen und Anmerkungen vorbehalten. Diese bewährte Trennung der Spalten führt zu einer übersichtlichen Systematik und erleichtert die Lerntätigkeit. In der Lehrspalte zeigen „Rezepte“ anhand einer erlernbaren Vorgehensweise Lösungswege auf. Beispiele und Rechenbeispiele erläutern die praktische oder rechnerische Umsetzung von Fakten und Formeln. Am Schluss eines jeden Kapitels stehen Aufgaben (linke Spalte) mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die in der rechten Spalte direkt zugeordneten Antworten ersparen eine mühevolle Suche. Übersichten und Exkurse stellen wichtige Zusammenhänge und Methoden in überschaubarer Form zusammen. Damit können Leserinnen und Leser einen Blick auf Anwendungen des Gelernten werfen und beim Studieren oder in der Betriebspraxis einen schnellen Zugriff auf Formeln und Daten erhalten. Natürlich fehlen Experimente nicht – ja, Chemie soll auch Spaß machen! In dieser Auflage wird an wenigen Stellen eine im Lehrbuchbereich bisher kaum genutzte Möglichkeit getestet. Es geht dabei um die zwanglose Einbeziehung geist- und humorvoller Gedichte, die in bescheidener Form die von strenger Sachbezogenheit geprägten Erkenntnisse der Chemie aufl ockern sollen. In diesem Sinne können die Leserinnen und Leser an einigen Stellen sogar Emotionen für Lernprozesse nutzen. Für den Versuch, in einem Fachbuch eine solche Neuerung zu wagen, sprechen vor allem zwei Argumente: Nach modernen Erkenntnissen der Hirnforschung sind für Denkprozesse im Gehirn Gefühle unerlässlich. Und: Die Beziehungen zwischen Kultur und Wissenschaft sind zuweilen dürftig, obwohl beide Bereiche zusammengehören. Die Naturwissenschaft Chemie darf im erweiterten Sinne als Kulturgut verstanden werden. Kulturelle Vorstellungen und Werte dürfen sich auch in den Naturwissenschaften heimisch fühlen! Zu Beginn eines jeden Kapitels oder wichtiger Abschnitte wird in den Ergänzungsspalten dieses Anliegen auch durch historische Anmerkungen zur Entstehung der Begriffswelt von der Alchemie bis in unser quantenchemisches Zeitalter unterstützt. Die verwendeten historischen und literarischen Möglichkeiten können in der Fülle des Wissens nur einige Farbtupfer sein, die zeigen sollen, dass auch im Fachbuchbereich gewisse Vernetzungen zwischen Naturwissenschaft und Kultur denk- und machbar sind. Ein kritisches Echo der Leserinnen und Leser auf diesen Versuch wäre für uns sehr wertvoll. […] VII Inhaltsverzeichnis I Allgemeine und Anorganische Chemie 1 Chemie in Technik und Umwelt 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 Von der Alchemie ins 21. Jahrhundert ……… 2 Chemie im Rohstoffwandel ............................. 3 Der Stoffbegriff .......………………………… 4 Chemische und physikalische Vorgänge …… 5 Aggregatzustände und Eigenschaften 6 der Materie (Stoffe) ......................................... 1.6 Gemische (Mischungen) …..……....……...… 6 1.7 Trennung von Stoffgemischen …...........…….. 8 1.8 Analyse und Synthese: So funktioniert Chemie! .................................. 10 1.9 Chemische Experimente die begeistern! 12 1.10 Aufgaben mit Lösungen …………...……....... 13 2 Aufbau der Materie 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 Vorstellungen vom Atom ………...…..….... Aufbau der Atome aus Elementarteilchen Der Atomkern …………….….……………. Einblick in die Welt der Quanten …………. Optische Linienspektren der Elemente….…. Das Bohr’sche Atommodell ………..……... Das wellenmechanische Atommodell (Orbitalmodell) .…………………………… 2.8 Elektronenkonfiguration ………………..… 2.9 Aufgaben mit Lösungen .…………..……… 15 16 17 19 20 21 24 29 30 3 Periodensystem der Elemente (PSE) 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 Der Elementbegriff ………………..…….… 31 Elementnamen und –symbole ……..…….… 32 Vorkommen der Elemente ………...…….… 32 Aufbau des Periodensystems ……………… 34 Elektronenkonfiguration der Elemente ……. 