4 Faschismus und Nationalsozialismus

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Faschismus und Nationalsozialismus
Faschismus in Europa
• Erste Phase: unmittelbare Nachkriegszeit
• Zweite Phase: Aufschwung des Faschismus im
Zusammenhang mit Großer Depression
Ideen und Visionen
• Rassistische ultranationalistische, klassenübergreifende
Bewegung mit ausgeprägt militaristischer Organisation und
aktivistischem politischen Stil.
• Vision: Erneuerung der Nation durch die gewaltsame
Zerstörung aller politischen Formen und Kräfte, die von
Faschisten für nationale Uneinigkeit verantwortlich gemacht
werden.
• Vision: Herstellung einer nationalen Ordnung, die auf
‚spiritueller‘ Erneuerung, kultureller Revolution und TOTALER
Kontrolle der Gesellschaft beruht.
Intellektuelle Wurzeln
• ~1900: Reaktion auf die dominante Vorstellung von
Fortschritt
• Sozialdarwinismus (Evolution durch Selektion)
• Nietzsche: Herausforderung des konventionellen
bürgerlichen Lebens – Notwendigkeit einer
moralischen Erneuerung
• Neue Sozialwissenschaften – rationale Analyse von
Gesellschaft und Mentalitäten zeigt Irrationalität
menschlichen Verhaltens.
Nationale Besonderheiten
• Italien: Aktion und Gewalt sind notwendige
Bedingungen für die Erneuerung der sozialistischen
Revolution
• Deutschland: Betonung einer `überlegenen` und
einzigartigen deutschen ‚Volkskultur‘. Gleiches gilt für
‚Volkskörper‘. Reaktion auf die als materialistisch
wahrgenommene Gesellschaft und die Entwurzelung
des Individuums.
Katalysator: Der Erste Weltkrieg
• Krieg als Wirklichkeit gewordener Traum
• Nation im Krieg ist Vorbild einer autoritären und
korporatistischen Ordnung
• Nationaler Kampf erfordert die Einstellung aller
innergesellschaftlichen Konflikte. Nötig ist auch ein
starker Staat.
Die Schützengraben-Gemeinschaft
• Idealisierung der Fronterfahrung: Kameradschaft und
Verbrüderung – die embryonale neue Gesellschaft
• Soldaten haben ihr Leben für Nation und Volk riskiert
und besitzen nun ein Recht, die Nation zu erneuern.
• Klassenlose Gemeinschaft – Gefühl der
Verbundenheit mit Gleichgesinnten (hier das
sozialistische Element des Faschismus)
• Einheit im Schützengraben bedeutet auch:
Notwendigkeit von Führung und Gehorsam
Die erste Phase
• Fortschrittsideen durch Krieg diskreditiert
• Enttäuschter Nationalismus
Faschismus in Italien: Aufstieg
• Mussolinis Programm: Kämpfen, Produzieren, Expandieren
• Kombination von anti-sozialistischem Nationalismus und
populistischem sozialwirtschaftlichen Programm
• Allgemeines Wahlrecht für Männer 1918: Fragmentierung des
Parteienspektrums, Sozialisten scheinen Parlamentarismus
abzulehnen
• Faschisten übernehmen ländliche Regionen Nord- und
Mittelitaliens durch Gewalt und Einschüchterung
• Aufstieg wird stark begünstigt durch anti-sozialistische
Ansichten und Furcht vor Kommunismus von Liberalen und
Konservativen
Benito Mussolini
Faschismus in Ungarn
• 1932: Autoritärer Machthaber Admiral Horthy ernennt
Faschistenführer Gyula Gömbös zum Premierminister
• Problem des Faschismus in Ungarn: Gömbös stirbt 1936 ohne
politischen Erben. Wichtiger: Faschistischer Staat versucht, eine
Partei aufzubauen, und nicht umgekehrt (wie in Deutschland)
• Danach: Konservative übernehmen faschistische Vorstellungen und
marginalisieren Bewegung (anti-semitische Gesetze)
Rumänien
• Wie in Ungarn wird die agrarisch
geprägte Wirtschaft durch
Depression schwer geschädigt
• 1930er: Faschisten gewinnen in
ländlichen Regionen an Bedeutung
• König Carol II: übernimmt
autoritäre Regierung, um politische
Gewalt und ländliche Unruhen zu
bekämpfen; verbietet Faschisten
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
• Mitglieder 1928: 100.000; Anteil der Wählerstimmen: unter
3%
• Zuwächse durch Anschluss anderer rassistischnationalistischer Gruppen
• Zuwächse insbesondere durch organisatorische Dynamik und
Durchsetzung des „Führer-Prinzips“
• Charismatische Führung: Hitler ernennt Miniführer im ganzen
Land, verfügt über absolut loyale Kader
• Attraktivität: Meritokratie auf der Basis von Aktivismus
NS und Wirtschaftskrise:
Anteil an Reichstagswahlen in %
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1928
1930
1932
1932
Wer wählte Hitler?
