2.2015 DAS MAGA ZIN VON SCA ÜBER TRENDS, MÄRK TE UND GESCHÄFTE p o T d n i m of WIR ALLE SIND GOURMETS 70 IST DIE NEUE 50 Unternehmen stellen sich auf ältere Arbeitnehmer ein MIT DEM BLICK EINER FRAU An welches Essen denken Sie gern zurück? Karin Strand Autorin, schrieb den Artikel über Victoriagården auf Seite 30-31 Shape ist ein Magazin von SCA. Es richtet sich an Kunden, Aktionäre und Analysten, aber auch an Journalisten, Meinungsmacher und andere Personen, die sich für die Tätigkeit und Entwicklung von SCA interessieren. Shape erscheint viermal jährlich. Die nächste Ausgabe erscheint im Oktober 2015. Herausgeberin Joséphine Edwall-Björklund Chefredakteurin Marita Sander Redaktion Anna Gullers, Inger Finell, Appelberg Gestaltung Markus Ljungblom, Kristin Päeva, Appelberg Druck Tag Worldwide Anschrift SCA, Group Communications, Box 200, 101 23 Stockholm, Schweden Telefon +46 8 7885100 Fax +46 8 6788130 SCA Shape erscheint auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Schwedisch und Spanisch. Das Magazin wird auf GraphoSilk 90 Gramm von SCA gedruckt. Vervielfältigung nur mit ausdrücklicher Genehmigung von SCA Group Communications. Bei den hier vertretenen Meinungen handelt es sich um die der Autoren und Gesprächspartner. Diese entsprechen nicht unbedingt den Meinungen der Redaktion oder von SCA. Sie können SCA Shape abonnieren oder als PDF-Datei auf www.sca.com lesen. Adressänderungen können auf www.sca.com/subscribe oder per E-Mail an [email protected] gemeldet werden. 2.2015 DAS MAGA ZIN VON SCA ÜBER TRENDS, MÄRK TE UND GESCHÄFTE i Top of m nd WIR ALLE SIND GOURMETS 70 50 IST DIE NEUE Unternehmen stellen sich auf ältere Arbeitnehmer ein MIT DEM BLICK EINER FRAU Coverfoto: Getty images 2 SCA SHAPE 2 2015 Das beste Essen hat meine Mutter gekocht. Sie war sehr modern und hat sich sehr für Essen interessiert. Immer wieder hat sie etwas Neues probiert. Ich kann mich noch daran erinnern, als sie in den 1960er Jahren in einem Laden eine Dose mit einem nordafrikanischen Gemüseeintopf entdeckte. Sie konnte nicht widerstehen und griff zu. Wir aßen den Eintopf mit Eiern und liebten die ungewöhnliche Gewürzmischung aus Knoblauch, Kreuzkümmel und Chili – damals in Schweden noch völlig unbekannte Gewürze. Der Eintopf hieß Shakshouka. Alexander Rauscher Grafikdesigner, illustrierte den Artikel auf Seite 24-25 Serbien ist nicht gerade für seine Küche berühmt, aber wie überall auf der Welt kann man die erstaunlichsten Orte dort finden, wo man sie am wenigsten erwartet. Im südserbischen ŽupaTal serviert das Weingut Ivanović Schweinebraten mit pikanter Pfeffersauce von Küchenchef Dragoslav sowie Ajvar, gerösteten Zwiebeln und Chilis. Dazu wird Wein von der örtlichen ProkupacTraube gereicht. Absolute Spitze! Mitarbeiter in dieser Ausgabe SCA IN DEN SOZIALEN NETZWERKEN Youtube.com/ SCAeveryday zeigt Werbespots und Videos von SCA Pressekonferenzen, Präsentationen und Interviews mit leitenden Angestellten und Mitarbeitern. Slideshare.com/ SCAeveryday richtet sich an Investoren und Analysten, die hier die Quartalsberichte und Berichte über die Hauptversammlungen herunterladen können. Facebook.com/SCA spricht potenzielle Mitarbeiter an, bezieht Nutzer ein und dient ergänzend zu sca.com auch als Informationsplattform. Scribd.com/ SCAeveryday stellt rund 50 Veröffentlichungen zur Verfügung, darunter den Nachhaltigkeits-bericht, den Bericht „Hygiene Matters“ und das Shape-Magazin. Twitter.com/SCAeveryday informiert zusammenfassend über Ereignisse auf sca.com und in den sozialen Netzwerken von SCA. Instagram/SCAeveryday Fotos von und über SCA aus aller Welt. 26. INHALT 6. In einem Preisausschreiben konnten Fotografinnen aus aller Welt Bilder von Frauen jeden Alters einreichen. Aktiv bleiben bei der Arbeit Angesichts der alternden Weltbevölkerung suchen Regierungen und Forscher nach Wegen, wie die Menschen auch im Alter produktiv bleiben können. 10. FOKUS: Die Feinschmecker kommen Die Esskultur wird global und unser Essen spiegelt wider, wie wir die Welt sehen. 20. Der neue Chef “Mach’ es jetzt”, lautet das Motto von Magnus Groth, dem neuen CEO von SCA. Es ist besser, schnell zu handeln statt abzuwarten. 24. Müll wird eine Ressource Ein künftiger Prozess wird Schlamm aus der Papierindustrie in Heizgas umwandeln und die CO 2 -Emissionen reduzieren. 30. Der Hightech-Schutz Ein Sensor in einer Inkontinenzeinlage ermöglicht eine personalisierte Pflege. AUCH IN DIESER AUSGABE... DIE MITARBEITER VON SCA Eva Dahl, reisende Botschafterin – Seite 36-37 NEWS VON SCA – Seite 38-41 TEAM SCA Anna-Lena Elled, Bordreporterin epoorterinn – Seite 42 WUSSTEN SIE SCHON... ... dass Bienen als fliegende Ärzte unterwegs sind? Erfahren Sie mehr auf Seite 5. SCA SHAPE 2 2015 3 SHAPE UP Nachrichten aus aller Welt Lignin lagert sich in den dunklen Ringen ab und hält den Baumstamm zusammen. HOLZ ERSETZT CARBONFASERN SCHWEDISCHEN FORSCHERN ist es gelungen, ein Verfahren zur Herstellung von Carbonfasern aus Holz zu entwickeln. Die Forscher verwenden Lignin statt Öl für die Fasergewinnung. Lignin ist für die Verholzung von Bäumen verantwortlich und wird in den Jahresringen eingelagert. Es dient außerdem als Kittmaterial für den Zellverbund von Nadelhölzern. Carbonfasern aus Lignin sollen spätestens 2025 die Marktreife erreicht haben und in erster Linie in modernen Verbundwerkstoffen zum Einsatz kommen. Die weltweite Jahresproduktion von Carbonfasern beträgt derzeit rund 50.000 Tonnen. Keine Plastiktüten auf Yap DIE INSEL YAP der Föderierten Staaten von Mikronesien setzt radikale Maßnahmen für den Umweltschutz um. Im Juli 2014 sind Plastiktüten auf der Insel komplett verboten worden. Vorher hatte die Umweltschutzbehörde in Aufklärungskampagnen über den Grund für das Verbot und die Umweltfolgen von Kunststoff informiert. Die Behörde verteilt Broschüren und hat überall auf der Insel Hinweisschilder aufgestellt. Auf einem Schild steht: 4 SCA SHAPE 2 2015 „Einkaufstüten aus Plastik sind verantwortlich für den Tod vieler Fische, Schildkröten, Delfine und anderer Meereslebewesen, die für die Ernährungssicherheit und Ökologie von Yap unverzichtbar sind. Diese Tiere verwechseln die Tüten mit Quallen und anderen Futterquellen.“ Nun haben Frauen auf der Insel eine Kooperative gegründet, die wiederverwendbare Tüten aus lokalen Rohstoffen herstellt und eine nachhaltige Form des Einkaufens fördert. FRANZÖSISCHE DÄCHER WERDEN GRÜN IN FRANKREICH gelten neue Auflagen für Neubaudächer in Gewerbegebieten. Die Dächer müssen entweder teilweise bepflanzt werden oder mit Sonnenkollektoren ausgestattet sein. Ein bepflanztes Dach verbessert die Wärmeisolierung. Im Winter wird weniger Heizenergie benötigt, im Sommer weniger Strom für die Klimaanlage. Die Begrünung nimmt Regenwasser auf, absorbiert CO2 und bietet Vögeln willkommene Nistplätze im Großstadtdschungel. Sonnenkollektoren versorgen die Gebäude mit erneuerbarer Energie. Begrünte Dächer sind bereits in Deutschland, Kanada und Australien weit verbreitet. BIENEN ALS FLIEGENDE ÄRZTE Eiche in der Vase DIE IDEE zur Vase Acorn kam Estrid Ericsson, der Gründerin des schwedischen Innenausstatters Svenskt Tenn, während eines Sommerurlaubs in den 1930er Jahren. Sie sammelte Eicheln ein und ließ sie in einer einfache Glasvase austreiben. Vor dem Keimen muss die Eichel drei bis sechs Wochen in einer Schale mit Wasser liegen. Sobald die Eichel austreibt, kommt sie in die Vase, die mit Wasser gefüllt wird. Der Trieb muss nach unten zeigen. Nach weiteren drei bis sechs Wochen beginnt ein kleiner Eichenbaum zu wachsen. Wussten Sie schon ... ...dass die Mönche des Jainismus – einer Minderheitsreligion in Indien – mit keinem Körperteil in Wasser baden dürfen, außer Hände und Füße, da durch das Baden Millionen von Mikroorganismen getötet werden könnten? IM RAHMEN DES europäischen Forschungsprojekts BICOPOLL sind Bienen untersucht worden, die biologische Pflanzenschutzmittel übertrugen, als sie auf Obstund Beerenblüten landeten. Die Forscher wollten prüfen, ob sich mithilfe der Bienen die Erntemenge und Qualität von biologisch angebautem Obst steigern lässt. Dazu deponierten sie ein natürliches Fungizidpulver als „Fußmatte“ am Ausgang des Bienenstocks. Die Bienen nahmen es beim Verlassen des Stocks auf und übertrugen es beim Bestäuben. Die Versuche fanden in mehreren europäischen Ländern auf Erdbeerfeldern statt, die gegen Grauschimmel behandelt werden sollten. Dabei zeigte sich, dass das von den Bienen übertragene organische Fungizid mindestens so wirksam gegen Grauschimmel ist wie chemische Fungizide. Die verkaufsfähige Erntemenge erhöht sich deutlich, oft um über 50 Prozent. Rund die Hälfte davon ist auf die verbesserte Bestäubung zurückzuführen. SCA SHAPE 2 2015 5 VIGNETTE 6 SCA SHAPE 2 2015 MARKT AKTIV BLEIBEN im Beruf Weltweit steigt die Lebenserwartung, und deshalb werden viele künftig länger arbeiten müssen. Doch wie leistungsfähig werden wir im Alter noch sein? Ü text SUSANNA LINDGREN illustrationen EMMA HANQUIST berall auf der Welt streiten sich Forscher über die Folgen der steigenden Lebenserwartung. Immer mehr Rentnern werden immer weniger Erwerbstätige gegenüberstehen. Und im Gefolge der stetig älter werdenden Bevölkerung schnellen auch die Renten- und Gesundheitsausgaben in die Höhe. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission verdreifacht sich in den kommenden 50 Jahren die Anzahl der Über-80-Jährigen. 2060 werden fast 30 Prozent der EU-Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. In der gleichen Zeit wird die Anzahl der Erwerbstätigen in der EU vermutlich um 14 Prozent sinken. Überall in der entwickelten Welt gleichen sich die Statistiken. Und überall wird auf die gleiche Lösung gesetzt – das „aktive Altern“. Aktives Altern heißt nicht nur, gesund zu leben. Es geht darum, die Gesellschaft insgesamt und auch jeden Einzelnen von den Vorteilen einer verlängerten Erwerbstätigkeit zu überzeugen. