Griechenland: Deutliche Konjunkturabschwächung nach Olympiaboom 23 Oscar-Erich Kuntze Kräftiges Wirtschaftswachstum auch 2003. 2004 nochmals starke Impulse durch die Olympischen Spiele. Abflauende Konjunktur 2005. Finanz-, Lohn- und Geldpolitik stimulieren heuer, und EuroAufwertung bremst weniger. Kommen Wirtschaftsreformen nun schneller voran? Zunächst weitere Besserung der Arbeitsmarktlage. Rasch steigende Preise. Leistungsbilanz weiter mit erheblichen Defiziten. Prägend für das soziale und politische Umfeld waren im vergangenen Jahr die massiven Streiks, während heuer der Regierungswechsel nach den Parlamentswahlen im März 2004, die Olympischen Spiele im Sommer sowie der Beitritt der Republik Zypern zur EU im Mai 2004 bestimmend sind. Die Wellen sozialer Unrast sind auch 2003 nicht verebbt. Wie erinnerlich hatte schon im Herbst 2000 ein die Privatisierung von Staatsunternehmen verhindernder Generalstreik stattgefunden. Im Frühjahr 2001 folgte ein weiterer, der die Neuordnung der hochdefizitären Sozialversicherung blockierte und an dem sich fast alle gesellschaftlichen Kräfte – sogar die orthodoxe Kirche – beteiligten. Mitte 2002 wiederholte sich diese Übung, als erneut eine Sanierung der Sozialversicherung versucht worden war. Aber auch Lohnkonflikte wurden generalstreikartig ausgefochten, wie im Mai 2002 und im Herbst 2003. Mit Blick auf die Parlamentswahlen im März 2004 wurden Lohn- und Gehaltsforderungen von bis zu 25% erhoben, nachdem die Regierung einigen Sparten des öffentlichen Dienstes Anhebungen von bis zu 9% versprochen, schwächeren sozialen Schichten erhebliche Unterstützungen zugesagt und die Landwirtschaft reichlich mit zusätzlichen Mitteln versehen hatte. Das olympische Jahr dürfte – mit Lohnzugeständnissen teuer erkauft – vorübergehend Ruhe bringen. Aber es ist sofort mit einem Aufflammen der Sozialkonflikte zu rechnen, wenn die nächstjährigen Lohnrunden anlaufen, und erst recht, wenn sich die neue Regierung der überfälligen Strukturreformen annimmt. stellt. Aus dem monotonen, beiderseits von populistischen Parolen, aber nicht von den früheren ideologischen Gegensätzen geprägten Wahlkampf ging sie mit 45,3% der Stimmen als deutlicher Sieger hervor und kann mit dem absoluten Mehr der Abgeordnetensitze regieren. Ausschlaggebend war der Stimmungsumschwung in dem von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Norden des Landes, aber auch die auf zahlreichen Gebieten rasch gestiegenen Preise spielten eine Rolle. Die zuvor von den Sozialisten (PASOK) gestellte Regierung erfuhr eine herbe Niederlage. Dies, obwohl der Leistungsausweis von Premierminister Simitis beachtlich ist. Er hatte während zweier Legislaturperioden einen eher sachlich-technokratischen Kurs gesteuert, seine Partei aus ihrem nationalistischen und links-populistischen Ghetto herausgeführt, die Aussöhnung mit der Türkei vorangebracht, das Land modernisiert und in den Euroraum geführt, nachdem es in einem enormen politischen und wirtschaftlichen Kraftakt gelungen war, das Defizit im Staatshaushalt drastisch zu senken. Auch in der eigenen Partei immer mehr angefeindet, konnte er den Verschleißerscheinungen der PASOK ebenso wenig entgegenwirken wie der Diese neue Regierung wird nach mehr als einem Jahrzehnt wieder von der bis Mitte 2000 innerlich schwer zerstrittenen konservativen Nea Dimokratia (ND) ge57. Jahrgang – ifo Schnelldienst 9/2004 24 Daten und Prognosen Verwicklung hoher Funktionäre in Korruptionsaffären. Die neue Regierung unter Ministerpräsident Karamanlis tritt ein schweres Amt an. Denn die Mehrheit der Bevölkerung verspricht sich von ihr die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit, der Inflation, der grassierenden Korruption und Vetternwirtschaft. Sie erhofft sich eine effizientere Verwaltung sowie ein besseres Gesundheits- und Ausbildungswesen. Zu alledem muss die Regierung das heiße Eisen der Sozialversicherungsreform erneut anpacken und die vielfach verbreitete Armut bekämpfen – und dies bei abgeschwächter Konjunktur und ab 2007 gekürzten EU-Zuschüssen. zu, im Euroraum stieg es um 0,4%, und in Deutschland blieb es gegenüber 2002 etwa unverändert. Der Einfuhrpreis für Rohöl betrug in den westlichen Industrieländern im Jahresdurchschnitt 28,7 US-Dollar pro Barrel; gegenüber dem Vorjahr ist das eine Verteuerung um rund 13%. Industrierohstoffe (ohne Öl) verteuerten sich gegenüber dem Jahr 2002 auf Dollar-Basis um etwa 14%. Der Wechselkurs des Euro betrug im Schnitt des Jahres 1,13 USDollar; im Jahre 2001 waren es 0,90 US-Dollar gewesen. Das Volumen des Welthandels hat gegenüber 2002 um 4,5% expandiert. In der Außenpolitik vertreten Regierung und Opposition ähnliche Positionen. Das gilt auch für die weitere Normalisierung der Beziehungen zur Türkei, was nicht nur für das Verhältnis zwischen beiden Ländern, sondern auch für den jüngsten, diesmal am Obstruktionskurs der GriechischZyprioten gescheiterten Versuch einer Wiedervereinigung Zyperns von großer Wichtigkeit ist. In Griechenland hat die Konjunktur nach einem sehr dynamischen ersten Quartal und anschließender Schwächephase im Laufe des zweiten Halbjahrs kräftig an Schwung gewonnen. Dabei haben sowohl Finanz- und Geldpolitik als auch die Lohnpolitik kräftig anregend gewirkt. Entscheidendes Element hierbei war die Binnennachfrage im Allgemeinen und die durch Olympiabauten stimulierten Bauinvestitionen im Besonderen. Aber auch die Ausfuhr gewann trotz dämpfender Einflüsse durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar und wichtigen ostasiatischen Währungen an Dynamik, desgleichen der private und öffentliche Konsum sowie die Ausrüstungsinvestitionen. Das reale Bruttoinlandsprodukt nahm vorläufigen Berechnungen zufolge um 4,2% zu – der höchste Wert nicht nur innerhalb des Euroraums, sondern auch innerhalb Westeuropas und Mitteleuropas mit Ausnahme der Volkswirtschaften Lettlands, Litauens und der Slowakei. Damit hielt Griechenland seine zu Beginn dieses Jahrzehnts innerhalb Westeuropas eingenommene Spitzenposition. