5 Themenkreis: Das Geld Money 5 Das Geld Welche Rolle spielt Geld in unserer Wirtschaft? 5.1 Entwicklung, Arten und Funktionen des Geldes Wie verlief die Geschichte des Geldes? 5.2 Geldproduzenten und Geldproduktion des Euro Wer trägt die Verantwortung in der Europäischen Währungsunion? 5.2.1 Die Mitgliedstaaten der europäischen Währungsunion lassen Münzen prägen Wie sind die Euro-Münzen beschaffen? 5.2.2 Notenmonopol der Bundesbank bzw. des Eurosystems Wie werden die Banknoten ausgegeben und gesichert? 5.2.3 Die Geschäftsbanken schöpfen Buchgeld Wie wird Buchgeld geschaffen? 5.2.3.1 Das Giralgeld Wie funktioniert Giralgeld? 3334210 5.2.3.2 „Transport“ von Giralgeld – Organisation des bargeldlosen Zahlungsverkehrs Wie ist der bargeldlose Zahlungsverkehr organisiert? 5.2.3.3 Giralgeldumlauf und Mindestreservepflicht Was sind Giralgeldschöfpung und Mindestreservepflicht? 5.2.4 Die Banken in Deutschland Wie sieht die Bankerlandschaft in Deutschland aus? 5.3 Die Ordnung des Geldwesens Was enthält eine Geldverfassung? 5.3.1 „Währung“ Welche Bedeutung hat der Begriff „Währung“? 5.3.2 Der Euro Wie kam es zum Euro? 5.3.2.1 Entstehungsgeschichte des Euro Wie verlief die europäische Wirtschaftsintegration bisher? 5.3.2.2 Die Entwicklung des Euro Ist der Euro eine stabile Währung? 5.3.3 Eurosystem und Europäisches System der Zentralbanken (ESZB) Wie sind das Eurosystem und die Europäische Zentralbank aufgebaut? 5.3.4 Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbank Welches sind die Aufgaben der Zentralbank der BRD und wie ist sie aufgebaut? 5.3.5 Erweiterung des Euroraums Wie entwickelt sich die Europäische Währungsunion? 5.4 Geldwert und Geldwertänderungen Welchen Wert hat der Euro im In- und Ausland? 5.4.1 Der Binnenwert des Geldes Welchen Wert hat eine Münze? 5.4.2 Bestimmungsgrößen des Geldwertes Welche Aussagen macht die Fishersche Verkehrsgleichung? 5.4.3 Geldwertmessungen Welche Probleme treten bei der Geldwertmessung auf? 5.4.4 Der Außenwert des Geldes Wie viel kostet ein Dollar? 5.4.5 Wechselkurssysteme Welche Wechselkurssysteme haben sich entwickelt? 5.4.6 Das System von Bretton-Woods Ein Währungssystem auf Zeit! 5.4.7 Das europäische Währungssystem Ein Währungssystem auf Zeit? 5.4.8 Die Korrektur des Wechselkurses Was sind Auf- und Abwertungen? 5.5 Die Zahlungsbilanz Welche Informationen enthält die Zahlungsbilanz? 5.5.1 Die Leistungsbilanz Wie ist die Leistungsbilanz aufgebaut? 5.5.2 Die Kapitalbilanz Welche Daten nimmt die Kapitalbilanz auf? 5.5.3 Die Zahlungsbilanz des Euroraums Welche Zahlungsbilanz hat der Euroraum? 5.5.4 Die Zahlungsbilanzungleichgewichte Sind Zahlungsbilanzungleichgewichte zu beheben? 5.6 Geldwertstörungen Was sind die Ursachen, Arten und Auswirkungen von Geldwertstörungen? 5.6.1 Ursachen der Inflation Wie kommt es zur Inflation? 5.6.2 Arten der Inflation In welchen Formen tritt Inflation auf? 5.6.3 Auswirkungen der Inflation Welche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen hat eine Inflation? 5.6.4 Die Deflation Bringt eine Deflation mehr Vor- oder Nachteile? 5.7 Aufgaben zum 5. Themenkreis zur Kontrolle des Lernerfolgs Was habe ich gelernt? 3334211 211 5 Welche Rolle spielt Geld in unserer Wirtschaft? Das Geld Money Arbeitsvorschläge 1 Was hätte am Anfang dieses Themenkreises abgebildet werden müssen, wäre dieses Buch vor 5000 Jahren geschrieben worden? 2 Welche Probleme könnten auftreten, falls Sie mit einer Tasche voller Banknoten 5.1 Urlaub auf einer Südseeinsel machen möchten, auf der es keine Bank gibt? 3 Woran denken Sie, wenn Sie das Wort „Geld“ hören? Erstellen Sie eine Mindmap (s. S. 50) zum Thema „Geld“ und/oder „money“. Wie verlief die Geschichte des Geldes? Entwicklung, Arten und Funktionen des Geldes The Origin, History and Functions of Money Die Geschichte des Geldes lässt sich in mehrere Stufen einteilen, die zwar sachlich deutlich verschieden, zeitlich aber nicht gegeneinander abzugrenzen sind: 1. Warengeld, 2. Metallgeld, 3. Münzgeld, 4. Papiergeld und 5. Buchgeld. Aufgrund der Forschungsergebnisse der Geschichtswissenschaft kann man sagen, dass es wohl kaum ein Gut gegeben hat, das nicht einmal in irgendeinem Land als Geld Verwendung fand. Manche Völker bevorzugten dabei Nahrungsmittel, wie Reis, getrocknete Fische, Olivenöl, Nüsse, Weizen, Mais, Salz oder Datteln, andere dagegen wieder Waffen, wie z. B. Messer, Flinten, Säbel, Pulver. Bei anderen Stämmen waren Edelsteine, Schmuckgegenstände aus Bronze, Silber und Gold oder Kaurimuscheln beliebter. Daneben erfüllten aber auch Kleidungsstücke sowie Häute und Pelze, Werkzeuge, Metalle, Tabak, Butter, Wein, Vieh, Sklaven oder riesige Steine die Geldfunktion. Eine besondere Rolle innerhalb dieses Warengeldes spielte jedoch fast bei allen Völkern das Vieh. Das beweist auch die Ableitung der für Geld bei verschiedenen Völkern verwendeten Bezeichnung. So stammt das lateinische Wort „pecunia“ von pecus = Rindvieh und auch das deutsche Wort „Pfennig“ geht 212 auf dieses Wort zurück. Die indische Rupie leitet sich von dem Ausdruck rupa = Viehherde her und der alte englische Ausdruck für Geld „fee“ ist mit dem germanischen Wort „Vieh“ identisch. Alle als Geld Verwendung findenden Objekte wiesen aber gewisse Mängel auf. So traten vor allem bei der Verwendung von Sklaven und Vieh als Tauschmittel in erster Linie dadurch erhebliche Nachteile auf, dass es sich hierbei um sehr wertvolle Maßeinheiten handelte, die sich nicht gut zum Tausch gegen weniger wertvolle Güter eigneten. Außerdem kam die Schwierigkeit hinzu, die unvermeidlichen Qualitätsunterschiede in angemessener Weise zu berücksichtigen. Schließlich musste noch das Risiko von Krankheit und Tod in Kauf genommen werden. Als besonders geeignetes Zwischentauschmittel wurden schließlich die Metalle, wie Gold, Silber, Kupfer, erkannt. Aus den Anfängen dieser Entwicklung stammt der Begriff des Wägegeldes, d. h., die zur Zahlung verwendeten Metalle wurden abgewogen (vgl. Geldnamen wie Pfund, Lire). Später erhielten die Metalle bestimmte Formen, sie wurden in Ringe, Stäbe und Barren gegossen. Circa 650 Jahre v. Chr. wurden die ältesten uns bekannten 3334212 Münzen von den Lydern in Kleinasien hergestellt. Zunächst wurden vollwertige Münzen (= Kurantmünzen) aus Gold und Silber, später durchwegs unterwertige Münzen (= Scheidemünzen) geprägt. Führendes Münzmetall ist bis heute das Silber geblieben. In großen Mengen vorhanden, entwertete es sich unter Schwankungen ständig. Diese Erscheinung ließ die jeweiligen Landesfürsten an der Geldherstellung verdienen. Ja, sie förderten diese Erscheinung geradezu. Die Erfindung des Münzgeldes war zweifellos ein großer Fortschritt. Münzen aus Edelmetallen besaßen den Vorteil der Wertbeständigkeit gegenüber anderen Tauschgegenständen. Die Ausweitung des Handels und damit auch des Geldverkehrs brachte jedoch die Notwendigkeit mit sich, das schwere Münzgeld durch eine bequemere Zahlungsart zu ersetzen. Andererseits mag auch die vorübergehende Geldknappheit mancher Landesherren die Erfindung des Papiergeldes beschleunigt haben. Das erste Papiergeld war aber nicht Geld an sich, sondern als Anweisung zur Auszahlung von Münzgeld gedacht. Als die eigentlichen Schöpfer des Papiergeldes gelten die Chinesen. Marco Polo fand auf seinen Reisen 1276 kaiserliche Banknoten aus Papier. Papiergeld braucht Vertrauen, d. h., es muss von jedermann jederzeit in Waren oder andere Vermögenswerte umgetauscht werden können. In früherer Zeit wurde dieses Vertrauen durch eine vollständige Golddeckung – im Laufe der Geschichte nur mehr durch eine teilweise Deckung – gestützt. Heute besteht keine Golddeckungspflicht der Notenbanken mehr. Die Deckung in der Bundesrepublik Deutschland besteht allein im Vertrauen in die Wirtschaftskraft des Landes. In der modernen Volkswirtschaft spielt auch das Bargeld keine führende Rolle mehr. Das Buch- und Giralgeld, über das mit Scheck und Überweisung verfügt werden kann, ist die moderne Geldform. Es hat bereits eine lange Geschichte hinter sich. Die Italiener bedienen sich dieser Form bereits seit mehr als 300 Jahren durch die Übertragung von Guthaben in den Büchern der Banken. Geschichtlich gesehen ist die Entstehung des Geldes und dessen Entwicklung einer der Faktoren, ohne die heutige, hoch entwickelte Wirtschaftssysteme nicht möglich wären. So charakterisiert der Philosoph Schopenhauer das Geld als einen unermüdlichen Proteus, einen Geist, der jede 3334213 Gestalt annehmen kann, „jeden Augenblick bereit, sich in den jedesmaligen Gegenstand unserer so wandelbaren Wünsche und mannigfaltigen Bedürfnisse zu verwandeln“. Hätten wir kein Geld in den heute üblichen Formen, so ginge es uns unter Umständen immer noch so wie dem Afrikaforscher Nachtigal im 19. Jahrhundert. Auf seiner Afrikaexpedition (1869–1874) kommt er an einen See. Um ihn zu überqueren, braucht er Boote. Er findet auch einen Eingeborenen, der bereit ist, ihm die Boote gegen etwas anderes zu tauschen. Nachtigal hat aber nur Elefantenzähne bei sich und die will der Eingeborene nicht nehmen. Nachtigal muss nun die Elefantenzähne bei einem anderen Eingeborenen gegen andere Waren eintauschen und diese wiederum gegen andere, bis er endlich das hat, wofür ihm der Bootsbesitzer die Boote abzugeben bereit ist. Im Gegensatz zu dem heutigen Geld hatten Nachtigals Elefantenzähne keine allgemeine Tauschmittelfunktion. Wie das Beispiel zeigt, ist die Tauschmittelfunktion des Geldes aber auch keine absolut notwendige, denn letztlich, wenn auch nur beschwerlich, kam Nachtigal auch ohne ein allgemein anerkanntes Tauschmittel zum Ziel. Absolut notwendig hingegen ist das Vorhandensein einer Verrechnungseinheit für jegliche Tauschgeschäfte. „So gab es z. B. in Afrika einen Volksstamm, der als Geldeinheit den ,Makut‘ benutzte, der nur als abstrakte Wert- und Recheneinheit fungierte, dem aber keine körperliche Sache in der Realität entsprach.