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz geht davon aus, dass es sich für Unternehmen lohnt, ältere Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Ältere Mitarbeiter identifizieren sich stärker mit ihrer Arbeit und wechseln seltener die Arbeitsstelle. Oft überwiegen ihre Fähigkeiten und Erfahrungen mögliche gesundheitliche Probleme. Aber was ist mit dem Argument, dass der Vorruhestand den jüngeren Generationen die Türen zum Arbeitsmarkt öffnet? „Untersuchungen zeigen, dass Länder mit einem hohen Anteil älterer Erwerbstätiger ebenfalls einen hohen Anteil von jungen Erwerbstätigen haben“, erklärt Mikael Stattin, Soziologe an der Universität Umeå in Schweden. Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts beschäftigt er sich mit verschiedenen Aspekten des aktiven Alterns. Dazu zählen etwa der Einfluss der Arbeitsumgebung und der Zeitpunkt des Ruhestands. Die Frage ist nur, wie sich Menschen davon überzeugen lassen, länger zu arbeiten. „Es ist ein typischer Fehler, die Über-60Jährigen als homogene Gruppe zu sehen“, sagt Stattin. „Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse und deshalb müssen wir flexibel an das Thema herangehen. Jeder Unternehmer, der seine Mitarbeiter länger im Beruf halten will, sollte sich frühzeitig Gedanken machen und in Erfahrung bringen, warum die Mitarbeiter noch einige Jahre länger arbeiten wollen. Dabei kommt es immer auf den Einzelfall an. Jedes Unternehmen braucht eine Strategie zur Bindung älterer, erfahrener Arbeitskräfte. Und es sollte sicherstellen, dass die SCA SHAPE 2 2015 7 MARKT ALTERSGERECHTE JOBS Mit dem Alter nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit ab und die Wahrscheinlichkeit altersbedingter Erkrankungen zu. SCA analysiert in regelmäßigen Abständen die demographischen Trends und Veränderungen zwischen den Generationen. ÄLTERE MENSCHEN haben zwar „Jedes Unternehmen braucht eine Strategie zur Bindung älterer, erfahrener Arbeitskräfte. Und es sollte regelmäßig kontrollieren, ob die Mitarbeiter es wirklich noch schaffen.“ Mitarbeiter es wirklich noch leisten können. Auch wenn Menschen ab 60 heute gesünder und besser ausgebildet sind als frühere Generationen, gibt es doch körperliche Arbeiten, die einfach zu anstrengend werden. Damit die Menschen länger arbeiten können, müssen die Arbeitsbedingungen weit vor dem üblichen Renteneintrittsdatum angepasst werden. Stattin rät, die individuellen Bedürfnisse rechtzeitig in Mitarbeitergesprächen in Erfahrung zu bringen und mit allen Mitarbeitern ab 55 regelmäßig Gespräche über ihre Ruhestandspläne zu führen. „IN MEINEN STUDIEN habe ich mich auf Mitarbeiter aus dem Gesundheitssektor konzentriert“, erklärt er. „Untersuchungen zeigen, dass viele Ältere weniger Wochenstunden arbeiten wollen und eine abwechslungsreiche Tätigkeit suchen. Andere sind eher daran interessiert, ihre Erfahrungen an die nächste Generation zu vermitteln. Auch die Bezahlung ist natürlich ein wichtiger Anreiz, um die Mitarbeiter länger im Unternehmen zu halten.“ Damit wir gesund bleiben und länger arbeiten können, solle in allen Altersgruppen auf berufsbedingte Symptome und Krankheiten geachtet werden. 8 SCA SHAPE 2 2015 mehr Erfahrungen, aber mit den Jahren nimmt auch die Häufigkeit von körperlichen Beschwerden zu. Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter länger im Beruf halten wollen, müssen sie deshalb auf eine geeignete Arbeitsumgebung achten. Im Rahmen der kontinuierlichen Anstrengungen, um neue Arbeitsweisen und -formen zu entwickeln, lässt SCA derzeit in zwei Pilotprogrammen die eigene Arbeitsumgebung prüfen. Wichtig ist dabei unter anderem, dass die Arbeitsplätze möglichst ergonomisch gestaltet werden. Zur Verbesserung des Arbeitsumfeldes hat SCA für intensivere Untersuchungen zwei Pilotanlage ausgewählt, um besser zu verstehen, wie sich Arbeitsprozesse so optimieren lassen, dass Haltungs- und Bewerbungsapparat weniger belastet werden. „Bekanntlich werden wir umso anfälliger für Erkrankungen des Bewegungsapparats, je älter wir sind“, sagt SCA Personalleiterin Astrid Manquin. „Unsere Untersuchungen ergaben, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten im Alter zunehmen und bis zu 70 Prozent auf Beschwerden im Haltungs- und Bewegungsapparat zurückzuführen sind. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema ist daher wichtig.“ In der SCA Fabrik für Körperpflegeprodukte in Hoogezand (Niederlande) und in der Tissue-Fabrik in Neuss wurden die ergonomischen Aspekte der Verarbeitungs- und Papierherstellungslinien untersucht. „Wir sind auf mehrere Faktoren gestoßen, mit denen wir uns weiter befassen werden“, erklärt Manquin. „Durch technische Verbesserungen, organisatorische Änderungen und neue Verhaltensweisen konnten wir die Fertigungslinien so ergonimisch wie möglich gestalten. So gab es technische Anpassungen an den Anlagen und Maschinen, aber es mussten zum Teil auch neue Verhaltensmuster bei den Mitarbeitern herausgebildet werden. Ein externes Unternehmen schulte die Belegschaft in Hoogezand im ergonomisch richtigen Sitzen und Heben. IN DER PILOTFABRIK in Neuss sorgt ein neues Werkzeug dafür, dass Mitarbeiter die großen Papierrollen mit weniger Kraftaufwand lösen können, und in Hoogezand wurden die Griffe an den Transportkarren höher montiert, damit das Bücken entfällt. Die Verpackung für den Transport erfolgt jetzt auf erhöhten Plattformen und eine kleine Hebevorrichtung hilft beim Anheben der Rollen. „Viele kritische Probleme lassen sich auch mit kleinen Kosten lösen“, sagt Manquin. „Alle diese Verbesserungen helfen der Belegschaft, gesünder zu bleiben, und wir hoffen, dass dies ihre Zufriedenheit und Motivation fördert.“ In den identifizierten Bereichen sind zahlreiche Verbesserungsprogramme entwickelt worden, die noch in diesem Jahr in anderen Werken von SCA umgesetzt werden sollen. text SARA BERGQVIST WIR SIND ALLE Feinschmecker W ir reisen immer öfter und immer weiter weg. Zugleich beschleunigt sich die Globalisierung. Die Kulturen der Welt beeinflussen sich gegenseitig immer stärker und Trends breiten sich rasend schnell aus. Das gilt besonders für das Essen. „Unsere Essenskultur spiegelt das Geschehen in der Welt um uns herum wider und zeigt, was uns wichtig ist“, beobachtet Johanna Mäkelä, Professorin für Essenskultur an der Universität Helsinki. Parallel zum Bedeutungszuwachs von Nachhaltigkeit, Gesundheit und Ethik steigt auch die Nachfrage nach Biokost und verantwortungsbewusst hergestellten Lebensmitteln. Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine vegetarische oder vegane Ernährung, ohne sich dabei immer strikt festzulegen. „Viele ernähren sich an bestimmten Wochentagen rein vegetarisch, wollen aber nicht gänzlich auf Fleisch verzichten“, sagt Mäkelä. „Andere essen einfach mehr pflanzliche Lebensmittel.“ Für Karin Pontén, Chefin von Vår PR-byrå, einer PR-Agentur für Nahrungsmittel und Getränke, werden Umweltbelange weiter eine entscheidende Rolle spielen, aber sie werden nuancierter. So sei keineswegs sicher, dass lokale Produkte immer die intelligenteste Option sind. Eine Ansicht, die sie mit dem schwedischen Sternekoch Niklas Ekstedt teilt. „Kochverfahren, Transparenz, Herkunft, Ökologie, Umweltverträglichkeit, Abfall und Biozide – das sind alles Nachhaltigkeitsaspekte, die zunehmend wichtiger werden“, sagt Ekstedt. „Es verwundert mich, dass das solange gedauert hat. Ich hätte diesen Umschwung schon vor vier oder fünf Jahren erwartet.“ Ekstedt tritt seit vielen Jahren als Koch im schwedischen Fernsehen auf. In der Kochshow „Niklas Mat“ reist er in die entlegensten Gegenden der Welt, testet die lokale Küche und arbeitet als Praktikant in Sterne-Restaurants. Gegenwärtig gehört Paris für ihn zu den kulinarisch spannendsten Orten. „Paris hat eine lange Tradition der Brasserien Wussten Sie schon … … dass in Indien am wenigsten Fleisch gegessen wird … dass Zuckermais in Mexiko sehr wichtig ist Rund 40 Prozent der Inder sind Vegetarier. Der Fleischkonsum ist allerdings selbst bei Nichtvegetariern ungewöhnlich niedrig. 10 SCA SHAPE 2 2015 In Mexiko hat er seinen eigenen Feiertag, den 29. September. Ein Volksglaube besagt, dass der Mensch nicht aus einer Rippe oder von einem Gott, sondern aus einem Maiskorn geschaffen wurde. JODY HORTON GALLERY STOCK Das Essen gilt heute als Kulturgut, ähnlich wie Theater, Musik oder Reisen. Unsere Ernährung wird immer wichtiger für unsere Identität. Shape hat sich einige internationale Ernährungstrends angesehen. Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine vegetarische oder vegane Ernährung, ohne sich dabei immer strikt festzulegen. SCA SHAPE 2 2015 11 und der komplexen Gastronomie, und das kann schon etwas langweilig werden“, meint er. „Doch jetzt ist die Stadt regelrecht explodiert. Überall gibt es plötzlich kleine Restaurants ohne gestärkte Tischdecken und mit jungen Küchenchefs. Es wirkt wie eine Renaissance, die sich hoffentlich auch im übrigen Land ausbreiten wird.“ Auf seinen Reisen stößt Ekstedt immer häufiger auf Menschen, die für neue Einflüsse aufgeschlossen sind. In kulinarisch bisher eher unauffälligen Ländern steigt das Interesse an gehobener Gastronomie. „Länder mit einer langen Weinbautradition wie Frankreich, Italien oder Spanien haben im Allgemeinen auch eine stärker ausgeprägte gastronomische Kultur“, sagt er. „Doch Länder wie die Niederlande, Belgien, Teile der USA und Großbritannien holen auf. Oft sind sie neugieriger und experimentierfreudiger.