35 Periodische Eigenschaften ……….……...… 38 Aufgaben mit Lösungen ………….………..… 42 4 Kernchemie und Kernenergie 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 Elementarteilchen ……………...……...……. Natürliche und künstliche Radioaktivität Isotope und Massendefekt ….………..……… Stabilität der Nuklide ……..….……...……… Natürliche Zerfallsreihen …………......…….. Radioaktives Zerfallsgesetz ………......…….. Radioaktive Altersbestimmung ..……………. Dosimetrie und Strahlenschutz ……......……. 44 46 48 49 50 50 52 53 4.9 Ionisierende Strahlung und Röntgenspektroskopie …………..………... 4.10 Kernreaktionen ………………...…………. 4.11 Teilchenbeschleuniger ………………...….. 4.12 Kernspaltung und Kernenergie ……...……. 4.13 Kernfusion …………………………...…… 4.14 Aufgaben mit Lösungen …………...……... 56 59 61 61 65 67 5 Chemische Bindung und Struktur 69 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11 5.12 Ionenbindung ………………………......…... 70 Atombindung …………………………...….. 76 Die metallische Bindung ………………...…. 81 Koordinationsverbindungen …………......… 85 Zwischenmolekulare Kräfte (Nebenvalenzbindungen) …………...……… 91 Kristallstruktur und Molekülsymmetrie….… 94 Reale Kristalle, Gefüge und Materialkenngrößen …………………..……. 98 Legierungen ………………………...……… 101 Technische Keramik ……………...…...…… 108 Verbundwerkstoffe …………...……………. 108 Chemische Experimente die begeistern! …... 109 Aufgaben mit Lösungen ……..…………….. 110 6 Chemische Reaktionen und Thermochemie 6.1 Vom Atom zur chemischen Formel ………... 115 6.2 Chemische Mengenbegriffe ……............….. 118 6.3 Volumenverhältnisse bei chemischen Reaktionen ……………….……..……………...... 120 6.4 So gelingen stöchiometrische Berechnungen 122 6.5 Energieänderungen bei chemischen Reaktionen ……………………………..…... 124 6.6 Chemisches Gleichgewicht: Nichts Stabiles! 129 6.7 Katalyse: Wie man Reaktionen Beine macht! 132 6.8 Chemische Experimente die begeistern! …... 135 6.9 Aufgaben mit Lösungen ……………......….. 136 7 Säuren, Basen, Luftschadstoffe 7.1 7.2 7.3 7.4 Wie wirken Säuren und Basen? ………..….. Benennung anorganischer Säuren und Salze leicht gemacht! ………….…..….. Säuren in Technik, Umwelt und Lebensmitteln …………...………...………. Anorganische Basen ….…………...…….. 141 143 145 152 VIII 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11 7.12 7.13 Wie misst man die Stärke von Säuren und Basen? ……………………...………….…. Acidität, Basizität und pH-Rechnung ….… Neutralisation, Hydrolyse, Titrationskurven Indikatoren und pH-Puffer ……………..… Konzentrationsmaße ……………..………... Verdünnen von Säuren und Basen ………... Titrationsformel und Maßanalyse ……….… Chemische Experimente die begeistern! Aufgaben mit Lösungen ……………….…. 154 157 159 161 162 165 165 168 169 Löslichkeit und Löslichkeitsprodukt ............ Wann muss man mit Aktivitäten rechnen? Fällungen und Gravimetrie ...………..……. Fremdioneneinfluss auf die Fällung von Niederschlägen ……………..………… 8.5 Wasser und Abwasser ...…………..………. 8.6 Aufgaben mit Lösungen …………………… 8.7 Chemische Experimente die begeistern! 171 173 175 175 177 183 184 9 Elektrochemie 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.9 9.10 Oxidation, Reduktion, Redoxsysteme ……... Ohne Grenzflächen keine Elektrochemie Normalpotential und Spannungsreihe …….. Galvanische Elemente und Korrosion …….. Batterien und Akkumulatoren …………..… Brennstoffzellen …………………..………. Elektrolyse und Galvanotechnik ……..…… Elektrodenvorgänge ………………..……... Elektroanalytik …………………….……... Redoxkatalyse und biologische Energiewandlung …………………………………... 9.11 Chemische Experimente die begeistern! 9.11 Aufgaben mit Lösungen …………..………. 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8 Funktionelle Gruppen und Nomenklatur … Halogenkohlenwasserstoffe …………..….. Alkohole, Phenole und Ether …………….. Aldehyde und Ketone ……..……………... Carbonsäuren und ihre Derivate ……..…... Organische Stickstoffverbindungen ……... Chemische Experimente die begeistern ….. Aufgaben mit Lösungen …………..