Deutsches Ärzteblatt 1978: A-2273

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Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
ÜBERSICHTSAUFSATZ
Die infektiöse Resistenz
Bernd Wiedemann
Aus der Abteilung Medizinische Mikrobiologie für Pharmazeuten,
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Immunologie
der Universität Bonn
Seit es Methoden gibt, Mikroorganismen gezielt zu bekämpfen, haben
die betroffenen Lebewesen Mechanismen entwickelt, um der gezielten
Bekämpfung zu entgehen. Sie können gegen das Agens, das sie vernichten soll, resistent werden. Diese
Unempfindlichkeit entsteht nicht
durch Gewöhnung, sondern entweder durch Mutation von chromosomalen Genen oder durch die Aufnahme von Resistenzplasmiden.
Mutationen entstehen immer zufällig, mit einer Häufigkeit, die für jedes
Lebewesen und für jede Eigenschaft
charakteristisch ist. So können Bakterienstämme von Escherichia coli
beispielsweise mit einer Häufigkeit
von 1 zu 1 Milliarde eine Resistenz
gegenüber Streptomycin entwikkeln, die so wirksam ist, daß die
zehntausendfache Konzentration
von Streptomycin durch diese Organismen vertragen wird (Darstellung
1). Solche Mutanten werden aber
nur dann gefunden, wenn sie unter
Selektionsdruck einen Vorteil gegenüber ihren nichtresistenten Artgenossen haben, so zum Beispiel
unter einer Chemotherapie mit
Streptomycin.
Obwohl die Streptomycinresistenz,
die durch Mutation entsteht, außerordentlich wirksam ist und den Bakterien kaum Nachteile erbringt, findet man sie heute, nachdem das
Streptomycin für die Tuberkulosetherapie reserviert wurde, in klinischen lsolaten nicht mehr, jedoch
findet man Streptomycin-resistente
gramnegative Bakterien immer noch
mit einer Häufigkeit von ca. 40 Prozent in klinischem Material. Die Resistenz dieser Stämme beruht aller-
dings auf dem zweiten oben angedeuteten Mechanismus, auf der Aufnahme von Resistenzplasmiden, das
heißt auf der infektiösen Resistenz.
Seit Entdeckung der infektiösen Resistenz hat ein intensives Studium dieses Phänomens Genetiker, Molekularbiologen, Biochemiker und
zugleich auch Mediziner in einem Ausmaß beschäftigt wie
kaum eine andere biologische
Erscheinung vorher. Durch
die Aufklärung der Mechanismen und biologischen Zusammenhänge scheint es möglich, dem Problem der Antibiotikaresistenz zu begegnen.
Ansatzpunkte sind erkennbar.
Der wichtigste Faktor bleibt
aber der rationelle Einsatz der
Chemotherapeutika durch
den Arzt.
Die molekulare Grundlage
der infektiösen Resistenz
Als Plasmide bezeichnet man extrachromosomale DNS in den Bakterien, die für die Bakterienzelle nicht
notwendig, aber unter bestimmten
Bedingungen besonders nützlich
ist. Meistens tragen Plasmide die
Gene für Eigenschaften, die der Zelle einen besonderen Selektionsvorteil gegenüber ihren nicht Plasmid
tragenden Artgenossen verleihen.
Die Größe der Plasmide beträgt etwa
1 Prozent des Chromosoms (Darstellung 2).
Bei gramnegativen Bakterien wie
Escherichia coli, Enterobacter und
anderen finden wir meistens Resistenzplasmide in Form der sogenannten R-Faktoren, deren Plasmid
aus einem Resistenztransferfaktor
und einem Teil, der die Resistenzdeterminanten trägt, zusammengesetzt ist (konjugatives Plasmid).
Meistens sind es mehrere Resistenzdeterminanten, die der Bakterienzelle Resistenz gegenüber vielen Chemotherapeutika zugleich verleihen
können. Der Resistenztransferfaktor
sorgt dafür, daß das gesamte Plasmid von einer Bakterienzelle auf
nicht Plasmid tragende Bakterienzellen übertragen werden kann (Darstellung 3).