“ London gilt bei der Küche als eine der innovativsten Städte der Welt. Kreative Londoner Chefköche wie Yotam Ottolenghi sind Medienstars geworden, übrigens auch ein Koch, der einen Schwerpunkt auf grüne Rohwaren legt. Heute beginnen viele Ernährungstrends in den USA und verbreiten sich von dort aus nach Osten. Diese Entwicklung ist aber keine Einbahnstraße. Japan hat die italienische Küche und europäische Weine entdeckt und in Russland steht meist auch „Ein aufregender Unterschied zwischen der asiatischen und der westlichen Küche ist, dass Mundgefühl und Konsistenz in Asien traditionell viel wichtiger als im Westen ist.“ Johanna Mäkelä, Professorin für Essenskultur Der schwedische Spitzenkoch Niklas Ekstedt. JOHNÉR Hongkong gehört zu den Städten mit dem höchsten Fisch- und Meeresfrüchteverbrauch. Die Einwohner Hongkongs essen durchschnittlich vier Mal so viel Fisch und Schalentiere wie die Menschen in der restlichen Welt. In jüngster Zeit achten Behörden und Verbraucher stärker auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit beim Fischfang. 12 SCA SHAPE 2 2015 Sushi auf der Speisekarte, selbst in traditionellen Restaurants. Amerikanisches Fastfood gibt es in praktisch jedem Land, manchmal mit lokaler Anpassung. In Südkorea serviert McDonald’s seine Hamburger mit Bulgogi und in Indonesien kommt McRice auf den Tisch. Im aktuellen Guide Michelin zeigten sich die Tester von Asien beeindruckt, besonders von Hongkong und Macao. Dort tummeln sich nicht weniger als 72 Restaurants mit Michelin-Sternen. „Ein aufregender Unterschied zwischen der asiatischen und der westlichen Küche ist, dass Mundgefühl und Konsistenz in Asien traditionell viel wichtiger als im Westen ist“, erklärt Johanna Mäkelä. „Im Westen wird bislang hauptsächlich in der gehobenen Küche mit Texturen experimentiert, aber das ändert sich gerade.“ Streetfood aller Art findet seinen Weg in die feinen Restaurants, wo es als Delikatess-Würstchen oder Gourmet-Burger auf der Speisekarte auftaucht. „Das wahrscheinlich beste Essen bekam ich in Mexiko-Stadt, wo ich einfach nacheinander die Straßenstände abgeklappert habe“, erklärt Ekstedt. „Selbst Menschen, denen es oft nicht so gut geht, scheinen großen Wert auf eine gute Ernährung zu legen. Wirklich beeindruckend!“ In der Tourismus-Saison machen immer mehr Pop-up-Restaurants auf – in Einkaufszentren oder auf Messen, manchmal nur für einen einzigen Tag. Meist handelt es sich dabei um etablierte Ketten, aber es gibt auch Pop-up-Events wie den Restaurant Day, der vor vier Jahren in Finnland erfunden wurde und heute in 70 Ländern zu finden ist. Am Restaurant Day, der vier Mal pro Jahr stattfindet, kann jeder irgendwo ein Restaurant aufmachen – in der eigenen Wohnung, am Strand oder an der Straßenecke. „Das hat der Esskultur in Finnland kräftig Auftrieb gegeben“, sagt Mäkelä. „Und es hat viele Menschen auf neue Ideen gebracht – wie zum Beispiel ein InsektenRestaurant.“ FOKUS: ESSEN JOHNÉR DAS ESSEN DER ZUKUNFT MIT EINER WELTBEVÖLKERUNG von voraussichtlich elf Milliarden Menschen zu Beginn des kommenden Jahrhunderts werden neue Formen der Ernährung nötig sein. Viele Experten glauben, dass Insekten zu einer wichtigen Proteinquelle werden. In einigen Ländern stehen Insekten schon lange auf der Speisekarte. Die Koreaner genießen Seidenraupenpuppen als Snack, die Mexikaner essen Grillen und in anderen Ländern gelten Raupen und Schaben als akzeptables Menü. Jetzt haben die Trendsetter im Westen die Führung übernommen. Das Noma in Kopenhagen, als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnet, serviert Ameisen. „Wenn wir Insekten als Proteinquelle an unsere Tiere verfüttern, können wir weiterhin Dinge essen, an die wir eher gewohnt sind, und gleichzeitig etwas gegen die Nahrungsmittelknappheit tun“, erklärt Karin Pontén von Vår PRbyrå, einer PR-Agentur für Nahrungsmittel und Getränke. SCA SHAPE 2 2015 13 JOHANNA BERGLUND FOKUS: ESSEN LIEBESGRÜSSE AUS Ein russisches Lieblingsgericht von Dominika Peczynski: GEWÜRZGURKE MIT HONIG UND SCHMAND Die russische Küche hat ihren schlechten Ruf zu Unrecht und bietet stattdessen das beste Essen für die Seele auf der Welt, behauptet die ehemalige Sängerin und Kochbuch Autorin Dominika Peczynski. „Die russische Küche ist echtes Soul-Food“, glaubt Dominika Peczynski. „Essen Sie russisch, wenn Sie deprimiert sind, das Leben furchtbar ist und Sie Aufmunterung brauchen.“ Peczynski wurde in Polen geboren, aber ihre Mutter wuchs in Russland und Tadschikistan auf. Schon als Kind liebte sie die russische Küche. Später, als sie mit ihrer Tanzgruppe Army of Lovers durch das Land reiste, ist diese Liebe noch gewachsen. „Wenn ich in Russland ankomme, gehe ich zuerst essen und bestelle mir immer irgendwas mit Störrogen und Schmand“, sagt Peczynski. „Wenn es das nicht gibt, dann muss es Lachsrogen oder Forellenrogen sein. Die Perlen sind riesig, viel röter als hier, und sie schmecken fantastisch.“ Die russische Küche wurde von verschiedenen Ländern wie etwa Usbekistan, der Mongolei und Frankreich beeinflusst. Zu Hause essen die meisten Russen eher Hausmannskost – Fleisch, Kartoffeln, Buchweizen. Das typische Abendessen beginnt mit einer heißen Suppe, gefolgt von einem Hauptgang. Den Abschluss bildet Kompott, in der Regel eingemachte Früchte. Früher, als frisches Gemüse noch Mangelware war, wurde es oft eingemacht, um eine ganzjährige FOLIO Das Rezept klingt vielleicht merkwürdig, schmeckt aber extrem lecker. 1. Eine Gewürzgurke längs in vier Teile schneiden. 2. Jedes Teil in reichlich Honig und Schmand tunken. Auf keinen Fall in saure Sahne oder Crème Fraîche! Es muss Schmand sein, nur dann stimmen Geschmack und Konsistenz. Russland 14 SCA SHAPE 2 2015 Versorgung zu sichern. Heute ist das nicht mehr nötig, doch Gemüse und auch Pilze und Beeren werden weiterhin gern konserviert. Neben Wodka steht meist Tee auf dem Tisch. Er wird mit einem Klacks Marmelade getrunken. „Zu Hause sind neue Einflüsse der internationalen Küche nicht so spürbar“, sagt der russische Filmproduzent und ehemalige Fernsehmoderator Sam Klebanow. „Das liegt hauptsächlich daran, dass nur eine Minderheit ins Ausland reist und sich dort Anregungen holt. Die russischen Restaurants bieten aber eine große Auswahl. Das in Russland beliebteste Fastfood ist Sushi.“ Auf seiner Website lchf.ru begann Klebanow im Herbst mit dem Verkauf von LCHF-Produkten, fettreichen Lebensmitteln mit einem niedrigen Kohlenhydratgehalt. Klebanow lernte diese Ernährungsweise zu einer Zeit kennen und lieben, als sie in Russland noch komplett unbekannt war: „Vor sechs Monaten gab es in Russland pro Monat vielleicht 30 oder 40 Google-Suchanfragen nach LCHF. Heute sind es schon mehrere Tausend. Viele geben auch einfach meinen Namen als Suchbegriff ein, weil sie sich die Abkürzung so schlecht merken können.“ Klebanow weiß, dass die LCHF-Kost für viele Russen ein eher ungewöhnliches Konzept ist. In Russland war gesunde Ernährung lange Zeit mit einem hohen Kohlenhydratanteil assoziiert und Diäten sind generell ein relativ neues Phänomen in dem Land. „Vor 20 Jahren machte in Russland kaum jemand eine Diät“, sagt Dominika Peczynski. „Damals gab es keine große Auswahl und man aß einfach, was gerade verfügbar war.“ FÜNF TYPISCHE GERICHTE AUS RUSSLAND „Wenn ich in Russland ankomme, gehe ich zuerst essen und bestelle mir immer irgendwas mit Störrogen und Schmand.“ GETTY IMAGES 1. PELMENI – Mit Fleisch gefüllte Teigtaschen. Werden mit saurer Sahne, klarer Suppe und Essig gereicht. Mit süßer Füllung gibt es Pelmeni auch als Dessert. 2. BLINIS – Eierkuchen aus Buchweizen, traditionell serviert mit Schmand, Marmelade oder Honig. 3. BORSCHTSCH – Suppe aus roter Bete. 4. BUCHWEIZEN – Als Beilage (wie Reis). 5. EINGEMACHTES GEMÜSE – aus verschiedenen Gemüsearten. Gemeinschaftstische werden immer beliebter DER TREND, mit Unbekannten an Gemeinschaftstischen zu speisen, geht auf Gastwirte zurück, die ihre Räumlichkeiten besser ausnutzen wollten. Den Gästen bietet sich so eine Möglichkeit, neue Bekanntschaften zu schließen. Folgende Restaurants haben Gemeinschaftstische: tB erlin: Kimchi Princess, Long March Canteen in Kreuzberg tLondon: Nopi in Soho, 1901 at Andaz, Busaba Eathai in Soho tN ew York: Ma Peche, oder www. solodining.com/communaltable-list.html tParis: Restaurant Chartier auf dem Montmartre, Candelaria tS tockholm: Clarion Hotel Sign, Oaxen Krog & Slip SCA SHAPE 2 2015 15 SCHARF UND GESUND in Korea In Korea ist das Essen so wichtig, dass es schon bei der Begrüßung erwähnt wird. Die häufige Formel lautet: Hallo, haben Sie schon Reis gegessen? SECHS TYPISCHE GERICHTE AUS KOREA JOHNÉR 1. KIMCHI – gegorenes Gemüse 2. BULGOGI – scharfes mariniertes Rindfleisch 3. BIBIMBAP – Reis mit Gemüse, Fleisch und Eiern 4. JAPCHAE – Glasnudeln mit Gemüse und manchmal auch Fleisch 5. GIMBAP – wie Sushirollen, aber mit gedämpftem weißen Reis und Gemüse, gelegentlich auch mit Fleisch. Beliebt bei Picknicks 6. KIMCHI JJIGAE – Eintopf aus Kimchi „Als ich nach Südkorea gezogen bin, habe ich mich zuerst gewundert, warum jeder von mir wissen wollte, ob ich schon Reis gegessen habe“, erinnert sich Jennie Walldén, die schwedische Köchin des Jahres 2013. „Dann habe ich begriffen, dass sich die Leute hier so begrüßen. Das Land hat extreme Armut erlebt, aber wer Reis gegessen hatte, war aus dem Schlimmsten raus.“ Walldén wurde in Südkorea geboren und hat sich auf die landestypische Küche spezialisiert. Als Kind verbrachte sie mit ihrer Großmutter viel Zeit auf dem Land und sah den Dorfbewohnern beim Reisanbau zu. Sojasauce und Kimchi machte die Großmutter selbst. Kimchi (gegorenes Gemüse) wird häufig als Beilage gereicht und ist ein Hauptbestandteil der koreanischen Küche. „Gegorene Speisen sind in Korea weit verbreitet“, sagt Walldén. „Das Klima ist gemäßigt, der Sommer ist warm und feucht und der Winter sehr kalt. Durch die Milchsäuregärung wurde früher das Gemüse für die Wintermonate haltbar gemacht. Meine Oma vergrub die Einmachgläser mit dem Kimchi in der Erde, um sie kühl zu halten.