“ Nicht immer liegt der Hingabe von Geld ein direktes Tauschgeschäft zugrunde, denn durch Geld können auch Werte ohne Gegenleistung übertragen werden (Wertübertragungsmittel). So ist es möglich, mit Geld z. B. die Steuern zu bezahlen, Geschenke zu machen, Kredite zu tilgen usw. Geld dient in diesem Falle als Zahlungsmittel. Gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel wird das Geld nur durch staatliche Eingriffe, doch muss zu der durch die Rechtsordnung auferlegten Verpflichtung, eine bestimmte Geldart als Zahlungsmittel zu verwenden, noch die Annahmebereitschaft der Wirtschaftssubjekte hinzutreten. Ist diese Geldannahmebereitschaft verloren gegangen, wie z. B. gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, so ist das Geld zwar Zahlungsmittel, aber kein allgemeines Tauschmittel mehr. 213 Arbeitsvorschläge 1 Vervollständigen Sie die folgenden Bildunterschriften in Ihrem Arbeitsheft. Ursprung und Entwicklung des Geldes a) Naturaltausch Barter In der Wirtschaft ohne … war der Tauschhandel mit Schwierigkeiten verbunden. c) Metallgeld Metal Money … entwickelten sich zum allgemeinen Zahlungsmittel. e) Bargeld Coins and Notes (Cash) … und Münzen bilden das Bargeld. 214 b) Warengeld Goods as Medium of Exchange … übernahmen die Rolle des Geldes. d) Münzgeld Coins Durch … erhielten die Metalle eine Wertangabe. f) Buchgeld/Giralgeld Book Money Neben dem Bargeld sind … weitverbreitete bargeldlose Zahlungsmittel. 3334214 g) „Plastikgeld“ Electronic Money/Digital Cash Zur Vertiefung Nehmen Sie die folgende Abbildung zum Anlass, um im Internet unter dem Stichwort Handy-Bezahldienst „Wallet“ zu recherchieren, ob das Plastikgeld zukünftig ersetzbar ist. Heute wird häufig mit Bank- und Kreditkarten über … verfügt. Arbeitsvorschläge (Fortsetzung) 2 Nennen Sie die verschiedenen Arten des Geldes. 3 Erläutern Sie die verschiedenen Funktionen des Geldes in modernen Volkswirtschaften anhand der folgenden Abbildungen. Tauschmittel und Zahlungsmittel Medium of exchange and means of payment Wertspeicher Store of value Wertübertragungsmittel Transfer of value Wertmesser Standard of value Quelle: Die Rolle des Geldes, Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart 1991, S. 4 ff. 3334215 215 5.2 Wer trägt die Verantwortung in der Europäischen Währungsunion? Geldproduzenten und Geldproduktion des Euro Money Production and the Production of the Euro 5.2.1 Wie sind die Euro-Münzen beschaffen? Die Mitgliedstaaten der europäischen Union lassen Münzen prägen Member States Coin Money Die europäische Münzseite Jede Euro-Münze hat eine einheitliche und eine länderspezifisch gestaltete Seite. Gruppenarbeit 1. Betrachten Sie die abgebildeten Münzen und nehmen Sie Münzen, die Sie bei sich haben, zur Hand. 2. Erstellen Sie gemeinsam ein Mind-Map zum Thema „Münzen“. 216 3. Stellen Sie die Mind-Map Ihren Klassenkameradinnen und -kameraden im Plenum vor. 3334216 Die nationalen Seiten der 2-Euro-Münze der Euroländer Belgien Deutschland Estland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxembug Malta Monaco Niederlande Österreich Portugal San Marino Slowakei Slowenien Spanien Vatikanstadt Zypern Die Euro-Münzen Münzen sind geprägte Metallstücke, auf denen Wertangaben stehen. Dieser auf den Münzen angegebene Nennwert ist im Allgemeinen höher als der Wert des Metalls (Metallwert), aus dem die Münzen hergestellt sind. Solche nicht „vollwertigen“ Münzen werden Scheidemünzen genannt. Sie stellen gewissermaßen eine Ergänzung des Banknotenumlaufs für kleine Zahlungen dar. Im Gegensatz zu den Banknoten sind die Münzen nur in beschränktem Umfang gesetzlichen Zahlungsmittel. Ein Gläu- 3334217 biger ist nicht verpflichtet, mehr als 50 einzelne Euro- oder Cent-Münzen oder mehr als 200 Euro insgesamt in Münzgeld pro Zahlung anzunehmen. Kurantmünzen waren früher gesetzliches Zahlungsmittel. Ihr Metallwert entsprach dem aufgeprägten Nennwert und sie mussten in voller Höhe in Zahlung genommen werden. Sie bestanden zumeist aus Gold, Silber oder Kupfer. Heutzutage kommen Kurantmünzen kaum noch vor. 217 Quelle Gestaltung der Euro-Münzen Die Euro-Münzen gibt es in acht Stückelungen zu 1, 2, 5, 10, 20 und 50 Cent sowie zu 1 und 2 Euro. Im Gegensatz zu den Banknoten ist das Aussehen der Münzen nicht in allen Ländern des Euro-Währungsgebiets gleich. Während eine Münzseite länderübergreifend einheitlich gestaltet ist, wird die andere Seite in jedem Land mit individuellen Motiven versehen. Die gemeinsame europäische Münzseite symbolisiert die Einheit der Europäischen Union. Sie zeigt den Münzwert neben verschieden stilisierten europäischen Landkarten bzw. der Weltkugel („Europa in der Welt“) und zwölf Sternen (in Anlehnung an die Flagge der Europäischen Union). Aufgrund der Erweiterung der Europäischen Union von 15 auf 27 Länder wurde das Motiv der europäischen Seite der meisten EuroMünzen angepasst. Statt der bis dahin 15 EULänder zeigen die neuen Münzen ab 2007 Europa ohne Ländergrenzen. Diese einheitliche Münzseite ging 1997 aus einem Gestaltungswettbewerb unter Federführung der EU-Kommission hervor. Der Sieger, Luc Luycx aus Belgien, ist auf den Münzen durch seine Initialen „LL“ gewürdigt. Die nationale Münzseite hingegen wird von jedem Land individuell gestaltet. Sie zeigt unterschiedliche nationale Symbole und Persönlichkeiten. Neben den 17 Mitgliedern der Währungsunion können auch Monaco, San Marino und der Vatikan aufgrund einer Vereinbarung mit der Europäischen Union EuroMünzen mit nationaler Seite ausgeben (vgl. vorstehende Abbildung der nationalen Seiten der 2-Euro-Münzen). Trotz der vielfältigen Motive der nationalen Münzseiten gelten die Münzen aller Teilnehmerstaaten der Währungsunion im gesamten Euroraum als gesetzliches Zahlungsmittel. Die umlaufenden Münzen spiegeln so die Einheit der Währungsunion in ihrer Vielfalt wider. Die deutschen Euro-Münzen Die deutschen Euro-Münzen tragen auf der nationalen Seite der 1-, 2- und 5-Cent-Münzen – in 218 Anlehnung an die früheren Pfennige – den Eichenzweig. Auf den 10-, 20- und 50-Cent-Münzen ist das Brandenburger Tor abgebildet. Die 1- und 2-Euro-Münzen zeigen – wie die früheren D-Mark-Münzen – den Bundesadler. 1 und 2 Euro Bundesadler 10, 20, 50 Cent Brandenburger Tor 1, 2, 5 Cent Eichenzweig Sicherheitsmerkmale Die acht Euro-Münzen unterscheiden sich in Größe, Gewicht, Material, Farbe und Dicke. Die 1- und 2-Euro-Münzen sind aus einem Münzkern und einem Münzring zusammengesetzt, die jeweils aus verschiedenen Metall-Legierungen bestehen. Daher sind diese Münzen zweifarbig. Einige Merkmale wurden eingeführt, um insbesondere Blinden und Sehbehinderten das Erkennen der verschiedenen Stückelungen zu erleichtern. So ist der Rand der einzelnen Münzen unterschiedlich gestaltet. Bei echten Münzen hebt sich das Münzbild klar abgegrenzt und fühlbar von der übrigen Münzoberfläche ab. Alle Konturen sind deutlich und scharf ausgeprägt und klar zu erkennen. Das gilt auch für den Münzrand. Bei der Münze zu 2 Euro erschwert die eingeprägte Schrift auf dem Münzrand das Fälschen zusätzlich. Auch die Zweifarbigkeit der 1- und 2-Euro-Münzen erhöht den Fälschungsschutz. Fälschungen unterscheiden sich oft farblich von echten Münzen. Überzogene oder beschichtete Falschmünzen werden nach kurzer Zeit fleckig, weil sich die Beschichtung abnutzt und das andersfarbige Grundmaterial hervortritt. Erkennbar ist dies vor allem an der fühlbaren Prägung. Aufgrund eines speziellen Sicherheitsmaterials ist der Mittelteil der 1- und 2-Euro-Münzen