Referat_Bettina_juergensen_zum_8 Mai

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Erinnern um zu Handeln
70. Jahrestag Tag der Befreiung
Kiel, 12.5.2015
Veranstaltung von VVN-BdA Kiel, DKP Kiel und SDAJ Kiel
Referat:
Bettina Jürgensen, Mitglied DKP - Parteivorstand, Sprecherin Runder Tisch gegen Rassismus u
Faschismus Kiel -> Entwicklung des Faschismus in Deutschland, Widerstand der
Kommunist*innen, Befreiung 1945
weitere Referate:
Christel Pieper, VVN-BdA - Vorsitzende Kiel -> Bericht über ihren Vater Christian Joost im
antifaschistischen Widerstand, über Gefängnis und KZ sowie ihre Kindheitserinnerungen
Pia Wollenberg, SDAJ Kiel -> antifaschistische Arbeit heute
Liebe Freundinnen und Freunde,
Liebe Genossinnen und Genossen,
In dem kurzen Zeitrahmen, der für meinen Beitrag vorgesehen ist, können die
Themenkomplexe nicht ausführlich behandelt werden. Daher ist es nur ein grober Überblick,
selbstvertständlich bin ich bereit auf Einladung auch ausführlicher zu referieren:
– zur Entwicklung des Faschismus in Deutschland
– kommunistischer Widerstand
– Tag der Befreiung
– Schlussfolgerungen
Erich Kästner hat 1958 festgestellt:
„Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später
war es zu spät. Man darf nicht warten bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man
darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden
Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich
begraben hat.“
Entwicklung
Faschismus hatte sich als eine reaktionäre politische Bewegung entwickelt, die den
Klasseninteressen des Monopolkapitals entsprach. Der Begriff ist auf die italienische
faschistische Bewegung, ab 1921 Partei, unter Mussolini gegründet, die ein Rutebündel = fasci
als Symbol verwendeten.
Hier soll auf die Entwicklung in Deutschland eingegangen werden, die sich, verstärkt nach dem
Ende des 1. Weltkrieges, als ultrareaktionäre Monopolgruppe um August Thyssen, Emil Kirdorf
und Hugo Stinnes gebildet hatte, um eine Politik zum Sturz der Weimarer Republik zu
etablieren. Obwohl die Ziele auf mehr Machteinfluss des Monopolkapitals und gegen die
Interessen der Arbeiterklasse gerichtet war, gelang es mit sozialer und nationaler Demagogie
eine Massenbasis zu erlangen. Die Unterstützung durch Finanzmittel aus der Schwerindustrie
für die nationalsozialistische Bewegung war schon seit Anfang 1919 gegeben. Die NSDAP ging
aus der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) hervor, sie wurde 1920 in NSDAP umbenannt. 1921
kam Hitler in die Führung dieser Bewegung und gründete sie als Partei.
Fast 10 Jahre wurde in der Weimarer Republik Politik entwickelt, die von einem Bündnis des
Monopolkapitals und Teilen der rechten Sozialdemokratie bestimmt war. Zu dieser Zeit war die
Mehrheit des Kapitals der Ansicht, ihre wirtschaftliche und politische Macht ohne
Gewaltherschaft erhalten zu wollen. Doch es gab vom Beginn der faschistischen Bewegung
Unterstützung durch einige Schwerindustrielle wie Fritz Thyssen und Emil Kirdorf. Sie und
andere setzten auf die faschistische Ideologie. Unterschiedliche Auffassungen innerhalb der
verschiedenen Gruppen der Industrie und des Mittelstandes wurden stärker sichtbar mit dem
Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929, die Einheit der Kapitalvertretungen kam zum Bröckeln.
Zunehmend gab es eine Umorientierung der reaktionärsten Teile, die sich für die Errichtung
einer faschistischen Diktatur entschieden. Mit der „Industriellendenkschrift“ von 1932 traten
sie an von Hindenburg heran und forderten Hitler als Reichskanzler einzusetzen. Erleichtert
wurde ihnen diese Forderung durch einen seit 1928 einsetzenden Masseneinfluss der NSDAP.