“ Meistens wurden drei Mahlzeiten pro Tag gekocht. Selbst zum Frühstück wurde gekocht. Am Herd standen natürlich die Frauen. „Ich habe mich einmal mit einer bekannten Professorin für technische Biologie unterhalten“, erzählt Walldén. „Sie steht morgens um 5.30 Uhr auf und bereitet das Frühstück für die Familie zu – Reis, Fleisch und Suppe.“ Die anderen Mahlzeiten werden oft außer Haus gegessen, denn die Schul- und Arbeitstage sind lang. Eigentlich gibt es in Südkorea eine Arbeitszeitbegrenzung, doch viele Koreaner haben zwei Jobs. Und der Schultag kann durchaus mit Privatunterricht zwischen 7 und 8 Uhr beginnen. Der normale Schulunterricht geht bis 17 Uhr, danach kann weiterer Privatunterricht anstehen und zum Schluss müssen noch die Hausaufgaben gemacht werden. Nicht selten endet der Schultag erst um Mitternacht. „Essen ist ein beliebtes Gesprächsthema – die Koreaner unterhalten sich gern über die nächste Mahlzeit“, sagt Walldén. „Essen ist relativ günstig. Für drei Euro gibt es schon eine vernünftige Mahlzeit, aber du kannst natürlich auch sehr viel mehr Geld ausgeben.“ Auch die gesundheitlichen Aspekte des Essens sind den Koreanern wichtig. Essen gilt als Medizin. Nach der Geburt essen Frauen oft Seetangsuppe, um schnell wieder zu Kräften zu kommen. Und wer sich zu heftig in das Nachtleben gestürzt hat, kann dem Katzenjammer am nächsten Morgen mit einer speziellen Anti-Kater-Suppe zu Leibe rücken. „Essen wird hier ganzheitlicher gesehen als im Westen“, erklärt Walldén. „Essen soll heilsam und zugleich schmackhaft sein. Vor allem aber sehr heiß. Ein koreanisches Sprichwort lautet: Du kannst erst zufrieden sein, wenn du dir die Zunge verbrannt hast.“ Das Essen ist wichtiger Bestandteil des Urlaubs DURCH DEN TOURISMUS hat das Interesse an der internationalen Küche zugenommen und das Essen wird als Bestandteil des Urlaubs immer wichtiger. In einer Umfrage hat die Suchmaschine Momondo herausgefunden, dass die meisten Skandinavier, Südeuropäer, Amerikaner und Russen im Urlaub ihr Geld lieber für gutes 16 SCA SHAPE 2 2015 Essen als für Shopping, Barbesuche oder teure Hotelzimmer ausgeben. Gutes Essen ist neben gutem Wetter äußerst wichtig für die Urlaubszufriedenheit. Norweger, Schweden und Deutsche finden gutes Essen sogar wichtiger als Entspannung und eine angenehme Reisebegleitung. Quelle: Momondo survey 2015 MAGNUS SKOGLÖF FOKUS: ESSEN JENNIE WALLDÉN lebt in Malmö, stammt aber ursprünglich aus Gwangju (Südkorea). Sie gewann den schwedischen Meisterkoch-Wettbewerb und arbeitet als Küchenchefin für den schwedischen Fernsehsender Kanal 4. Von ihr sind in Schweden zwei Kochbücher erschienen. EIN MOBILER HOLZOFEN. Es ist ein ganz normaler Holzofen in einem Transportcontainer auf einem Kleinlaster – die mobile Pizzeria Del Popolo serviert rustikale Pizzas in den Straßen von San Francisco. FOODTRUCKS – ALLTÄGLICHE IMBISSE IRGENDWO auf der Welt: Vor einem kleinen Lieferwagen bildet sich eine Schlange, die Leute stellen sich an, um leckeres Mittagessen zu kaufen. Der Trend zum Streetfood wird immer populärer. Mittlerweile gibt es in den USA und Großbritannien sogar Street Food Festivals. Schlaue Unternehmer versuchen mit eigenen Imbisskonzepten ihre Marken zu stärken. Die Idee ist simpel: Auffällig gestaltete Foodtrucks parken einige Stunden an einer bekannten Stelle und servieren Angestellten und Anwohnern frisch zubereitetes Essen. Vietnamesisches Sandwich, indisches Fastfood, italienische Holzofenpizza, Tacos zum Mitnehmen – die Auswahl ist riesig. Würstchenkultur in Chicago IN CHICAGO sind Hotdogs mehr als Fastfood – sie gehören zur Esskultur. Zwischen 2.500 und 3.000 Würstchenstände gibt es in der Stadt, die sich einen heißen Kampf um die anspruchsvolle Kundschaft liefern. Einwanderer aus Deutschland brachten ihre Würstchenkultur in die neue Heimat mit. Die Beliebtheit der Würstchen hat sich parallel zur Popularität des Lieblingssports 18 SCA SHAPE 2 2015 der Stadt entwickelt – Hotdogs sind das perfekte Fastfood für die Zuschauer im Baseballstadion. Für den Ernährungshistoriker Bruce Kraig haben die Würstchen in der Stadt bereits Kultstatus: „Wenn ich in Chicago einen Streit anfangen will, muss ich bloß fragen: Wo ist der beste Hotdog-Stand in der Stadt?“ Ein echter Chicago-Hotdog muss beim Reinbeißen knacken – der Beweis, dass das Würstchen im Naturdarm serviert wird. Es besteht aus reinem Rindfleisch und wird zusammen mit einem Sesambrötchen gereicht. Zur Garnierung sind Tomaten, Zwiebelscheiben, marinierte Paprikaschoten, Gewürzgurken und gelber Senf erlaubt – aber kein Ketchup. Aktuell liegen Gourmet-Würstchen im Trend und viele Hotdog-Läden experimentieren mit neuen Zutaten. Quelle: Vagabond FOKUS: ESSEN Damit es sauber bleibt Fastfood-Restaurants sind ein wichtiger Absatzmarkt für SCA Produkte, und jetzt gehören auch Drive-in-Restaurants dazu. Von innovativen Serviettenspendern profitieren Kunden und Betreiber gleichermaßen. IN FASTFOOD-RESTAURANTS achten die wenigsten Gäste bewusst auf die Servietten. Dennoch sind sie wichtig für den Gesamteindruck. Sie sollten überall zugänglich und von hoher Qualität sein. Kunden sollten zwar leicht an die Servietten herankommen, aber auch nicht zu viele davon benutzen. Achtlos weggeworfene Servietten, die auf dem Fußboden landen, machen keinen guten Eindruck und der unnötige Mehrverbrauch von Servietten macht sich unangenehm in den Betriebskosten bemerkbar. „Deshalb bieten wir seit langem Serviettenspender an, denen immer nur eine Serviette entnommen werden kann“, erklärt Matthew Hirst von SCA. „Die Restaurants können so ihren Serviettenverbrauch deutlich senken.“ In den USA werden mittlerweile 50 bis 70 Prozent der Schnellimbissumsätze in Drive-in-Restaurants generiert, wo diese Spender natürlich weniger geeignet sind. Da meist mehrere Menüs gleichzeitig bestellt werden, muss der Verkäufer auch mehrere Servietten einpacken. „Es gibt Richtlinien für die Anzahl der Servietten je nach Umfang der Bestellung – eine Serviette für den Hamburger, eine für das Getränk und eine für die Pommes frites“, erklärt Hirst. „Das sind zwölf Servietten für vier Personen. Das Abzählen kann wertvolle Zeit in Anspruch nehmen. Werden die Servietten dagegen vorab bereitgelegt, wirken sie schnell unansehnlich.“ SCA hat daher einen Serviettenspender für Drive-ins entwickelt, bei dem der Verkäufer durch Tastendruck die Anzahl der Servietten (zwei oder vier) festlegt. „Das ist eine kostengünstige Lösung“, meint Hirst. „Sie erleichtert dem Personal die Arbeit und beschleunigt die Tork Xpressnap Image Line Abläufe.“ SCA ist weltweit führend bei Servietten für den AußerHaus-Sektor und FastfoodRestaurants sind eine wichtige Zielgruppe. Heute stammt jede zweite Serviette, die in einem Fastfood-Restaurant in den USA verwendet wird, von SCA. „Bei Fastfood-Restaurants hat sich der starke Wachstumstrend trotz der Konjunkturschwäche fortgesetzt“, erklärt Hirst. „Und jetzt gewinnt auch das Casual Dining immer mehr an Schwung. Casual Dining gilt noch als Schnellimbiss, aber das Essen hat eine höhere Qualität und kostet mehr. Ein gutes Beispiel ist die Chipotle-Kette, die in den USA sehr erfolgreich ist.“ Auszeichnung für raffiniertes Design Restaurantketten stecken hohe Summen in die Inneneinrichtung, damit die Räumlichkeiten bis ins letzte Detail dem Unternehmensdesign entsprechen. Dazu gehören natürlich auch die Serviettenspender. SCA hat ein hochwertiges Tischspendersystem entwickelt, die Tork Xpressnap Image Line, die im Vorjahr mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet wurde. „Das ist ein Premiumprodukt, das es so bislang nicht auf dem Markt gab“, erklärt Matthew Hirst von SCA. „Es stößt auf großes Interesse bei den Restaurants.“ Der Tischspender ist wahlweise aus Walnussholz (mit FSC-Siegel) oder Aluminium erhältlich. Hinweis in der Lunchbox Wussten Sie schon … … dass verschmutzte Toiletten Restaurants ruinieren? Exquisites Essen und eine edle Innenausstattung sind toll, doch wenn der Gast eine verschmutzte Toilette vorfindet, ist der erste Besuch schnell auch der letzte. Einer von vier Gästen würde das Restaurant sogar auf der Stelle verlassen. 2013 LEITETE SCA in Indien eine Aufklärungskampagne über die Bedeutung der Handhygiene bei Mahlzeiten ein. Die Kampagne war auf die Dabbawallas abgestimmt, ein Zustellsystem für das Mittagessen in der Metropole Mumbai, durch das Essenboxen von zu Hause zu den Arbeitsplätzen gebracht werden. SCA legte ein Handdesinfektionsmittel mittel und ein Päckchen Tempo po Taschentücher dazu. Die 5.000 Dabbawallas in Mumbai liefern täglich 200.000 heiße Essensboxen aus. Die Kampagne erreichte acht Millionen Menschen. SCA SHAPE 2 2015 19 INTERVIEW „Mach es jetzt!“ Im Gespräch mit Shape spricht Magnus Groth, der neue SCA Vorstandsvorsitzende, über seine neue Stellung, seine Managementphilosophie und warum er beim Wasalauf besser öfter auf die Uhr geschaut hätte. MAGNUS GROTH hatte nur einen oder zwei Tage für die Entscheidung, Vorstandsvorsitzender von SCA zu werden. Die Entscheidung fiel ihm nicht schwer. „SCA ist ein Unternehmen mit großartigen Mitarbeitern und mit Produkten, die das Leben erleichtern“, sagt er. „Deshalb haben wir gute Marktchancen, sei es in der Forstwirtschaft oder im Hygienebereich. Aus diesen Gründen habe ich die Position gern übernommen.“ Allerdings war er auch sehr zufrieden mit seiner damaligen Position als Vorsitzender von SCA Consumer Goods Europe – aus privaten und beruflichen Gründen. „Die ganze Familie liebt München, vor allem wegen der Nähe zu den Alpen“, sagt er. „Wir sind viel gewandert und Ski gelaufen. In Kitzbühel waren wir zum Abfahrtslauf und in Seefeld zum Langlauf. Doch jetzt kehren wir nach Schweden zurück, wo es auch viele tolle Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten gibt.