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich bei stetig zunehmender Beschäftigung, aber infolge unverändert kräftiger Einwanderung wenig verringerter Arbeitslosenquote (9,3% im Jahresdurchschnitt) weiter verbessert. Der Preisanstieg ließ dank sinkender Importpreise etwas nach. Die Konsumentenpreise lagen um 3,4% über dem Niveau des Vorjahres. Das Defizit der Leistungsbilanz hielt sich in Relation zum BIP mit 61/2% ungefähr auf dem sehr hohen Stand von 2002. Absolute Priorität auch für die Wirtschaftspolitik werden zumindest bis zum Herbst die Vorbereitung und Durchführung der Olympiade im August 2004 haben. Da man nicht nur mit den Bauarbeiten im Rückstand ist, will man ohne Rücksicht auf die öffentlichen Finanzen Versäumtes aufholen und die Spiele reibungslos und sicher zu einer Demonstration des modernen Griechenland machen. Unter diesen Umständen werden sowohl die Finanzpolitik als auch die Lohnpolitik noch stärker als ohnehin abzusehen stimulierend auf die Konjunktur wirken. Arbeitskämpfe, aus welchem Grund auch immer, kann man sich jetzt nicht leisten und wird sie mittels finanzieller und sonstiger Zugeständnisse verhindern. Die wirtschaftspolitische Nagelprobe wird allerdings ab Herbst dieses Jahres und erst recht 2005 kommen, wenn Finanz- und Lohnpolitik zurückgebunden und überfällige Reformen (Rentenversicherung, Privatisierungen etc.) angegangen werden müssen in einem Klima, das von Enttäuschungen der Wähler und nachlassendem Wirtschaftswachstum geprägt sein wird. Die Regierung sieht sich dann zunehmend mit Forderungen konfrontiert, die wirtschaftspolitisch eine Quadratur des Kreises erfordern würden. Bedingt durch zunehmende soziale Unrast und wachsende wirtschaftliche Probleme zeichnet sich ein schwankender wirtschaftspolitischer Kurs ab – also eine schlechtere Linie als bisher. Wirtschaftsentwicklung 2003 Die weltwirtschaftlichen Rahmendaten stellten sich folgendermaßen dar: In den Vereinigten Staaten stieg das reale Bruttoinlandsprodukt um 3,1%. In Japan übertrafen Nachfrage und Produktion das Volumen von 2002 um 2,7%. In Mitteleuropa expandierte die gesamtwirtschaftliche Erzeugung um ungefähr 31/2%. In Westeuropa und in der EU nahm das reale Bruttoinlandsprodukt um 3/4% ifo Schnelldienst 9/2004 – 57. Jahrgang Die Bruttoanlageinvestitionen sind um beachtliche 12,6% und damit etwa doppelt so dynamisch wie 2002 gestiegen. Wichtige Stütze blieben die Bauinvestitionen, auf die rund zwei Drittel des Investitionsvolumens entfielen. Der im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 2004 zu beobachtende Bauboom verstärkte sich. In Olympiabauten und in die damit zusammenhängende Verkehrsinfrastruktur wurde erheblich mehr als im Vorjahr investiert. Gleiches gilt für die auf den Großraum Athen konzentrierte Renovierungs- und Neubautätigkeit im Beherbergungs- und Gaststättensektor. Ferner wurden die im Rahmen eines langfristigen Programms geplanten Investitionen besonders in den Häfen Piräus und Thessaloniki nochmals ausgeweitet. Der Wohnungsbau expandierte sehr lebhaft, stimuliert durch Daten und Prognosen günstigere Finanzierungsbedingungen, stetig und deutlich zunehmende reale verfügbare Einkommen der privaten Haushalte sowie die günstige konjunkturelle Entwicklung. Da sich die Mieten für Büros und Ladenlokale zu stabilisieren begannen, belebte sich die Bautätigkeit in diesem Segment etwas. Die in Relation zu den Bauinvestitionen spürbar weniger gewichtigen Ausrüstungsinvestitionen erholten sich noch rascher als der Bau, was in hohem Maße den Importen zugute kam. Dies, obwohl in der verarbeitenden Industrie die Auslastung der Kapazitäten etwa auf dem Niveau von 2002 verharrte und damit knapp unter dem langfristigen Durchschnitt lag. Stimulierend wirkten »Olympia 2004«, gesunkene Zinsen, verbesserte Absatz- und Ertragserwartungen, die anlaufende Deckung des vielfach – nicht nur bei IT-Ausrüstungen – erheblichen Nachholbedarfs. Das staatliche Investitionsprogramm war jedoch angesichts des rasch steigenden Haushaltsdefizits teilweise zurückgefahren worden. Der private Konsum hat um 4%, also ebenfalls sehr viel kräftiger als 2002 zugenommen. Stützend wirkten die Zunahme der Beschäftigung um 13/4% sowie die Erhöhung der Reallöhne um 21/2%. Hinzu kam die Senkung der Einkommensteuer im Zuge der laufenden Steuerreform. Gleichzeitig verringerte sich auch die Sparquote um ca. einen Prozentpunkt infolge sinkender Zinsen, günstiger Konjunkturentwicklung und dem anhaltend hohen Bedarf an dauerhaften Gütern, die bevorzugt gekauft wurden. Da es im Jahre 2002 