….…... 185 187 188 190 193 195 198 203 204 209 210 212 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.6 12.7 12.8 Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere Synthetische Kunststoffe ………………… Biopolymere und Naturstoffderivate ……... Polymerisationsverfahren und Copolymerisation ………………………… Polymerstruktur und chemischphysikalische Eigenschaften ……………… Kunststoffadditive ………………………... Chemische Experimente die begeistern! … Aufgaben mit Lösungen …………………. 13.1 Atomökonomie und umweltverträgliche Chemikalien ……………………………….. 13.2 Heterogene Katalysatoren und grüne Chemie …………………………………… 13.3 Homogene Katalysatoren und asymmetrische Synthese …………………... 13.4 Biokonversion: Enzymatische Katalyse …… 13.5 Erneuerbare Energien und Rohstoffe ……… 13.6 Alternative Lösungsmittel und Energiequellen ……………………………. 13.7 Aufgaben mit Lösungen …………………… III Anorganische Stoffchemie Gefahrstoffe und Arbeitsschutz 10 Kohlenwasserstoffe 14 Chemie der Elemente 217 219 220 225 226 248 250 256 257 257 259 260 262 13 Nachhaltige Chemie II Organische Chemie 10.1 Alkane und die Vielfalt des Kohlenstoffs … 10.2 Ungesättigte Kohlenwasserstoffe und Aromaten .............................................. 10.3 Reaktionen der Kohlenwasserstoffe ........... 10.4 Aufgaben mit Lösungen …………..……... 10.5 Chemische Experimente die begeistern …... 227 228 230 233 236 240 245 246 12 Polymerchemie 8 Lösungen, Fällungen, Wasserchemie 8.1 8.2 8.3 8.4 11 Stoffklassen und technische Anwendungen 263 264 266 270 271 275 276 14.1 Hauptgruppenelemente …………..……….. 278 14.2 Nebengruppenelemente (Übergangsmetalle) 295 14.3 Aufgaben mit Lösungen ………..…………. 309 15 Chemikalien am Arbeitsplatz 15.1 Umgang mit Gefahrstoffen ………..……… 15.2 Gefahrensymbole, Gefahrstofftransport, Chemikalienlager ……………...…………... 15.3 Arbeitsschutzkennzahlen und Innenraumbelastungen ………………... 15.4 Aufgaben mit Lösungen ………..…………. 310 311 315 318 Stichwortverzeichnis …………………………… 319 1 Chemie in Technik und Umwelt 1 1 Teil I Allgemeine und anorganische Chemie ŸLicht und Schatten: “Wenn wir heute keine uneinnehmbaren Festungen mehr kennen, wenn wir die mächtigsten Kriegsschiffe durch Torpedos vernichten, Felsen sprengen und durchbohren und den Atlantischen Ozean mit dem Stillen verbinden und Berge versetzen können, so ist dies nur möglich durch die wunderbar gewaltigen Kräfte, die – dank der Entwicklung der Chemie – in einer kleinen Stoffmenge angehäuft werden können.“ (O. NAGEL, Die Romanik der Chemie, 1921). 2 I Allgemeine und Anorganische Chemie 1 1.1 Chemie in Technik und Umwelt Von der Alchemie ins 21. Jahrhundert Niemand will heute mehr ernsthaft Quecksilber in Gold verwandeln und Textilien mit ausgequetschten Purpurschnecken färben oder Säure durch Erhitzen von Ameisen herstellen. ROBERT BOYLEs Buch „Der skeptische Chemiker“ (1661) wies den Weg von der Alchemie zur Naturwissenschaft: Genaues Beobachten und kritisches Auswerten von Experimenten ersetzten die Mystik der einstmals „schwarzen Kunst“ (arab. alchƯmiƗ’). Zwischen 1800 und 1900 stieg die mittlere Lebenserwartung von 30 auf 60 Jahre. Glas, Seife, Porzellan und Textilien eroberten die zivilisierte Welt. Nachdem es gelungen war, der englischen Kohle die flüchtigen Bestandteile zu entziehen, verdrängte Koks die Holzkohle. Der erste Hochofen am schottischen Fluss Carron erzeugte 1760 hochwertiges Eisen für militärisches Gerät. Die Herstellung von drei Kilogramm Holzasche – mit der für Seifen und Glas wichtigen Pottasche – forderte damals eine Tonne Buchenholz! Leinen und Wolle, in Handarbeit gefertigt, wurden mit Pottasche (Kaliumcarbonat) gewaschen, in saurer Milch getränkt und monatelang der Rasenbleiche unterzogen – ehe sich Schwefelsäure (1741) als wirkungsvolle Säure herausstellte. Die Massenproduktion von Chlorkalk, mechanische Webstühle und Walzendruckmaschinen