LWL – Kliniken Marsberg Umgang mit Patienten mit Migrationshintergrund Judentum Die jüdische Religion ist eine der ältesten Religionen. Aus ihren Wurzeln entstanden sowohl das Christentum als auch der Islam. Allen drei Religionen gemeinsam ist der Glaube, dass die Welt und die ganze Schöpfung das Werk des allein wirkenden und allein existierenden Gottes sind. Juden erwarten den Messias und das Gericht am Ende der Zeiten. Obwohl der Glaube an ein Leben nach dem Tode und an eine Wiederauferstehung der Toten vorhanden ist, wird das diesseitige Leben stark bejaht. Im Judentum gibt es orthodoxe, reformistische und liberale Ausrichtungen. Gläubige Juden verstehen das gesamte Leben als Dienst an Gott. Der Spruch „Ich habe den Herrn allezeit vor Augen“ der auf der Vorderwand zahlreicher Synagogen steht, kennzeichnet die traditionelle jüdische Frömmigkeit. Orthodoxe Juden beten dreimal am Tag: am Morgen (schaharit), am Nachmittag (minha) und am Abend (maarib). Zu diesen Zeiten brachte man früher Opfergaben im Tempel von Jerusalem dar, so dass das Gebet in gewissem Sinne den Tempeldienst nach der Zerstörung des Gotteshauses fortsetzt. Als Zeichen des Respekts vor Gott bedecken die Juden ihren Kopf während des Gebets mit einem Hut oder einem Gebetskäppchen (kippa; jiddisch: yarmulke). Fromme Juden halten ihren Kopf sogar ständig bedeckt, um auf Gottes stetige Präsenz zu verweisen. Das Studium der Thora (der fünf Bücher Mose), in der sich nach jüdischer Auffassung der Wille Gottes offenbart, zählt im rabbinischen Judentum ebenfalls zum Dienst an Gott. Während des täglichen Morgengebets rezitieren die Gläubigen Stellen aus der Heiligen Schrift und dem Talmud. Am Montag- und Donnerstagmorgen erfolgt das Entnehmen der Thora aus dem Schrein am Kopf der Synagoge im Rahmen einer feierlichen Prozession vor dem Gottesdienst. Judentum im täglichen Leben Von zentraler Bedeutung sind die Einhaltung des Schabbat (Samstag als heiliger Wochentag) und des Kaschrut (Ernährung nach den Vorschriften des jüdischen Religionsgesetzes). Die jüdischen Speisegebote gehen auf den Tempelkult zurück. Der häusliche Esstisch wird analog zum Altar des Herrn aufgebaut. Bestimmte Tiere gelten als unrein und dürfen daher nicht gegessen werden. Hierzu zählen Schweine und Fische ohne Flossen oder Schuppen. Erlaubt (koscher) ist das Fleisch von Tieren mit gespaltenen Hufen, die ihr Futter wiederkäuen, jedoch nur, wenn der Schlachter strenge Regeln beachtet und das gesamte Blut vor dem Verzehr vollständig entfernt hat. Fleisch und Milchprodukte dürfen nicht zusammen verzehrt werden. Dateiname: Ersteller: Judentum (01).doc AG „Transkulturelle Pflege“ Seite: Stand: 1 von 2 2003 LWL – Kliniken Marsberg Umgang mit Patienten mit Migrationshintergrund Judentum Besondere rituelle Aspekte Im Judentum ist die Beschneidung der männlichen Kleinkinder als Teil des Bundes von Abraham mit Gott vorgeschrieben. So muss jeder männliche Jude unter Androhung der Ächtung durch die Gemeinschaft von Israel am achten Tag nach seiner Geburt beschnitten werden. Dabei bedient man sich eines Mohel, eines Mannes mit den notwendigen chirurgischen und religiösen Kenntnissen. Nach einem rituellen Gebet beschneidet er das Kind, gibt ihm seinen Namen und segnet es. Mit 13 Jahren erreichen Jungen die Volljährigkeit und übernehmen von da an selbst die Verantwortung für die Beachtung aller Gebote (Bar-Mizwa). Mädchen sind mit zwölf volljährig und feiern dies in modernen, liberalen Synagogen mit dem gleichen Ritus wie die Jungen. Jüdische Feiertage • Passah („Frühlingsfest“) markiert den Beginn der Gerstenernte, die 50 Tage später mit dem Wochenfest (Fest der Schnitternte) endete. Durch das Lesefest wird die Herbsternte gefeiert, der eine zehntägige Phase der allgemeinen Reinigung vorausgeht. Passah erinnert an den Exodus aus Ägypten. • Shawuot erinnert an die Übergabe der Gesetzestafeln auf dem Berge Sinai, weshalb zu diesem Anlass die feierliche Verlesung der Zehn Gebote in der Synagoge gehört. • Rosh Haschana („Neujahr“) Hiermit beginnt die zehn Tage währende Bußzeit vor dem Herbstfest und endet mit Jom Kippur. • Jom Kippur („Versöhnungstag“) Nach alter Tradition wird die Welt an jedem Neujahrstag gerichtet und der Bund am Versöhnungstag von neuem besiegelt. Am Neujahrstag ruft ein Widderhorn (schofar) das Volk zur Busse auf. Der Versöhnungstag, der heiligste Tag des jüdischen Kalenders, dient dem Fasten, dem Gebet und der Beichte. • Chanukka („Tempelweihfest“) feiert den Aufstand der Makkabäer gegen den syrischen König Antiochus IV. 165 v. Chr. und die anschließende Weihe des zweiten Tempels. • Purim („Losfest“) wird die Befreiung der persischen Juden durch Esther und Mordekai gefeiert. • Sukkot („Laubhüttenfest“) ist eines der drei jüdischen Wallfahrtsfeste, an dem seit biblischer Zeit Wallfahrten nach Jerusalem unternommen wurden. Symbol des Festes ist die Sukka, die Laubhütte, in der man während der sieben Tage wohnt oder speist. Die Laubhütte soll an die Wüstenwanderung der Israeliten vor ihrem Einzug ins Heilige Land erinnern, während der sie keine festen Wohnhäuser hatten. Quellen: - „Professionelle Transkulturelle Pflege“ , D. Doeming (Hrsg.), Verlag Hans Huber - Judengasse http://www.doctool.net/jg/index.htm - Text von Ch. Zumbach Dateiname: Ersteller: Judentum (01).doc AG „Transkulturelle Pflege“ Seite: Stand: 2 von 2 2003