bereits zu einem Rückgang um zwei Prozentpunkte gekommen war, hätte die Quote eigentlich – auf Erfahrungen fußend – etwa stagnieren müssen. Lebhaft florierte der Absatz von Einrichtungsgegenständen. Der seit 2001 rückläufige Absatz von Personenautos lag knapp unter dem Niveau von 2002. Der Staatsverbrauch wurde wieder um etwa 6% ausgeweitet, wobei die Lohnsteigerungen für öffentlich Bedienstete erheblich zu Buche schlugen. Die Ausfuhr von Gütern und Dienstleistungen ist um 1,6% gestiegen, womit die Rezession der beiden Vorjahre eine Ende fand. Expandiert haben nicht nur die Warenlieferungen infolge der allmählichen konjunkturellen Erholung in Westeuropa und dem fortgesetzten Aufschwung in Mittel- und Osteuropa, sondern auch die Einnahmen aus dem Ausländertourismus und der Seeschifffahrt (einem sehr wichtigen Devisenbringer). Dabei hat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit nicht nur infolge der Euro-Aufwertung, sondern auch wegen der hohen Lohnsteigerungen weiter verschlechtert. Anders als die Ausfuhr fand der Import (+ 10,2%) im Sog der starken Inlandsnachfrage mit Macht aus der Rezession heraus. Trotz verbesserter Terms of Trade verschlechterte sich das Defizit der Leistungsbilanz (ca. 7% in Relation zum BIP) deutlich. Es resultiert aus dem weiter gestiegenen und strukturell sehr hohen Fehlbetrag der Handelsbilanz (2003: 161/4% des BIP). Auf dem Arbeitsmarkt besserte sich die Lage weiter; die Arbeitsmarktstatistiken sind allerdings wenig verlässlich. Die Beschäftigung (+ 2,2%) nahm vor allem im Dienstleistungssektor und in der Bauwirtschaft zu. Die Arbeitslosenquote ist im Jahresdurchschnitt aber lediglich auf 9,3% gesunken, auch weil die Erwerbsbevölkerung bei anhaltender und vielfach illegaler Zuwanderung weiter spürbar wächst; Griechenland, eines der klassischen europäischen Auswandererländer, ist vor einigen Jahren netto zum Einwanderungsland geworden. Die Konsumentenpreise (HVPI) stiegen mit 3,4% im Schnitt des Jahres fast so stark wie im Jahr zuvor. Es war dies nach Irland die höchste Rate in Euroraum und EU, trotz stabilisierender Importpreise als Folge der Euro-Aufwertung und des Fortfalls inflationärer Effekte der Einführung des Euro-Bargelds Anfang 2002. Sie erklärt sich aus der kräftigen Konjunktur, dem ungenügenden Wettbewerb, dem starken Lohnauftrieb sowie den schon im Vorfeld der Olympiade vorgenommenen Preiserhöhungen bei Gastronomie und Hotels. Wirtschaftspolitik Die Wirtschaftspolitik wird der Konjunktur 2004 starke, 2005 jedoch zunehmend schwächer werdende Impulse geben, obwohl die dämpfenden Effekte der Euro-Aufwertung geringer werden. Absolute Priorität hat heuer die termingerechte Fertigstellung der teilweise spürbar hinter dem Zeitplan herhinkenden Olympia- und damit zusammenhängenden Infrastrukturbauten sowie die Durchführung und Abwicklung der Olympischen Spiele. Die Formulierung eines kohärenten wirtschaftspolitischen Programms kommt hierüber zunächst zu kurz. Doch wie auch immer dieses ausfallen wird – die Regierung gerät spätestens 2005 mehr und mehr unter sozialen und politischen Druck, da sie den vielfältigen, hoch gespannten und sich teilweise widersprechenden Erwartungen nicht gerecht werden kann. So sollen die Arbeitslosigkeit bekämpft, Steuern gesenkt, die Konjunktur in Gang gehalten, das Investitionsklima verbessert, gleichzeitig aber auch der Preisauftrieb gedämpft, die Staatsfinanzen konsolidiert, die Mindestlöhne und -renten kräftig erhöht sowie die Reform der Rentenversicherung anpackt und das Land durchgreifend modernisiert werden. Gleichzeitig ist das nicht möglich. Es wächst also die Gefahr einer Wirtschaftspolitik, die je länger je mehr zum Flickwerk ohne verlässliche Linie wird und auf vielen Gebieten scheitert. Die bereits 2003 wesentlich verschlechterte Lage der öffentlichen Finanzen wird auch 2005 noch andauern, Lohnund Preisauftrieb bleiben kräftig und verschlechtern die preisliche Wettbewerbsfähigkeit weiter. Und jeder Versuch eines energischen Gegensteuerns dürfte heftige Sozialkonflikte auslösen, zumal der gewerkschaftliche Organisationsgrad mit ca. einem Drittel der Arbeitnehmer im europäischen Ver57. Jahrgang – ifo Schnelldienst 9/2004 25 26 Daten und Prognosen gleich hoch ist und die Gewerkschaften gut organisiert und konfliktfreudig sind. Die Geldpolitik stützt die Konjunktur bis in das Jahr 2005 hinein. Allerdings lässt die Intensität sukzessive nach. Zwar erfolgte die letzte Senkung des Schlüsselzinses (auf 2%) durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Juni 2003 – als vermutlich letzter Schritt einer seit Mai 2001 zu beobachtenden Reihe von Zinssenkungen (damals war der Leitzins von 4,75 auf 4,5% herabgesetzt worden). Aber erstens wirken Zinsänderungen mit längerer Verzögerung. Zweitens ist ausreichend Liquidität vorhanden, selbst wenn man berücksichtigt, dass M3 in erheblichem Umfang Gelder enthält, die wegen der niedrigen Kapitalmarktzinsen und in Erwartung höherer Renditen kurzfristig geparkt und eigentlich dem langfristigen Kapital zuzurechnen sind. Die der EZB als wichtige Referenzgröße dienende Geldmenge M3 lag seit 1999 stets weit über dem Zielwert von 4,5% p.a. und übertraf 2003 das Vorjahresniveau um 8%. Drittens lagen die kurzfristigen Realzinsen (Dreimonatszinsen) während des