• Urbanes Kleinbürgertum und neue urbane
Mittelschichten
• Bauern
• Einige Arbeiter
Parteiprogramm
• Innere Einheit der Nation
• Zerstörung „nationaler“ Feinde: Juden und Marxisten
• Ziel: „rassisch“ und ideologisch homogene
Volksgemeinschaft
Aufstieg zur Macht
• Mitte 1932: Deutschland ist kaum noch
regierbar
• Faschismus gelangt im Rahmen des
parlamentarischen Systems an die Macht
• Konservatives Establishment verbündet sich
mit Hitler
Faschistische Machtübernahme in Italien
• 1925/26: Faschistische Regierung verbietet
alle nicht-faschistischen Parteien,
Gewerkschaften und Medien. Einführung von
Einparteien- und Polizeistaat
NS-Machtübernahme in Deutschland
• So genanntes „Ermächtigungsgesetz“ (März 1933, nur SPD
stimmt dagegen) gibt Regierung die Macht, Gesetze ohne
Zustimmung des Parlaments zu verabschieden.
• Verbot sozialistischer und kommunistischer Parteien; andere
Parteien lösen sich selbst auf.
• 1934: Nach Tod des greisen Präsidenten Hindenburg
verschmilzt Hitler Ämter. Armee und Beamtenschaften leisten
persönlichen Eid auf den „Führer“.
Erklärungen für unterschiedliche faschistische
Durchdringung
• NSDAP ist im Unterschied zu Mussolinis PNF stärkste
Partei im Parlament und hervorragend organisiert
• 1933-34: Prozess der ‚Gleichschaltung‘
• PNF verfügt über regionale Machtbasis, kaum
präsent im Süden Italiens. Bis 1924 führt Mussolini
Minderheitskabinett und ist angewiesen auf
Parlament
• Wichtigster Unterschied: In Italien bestehen
Korrektive fort (Kirche und Monarchie)
Totalitarismus
• Idealisierte „Schützengraben-Gemeinschaft“ ist
Mikrokosmos der nationalen Gemeinschaft bzw.
„Volksgemeinschaft“
• Monopol von Meinungssteuerung, Kontrolle und
Gewalt
• Regime verlangen nicht passive Hinnahme, sondern
aktive Zustimmung und Partizipation
• Aufbrechen aller Grenzen zwischen Gesellschaft und
Staat, zwischen Privatleben und öffentlichem Leben.
Alles ist politisch
Volksgemeinschaft und Volkskörper
• Ideal der klassenlosen Gesellschaft; Gleichheit der
Bürger, Zusammengehörigkeitsgefühl auf der Basis einer
gemeinsamen „Rasse“
• Ausgrenzung und Ermordung derjenigen, die als nicht
zugehörig definiert werden: nicht konformes Verhalten,
Homosexuelle, „Asoziale“, Kommunisten,
Oppositionelle, Behinderte, Sinti und Roma, Juden
Zusammenfassung
• Faschismus ist keine kohärente Ideologie wie der
Marxismus. Entwickelt sich im späten 19. Jhd. als
Gegenkultur zum fortschrittsoptimistischen
Liberalismus. Krieg ist transformative Erfahrung.
Faschisten sind Ultranationalisten, die die
Schützengraben-Gemeinschaft auf nationaler Ebene
wollen.
• Kommunisten erwarten die Weltrevolution. Als diese
ausbleibt, hat der Aufbau des Sozialismus in einem
Land Priorität.
Zusammenfassung
• Faschismus und Kommunismus sind untrennbar mit Krise
verbunden.
• Wahrnehmung einer nationalen Krise ist Grund für
Entstehung faschistischer Bewegungen und Möglichkeit für
Entfaltung.
• Krisen erlauben nach Ansicht von Faschisten und
Kommunisten Anwendung von politischer Gewalt.
Anwendung von Gewalt in der Politik ist zwar nicht auf
kommunistische und faschistische Bewegung begrenzt,
unterscheidet sie aber von den meisten anderen Politikern
und Parteien.
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