leicht magnetisch, d. h., die Münzen werden von einem Magneten leicht angezogen und fallen bei leichtem Schütteln wieder vom Magne- 3334218 ten ab. Der äußere Münzring der echten 1- und 2-Euro-Münzen sowie die echten 10-, 20- und 50-Cent-Münzen sind nicht magnetisch. Echte 1-, 2- und 5-Cent-Münzen aus kupferbeschichtetem Stahl sind stark magnetisch. Herstellung Die Wahl des Münzmetalls war eine Frage der Zweckmäßigkeit und der Kosten. Die Münzlegierungen dürfen insbesondere nicht rostempfindlich sein und sollen sich im Gebrauch wenig abnutzen. Hautkontakt soll zudem keine Allergien auslösen. Wichtig ist auch, dass der Metallwert unter dem Nennwert der Münze bleibt. Sonst bestünde die Gefahr, dass die Münzen eingeschmolzen und als Ware gehandelt werden. Metallwerke liefern den Münzstätten die Münzrohlinge im Auftrag der Regierungen prägefertig. Diese Rohlinge (Ronden) werden in Prägemaschinen zwischen zwei Stahlstempeln zu Münzen geprägt. In Deutschland stellen fünf staatliche Münzstätten die Euro-Münzen her. Dabei weist das eingeprägte Münzzeichen in Form eines Buchstabens auf die Herkunft jeder Münze hin. Die scheinbar willkürlich gewählte Buchstabenfolge geht auf die kaiserliche Regierung zurück, die unmittelbar nach Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 alle damals existierenden Münzstätten alphabetisch „durchnummerierte“. Dabei standen die Buchstaben A bis J für die Prägeanstalten. Die Prägeanstalten mit den Buchstaben A, D, F, G und J bestehen noch heute. Buchstabe A Prägeanstalt bis Berlin heute B Hannover 1878 C Frankfurt/M. 1880 D München heute E Dresden 1953 F Stuttgart heute heute G Karlsruhe H Darmstadt 1883 J Hamburg heute Gedenkmünzen Neben Umlaufmünzen geben Staaten zu besonderen Anlässen oder zur Würdigung herausragender Persönlichkeiten auch Gedenkmün- 3334219 zen aus. So können die Länder des Euroraums 2-Euro-Gedenkmünzen mit besonders gestalteten nationalen Seiten prägen lassen. Alle 2-Euro-Gedenkmünzen gelten wie die regulären 2-Euro-Münzen in allen Euroländern als gesetzliches Zahlungsmittel. In Deutschland beispielsweise erscheint seit 2006 jährlich eine 2-Euro-Gedenkmünze, deren Motiv jeweils einem Bundesland gewidmet ist. Die Reihenfolge der Ausgabe entspricht dem jeweiligen Vorsitz der Länder im Bundesrat. Deutsche 2-Euro-Gedenkmünze 2011: NRW Andere Regierungen geben ebenfalls 2-EuroGedenkmünzen aus, Griechenland und Italien beispielsweise anlässlich der Olympischen Sommer- bzw. Winterspiele im eigenen Land. In Belgien, Italien, Finnland und Portugal erschienen 2008 2-Euro-Gedenkmünzen zum 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. 2007 prägten alle Euroländer eine 2-Euro-Münze zum 50-jährigen Bestehen der Europäischen Union (EU) mit einheitlichem Motiv, ebenso 2009 zum 10. Jahrestag der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). Darüber hinaus gibt es höherwertige EuroGedenkmünzen, die nur im Ausgabeland Gültigkeit als Zahlungsmittel besitzen. Seit der Euro-Bargeld-Einführung gibt die Bundesregierung neben silbernen 10-Euro-Gedenkmünzen auch höherwertige 100-Euro-Goldmünzen heraus. Einmalig brachte sie 2002 auch eine 200-Euro-Münze in Gold in Umlauf. Teil dieses höherwertigen Münzprogramms sind 100-EuroGoldmünzen, die im Rahmen einer mehrjährigen Goldmünzen-Serie von Orten des UNESCOWelterbes in Deutschland ausgegeben werden, sowie eine 100-Euro-Goldmünze anlässlich der Fußballweltmeisterschaft. Von 2010 bis 2015 wird jährlich eine 20-EuroGoldmünze erscheinen, die dem deutschen 219 Wald gewidmet ist. Nach den Planungen des Bundesfinanzministeriums werden die zusätzlichen Goldmünzen in folgender Reihenfolge erscheinen: Eiche (Juni 2010) – Buche (2011) – Fichte (2012) – Kiefer (2013) – Kastanie (2014) – Linde (2015). Aber nicht nur die Themen stehen bereits fest, auch die zugehörigen Entwürfe wurden bereits angefertigt. Heinz Hoyer übernahm die beiden Motive Eiche und Kastanie, Frantisek Chochola zeichnet für restlichen Gestaltungen verantwortlich. Münzhoheit Die Euro-Münzen werden – anders als die Banknoten – jeweils im Auftrag der Regierungen ausgegeben. Diese Art der Zuständigkeit ist ein Relikt aus alter Zeit, als es ausschließlich Münzen gab. Damals schon lag das Recht zur Regelung des Münzwesens beim Landesherrn bzw. beim Staat (Münzregal). Die Zentralbanken kaufen den Regierungen die Münzen jeweils zum Nennwert ab, der meist höher ist als die eigentlichen Herstellungskosten. Die Regierungen ziehen so aus der Münzhoheit Gewinne. Im Verhältnis zu den gesamten Einnahmen des Staates sind diese Gewinne allerdings wenig bedeutend. Auch bei den Münzen genehmigt seit Einführung des Euro die Europäische Zentralbank den Umfang der Ausgabe. In Deutschland lässt das Bundesministerium der Finanzen Euro-Münzen herstellen. Die Bundesbank bringt sie in den Umlauf. Quelle: Deutsche Bundesbank (Hg.): Eurosystem: Geld- und Geldpolitik. Frankfurt am Main 2010, S. 22 u. 38 ff. Arbeitsvorschläge 1 Wie sind die Euromünzen gestaltet? Gefallen sie Ihnen? 2 Wie sind die Euromünzen gestückelt? 3 Welches sind ihre wichtigsten Merkmale? 4 Wie wurden die Euromünzen fälschungssicher? 220 5 Nennen Sie die deutschen Münzstätten. 6 Erläutern Sie den Begriff „Münzhoheit“. 7 Welches Recht hat die Europäische Zentralbank im Hinblick auf das zu prägende Münzgeld? 3334220 5.2.2 Wie werden die Banknoten ausgegeben und gesichert? Notenmonopol der Bundesbank bzw. des Eurosystems Monopoly Suppliers of Banknotes – The German Central Bank and the Eurosystem Gruppenarbeit 1. 3334221 Betrachten Sie die oben abgebildeten Banknoten und nehmen Sie Geldscheine, die Sie in Ihrer Geldbörse haben, zur Hand. – Was sind die auffälligsten Merkmale? 2. Erstellen Sie gemeinsam eine Mind-Map zum Thema „Euro-Banknoten“. 3. Stellen Sie die Mind-Map in Ihrer Klasse vor. 221 Banknoten sind Geldscheine (Papiergeld), die auf einen bestimmten Betrag in einer bestimmten Währung lauten. In Deutschland waren bis Ende 2001 Geldscheine mit der Währung Deutsche Mark (DM) im Gebrauch. Seit Anfang 2002 sind – wie im gesamten Euroraum – Euro-Banknoten im Umlauf. Euro-Banknoten sind im Euro-Währungsgebiet das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. Jeder Gläubiger einer Geldforderung muss Banknoten in unbegrenztem Umfang als Erfüllung seiner Forderung annehmen, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben. Kaufvertragsparteien können sich darauf verständigen, dass der Gläubiger bestimmte Banknoten nicht entgegennehmen muss. So akzeptieren beispielsweise Tankstellen häufig keine 500-Euro-Banknoten. Die Euro-Banknoten1 Das Europäische Währungsinstitut (EWI) als Vorgänger der Europäischen Zentralbank legte 1994 fest, Euro-Banknoten in sieben Stückelungen auszugeben. Dabei orientierte man sich an den damaligen nationalen Währungen. Seit 2002 sind im Euroraum Banknoten in den Nennwerten von 5, 10, 20, 50, 100, 200 und 500 Euro gesetzliches Zahlungsmittel. Neben der Entscheidung über das einheitliche Aussehen und die Sicherheitsmerkmale der Geldscheine mussten Druckfarben und Banknotenpapier optimiert werden, um in allen Herstellungsländern eine gleich hohe Qualität der Banknoten zu sichern. Im Frühjahr 1999 genehmigte der EZB-Rat schließlich die endgültige technische Ausstattung des neuen Geldes und die Serienproduktion der Euro-Banknoten konnte anlaufen. Gestaltung Das Aussehen der Euro-Banknoten wurde bereits Mitte der 1990er Jahre im Rahmen eines Gestaltungswettbewerbs festgelegt. Die Wettbewerbsteilnehmer konnten die Banknoten entweder zum Thema „Zeitalter und Stile in Europa“ oder nach einem frei wählbaren abstrakten modernen De1 nach: Deutsche Bundesbank (Hg.): Eurosystem: Geld und Geldpolitik. Frankfurt am Main 2010, S. 30 ff. 222 sign gestalten. Aus 44 Vorschlägen wählte eine fachkundige Jury zehn Entwürfe aus, auf deren Basis der EWI-Rat die Endauswahl zu treffen hatte. Neben der Stellungnahme der Jury lagen dem Rat des EWI zu den Entwürfen auch Ergebnisse einer Bürgerumfrage und Empfehlungen einer internen Expertengruppe vor. Auf dieser Grundlage entschied er sich schließlich für den Entwurf von Robert Kalina, einem Grafiker der Österreichischen Zentralbank, der das Thema „Zeitalter und Stile in Europa“ überzeugend umgesetzt hatte. Durch ihre verschiedenen Farben und Größen sind die sieben Euro-Banknoten leicht voneinander zu unterscheiden. Je höher der Nennwert, desto größer ist die Banknote. Auf den Banknoten sind Baustile aus sieben Epochen der europäischen Kulturgeschichte dargestellt – von der Klassik bis zur modernen Architektur des 20. Jahrhunderts. Bei der Gestaltung der Banknoten stehen drei wesentliche architektonische Elemente im Vordergrund: Fenster, Tore und Brücken, die dem Stil der jeweiligen Epoche nachempfunden sind. Die Fenster und Tore auf der Vorderseite jeder Banknote symbolisieren den Geist der Offenheit und Zusammenarbeit in Europa. Darüber hinaus sind die zwölf Sterne der Europäischen Union abgebildet, die für Dynamik und Harmonie im heutigen Europa stehen. Auf der Rückseite der Banknoten werden diese Stilelemente durch die Abbildung einer für die jeweilige Epoche typischen Brücke ergänzt. Von den frühen Konstruktionen bis zu den modernen Hängebrücken der Gegenwart sind diese Bauwerke ein Symbol der Verbindung zwischen den Völkern Europas und zur übrigen Welt. Allgemeine Merkmale Die Euro-Banknoten zeichnen sich durch die folgenden allgemeinen Merkmale aus: @ Flagge der Europäischen Union @ Bezeichnung „Euro“ in lateinischer und griechischer Schrift @ Copyright der EZB @ Unterschrift des Präsidenten der EZB: Jean-Claude Trichet (Willem F. Duisenberg bis 31.10.2003) @ Abkürzung der Europäischen Zentralbank in fünf Varianten – den Amtssprachen der Europäischen Union entsprechend. 