zweiten Halbjahrs 2003 angesichts einer Teuerungsrate (HVPI) von 2,1% im Euroraum bei null, und sie dürften im laufenden Jahr kaum, 2005 allerdings wieder rascher steigen. Denn es ist im Zuge der konjunkturellen Erholung 2005 mit einer Zinsanhebung durch die EZB zu rechnen zwecks Sicherung des mäßigen Preisauftriebs, neben M3 ihrem zweiten wichtigen Referenzwert (die Anstiegsrate der Konsumentenpreise soll »mittelfristig nahe 2%« liegen). Wegen der verzögerten Wirkung von Zinsänderungen würde die Konjunktur im Jahre 2005 selbst dann nicht wesentlich tangiert, wenn der Schlüsselzins im Laufe des kommenden Jahres weiter angehoben wird – nennenswert retardierend macht sich das erst 2006 bemerkbar. Auch die Kapitalmarktzinsen bleiben real noch einige Zeit niedrig, obwohl der Tiefpunkt des Zinszyklus im zweiten Quartal 2003 durchschritten worden war. Für Griechenland sind die kurzfristigen Zinsen mit Blick auf das Wirtschaftswachstum so- ifo Schnelldienst 9/2004 – 57. Jahrgang wie hinsichtlich des Preisanstiegs erheblich zu niedrig, da real sogar negativ. Die Ausweitung der Buchkredite an den privaten Sektor wurde 2003 vor allem vom boomenden Wohnungsbau getragen, während sie im Bereich Handel sehr gering und in der verarbeitenden Industrie nur mäßig war. Der Grund hierfür liegt nicht so sehr an einer vorangegangenen Kreditklemme, sondern an der ungenügenden Rentabilität und den erheblichen mit Engagements in diesen Sektoren verbundenen Risiken. Hinzu addieren sich auch hier die Erfahrungen mit und die Fehlleistungen während der New-Economy-Blase, was zur Zurückhaltung der Kreditinstitute führte. Und schließlich befindet sich der Bankensektor in einer riskante Engagements nicht eben begünstigenden zähen und schwieriger Umstrukturierung. Jetzt scheint das Kreditvolumen jedoch auch außerhalb des Wohnungsbaus etwas stärker zuzunehmen. Die Finanzierungsmodalitäten bleiben für die Unternehmen trotz aufwärts tendierender kurz- und langfristiger Zinsen auch 2005 gut, obwohl das Finanzierungsdefizit der öffentlichen Hand im Verhältnis zum BIP fast unverändert hoch bleibt. Geld und Kapital sind genug vorhanden. Zudem dürften die Aktienkurse noch einige Zeit steigen. Bremsend, wenn auch im weiteren Verlauf abgeschwächt, wirkt hingegen die weitere Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar. Diese hatte Anfang 2002 begonnen und sich fast durchgängig bis Anfang 2004 fortgesetzt. Erst zuletzt war der Trend, vermutlich nur vorübergehend, unterbrochen worden. Nominal gewann der Euro gegenüber dem US-Dollar im Schnitt des Jahres 2002 um 5,6% und 2003 um 19,7%. Real effektiv ist die Aufwertung 2003 mit 11,3% allerdings sehr viel geringer ausgefallen. Die Finanzpolitik hat der Konjunktur 2003 deutlich Schub gegeben. Das Finanzierungsdefizit der öffentlichen Hand ist sehr viel stärker als erwartet auf ca. 3% des BIP gestiegen; die Bestätigung dieser Rate durch EUROSTAT steht noch aus, und ein noch höherer Wert ist durchaus möglich. Noch vor den Wahlen hatte die alte Regierung den Fehlbetrag auf 1,7% beziffert, bis dieser als frecher Betrug entlarvt wurde (es waren die Mehrwertsteuereinnahmen der ersten zwei Monate 2004 als Einnahmen in 2003 gebucht worden); Budgetmanipulationen vor Wahlen haben in Europa während der letzten Jahre zugenommen. Nachdem der für den Staatshaushalt 2003 vorgegebene Rahmen gesprengt worden war, ist auch der im vergangenen Herbst verabschiedete Haushaltsvoranschlag 2004 bereits Makulatur. Die Hoffnung, weiter rasch steigende Olympiakosten weitgehend durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen und Veräußerungsgewinne ausgleichen zu können, ist hinfällig. Zudem hat die neue Regierung bereits für das Daten und Prognosen laufende Haushaltsjahr die Besteuerung für rund 170 000 kleine und mittlere Unternehmen gelockert. Gewinne von AGs, GmbHs, Kooperativen, Gewerbetreibende etc. werden nun mit 25 statt mit 35% besteuert, jene von Anwaltsund Notariatskanzleien mit 20 statt mit 25%. Das staatliche 10 Mrd.-q-Programm 2002/2004 zur verstärkten Bildungs- und Beschäftigungsförderung, zur Armutsbekämpfung und zum rascheren Ausbau des Gesundheitswesens ist erst 2003 voll angelaufen. Ein Nachtragshaushalt 2004 ist unvermeidlich, in dem man auch die ursprünglich mit 3 Mrd. q veranschlagten Privatisierungserlöse zurückschrauben dürfte. Denn die verbleibenden Objekte sind entweder wegen hoher Verschuldung (z.B. Olympic Airlines) auf absehbare Zeit nicht privatisierbar, oder bisher schon manifester öffentlicher Widerstand steht Veräußerungen entgegen. Zudem zeigt sich ausländisches Kapital wenig interessiert, da der Staat auch bei privatisierten Unternehmen ein wesentliches Mitspracherecht behalten will. Das Finanzierungsdefizit der öffentlichen Hand dürfte heuer bei 31/2% des BIP liegen (Verschuldungsquote ca. 103% des BIP), was ein Defizitverfahren der EU nach sich zieht. Zudem ist die Verringerung der öffentlichen Verschuldung auf unter 100% des BIP auch 2005 noch nicht in Sicht, da sich die Haushaltslage trotz dann fortfallender Olympiakosten nicht durchgreifend bessern wird, weil das Wirtschaftswachstum nachlässt, der Anstieg vor allem der konsumtiven der öffentlichen Ausgaben nicht deutlich gebremst werden kann und die Zinsen aufwärts tendieren. Diese Abweichung vom mit der EU-Kommission abgesprochenen Konsolidierungskurs ist ebenfalls kein griechisches Spezifikum, sondern bei den meisten EU-Ländern zu beobachten. Völlig offen bleibt, wie es finanzpolitisch nach 2006 weitergehen soll, wenn die Mittel aus den EU-Fonds infolge der EU-Osterweiterung auf mehr Länder verteilt werden. Im Schnitt der Jahre 1997/2001 deckten diese Mittel ca. 12% der Staatsausgaben und entsprachen rund 5% des BIP. Für den Zeitraum 2000/2006 wurden ungefähr 20 Mrd. q bereitgestellt. Die seit mehreren Jahren verfolgte Einkommenspolitik – Steuersenkungen als Gegenleistung für maßvolle Lohnsteigerungen – brachte im Gegensatz zu anderen westeuropäischen Ländern nicht die angestrebten Resultate. Das gilt auch für die im Rahmenvertrag 2002/2003 ausgehandelten Anhebungen. 