erschlossen um 1810 die schmutziggraue, aber ergiebige Baumwolle für preiswerte und bunte Textilien. Europas Wälder konnten die Nachfrage nach Pottasche nicht decken. Um 1824 setzte sich das LEBLANC-Verfahren in England durch und erschloss Soda (Natriumcarbonat) aus Kochsalz, Schwefelsäure und Kohle. Das ursprüngliche Abfallprodukt Salzsäure taugte für die Produktion von Leim durch sauren Aufschluss von Tierknochen. Die englischen Chemiker WELDON und DEACON gewannen aus Salzsäure Chlor und daraus Chlorkalk – wichtig für die aufstrebende Papierindustrie und als Desinfektionsmittel. Unnützes Calciumsulfid erwies sich als Quelle für Schwefel, Schwefelwasserstoff und Ultramarin. Das Rösten von Schwefelkies setzte Schwefeldioxid für die Gewinnung von Schwefelsäure frei und hinterließ oxidische Erze, die nun problemlos verhüttet werden konnten. Natronlauge erlaubte die Verseifung von Fetten und Ölabfällen im großen Stil. JUSTUS VON LIEBIG erkannte 1837, dass Pflanzen aus dem Boden Wasser und Mineralsalze aufnehmen; er wurde zum Vater der mineralischen Düngung mit Kaliumsalzen, Thomasmehl und Guano. 1859 begann in den USA mit der Förderung von Erdöl das Zeitalter der fossilen Rohstoffe und der organischen Chemie. In den finsteren Wohnstuben loderten rußende Wachskerzen, Tran- und Rüböllampen, bis T. A. EDISON 1879 die erste ŻMeilensteine der Anorganischen Chemie Altertum (v. Chr.): Keramik, Ziegel (7000), Kalk, Bleiweiß, Holzkohle, Grünspan, Mennige, Zinnober, Bleisulfid, Kupfer (4000), Bronze (3000), Eisen (Sudan 2800), Gold (Nubien 2000). Ägypten: Bier, Wein (3500), Indigo (2400), Gerberei (2000), Blei (2000), Glas (1600). Griechenland: Naturphilosophie, Ultramarin u.a. Rom (500 v. Chr–500 n. Chr.): Destillation, Eisen-, Zinn-, Blei-, Goldgewinnung, Purpur, Krapp, Soda, Pottasche, Gips, Mörtel, Alaun, Ätzkalk. Gallien: Salmiak (80 v. Chr.) 600 n. Chr.: China: Porzellan. 1250 ALBERTUS MAGNUS: Arsenik, Salpetersäure 1527 PARACELSUS: medizinische Chemie 1620 England: Koks 1651 GLAUBER: Natriumsulfat, Mineralsäuren 1669 BRAND: Phosphor aus Harn. 1693 TSCHIRNHHAUS: Hartprozellan 1750 ROEBUCK: Schwefelsäure in Bleikammern 1750 WATSON: Platin 1771 SCHEELE, PRIESTLEY: Sauerstoff 1772 D. RUTHERFORD: Stickstoff 1774 SCHEELE: Chlor; Oxalsäure (1776) 1783 CAVENDISH: Analyse der Luft 1789 KLAPROTH: Uran 1791 LEBLANC: Sodaproduktion. 1839 DAGUERRE: Fotografie 1840/65 LIEBIG: Kunstdünger (Abraumsalze) 1861 GRAHAM: Kolloidchemie 1863 SOLVAY: Soda; Gründung von BAYER, HOECHST, BASF (1865), DEGUSSA (1873) 1866/8 WELDON, DEACON: Chlorgewinnung 1875/90 Schwefelsäure im Kontaktverfahren 1895 V. LINDE: Luftverflüssigung 1895 FRANK, CARO: Kalkstickstoffgewinnung 1896 BECQUEREL: Radioaktivität 1909/13 HABER, BOSCH: Ammoniaksynthese 1913 BASF: Salpetersäure nach OSTWALD 1925 ARKEL/DE BOER: Titan-, Siliciumreinigung 1939 HAHN, STRAßMANN: Kernspaltung 1941 ROCHOW, MÜLLER: Silicone 1946/8 LIBBY: Altersbestimmung mit C-14 1947 Lanthanidentrennung mit Ionentauschern 1948 Transistor 1952 Siliciumreinigung durch Zonenschmelzen 1955 Hochdrucksynthese von Diamanten 1961 C-12 als Bezugsbasis der Atommassen 1962 Erste Edelgasverbindungen 1965 Komplexverbindungen mit N2-Liganden 1987 BEDNORZ, MÜLLER: Hochtemperatur supraleiter 1990 KRÄTSCHMER, HUFFMANN: Fullerene 1995 GSI (Darmstadt): Elemente 107 bis 112 P. Kurzweil, P. Scheipers, Chemie, DOI 10.1007/978-3-8348-8280-6_1, © Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2012 1 Chemie in Technik und Umwelt brauchbare Glühbirne baute; 1892 kamen die ersten, noch giftigen Streichhölzer auf den Markt. Naturfarbstoffe wie Alizarin aus der Krappwurzel, Indigo im gleichnamigen Strauch und Färberwaid, Dibromindigo aus der Purpurschnecke wurden durch chemische Synthesen zugänglich – und die deutsche Industrie befreite sich von Importen aus Übersee! Mit Farben aus Teerprodukten