«Regen ist Wasser; manchmal zu viel, bisweilen zu wenig» daniel.gerstgrasser@meteoschweiz, Zürich-Flughafen Inhalt • Unterengadin – trocken und gewitterarm, eine Einordnung • Klimaänderung – was bisher geschah • gewitterarm - nicht am 22. Juli 2015 • Ursachen des heftigen Gewitters, Radarbilder, Abschätzung Regenmenge • Das neue Niederschlagsradar auf dem Weissfluhgipfel • «Herausforderungen» bei der Erstellung von Wetterprognosen für das Unterengadin 2 Klimadiagramm Scuol © Zürich, Oktober 2014 Barbara Galliker 3 Jährliche Niederschlagsmenge Graubünden 1981-2010 (Normwert) 706 mm oder L/m2 696 713 1621 1671 4 Relative Sonnenscheindauer Graubünden 1981-2010 (Normwert) 1779h 1732h 5 Jährliche Niederschlagsmenge CH 545 6 Jährliche Niederschlagsmenge Alpenraum 7 Mittlere Blitzaktivität, Sommer 8 Fazit • das Unterengadin gehört zu den inneralpinen Trockentälern • Gebirgszüge im Norden, Süden und Westen halten den Niederschlag ab • in der Schweiz (Wallis) und auch im übrigen Alpenraum gibt es noch trockenere Regionen (Aostatal, Oberinntal, Ötztal, Vinschgau) • der Hauptniederschlag fällt im Unterengadin in den Sommer- und Herbstmonaten • trotz Hauptniederschlag im Sommer sind Gewitter im Vergleich zur übrigen Schweiz nicht sehr häufig 9 Klimaänderung – was bisher geschah TEMPERATUR Scuol: 1972-2011: +0.3°C/10 Jahre 10 Klimaänderung – was bisher geschah NIEDERSCHLAG 11 Klimaänderung – was bisher geschah WEITERE KLIMAINDIKATOREN GR • stark signifikante Abnahme der Frosttage (alle Regionen und Höhenstufen), Scuol -7.5/10a • markante Zunahme der Sommertage (alle Regionen und Höhenstufen), Scuol: +4.3d/10a • deutlicher Anstieg der Nullgradgrenze in allen Jahreszeiten (nur im Herbst nicht signifikant). Die Nullgradgrenze steigt rund 150-200 m pro 1°C Erwärmung. • signifikanter Rückgang der Tage mit Gesamtschneehöhe (≥5 cm / ≥30 cm) in allen Höhenlagen. • signifikante Abnahme der Neuschneesummen in den meisten Regionen unterhalb 2000 m ü. M. • nur teilweise signifikante Abnahme der maximalen Gesamtschneehöhe sowie der Tage mit Neuschnee Quelle: Klimabericht Kanton Graubünden 2012 12 Gewitter 22. Juli 2015 13 Allgemein: Zutaten für ein Gewitter • Sonne oder andere Hebung (Antrieb, Motor) • Feuchtigkeit (Treibstoff, «das Benzin») • Labilität (instabile Schichtung der Atmosphäre) Weitere wichtige Punkte: • Wind • wenig Wind ortsfeste/langsam ziehende Gewitter mit viel Regen • viel Wind, Änderung der Richtung mit der Höhe organisierte, langlebige Gewitter, grosser Hagel, Sturm • Temperatur • Warmluft kann mehr Feuchte aufnehmen grössere Regenmengen 14 Gewitter - Schema 15 Gewitter 22. Juli 2015 Vorgeschichte Region Scuol: • Mai: feucht • Juni: warm, leicht unterdurchschnittlicher Niederschlag • Ende Juni bis 22. Juli: Hitzewelle, bis 32.4°C (nahe am absoluten Rekord vom 4. August 2003: 33.1°C), • ab 16. Juli hohe Luftfeuchtigkeit und wiederholt Gewitter 22. Juli 2015, Region Scuol: • letzter Tag der Hitzewelle, aber noch viel Sonne bei hoher Luftfeuchte • aus W/SW nähert sich Kaltfront der Schweiz • am Nachmittag bereits auf der Alpennordseite teils heftige Gewitter • schwacher S/SW-Höhenwind stationäre Gewitter bzw. nur langsame Verlagerung sowie mehrmalige Auslösung an denselben Orten 16 17 Gewitter 22. Juli 2015, Radar CH Gewitter 22. Juli 2015, Radar zoom GR, 16h bis 23h 18 Gewitter 22. Juli 2015, Radarsumme 3h grobe Abschätzung! 