2002 erhöhten sich die Arbeitseinkommen pro Kopf mit durchschnittlich 8,4% wesentlich stärker als vereinbart. Weniger ausgeprägt, aber immer noch deutlich fiel die Abweichung im vergangenen Jahr aus. Heuer läuft die Entwicklung neuerlich aus dem Ruder, da Unternehmen und Regierung erpressbar geworden sind wegen der außerordentlichen Anstrengungen zur Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung der Olympiade, die keine Lohnstreiks dulden. Eine Fortsetzung des die preisliche Wettbewerbsfähigkeit weiter verringernden übermäßigen Lohnauftriebs ist zumindest noch für 2005 abzusehen. Dies umso mehr, als das für die unteren Einkommensschichten wichtige Segment des Warenkorbes sich weiter überdurchschnittlich verteuert und die Realeinkommen von Rentnern und Mindestlohnbeziehern erneut sinken dürften, was Forderungen nach kompensierenden Lohn- und Rentensteigerungen erheblichen Nachdruck verleihen würde. Ordnungspolitisch dürfte die neue Regierung trotz des beträchtlichen Nachholbedarfs auch nicht schneller voran kommen als die vorherige Administration. Das gilt sowohl für Deregulierung und Liberalisierung (soweit diese nicht von der EU vorgegeben werden) als auch für weitere Privatisierungen, die auf erheblichen politischen Widerstand stoßen. Wirtschaftsentwicklung 2004 Als weltwirtschaftliche Rahmendaten werden angenommen: In den Vereinigten Staaten expandiert das reale Bruttoinlandsprodukt um 41/2%. Nachfrage und Produktion nehmen in Japan um 23/4% zu. In Mitteleuropa steigt die gesamtwirtschaftliche Erzeugung um rund 4%. In Westeuropa und in der EU-15 erhöht sich das reale Bruttoinlandsprodukt um fast 2%; in Deutschland sowie im Euroraum expandiert es um 11/2%. Der Importpreis für Rohöl liegt in den westlichen Industrieländern im Jahresdurchschnitt bei 32 US-Dollar pro Barrel. Industrierohstoffe (ohne Öl) kosten etwa 25% mehr als 2003. Der Wechselkurs des Euro liegt im Schnitt des Jahres innerhalb einer Bandbreite von 1,20 bis 1,30 US-Dollar. Das Volumen des Welthandels dürfte in einer Größenordnung von 91/2% ausgeweitet werden. In Griechenland setzt sich der Olympia-induzierte Boom fort, angeregt durch Geld-, Finanz- und Lohnpolitik. Auch die Ausfuhr gewinnt an Schwung im Zuge der lebhaften Weltkonjunktur und stimuliert durch die dem Tourismus förderlichen Olympischen Spiele. Damit verstärken sich allerdings auch die vielfältigen und erheblichen volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte von den öffentlichen Finanzen über Lohn- und Preisentwicklung bis hin zur Leistungsbilanz. Das reale BIP dürfte neuerlich in der Größenordnung von 41/4% expandieren, womit das Land in Europa bezüglich des Wirtschaftswachstums weiterhin deutlich auf der Überholspur bleibt. Die entscheidenden Impulse kommen neuerlich von den Bruttoanlageinvestitionen, wobei Bau- und Ausrüstungsinvestitionen etwa gleich stark ausgeweitet werden. Der private Konsum nimmt, gepusht von hohen Lohnsteigerungen und weiter zunehmender Beschäftigung, fast so lebhaft zu wie im Vorjahr, während sich der öffentliche Verbrauch nicht mehr ganz so dynamisch erhöht. Die Arbeitslosenquote geht trotz des weiterhin kräftigen Zustroms ausländischer Kräfte auf 81/2% im Jahresdurchschnitt zurück. Die Inflation wird wohl im Sommerhalbjahr bedingt durch die Olympiade eine spürbare Beschleunigung erfahren. Die Konsumentenpreise dürften um 57. Jahrgang – ifo Schnelldienst 9/2004 27 28 Daten und Prognosen 33/4% über dem Niveau von 2003 liegen, was die Durchschnitte von EU-15 und Euroraum erheblich übersteigt. Die Leistungsbilanz weist einen annähernd der Größenordnung des Vorjahres entsprechenden Fehlbetrag aus. Die Bruttoanlageinvestitionen (sie entsprachen im Jahre 2002 23,9% des BIP, wovon 9,1 Prozentpunkte auf Ausrüstungen entfielen) dürften um etwa 7% expandieren. Der entscheidende Schub kommt neuerlich von den mit der Olympiade mittel- oder unmittelbar in Zusammenhang stehenden Investitionen. Bei den Bauinvestitionen erfolgt die bisher größte Anstrengung während der ersten sieben Monate dieses Jahres, und diese wird deutlich ausgeprägter sein, als noch vor wenigen Monaten erwartet. Denn viele Projekte sind zeitlich in Verzug, müssen aber rechtzeitig fertig gestellt werden. Das gilt sowohl für Olympiabauten, als auch für infrastrukturelle Arbeiten, besonders auf dem Gebiet des Verkehrs. Letztere laufen auch – soweit sie nicht ganz gestrichen wurden – nach der Olympiade weiter. Teils, weil die begonnenen Vorhaben abgeschlossen werden