FWF-Projekt Kasperls komische Erben (2011) http://lithes.uni-graz.at ANMERKUNGEN Franz Xaver Karl Gewey: Modesitten, II. Gemälde Andrea BRANDNER-KAPFER (Hrsg.) Modesitten, II. Gemälde Überlieferung 1. [Modesitten, II. Gemälde] Gebundenes, fragmentarisches Manuskript fremder Hand; 52 Blatt; Gr.-8° (245 x 200 mm) Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Signatur H.I.N. 156.504 (149.413 Ia) (h1, Editionsgrundlage) Das aus dem Nachlass des Franz Xaver Karl Gewey stammende Manuskript wurde vermutlich aufgrund der Tatsache, dass ein Titel fehlt, für eine Abschrift des ersten Teils der Modesitten angesehen. Der inhaltliche Befund ergibt jedoch, dass die Handschrift eine, und zwar die erste, Fortsetzung der Modesitten darstellt. Schreibblatt Das Manuskript umfasst 52 Bögen, davon sind 51 beschrieben, und es weist eine unvollständige (durch die Bindung verlorengegangene ?) Lagenzählung (L 2 – S 9; 3 – 17; 4 – 25; 5 – 33; 6 – 41) auf. Diese Lagenzählung stammt vom Schreiber, eine zusätzliche Paginierung jeder ungeraden Seite am rechten oberen Seitenrand stammt von einer späteren Hand. Der Schreiber benutzte ausschließlich schwarze Tinte, Verschreibungen oder Korrekturen sind nicht zu vermerken. Einband Das Manuskript schützt ein schwarz-weißer Kartoneinband aus späterer Zeit, links oben ist eine Etikette mit der Signatur der Bibliothek angebracht. Schrift und Schreiber Der Text stammt von einer Hand. Es handelt sich um gut lesbare Kurrente in Tinte. In der Handschrift gibt es keinerlei Einträge einer anderen Hand, eines Bearbeiters, lediglich eine Paginierung wurde dem Manuskript hinzugefügt. Besonderheiten: fragmentarischer Charakter, fehlerhafte Bindung des Manuskriptes Bei der Handschrift handelt es sich um ein Fragment. Es fehlen das Titelblatt mit dem korrekten Titel, ein Personenverzeichnis und der gesamte dritte Akt. Auf Seite 1 links oben findet sich die spätere Betitelung Modesitten sowie darunter die Signatur Ser. Nov. 9344, rechts oben von gleicher Hand mit Bleistift die Nennung des Autors Gewey, F.H., darunter der Eintrag der Inventarnummer I.N. 156.504 mit roter Tinte. Blatt 51v und 52r sind unbeschrieben und tragen den Stempel der Wienbibliothek, am vorderen Einbanddeckel (durch ein Etikett) sowie auf der ersten Umschlagseite (handschriftlich mit roter Tinte) ist die Signatur der Wienbibliothek vermerkt (Ja 149.413). Die Handlung beginnt auf Blatt 1r, S. 1 und endet auf 51r, S. 101. Die Paginierung erfolgte nach der Bindung der Handschrift, einzelne Seiten sind dabei falsch eingebunden worden. Vgl. dazu die Tabelle unten (Textgrundlage – Zur Edition). Textgrundlage Der edierte Text basiert auf dem einzig erhaltenen, unbetitelten Textzeugen [Modesitten, II. Gemälde] (h1). Zur Edition Hervorhebungen einzelner Wörter durch Unterstreichung wurden übernommen, ebenso beibehalten wurde die uneinheitliche Schreibweise folgender Wörter: Artzt – Arzt, attentriert – attendriert, Ducaten – Dukaten, Fany – Fanny, gallant – galant, Gänseschlegel – Gänseschlägel, gibt – giebt, heurathen – heuraten, müste – müßte, weiß – weis sowie wüste – wüßte. 