Eine solche Übertragung von Resistenzplasmiden geschieht in einer
Konjugation: Die R-Faktor tragende
Zelle bildet Zellanhänge, sogenannte Pili, aus (Darstellung 2), mit Hilfe
derer ein Kontakt zur Nachbarzelle
hergestellt wird. Im Anschluß daran
wird ein Strang der doppelsträngigen Plasmid-DNA in die Empfängerzelle übertragen. In jeder Zelle wird
der fehlende DNS-Strang nachgebildet, so daß im Endeffekt Donor- und
Empfängerzelle die gleiche PlasmidDNS besitzen.
Die Empfängerzelle kann nun auch
als Donor fungieren und ihre Resistenz weiter auf andere Bakterien
übertragen (vgl. Darstellung 4).
Wegen dieser Form der Ausbreitung
hat man diese Resistenzart auch
„infektiöse Resistenz" genannt, da
empfindliche Bakterien quasi mit
Resistenzeigenschaften infiziert
werden können.
Eine Konjugation kann zwischen
Bakterien der gleichen Art sehr
leicht erfolgen, zwischen verschiedenen Bakterien ist sie manchmal
erschwert, da die Empfängerzelle
die fremde DNS abbaut. Einige Plasmide können sogar von Pseudomonas auf Escherichia coli übertragen
werden, andere von Escherichia coli
auf Vibrionen. Es sind bestimmte Eigenschaften der R-Faktoren selbst,
die dazu führen, daß das Infektions-
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Antibiotikaresistenz
spektrum besonders weit gefaßt ist.
Man hat solche Resistenzfaktoren
schon bei vielen gramnegativen
Bakterien gefunden (Tabelle 1).
Bei Staphylokokken findet man
hauptsächlich Resistenzplasmide,
die nur Resistenzdeterminanten besitzen, aber keinen Anteil, der eine
Konjugation bewerkstelligen könnte. Diese Resistenzfaktoren werden
durch Bakteriophagen in einer sogenannten Transduktion übertragen. Zwischen den gramnegativen
und den grampositiven Bakterien
wurde bisher keine Resistenzübertragung nachgewiesen.
Ganz neue Forschungen haben gezeigt, daß auch zwischen einzelnen
Resistenzplasmiden eine Wechselwirkung stattfinden kann. Wenn
man in eine Bakterienzelle zwei RFaktoren injiziert, so können einzelne Gene von einem R-Faktor auf den
anderen überspringen. Resistenzdeterminanten, die so etwas können,
nennt man Transposon.
1 E. coli-Zelle (MHK 1
Auf diese Weise haben wir drei verschiedene Wege, auf denen sich die
Resistenz ausbreiten kann:
• Auf molekularer Ebene breitet
sich die Resistenz von einem Genkomplex auf einen anderen Genkomplex über Transposons aus, wobei diese Gene auch auf das Chromosom der Bakterienzelle übergehen können,
O Die ganzen Plasmide werden einerseits durch Konjugation, andererseits aber auch durch Phagentransduktion von einer Bakterienzelle auf eine andere übertragen, wobei
die beiden Bakterienzellen nicht unbedingt der gleichen Art angehören
müssen,
•
Resistente Bakterien können
durch Kontamination von einem Infektionsort zu einem anderen übertragen werden.
Bei allen drei Wegen der Ausbreitung der Resistenz spielt naturge-
12 Stunden Wachstum in l l Nährbouillon bei 37°C
+1 E.coli-Zelle (MHK 10000 1..ughT11)
Chromosom
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Sexualpili
Heft 40 vom 5. Oktober 1978
R-Faktoren sind keineswegs als
ganz stabile genetische Elemente
anzusehen. Vielmehr sind sie in der
Lage, sich je nach den äußeren Gegebenheiten den verschiedenen Situationen anzupassen. So kann die
molekulare Struktur in verschiedener Weise geändert werden. R-Faktoren können unter bestimmten Bedingungen dissoziieren in den RTF
und die Resistenzdeterminanten
(Darstellung 5). Diese wiederum,
wenn sie besonders klein sind, entziehen sich häufig der Kontrolle des
Chromosoms bei der Vermehrung,
so daß nicht eine Resistenzdeterminante pro Chromosom entsteht,
sondern bis zu hundert solcher RDeterminanten.
Dieses „wilde Wuchern" hat zur Folge, daß wesentlich mehr Genprodukte produziert werden, wodurch
die Resistenz der Bakterienzelle gegenüber diesem Chemotherapeutikum besonders hoch ansteigt.
iml)
1 Milliarde E.coli-Zellen (MHK 1m,g/m1)
mäß die Selektion und damit die Anwendung der Chemotherapeutika
eine ganz hervorragende Rolle;
denn die in der Natur relativ selten
vorkommenden Ereignisse der
Transposition und der Konjugation
kommen nur dann zum Tragen,
wenn die empfindlichen Zellen der
gleichen Bakterienart durch Chemotherapie unterdrückt werden.
