Erfahrungsbericht Hannah Gehlen [email protected] Telefon: 0176 67467001 Heimathochschule: DHBW Stuttgart Gasthochschule: UC San Diego Studienfach: Wirtschaftsingenieurwesen (IndustrialEngineering) Vertiefung Elektrotechnik Studienziel: Bachelor of Engineering Semester: 6. Semester Zeitpunkt: 5. Semester im Ausland Jahrgang: 2008 (TWIE08) 1 Vorbereitung des Aufenthaltes Im Vorfeld des Auslandaufenthaltes in den USA mussten viele Formalitäten geklärt werden. Nachdem die allgemeine Zustimmung von der Studiengangsleitung an der DHBW und dem Partnerunternehmen eingeholt wurde, konnte die offizielle Bewerbung an der UC San Diego abgeschickt werden, welche aus verschiedenen Formblättern, wie Finanz- und Notennachweisen, einer Kursliste und einem Motivationsschreiben bestand. Zusätzlich musste mit der Studiengangsleitung ein „Learning Agreement“ verfasst werden, welches mögliche Kurszusammenstellungen beinhaltete und sicherstellte, dass das im Ausland absolvierte Semester in Deutschland vollständig anerkannt wird. Neben den Universitäts-internen Formalitäten musste auch ein F1-Visum für den dreimonatigen Aufenthalt in den USA beantragt werden, wozu unter anderem ein Besuch in dem amerikanischen Konsulat in Frankfurt am Main notwendig war. Anfangs schien das Prozedere zum Visumsantrag kompliziert, jedoch war die Homepage des Amerikanischen Konsulats sehr hilfreich, da es dort genaue Auflistungen gibt, was für den Antrag alles nötig ist. Mit etwas Planung und Organisation im Vorfeld stellte es somit wider Erwarten kein Problem dar. Studium im Gastland Die „University of California“ in San Diego ist eine renommierte Hochschule in den USA und genießt weltweites Ansehen. Sie wurde 1960 gegründet, umfasst sechzehn Fakultäten und hat ein Budget von 2,6 Milliarden US Dollar zur Verfügung. Das Universitätsgelände gleicht von der Größe und Infrastruktur eher einer Kleinstadt und insgesamt sind zurzeit etwa 26.000 Mitarbeiter an der UC San Diego beschäftigt und 30.000 Studenten eingeschrieben. Bisher gingen bereits sechs Nobelpreisträgern aus ihren Reihen hervor. In dem zuvor erwähnten „Learning Agreement“ wurde festgelegt, dass während des Auslandsemesters drei Kurse zu belegen wären. Dazu musste man sich als ausländischer Student auf verschiedene Wartelisten für ausgewählte Kurse eintragen und circa drei Wochen warten, ob man einen Platz in dem gewünschten Kurs erhält oder nicht. Während dieser Zeit mussten alle ausgewählten Kurse besucht und die 2 darin geforderten Hausarbeiten geschrieben werden, was eine große Belastung darstellte. Leider haben amerikanische Studenten immer Vorrang bei der Kurswahl und es besteht keine Garantie, dass man einen der gewünschten Kurse wirklich offiziell besuchen kann. Glücklicherweise war es mir letztendlich möglich, meine drei präferierten Kurse zu belegen. Diese sind im Folgenden mit der offiziellen Kursbeschreibung von der UC San Diego aufgelistet: 1. MGT 172. Business Project Management Addresses effective practices for management of business projects. Includes both project management processes - scheduling, milestone setting, resource allocation, budgeting, risk mitigation - and human capital management communication, teamwork, leadership. Also considers requirements for effectively working across functional and organizational boundaries. 2. MGT 181. Enterprise Finance Will cover debt and equity financing of the enterprise, the role of commercial banks, venture firms, and investment banks; along with enterprise valuation, cash flow management, capital expenditure decisions, return on investment, economic value add, and foreign currency translation. 3. MGT 103. Product Marketing and Management Defining markets for products and services, segmenting these markets, and targeting critical customers within segments. Strategies to position products and services within segments. The critical role of pricing as well as market research, product management, promotion, selling, and customer support. Die „Business Project Management“ Vorlesungen fanden zwei Mal pro Woche statt und es wurden unter anderem die vierzehn Stufen des Projektmanagements behandelt, wie Projektdefinition, Kosten- und Zeitschätzung und der Projektabschluss. Im Zuge der Vorlesungen mussten jede Woche Hausarbeiten eingereicht werden, welche auch benotet wurden. Zusätzlich gab es während des Semesters fünf Test, zwei Klausuren und eine Mitarbeitsnote. 