3334222 Sicherheitsmerkmale Aufgrund des Fortschritts in der modernen Reproduktionstechnik lassen sich heute leicht Kopien jeder gedruckten Abbildung herstellen. Zum Schutz vor Fälschungen werden Banknoten deshalb mit einer Reihe von Sicherheitsmerkmalen versehen. So kann jeder aufmerksame Bargeldnutzer Fälschungen auch ohne den Einsatz von Hilfsmitteln erkennen. Es ist unmöglich, eine Fälschung herzustellen, die all diese Sicherheitsmerkmale überzeugend nachbildet. Die Sicherheit beginnt bereits bei dem verwendeten Spezialpapier. Die Baumwollfasern, aus denen es hergestellt wird, verleihen den Banknoten eine charakteristische Struktur. Das Papier enthält fluoreszierende Fasern. Außerdem sind die Euro-Banknoten mit maschinenlesbaren Merkmalen ausgestattet, damit Automaten deren Echtheit verlässlich feststellen können. Die ohne Hilfsmittel zu erkennenden Sicherheitsmerkmale sind entweder fühlbar oder in der Durchsicht bzw. beim Kippen sichtbar. Die wegen ihres Spezialpapiers besonders griffigen Banknoten weisen an einigen Stellen ein fühlbares Druckbild auf. Dazu gehören die in den unterschiedlichen Sprachen des Euro-Währungsgebiets üblichen Abkürzungen der Europäischen Zentralbank. Hält man die Banknoten gegen das Licht, erscheinen bei allen Banknotenwerten Architekturmotiv und Wertzahl als Wasserzeichen. Die unvollständigen Formen auf der Vorder- und Rückseite in der oberen Ecke ergeben als Durchsichtselement die Wertzahl. Im Gegenlicht wird auch ein Sicherheitsfaden als dunkler Streifen mit heller Schrift in der Mitte der Banknote sichtbar. Beim Kippen der „kleinen“ Banknoten (5, 10, 20 Euro) erscheinen im Hologramm-Streifen die jeweiligen Notenwerte und das Euro-Symbol (€) vor einem regenbogenfarbigen Hintergrund. Auch im Glanzstreifen auf der Rückseite werden die Wertzahl und das Euro-Symbol (€) beim Kippen sichtbar. Beim Kippen der „großen“ Geldscheine (50, 100, 200, 500 Euro) sieht man im Hologramm-Element abwechselnd die Wertzahl und das jeweilige Architekturmotiv. Auf der Rückseite ändert sich beim Kippen die Farbe der Wertzahl in der rechten unteren Ecke. Die Farbe wechselt von Purpurrot zu Olivgrün oder Braun. Damit der Euro auch in Zukunft gut gegen Fälschungen geschützt ist, wird das Eurosystem in 3334223 den nächsten Jahren eine sicherheitstechnisch verbesserte Banknotenserie ausgeben. Bei den Banknoten der zweiten Serie werden die Hauptmotive und -farben der jetzigen Banknoten übernommen. Herstellung Die nationalen Zentralbanken sind für den Druck der Euro-Banknoten zuständig. Hergestellt werden die Banknoten von staatlichen, aber auch von privaten Spezialdruckereien. Zur Sicherung der Banknotenqualität gilt in allen autorisierten Druckereien ein einheitliches Qualitätsmanagementsystem. Durch genaue Prüf- und Testverfahren wird die Einhaltung der Vorgaben kontrolliert. Um die Kosten zu minimieren, lässt nicht jede Euro-Zentralbank alle sieben Notenstückelungen herstellen. Vielmehr sind die nationalen Zentralbanken jeweils nur für den Druck ausgewählter Banknoten verantwortlich. 2010 erteilte die Deutsche Bundesbank Druckaufträge für 10-, 20-, 50- und 200-Euro-Noten. Welche Zentralbank die Banknoten in Auftrag gegeben hat, erkennt man am Buchstaben vor der Seriennummer auf der Rückseite der Banknote; z. B. Ländercode X für Deutschland, N für Österreich und P für die Niederlande. Falschgeld Immer wieder versuchen sich Fälscher als Bargeldproduzenten. Sie setzen darauf, dass sich viele Menschen die Banknoten nicht genau genug ansehen und nicht auf die Sicherheitsmerkmale achten. Mit Falschgeld ist jedoch nicht zu spaßen. Wer nicht nachweisen kann, von wem er Falschgeld bekommen hat, muss den Schaden selbst tragen. Wer wissentlich gefälschte Banknoten oder Münzen weitergibt, macht sich sogar strafbar. Das Eurosystem beobachtet Neuentwicklungen in der Druck- und Reproduktionstechnologie und überwacht das Falschgeldaufkommen. Die nationalen Zentralbanken analysieren die Fälschungen, die in ihrem Land anfallen, verwahren diese und pflegen die Untersuchungsergebnisse in eine europaweite Datenbank ein. Bei Maßnahmen zur Falschgeldprävention und -bekämpfung arbeiten die Zentralbanken eng mit den nationalen und internationalen Polizeibehörden zusammen. 223 Falschgeldaufkommen 2009 wurden im Euroraum vom Eurosystem 860 000 falsche Euro-Banknoten aus dem Zahlungsverkehr gezogen. 2010 wurden rund 91 000 falsche Banknoten in Deutschland gefunden (vgl. Grafik). Spitzenreiter der Euro-Fälschungen in Deutschland sind 50-Euro-Noten. Bei den gefälschten Euro-Münzen im deutschen Zahlungsverkehr überwog die 2-Euro-Münze. Verhalten bei Falschgeld Mit etwas Aufmerksamkeit kann sich jeder anhand der Sicherheitsmerkmale vor der Annahme falscher Banknoten schützen. Bei Verdacht auf Falschgeld sollte man einige Verhaltensregeln beachten: Verdächtige Banknoten sollten möglichst wenig berührt werden, um Fingerabdrücke nicht zu verwischen. Der Vergleich mit einer echten Note erleichtert das Prüfen eines verdächtigen Geldscheins. In Zweifelsfällen kann man auch bei seiner Hausbank oder in einer Filiale der Bundes- 224 bank um Rat fragen. Eindeutig als falsch erkanntes Geld muss mit Angaben zu dessen Herkunft sofort der Polizei übergeben werden. Wenn bekannt, sind auch Informationen zu Aussehen und besonderen Merkmalen des Verbreiters hilfreich. Notenmonopol Im Euroraum ist die Europäische Zentralbank zusammen mit den nationalen Zentralbanken für die Ausgabe der Banknoten verantwortlich. In Deutschland besitzt die Deutsche Bundesbank das ausschließliche Recht zur Notenausgabe. Sie gibt die Banknoten – wie auch zu D-Mark-Zeiten – in Umlauf. Seit Einführung des Euro ist das ausgegebene Banknotenvolumen der nationalen Zentralbanken allerdings von der Europäischen Zentralbank zu genehmigen. Traditionell ist die Bundesbank auch in die Versorgung von Ländern mit Euro-Bargeld außerhalb des Eurosystems – wie beispielsweise der Schweiz oder von Ländern in Ost- und Südosteuropa – stark eingebunden. 3334224 Arbeitsvorschläge 1 Schauen Sie sich die Abbildungen der Euro-Noten an und/oder nehmen Sie Noten in die Hand. Wie gefallen Ihnen die Banknoten? 5 Euro Der Fünfer ist der kleinste Schein. Das dargestellte Tor ist ein Stilelement aus der Klassik, also aus der griechisch-römischen Antike. Das ist ein Verweis auf die historischen Wurzeln Europas. Das Tor ist zugleich ein aktuelles Symbol für die Offenheit, die die Zusammenarbeit in der Europäischen Union prägen soll. 10 Euro Am runden Torbogen auf dem neuen Zehner erkennt man den romanischen Stil, die Epoche des frühen Mittelalters. Das ist ein typisches Architekturelement für Kirchen, die etwa 1 000 Jahre alt und als gemeinsames Kulturerbe in ganz Europa zu finden sind. 20 Euro Das Design des Zwanziges repräsentiert die Epoche der Gotik, leicht zu erkennen am Spitzbogen der Fenster auf der Vorderseite oder am Strebewerk der Brückenpfeiler auf der Rückseite. Das Fenster ist ein Symbol für den Ausblick auf das vereinte Europa im neuen Jahrhundert. 50 Euro Der Füfziger zeigt Elemente der Renaissance, der Zeit des Epochenwandels vom Mittelalter zur Neuzeit. Es war die Zeit von Leonardo da Vinci, Michelangelo und Albrecht Dürer. Die Renaissance begann in Italien und strahlte 1500 auf alle europäischen Länder aus. 2 Wie sind die Euro-Noten gestückelt? 3 Welches sind ihre wichtigsten Merkmale? 4 Welche Elemente der europäischen Kulturgeschichte werden auf den Euro-Noten angesprochen? 5 Welche Elemente haben alle Banknoten gemeinsam? 6 Versuchen Sie den Namen der Europäischen Zentralbank (EZB) in möglichst vielen europäischen Sprachen herauszubekommen. 