studierte ROBERT KOCH unter dem Mikroskop Krankheitserreger und Desinfektionsmittel. Arzneimittel wie das epochale Aspirin® kamen um 1900 in den Handel. Das HABER-BOSCH-Verfahren – die Ammoniaksynthese aus Luftstickstoff und Wasserstoff – versorgte das Deutsche Reich mit Düngemitteln und kriegswichtigen Sprengstoffen. In der jüngsten Geschichte zweier Weltkriege offenbarte die Chemie ihre dunkle Seite. Quanten- und Relativitätstheorie brachen schließlich mit der anmaßenden mechanistischen Weltvorstellung, dass alles berechenbar und machbar sei und ermöglichten einen tieferen Blick in die Materie. Die chemische Forschung nach 1945 konzentrierte sich auf den Wiederaufbau der Konsumgüterindustrie: Ernährung: Dünge- und Pflanzenschutzmittel für höhere Erträge; Konservierungsmittel für Nahrungsqualität. Gesundheit: Medikamente, Wasch-, Reinigungs- und Desinfektionsmittel für steigende Lebenserwartung. Neue Werkstoffe: Batterien, Baustoffe, Farben und Lacke, Halbleiter, Katalysatoren, Keramik, Kosmetik, Kunststoffe, Schmierstoffe, Waschmittel – für Bauwerke, Computer, Druckerzeugnisse, Fahrzeuge, Kleidung... 1.2 3 1 Anorganische Chemie Organische Chemie Analytische Chemie Werkstofftechnik Physikalische Chemie Biochemie Polymerchemie Technische Chemie Verfahrenstechnik Elektrochemie Theoretische Chemie Ÿ Teilgebiete der Chemie: Sucht man ein Picogramm (10–12 g) einer Substanz im Kilogramm Probenmaterial – man könnte auch sagen: einen Zuckerwürfel in den 2,7 Billionen Litern Wasser des Starnberger Sees – dann spricht dies für die Leistungsfähigkeit der modernen Analytischen Chemie. Beispiele: Querschnittsdisziplin Chemie Agrochemie, Atmosphärenchemie, Bauchemie, Festkörperchemie, Lebensmittelchemie, Petrochemie, pharmazeutische Chemie, medizinische Chemie, Wasserchemie, u. a. Chemie im Rohstoffwandel Ölkrise, Vietnamkrieg und Raumfahrtmissionen in den 1970er Jahren schärften das Augenmerk der Verantwortlichen für eine umweltverträgliche Chemie. Deutschland zählt heute zu den weltweit führenden Exporteuren von Umwelttechnologie. Mit der Nanotechnologie und Gentechnik brach die Chemie ins 21. Jahrhundert auf, das im Zeichen von Rohstoffwandel und Energieeffizienz steht. Die Chemieindustrie will langfristig Kosten und Risiken senken und Umsätze und Reputation erhöhen. Wichtige Eckpfeiler dafür sind: Beispiele: Nachhaltige Chemie Regenerative Energiequellen – Wasserstoff, Sonnenergie, Biomasse, Windkraft, Erdwärme – sollen die fossilen Energieträger Erdöl, Kohle und Erdgas langfristig ersetzen. Nachwachsende Rohstoffe und biogene Kraftstoffe – z. B. Kohlenhydrate, Fette, pflanzliche Öle und Fasern – sollen eine vom Erdöl unabhängige Rohstoffquelle schaffen. Nachhaltige Prozesse vermindern Abfälle, Energie- und Stoffverbrauch, Anlagenrisiken, Gefahrstoffe, Umwelteinwirkungen und Kosten. neuartige Reaktionsapparate Energiequellen für chemische Reaktionen Vermeiden von Abfällen und Gefahrstoffen in der chemischen Produktion Zukunftsvisionen sind die „Bioraffinerie“, die Basischemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen und Abfällen erzeugt; die technische Fotosynthese, wie Pflanzen sie beherrschen; selektive Katalyse, wie Enzyme im Organismus sie können. Grüne Chemie, Green Chemistry: atomökonomische Synthesen Unfallverhütung durch sichere Chemikalien umweltfreundliche Lösungsmittel selektive Katalysatoren Nutzung nachwachsende Rohstoffe (Renewable Feedstocks) Grüne Reaktionstechnik, Clean Chemical Technology Beispiel: Knappe Rohstoffe für Mobiltelefone Rohstoff Wichtigstes Vorkommen Palladium Russland, Südafrika Cobalt Kongo, Kanada Niob Brasilien, Kanada, Australien Tantal Brasilien, Australien, Kanada Germanium China, Mongolei Indium China, Japan, Kanada u. a. 4 1.3 I Allgemeine und Anorganische Chemie Der Stoffbegriff Stoffänderungen treten unabhängig vom Menschen in