I M echanik Beispiel 5.7: Die Wirkung des ABS

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5 WEITERE ANWENDUNGEN DER NEWTON’SCHEN AXIOME
I Mechanik
Deshalb ist es auch sinnvoll, das Gaspedal behutsam zu betätigen, wenn man im Schnee feststeckt oder auf einer glatten Fahrbahn fährt, um dadurch ein Durchdrehen der Räder
zu vermeiden. Je nachdem, wie man bremst, kann auch beim
Abbremsen eines Autos zwischen der Straße und den Reifen
entweder die Haftreibung oder die Gleitreibung wirken, um
es anzuhalten. Tritt man so stark auf das Bremspedal, dass die
Räder blockieren, gleiten die Reifen über die Straße, wobei
die Bremskraft nur der Gleitreibungskraft entspricht. Bremst
man dagegen schwächer, sodass die Räder nicht ins Rutschen
kommen, wirkt die Haftreibungskraft als Bremskraft.
Wenn die Räder blockieren und die Reifen rutschen, hat
dies gleich zwei nachteilige Auswirkungen: Zum einen steigt
der Mindestbremsweg, und zum anderen lässt sich das Auto
immer schlechter lenken. Ist das Fahrzeug aber einmal außer Kontrolle geraten, kann dies fatale Folgen haben. Antiblockiersysteme (ABS) sollen verhindern, dass die Räder
beim scharfen Bremsen durchdrehen. Diese Systeme besitzen am Rad Geschwindigkeitssensoren. Erkennt das daran
angeschlossene Steuergerät, dass das Rad kurz vor dem Blockieren steht, sendet es Signale, die die Bremse veranlassen,
den Bremsdruck für dieses Rad bis zu 15-mal pro Sekunde auf- bzw. wieder abzubauen. Dieser veränderliche Bremsdruck wirkt ganz so, wie wenn man mit der Bremse „pumpt“.
Allerdings wird beim ABS nur das Rad „gepumpt“, bei dem
die Gefahr besteht, dass es blockiert. Bei dieser Schwellwertbremsung wird die maximale Reibungskraft zum Bremsen
eingesetzt. Beispiel 5.7. zeigt, wie das ABS den Bremsweg
verkürzt.
Beispiel 5.7: Die Wirkung des ABS
Ein Auto fährt mit 30 m/s auf einer horizontalen Straße. Die Reibungskoeffizienten zwischen der Straße und den Reifen betragen μR,h = 0,50 und μR,g = 0,40. Wie lang ist der Bremsweg des Autos, a) wenn das Auto mit einem
Antiblockiersystem (ABS) ausgestattet ist und die Schwellwertbremsung wirkt oder b) wenn das Auto ohne ABS eine
Vollbremsung durchführt, bei der die Räder blockieren? (Hinweis: Rutschende Reifen erwärmen sich, wobei sich die
Reibungskoeffizienten ändern. Von solchen Temperatureffekten soll in diesem Beispiel abgesehen werden.)
Problembeschreibung: Die Kraft, durch die ein Auto,
das bremst, zum Stehen kommt, ohne dass es dabei rutscht,
ist die Haftreibungskraft, die die Straße auf die Reifen ausübt (Abbildung 5.19). Wir wenden das zweite Newton’sche
Axiom an, um die Reibungskraft und die Beschleunigung
des Autos zu ermitteln. Der Bremsweg ergibt sich dann aus
kinematischen Berechnungen.
v
FR,1
FR,2
5.19
Lösung:
Teilaufgabe a
1. Zeichnen Sie ein Kräftediagramm für das Auto (Abbildung 5.20). Dabei sind alle vier Räder so zu behandeln, als
wären sie ein einziger Berührungspunkt mit dem Boden.
Weiterhin wird angenommen, dass die Bremsen auf alle
vier Räder wirken und dass F R im Kräftediagramm die
Summe der auf die einzelnen Räder wirkenden Reibungskräfte ist.