Am 30. Januar 1933 waren sie am Ziel und die Macht wurde auf Hitler übertragen. Was hier
aufgrund der mangelnden Zeit so schematisch dargestellt wird, war ein langer Prozess, der
sich auf allen Ebenen der beteiligten Parteien entwickelt hatte, der nicht widerspruchslos
vonstatten ging.
Mit diesem 30. Januar nahm eine Schreckensherrschaft ihren Anfang, die nicht nur in
Deutschland grausam regierte, sondern auch in anderen Ländern eine Spur der Vernichtung
und Gewalt hinterließ.
Reinhard Kühnl hat in „Formen bürgerlicher Herrschaft, Liberalismus – Faschismus“ 1971 über
den Faschismus geschrieben:
„Ihre aggressivste Zuspitzung erfuhr diese Ideologie im Rassismus. Die Lehre, dass die eigene
Rasse nicht nur andersartig, sondern auch höherwertig sei als die übrigen Rassen, bot der
Demagogie enorme Chancen. Auf diese Weise konnte auch dem Niedrigsten das Hochgefühl
vermittelt werden, er gehöre zu den Auserwählten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl des
eigenen Volkes konnte damit gesteigert, die Unzufriedenheit der Machtlosen sowohl
ideologisch kompensiert als auch in eine Richtung geleitet werden, die für die Herrschenden
ungefährlich war, nämlich gegen den äußeren Feind.“
Aufgrund dieser konstruierten Rassezugehörigkeit wurden über 6 Millionen Juden, 600.000
Sinti und Roma, und auch Slawen ermordet. Mit dem Euthanasieprogramm wurden
zigtausende Menschen umgebracht, die von den Nazis aufgrund geistiger oder körperlicher
Behinderung als „unwertes Leben“ betrachtet wurden. Menschen mit anderer sexueller
Orientierung, die nicht der Norm der Nazis entsprach, waren ebenso Opfer. Vertreter
verschiedener Kirchen, die sich gegen Hitler stellten – und sei es auch nur in einigen Punkten –
wurden in KZ und Zuchthaus gesperrt.
Politisch Andersdenkende, Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, aber auch
Liberale wurden ausgegrenzt, verfolgt, inhaftiert und ermordet.
Der Beginn des 2. Weltkrieges 1941 brachte auch in alle Nachbarstaaten in Europa, aber auch
Ländern in anderen Teilen der Welt, Krieg, Okkupation und Vernichtung. Die SS und
Wehrmacht hinterließen eine Spur der Zerstörung und des Todes: mit Billigung und
Unterstützung von Thyssen, Krupp, Siemens und IG Farben, Deutscher Bank und vielen
anderen, die an der Ausplünderung anderer Länder, an der Sklavenarbeit, an Aufrüstung, an
Krieg und Massenmord verdienten.
Auch in Kiel und Schleswig-Holstein. Wenige Beispiele aus dieser Region:
Der Krupp-Konzern und die Rüstungsindustrie hatte schon in den 20er Jahren, gegen den
Versailler Vertrag, in Kiel Rüstungs, -produktion und -erprobung betrieben. Dazu wurden auch
ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge eingesetzt.
Das Arbeitserziehungslager Nordmark in Kiel wurde im Juni 1944 errichtet und bestand bis
Kriegsende. Hier waren insgesamt 5-6.000 Menschen inhaftiert, als Zangarbeiter in Kieler
Betrieben ausgenutzt, 578 kamen hier ums Leben. Auch im 1944 errichteten KZ Aussenlager
Howacht mussten Häftlingen unter unmenschlichen Bedingungen für die Kieler Firmen Krupp
und Anschütz produzieren.
