Präsenzübung 08 Lösungsskizzen - Fakultät für Mathematik

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Lösungsskizzen zur Präsenzübung 08
Hilfestellung zur Vorlesung Anwendungen der Mathematik
im Wintersemester 2015/2016
Fakultät für Mathematik
Universität Bielefeld
Veröffentlicht am 07. Februar 2016 von:
Mirko Getzin
E-Mail: [email protected]
Homepage: https://www.math.uni-bielefeld.de/~mgetzin/
Tutor zur Vorlesung Anwendungen der Mathematik im Wintersemester 2015/2016.
Keine Gewähr auf vollständige Richtigkeit und Präzision aller (mathematischen) Aussagen. Das
Dokument hat lediglich den Anspruch, eine Hilfestellung beim Verständnis der Vorlesungsinhalte darzustellen und Lösungsideen für die Aufgaben möglichst vollständig (bis auf Ausnahmen)
zu skizzieren.
Eine Veröffentlichung oder Vervielfältigung ist nur nach Rücksprache mit dem Urheber dieses
Dokuments erlaubt. Angehängt befindet sich das Aufgabenblatt, sowie der pdf-Ausdruck von
gegebenenfalls verwendeten Tabellenblättern. Die Tabellenblätter sind im ods-Format auf der
angegebenen Homepage zu finden.
1
Lösungsskizzen
Lösung zur Aufgabe 1 (Diskrete Gleichverteilung bei platonischen Körpern).
In dieser Aufgabe betrachten wir das Zufallsexperiment, einen platonischen Körper mit n Seiten
zu rollen. Aufgrund der Geometrie platonischer Körper ist die Annahme gerechtfertigt, dass
es sich hierbei um ein Laplace-Experiment handelt. Jede Seite des platonischen Körpers tritt
also gleich wahrscheinlich beim Rollen auf. Wir betrachten zunächst den speziellen Fall des
Tetraeders, dem platonischen Körper mit n = 4 Seiten.
Zufallsexperiment: (Ω, p) mit Ergebnismenge Ω := {1, 2, 3, 4} und Wahrscheinlichkeitsfunktion
p : Ω → [0, 1], definiert als Laplace-Experiment durch p(ω) :=
1
|Ω|
=
1
4
für alle ω ∈ Ω. Weiter
sei (Ω, A , P) der Laplacesche Wahrscheinlichkeitsraum und es sei X : Ω → R nun die Zufallsvariable, welche zu einem beliebigen Ergebnis die erhaltene Augenzahl liefert (X = idΩ ). Dann
erhalte den Erwartungswert und die Varianz (mittels Satz von Steiner):
4
X
4
1 X
1
10
5
E(X) =
i · P(X = i) = ·
i = · (1 + 2 + 3 + 4) =
=
4 i=1
4
4
2
i=1
" 4
# 2
2
X
1
15
5
5
2
2
2
2
2
2
2
=
=
V(X) = E(X ) − E(X) =
i P(X = i) −
· (1 + 2 + 3 + 4 ) −
2
4
2
12
i=1
Wir stellen fest, dass die auftretenden Erwartungswerte leicht zu berechnen sind, da die Wahrscheinlichkeiten immer gleich sind aufgrund der Laplace-Annahme. Dies lässt sich allgemein
für eine beliebige diskrete, gleichverteilte Zufallsvariable X auf einem Ergebnisraum Ω =
{1, 2, ..., n} nun vereinfacht berechnen. Wir leiten deshalb in der Folge zwei Formeln für den Erwartungswert und die Varianz in Abhängigkeit von der Seitenanzahl des platonischen Körpers
n her.
Allgemeiner Fall: Betrachte das Zufallsexperiment (Ω, p) mit Ω := {1, 2, ..., n} und p : Ω →
[0, 1], definiert durch p(ω) :=
1
|Ω|
= n1 . Weiter sei (Ω, A , P) wieder der Laplacesche Wahrschein-
lichkeitsraum und X : Ω → R die Zufallsvariable, die die Augenzahl des platonischen Körpers
beschreibt (X = idΩ ).
Wir bemerken zunächst zwei Rechentricks“, welche im Rahmen der Arithmetik und Algebra
”
per vollständiger Induktion bewiesen wurden (gute Wiederholung für mathematisch Interessierte!). Diese Tricks werden wir in der Folge verwenden:
2
n
X
i=
i=1
n
X
i2 =
i=1
n(n + 1)
∀ n ∈ N,
2
n(n + 1)(2n + 1)
∀ n ∈ N.
6
Dann erhalten wir per Definition des Erwartungswerts und mittels des Satzes von Steiner (unter
Berücksichtigung der Rechenregeln zum Summenzeichen):
n
n
X
1 n(n + 1)
n+1
1 X
i= ·
=
E(X) =
i · P(X = i) = ·
n
n
2
2
i=1
" n i=1
# 2
X
n+1
2
2
2
V(X) = E(X ) − E(X) =
i P(X = i) −
2
i=1
2
1 n(n + 1)(2n + 1)
n+1
=
·
−
n
6
2
1
· (n2 − 1)
=
12
Wir können nun also die Aufgabe im Speziellen lösen, indem wir in die allgemeinen Formeln
für n die Anzahl der Seitenflächen der jeweiligen platonischen Körper einsetzen.