“ Groth möchte künftig den Fokus auf die gut entwickelte Strategie beibehalten, die auf Effizienz, Innovation und Wachstum aufbaut. „SCA hat eine erfolgreiche Strategie, die uns zu einem führenden Unternehmen für Hygiene- und Forstprodukte gemacht hat“, fügt er hinzu. „Es wird keine strategischen Veränderungen geben und wir werden weiter hart daran arbeiten, unsere Ziele zu erreichen. Es ist wichtig, dass unsere starken Marken weiter wachsen, wir in den Schwellenmärkten 20 SCA SHAPE 2 2015 ein starkes Wachstum haben und das Unternehmen mit der besten Kosteneffizienz in der Branche sind.“ „Unsere Produkte sind auf der Höhe der Zeit. Eine weltweit wachsende Bevölkerung mit einem zunehmenden Lebensstandard und einer höheren Lebenserwartung wird die Nachfrage nach Hygiene- und Forstprodukten anfachen. SCA hat somit ein großes Potenzial, sich weiter zu entwickeln und zu wachsen, und ich freue mich, diesen Prozess zusammen mit unseren Mitarbeitern zu leiten.“ „Ich habe einen Hintergrund aus der Industrie und ein großes Interesse am Geschäft. Was SCA so spannend macht, sind seine Produkte und Dienstleistungen und die Möglichkeiten, die aus Innovation entstehen. Innovation kann von einem neuen Packungsformat oder einem neuen Produkt, das die Lebensqualität der Verbraucher verbessert, bis zum Hervorheben der speziellen Merkmale eines Produktes, einer Kostenreduzierung oder der Verbesserung der Sichtbarkeit auf dem Regal reichen.“ IN SEINEN ERSTEN MONATEN als Vorstandsvor- sitzender hat Magnus Groth verschiedene Märkte von SCA besucht, darunter Asien und die USA, er hat das neue SCA Werk in Indien eröffnet und viele Mitarbeiter, Kunden, Anleger und Geschäftspartner getroffen. „Ich möchte draußen im Unternehmen sein, Neues lernen und mich mit Mitarbeitern und Kunden „Es ist besser, eine Entscheidung zu treffen und zu handeln, als abzuwarten.“ SCA SHAPE 2 2015 21 INTERVIEW Liebhaber der frischen Luft Name: Magnus Groth Alter: 51 Familie: Verheiratet, drei Kinder Karriere: Vorstandsvorsitzender und CEO von SCA, Vorstandsvorsitzender von SCA Consumer Goods Europe, Vorstandsvorsitzender von SCA Tissue Europe, Boston Consulting Group, Vattenfall, Studsvik (CEO) Abschlüsse: Master in Schiffbau an der KöniglichTechnischen Hochschule Stockholm und MBA an der Handelshochschule Stockholm Freizeit: Sport, Wandern, Skifahren, Segeln, Schlitt- „Leider habe ich es nicht unter sieben Stunden geschafft. Auf den letzten zehn Kilometern hätte ich öfter auf die Uhr schauen sollen.“ austauschen. Ich interessiere mich für die operative Seite und die Details. Wie gehen wir mit den Verbraucherwünschen um, wie gestalten wir unsere Fertigung möglichst kostengünstig?“ Sein Interesse an Details artet indes nicht in Detailversessenheit aus. Im Gegenteil: Die schwedische Tradition, Verantwortung zu delegieren, gefällt ihm. „Mein Motto lautet: Mach‘ es jetzt“, sagt er. „Ich meine damit, dass wir das Geschäft Tag für Tag verbessern sollten. Es ist besser, eine Entscheidung zu treffen und zu handeln, als abzuwarten. Irgendwo im Unternehmen findet sich die Lösung. Alle sollen ihr Bestes geben.“ „Gute und motivierte Mitarbeiter sind das Allerwichtigste“, sagt er. „In einem Unternehmen in der Größe wie SCA, ist es wichtig, dass alle wissen, was sie zu tun haben, ihre Ziele kennen und wissen, wie sie sie erreichen können. Das ist die Voraussetzung dafür, dass alle ihr Bestes für SCA geben und den Kunden in den Fokus stellen.“ Und was zeichnet gute Mitarbeiter aus? „Teamfähigkeit, Integrität und Mut zur eigenen Meinung sind für mich wichtige Eigenschaften“, sagt er. „Und der Wille, ihr Bestes zu geben, um ihre 22 SCA SHAPE 2 2015 Ziele zu erreichen. Das ist es, was ich bei neuen Mitarbeitern suche.“ WER NACH INFORMATIONEN über Magnus Groth sucht, stößt schnell auf das Adjektiv „wettbewerbsorientiert“. Ohne diese Eigenschaft hätte er wohl kaum zwei Abschlüsse von der Königlich-Technischen Hochschule und der Handelshochschule in Stockholm in der Tasche und eine so eindrucksvolle Karriere machen können, die von der Boston Consulting Group über Vattenfall und Studsvik bis zu SCA führte. Seine Wettbewerbsorientierung zeigt sich auch bei der Wahl seiner Freizeitaktivitäten. Groth hat wiederholt an Marathonläufen teilgenommen und mehrfach auch den 90 Kilometer langen Wasa-Skilauf absolviert. „Meine Bestzeit beim Wasalauf liegt bei sieben Stunden und zwei Minuten“, sagt er. „Leider habe ich es nicht unter sieben Stunden geschafft. Auf den letzten zehn Kilometern hätte ich öfter auf die Uhr schauen sollen.“ Der letzte Wasalauf liegt allerdings schon zehn Jahre zurück. „Ich interessiere mich immer noch für Sport, aber mein Schwerpunkt liegt jetzt auf dem Geschäft.“ schuhlanglauf, Interesse an Polarforschung Weg zur Arbeit: „In München bin ich immer mit dem Rad gefahren und habe die U-Bahn genommen. In Stockholm scheint das Tempo beim Radfahren höher zu sein.“ Lektüre: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks von Rebecca Skloot – die wahre Geschichte, wie einer armen, 1951 gestorbenen Frau ohne das Wissen ihrer Familie Krebszellen entnommen wurden und diese zur Grundlage für bahnbrechende Forschungen und mehrere Nobelpreise wurden. TECHNOLOGIE Fast alle Papierfabriken haben eine Wasseraufbereitungs anlage, die Papierschlamm erzeugt. Fris chw ass er PAPIERFABRIK Abw ass er Wenn Schlamm zu Geld wird Die meisten Abfälle in der Papierherstellung entstehen, weil die Verarbeitungsanlagen nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind. Das ändert sich gerade. text LARS ÖSTERLIND illustration ALEXANDER RAUSCHER M it einem neuen Verfahren möchte SCA die Schlammabfälle aus der Papierproduktion sinnvoll wiederverwerten – und dabei Geld verdienen. Papierschlamm ist das größte Abfallprodukt bei der Papierherstellung. In den 36 SCA Tissue-Werken in Europa fallen jährlich 850.000 Tonnen Papierschlamm, Faserreststoffe und Abwasserschlamm an. Nach der Entwässerung wird ein Großteil des Schlamms als Dünger verwendet oder als Biomasse für die Stromerzeugung verbrannt. Die entstehende Asche kommt meist als Baustoff in den Straßenbau. 24 SCA SHAPE 2 2015 Doch die Verwendung von Schlamm als Dünger stößt auf immer stärkere Kritik und die Verbrennung zur Stromgewinnung ist teuer. Für die Schlammverbrennung bei 850 Grad werden teure Staubfilter, Abgaswäscher und Reinigungsanlagen benötigt. Die Papierhersteller sind daher an Nutzungsmöglichkeiten interessiert, die nachhaltiger und kostengünstiger sind, weniger Kapital binden und die Rückgewinnung wertvoller Mineralstoffe erlauben. SCA fördert exklusiv das PyrolyseForschungsprojekt REFILLS (Recovery of Energy and Fillers from Sludge), ein Gemeinschaftsprojekt des spanischen Pyrolysespezialisten Alucha und der Universität Twente in den Niederlanden. Die Pyrolyse unterscheidet sich von einer normalen Verbrennung. Während bei der herkömmlichen Schlammverbrennung Biomasse untergemischt werden muss, um den Heizwert zu erhöhen, läuft die Pyrolyse in einem geschlossenen Reaktor ohne Sauerstoffzufuhr ab. Für die Vergasung wird keine zusätzliche Biomasse benötigt, und da der Reaktor geschlossen ist, müssen auch keine Abgase gereinigt werden. Der Pyrolysereaktor wird auf 500 Grad erhitzt. Bei dieser Temperatur zersetzen sich die Restfasern zu Heizgas. VIGNETTE Minerals 50 Prozent der Faserreststoffe sind Mineralstoffe. MINERALSTOFFE BIO-„ROHÖL“ KLÄRANLAGE MODULARES PYROLYSESYSTEM VON ALUCHA Pap iers chla mm Was ist Verbrennung? Was ist Pyrolyse? Brennstoff Brennstoff Energie Sauerstoff Energie Oxidation: Mehr Energie Das Forschungsprojekt begann vor anderthalb Jahren und ist noch im Frühstadium. „Im Labor funktioniert es bereits – jetzt bereiten wir das Verfahren für die industrielle Nutzung vor“, erklärt Tom Berben, Leiter für Umwelt-Compliance bei SCA. „Unser Reaktor kann zehn Kilo Faserreststoffe pro Stunde verarbeiten. Der nächste Schritt wird ein mobiler Reaktor mit einer Kapazität von 100 Kilo pro Stunde sein, den wir an mehreren Standorten testen können.“ Mit dem Bau des ersten Industriereaktors, der bis zu 1.500 Kilo Schlamm pro Stunde verwerten kann, soll im Juni 2016 begonnen werden. „Wir wollen die Heizgase aus der Sauerstoff Chemische Umwandlung Pyrolyse in unseren Dampfkesseln für die Papierherstellung nutzen und das Erdgas durch Pyrolysegas ersetzen“, erklärt Berben. „Und als Nebeneffekt senken wir dadurch unsere CO2 -Emissionen aus fossilen Energieträgern.“ DIE FASERRESTSTOFFE enthalten auch anorganische Verbindungen, hauptsächlich Kalziumkarbonat (CaCO3), das nicht in Asche umgewandelt wird, da die Pyrolyse bei relativ niedrigen Temperaturen abläuft. „Wir wollen das Kalziumkarbonat in so hoher Qualität erzeugen, dass es in vielen Branchen genutzt werden kann“, erläutert Berben. „Der Wiederverwertungskreislauf würde sich dadurch schließen.