sollen, teils weil es sich um Investitionen im Rahmen langfristiger Programme handelt. Hierzu zählen u.a. das 2003 gestartete und bis 2010 reichende Programm zum Ausbau und zur Modernisierung der Häfen mit Schwergewicht bei den 94 wichtigsten Anlegeplätzen sowie die ebenfalls bis 2010 terminierte Erweiterung der Athener U-Bahn. Hinzu addieren sich wiederum viele Projekte, die aus EU-Fonds kofinanziert werden. Der Boom im Wohnungsbau dürfte sich fortsetzen, da die Finanzierungsbedingungen günstig bleiben und die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte erneut deutlich steigen. Der gewerbliche Bau erfährt im ersten Halbjahr eine spürbare Erholung, die jedoch im zweiten Semester erheblich nachlässt. Denn dann sind alle im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Angriff genommenen Projekte (Hotels, Restaurants, Büroraum, administrative Bauten etc.), seien es Neu- oder Umbauten und Renovierungen, abgeschlossen. Der gewerbliche Bau gewinnt mit Blick auf die 2005 nachlassende konjunkturelle Dynamik und die weitere Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit kaum an Schwung, zumal ausländische Investitionen rar bleiben. Größere griechische Bauunternehmen bereiten sich bereits seit vorigem Jahr auf das Ende des Baubooms vor und sondieren Möglichkeiten zur Erlangung von Aufträgen auf dem Balkan und in Osteuropa. Auch die Ausrüstungsinvestitionen expandieren sehr lebhaft im Sog von Olympia. Für die verarbeitende Industrie gilt das trotz verbesserter Ertragslage allerdings nur mit großen Einschränkungen, da die Kapazitätsauslastung etwa dem langfristigen Durchschnitt entspricht und die Erlangung von Krediten vor allem für kleine und mittlere Unternehmen wegen der Risikoscheu des Bankensektors meist sehr schwierig ist. Auch beeinträchtigt die absehbare Abschwächung der Konjunktur im kommenden Jahr das Investitionsklima. Die Investitionen dienen ganz überwiegend dem Ersatz veralteter Anlagen und ifo Schnelldienst 9/2004 – 57. Jahrgang der Rationalisierung, was sich infolge der weiterhin hohen Lohnsteigerungen aufdrängt. Die Investitionsschwäche resultiert unter anderem aus den in Griechenland geringen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Sie entsprachen 2002 0,9% des BIP, was nur knapp die Hälfte des EU-Durchschnitts ist. Die Ausfuhr von Gütern und Dienstleistungen (hierauf entfielen im Jahre 2002 20,9% des BIP, eine im westeuropäischen Vergleich außerordentlich niedrige Rate) dürfte sich um 61/2% erhöhen. Stimulierend wirkt die günstige Entwicklung der Weltwirtschaft, und die retardierenden Effekte der vorangegangenen Aufwertung des Euro werden schwächer. Aber die gewerbliche Wirtschaft ist von der Exportpalette her wenig wettbewerbsfähig, und die Ausfuhr geht weit überwiegend in die anderen EU-Länder, wo die Konjunktur heuer nur moderat läuft. Zudem verschlechtert sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit infolge der starken Lohnerhöhungen weiter. Allerdings werden sich die Olympischen Spiele als Magnet für den Ausländertourismus (Einnahmen 2002: 10,3 Mrd. q bzw. 7,3% der BIP) erweisen, wie überhaupt die Reiselust in den wichtigsten Herkunftsländern mit der verbesserten Wirtschaftslage zunimmt. Die mit etwa 5% einen wichtigen Beitrag zur griechischen Wertschöpfung leistende Seeschifffahrt (ca. 95% der Frachtschiffflotte verdient ihre Geld im Verkehr zwischen Drittländern, ist also ein wichtiger Devisenbringer) profitiert nicht nur vom weltwirtschaftlichen Aufschwung, sondern auch von den sehr stark gestiegenen Frachtraten. Der Import dürfte im Sog der Inlandsnachfrage noch stärker als die Ausfuhr expandieren. Das Passivum der Leistungsbilanz könnte bei kaum noch verbesserten Terms of Trade bei 63/4% des BIP liegen. Der private Konsum (mit 67,1% des BIP war der Anteil 2002 im westeuropäischen Vergleich sehr hoch) wird vermutlich wieder in einer Größenordnung von 4% ausgeweitet, obwohl die Verschuldung der Haushalte mit Verbraucherkrediten inzwischen eine beachtliche Höhe erreicht hat und weitere Steuerentlastungen keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Doch die Reallöhne steigen weiter deutlich, die Beschäftigung nimmt erneut zu, die Zinsen bleiben niedrig, und das günstige konjunkturelle Umfeld regt an. Demzufolge ist auch mit einer nochmals sinkenden Sparquote zu rechnen. Bevorzugt werden langlebige Güter gekauft, u.a. Wohnungseinrichtungen im Zuge des anhaltenden Wohnbaubooms. Der Absatz neuer Personenautos zieht kräftig an. Der Staatsverbrauch, auf den im Jahre 2002 15,7% des BIP entfielen, dürfte um rund 3% ausgeweitet werden. Auf dem Arbeitsmarkt bessert sich die Lage weiter bis in den Herbst hinein. Anschließend beginnt mit dem Abflauen des Olympiabooms eine Verschlechterung. Die Beschäftigung wird im Jahresdurchschnitt nochmals spürbar erhöht, Daten und Prognosen Veränderungsraten des realen BIP und seiner Komponenten – in % – 2002 2003p) c) 2004a) b) c) 2005a) d) b) EU KEPE EU OECD KEPE EUc) OECDd) Bruttoinlandsprodukt Inlandsnachfrage Privater Verbrauch Staatsverbrauch Bruttoanlageinvestitionen Exporte e) Importe e) 3,9 3,9 2,8 – 5,8 5,7 – 7,7 – 4,7 4,2 6,3 4,0 6,0 12,6 1,6 10,2 4,2 3,9 3,3 2,5 6,2 5,9 4,1 4,0 3,8 3,6 2,0 6,0 7,3 5,6 4,1 4,0 3,4 1,1 7,2 6,6 5,7 3,1 3,3 2,8 2,0 5,1 4,2 4,5 3,3 3,5 3,4 