+y
FR
Fn
maG
+x
5.20
2. Unter der Annahme, dass die Beschleunigung konstant
ist, nutzen wir Gleichung 2.15, um den Zusammenhang
zwischen dem Bremsweg x und der Anfangsgeschwindigkeit v0,x auszudrücken:
2
+ 2 ax x,
vx2 = v0,x
wenn
vx = 0 ist, gilt also x = −
3. Wenden Sie
Fi,y = m a y auf das Auto an und stellen
Sie die Gleichung nach der Normalkraft um. Verwenden
Sie daraufhin |F R,max | = μR,h |F n | und stellen Sie nach
der Reibungskraft um:
2
v0,x
2 ax
Fi,y = m a y ⇒ |F n | − m g = 0 und so |F n | = m g
|F R,h,max | = μR,h |F n | und |F R,h,max | = μR,h m g
Tipler/Mosca: Physik, 6. Auflage
5.2 WIDERSTANDSKRÄFTE
Fi,x = m ax ⇒ −|F R,h,max | = m ax
I Mechanik
4. Wenden Sie Fi,x = m ax auf das Auto an. Stellen Sie
die Gleichung anschließend nach der Beschleunigung um:
Ersetzt man
|F R,h,max | durch μR,h m g, ergibt sich
−μR,h m g = m ax ⇒ ax = −μR,h g
5. Einsetzen in die Gleichung für x aus Schritt 2 ergibt
den Bremsweg:
x = −
2
v0,x
2 ax
=
2
v0,x
2 μR,h g
(30 m· s−1 )2
=
= 0,92 · 10−2 m
2 · (0,50) · (9,81 m· s−2 )
Teilaufgabe b
1. Wenn die Räder blockieren, übt die Straße auf die Räder die Gleitreibungskraft aus. Auf ähnliche Weise wie in
Teilaufgabe a erhalten wir für die Beschleunigung:
2. Somit beträgt der Bremsweg:
ax = −μR,g g
x = −
=
2
v0,x
2 ax
=
2
v0,x
2 μR,g g
(30 m· s−1 )2
= 1,1 · 102 m
2 · (0,40)(9,81 m· s−2 )
Plausibilitätsprüfung: Erwartungsgemäß sind beide Verschiebungen positiv. Wie es sein sollte, verkürzt das Antiblockiersystem außerdem wesentlich den Bremsweg des Autos.
Weitergedacht: Wie Sie sehen, ist der Bremsweg mit blockierten Rädern um mehr als 20 % länger. Außerdem ist
bemerkenswert, dass der Bremsweg unabhängig von der Masse des Autos ist. Mit anderen Worten, der Bremsweg für
einen Kleinwagen ist genauso groß wie der für einen Schwerlasttransport – dies natürlich nur, solange die Reibungskoeffizienten gleich sind. Allerdings heizen sich die Reifen bei einem schweren LKW beim Rutschen stark auf, was den
Gleitreibungskoeffizienten μR,g wesentlich ändert – dieser Effekt wurde hier außer Acht gelassen.
5.2 Widerstandskräfte
Flüssigkeiten und Gase besitzen verschiedene gemeinsame
Eigenschaften und werden deshalb gelegentlich unter dem
Sammelbegriff Fluid zusammengefasst. Wenn sich ein Körper durch ein Fluid wie Wasser oder Luft bewegt, erzeugt
dieses eine Widerstandskraft, die der Bewegung des Körpers entgegenwirkt. Diese Widerstandskraft ist abhängig von
der Form des Körpers, von den Eigenschaften des Fluids und
von der Geschwindigkeit des Körpers relativ zum Fluid. Im
Gegensatz zur bisher behandelten Reibung steigt diese Widerstandskraft mit der Geschwindigkeit des Körpers an. Bei
sehr niedrigen Geschwindigkeiten ist sie ungefähr proportional zur Geschwindigkeit, bei höheren Geschwindigkeiten
dagegen eher proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit.
Wir betrachten einen Körper, der unter dem Einfluss der als
konstant angenommenen Gravitation aus der Ruhe nach unten
Tipler/Mosca: Physik, 6. Auflage
fällt. Der Betrag der Widerstandskraft ist dann
FW = b |v|n ,
(5.5)
Die Gleichung für die Widerstandskraft
wobei b und n Konstanten sind.
Wie in Abbildung 5.21 gezeigt ist, wirken auf einen in der Luft
fallenden Körper die konstante, nach unten gerichtete Gravitationskraft m g und eine nach oben gerichtete Kraft b |v|n .
Legt man die +y-Richtung so, dass sie nach oben zeigt, erhält man aus dem zweiten Newton’schen Axiom
−m g + b |v|n = m a y .
(5.6)
Umstellen nach der Beschleunigung ergibt
a y = −g +
b
|v|n .
m
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(5.7)
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