3 „Enterprice Finance“ war eine wöchentliche Abendvorlesung, in der allgemeine Finanzgrundlagen, wie Investitionsrechnung, Kapitalmärkte und Bonds vermittelt wurden, jedoch auch das Arbeitsfeld einer Investmentbank und Tipps zur Unternehmensgründung Bestandteil waren. Zur Vorbereitung musste jede Woche eine benotete Hausarbeit erstellt werden und es gab darüber hinaus zwei Klausuren während des Semesters. Die dritte Vorlesung „Product Marketing and Management“ fand zweimal pro Woche statt und umfasste neben den regulären Vorlesungen vor allem Vorträge von Gastrednern und Diskussionsrunden. Inhalte waren unter anderem Marketing Strategien, globale Märkte, Marketing Research und Pricing. Neben benoteten Hausarbeiten, zwei Klausuren und Mitarbeitsnoten musste im Verlauf des Semesters auch ein Marketingplan für ein imaginäres Unternehmen erstellt werden. In Gruppenarbeit wurde der Marketingplan schriftlich ausgearbeitet und am Ende des Semesters vor den Kommilitonen präsentiert. Zusammenfassend kann man sagen, dass im Vergleich zu Deutschland weniger Vorlesungen besucht werden mussten. Dafür war der Anteil des Selbststudiums um ein Vielfaches höher als an der DHBW. Man musste neben den offiziellen Vorlesungszeiten viel Zeit in der Bibliothek verbringen um sich mit Hilfe der Lehrbücher auf die nächste Vorlesung vorzubereiten und die geforderten Hausarbeiten zu erstellen. Durch die regelmäßigen Tests war man gezwungen kontinuierlich den Lernstoff zu wiederholen, was ich als einen großen Vorteil gegenüber dem deutschen System empfinde, da man so Inhalte viel besser verinnerlicht. Außerdem kann man durch konstante Leistungen eine gute Note erreichen, wodurch auch der mentale Druck vor den Klausuren am Ende des Semesters abnimmt. Zusätzlich zu den drei offiziellen Kursen, wurde mir die Möglichkeit geboten, einen weiteren Kurs auf freiwilliger Basis zu besuchen und in dem Rahmen meine Studienarbeit zu verfassen. Die „Jacobs School of Engineering“, welche zu der UC San Diego gehört, bietet Engineering Programme für Studenten an, die es ermöglichen, mit realen Kunden zusammenzuarbeiten und sich sozial zu engagieren. Zweimal wöchentlich in Vorlesungen und in zusätzlicher Gruppenarbeit erarbeiteten wir ein Konzept für den Kunden „GAIO“ (Ghana Afrika International Operations), um bei der Planung einer Bücherei mit integriertem Kulturzentrum in Akwatia, Ghana mitzuhelfen. Zu den Subteams gehörten zum Beispiel das Team „Rainwater Catchments“ und „Solar Power“. 4 Aufenthalt im Gastland Kalifornien wurde nicht ohne Grund schon in zahlreichen Musiktiteln besungen und als Kulisse für unterschiedliche Filme genutzt. Dank schöner Strände, außergewöhnlicher Natur und aufregender Städte wurde an der UC San Diego ein Studienumfeld geschaffen, welches man im Nachhinein nicht mehr missen möchte. Die UCSD wurde unter anderem zur „surf university number one“ gekürt, was nicht zuletzt an Ihrer Lage nah gebaut an den Klippen liegt, über welche man zu strandigen Buchten hinabsteigen kann um sich mit seinem Surfbrett in die Wellen zu stürzen. Abends hatte man dann die Möglichkeit sich ins amerikanische Nachtleben zu stürzen - ob stilvoll in San Diego Downtown mit Blick über die Stadt oder eher relaxt in den vor allem bei Studenten beliebten Gegenden wie Pacific Beach, auch liebevoll PB genannt. Dadurch dass die ausländischen und einheimischen Studenten in den angebotenen Kursen meistens vermischt wurden war es ein Leichtes neue Freunde zu finden und somit auch „the real american way of life“ kennenzulernen. An den Wochenenden hatte man die Möglichkeit auf eigene Faust oder mit von der Universität organisierten