1,1 5,0 4,5 5,2 3,6 3,3 3,2 0,8 4,5 7,5 5,3 Industrieproduktion (ohne Bau) Konsumentenpreise (HVPI) Arbeitslosenquote Leistungsbilanz (Saldo)f) Finanzierungssaldo des Staatesf) 0,4 3,9 10,0 – 5,2 – 1,4 1,7 3,4 9,3 – 7,0 – 3,0 n.a. 3,3 8,5 – 5,5 – 3,0 n.a. 3,4 8,4 – 6,4 – 3,2 n.a. 3,6 8,9 – 6,3 – 1,6 n.a. 3,0 8,2 – 5,1 – 2,9 n.a. 3,5 8,0 – 6,6 – 2,8 n.a. 3,5 8,8 – 5,9 – 1,5 p) Vorläufig. – a) Schätzungen. – b) Centre of Planning and Economic Research, Athen, vom März 2004. – c) Kommission der EU, Brüssel, vom März 2004. – d) Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris, vom November 2003. – e) Güter- und Dienstleistungen. – f) In Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). wenn auch nicht mehr ganz so kräftig wie 2003. Allerdings dürfte die verarbeitende Industrie bei anhaltenden Rationalisierungsbemühungen per saldo kaum einstellen. Die Teilzeitarbeit nimmt weiter zu. Die Arbeitslosenquote sinkt im Mittel des Jahres auf 81/2%; allerdings sind die statistischen Angaben bezüglich Beschäftigung und Erwerbspersonen hier besonders wenig verlässlich. Die Rate wäre niedriger, wenn da nicht die anhaltend starke Nettozuwanderung wäre. Für 2003 wird die Zahl der überwiegend illegal im Lande befindlichen und meist im Bausektor und in der Landwirtschaft arbeitenden ausländischen Kräfte auf ungefähr eine Million geschätzt. Hiervon sind rund zwei Drittel Albaner die, so sie ethnische Griechen aus Nordepirus sind, keine Probleme beim Erhalt der Arbeitsgenehmigungen haben; seit dem ausgehenden Mittelalter kommen Arbeitsmigranten von Albanien nach Griechenland. Etwa ein Fünftel der ausländischen Arbeitskräfte stammen aus Mittel- und Osteuropa. Die prekäre Arbeitsmarktlage in Nordgriechenland erfährt durch den Olympiaboom kaum eine Besserung. Denn sie resultiert daraus, dass dortige Unternehmen seit dem Ende des Kalten Krieges Produktionen in die nördlich angrenzenden Länder mit ihren sehr niedrigen Löhnen verlagern. Als weltwirtschaftliche Rahmendaten werden angenommen: In den Vereinigten Staaten expandiert das reale Bruttoinlandsprodukt um 31/2%. Nachfrage und Produktion nehmen in Japan um 21/4% zu. In Mitteleuropa steigt die gesamtwirtschaftliche Erzeugung um 41/4%. In Westeuropa erhöht sich das reale Bruttoinlandsprodukt um 21/4%; im Euroraum expandiert es um rund 2% und in Deutschland um etwa 11/2%. Der Importpreis für Rohöl liegt in den westlichen Industrieländern im Jahresdurchschnitt wieder bei 33 US-Dollar pro Barrel. Industrierohstoffe (ohne Öl) kosten etwa 20% mehr als 2004. Der Wechselkurs des Euro liegt im Schnitt des Jahres innerhalb einer Bandbreite von 1,25 bis 1,35 US-Dollar. Das Volumen des Welthandels dürfte in einer Größenordnung von 8% ausgeweitet werden. Der Index der Lebenshaltungskosten ist während der ersten Monate dieses Jahres gesunken, obwohl sich die kräftige Verteuerung von Nahrungsmitteln fortsetzte. Im Sommerhalbjahr ist eine Beschleunigung der Inflation abzusehen. Denn die Preise für Mineralölprodukte erhöhen sich auch hier deutlich, die rasch steigenden Lohnkosten können wegen der lebhaften Konjunktur leicht im Preis weitergegeben werden, und die Olympiade wirkt auch über den Ort des Geschehens hinaus preistreibend – wie sich u.a. bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992 gezeigt hat. Zudem spielt der Wettbewerb vielfach ungenügend, und die im vergangenen Jahr zu beobachtenden stabilisierenden Effekte In Griechenland verlangsamt sich das Wirtschaftswachstum deutlich, da der Olympiaboom zu Ende ging. Damit treten die in den vorangegangenen Jahren aufgetretenen gesamtwirtschaftlichen Verwerfungen stärker hervor. Gegenmaßnahmen provozieren soziale Unrast, was die konjunkturelle Entwicklung zusätzlich dämpft. Zwar wirkt die Geldpolitik weiter stimulierend, wiewohl mit abnehmender Tendenz. Auch hemmt die Aufwertung des Euro nicht mehr so deutlich wie zuvor. Aber die Finanzpolitik wirkt weniger expansiv in dem Bemühen, den Ausgabenanstieg unter Kontrolle zu bringen, die langfristigen Zinsen ziehen an, die weniger günstige Arbeitsmarktlage verschlechtert der Euro-Aufwertung entfallen weitgehend. Obwohl administrierte Preise eher moderat heraufgesetzt werden, dürften die Konsumentenpreise (HVPI) um 33/4% über dem Niveau von 2003 liegen. Wirtschaftsentwicklung 2005 57. Jahrgang – ifo Schnelldienst 9/2004 29 30 Daten und Prognosen das Konsumklima, und die Baukonjunktur erleidet einen Einbruch. Das reale Bruttoinlandsprodukt dürfte um rund 3% expandieren. Da zu Beginn des Jahres ein beträchtlicher Überhang besteht, bedeutet das im Verlauf eine spürbare Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik. Diese wird beim Export und bei den Bruttoanlageinvestitionen besonders ausgeprägt sein. Aber auch privater und öffentlicher Verbrauch nehmen langsamer zu. Die Beschäftigung sinkt im weiteren Verlauf des Jahres, so dass die Zuwanderung von Arbeitskräften zunehmend als Belastung empfunden wird. Die Arbeitslosenquote dürfte bei knapp 81/4% liegen. Der durch die Olympiade bedingte Preisschub klingt bald ab, aber die Löhne steigen recht kräftig und zurückgestellte Anhebungen administrativer Preise werden nachgeholt. Die Konsumentenpreise dürften um 33/4% steigen. Das Defizit der Leistungsbilanz wird nur wenig geringer sein als 2004. Die