F o k us S c h a lt u n g S t e c h n i k www.polyscope.ch Magnettinte mit magnetischen Mikropartikeln für selbstheilende Schaltungen Wie von Zauberhand repariert Ingenieure von der University of California San Diego entwickelten eine magnetische Tinte, mit der sich, nach Ansicht der Forscher, selbstheilende Batterien, elektrochemische Sensoren und auf Textil basierende elektrische Schaltungen herstellen lassen. Die Hauptbestandteile der Tinte sind Mikropartikel, die durch ein magnetisches Feld in einer bestimmten Konfiguration ausgerichtet werden. » Henning Wriedt, USA-Korrespondent Die Mikropartikel einer speziellen Tinte las­ sen sich durch ein magnetisches Feld selek­ tiv ausrichten. Dadurch ziehen sich Partikel auf beiden Seiten eines Risses magnetisch an und starten beispielsweise in einer Schaltung, die mit dieser Tinte aufgebaut wurde, einen Selbstheilungsprozess. Laut Angaben der For­ scher kann man bereits Risse von bis zu 3 mm reparieren. «Unsere Arbeit ist vielversprechend für praktische Applikationen mit langlebigen, gedruckten Elektronikkomponenten», sagte Joseph Wang, Direktor des Center for Wea­ rable Sensors und Vorsitzender des Nanoen­ gineering Department an der UC San Diego. Der Forschungsbericht erschien in Science Advances. LED und knopfzelle am T-shirt-Ärmel finden mehrmals wieder zusammen Bereits bekannte Selbstheilungsmaterialien erfordern einen externen Anstoss, damit die­ se Heilungsprozesse beginnen. Sie benötigen zudem für einen derartigen Prozess einen Hei­ lungszeitraum von wenigen Minuten bis zu mehreren Tagen. Im Gegensatz dazu benötigt das von Wang und seinen Kollegen entwickel­ te System für den Prozessbeginn keinen ex­ ternen Katalysator. Und der Heilungszeitraum reduzierte sich auf etwa 50 ms. Quick-Link Videoclip www.polyscope.ch/2017/ magnettinte uc San Diego 12 Die Ingenieure druckten mit der neuen Tinte Batterien, elektromechanische Sensoren und tragbare, auf Textil basierende elektrische Schaltungen (siehe Video). Sie beschädigten dann die Komponenten durch Schneiden und Auseinanderbrechen mit jeweils grösseren Rissen. Die Forscher beschädigten die Bauele­ mente bis zu 9­mal an der gleichen Stelle und in vier unterschiedlichen Positionen. Die Bau­ elemente heilten sich trotzdem immer wieder und stellten ihre Funktionen wieder her. Sie verloren nur unwesentlich an Leitfähigkeit. So druckten die Ingenieure zum Beispiel eine Selbstheilungsschaltung auf dem Ärmel eines T­Shirts und schalteten es zusammen mit einer LED und einer Knopfzelle. Dann schnitten die Forscher die Schaltung und das Hemdgewe­ be durch. Die LED hörte auf zu leuchten. Aber nach wenigen Sekunden fing sie wieder an zu leuchten, da die beiden Seiten der Schaltung wieder selbstheilend zusammenkamen und die Leitfähigkeit wieder herstellten. Durchtrennte Leitung, aber die LED leuchtet Der Schlüssel ist das verhältnismässig grosse Magnetfeld kleinster Partikel «Wir wollten ein smartes System mit beein­ druckenden Selbstheilungsmöglichkeiten entwickeln, und zwar auf der Basis leicht verfügbarer und billiger Materialien», sagte Dr. Amay Bandodkar, der früher in Wangs Labor arbeitete und jetzt Forscher an der Northwes­ tern University ist. Die Forschergruppe von Wang ist führend im Bereich der gedruckten und tragbaren Sensoren. So war es nur na­ türlich, dass sich die Nanoingenieure für die Tinte als Startpunkt für das selbstheilende System entschieden. Die Forscher luden die Tinte mit Mikropar­ tikeln von einem Magneten, der oft in der For­ schung benutzt wird und aus Neodym besteht, einem weichen und silbernen Metall. Das Ma­ gnetfeld der Partikel ist wesentlich grösser als deren individuelle Grösse. Das ist der Schlüs­ sel zu den Selbstheilungseigenschaften der Tinte, da die Anziehung zwischen den Par­ Polyscope 6/17 13 Fok us uc San Diego S c h a lt u n g S t e c h n i k Professor Joseph Wang, UC San Diego, forscht u. a. im Bereich der gedruckten Elektronik tikeln dazu führt, dass die millimeterweiten Risse wieder geschlossen werden. Die Partikel leiten zudem Elektrizität und sind kostengünstig. Aber sie haben schlechte elektrochemische Eigenschaften und lassen sich somit nur schwierig in elektrochemi­ schen Komponenten, wie Sensoren, verwen­ den. Um dieses Problem zu lösen, fügten die Forscher noch Russ zur Tinte, ein Material, das im Allgemeinen bei der Herstellung von Batterien und Sensoren verwendet wird. Man musste aber auch zur Kenntnis neh­ men, dass sich die Magnetfelder der Mikro­ partikel in ihrer natürlichen Konfiguration auf­ heben und damit ihre Heilungseigenschaften verlieren. Um dieses Problem zu lösen, druckte man mit der Tinte in der Gegenwart eines ex­ ternen Magnetfeldes. Dadurch wurde sicher­ gestellt, dass sich die Partikel so orientierten, dass sie sich wie ein Permanentmagnet verhal­ ten, und zwar mit zwei gegensätzlichen Polen am Ende eines jeden gedruckten Elementes. Nach der Zweiteilung ziehen sich die Magnete an Sobald das Element in zwei Teile geschnitten wird, agieren die zwei beschädigten Teile wie unterschiedliche Magnete, die sich anziehen und selbstheilend sind. Für die Zukunft denken die Forscher an unterschiedliche Tinten mit unterschiedli­ chen Bestandteilen für einen breiten Appli­ kationsbereich. Man will auch entsprechende Computersimulationen (in silico) für den Test unterschiedlich gemischter Selbstheilungs­ tinten starten, bevor sie im Labor untersucht werden. 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