An der Kieler Universität fand ab 1933 ohne größeren Widerstand die Gleichschaltung statt. Im
Frühjahr 1933 wurde hier von studentischer Seite die "Aktion wider den undeutschen Geist"
organisiert, deren Höhepunkt die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 war. Fast 60
Wissenschaftler*innen der CAU durften nicht mehr in Forschung und Lehre arbeiten, ihre
akademischen Grade wurden aberkannt.
Widerstand
Der Widerstand gegen die Faschisten begann sich der bereits in den 20er Jahren zu entwickeln.
Dabei spielten Sozialdemokrat*innen, Gewerkschafter*innen und Kommunist*innen eine große
Rolle. Aber auch Christen und humanistisch denkende und handelnde Liberale sahen dem
Treiben der Faschisten nicht stillschweigend zu.
In dieser Zeit wurde 1924 der Rotfrontkämpferbund aufgebaut, mit dem vordringlichen Ziel
gegen die Kriegspolitik zu mobilisieren. Er hatte einen gewissen Einfluss in der Arbeiterklasse.
Trotzdem: Untertanengesinnung und Obrigkeitsgläubigkeit, fehlende Zivilcourage und die
Illusion sich durchwursteln zu können, haben die Machtübernahme der Faschisten erleichert.
Und die Spaltung der Arbeiterklasse, die Ablehnung der antifaschistischen Einheitsfront mit den
Kommunisten durch die Führer der Sozialdemokratie und die lange beibehaltene, viel zu spät
korrigierte falsche Orientierung der KPD gegen den „Sozialfaschismus“, hatten fatale Folgen.
Die erst 1928 geründete Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO) war vor allem aktiv
gegen faschistische Entwicklungen in den Betrieben und in der Arbeiterklasse, lehnte allerdings
jegliche Zusammenarbeit mit Sozialdemokraten strikt ab.
Nach dem 30. Januar 1933 unternahmen die Nazis und das sie unterstützende Kapital alles,
um ihre Ziele durchzusetzen, nach innen und nach außen. Jeder Widerstand gegen die Diktatur
sollte schon im Keim erstickt werden.
In dem kleinen Buch des Kommunisten Rudi Jürgensen aus Eckernförde „Hermann Ivers und
seine Genossen“ wird dies so dargestellt: „Der Termin für die Neuwahlen der kommunalen
Vertretungen wurde auf den 12.März 1933 festgesetzt, eine Woche nach den
Reichstagswahlen. Den Wahlkampf führten die Faschisten auf ihre Weise.
Hausdurchsuchungen bei Kommunisten und Sozialdemokraten waren an der Tagesordnung.
Versammlungsverbote, Inhaftierungen, Beschlagnahme von Wahlmaterialien der
Arbeiterparteien gehörten zur Tagesordnung. Die Presse organisierte einen Anzeigenboykott
für linke Parteien. (…..) Am Vorabend der Reichstagswahl verhaftete man den Vorsitzenden
der KPD Ernst Thälmann. (….) Bereits am 1. März 1933 hatte die Eckernförder Zeitung
geschrieben: Wer sich für den Kommunismus entscheidet, wird sich die Folgen selbst
zuzuschreiben haben.“
Auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale 1935 wurde die Bildung der
RGO/RGI als großer Fehler eingeschätzt, weil sie einem gemeinsamen Kampf gegen den
Faschismus entgegenstanden. Der Kongress hat im Gegenteil über die Aufgabe beraten, alle
antifaschistischen und Antikriegskräfte, über die Arbeiterklasse hinaus, zu vereinen.