“ Ein Erfolg wäre ein echter Durchbruch bei der nachhaltigen und kostengünstigen Schlammnutzung. Derzeit gibt SCA mehr als 14 Millionen Euro pro Jahr für die Entsorgung von Faserreststoffen aus, Kosten, die durch die Pyrolyse auf null reduziert werden könnten. Auch die Ausgaben für die Wärmeerzeugung ließen sich erheblich senken. „Wir bräuchten drei oder vier Einheiten für die Schlammvergasung an einem großen Standort, was immer noch deutlich günstiger ist als eine 20 bis 30 Millionen Euro teure Verbrennungsanlage“, sagt Berben. SCA SHAPE 2 2015 25 — WINNERS — TEAM SCA ACADEMY Issued by Team SCA Fotos mit WEIBLICHEM TOUCH Zeigen Sie Frauen im Alltag, die Ungewöhnliches machen – unter diesem Motto machten sich SCA und Getty Images auf die Suche nach zehn Fotografinnen, die einen besonderen Auftrag bekommen sollten. E INE DER FÜHRENDEN Bildagenturen der Welt – Getty Images – hat im vergangenen Jahr zusammen mit SCA einen internationalen Fotowettbewerb organisiert. Fotografinnen aus der ganzen Welt sollten selbstbewusste, eigenverantwortliche Frauen darstellen, die eine Vorbildfunktion haben können. Die zehn Gewinnerinnen arbeiteten beim Volvo Ocean Race mit dem Team SCA – der Frauen-Crew von SCA – zusammen, um an den verschiedenen Zwischenstopps in den Häfen örtliche Initiativen aus dem Bereich unternehmerische Verantwortung zu dokumentieren, bei denen es in erster Linie um Frauen und Hygiene ging. 26 SCA SHAPE 2 2015 Einer der Beweggründe von SCA, sich mit einer rein weiblichen Crew am Volvo Ocean Race zu beteiligen, war die Förderung der Teilhabe von Frauen an der Gesellschaft auch in Bereichen, die traditionell eher männlich dominiert sind. Daher sollten bei diesem Wettbewerb auch Fotografinnen bevorzugt werden. Getty Images stellt die besten Fotos, die im Umfeld der Regatta entstanden sind, im Sommer 2015 in London aus. Hier präsentiert Shape einige Aufnahmen von den Gewinnerinnen. ........................................................ Weitere Bilder finden Sie auf: competitions.gettyimages.com/en/ competitions/team-sca-academy AUSBLICK Zelda Gardner Johannesburg, Südafrika FREUDE TROTZ ALLEM Freude, die trotz aller Probleme zu Hause entsteht. Ellen Wissink Nimwegen, Niederlande KYOTO GIRLS Diese beiden Mädchen habe ich in Kyoto fotografiert. Sie haben sich wie Geishas gekleidet und möchten einen Tag lang bewundert werden. Raquel Clausi EINE FISCHERIN MACHT GESCHICHTE Carmen Serrano schiebt ihr Fischerboot vorwärts auf dem See im Naturpark La Albufera. Alecsandra Raluca Dragoi DAS GEFÜHL VON ZUHAUSE Brot, das von der Großmutter gebacken wird, erinnert mich an mein Zuhause und meine Familie. Meine Großmutter war immer eine wichtige Frau in meiner Familie. Valencia, Spanien Iasi, Rumänien Ana Caroline de Lima Santo Andre, Brasilien OBEN IN DEN ANDEN Auf großer Höhe in den peruanischen Anden verkauft eine Weberin handgefertigte Kleidung aus Lamawolle. SCA SHAPE 2 2015 27 — WINNERS — TEAM SCA ACADEMY Issued by Team SCA Jessica Pepper-Peterson Mailand, Italien GEWÜRZE ZU VERKAUFEN Der Frauenmarkt in Addis Abeba (Äthiopien) wurde von einer Hilfsorganisation gegründet, damit Frauen Geld verdienen und sich an der lokalen Gemeinschaft beteiligen können. Teo Jioshvili Tiflis, Georgien 28 SCA SHAPE 2 2015 PAKISTANISCHE FRAUEN Regierungsangestellte in Lahore (Pakistan) protestieren gegen die Arbeitsbedingungen. Sara Strandlund Stockholm, Schweden EISERNE LADYS Darum geht es beim Sport: um Freude, Gemeinschaft und körperliche Herausforderungen, unabhängig vom Alter. Im Bild rechts: das Team von MAC Synchro mit Über-90-Jährigen. Barbara Fuentes Seattle, USA LA VIEJA Teil meiner Serie ,,Del Barrio”, eine Bilddokumentation über den Alltag in Kuba. Holly Powers Zhouzhuang,China Eine Ladenbesitzerin in einem schwimmenden Dorf in China. Ihr hartes Leben macht sie durch Freude und kühne Farben etwas leichter. SCA SHAPE 2 2015 29 MARKT Forschung verbessert die Pflege Die Bewohner eines Pflegeheims in Schweden testen eine Möglichkeit, die Inkontinenzversorgung individueller zu gestalten. Das neue Verfahren soll die Lebensqualität der Betroffenen steigern und die Pflegekräfte entlasten. text KARIN STRAND foto SCA und NORRLANDICUS TENA IDENTIFI ...nutzt Sensoren, mit denen das Pflegepersonal die Harnentleerung über einen Zeitraum von 72 Stunden individuell analysieren kann. Die Daten werden an ein Webportal übermittelt und dort übersichtlich aufbereitet. Auf der Datenbasis wird ein individueller Plan für die Inkontinenzversorgung erstellt. Er gibt an, wann der Betroffene Unterstützung beim Toilettengang benötigt, wann die Inkontinenzeinlagen gewechselt werden müssen und welches Inkontinenzprodukt am besten geeignet ist. 30 SCA SHAPE 2 2015 D IE PFLEGEKRÄFTE im Viktoriagården- Altersheim im schwedischen Kramfors geben sich alle Mühe, auf die individuellen Bedürfnisse der 40 Heimbewohner einzugehen. Dabei spielt auch der verantwortungsbewusste Umgang mit Inkontinenzprodukten eine Rolle. Doch das Wiegen der gebrauchten Inkontinenzeinlagen ist kein sehr genaues Verfahren, um die richtige Größe festzulegen. Vor allem aber verrät es nichts darüber, zu welcher Tages- oder Nachtzeit der Träger die Toilette aufsuchen muss. Daher griff das Personal vom Viktoriagården sofort zu, als ihm die Teilnahme an einem Test für TENA Identifi angeboten wurde. In den Inkontinenzeinlagen befindet sich ein Feuchtigkeitssensor, der die Harnmenge und den Zeitpunkt des Harnlassens erfasst. Die Daten werden über drei Tage gesammelt und dann ausgewertet. Auf dieser Basis kann ein individueller Plan zur Inkontinenzversorgung erstellt werden, der auch angibt, zu welchen Zeitpunkten Hilfe beim Toilettengang erforderlich ist. „In Schweden gibt es ein beträchtliches Potenzial für Verbesserungen, insbesondere bei der Individualisierung der Inkontinenzversorgung“, Ing-Marie Björn nutzt das Internet-Tool, um Abweichungen festzustellen und die Zeiten für Toilettengänge zu ermitteln. FORSCHUNG FÜR DIE ALTENPFLEGE Ulrika Lagnefors, SCA (Mitte), mit Rolf Dalin und Isabella Scandurra, Gesundheitsinformatikerin bei Norrlandicus, vor dem Pflegeheim Viktoriagården. erklärt die schwedische Gesundheitsinformatikerin Isabella Scandurra. Sie arbeitet für das Forschungsprojekt Norrlandicus, den Auftraggeber der Studie. Die Gesundheitsinformatik untersucht, wie Informationstechnologien in der Gesundheits- und Sozialpflege eingesetzt werden können, um die Bedingungen für Betroffene und Betreuer zu verbessern. TENA Identifi war ideal geeignet für die Studie von Norrlandicus. Die Auftraggeber fragten bei der Gemeinde Kramfors an, in der das Pflegeheim liegt. Die neue Technik konnte problemlos in die Pflegeabläufe integriert werden. „Die Technik ist super – einfach zu verstehen und einfach zu bedienen“, meint Pflegehelferin IngMarie Björn. „Beim Wechseln eines Inkontinenzprodukts muss nur der Tracker umgesteckt werden. Das ist viel einfacher, als die Einlagen zu wiegen.“ Fünf Bewohner nahmen an der Studie teil. Nach 72 Stunden wussten die Pflegekräfte, wie sie die Zeiten für die Unterstützung beim Toilettengang ändern mussten und welches Inkontinenzschutzprodukt am besten geeignet ist. „Plötzlich konnten wir die Blasenentleerungsmuster der einzelnen Teilnehmer analysieren NORRLANDICUS ist ein Forschungsprojekt, in dessen Rahmen der Wert von verschiedenen Innovationen für die Seniorenpflege untersucht wird. Im Kontext von verschiedenen Testumgebungen können die beteiligten staatlichen und privaten Dienstleister neue Produkte, Dienstleistungen und Verfahren erproben und deren Auswirkungen auf die Betreuungsqualität, Wirtschaftlichkeit und die Lebensqualität der Betroffenen untersuchen. Alle Beteiligten – Senioren, Angehörige und Pflegedienstleister – werden in die Auswertung der Innovationen einbezogen. „Plötzlich konnten wir die Blasenentleerungsmuster der einzelnen Teilnehmer analysieren.“ Inger Abrahamsson, Pflegekraft im Viktoriagården und dadurch die Hilfe bei den Toilettengängen individuell anpassen“, sagt die Pflegekraft Inger Abrahamsson. „Nach der Auswertung konnten die Teilnehmer zu einem schwächeren Inkontinenzschutz wechseln – was für sie angenehmer und für den Heimbetreiber wirtschaftlicher ist.“ Isabella Scandurra hebt hervor, wie wichtig es für die Lebensqualität der Betroffenen ist, wenn assistierte Toilettengänge zur Routine werden und der Inkontinenzschutz nur noch eine Sicherheitsmaßnahme ist. Das sieht auch Inger Abrahamsson so: „Uns wurde schnell klar, wie großartig eine individuelle Inkontinenzversorgung ist. Wir möchten das gern allen Bewohnern in Viktoriagården anbieten.“ SCA SHAPE 2 2015 31 MARKT Im 19. Jahrhundert wurden die Wälder in Schweden so rücksichtslos abgeholzt, dass große Bestände durch den Raubbau existenziell gefährdet waren. In Schweden gibt es inzwischen so viele Wälder wie seit Jahrzehnten nicht mehr. text SUSANNA LINDGREN foto LENNART NILSSON Von der Entwaldung ... F AST 70 PROZENT von Schweden ist bewaldet. Im Norden dominieren Waldkiefern und Fichten, vereinzelt gibt es auch Birken und andere Laubbäume. Die industrielle Waldnutzung ist ein relativ modernes Phänomen. „Der Wendepunkt für die nordschwedischen Wälder kam in den 1850er Jahren“, erklärt Lars Östlund, Professor für Waldgeschichte an der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften. „Bis dahin waren die Wälder überwiegend von den benachbarten Siedlungen und Dörfer genutzt worden. Oft wurden nur kleinere Bestände abgeholzt.“ Der Wandel kam mit der industriellen Revolution und dem wachsenden Bedarf an Forstprodukten. Für den Schiffbau wurde massenhaft Teer benötigt, der mittels Holzverschwefelung in Brennöfen hergestellt wurde. Genauso wichtig war Pottasche, die aus Laubbäumen gewonnen und für die Glasherstellung und zur Färbung von Gewebestoffen gebraucht wurde. Mit dem Aufkommen der Sägewerke begann das großflächige Abholzen der natürlichen Wälder. Große Waldkiefern, über 300 Jahre alt und weit entfernt von den Siedlungen gewachsen, wurden gefällt und zum Verkauf an die Küste geflößt. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war ein goldenes Zeitalter für die Waldbesitzer. Schweden wurde der weltgrößte Exporteur von Faserholzerzeugnissen.„Die Ausbeutung der Wälder erreichte ein völlig neues Niveau und hatte nichts mehr mit der natürlichen Entwaldung zu tun“, erklärt Östlund. „Der Wald wurde gnadenlos abgeholzt. Alles, was verkauft werden konnte, wurde entnommen, eine Wiederaufforstung fand nicht statt.