1 ANMERKUNGEN Franz Xaver Karl Gewey: Modesitten, II. Gemälde Andrea BRANDNER-KAPFER (Hrsg.) FWF-Projekt Kasperls komische Erben (2011) http://lithes.uni-graz.at Das Manuskript ist gebunden, wobei einzelne Seiten falsch eingebunden worden sind. Als Konsequenz daraus müssen einzelne Seiten inhaltsrichtig umgestellt werden: 1. Akt ist korrekt im Ablauf, im 2. Akt ergibt sich der Ablauf der Seiten wie folgt: Seiten 49-56, 81-82, 57-60, 83-84, 61-70, 73-76, 71-72, 85-94, 77-80 und 95-101; dies entspricht unten angeführter Szenenaufteilung: h1 1 – h1 51 h1 51 – 56, h1 81, h1 82 h1 57 – h1 60 h1 83 – h1 84 h1 61 – h1 70 h1 73 – h1 76 h1 71 – h1 72 h1 85 – h1 94 h1 77 – h1 80 h1 95 – h1 101 Act I, Act II, Scena 1 Act II, Scena 1, Scena 2 Act II, Scena 3, Scena 4 Act II, Scena 4 – 6 Act II, Scena 6 – 9 Act II, Scena 9 Act II, Scena 9 – 10 Act II, Scena 10 – 13 Act II, Scena 13 – 14 Act II, Scena 15 Lesarten, Varianten und Korrekturen 3,33 Torteln] h1 Selbstkorrektur, streicht -h (Thorteln) 3,36 den ‹…› um] h1 Auslassung 6,48 ‹…› Da muß] Korrektur der Herausgeberin, tilgt: Da 8,39 drüber ‹…›] Korrektur der Herausgeberin, tilgt: respec10,27 diese ‹…› Coquette] h1 Auslassung 10,29 Galle ‹…› im] Korrektur der Herausgeberin, tilgt: mir 12,3 ich] Korrektur der Herausgeberin, h1: dich 13,21 ich] Ergänzung der Herausgeberin 13,28 die] Korrektur der Herausgeberin, h1: der 13,39 spielt] Ergänzung der Herausgeberin, h1: spiel 13,51 gib’] Korrektur der Herausgeberin, h1: gibt 14,15 teutsch] Ergänzung durch die Herausgeberin, h1: teusch 17,30 3] Korrektur der Herausgeberin, h1: 2 19,18 mich] Ergänzung der Herausgeberin, h1: ich 19,19 beleidigt] Ergänzung der Herausgeberin, h1: beleidig 19,43 steht] Ergänzung der Herausgeberin 23,10 peau de ‹…›] h1 Auslassung 23,10 Leibe] Ergänzung der Herausgeberin, h1: Lebe 23,13 Ausbleiben] Korrektur der Herausgeberin, h1: Aussenbleiben 23,20 Hr. Kornh.] Ergänzung der Herausgeberin, fehlt in h1 23,24 Gr. Ortenb.] Ergänzung der Herausgeberin, h1: als Text des Kammerdieners ausgewiesen 24,11 lernt] Ergänzung der Herausgeberin 24,15 wird] Korrektur der Herausgeberin, h1: wie 24,31 11] Korrektur der Herausgeberin, h1: 12 25,9 und ‹…› legt] Korrektur der Herausgeberin, tilgt in h1 doppeltes: und 25,16 12] Korrektur der Herausgeberin, h1: 14 26,14 13] Korrektur der Herausgeberin, h1: 15 26,38 kam] Korrektur der Herausgeberin, h1: kamm 26,42 in] Ergänzung der Herausgeberin 26,48 so ‹…› Gegenständen ] h1 [unleserlich] 28,17 14] Korrektur der Herausgeberin, h1: 16 29,6 15] Korrektur der Herausgeberin, h1: 17 29,49 sich] Korrektur der Herausgeberin, h1: sie Uraufführung 16. April 1805 am Theater an der Wien 1 1 Vgl. Anton Bauer: 150 Jahre Theater an der Wien. Zürich, Leipzig, Wien: Amalthea 1952, S. 278. 2 FWF-Projekt Kasperls komische Erben (2011) http://lithes.uni-graz.at ANMERKUNGEN Franz Xaver Karl Gewey: Modesitten, II. Gemälde Andrea BRANDNER-KAPFER (Hrsg.) Inhalt Das fragmentarisch erhaltene „2. Gemälde“ der Modesitten führt die Handlung zwei Jahre nach Ende des ersten Teiles fort, wobei im ersten Akt die Geschehnisse im Hause Wartenbach und im zweiten Akt jene der von Kornhelms weiter verfolgt werden. Die modernen Sitten sind dieselben geblieben, wie schon zu Beginn des Stückes im Dialog der Bediensteten ersichtlich wird: Mit Betrug und Wucher (Spekulation) sowie dem „Schnipfen“ von Geld und