Beispielhaft wurde diese Zusammenarbeit am Vorabend des Kongresses in gezeigt: am 14. Juli
1935 beteiligten sich in Paris über 500.000 Menschen an einer antifaschistischen
Demonstration. Unter ihnen Arbeiter, Bauern, städtische Mittelschichten, kommunistische und
sozialistische Partei, radikalsozialisten und Gewerkschaften. Der französische Kommunist
Marcel Cachin, PCF, sagte in seinem 4-stündigen Beitrag zum Kampf gegen den Faschismus auf
dem Kongress: „Allein sind wir nicht stark genug, um ihn zu besiegen brauchen wir
Verbündete, und diese Verbündete gibt uns die Volksfront.“ (zitiert nach Rundschau, 1.8.1935)
Und Anton Ackermann, Vertreter der KPD, äußerte: „Es gibt für uns ein strategisches Ziel: den
Sturz der faschistischen Diktatur. Dazu ist die Vereinigung aller fortschrittlichen und
freiheitlichen Kräfte in einer Front erforderlich.“ Dabei sollten auch die einbezogen werden, die
für die demokratischen Rechte und den Frieden eintraten, aber (noch) nicht das kapitalistische
System beseitigen wollten.
Um für diese Einheitsfront zu arbeiten, um den Widerstand zu entwickeln, war die KPD auch in
der Illegalität bestrebt Parteistrukturen aufrecht zu erhalten. Das war kein einfaches
Unterfangen, die Ermordung und Inhaftierung von 60 % der Mitgliedschaft bis 1939 hinterließ
ihre Spuren.
Und gefährlich war es nicht nur für die Aktiven, sondern auch deren Familien, deren Umfeld.
Die Erinnerung über die Schulzeit eines Kindes, dessen Vater im faschistischen Zuchthaus saß
liest sich so (Hermann Ivers … s.o.): „Warum hast Du damals nicht mitgesungen? War das
wegen deines Vaters? Das gab einen bösen Krach, ich entsinne mich genau. Selbst Jonas kam.
- Jonas, das war der Rektor unserer Schule. Aber es stimmte. Ich hatte nicht mitgesungen,
weil es ein Nazilied war. Und ich war kein Nazi.“ So ein Alltagsgeschehen konnte bereits zu
Verfolgung führen.
Die Kommunistische Partei Deutschlands hatte über 100.000 Opfer zu beklagen.
Hunderttausende wurden gequält, erniedrigt, blieben gezeichnet für ihr ganzes Leben.
Befreiung
Allein der Widerstand in Deutschland hat jedoch nicht zum Tag der Befreiung am
8. Mai 1945 geführt.
Mit dem Krieg ab 1941 wurden auch andere Länder direkt angegriffen, rollte das faschistische
Gewaltregime ein. Vor allem der Krieg der Nazis gegen die noch junge Sowjetunion ist zu
erwähnen, hier sollten sozialistisches Denken und beispielhaftes Handeln ausgemerzt, jedoch
auch neues Land im Osten erobert werden. Mit dem Schlagwort "Volk ohne Raum" wurde von
den Nazis die Ausbreitung bis zum Ural propagiert und versucht militärisch durchzusetzen.
Dabei ging es nicht nur um das Land, sondern auch um die vorhandenen Bodenschätze und
andere Rohstoffe. Die Partisanen der okkupierten Länder ließen das jedoch nicht
widerspruchslos zu, sie organisierten mit Unterstützung aus der Bevölkerung den Kampf gegen
die Besatzer. Dabei hatten sie die Rote Armee an ihrer Seite, später auch die Armeen aus
Frankreich, England und den USA. Eine breite Front kämpfte gegen Krieg, gegen Besatzung
und gegen Faschismus. An diesen Widerstand erinnern wir mit Veranstaltungen zum Jahrestag
der Befreiung ebenso, wie an den Widerstand der in den Konzentrationslagern und
Zuchthäusern stattgefunden hat.
Die Mehrheit des Parteivorstands der DKP hat einen Aufruf zum 70. Jahrestag der Befreiung
beschlossen, in dem auch Stalin zitiert wird. Ich habe im PV gegen diesen Aufruf gestimmt. Ein
Grund ist, dass die Würdigung der Leistung der Sowjetunion dazu benutzt wird, um Stalin
hoffähig zu machen, das Zitat in diesem Aufruf verfolgt meiner Meinung nach keinen anderen
Grund.