Abbildung 1:
Entwicklung
streptomycinresistenter
Mutanten
Abbildung 2:
Schematische
Darstellung einer Bakterienzelle
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Eine Erhöhung der Resistenz kann
aber auch dadurch bewirkt werden,
daß ein Gen in einem R-Faktor nicht
einmal vorkommt, sondern, insbesondere nach der Zugabe von Chemotherapeutika, in vielfachen Kopien in einem einzigen R-Faktor vorliegt. So wie R-Faktoren dissoziieren
können, können sie auch wieder reagg regieren, so daß sich besonders
günstige Kombinationen, die den
Umweltbedingungen besonders gut
angepaßt sind, gleichzeitig selektieren.
Diese komplexen Vorgänge verdeutlichen, wie schwierig eine Epidemiologie der bakteriellen Resistenz zu
erforschen ist, da man auf drei Ebenen statt auf einer, wie bei Infektionskrankheiten, gezielte Forschungen anstellen muß.
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Antibiotikaresistenz
Mechanismen
der Resistenzausprägung
Schon in den fünfziger Jahren fiel
auf, daß Bakterien, die man im Labor
gegen Chemotherapeutika resistent
gemacht hatte, andere Mechanismen für ihre Resistenzausprägung
benutzten als die Bakterien, die man
aus klinischem Material von Patienten isolierte. Bei Penicillin-resistenten Staphylokokken fand man heraus, daß die natürlichen Isolate das
Chemotherapeutikum zerstören,
während die chromosomalen Mutanten das Penicillin nicht angreifen
konnten. Die auf natürliche Weise
resistent gewordenen Bakterien bildeten also ein Enzym, die Penicillinase, das den Wirkstoff abbaut und
damit unwirksam macht. Mit der
Entwicklung neuer Penicillin- und
Cephalosporinantibiotika, die auch
gegen gramnegative Bakterien wirksam waren, traten in Bakterien auch
Enzyme (ß-Laktamasen) auf, die diese Antibiotika abbauen konnten.
So gibt es inzwischen nicht nur Penicillinasen und Ampicillinasen,
sondern auch Cephalosporinasen,
die den wirksamen ß-Laktam-Ring
in diesen Antibiotika spalten.
Die Resistenz gegenüber Tetrazykl in
wird dadurch bewirkt, daß die Bakterienzelle durch das plasmatische
Gen ein Protein synthetisiert, das in
die Zytoplasmamembran eingelagert wird. Durch diese Einlagerung
wird die Membran undurchlässig für
das Chemotherapeutikum. Die
Chloramphenicolresistenz beruht
auf der Acetylierung des Chemotherapeutikums. Die acetylierten Chloramphenicolmoleküle sind unwirksam. Eine ähnliche Reaktion finden
wir bei den Aminoglykosidantibiotika wie Streptomycin, Gentamycin
und anderen. Hier werden die Wirkstoffmoleküle aber nicht nur an den
Aminogruppen acetyliert, vielmehr
können darüber hinaus die Hydroxylgruppen adenyliert oder phosphoryliert werden. Die Acetylgruppe,
die für die Acetylierung benutzt
wird, stammt aus dem Acetylkoenzym A, während für die Adenylierung
und Phosphorylierung Adenosintriphosphat benötigt wird.
Resistenz-
Resistenztransferfaktor
Determinanten
nicht konjugatives
R- Plasmid
konjugatives
R-Plasmid
Abbildung 3: Schema eines Resistenzplasmids
Pili
Recipient
Donor
Übertragung
von einem
Strang
Konjugation
Vervollständigung
zum Doppelstrang
Transkonjugant
Plasmid
Chromosom
Abbildung 4: Konjugation
gramnegative
Bakterien
alle Enterobacteriaceae
wie Escherichia coli
Salmonella
Shigella
Citrobacter
Klebsiella
Proteus
Providencia
u. a.