7 Wer druckt im Euroland das Papiergeld? 8 Wie wurden die Euro-Noten gegen Fälschungen gesichert? Listen Sie alle Sicherheitsmerkmale auf. 9 Welche Verhaltensregeln gelten beim Verdacht auf Falschgeld? 10 Erläutern Sie den Begriff „Notenmonopol“. Zur Diskussion Was würde passieren, wenn jeder Mensch sein eigenes Geld drucken könnte? 3334225 225 Zusammenfassung Das Wichtigste im Überblick: @ Bargeld bezeichnet Banknoten und Münzen. Euro-Banknoten und -Münzen sind gesetzliches Zahlungsmittel im Euroraum. @ Banknoten werden von der Zentralbank (Notenmonopol) und Münzen vom Staat (Münzhoheit) ausgegeben. @ Der Euro ist eine reine Papierwährung, also nicht durch Gold oder andere Edelmetalle gedeckt. Für Euro-Bargeld besteht keine Einlösungsverpflichtung in andere Werte. @ Der Bargeldumlauf in Deutschland ist in der Vergangenheit fast stetig gestiegen. Nach wie vor wird auch ein großer Teil aller Zahlungen beim Einkauf mit Bargeld getätigt. @ In Deutschland gibt die Bundesbank Bargeld in Umlauf. Sie ersetzt abgenutztes und beschädigtes Bargeld und zieht Falschgeld aus dem Verkehr. @ Es gibt sieben Euro-Banknoten unterschiedlicher Farbe und Größe. Sie sind mit Sicherheitsmerkmalen ausgestattet, die es jedem erlauben, die Banknote auf Echtheit zu prüfen. @ Es gibt acht verschiedene Euro-Münzen mit jeweils einer einheitlichen europäischen und einer von jedem Land individuell gestalteten Münzseite. @ Auch 2-Euro-Gedenkmünzen sind gesetzliches Zahlungsmittel im gesamten Euro-Währungsgebiet. @ Falschgeld ist sofort der Polizei zu übergeben. Wer wissentlich Falschgeld in Umlauf bringt, macht sich strafbar. 226 3334226 6.2 Kann Wirtschaftspolitik das Unmögliche ermöglichen? Wirtschaftspolitik und ihre Ziele Economic Policy and its Objectives Arbeitsvorschläge 1 Was verbinden Sie gedanklich mit den Abbildungen oben? 2 Erläutern Sie die in den Bildern angesprochenen wirtschaftlichen Probleme? 304 3 Wer ist für die Bewältigung der in den Bildern dargestellten Probleme einer Volkswirtschaft verantwortlich? 3334304 6.2.1 Wer ist für die Wirtschaftspolitik verantwortlich? Wirtschaftspolitik Economic Policy Als Wirtschaftspolitik bezeichnen wir das Handeln, durch das eine Vielzahl von Akteuren – Regierung, Notenbank, Parlament, internationale Organisationen, Kommunen, Interessenverbände – Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen zu nehmen versucht. Ziel dieses Handelns ist es, eine als unbefriedigend erachtete Istsituation einer angestrebten Sollsituation bestmöglich anzupassen. Quelle Die Aufgabe der Theorie der Wirtschaftspolitik kann zum einen darin gesehen werden, die Praxis der Wirtschaftspolitik zu analysieren, das hier relevante Geschehen in seinen Motiven, Erscheinungsformen und Konsequenzen zu systematisieren und zu erklären, ohne damit Wertungen zu verbinden und Empfehlungen auszusprechen. Das Erkenntnisinteresse gilt etwa der Frage, wie wirtschaftspolitische Ziele formuliert, Befugnisse zugewiesen, Entscheidungen getroffen, Konflikte ausgetragen oder Koordinierungsprobleme gelöst werden: Wodurch wird wirtschaftspolitisches Handeln veranlasst? Worauf zielt es ab? Wie wird es vollzogen? Was kann es bewirken? Hier Antworten zu geben, ist das Ziel einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise, die Erkenntnisfortschritte anstrebt, ohne damit die Frage nach unmittelbarer Verwertbarkeit und praktischen Nutzen zu verbinden. Die Ökonomische Theorie der Politik, auch Neue Politische Ökonomie (NPÖ) genannt, steht für diese Absicht, das Verhalten der hier relevanten Akteure zu erklären, ohne damit auch schon die Absicht zu verbinden, die jeweils optimale Lösung zu benennen und die taugliche Strategie zu ihrer Durchsetzung zu formulieren. Zum anderen kann Theorie der Wirtschaftspolitik auch mit einem normativen Anspruch verbunden sein. Sie will dann Zweifaches leisten: Als „Kunstlehre“ will sie den Wirtschaftspolitiker wissenschaftlich beraten. Sie will darüber aufklären, was jeweils gesellschaftlich wünschenswert und möglich ist, welche ZielMittel-Kombinationen als stimmig anzusehen und welche als nicht sachgerecht zu verwerfen sind. Das Bemühen der Theorie der Wirtschafts- 3334305 politik zielt hier also darauf ab, die Qualität der praktischen Wirtschaftspolitik zu verbessern und damit die Chance zu erhöhen, die angestrebten Ziele auch tatsächlich so weitgehend und so effizient wie möglich zu verwirklichen. Normativ angelegt ist die Theorie der Wirtschaftspolitik schließlich auch, wenn sie die Frage zu beantworten versucht, welche Aufgaben welchen Trägern der Wirtschaftspolitik zuerkannt werden sollen, welche Institutionen zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich sind, nach welchen Regeln von welchen Instrumenten Gebrauch gemacht werden sollte und wie gewährleistet werden kann, dass die Träger der Wirtschaftspolitik die ihnen zuerkannte Macht nicht gegen das Interesse der Gesellschaft ausüben. Wirtschaftspolitik ist nur dort erforderlich, wo gesellschaftliches, arbeitsteiliges Wirtschaften stattfindet. […] Wirtschaftspolitik ist somit immer ein Prozess, der Kollektive, d. h. Gruppen als Vereinigungen von Personen, betrifft und dem politische Entscheidungen zugrunde liegen, die für alle Gruppenmitglieder Bindungswirkungen besitzen. Werden die politischen Entscheidungen von den Mitgliedern der Gruppe kollektiv nach festgelegten Regeln getroffen, handelt es sich um demokratische Gesellschaften. Sie unterscheiden sich von Diktaturen insofern, als der Diktator die Interessen des Kollektivs mit seinen Interessen gleichsetzt und alle das Kollektiv betreffende Entscheidungen individuell entsprechend seinen persönlichen Vorstellungen trifft. Quelle: Berg, H., u. a., Theorie der Wirtschaftspolitik, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 2, München 2007, S. 245 f. 305 Arbeitsvorschläge 1 Geben Sie eine Definition für den Begriff „Wirtschaftspolitik“, nachdem Sie die Texte auf der vorherigen Seite gelesen haben. 2 Erläutern Sie die beiden Hauptaufgaben (der Theorie) der Wirtschaftspolitik. 6.2.2 3 Warum ist Wirtschaftspolitik nur in arbeitsteiligen Gesellschaften erforderlich? 4 Formulieren Sie wirtschaftspolitische Ziele, die Ihrer Meinung nach zurzeit unbedingt verfolgt werden sollten. Welche Ziele soll Wirtschaftspolitik erreichen? Ziele der Wirtschaftspolitik Objectives of Economic Policies Quelle Auszug aus: Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft Vom 8. Juni 1967 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: §1 Bund und Länder haben bei ihren wirtschaftsund finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen. §2 (1) Die Bundesregierung legt im Januar eines jeden Jahres dem Bundestag und dem Bundesrat einen Jahreswirtschaftsbericht vor. Der Jahreswirtschaftsbericht enthält: 1. die Stellungnahme zu dem Jahresgutachten des Sachverständigenrates aufgrund des § 6 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. August 1963 (Bundesgesetzbl. I S. 685) in der Fassung des Gesetzes vom 8. November 1966 (Bundesgesetzbl. I S. 633); 2. eine Darlegung der für das laufende Jahr von der Bundesregierung angestrebten wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele (Jahresprojektion); die Jahresprojektion bedient sich der Mittel und der Form der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, gegebenenfalls mit Alternativrechnungen; 3. eine Darlegung der für das laufende Jahr geplanten Wirtschafts- und Finanzpolitik. Quelle mit wirtschaftsgeschichtlicher Bedeutung: Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1967, Teil I 306 3334306 Arbeitsvorschläge 1 Wer ist der Adressat des obigen Gesetzes? 2 Welches sind die in § 1 des Stabilitätsgesetzes genannten Ziele der Wirtschaftspolitik? 3 Seit wann sind diese Ziele gesetzlich verankert? 4 Ist es Ihrer Meinung nach selbstverständlich, dass Ziele der Wirtschaftspolitik gesetzlich festgeschrieben sind? In der Bundesrepublik Deutschland sind Stabilitätsziele in verschiedenen Gesetzen verankert: @ Der EWG-Vertrag von 1957 fordert in Artikel 104 von jedem Mitgliedsland eine Wirtschaftspolitik, die einen hohen Beschäftigungsstand, ein stabiles Preisniveau und ein Gleichgewicht der Zahlungsbilanz sichert. @ Laut § 3 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (1957) ist die Notenbank der Bundesrepublik damit beauftragt, die Währung zu sichern (seit EU-Währungsunion als integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken). @ Im Gesetz über die Bildung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen von 1963 wird § 2 mit „stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum“ ein viertes Makroziel angesprochen. @ Das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums von 1967 fasst in § 1 die vier wirtschaftspolitischen Ziele zusammen und gibt einen Hinweis, in welcher Art von Wirtschaftsordnung diese Ziele zu verfolgen sind. Die im Stabilitätsgesetz genannten Ziele: @ @ @ @ Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum gelten bis heute unverändert. Das Stabilitätsgesetz, das manchmal als das wirtschaftspolitische 3334307 5 Warum wird im Gesetz nicht festgelegt, wann die genannten wirtschaftspolitischen Ziele erreicht sind? 6 Was enthält der von der Bundesregierung jährlich vorzulegende Jahreswirtschaftsbericht? Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet wird, nennt weder Instrumente, mit denen die Ziele erreicht werden sollen, noch Messgrößen, ab wann die Ziele als erreicht gelten sollen. Vielmehr ist die Bundesregierung als wichtigster Entscheidungsträger nach § 2 des Stabilitätsgesetzes verpflichtet, im jährlich vorzulegenden Jahreswirtschaftsbericht die von ihr für das laufende Jahr angestrebten Ziele darzulegen („Jahresprojektion“). Die Unbestimmtheit der Zielformulierungen ist von verschiedenen Regierungen unterschiedlich interpretiert worden. Von 1967–1971 galten unter dem amtierenden Wirtschaftsminister Karl Schiller, einem der Väter des Stabilitätsgesetzes, folgende Zieldefinitionen: @ Hoher Beschäftigungsstand erreicht bei einer Arbeitslosenquote von 0,8 %. @ Preisniveaustabilität erreicht bei einer Inflationsrate von 1 %. @ Außenwirtschaftliches Gleichgewicht erreicht, wenn der Anteil des Außenbeitrags am Bruttosozialprodukt 1 % beträgt. @ Angemessenes Wirtschaftswachstum erreicht bei einer jährlichen Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts von 4 %. Angesichts der tatsächlichen Entwicklung der Wirtschaft wurde dieses hohe Anspruchsniveau Mitte der Siebzigerjahre erheblich reduziert. Die jährliche Gegenüberstellung der Zielvorstellungen (Zielprojektionen) und der tatsächlichen Istwerte lässt außerdem vermuten, dass die Zielwerte im Laufe der Zeit den tatsächlichen Werten angepasst wurden und nicht umgekehrt. 307 Gesamtwirtschaftliche Ziele: Zielvorgaben und Zielerreichung für die BRD 2006 –2011 Ziel Indikator (Messgröße) Ziel galt als erreicht, wenn … Hoher Beschäftigungsstand Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote ≤ 3 % Stabilität des Preisniveaus Verbraucherpreisindex Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Zielvorgaben der EZB bzw. der Regierung für 2006–2011 Zielerreichung im Jahr 2006–2011 10,9 % (2006) 9,6 % (2007) 8,2 % (2008) 8,4 % (2009) 8,9 % (2010) 7,0 % (2011) 10,8 % (2006) 9,0 % (2007) 7,8 % (2008) 8,2 % (2009) 7,7 % (2010) 7,1 % (2011) am Verbraucherpreisindex gemessene Preisniveausteigerung (Inflationsrate) unter, aber nahe bei 2 % < 2 % (2006) < 2 % (2007) < 2 % (2008) < 2 % (2009) < 2 % (2010) < 2 % (2011) 1,6 % (2006) 2,3 % (2007) 2,6 % (2008) 0,4 % (2009) 1,1 % (2010) 2,3 % (2011) Anteil des Außenbeitrags am BIP in % positiver Außenbeitrag 1,5 % bis 2 % des nominalen BIP 5,0 % (2006) 5,0 % (2007) 7,0 % (2008) 5,0 % (2009) 4,6 % (2010) 5,0 % (2011) 5,7 % (2006) 7,1 % (2007) 6,3 % (2008) 4,1 % (2009) 1,1 % (2010) 5,1 % (2011) Zuwachsrate des realen BIP gleichmäßiges Wachstum in angemessener Höhe (für deutliche Beschäftigungseffekte gelten 3 % als nötig) 1,4 % (2006) 1,7 % (2007) 1,7 % (2008) – 6,0 % (2009) 1,4 % (2010) 2,3 % (2011) 3,0 % (2006) 2,5 % (2007) 1,3 % (2008) – 5,1 % (2009) 3,7 % (2010) 3,0 % (2011) Aktuelle Zahlen: www.destatis.de Arbeitsvorschläge 1 Schreiben Sie einen erläuternden Text zur vorstehenden Übersicht „Gesamtwirtschaftliche Ziele“ insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Zievorgaben für 2011. Vergleichen Sie dabei die Prognose mit der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung im Jahre 2011. 2 Kommentieren Sie das nebenstehende Titelblatt des Jahreswirtschaftsberichts 2012 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. 3 Kommentieren Sie im Rückblick (2012 und Folgejahre) das prognostizierte Ende der Krise (vgl. Abbildung S. 290) mit der tatsächlich eingetretenen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. 308 3334308 6.2.3 Können alle wirtschaftspolitischen Ziele erreicht werden? Zielkonflikte Conflicting Objectives Übersicht: Situation: Ziel: Maßnahme: Effekt: Konflikt: hohe Arbeitslosigkeit hoher Beschäftigungsstand z. B. Erhöhung öffentlicher Ausgaben für @ Investitionsprogramme @ Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Erhöhung der umlaufenden Geldmenge mit der Folge @ einer Nachfrageerhöhung @ eines Investitionsschubes @ der Schaffung neuer Arbeitsplätze Erhöhung der Inflationsrate Arbeitsvorschläge 1 Fassen Sie die Aussage der obigen Übersicht in eigenen Worten und ganzen Sätzen zusammen. 2 Erstellen Sie ähnliche Übersichten zu folgenden Ausgangssituationen: a) Hohe Inflationsrate b) Nullwachstum c) Zahlungsbilanzüberschuss 3 Warum kommt es zu Konflikten zwischen einzelnen Zielen der Wirtschaftspolitik? 4 Bestehen Zielkonflikte zwischen allen vier Zielen der Wirtschaftspolitik? Die vier gesetzlich verankerten Ziele der Wirtschaftspolitik können grafisch folgendermaßen dargestellt werden: hoher Beschäftigungsstand Preisniveaustabilität außenwirtschaftliches Gleichgewicht stetiges angemessenes Wirtschaftswachstum Da es der Kraft eines Zauberers, eines Magiers, bedürfte, alle Ziele gleichzeitig zu verwirklichen, wird dieses Viereck, das die wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen darstellt, auch oft das magische Viereck genannt. Die äußeren Pfeile deuten an, 3334309 dass die jeweiligen Ziele in einem sogenannten Zielkonflikt stehen, d. h., sie lassen sich nicht gleichzeitig erreichen, während die diagonal gegenüberliegenden Ziele gleichzeitig zu verwirklichen sind. 309 Zur Diskussion Sind die vier gesetzlich verankerten Ziele der Wirtschaftspolitik heute überholt? Das magische Viereck der Wirtschaftspolitik Ziel: Angemessenes Wachstum Angaben für Deutschland Wirtschaftswachstum in Prozent 2009 2010 2011 3,7 3,0 -5,1 Ziel: Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Ziel: Vollbeschäftigung Saldo der Leistungsbilanz in Milliarden Euro Arbeitslosenquote* in Prozent 2009 2010 2011 2009 2010 2011 140,6 150,7 147,7 8,2 7,7 7,1 *in % aller zivilen Erwerbspersonen Ziel: Preisstabilität Preisanstieg in Prozent 2009 2010 0,4 1,1 Quelle: Stat. Bundesamt, Deutsche Bundesbank, Bundesagentur für Arbeit Als 1967 das sogenannte Stabilitätsgesetz vom Bundestag verabschiedet wurde, herrschte in Deutschland noch der Irrglaube, der Staat könne über eine gezielte Steuerung ökonomischer Stellschrauben Wirtschaftswachstum und Wohlstand gewährleisten. Dies bedeutete eine Abkehr vom Kurs der sozialen Marktwirtschaft. Statt der Schaffung eines freiheitlichen Rahmens, innerhalb dessen Angebot und Nachfrage – gezügelt von einer Monopolkontrolle – zu optimalen wirtschaftlichen Resultaten führen, feierte nun der Interventionismus seine Wiederbelebung. Der staatliche Machbarkeitswahn und der Instru- 310 2011 2,3 © Globus 4897 mentenkasten des magischen Vierecks gelten jedoch mittlerweile als überholt, denn die Ziele des „Grundgesetzes der Wirtschaft“ wurden in den letzten Jahrzehnten nie gleichzeitig erfüllt: Statt Vollbeschäftigung herrschte über viele Jahre Massenarbeitslosigkeit. In den Siebzigerjahren gab es Inflation statt Preisniveaustabilität und die ansteigenden Leistungsbilanzüberschüsse widersprechen einem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht. Auch von einer Verstetigung des Wirtschaftswachstums über die Konjunkturzyklen hinweg kann keine Rede sein und von einer nachhaltigen Wirtschaft ist ganz zu schweigen. 3334310 6.2.4 Welche alternativen Ziele sind zu berücksichtigen? Alternative Ziele Alternative Objectives Zur Diskussion Reicht es heute aus, wenn Wirtschaftspolitiker versuchen eine niedrige Inflationsrate, eine niedrige Arbeitslosenrate, ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht und ein stetig angemessenes Wirtschaftswachstum zu erreichen? Gruppenarbeit 1. Formulieren Sie weitere wirtschaftspolitische Ziele, die Ihrer Meinung nach gesetzlich verankert werden sollten. 2. Stellen Sie eine Rangreihenfolge der von Ihnen ausformulierten Zielsetzungen auf. 3. Mit welchen Maßnahmen ließen sich die von Ihnen genannten Ziele erreichen? 4. Wodurch wird Ihrer Meinung nach die Erreichung der von Ihnen genannten Ziele erschwert? Rollenspiel 1. 2. 3. 4. 5. 