Der erwähnte 8.Mai-Aufruf der DKP ist (glücklicherweise) nur schwer im Internet zu finden,
wurde weder als Flyer noch in der UZ veröffentlicht. Dennoch möchte ich als Mitglied des PV
meine Position zur Einschätzung der damaligen Politik mit einer Aussage des Programms der
DKP darlegen:
„Politische und organisatorische Grundsätze der KPdSU wurden zunehmend außer Kraft
gesetzt; an die Stelle von innerparteilicher Demokratie, Kollektivität und Solidarität traten
autoritäre Maßnahmen. Dieser Prozess vollzog sich unter den Bedingungen der äußeren
Bedrohung und Subversion, der wirtschaftliche Erpressung und harter internationaler
Klassenauseinandersetzungen. Vor dem Hintergrund eines fehlenden Vorlaufs bürgerlichdemokratischer Rechtsformen wurden, im Widerspruch zum humanistischen Wesen des
Sozialismus, die Prinzipien sozialistischer Demokratie durch Missachtung sozialistischer
Rechtsstaatlichkeit, durch Repression, durch Massenverfolgung und Verbrechen massiv
verletzt. Zahllose Menschen, auch Mitglieder der KPdSU, der Roten Armee und der
Kommunistischen Internationale fielen dem zum Opfer. Das hat dem Sozialismus und seinem
Ansehen schwer geschadet.“ (Programm der DKP)
Trotz auch dieser gerade genannten schweren Bedingungen, auch hier äußere und innere,
wurde der Widerstand von der Bevölkerung und der Roten Armee gegen Krieg und Faschismus
geleistet. Sie trugen die Hauptlast. Die Verteidigung ihres Staates und der Kampf gegen den
deutschen Faschismus hat allein in der Sowjetunion über 27 Millionen Opfer gekostet. Dieser
Kampf und die Befreiung dürfen nicht vergessen werden.
Die Anti-Hitler-Koalition von Frankreich, USA, der Sowjetunion und Großbritannien, das uns
hier im Norden befreite, hat den Sieg gegen den Faschismus errungen, sie haben diesen Krieg
beendet, der mehr als 50 Millionen Menschen Opfer brachte.
Und nach der Befreiung?
Mit dem Potsdamer Abkommen wurden die gemeinsamen Ziele der Besatzungspolitik 1945
festgelegt: die völlige Entmilitarisierung, die Entnazifizierung, die Demokratisierung, die
Dezentralisierung des deutschen Wirtschaftsleben mit dem Ziel der Vernichtung der
bestehenden übermächtigen Konzentration der Wirtschaftskraft.
Nur in der sowjetischen Besatzungszone wurde dem Abkommen entsprechend gearbeitet, in
den Betrieben, in den Kommunen und in der Bildung – um einige Bereiche zu nennen – wurde
mit der Umsetzung begonnen.
In den Westzonen, von Großbritannien, Frankreich und den USA besetzt, wurden diese Ziele
jedoch nur halbherzig oder gar nicht in Angriff genommen, im Gegenteil, teilweise wurde dem
von Beginn an zuwider gehandelt.
Ein Beispiel der Verdrängung von Geschichte ist der Umgang mit dem Arbeitserziehungslager
Nordmark in Kiel. Hier wurden erst 1971 und 1985 durch kirchliche Initiativen Gedenksteine
aufgestellt. Der 1980 gegründete Arbeitskreises Asche Prozess machte Druck auf die
Ratsversammlung, die dann 1983 die Einrichtung einer Dokumentations- und Gedenkstätte
beschloss, aber den eigenen Beschluss ignorierte. Mit EU-Mitteln und der Unterstützung
einzelner Ratsmitglieder ließ der AKENS schließlich 2003 den Gedenkort in der heutigen Form
errichten.
Auch in Hohwacht wurde erst am 7. November 1999, 55 Jahre nach der Errichtung des Lagers,
durch die Gemeinde Hohwacht nach langem und intensivem politischen Druck ein
Hinweistäfelchen von 30 mal 40 Zentimetern Größe am Rande des ehemaligen Lagergeländes
aufgestellt.