Pseudomonas aeruginosa
Pasteurella
Neisseria gonorrhoeae
Haemophilus influencae
grampositive
Bakterien
Staphylokokken
Streptococcus faecalis
Streptococcus pyogenes
Tabelle 1:
Bakterien, bei
denen Resistenzpla smide
gefunden
werden
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 5. Oktober 1978
2275
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Anti bi oti karesistenz
se Eusaprim) tritt ein anderes Prinzip der Resistenz in Kraft. Das Resistenzgen, das auf R-Faktoren liegt,
produziert eine Dihydrofolatreduktase, die sich von der chromosomal
gebildeten Dihydrofolatreduktase
durch eine geringere Empfindlichkeit gegenüber dem Trimethoprim
unterscheidet. Glücklicherweise ist
allerdings die R-Faktor-kodierte Trimethoprimresistenz noch relativ seiten.
Es sind inzwischen etwa 20 verschiedene Enzyme isoliert worden,
die alle diesen drei Typen angehören. Sie unterscheiden sich aber
durch ihre Substratspezifität. Tabelle 3 gibt dazu einige Beispiele.
Bei der Resistenz von gramnegativen Bakterien gegen Trimethoprim
(Komponente des Kombinationswirkstoffes Bactrim bezieh ungswei-
Tabelle 2: Mechanismen, die zur Resistenzausprägung führen
Substanzklasse
Beispiele
Mechanismus
Penicilline
und
Cephalosporine
Penicillin
Ampicillin
Amoxycillin
Carbenicillin
Mezlocillin
Cephalotin
Cephalexin
u. a.
13-Laktamasen mit
unterschiedlicher
Substratspezifität
und
ß-Laktamase-unabhängiger Mechanismus
Aminoglykosidantibiotika
Gentamyci n
Streptomycin
Kanamycin
Neomycin
Amikacin
Sisomycin
Tobramycin
Dibekacin
Spektinomycin
Netilmycin
Adenylierende, acetylierende und phosphorylierende Enzyme mit unterschiedlicher Substratspezifität
Chloramphenicol
Chloramphenicol
Thiamphenicol
Acetylierendes
Enzym
Tetrazyklin
Tetrazyklin
Minocyclin
Doxycyclin
Synthese eines Proteins, das, in die Zytoplasmamembran
eingebaut, die Permeation verändert
Trimethoprim
Trimethoprim
Synthese einer unempfindlichen Dihydrofolatredu ktase
Sulfonamid
Sulfamethoxazol
Sulfapyrimidin
Sulfisomidin
Permeabilitätsänderung — Synthese einer unempfindlichen
Dihydropteroat-Synthetase
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Heft 40 vom 5. Oktober 1978
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Wo können R-Faktoren
die Chemotherapie gefährden?
Der Allgemeinmediziner wird mit der
von ihm verwendeten Chemotherapie, wenn sie lege artis durchgeführt
wird, üblicherweise Erfolg haben.
Nur selten treten Rezidive auf, die
darauf zurückzuführen sind, daß der
Erreger resistent gegen das eingesetzte Chemotherapeutikum war.
Die Ursache für dieses günstige Verhalten ist darin zu suchen, daß der
Allgemeinmediziner meist mit Erstinfektionen konfrontiert wird, die
durch normal empfindliche Bakterien verursacht werden.
Ganz anders stellen sich die Probleme in Krankenhäusern dar. Hier ist
die Gefahr einer Kontamination mit
R-Faktor tragenden Bakterienstämmen außerordentlich groß. Insbesondere in geschlossenen Abteilungen, zum Beispiel der Urologie, aber
auch in den Intensivpflegeeinheiten
selektieren sich häufig Bakterien,
die gegen alle bekannten Chemotherapeutika Resistenzerscheinungen aufweisen.
Hier sind die anstehenden chemotherapeutischen Probleme oft nicht
mehr lösbar.
Auch bei chronisch kranken Personen kann sich durch häufige Chemotherapie eine natürliche Standortflora im Darm und auf den
Schleimhäuten heranbilden, die derartig mit R-Faktoren verseucht ist,
daß bei Sekundärinfektion des anfälligen Organs mit diesen Stämmen
— zum Beispiel Harnwegsinfektionen
oder Atemwegsinfektionen — die
Therapie wesentlich erschwert wird.