Bruttoanlageinvestitionen gehen im weiteren Verlauf des Jahres zurück. Da zu Jahresbeginn aber ein beträchtlicher Überhang besteht, dürften sie sich gegenüber 2004 um etwa 31/2% erhöhen. Ursachen sind das rasche Ende des Olympiabaubooms und die einen Konsolidierungskurs anstrebende Finanzpolitik. Zwar werden alle von der EU kofinanzierten Projekte fortgeführt. Doch entfällt der Aufwand für Olympiabauten im engeren Sinne, und bei den damit verbundenen Infrastrukturinvestitionen fallen nur noch Fertigstellungsarbeiten an, die bald erledigt sind. Bereits gestrichene Vorhaben bleiben storniert. Der öffentlich finanzierte Bau dürfte mithin insgesamt zurückgehen. Beim Wohnungsbau ist die Zeit starker Expansion vorbei, da die Zinsen steigen, die realen verfügbaren Einkommen langsamer zunehmen und das konjunkturelle Umfeld weniger günstig wird. Der gewerbliche Bau neigt zur Schwäche. Höhere Finanzierungskosten und verschlechterte Absatz- und Ertragsaussichten dämpfen. Zudem sind im Zuge der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele Investitionen vorgezogen worden, und sie dürften sich verschiedentlich auch als zu groß dimensioniert erweisen. Die Ausrüstungsinvestitionen, 2004 ebenfalls stark vom Aufwind der Olympiade mitgezogen, werden zunächst zurückgehen; in der Bauwirtschaft ist ein regelrechter Einbruch abzusehen. In der verarbeitenden Industrie ist die Investitionsneigung bei durchschnittlich ausgelasteten Kapazitäten, ungünstigeren konjunkturellen Aussichten und zumindest nicht verbesserter Ertragslage gedrückt. Außerdem erhöht sich bei weiter sinkender preislicher Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenzdruck seitens ausländischer Anbieter. Ein Bereich, in dem erhebliche Investitionen anstehen – die Fährschifffahrt – kann kaum aktiv werden, da die finanziellen Mittel für die überfällige Flottenerneuerung fehlen. ifo Schnelldienst 9/2004 – 57. Jahrgang Der Export von Gütern und Dienstleistungen dürfte um 41/4% ausgeweitet werden, bei im Verlauf verlangsamter Zunahme. Auch hier fehlen die olympischen Impulse, was sich besonders beim Ausländertourismus bemerkbar macht. Außerdem ist in den USA und Ostasien eine Abschwächung der Konjunktur zu erwarten. Auch steigt der Euro-DollarKurs noch leicht. Das ist umso fataler, als die Lohnentwicklung eine fortgesetzte Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit erwarten lässt. Mit der weniger dynamischen weltwirtschaftlichen Entwicklung expandiert auch die Frachtleistung der Handelsflotte schwächer. Andererseits weist die Konjunktur in der EU – dem mit weitem Abstand wichtigsten Absatzmarkt – weiter moderat aufwärts. Der nachlassende Schwung der Inlandsnachfrage lässt auch die Einfuhr an Fahrt verlieren. Sie dürfte nur wenig stärker als die Ausfuhr steigen. Die Leistungsbilanz wird vermutlich bei wenig veränderten Terms of Trade ein in Relation zum BIP auf 61/2% gesunkenes Defizit ausweisen. Der private Konsum expandiert vermutlich um ca. 3%, im Verlauf also allmählich verlangsamt. Die Beschäftigung stagniert etwa. Die Reallöhne erhöhen sich nicht mehr so kräftig wie in den Vorjahren, bleiben aber immer noch deutlich aufwärts gerichtet, da die Gewerkschaften spürbar über die Abgeltung der Teuerung hinausgehende Anhebungen durchsetzen dürften. Doch entfallen nun olympiabedingte Lohnkonzessionen, und die nachlassende konjunkturelle Dynamik dämpft ebenfalls. Diese wird jedoch noch nicht so schwach, als dass nicht eine weitere Verringerung der Sparquote erwartet werden kann. Nach wie vor werden dauerhafte Güter bevorzugt gekauft. Aber der langsamer zunehmende Wohnungsbau tangiert den Erwerb von Einrichtungsgegenständen, und die verteuerte Finanzierung bremst den Anstieg der Autozulassungen. Der öffentliche Verbrauch nimmt um 21/4% zu, wesentlich bedingt durch die beträchtlichen Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst. Daten und Prognosen Auf dem Arbeitsmarkt endet die jahrelange Phase stetiger Verbesserung. Das Ende des Olympia-Booms lässt für die Bauwirtschaft einen Einbruch erwarten, verbunden mit beträchtlichen Entlassungen von Arbeitskräften. Im Dienstleistungssektor werden zumindest nicht mehr Kräfte als zuvor gebraucht. Die öffentliche Hand übt bei Neueinstellungen Zurückhaltung. Und die verarbeitende Industrie benötigt kaum zusätzliche Mitarbeiter, da die Kapazitäten normal ausgelastet sind, lebhaft in die Rationalisierung der Produktion investiert wird und die konjunkturellen Aussichten ungünstiger geworden sind. Im Verlauf des Jahres dürfte die Beschäftigung annähernd stagnieren, gegenüber 2004 jedoch um 3/4% ausgeweitet werden. Die Arbeitslosenquote steigt langsam, auch weil die Zuwanderung aus dem Ausland anhält. Sie dürfte im Jahresdurchschnitt bei 81/4% liegen. Der Preisauftrieb lässt im Zuge der konjunkturellen Abkühlung allmählich nach. Wegen des hohen Überhangs zu Jahresbeginn dürften die Konsumentenpreise (HVPI) wieder um 33/4% steigen. Die Lohnstückkosten erhöhen sich zwar verlangsamt, aber immer noch kräftig und wesentlich stärker als im westeuropäischen Durchschnitt. Auch dürften überfällige Anhebungen administrierter Preise erfolgen. Und schließlich wirken die Importpreise kaum inflationsdämpfend. Abgeschlossen am 20. April 2004 57. Jahrgang – ifo Schnelldienst 9/2004 31