3334311 Lesen Sie zunächst den unten abgedruckten Quellentext „2017: Weniger ich – mehr wir“. Bilden Sie fünf Arbeitsgruppen, die jeweils eine der im Bundestag vertretenen Parteien repräsentiert (CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen). Diskutieren Sie innerhalb Ihrer Arbeitsgruppe („Partei“), wie die verantwortlichen (Wirtschafts-)Politiker auf einen Wandel der Einstellung reagieren könnten. Entsenden Sie aus jeder Arbeitsgruppe (Partei) zwei Mitglieder zu einer Podiumsdiskussion, die von einer Fernsehanstalt übertragen werden könnte. Führen Sie diese Podiumsdiskussion in Ihrer Klasse durch, nachdem Sie einen Diskussionsleiter bestimmt haben. a) Ein Vertreter jeder Partei gibt zunächst ein kurzes Statement zum Thema „Wertewandel in der Gesellschaft“. b) Darauf folgt eine Diskussion mit den Zuschauern, den übrigen Klassenmitgliedern. c) Der Diskussionsleiter fasst zum Schluss die wichtigsten Ergebnisse der Diskussion zusammen. 6. Gehen Sie zurück in Ihre Arbeitsgruppen (Parteien) und erarbeiten Sie ein konkretes „Partei“-Programm, wie dem Wertewandel in unserer Gesellschaft insbesondere unter ökonomischen Aspekten in Zukunft entsprochen werden soll. 7. Wählen Sie einen Vertreter Ihrer Arbeitsgruppe (Partei), der im Plenum Ihr „Partei“-Programm vorstellt. 311 Quelle 2017: Weniger ich – mehr wir „Weniger ich – mehr wir“ – so könnte zukünftig eine der neuen Grundorientierungen der Deutschen lauten. Dann jedenfalls, wenn die Erkenntnisse der Studie „Delphi 2017 – Was Menschen morgen bewegt“ zutreffen. Sie prognostiziert eine langfristige Veränderung der gesellschaftlichen Werte in Deutschland. An der Studie haben mehr als 40 Experten aus Deutschland und sechs weiteren Ländern mitgewirkt. In Deutschland wurde sie von der GIM Gesellschaft für innovative Marktforschung in Heidelberg durchgeführt. Die Ergebnisse der Prognosen basieren auf einer zweistufigen qualitativen Befragung. Weil die Werteentwicklungen international verglichen wurden, entstand ein Bild des gesellschaftlichen Lebens in Deutschland, Russland, USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien für den Zeitraum der nächsten zehn Jahre. Fünf Grundprinzipien In ihren Befragungen identifizierten die Forscher fünf zukunftsrelevante Grundorientierungen, die in den nächsten zehn Jahren für Lebensbereiche wie Gesundheit, Bildung, Arbeit und Familie prägend sein werden: 1. Managing Dutility: Funktionieren im System 2. Living Substance: Zurück zum Wesentlichen 3. Embedding Individuality: Weniger ich – mehr wir 4. Creating Lifeholder Value: Gestalten und Partizipieren 5. Engaging in a Sane Society: Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung Die 90er-Jahre des letztes Jahrhunderts waren von Individualisierung, Differenzierung und Pluralisierung geprägt. Nun sind die Menschen in Deutschland bereit, sich auf soziale Gemeinschaften einzulassen und ihre Ansprüche an die individuelle Selbstverwirklichung zurückzufahren (Embedding Individuality). Zugleich tritt die soziale Verantwortung wieder in den Vordergrund. Diese ist jedoch frei von Sozialromantik. Vielmehr erscheint sie in Kombination mit konkreten Hoffnungen auf persönliche Benefits (Engaging in a Sane Society). „Besonders die bürgerliche Mitte wird sich um das Thema ‚Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung‘ neu konstituieren“, lautet ein Resü- 312 mee der Studie […]. Das Thema „Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung“ bietet der von Globalisierung und Reformen gebeutelten Mitte die Chance, eine neue Identität zu entwickeln. Funktionieren im System statt Individualität Als weitere Grundorientierung haben die GIMForscher das Funktionieren im System (Managing „Dutility“) identifiziert. Dies bezeichnet eine große gesellschaftliche Herausforderung, die jeden Einzelnen und alle Schichten der Gesellschaft betrifft: Immer mehr Lebensbereiche müssen in immer weniger Zeit erledigt, organisiert und synchronisiert werden, das Leben ist vollgepackt mit Verpflichtungen, Ansprüchen und Anforderungen. Die frei zur Verfügung stehende Zeit schrumpft. Das Leben wird zunehmend bestimmt von konsequenter Nutzenorientierung und Effizienzsteigerung. Die Folge: Der Raum für Individualität und Selbstverwirklichung schrumpft. Rückbesinnung auf das Wesentliche Der kleiner werdende Freiraum ist ein wichtiger Auslöser für die weitere Grundorientierung „Zurück zum Wesentlichen“ (Living Substance). Die Menschen werden sich wieder stärker nach innen richten, so die GIM-Forscher. Es wird ihnen bewusst, dass sie mit ihren Kräften haushalten müssen. Und sie stellen sich deshalb die Frage, was in ihrem Leben wichtig und wesentlich ist. Sie sehnen sich nach Sicherheit, Orientierung und Verlässlichkeit. Hinzu kommt der Wunsch, das eigene Leben stärker in die eigene Hand zu nehmen. Es findet eine Änderung der Einstellung statt: vom Akzeptieren der auferlegten Eigenverantwortung (Rückzug des Staates) und der Verpflichtungszwänge zu einer selbstbestimmten Eigenverantwortung. Als Mitglieder der Gesellschaft wollen die Menschen wieder stärker gestalten und partizipieren, weniger in traditionellen Formen des Engagements (Vereine, Kirche), sondern punktuell und situativ. Sie sind dabei geleitet sowohl von persönlichen als auch beruflichen Interessen (Creating „Lifeholder Value“). Partizipieren heißt heute schon, mit anderen etwas zu bewegen und zugleich in eigener Sache zu handeln. Quelle: NPO, GIM Gesellschaft für innovative Marktforschung, 31. Dez. 2007 3334312 6.2.5 Sind die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen sinnvoll? Grenzen des Wachstums Limits to Growth Ein stetiges angemessenes Wirtschaftswachstum ist nicht ein wirtschaftspolitisches Ziel an sich, sondern gewissermaßen die Voraussetzung zur Erreichung der übrigen drei Ziele. Die meisten Zielkataloge der Wirtschaftspolitik gehen von einer konstanten Wachstumsrate der Wirtschaft aus. Auch viele empirische Untersuchungen bestätigen die Konstanz der Wachstumsrate. Wenn aber die Wachstumsrate konstant ist, muss die Wirtschaft ein exponentielles Wachstum aufweisen. Ein solches Wachstum verläuft anfangs sehr langsam und ist kaum merklich, beschleunigt sich und führt in kurzer Zeit zu einem explosionsartigen Anwachsen der betreffenden Größe. Ein Beispiel mag diese Eigenschaft verdeutlichen: Quelle „Bei einem 5-prozentigen Wachstum verdoppelt sich eine Größe ca. alle 14 Jahre. Damit eine Größe sich bei einem solchen Wachstum vertausendfacht, braucht sie ca. 10 ,Verdoppelungszeiten‘, also 140 Jahre. Während der letzten Verdoppelungszeit, also in den letzten 14 Jahren, wächst sie um 500 Einheiten, genauso viel wie in den 126 Jahren zuvor. Stellt in einer solchen Wachstumssituation das 1 000-fache An diesen Eigenschaften des exponentiellen Wachstums knüpfte die Diskussion über die „Grenzen des Wachstums“ an, die von Dennis H. Meadows (1972) mit seinem Bericht für den Club of Rome, einer losen Vereinigung von Wissenschaftlern und Unternehmern, initiiert wurde. Das Ziel dieser Arbeit war es, mittels eines sog. Weltmodells auf empirischer Grundlage die Entwicklungsrichtung der Menschheit für den Zeitraum eines Jahrhunderts vorauszuschätzen. Dazu wurden die Trends folgender fünf Größen untersucht: @ die Industrieproduktion, @ das Bevölkerungswachstum, @ die Nahrungsmittelproduktion, @ die Ausbeutung der Rohstoffe, @ die Belastung der Umwelt. 3334313 eine gefährliche Obergrenze für die Umwelt dar, z. B. in Form einer nicht mehr zu tolerierenden Strahlenbelastung, so war man 126 Jahre von dieser Obergrenze weit entfernt. Man erreicht sie nun aber schlagartig in einer einzigen weiteren Verdoppelungszeit, nämlich in 14 Jahren.“ Quelle: Gabisch, Günter, Konjunktur und Wachstum, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 1, 2007, S. 329. Die zentralen Thesen, die Meadow aufstellte, lauten: 1. Wird das exponentielle Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum der letzten hundert Jahre unter heutigen gesellschaftlichen Bedingungen auf der Erde fortgesetzt, so wird um das Jahr 2050 die Weltwirtschaft wegen fehlender Ressourcen (Rohstoff- und Energiereserven) zusammenbrechen. 2. Ein langfristig stabiles gesellschaftliches System auf der gesamten Erde kann nur ereicht werden, wenn bereits um das Jahr 1975 einschneidende Maßnahmen ergriffen werden, zu denen u. a. gehören: Stabilisierung der Weltbevölkerung, Reduzierung des relativen Rohstoffverbrauchs für die industrielle Produktion auf ein Viertel des 1970-Wertes und Verminderung der Umweltverschmutzung pro Produkteinheit des Industrie- und Agrarbereichs auf ein Viertel des 1970-Wertes. 313 Zur Diskussion 1. Wie beurteilen Sie die politische Wirkung langfristig angelegter Weltmodelle? Geben Sie dem Politiker Entscheidungshilfen und Handlungsanweisungen? 2. „Der Club of Rome war stets auch umstritten. Manche seiner Einschätzungen erwiesen sich als unzulänglich. Unbestreit- bar aber ist ein historisches Verdienst: Der Glaube an die ungestrafte Machbarkeit von Wohlstand auf Kosten der Natur wurde als lebensgefährliche Illusion entlarvt.