der Natur (z. B. Verdauung, Waldbrand, Erdölentstehung) und bei technischen Vorgängen (z. B. Eisengewinnung) auf. Chemie ist die Lehre von den Stoffen und Stoffänderungen. Die Physik erforscht Zustände und Zustandsänderungen, z. B. den Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig), die Temperatur und den Magnetismus desselben Stoffes. Die Anzahl der Stoffe ist unerschöpflich. Ständig werden neue Stoffe entdeckt und künstlich hergestellt (synthetisiert). Es stellt sich die Frage: Kann man Stoffe unbegrenzt in immer kleinere Bestandteile trennen (analysieren)? Nein. Chemische Elemente (Grundstoffe, Ź3.1) bestehen aus gleichartigen Atomen. Sie sind durch chemische Reaktionen nicht zerlegbar. Kochsalz (Natriumchlorid) kann man durch Elektrolyse (Ź9.7) in die Elemente Natrium und Chlor zerlegen. Aber alle chemischen Versuche scheitern, Natrium oder Chlor weiter zu trennen. Chemische Verbindungen setzen sich aus Elementen in einem vorbestimmten Massenverhältnis zusammen; dabei verlieren die Elemente ihr „Eigenleben“. Verbindungen zeigen andere chemisch-physikalische Eigenschaften als die Elemente und können durch chemische Reaktionen zerlegt werden: AnBm ĺ n A + m B. Reinstoffe (Elemente oder Verbindungen) können durch physikalische Trennverfahren (Ź1.8) nicht weiter zerlegt werden. Alle Proben des Stoffes haben unter gleichen Messbedingungen dieselben physikalisch-chemischen Eigenschaften; z. B. Dichte, Härte, Zähigkeit, Siede- und Schmelztemperatur, Farbe, Brechzahl, elektrische Leitfähigkeit, Wärmeleitfähigkeit. Diese Eigenschaften hängen manchmal von Form und Verteilungsgrad ab. Absolute Reinheit, also ein Stoff ohne Verunreinigungen, ist technisch nicht erreichbar. Tritt derselbe Stoff in verschiedenen Kristallformen auf, spricht man von Modifikationen. Gemische sind Mischungen vieler Stoffe in beliebigem Massenverhältnis; sie können durch physikalische Trennverfahren in ihre Bestandteile zerlegt werden. Zerlegung Stoffe ňņņņņņņŏņņņņņņņņʼn Reinstoffe Stoffgemische (reine Stoffe) (Mischungen) ňņņņŏņņņņʼn Ň Chemische Chemische Ň Elemente Verbindungen Ň ňņņņņņņņŏņņņņʼn Homogene Heterogene (einheitlich, einphasig) (uneinheitlich, mehrphasig) lat. elementum = Baustein griech. synthesis = Zusammenfügung lat. analysis = Trennung griech. homoios = gleich, genos = Art griech. heteros = verschieden źVerbindung von Natrium und Chlor Natriumchlorid Natrium Chlor (NaCl) (Na) (Cl2) Aussehen farblose silberglängelbgrünes Kristall- zend, weiReizgas würfel ches Metall Aggregatfest fest gasförmig zustand Schmelzpunkt Dichte in g/cm³ 801 °C 97,8 °C –101,5 °C 2,163 0,971 0,003214 (0 °C) źHandelsübliche Reinheiten z. S. zur Synthese technischer Produkte reinst für Arznei- und Lebensmittel p. a. für die Analyse Al 99,5 H Hüttenaluminium 99,5 % Al Al 99,99 R Reinstaluminium 99,99 % Al Hochreines Silicium: < 1 Fremdatom pro cm3 źDichte verschiedener Modifikationen Phosphor: weiß rot schwarz Kohlenstoff: Grafit Diamant Element Chemische Verbindung durch chemische Reaktionen durch chemische Reaktionen in nicht zerlegbar, Ź2.2 die Elemente trennbar 1,82 g · cm–3 2,16 g · cm–3 2,69 g · cm–3 2,25 g · cm–3 3,51 g · cm–3 Gemisch durch physikalische Verfahren in Reinstoffe trennbar Elementumwandlung beim radioaktiven Zerfall, Ź4.10 durch chemische Reaktionen aus durch physikalische Vorgänge Elementen oder Verbindungen (Mischen von Stoffen) Zusammensetzung aus gleichen Atomen, Ź2 aus Elementen in bestimmtem Massenverhältnis (AnBm) aus Reinstoffen in beliebigem Massenverhältnis (x A + y B) Phys.