Ausflügen die Gegend zu erkunden. Dabei standen zum Beispiel Ziele wie Seaworld oder auch Kurztrips nach Las Vegas und Los Angeles auf dem Programm. Wer mehr Zeit mitbringt und das erste Mal in Kalifornien ist, sollte auf jeden Fall auch San Francisco und die Nationalparks nicht verpassen. Praktische Tipps Flexibilität bei der Kurswahl Man sollte auf jeden Fall von Vornherein genügend Kurse mit der Studiengangsleitung vereinbaren, da keinerlei Garantie besteht, dass man einen seiner Wunschkurse belegen kann. Selbst vor Ort sollte man flexibel bleiben, stets online nachprüfen, ob und wie viele Plätze in den ausgewählten Kursen noch zur Verfügung stehen und zur Not nach Rücksprache mit der Studiengangsleitung in Deutschland noch weitere Kurse mit in die Auswahl aufnehmen. 5 Wohnmöglichkeit vor Ort suchen Es besteht zwar die Möglichkeit sich in Studentenwohnheime einzumieten, jedoch sind diese meist überteuert, weit weg vom Strand und oftmals muss man sich ein kleines Zimmer mit einer fremden Person teilen. Ich empfehle daher auf jeden Fall für die ersten zwei bis drei Tage ein günstiges Hotel zu buchen und dann vor Ort eine Wohnung zu suchen. Neben Onlineportalen wie „craigslist“ ist es meistens der einfachste Weg durch Strandgegenden zu fahren und zu schauen welche Häuser zu vermieten sind. Gerade in beliebten Urlaubsgegenden hängen an jedem zweiten Haus Telefonnummern von „rental agencies“, welche oftmals auch Ferienwohnungen für mehrere Monate vermieten. Man braucht zwar etwas Ausdauer, aber dafür hat man die Möglichkeit die Räumlichkeiten zu besichtigen und sogar echte Schnäppchen in einer Traumlage zu machen. An den ersten Tagen an der Universität finden sich normalerweise immer Mitstudenten, die mehr als glücklich darüber sind eine WG zu gründen. Eigenen Mietwagen einkalkulieren Auch wenn es öffentliche Verkehrsmittel in San Diego gibt, so fahren die meisten Amerikaner doch mit ihren eigenen Autos – und das nicht ohne Grund. Das Verkehrsnetz ist nicht mit deutschen Standards zu vergleichen, und je nach Wohnlage muss man trotzdem noch beträchtliche Wege zu Fuß zurücklegen. Außerdem liegen die Kurse oft weit verteilt über den Tag, sodass es sich oftmals lohnt zwischenzeitlich nach Hause zu fahren oder etwas zu unternehmen. Da macht es durchaus einen Unterschied, ob man eine viertel Stunde mit dem Auto oder über eine Stunde mit mehreren Bussen nach Hause fahren muss. Außerdem hat man so auch die Möglichkeit San Diego und Umgebung besser kennenzulernen oder Wochenendausflüge zu planen. Wer an sein Auto keine hohen Ansprüche legt, dem kann ich „Dirt Cheap Car Rentals“ empfehlen. Die Autos haben zwar schon ihre besten Tage hinter sich – wie der Name schon vermuten lässt - aber die Preise und der Service sind unschlagbar. Viele Studenten kaufen sich für das Semester auch einen Gebrauchtwagen und verkaufen ihn hinterher wieder. 6 Fazit Amerika ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und meiner Meinung nach immer eine Reise wert. Zwar erfüllen eine Vielzahl von Amerikanern wirklich die gängigen Klischees, aber man lernt diese Lebensweise und Kultur lieben und schätzen – zumindest erging es mir so. Besonders das amerikanische Studentenleben unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von dem deutschen System und stellt somit eine große Bereicherung des akademischen Horizontes dar. Neben den gesammelten Erfahrungen, sind Auslandsaufenthalte auch immer mehr eine wichtige Referenz im Lebenslauf und somit förderlich für den späteren beruflichen Werdegang. Dadurch, dass man während des Studienaufenthaltes mit vielen unterschiedlichen Nationalitäten in Kontakt kommt und mit ihnen zusammen lebt, hat man die Möglichkeit verschiedene Kulturen kennenzulernen und sich eventuell sogar ein weltweites Netzwerk aufzubauen. Auf keine andere Weise kann man effizienter seine Sprachkenntnisse verbessern und vertiefen, als mit längeren Auslandsaufenthalten - sei es im Beruf oder an einer Universität. Ich persönlich würde diese Chance jeder Zeit wieder ergreifen! 7