“ Mit dem 20. Jahrhundert wuchs das Bewusstsein, dass diese Art der Forstwirtschaft nicht nachhaltig war. Die Forschung legte die Grundlagen für die moderne Forstwirtschaft. 1903 bekam Schweden sein erstes Forstgesetz und 1909 wurden die ersten Nationalparks gegründet. „Der große Unterschied zwischen der Forstwirtschaft damals und heute ist, dass es früher bei Nachhaltigkeit hauptsächlich um die Wiederaufforstung ging. Alles drehte sich um das Holz“, sagt Östlund. „Heute wird die gesamte Waldbiologie in das Nachhaltigkeitskonzept einbezogen. Seit den 1990er Jahren führt der Artenschutz zu weiteren Veränderungen bei der Waldbewirtschaftung.“ Der Baumbestand in Schweden hat sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts, der Hochphase des Raubbaus, deutlich erholt. Mitte der 1920er Jahre machte der Bestand insgesamt 1,7 Milliarden Kubikmeter aus, 2013 waren es bereits über 3,3 Milliarden Kubikmeter, ein kräftiges Wachstum von 95 Prozent. „Der Wendepunkt für die nordschwedischen Wälder kam in den 1850er Jahren.“ 32 SCA SHAPE 2 2015 Lesen Sie mehr über die Aufforstung durch SCA in den letzten 100 Jahren. VIGNETTE 100 Jahre gelten als gute Umschlagszeit für einen Wald. Ein Baum wächst auch nach 100 Jahren weiter, allerdings deutlich langsamer. 25% der schwedischen Wälder sind geschützt und der Forstwirtschaft entzogen. 2,5 Hektar Wald kommen in Schweden auf einen Menschen – rund vier Fußballfelder. Schweden ist eines der am dichtesten bewaldeten Länder, gemessen an der Einwohnerzahl. In den 1950er Jahren machte Lennart Nilsson eine Fotoreportage in Nordschweden. Damals galt Holz als „grünes Gold“ und die Sägewerke wurden als die Fabriken der Zukunft angesehen. SCA SHAPE 2 2015 33 GESAMTBESTAND AN WÄLDERN, SCA *Millionen m³ Wald 275* 210* 130* Naturschutz Küsten-Kiefer Laubbäume Fichte Kiefer 56 20 15 20 47 19 34 SCA SHAPE 2 2015 In einer Zeit, in der für eine Firma alles von ihren Quartalszahlen abhängt, ist eine Unternehmensperspektive von 100 Jahren etwas Besonderes. Doch für den größten privaten Waldbesitzer in Europa erstreckt sich die Planung über die Lebenszeit des Menschen hinweg. ... zur Aufforstung E INHUNDERT JAHRE – so GETTY IMAGES lange braucht eine skandinavische Kiefer, bis sie groß genug ist, um für den Bau eines traditionellen schwedischen Holzhauses in Frage zu kommen. Forstwirtschaftler denken in Zeiträumen von mindestens einem Jahrhundert. Der heute gepflanzte Wald wird vielleicht erst in 100 Jahren abgeholzt und seine Bedeutung für die Artenvielfalt kann sich sogar über mehrere Jahrhunderte erstrecken. Ein Baum wächst auch nach 100 Jahren weiter, allerdings deutlich langsamer, und die Rendite steigt nicht mehr so schnell. 100 Jahre gelten als gute Umschlagszeit für einen Wald, erklärt Ola Kårén, leitender Förster bei SCA. Damit die 2,6 Millionen Hektar Land von SCA auch für die nächsten Generationen produktiv bleiben, ist ein langfristiger Ernteplan genauso wichtig wie das Pflanzen neuer Bäume. „Ein Ernteplan ist wie ein strategischer Geschäftsplan“, erklärt Kårén. „Wir müssen unser Waldvermögen effizient nutzen und genau überlegen, was und wie viel wir heute ernten können, damit wir auch in einigen Jahren noch genügend haben.“ Mit regelmäßigen Bestandsaufnahmen schafft SCA die Voraussetzungen für eine möglichst gute kurz- und langfristige Nutzung. Dabei wird unter anderem auch das nachhaltige Ernteniveau festgelegt. Es gibt an, wie viel Wald in den nächsten Jahren abgeholzt werden kann, ohne dass sich der Bestand mittelfristig reduziert. Bei allen Fällarbeiten muss das Alter der Wälder berücksichtigt werden, denn auch bei den Bäumen gibt es Generationen von Babyboomern. Die aktuellen Babyboomer bei SCA sind zwischen null und 40 Jahren alt. „Diese Wälder haben momentan ihr stärkstes Wachstumstempo, aber wir werden sie erst in vielen, vielen Jahren abholzen können“, sagt Kårén. Die erste Nachhaltigkeitsberechnung wurde 1949 durchgeführt. Seitdem hat sich der Baumbestand – das Volumen lebender, wachsender Bäume – um 50 Prozent erhöht. „Im gleichen Zeitraum haben sich das Wachstum und das Potenzial für eine nachhaltige Abholzung mehr als verdoppelt“, sagt Kårén. 2014 wurde erneut eine Nachhaltigkeitsberechnung durchgeführt. Sie ergab, dass SCA das aktuelle Erntetempo über die kommenden 15 bis 20 Jahre halten kann. In der anschließenden Phase ist sogar eine Steigerung möglich. Forstwirtschaft heißt für SCA immer auch Schutz des Waldbestands. Einige Waldflächen werden nie abgeholzt, obwohl das sehr kostspielig ist. SCA nimmt sieben Prozent der Waldfläche aus der Beforstung heraus, um einen Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt zu leisten und den Anforderungen für das FSC-Siegel zu genügen. Das sind 120.000 Hektar für die ökologische Landschaftsplanung, die nicht abgeholzt werden. „Durch unsere ökologische Landschaftsplanung bekommen wir einen guten Überblick, wo wir Wälder aus der Nutzung nehmen müssen, wo wir Laubbäume pflanzen und wo Waldflächen kontrolliert abbrennen müssen, um die natürlichen Abläufe so gut wie möglich nachzubilden“, erklärt Kårén. Im Vorjahr gliederte SCA aus dem Erntebestand 14 Prozent für den Naturschutz aus, unter anderem um die FSC-Anforderungen zu erfüllen. Das Unternehmen hat zudem drei Naturschutzparks eingerichtet. Mindestens die Hälfte der mehrere tausend Hektar großen Parks wird entweder gar nicht bewirtschaftet oder so gepflegt, dass die natürlichen oder kulturellen Werte erhalten werden. Insgesamt plant SCA die Schaffung von jeweils einem Naturschutzpark in jedem der fünf Waldbewirtschaftungsbezirke. Die Parks und die restlichen Wälder sind für alle zugänglich – jeder kann dort spazieren gehen, Beeren pflücken und Pilze sammeln. Jagen und Angeln sind mit den entsprechenden Genehmigungen ebenfalls erlaubt. „Ein Ernteplan ist wie ein strategischer Geschäftsplan.“ Ola Kårén, leitender Förster bei SCA SCA SHAPE 2 2015 35 SCA BEIM VOLVO OCEAN RACE Die SCA Botschafterinnen und Botschafter in Südafrika – stehend, von links nach rechts: Jamie Wright (England), Liezl Eriksson (Schweden), Allardt Stoffels (Niederlande), Eva Franzén (Schweden), Eveline Boisvert (Kanada). Vordere Reihe: Eva Dahl (Schweden), Jeroen Roosens (Belgien). Botschafterin in der Ferne EVA DAHL Alter: 45 Beruf: SCA Rezeptionistin in Göteborg Wohnort: Göteborg (Schweden) Familie: Verheiratet, zwei Kinder (12 und 16), zwei dänisch-schwedische Hofhunde Interessen: Natur, Familie, Landhaus in Dalsland, Waldspaziergänge mit den Hunden Urlaubsziel: Südafrika Was Sie noch nicht über Eva Dahl wussten: „Ich bin echt gut im Baumfällen. Mit der Axt und mit der Motorsäge!“ Motto: „Alles wird gut!“ 36 SCA SHAPE 2 2015 Als Rezeptionistin von SCA in Göteborg ist Eva Dahl „Bereichsleiterin für den ersten Eindruck“, wie sie selbst sagt. Beim Zwischenstopp des Volvo Ocean Race in Südafrika begrüßte sie die Gäste im Pavillon von SCA: „Sie kamen mit skeptischen Blicken und gingen mit einem Leuchten in den Augen“. text ANNE HAMMARSKJÖLD fotos EVA DAHL und SCA ECHTES ENGAGEMENT setzt Herzenswärme voraus – und davon hat Eva Dahl eine Menge. Seit fast 26 Jahren arbeitet sie als Rezeptionistin bei SCA in Göteborg, wo sie für den guten ersten Eindruck bei den Besuchern zuständig ist, bei Handwerkern ebenso wie bei Kollegen aus aller Welt – und ab und an auch beim CEO. „Ich bin stolz auf SCA, auf unsere Produkte und wie sie den Menschen helfen“, sagt sie. „Wir beschäftigen uns mit Themen wie Menstruation und Inkontinenz, die auch heute noch Tabus sind, und können durch unsere Arbeit die Lebensqualität von Menschen nachhaltig verbessern.“ Im Oktober reiste Eva Dahl als Botschafterin von SCA nach Südafrika. Wie alle Mitarbeiter des Unternehmens hatte sie die Chance, sich für eine Gastgeberrolle während der Zwischenstopps auf dem Volvo Ocean Race zu bewerben. Zusammen mit fünf Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Ländern und Unternehmenseinheiten hat sie SCA im Gästezelt in Kapstadt vertreten. Die dreieinhalb Wochen als Gastgeberin waren anstrengend, aber Dahl genoss jede Minute: „Im VINJETT Pavillon hatten wir viel Spaß und sind zu engen Freunden geworden. Es war gut, dass wir aus unterschiedlichen Ländern und von verschiedenen Standorten kamen. Oft konnten wir uns gegenseitig helfen und den Besuchern einen Rundgang in ihrer Muttersprache anbieten.“ Die insgesamt 30.000 Pavillonbesucher erfuhren alles über SCA, die Geschichte des Unternehmens und seine Produkte. „Für viele war es ein echtes Aha-Erlebnis. Wir haben tolle Menschen kennengelernt, ihre Fragen beantwortet und über unsere Produkte informiert. Es fühlt sich gut an, wenn du einer jungen Familie Windeln geben kannst und einer Schülerin Tampons.“ Dahl war so begeistert von den vielen Eindrücken, dass sie ihren Mann anrief und ihm vorschlug, einen Urlaub in Südafrika zu machen. „Ich habe ihm gesagt, dass wir alle anderen Reisepläne zurückstellen sollten“, erzählt sie. „Wir müssen hier einfach gemeinsam Urlaub machen. Im Pavillon habe ich viele Einheimische kennengelernt, die ich gern wiedersehen würde.“ „Wir haben tolle Menschen kennengelernt, ihre Fragen beantwortet und über unsere Produkte informiert.“ Für Dahl war die Zeit in Südafrika ein „einzigartiges Erlebnis“. Sie konnte dabei auch die Regatta aus der Nähe verfolgen. „Wir haben uns alle als Team SCA gefühlt“, erinnert sie sich. „Es war schön, die Crew zu treffen. Es sind tolle Frauen, bodenständig und doch sehr zielstrebig. Die Regatta, unser Boot und die Frauen-Crew haben hier große Aufmerksamkeit genossen. SCA ist jetzt eine bekannte Marke, die für Umweltbewusstsein steht.“ Wenn die Regatta Ende Juni in Göteborg ankommt, will Dahl auf jeden Fall dabei sein. „Auch wenn ich Urlaub nehmen muss, um die Luftballons steigen zu lassen: Ich werde da sein. Auf keinen Fall werde ich mir das entgehen lassen.