-chem. Eigenschaften typisch für jedes Element (Periodensystem Ź3.6) Die Eigenschaften der Elemente bleiben nicht erhalten. Die Eigenschaften der einzelnen Bestandteile bleiben erhalten. Beispiel Natrium, Chlor, Wasserstoff, Sauerstoff Natriumchlorid, Wasser Natriumchloridlösung Herstellung 1 Chemie in Technik und Umwelt Werkstoffe Werkstoffe sind Materialien mit technologisch und wirtschaftlich nutzbaren Eigenschaften. Die Werkstofftechnik befasst sich mit Aufbau, Eigenschaften, Gewinnung, Verarbeitung und Prüfung von Werkstoffen. Die natürlichen Rohstoffe – Steine, Erden, Sand, Salze, Erdöl, Erdgas, Kohle, Wasser, Luft, pflanzliche und tierische Rohstoffe – müssen erst zu geeigneten Werkstoffen mit den geforderten Eigenschaften weiterverarbeitet werden, um das Anforderungsprofil des technischen Bauteils zu erfüllen. Nach der elektrischen Leitfähigkeit werden Metalle und Nichtmetalle unterschieden. Halbleiterwerkstoffe aus Silicium, Germanium, Galliumarsenid u. a. ermöglichen die moderne Elektronik und Computertechnik. Durch gezieltes Einbringen von Fremdatomen (Dotieren) wird die Leitfähigkeit von reinstem Silicium vergrößert. Kunststoffe ersetzen herkömmliche Werkstoffe vielfach mit besseren physikalisch-chemischen, fertigungstechnischen und technologischen Eigenschaften und Kostenvorteilen. Naturkautschuk kann den Bedarf für Gummiwaren nicht decken. Betriebsstoffe sind Brenn- und Schmierstoffe. Erdöl, Erdgas, und Kohle aus den natürlichen Lagerstätten sind erst nach Förderung, Aufarbeitung und Veredelung einsetzbar. Nur 20 % des Rohöls sind leicht siedende Anteile; durch „Cracken“ schwerer Kohlenwasserstoffe (Ź10) wird daher die Benzinausbeute erhöht und die Klopffestigkeit verbessert. Arbeitsstoffe sind Chemikalien aller Art am Arbeitsplatz. Das langjährige Arbeiten mit gesundheitsschädlichen Stoffen – wie Quecksilber, Lösungsmitteln, Chromaten – kann Berufskrankheiten hervorrufen. Vorschriften regeln den sicheren Umgang mit Chemikalien (ŹTeil III). 1.4 5 Werkstoffe Ōņ Metalle und Legierungen (Ź5.3) Ň ňņņņņŏņņņņʼn Ň Eisenwerkstoffe Nichteisenmetalle Ň Ƒ Schwermetalle Ň Ƒ Leichtmetalle Ň Ōņ Nichtmetalle (Ź3.6) Ň ňņŏņņņņņņņʼn Ň Anorganische Stoffe Organische Stoffe Ň Ƒ Glas, Keramik Ƒ Kunststoffe Ň ŊņVerbundwerkstoffe (Ź5.10) Faserverstärkte Kunststoffe, Beton, Hartmetalle , sonstige Komposite Härte Wärmeleitfähigkeit Gießbarkeit Warmhärte Hitzebeständigkeit ŸDas Auslassventil eines Verbrennungsmotors muss heißen Gasen und Schlagkräften widerstehen und darf sich nur geringfügig dehnen. Chemische und physikalische Vorgänge Durch chemische Vorgänge werden aus Ausgangsstoffen (Edukte) neue Stoffe (Produkte) mit anderen Eigenschaften. Chemische Reaktionen spielen sich in den Elektronenhüllen der Atome ab (Ź5); dabei wird Energie frei oder verbraucht. Die chemischen Eigenschaften bestimmen die Reaktionsfreudigkeit und Korrosionsbeständigkeit eines Stoffes. Die physikalischen Eigenschaften erlauben die Charakterisierung eines Stoffes z. B. nach Farbe und Schmelzpunkt. Physikalische Vorgänge verändern die äußere Form oder den Aggregatzustand (Ź1.5), nicht aber den stofflichen Aufbau. Je nach Energiezustand ändert ein Tennisball oder ein Zahnrad seine Bewegung oder Gestalt, nicht aber seine chemische Zusammensetzung. Ausnahme: Bei kernphysikalischen Vorgängen entstehen durch Kernumwandlung neue Elemente, z. B. beim radioaktiven Zerfall von Radium entsteht Radon. Beispiele: Chemische Vorgänge Rosten, Anlaufen, Verzundern von Metall z. B. Eisen + Sauerstoff ĺ Eisenoxid. Verbrennung von Benzin oder Kohle elektrochemische Vorgänge in Batterien Gewinnung von Eisen im Hochofen Herstellen von Kunststoffen Abbinden von Beton und Mörtel Beispiele: Physikalische Vorgänge Einfrieren, Erwärmen, Verdampfen: Eis ĺ Wasser ĺ Wasserdampf Verflüssigung von Luft Formänderung und Erhitzung beim Zerspanen und Zertrümmern Gemischbildung im Otto-Motor Auflösen von Zucker oder Salz in Wasser Mischen von Gasen Magnetabscheiden von Erz 1 6 1.5 I Allgemeine und Anorganische Chemie Aggregatzustände und Eigenschaften der Materie (Stoffe) Materie nimmt Raum ein und besitzt Masse. Sie unterliegt der Schwerkraft (Massenanziehung) und verhält sich bei Änderung des Bewegungszustandes träge. Materie kommt in verschiedenen Aggregatzustände vor. Materie besteht aus Atomen und Elementarteilchen. Ź2 Bei chemischen Reaktionen wird Materie niemals aus nichts erzeugt oder vernichtet (Erhaltung der Masse). Auch elektromagnetische Strahlung besteht gleichwertig aus Teilchen, den Photonen. Ź2.4 Die Masse ist ein Maß für den Energieinhalt der Materie. Führt man im Alltag einem Körper Energie zu, so ändert sich seine Ruheenergie (und Masse) nur unmessbar wenig. Elementarteilchen und Antiteilchen hingegen können als Materie verschwinden und sich in Strahlung verwandeln. 1.6 Aggregatzustände fest flüssig gasförmig plasmaförmig: ionisierte Gase bei 10 000 °C EINSTEINsche Masse-Energie-Äquivalenz E Energie (J) m Ruhemasse (kg) c Lichtgeschwindigkeit (m/s) Die Sonne verliert durch Ausstrahlung jede Sekunde 4·1012 kg. Bei der Atombombe über Hiroshima am 6. August 1945 wurden etwa 0,1% von 2 kg Uran-235 in 1,6·1014 J Wärme und radioaktive Strahlung umgewandelt. Für 1 kg Wasser entspricht die Energie, es 10 km hoch zu heben oder um 20 °C zu erwärmen, einem Massenzuwachs von 1 Nanogramm. E = mc2 Gemische (Mischungen) 1.6.1 Homogene und heterogene Systeme Beispiele: Homogene und heterogene Systeme Im Labor untersucht man zweckmäßig eine überschaubare Probenmenge, die alles enthält, was stofflich und energetisch mit der Fragestellung im Zusammenhang steht. Dieser begrenzte Teil der Materie wird als System bezeichnet. Heterogene Systeme sehen uneinheitlich aus, müssen aber nicht unbedingt aus verschiedenen Stoffen bestehen. Homogene Systeme sehen einheitlich aus und bestehen in vielen Fällen aus einem Stoff. Einheitliche Anteile im uneinheitlichen System nennt man Phasen. Zwei unterschiedliche Phasen sind durch eine Grenzfläche voneinander getrennt. Ź5.8 Heterogen: Terrazzo besteht aus dunklem Natursteinsplit in hellem Mörtel. Eisenerz birgt Eisenoxid und taubes Gestein. Eis, Wasser und Wasserdampf bilden ein heterogenes Einstoffsystem mit drei Phasen (fest, flüssig, gasförmig). Homogen: Die klare Lösung von Kochsalz in Wasser ist ein einphasiges Zweistoffsystem. Phasen können fein verteilt sein oder eine einzige Berührungsfläche besitzen, z. B. ein Ölfilm auf Wasser, Öltröpfchen in einer Wasser-Öl-Emulsion. Schüttelt man Wasser und Benzin in einem Reagenzglas, trennen sich die Flüssigphasen nach kurzer Zeit wieder. Eine Phase eines Systems ist ein homogener Teil mit gleichen Eigenschaften und gleicher Zusammensetzung. Gemische bestehen aus mindestens zwei Stoffen, die chemisch nicht miteinander reagieren. Die Eigenschaften der beteiligten Stoffe (Komponenten) bleiben erhalten. Dagegen ändern sich die physikalischen Eigenschaften des Gemisches mit dem Mischungsverhältnis, z. B. in einer Kältemischung oder einer Legierung. Ein Gemisch ist homogen, wenn die Teilchen der Komponenten weniger als einen Nanometer groß sind und den Raum gleichmäßig ausfüllen. Beispiel: Lösungen. In heterogenen Gemischen sind die Teilchen größer als 1 nm. Nach dem Verteilungszustand (Dispersionsgrad) der vermischten Stoffe werden kolloiddisperse („Kolloide“) und grobdisperse Systeme unterschieden. Grobdispergierte Teilchen (>100 nm) kann man im Lichtmikroskop unterscheiden. Kolloiddisperse Ansammlungen von 1000 bis 109 Atomen sieht man als Streukegel in einem Lichtstrahl, z. B. in einer Staubwolke im Scheinwerferlicht. źTeilchengröße von Gemischen Gemische homogene Gemische heterogene Gemische (< 1 nm) („Gemenge“, > 1 nm) kolloiddispers grobdispers (1 nm … 0,1 m) (> 0,1 m) Dimensionsbetrachtung 10-7 cm = 10-9 m = 1 nm = 0,001 m 10-5 cm = 10-7 m = 100 nm = 0,1 m TYNDALL-Effekt Das Licht einer Taschenlampe wird beim Durchgang durch eine kolloidale Lösung an den feinstverteilten Teilchen seitlich gestreut. Ein trüber Lichtkegel erscheint im Medium.