Es gibt einen dritten Bereich, in dem
R-Faktoren dazu führen können,
daß die Chemotherapie versagt. Bei
Epidemien mit Ruhr, Cholera oder
Typhus, wie sie in Mittelamerika aufgetreten sind, kann durch R-Faktor
tragende Stämme mit nur wenigen
Resistenzeigenschaften eine Situation eintreten, daß die Krankheiten
nicht mehr behandelt werden können, denn für diese Krankheiten stehen ohnehin nur wenige Chemotherapeutika zur Verfügung.
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Antibiotikaresistenz
kointegriertes
Plasmid
Maßnahmen
zur Vermeidung der Entwicklung
resistenter Mikroorganismen
Mehrere Maßnahmen können ergriffen werden, um eine Selektion von
R-Faktor tragenden Mikroorganismen zu vermeiden. Die Anwendung
mehrerer Methoden gleichzeitig
kann noch besser zum Erfolg führen. Dabei sind alle Vorschläge nicht
als Dogmen aufzufassen, sie müssen vielmehr sorgfältig abgewogen
werden. Bei allen therapeutischen
Maßnahmen muß der behandelnde
Arzt letztlich entscheiden, welches
Vorgehen er bevorzugt.
Eine ganz wesentliche Entscheidungshilfe für den Arzt ist eine exakte und sorgfältige mikrobiologische
Diagnostik mit einer dazugehörenden statistischen Aufstellung der
Veränderungen der Erregerpopulation. Solche Untersuchungen sollten
durch hygienische Untersuchungen
und eventuelle hygienische Maßnahmen unterstützt werden. Falls
nach den erhobenen Daten die Gefahr eines Hospitalismus besteht,
können folgende Maßnahmen Erfolg
bringen:
Ausschluß von einer ganzen Substanzengruppe aus der Therapie für
ca. ein halbes Jahr. Es muß eine
ganze Gruppe aus dem Therapieplan herausgenommen werden,
wenn eine Kreuzresistenz zwischen
einzelnen Substanzen der Gruppe
besteht.
fp
Wenn irgendwie möglich, sollte
man Chemotherapeutika einsetzen,
die ein ganz enges Wirkungsspektrum haben, um so den Erreger zu
eliminieren, ohne die Normalflora zu
beeinflussen.
Bevorzugt sollte man solche Substanzen in den Therapieplan einbauen, gegenüber denen es keine Resistenzdeterminanten auf R-Faktoren
gibt; denn bei allen anderen Substanzen ist die Gefahr gegeben, daß
man mit einer Substanz gleichzeitig
andere Resistenzgene selektiert.
Derartige Substanzen stehen aber
leider nur für wenige Einsatzbereiche zur Verfügung.
aggregierte
Plasmide
Abbildung 5: Dissoziation von R-Faktoren
Tabelle 3: Substratspezifität einiger Acetyltransferasen, die alle die
6'Aminogruppe der Aminoglykoside verändern. Die Kreuze in den
Spalten geben eine Acetylierung an
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In den letzten Jahren konnten einige
Untersucher nach dem Ersatz von
unkontrollierter Chemoprophylaxe
und Chemotherapie durch gezielten
Einsatz von Antibiotika die Verweildauer der Patienten in der Klinik verkürzen und die Arzneimittelkosten
bis zu 75 Prozent senken. Solche
Berichte bestätigen, daß die Forderung der theoretischen Mikrobiologie nach einem Einsatz der Chemotherapeutika nur nach strenger Indikation ihre Berechtigung hat.
Literatur
(1) Falkow, S.: Infectious multiple drug resistance, Verlag: Pion Ltd. London NW2 5JN
(1975) - (2) Mitsuhashi, S.: R-factor drug resistance plasmid, University Park Press Baltimore Maryland (1977) - (3) Schwesinger,
X
X X X
X X X X X X X X
M. D.: Additive Recombination in Bacteria,
Bact. Rev. 41 (1977) 872-902 - (4) Wiedemann,
B.: Die biologische Aktivität von Resistenzplasmiden, Immunität und Infektion 2 (1974)
223-230 - (5) Wiedemann, B.: Resistenz gegen Aminoglykosidantibiotika auf R-Faktoren
in: Gentamycin, 10 Jahre Erfahrung - Ausblick,
Urban und Schwarzenberg, München/Berlin/
Wien (1976)
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. rer. nat.
Bernd Wiedemann
Abteilung Medizinische
Mikrobiologie für Pharmazeuten,
Institut für Medizinische
Mikrobiologie und Immunologie
der Universität Bonn
An der Immenburg 4 AVZ II
5300 Bonn-Endenich
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2279
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