3.2.3 Genetische ­Organisation ­einer ­Bakterienzelle Merke! Meistens werden mehrere Gene gleichzeitig abgelesen – ein Vorgang, den man polycistronisch nennt. Folge: Wird dem Patienten als Antibiotikum Penicillin verabreicht, so zeigen sich alle Bakterien davon unbeeindruckt, die diese genetische Zusatzinformation besitzen. Sie haben also durch den Plasmidaustausch einen bedeutenden Selektionsvorteil erworben. Plasmide Merke! Plasmide sind kleine extrachromosomale ringförmige DNA-Moleküle, die zusätzlich zur chromosomalen Erbinformation in der Zelle vorliegen können. In der Regel enthalten diese Plasmide Gene, die z. B. eine Resistenz gegen Antibiotika vermitteln. Solche Resistenzen nennt man R-Faktoren. Sie können an bestimmten Stellen in das Hauptchromosom integriert werden, woraufhin ihre genetische Information abgelesen wird. Plasmide haben aber auch die Fähigkeit, sich unabhängig vom Hauptchromosom zu replizieren. So können sehr viele Plasmidkopien hergestellt werden, welche z. B. die entsprechenden Resistenzgene besitzen. Eine weitere wissenswerte Eigenschaft der Plasmide ist, dass sie zwischen den Bakterien (sogar zwischen unterschiedlichen Spezies) ausgetauscht werden können. Dadurch können Bakterien z. B. eine Resistenz erhalten, die sie nicht selbst durch eine (sehr unwahrscheinliche) Mutation erworben haben. Es werden aber nicht nur Resistenzen ausgetauscht, sondern auch F-Faktoren (Fertilitätsfaktoren) und weitere Virulenzfaktoren. Solche Virulenzfaktoren übertragen z. B. Eigenschaften, die ein Bakterium aggressiver und pathogener machen. Beispiele für plasmidcodierte und damit austauschbare Eigenschaften sind Toxine und bakterielle Strukturen wie Fimbrien. Die Fähigkeit der Bakterien, untereinander Plasmide auszutauschen, hat weitreichende praktische Folgen. Leidet ein Patient z. B. an einer Infektion mit Bakterien, die eine plasmidcodierte Antibiotikaresistenz gegen Penicillin aufweisen, kann sich die Resistenz auch auf andere, vorher nichtresistente Bakterien ausbreiten. Plasmide sind doppelsträngige, ringförmige, ­extrachromosomale DNA. www.medi-learn.de 3 Parasexualität Es gibt bei Bakterien drei verschiedene Möglichkeiten der parasexuellen Übertragung (nichtmeiotischen Rekombination) von genetischem Material: –– Bei der Transformation wird freie DNA direkt aufgenommen und ins Genom integriert. Diese Möglichkeit macht man sich medizinisch vor allem in der Gentechnik zunutze, indem man gereinigte DNA in die Bakterienzelle überträgt. –– Bei der Transduktion erfolgt der Transfer der DNA durch einen Bakteriophagen, der sie in das Bakterium injiziert. Dort wird die DNA dann in das Hauptgenom eingebaut. –– Bei der Konjugation wird zwischen zwei Bakterienzellen eine Zellplasmabrücke durch einen Konjugationspilus (Sexpilus) aufgebaut. Um einen solchen Pilus aufbauen zu können, brauchen Bakterien einen F-Faktor (Fertilitätsfaktor). F+ bezeichnet das Vorliegen eines solchen Faktors, bei F− fehlt er. Der Vorteil eines F+-Bakteriums ist seine zusätzliche Quelle von Genen, über die Resistenzen und Virulenzfaktoren erworben werden können. Merke! Transformation:Übertragung von freier DNA Transduktion: Übertragung von DNA mittels Bakteriophagen 19