Gegenständen („Heut zu tage heißt man so was nur finden“, h1 5) bessern sich die Dienstboten ihr Gehalt auf, das ohnehin nur unregelmäßig, die moderne Haushaltung der Hausleute lässt nicht mehr zu, ausbezahlt wird. Eingang in das Stück finden auch der respektlose Umgang mit Autorität (so etwa als die beiden jungen Söhne Wartenbachs den Hofmeister frech verhöhnen) und die Triebgesteuertheit der weiblichen Hausangehörigen: der Dame, der Tochter und des Stubenmädchens gleichermaßen. Während Herr von Wartenbach sich ahnungslos den Bericht seines Bediensteten Jakob über den Tagesablauf seiner Gattin anhört, schmiedet diese bereits einen Racheplan an ihrer ehemaligen Freundin und nunmehrigen Konkurrentin um die Gunst des Hofmeisters, dem auch die Tochter des Hauses, Fanny, förmlich zu Füßen liegt. Herr von Wartenbach hingegen glaubt seine Tochter nach deren Rückkehr aus dem Kloster für gebessert und seine Gattin an der zwei Jahre zurückliegenden Misere für unschuldig, lediglich ihre Spielleidenschaft erkennt er als solche an und er rationiert vorbeugend ihr Taschengeld, sie hingegen versetzt heimlich seine Kleidung. Unterdessen verstehen sich die von Kornhelms großartig, sogar ein gemeinsamer Plan wird geschmiedet, wie Frau von Kornhelm einen ihrer vermögenden Galanten, den Grafen Ortenburg, der die Kornhelms aushalten soll, zurückgewinnen soll. Herr von Kornhelm überbringt sogar den Brief an Ortenburg, liest diesen abwechselnd unter Tränen mit jenem und überzeugt ihn zur Rückkehr zur Frau von Kornhelm, da der Trennungsgrund vorgeblich einem Missverständnis folgte. Frau von Kornhelm überzeugt ihren ehemaligen Galan in tragisch-komischer Weise von ihrer Unschuld, weder hätte sie andere Chapeaus neben ihm gehabt, noch hätte sie sich den Gegenwert des Services in betrügerischer Absicht auszahlen lassen, sondern brauchte den Betrag zur Unterstützung (Rettung) einer notleidenden Familie („die schönste Handlung meines Lebens“ (h1 94)). Ortenburg glaubt den Lügen der Frau von Kornhelm und überlässt den Kornhelms überdies zur Tilgung von ebenso erfundenen Arztkosten großzügig seine Börse, die Frau von Kornhelm an sich nimmt. Einen weiteren Botendienst soll ihr Mann erledigen, nämlich einen Brief an die Frau von Wartenbach überbringen, deren Haus der Ort der künftigen Rendezvous Frau von Kornhelms mit ihrem heimlichen Geliebten, von dem sie auch nach der Aussöhnung mit Ortenburg nicht ablassen will, werden soll. Mit dem Ende des zweiten Aktes bricht auch die Überlieferung ab. Wort- und Sachkommentar 2,17 tracktirt] traktieren: bewirten 2,50 Haberspekulation] Haber: Hafer 3,25 chapiert] echapiert: entlaufen, entflohen 3,25 Chapeau] Liebhaber 4,38 Neusonntagskind] Joachim Perinet [Bearbeiter]: Das Neusonntagskind. Singspiel in zwei Aufzügen (Uraufführung, Erstdruck 1794) nach Philipp Hafners Lustspiel in drei Aufzügen: Der Furchtsame. UA am 1.9.1764, Kärntnertortheater, Wien; Erstdruck Wien: Kurzböck 1764. 