19 Niederschlagsmessung mit Radar Problem: Abschattung des Radarsignals durch die Berge vor allem Wallis und Graubünden Verbesserung durch zwei neue Radarstandorte im Wallis (Plaine Morte - 2014) und GR (Weissfluhgipfel - 2016) 20 Radarnetz Schweiz bis 2014 Tiefste Messhöhe des Radarstrahls z.B. unteres Rheintal: unterhalb etwa 2100m ist Radar „blind“ Unterwallis: 2700m Oberwallis: 3900m Unterengadin: 6000m 21 neuer Radarstandort Weissfluhgipfel seit Januar 2016 Tiefste Messhöhe des Radarstrahls: Unterengadin ≈ 3500m 22 Mittlere Blitzaktivität, Sommer 23 Blitzaktivität, Sommer 2015 24 «Herausforderungen» Wetterprognosen Unterengadin Beispiel Südföhn 25 «Herausforderungen» Wetterprognosen Unterengadin Beispiel Nordstau 26 «Herausforderungen» Wetterprognosen Unterengadin Das Unterengadin ist häufig irgendwo zwischen den «Extrema» (s. Beispiele Südföhn und Nordstau) insgesamt überwiegt jedoch der Nordeinfluss inneralpine Lage bewirkt bei Strömungslagen häufig leichten Föhneffekt (absinkende Luft über dem Talboden) zusätzlich: Unterengadin ist die östlichste Region der Schweiz, Fronten aus Westen (Hauptwindrichtung) erreichen die Region zuletzt (am längsten «schön») und meist in abgeschwächter Form ziehen aber auch am spätesten ab (am längsten «belastet») 27 Prognosenerstellung Globales Prognosemodell • weltumspannendes Gitternetz im Abstand von ca. 9 km • 150 vertikale Schichten • ergibt Millionen von Gitterpunkten • an jedem Gitterpunkt müssen in Minutenabständen verschiedene physikalische Gleichungen berechnet werden (bis Tag+10) • gewaltiger Rechenaufwand ! 28 Prognosenerstellung • Gitternetz mit höherer Auflösung (6.6 km / 2 km / 1 km) in einem begrenzten Gebietsausschnitt • 60 vertikale Schichten • An den Rändern muss dieses Modell Informationen von einem globalen Modell erhalten • Verwendung für Kurzfristprognose (0 bis 24 / 72 Stunden) 29 Prognosenerstellung - Probleme • Der exakte Zustand der Atmosphäre ist nie genau bekannt (Anfangszustand) • limitierte Anzahl Beobachtungen (v. a. über Meer) • Beobachtungen sind nie exakt • Modellauflösung ist Vereinfachung der Realität • Modell weiss nicht was zwischen den Gitterpunkten passiert (z.B. kleinräumige Gewitter, Talwind) • Orografie (z.B. Alpen) geglättet: höchster Alpengipfel im lokalen Modell (COSMO2) ca. 3950 Meter, im globalen (EZMW) nur etwa 3000 Meter… 2 km-Modell 7 km-Modell Region Mont Blanc 40 km-Modell 30 neues Prognosenmodell COSMO1 operationell ab Sommer 2016 Modellorografie COSMO 2 (2x2 km) Modellorografie COSMO 1 (1x1 km) Walensee, Churer Rheintal, Prättigau, Surselva, Domleschg 31 Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit !! Fragen ?? 32 Gletschschwund © Zürich, Oktober 2014 Barbara Galliker 33 Gletschschwund © Zürich, Oktober 2014 Barbara Galliker 34 Gletscherschwund © Zürich, Oktober 2014 Barbara Galliker 35