“ (Die Globale Revolution, Bericht des Club of Rome 1991, Spiegel, Spezial, Nr. 2, 1991, S. 3) Arbeitsvorschläge 1 a) Ordnen Sie die Pro- und Kontra-Argumente der unten stehenden Tabelle nach inhaltlichen Aspekten, sodass Sie jedem Pro- ein Kontra-Argument gegenübersteht. b) Ergänzen Sie die fehlenden Argumente auf beiden Seiten, sodass Sie für alle Argumente eine Gegenposition haben. Pro und kontra Wirtschaftswachstum Pro Wachstum Kontra Wachstum Argumente der Wachstumsbefürworter Argumente der Wachstumskritiker 1. Wirtschaftswachstum sichert einen hohen Beschäftigungsstand. 2. Wirtschaftswachstum erleichtert den Strukturwandel. 3. Wirtschaftswachstum dämpft die nationalen und internationalen Verteilungskonflikte. 4. Wirtschaftswachstum ermöglicht mehr Umweltschutz ohne Arbeitsplatzrisiko. 5. Wirtschaftswachstum schafft günstige Voraussetzungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und für Ressourcen sparende Investitionen. 6. Wirtschaftswachstum dient der Erhaltung des sozialen Sicherungssystems. 7. Wirtschaftswachstum ist Ausdruck individueller Präferenzen. 1. Es gibt umwelt-, energie- und rohstoffbezogene Grenzen des Wirtschaftswachstums. 2. Verabsolutierung des Prinzips der ökonomischen Rationalität. 3. Es gibt soziale und ökologische Grenzen der Konsumgesellschaft. 4. Fortgesetztes Wirtschaftswachstum bringt keine Lösung des Verteilungsproblems. 5. Ökonomisierung der Gesamtgesellschaft. 6. Wirtschaftswachstum, Technologie, Arbeitseinteilung und Arbeitszufriedenheit. 7. Zunehmende Abhängigkeit des Einzelnen von Marktund Staatsinstitutionen. 8. Abnehmende Beschäftigungseffekte des Wirtschaftswachstums. 9. Wertewandel von materialistischen zu postmaterialistischen Zielen. Arbeitsvorschläge (Fortsetzung) 2 Prüfen Sie die einzelnen Argumente auf ihren Aussagegehalt hin. 3 Suchen Sie nach wirtschaftspolitischen Alternativen, um die Ziele, wie z. B. Vollbeschäftigung, Strukturwandel und Umverteilung, anders als durch Wirtschaftswachstum zu erreichen. 314 4 Vor 40 Jahren erschien das Buch „Grenzen des Wachstums“. Lesen Sie den folgenden Quellentext und stellen Sie dessen Erkenntnisse thesenartig zusammen. 3334314 Quelle Bericht an den Club of Rome: Klimawandel verstärkt sich dramatisch Verheerende Fluten, mehr Dürren, extremes Wetter – führende Wissenschaftler und Experten bestätigen in ihrem Report „2052“ an den Club of Rome die schlimmsten Befürchtungen der Klimaforscher. Vierzig Jahre nach dem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ warnen sie: Die Wirtschaft mit ihrem steten Wachstum schadet dem Klima und den Naturschätzen. Wie wird die Erde im Jahr 2052 aussehen? Düster, sollten die Prognosen des Forscherverbundes Club of Rome eintreffen. Mehr als 30 Wissenschaftler und Wirtschaftsexperten haben sich mit der globalen Wirtschaftsentwicklung und den Folgen des Klimawandels beschäftigt. Der Ausblick, den sie in ihrem Report „2052“ zeichnen, ist überwiegend negativ: Der Klimawandel werde sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts dramatisch verstärken und dadurch viel Leid verursachen. Mehr Dürren, verheerendere Fluten und extremes Wetter sagen die Forscher für die nächsten vierzig Jahre voraus. „Die negativen Auswirkungen werden deutlich sein“, warnte der Autor des Reports, der norwegische Wirtschaftsexperte und Zukunftsforscher Jorgen Randers. „Die Menschheit hat die Ressourcen der Erde ausgereizt und wir werden in einigen Fällen schon vor 2052 einen örtlichen Kollaps erleben“, sagte Randers bei der Präsentation der Ergebnisse in Rotterdam. „Wir stoßen jedes Jahr zweimal so viel Treibhausgas aus wie Wälder und Meere absorbieren können.“ Der Report erscheint 40 Jahre nach dem ersten großen Bericht im Auftrag des Club of Rome und enthält Beiträge führender Wissenschaftler, Ökonomen und Zukunftsforscher. Bereits 1972 hatte der Forscherverbund vor den „Grenzen des Wachstums“ und vor Umweltverschmutzung gewarnt. „Der Meeresspiegel werde um 3334315 0,5 Meter höher sein, das Arktiseis im Sommer verschwinden und das neue Wetter werde die Landwirte treffen“, hieß es in der Prognose. Dem aktuellen Bericht zufolge werden die Treibhausgasemissionen erst 2030 ihren Höhepunkt erreicht haben. Das sei zu spät, um den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen, was als eben noch akzeptable Marke angesehen wird. Bis 2080 werde die Temperatur um 2,8 Grad steigen – was einen sich selbst verstärkenden Klimawandel auslösen könne. Randers zufolge schadet die Wirtschaft mit ihrem steten Wachstum dem Klima und den Naturschätzen. Zudem macht sie nach den Berechnungen der Forscher oft schon jetzt keinen Gewinn mehr – verglichen mit dem Preis der Umweltzerstörung. Der Generalsekretär des Club of Rome, Ian Johnson, sagte: „Business as usual ist keine Option, wenn wir wollen, dass unsere Enkelkinder auf einem zukunftsfähigen und gerechten Planeten leben.“ Schnelles Handeln sei nötig. Der Wirtschaftsexperte Randers kommt zudem zu dem Ergebnis, dass das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) langsamer steigen wird als erwartet. Um das Jahr 2050 wird das weltweite BIP ihm zufolge nur 2,2 Mal größer sein als heute. Seine Erklärung: Sowohl der Bevölkerungs- als auch der Produktivitätszuwachs werden abnehmen. Viele Volkswirtschaften hätten ihr Entwicklungspotenzial ausgeschöpft und es gebe weniger Geburten, da immer mehr Menschen in Städten lebten und die Zahl ihrer Kinder selbst bestimmen könnten. Nach seinen Berechnungen wird die Weltbevölkerung kurz nach 2040 bei 8,1 Milliarden ihren Höchststand erreichen und dann zurückgehen. Quelle: dpa/bero/mcs: www.sueddeutsche.de/ wissen/bericht-an-den-club-of-rome-klimawandelwird-sich-dramatisch-verstaerken-1.1351397; Abruf: 08.05.2012 315 6.3 Was habe ich gelernt? Aufgaben zum 6. Themenkreis zur Kontrolle des Lernerfolgs aufgaben 1 Charakterisieren Sie „Konjunkturschwankungen“ als ein historisches Phänomen. 2 Grenzen Sie die Begriffe „Konjunktur“, „Trend“ und „saisonale Schwankungen“ gegeneinander ab. 3 Erläutern Sie einen Konjunkturzyklus anhand einer von Ihnen angefertigten Skizze. 4 Erläutern Sie die Situation auf dem Markt für Autos der gehobenen Mittelklasse während der einzelnen Phasen eines Konjunkturzyklus. 5 Nennen Sie mindestens fünf Konjunkturindikatoren und beschreiben Sie ihre Aussagefähigkeit. 6 Schreiben Sie einen erläuternden Text zu nebenstehender Statistik. Gehen Sie in Ihrer Erläuterung auch darauf ein, in welcher Phase eines möglichen Konjunkturzyklus sich die Weltwirtschaft im Jahre 2011–2013 laut Prognose befindet. 7 Nennen Sie drei Konjunkturtheorien und erläutern Sie ihre Hauptaussagen. 8 Beschreiben Sie die derzeitige konjunkturelle Lage in der Bundesrepublik Deutschland, in Ihrem Bundesland, in Ihrem Kreis und in Ihrer Gemeinde/Stadt. 9 Welche aktuellen wirtschaftspolitischen Ereignisse nahmen in den letzten Monaten Einfluss auf die konjunkturelle Lage? 10 Erläutern Sie die Aussage des „magischen Vierecks“. 11 Erweitern Sie das „magische Viereck“ zu einem Sechs-, Acht-, Vieleck durch eine Zeichnung und einen erklärenden Text. 316 3334316 Aufgaben (Fortsetzung) 12 Schreiben Sie einen kommentierenden Text zum Wirtschaftswachstum in Deutschland von 1900 bis 2010. 13 Recherchieren Sie die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung im ersten Halbjahr 2012 im Internet und stellen Sie Ihre Ergebnisse den Prognosen auf S. 316 gegenüber. Mein Portfolio 1 Beschäftigen Sie sich mit den Möglichkeiten der Szenario-Technik. Hilfe: Die Szenario-Methode dient dem Entwurf von Zukunftsbildern. Mit ihrer Hilfe sollen mögliche Entwicklungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft vorausgedacht werden, um bereits heute mögliche Lösungsansätze zu entwickeln. Ausgangslage für ein Szenario ist immer die Gegenwart. Diese wird im Szenario fortgeschrieben. Im Anschluss an die Entwicklung von Extrem-Szenarien kann ein Trend-Szenario als realistischer Mittelweg diskutiert werden. Positives Extrem-Szenario Trend-Szenario Negatives Extrem-Szenario heute kurzfristig (ca. 5–10 Jahre mittelfristig (ca. 11–20 Jahre 2 Erarbeiten Sie die Inhalte des Quellentextes Anlage 6 auf S. 403 ff. nach der Fünf-Schritt-Methode (s. S. 82). 3 Recherchieren Sie im Internet nach einem Szenario zur zukünftigen Entwicklung Europas (z. B. Stichwort: „Was aus Europa 3334317 langfristig (über 20 Jahre Jahre wird“). Stellen Sie die Kernaussagen des von Ihnen ausgewählten Szenarios in einer Tabelle der heutigen Realität gegenüber. 4 Entwickeln Sie ein alternatives Szenario zum Thema „Europa im Jahr 2050“. Vergessen Sie dabei nicht die Extrem-Szenarien. 317