5,35 Trackteur] Wirt; traktieren: bewirten 6,48 Altrum tantum] lat. Alterum tantum: noch einmal so viel 8,45 Cadeau] frz. Geschenk 11,5 Attention] Abl. aus attent, attentiv: aufmerksam, achtsam 13,37 per parenthesie] als Parenthese, Zwischensatz, Einschub 13,44 pour tout partage] wörtl.: als vollständige Zuteilung 14,27 Appanage] Apanage, Abfindung 14,38 Rezitive] Rückschläge, Rückfälle in die Krankheit 15,12 bruit] frz. Gerücht, Wirbel, Geräusch, Lärm 15,23 Point d’argent, point de suisse] frz. Sprichwort: wörtl.: kein Kreuzer, kein Schweizer; d. h. kein Geld, keine Ware 15,51 itre] möglich: pitre (Hanswurst) oder titre: Titel, Anrede 16,2 enfiliren] verstricken, einfädeln, militärisch: unter Beschuss nehmen 16,18 bruillirt] frz. brouillé: zerworfen, verfeindet 16,29 raccomodement] frz. (m.) raccommodement: Wiederversöhnung 16,39 De tout mon coeur] frz. recte: de tout coeur: von ganzem Herzen 16,48 Qui non risica non rosica.] ital. recte: Chi non risica non rosica: wer nicht wagt, der nicht gewinnt 17,2 ambassade] Botschaft 17,2 Kreditiv] Beglaubigungsschreiben 17,3 tendre] zärtlich, liebevoll 17,3 pitoyable] erbarmens-, mitleidenswert 17,5 attentrirt] erregt Mitleid 3 FWF-Projekt Kasperls komische Erben (2011) http://lithes.uni-graz.at ANMERKUNGEN Franz Xaver Karl Gewey: Modesitten, II. Gemälde Andrea BRANDNER-KAPFER (Hrsg.) 17,27 soupponiren] zu vermuten, davon auszugehen 17,35 manque] frz. Fehler, Schuld, Mangel 17,43 embarras] frz. Notlage 18,13 bassesse] frz. Infamie 18,20 home comme il faut] etwa: den schicklichen Menschen 19,10 petschiren] versiegeln 19,18 requetir] vermutl. Abl. aus lat. requirere: vermissen 19,23 Sentiments] frz. Empfindungen, Gefühle 19,25 Douceur] frz. Süße, Sanftheit 19,29 Capricen] Launen 19,42 espece dèpis amoureux] espece depuis amour: wörtlich: Art von Liebe 19,45 air malin] etwa: schelmische Art 20,2 attachirt] verbunden 20,6 emparirt] s'emparer: überkommen, durchzucken 20,20 Pour la rarité du fait] wörtlich: aufgrund der Seltenheit dieser Tatsache 20,31 Ôtez vouz d’ici!] Entfernt euch von hier! 20,39 stupèfait] erstaunt, verblüfft 21,5 Particularischen] Besonderheiten, Persönlichem 21,12 plantirt] frz. planter qn.: jemanden verlassen 21,14 la dupe] der Betrogene 21,29 Compassion] Mitleid, Mitgefühl 21,45 malhonetten] frz. malhonnête: betrügerisch, unredlich 21,50 Juste Ciel!] Gerechter Himmel! 22,17 Voyons voire!] etwa: Aber siehe! 23,6 perhorrescire] perhorreszieren: entschieden ablehnen, zurückweisen 23,27 implacable] unversöhnlich, gnadenlos 24,47 Lit de répos] wörtlich: Bett der Erholung; Ruhebett 26,11 expectorirt] vgl. lat. expectorare: aus dem Herze reißen 26,19 inconsolable] untröstlich 26,30 dernier point] etwa: allerneueste Mode 26,42 Estaffette] Meldegänger 26,48 évitirt] Abl. aus lat. evitare: vermeiden 27,9 Comment donc?] Wie das? 27,18 Zene] Szene 27,20 Poursuivez!] Fahren Sie fort! 27,20 Je vous en prie] Bitte sehr 27,34 impardonable] frz. impardonnable: unverzeihbar, unentschuldbar, sträflich 27,35 hors de moiméme] frz. hors de moi-même; wörtl. außer mich selbst (außer sich selbst sein) 27,51 epérduement] frz. éperdument: über alle Maßen, völlig 28,3 condedirt] event. Ableitung aus frz. se dédire: sich lossagen, widerrufen; lat: condemnare: verdammen, verurteilen 28,27 c’est bien drole] recte: c’est bien drôle: das ist sehr drollig, hübsch 29,13 admirire] vgl. admirabel: bewundernswert; hier: bewundern 29,32 fatigant] strapaziös, erschöpfend, anstrengend 29,44 a condition] nur wenn; unter der Voraussetzung, dass... 4