“ SCA SHAPE 2 2015 37 SCA INSIDE Nachrichten von SCA Stefan Löfven und Ulf Söderström. Ministerpräsident trifft sich mit SCA in Peking IM MÄRZ hielt sich der schwe- ISTOCKPHOTO Topmodische TENA Produkte MODEDESIGN-STUDENTINNEN in den USA haben Kleidung aus TENA Produkten entworfen. Die eleganten Kreationen sind im SCA Pavillon in Newport auf Rhode Island präsentiert worden, als das Volvo Ocean Race einen Zwischenstopp einlegte. Eine Modedesignklasse an der angesehenen Drexel University School of Design bekam die Aufgabe, Kleidungsstücke aus den gleichen Materialien herzustellen, aus denen auch TENA Inkontinenzprodukte bestehen. Andere Materialien durften nicht benutzt werden – selbst Nadel und Faden waren tabu. SCA Produktmanager Eric Cohen war 38 SCA SHAPE 2 2015 an dem Projekt beteiligt. „Anfangs war das Motto den Studentinnen sichtlich peinlich“, erinnert er sich. „Aber sie haben sich mit der Vorstellung angefreundet und entdeckt, welche Freiheiten die Marke TENA bietet. Für uns war das eine großartige Möglichkeit, mit Tabus aufzuräumen und eine originelle Plattform zu schaffen, um die Öffentlichkeit besser zu erreichen.“ dische Ministerpräsident Stefan Löfven zwei Tage in China auf. In der Botschaft seines Landes traf er sich mit schwedischen Unternehmen, die in China tätig sind. SCA war durch Ulf Söderström vertreten, der das Asien- und Pazifikgeschäft des Konzerns leitet. „Es war eine Ehre, SCA und die in China engagierten schwedischen Unternehmen zu vertreten“, sagt Söderström. „Wir haben die Gelegenheit genutzt, um SCA als international führendes Unternehmen für Hygiene- und Forstprodukte vorzustellen, das weltweit – auch in China – mit nachhaltigen Fertigungswerken aktiv ist.“ Anlass für den Chinabesuch des Politikers war der 65. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Schweden – als erstem westlichen Land – und der Volksrepublik China. VIGNETTE w Erste internationale Kampagne von TENA Lady Mexikanische Frauen im Bikeathon „LEBE DEIN LEBEN aktiv – nichts kann dich davon abhalten.“ Diese Botschaft vermittelt die SCA Damenhygienemarke Saba über viele Aktivitäten wie Die Marke Saba hat über 60.000 Frauen allein in Mexiko-Stadt durch Sport- und Freizeitveranstaltungen an rund 15 Wochenenden erreicht. den Saba Bikeathon in Mexiko-Stadt. Mehr als 500 Frauen radelten über die Paseo de la Reforma, eine der größten Verkehrsstraßen der Stadt. ZU JAHRESBEGINN hat TENA Lady in den USA und Europa die Kampagne „TENA lets you be you“ gestartet. Zum ersten Mal hat eine TENA Lady Kampagne damit ein einheitliches Erscheinungsbild in allen Regionen. Die Kampagne wird noch in diesem Jahr weltweit ausgeweitet. Neue Mitglieder im Konzernmanagement VOLKER ZÖLLER ist zum Vorsitzenden der Geschäftseinheit SCA Consumer Goods Europe, Ulrika Kolsrud zur Vorsitzenden von Global Hygiene Supply Personal Care und Donato Giorgio zum Vorsitzenden von Global Hygiene Supply Tissue ernannt worden. Alle drei Führungskräfte haben ihre neuen Positionen am 3. März angetreten und gehören zum SCA Corporate Senior Management Team. Auf der Hauptversammlung am 15. April wurden die Aufsichtsratsmitglieder Pär Boman, Rolf Börjesson, Leif Johansson, Bert Nordberg, Anders Nyrén, Louise Julian Svanberg und Barbara M. Thoralfsson wiedergewählt. Annemarie Gardshol und Magnus Groth wurden neu in den Aufsichtsrat gewählt. Pär Boman wurde als Aufsichtsratsvorsitzender gewählt. Nach der Hauptversammlung haben Anders Nyrén und Rolf Börjesson ihre Aufgaben abgegeben und den SCA Aufsichtsrat verlassen. Volker Zöller Ulrika Kolsrud Donato Giorgio SCA SHAPE 2 2015 39 Hör mal, das Baby strampelt! ISTOCKPHOTO STRAMPELT DAS BABY in Ihrem Bauch? Ein neues Armband erlaubt Schwangeren, ein Vibrationssignal an das Armband des Partners zu senden. So kann auch der Partner intensiven Anteil an der Schwangerschaft nehmen. Das Doppelarmband von Libero heißt Baby Buzz. Die ersten Prototypen werden noch in diesem Jahr getestet, die Markteinführung ist für Ende 2015 geplant. Handhygienekampagne in China IN EINER HYGIENESTUDIE in der chinesischen Metropole Shenzhen wird der Zusammenhang zwischen Handhygiene und Krankheitsprävention untersucht. Die Studie, die erste größere ihrer Art in China, ist auf sechs Monate angelegt. Dabei benutzen 18 Kindergärten und 2.200 Haushalte Produkte der Marken Tork und Vinda. In China erhöht sich von Mai bis September üblicherweise die Anzahl der Kinder, die an der Hand-FußMund-Krankheit (HFMD) erkranken. Die Forschungsstudie soll zeigen, wie eine gute Handhygiene in der Schule und zu Hause den Ausbruch von HFMD verhindern kann. SCA stellt Spender (Tork), Seife und Handtücher für die Kindergärten bereit und unterstützt die Hygieneschulung der Erzieherinnen, Vinda liefert antibakterielle Feuchttücher. Neue Fabrik in Indien SCA HAT IN INDIEN das erste Fertigungswerk für Körperpflege- und Tissueprodukte in Betrieb genommen. Das Werk in Pune im mittelindischen Bundesstaat Maharashtra produziert Babywindeln (Libero) und Tissues (Tork) für den Binnenmarkt. SCA ist seit Ende 2013 auf dem indischen Markt aktiv. Frankreich Großbritannien Deutschland Frankreich Frankreich Deutschland Finnland Russland Toilettenpapier weltweit im einheitlichen Design DAS VERPACKUNGSDESIGN von SCA Toilettenpapier ist künftig weltweit abgestimmt. Das ist der erste Schritt zur Konsolidierung des Toilettenpapiergeschäfts unter einer übergreifenden Verbrauchermarke. 40 SCA SHAPE 2 2015 Die Gestaltung der einzelnen Produkte wurde angepasst. SCA INSIDE Hilfe auf Rädern W W W. T H E B I K E R A M B L E . C O M ANFANG MÄRZ setzte sich Fredrika Ek auf ihr Fahrrad und radelte los – einmal um die Welt soll es gehen. Die ehemalige Mitarbeiterin aus der SCA Baumschule in Bogrundet (Schweden) will die 40.000 Kilometer in 1.000 Tagen schaffen. Auf ihrer Tour sammelt sie Spenden für die Hilfsorganisation ActionAid, die sich für bessere materielle Lebensbedingungen insbesondere von Frauen und Mädchen einsetzt. „Zuerst wollte ich die Reise nur für mich selbst machen, aber dann habe ich gemerkt, dass es ein großes öffentliches Interesse gibt“, erklärt Ek. „Da kam mir die Idee mit der Spendensammlung. Ich will zehn Euro pro zehn Kilometer einsammeln und hoffe natürlich, dass es mehr wird. Die gute Sache soll eine Motivation sein, um auch an Tagen weiterzumachen, an denen es nicht so leicht ist.“ Interessierte können Fredrika Ek auf ihrer Website folgen und dort auch Geld für ActionAid spenden. SCA gehört zu den Sponsoren der Radfahrerin. Seifenspender für den Alltag AUF DEN ERSTEN BLICK ist die Ausgabe von Flüssigseife keine komplizierte Sache. Menschen mit verringerter Handkraft – Kleinkinder, Senioren, Verletzte – sehen das allerdings anders. Für diese Personengruppen bringt SCA eine Reihe von bedienerfreundlichen Tork HautpflegeSpendern auf den Markt. Es wird die erste Spenderreihe sein, die vom Schwedischen Rheumaverband als „anwendungsfreundlich“ zertifiziert wird. SCA wandte sich 2011 an den Verband, als das Unternehmen eine Schaumseifenlösung für die Marke Tork entwickelte. Die Zertifizierung gilt für alle Hautpflegespender aus der Reihe Tork Elevation. Folgen Sie Fredrika Eks Reise auf X www.thebikeramble.com Eine kinderleichte Sache. SCA SHAPE 2 2015 41 SCA BEIM VOLVO OCEAN RACE Von der Zuschauerin zur Abenteuerin Viel Zeit blieb Anna-Lena Elled nicht – die Schwedin bekam kurzfristig das Angebot, beim Volvo Ocean Race (VOR) mitzusegeln. Als Shape mit ihr sprach, war sie im rauen Südpolarmeer unterwegs. Zwei Tage später sollte das berüchtigte Kap Hoorn umrundet werden. text ANNA GULLERS fotos AINHOA SANCHEZ/VOR Als Journalistin berichten Sie normalerweise vom trockenen Festland aus über das VOR. Wie fühlt es sich auf dem Boot an? Die Emotionen hier sind schon heftig: Freude, Erschöpfung und manchmal, in Extremfällen, auch Angst. Es ist unglaublich schön – alles ist so extrem. Die Erfahrungen sind sagenhaft, das Segeln, aber auch die wunderbaren Sonnenuntergänge. Das Leben ist intensiv, Tag und Nacht vergehen unglaublich schnell. In 24 Stunden passiert so viel. Sie haben zusammen mit der Crew trainiert. Gab es etwas, was Sie nicht vorhersehen konnten? Es ist schwierig, an Land für das Leben an Bord zu trainieren. Und es dauert eine Weile, bis du wirklich zur Crew gehörst, bis du die anderen Frauen wirklich kennst und sie dich kennen. Meine erste Etappe an Bord war ganz anders als diese Etappe. Was ist die größte Herausforderung für eine Bordreporterin? 42 SCA SHAPE 2 2015 Seglerin und Ingenieurin Die Ausrüstung in Schuss zu halten. Die Umgebung ist extrem und nicht sonderlich gut für Elektronik und Kameras. Es ist kalt, heiß, feucht und überall ist salziges Meerwasser. Ich verbringe viel Zeit damit, die Ausrüstung zu pflegen. Hatten Sie den gleichen Schlafrhythmus wie die anderen, die sich alle vier Stunden abgewechselt haben? Nein, wir haben unterschiedliche Schlafzyklen. Tagesüber, wenn es hell ist, kann ich meinen Job machen, Fotos und Videos aufnehmen. Nachts schlafe ich dann. Beim Kochen und Reinigen helfe ich mit, so gut es eben geht. Wir leben nach europäischer Zeit, egal wo wir gerade sind. Wie gehen Sie mit Seekrankheit um? Wenn Sie seekrank werden, müssen Sie dennoch essen und trinken, auch wenn es größte Überwindung kostet. Wenn Sie viel Energie und Flüssigkeit verlieren, erholen Sie sich viel schlechter. Und das letzte, was man sich hier wünscht, ist, für die übrige Crew zu einer Last zu werden, statt eine Ressource zu sein. Anna-Lena Elled, 39, ist Gründerin und Herausgeberin der Segelzeitschrift Search Magazine. Sie hat einen Master in Energie- und Wärmetechnik und ein PhD in Energie- und Umweltwissenschaften.