Keine Überraschung, wenn wir wissen, dass auch die Politik weiter mitbestimmt wurde von
denen, die auch bis 1945 regierten.
Noch einmal etwas aus dem Buch „Hermann Ivers und seine Genossen“ über den Auftritt des
neuen Bürgermeisters 1933 in Eckernförde: „Vom Platz unten ertönten Kommandos und das
Knallen zusammenschlagender Hacken. Die SA-Männer und die HJler standen stramm. (…)
Lemke legte die linke Hand auf das Koppel, hob den rechten Arm. `Heil Hitler! Eckernförder´er
nahm den Arm herunter. (….) Unser Führer gab uns mit dem Ermächtigungsgesetz eine Waffe
in die Hand mit der wir diesen roten Spuk auch hier zerschlagen werden. Ich komme hierher in
der Zeit der nationalsozialistischen Revolution und wir alle, jeder an seiner Statt, sind dazu
aufgerufen, die Hammerschläge des Dritten Reiches auszuführen.´ Das letzte schmetterte er
förmlich über den Platz und erhielt den eingeplanten Beifall. Lemke war zufrieden. - Helmut
Lemke: Bürgermeister in Eckernförde 1933-1937, Bürgermeister in Schleswig 1937 -,
Ministerpräsident in Schleswig-Holstein 1962 – 1971, Landtagspräsident in Schleswig-Holstein
1971 - 1983“
Die Gründung der NPD 1964 war zwar der Anfang einer neuen faschistischen Partei, aber auch
vorher trieben viele Hitlerschergen in Amtsstuben, auf Richtersesseln, in der Bundeswehr und
in Parteien ihr Unwesen weiter.
Die Wiederbewaffnung und die Gründung der Bundeswehr 1955 in der BRD, sowie das Verbot
der KPD 1956 sind weitere Beispiele, wie die Adenauer-Regierung in der BRD entgegen den
Beschlüssen von Potsdam handelte.
Schlussfolgerung
Der VII Weltkongress der Kommunistischen Internationale 1935 hat den Faschismus an der
Macht als offen terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am
meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals definiert.
Pia wird gleich zu den aktuellen Entwicklungen etwas sagen. Von mir deshalb nur noch dies:
Wir müssen viel mehr als bisher eine inhaltliche Auseinandersetzung über den Faschismus
führen. Die ökonomischen Ursachen werden oft ausgeklammert in der Diskussion, ebenso der
schleichende Abbau demokratischer Rechte, die Militarisierung. Wir wissen, dass faschistische
Postionen aus allen Teilen der Gesellschaft kommen. Die reale Gefahr des Faschismus jedoch
könnte aus einer umfassenden Krise des Kapitalismus entstehen. Die Aussage des VII
Weltkongresses der KI 1935, dass eine breite Front der Kräfte gegen Krieg und Faschismus
entwickelt werden muss, gilt auch heute noch. Das gemeinsame Handeln aller
antifaschistischen, demokratischen und linken Kräfte gegen Sozial- und Demokratieabbau,
gegen Aufrüstung und Krieg, gegen Rassismus und Neofaschismus ist notwendig. Nicht nur in
der BRD, auch in anderen Staaten Europas sind rechte und faschistische Parteien auf dem
Vormarsch. Wohlwissend, dass die grundsätzliche Antwort gegen Faschismus in der Zukunft
liegen wird – dem Überwinden des Kapitalismus, dem Aufbau des Sozialismus, mussten und
müssen wir seit Bestehen der BRD immer wieder aktiv gegen Nazis auftreten. Die Erfahrungen
zeigen, dass Aktionen dann erfolgreich sein können, wenn verschiedene Organisationen,
Parteien und Personen gemeinsam gegen Naziaufmärsche, -kundgebungen und deren
Propaganda auftreten.
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Zertreten wir den Schneeball bevor er eine Lawine wird!
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