Platonischer Körper
n
Tetraeder
4
Hexaeder
6
Oktaeder
8
Dodekaeder
12
Ikosaeder
20
E(X) =
5
2
7
2
9
2
13
2
21
2
n+1
2
V(X) =
1
·
12
15
12
35
12
63
12
143
12
399
12
(n2 − 1)
Insbesondere erkennt man an dieser Aufgabe, dass die Streuung (Varianz) immer größer wird,
je mehr Ergebnisse wir in einer Gleichverteilung zulassen. Dies deckt sich mit unserer Erkenntnis, dass der Erwartungswert in den meisten Fällen einer Gleichverteilung keinen sinnvollen
Realbezug ermöglicht. Der Erwartungswert sollte im Allgemeinen also nicht als Mittelwert“
”
der Ergebnismenge umschrieben werden.
3
Lösung zur Aufgabe 2 (Gemeinsame Verteilung von Zufallsvariablen).
Es seien X, Y zwei Zufallsvariablen mit der gemeinsamen Verteilung:
y
-5
0
3
P(X = x)
x
1
0,2
0,12 0,13
0,45
2
0,15
0,3
0,55
P(Y = y)
0,1
0,35 0,42 0,23
1
Hierbei entspricht ein Zelleneintrag also der Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitige Eintreten
von X = x und Y = y, beispielsweise P(X = 1, Y = 3) = 0, 13. Wir erhalten für Aufgabenteil
a) die einzelnen Verteilungen P(X = x) und P(Y = y) durch das Bilden der Spalten- beziehungsweise Zeilensummen der Wahrscheinlichkeiten. Dies lässt sich beweisen, indem man den
Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit auf P(X = x) und auf P(Y = y) anwendet und für die
auftretenden bedingten Wahrscheinlichkeiten die Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit
anwendet (über die Wahrscheinlichkeiten von Ereignisschnitten). Da kürzt sich etwas heraus,
so dass nur noch die Summe über die Spalten- bzw. Zeileneinträge übrig bleibt. Dies wurde
in der Präsenzübung explizit gezeigt und ist für die Klausurvorbereitung sicherlich eine gute
Beweisaufgabe. Exemplarisch folgt die Rechnung im Beweis für die Zeilensummen:
X
P(X = x) =
P(X = x|Y = y) · P(Y = y)
y∈Y (Ω)
X P(X = x, Y = y)
· P(Y = y)
P(Y = y)
y∈Y (Ω)
X
=
P(X = x, Y = y).
=
y∈Y (Ω)
Der Beweis für die Spaltensummen bleibt den Lesenden überlassen.
b) Für die Unabhängigkeit von X und Y müsste für alle x ∈ X(Ω) und für alle y ∈ Y (Ω) gelten
P(X = x, Y = y) = P(X = x) · P(Y = y).
(1)
Nun berechnen wir:
P(X = 1) · P(Y = −5) = 0, 45 · 0, 35 = 0, 1575 6= 0, 2 = P(X = 1, Y = −5). Wir schließen aus
der Ungleichung, dass X und Y nicht unabhängig sind. Es sei jedoch angemerkt, dass im Fall
der Unabhängigkeit diese Identität für alle Kombinationen von x,y durchzurechnen ist. Nur
wenn es für alle x, y erfüllt ist, sind X und Y auch unabhängig.
4
c) Wir berechnen (zumeist per Definition):
E(X) =
X
x · P(X = x) = 1 · 0, 45 + 2 · 0, 55 = 1, 55
x∈X(Ω)
E(Y ) =
X
x · P(Y = y) = (−5) · 0, 35 + 0 · 0, 42 + 3 · 0, 23 = −1, 06
y∈Y (Ω)
E(X + Y ) = E(X) + E(Y ) = 1, 55 + (−1, 06) = 0, 44 (Linearität)
X
X
E(XY ) =
xy · P(XY = xy) =
xy · P(X = x, Y = y)
xy∈XY (Ω)
xy∈XY (Ω)
= (1 · (−5)) · 0, 2 + (2 · (−5)) · 0, 15 + (1 · 0) · 0, 12 + (2 · 0) · 0, 3 + (1 · 3) · 0, 13 + (2 · 3) · 0, 1
= −1, 51
Wichtig hierbei: Da X und Y nicht unabhängig sind, gilt nicht E(XY ) = E(X) · E(Y ). Wir
müssen hier per Definition den Erwartungswert berechnen! In diesem Fall können wir aus der
Definition sofort erhalten, dass wir über alle Realisierungen von XY, also über alle Produktkombinationen xy, summieren müssen. Die Wahrscheinlichkeiten entsprechen den Wahrscheinlichkeiten aus der gemeinsamen Verteilung von X und Y.
Umkehraufgabe: Angenommen, in der Aufgabe wären die Verteilungen von X bzw. von Y
gegeben. Dann kann man die gemeinsame Verteilung von X und Y angeben, so dass X und
Y unabhängig sind, indem man die Definition von Unabhängigkeit in Gleichung (1) nutzt. Ist
keine Information über die Abhängigkeit von X und Y gegeben, lässt sich im Allgemeinen eine
beliebige gemeinsame Verteilung definieren. Die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung von
zwei Zufallsvariablen X und Y kann man also auch in einer Tabelle darstellen, wobei diesesmal
die letzte Zeile und die letzte Spalte gegeben sind und die Zelleneinträge sich als Produkte der
“sich kreuzenden Spalten und Zeilen“ ergeben.
5
Universität Bielefeld
G. Elsner
Wintersemester 2015/16
Präsenzübungen zur Vorlesung
Anwendungen der Mathematik
Blatt 8
Aufgabe 1
Berechnen Sie den Erwartungswert und die Varianz für die Zufallsvariable X, die die Augenzahl
beim Werfen eines regulären
(i) Tetraeders, (ii) Hexaeder (iii) Oktaeders (iv) Dodekaeders (v) Ikosaeders
angibt. Augenzahl ist hier wie folgt zu verstehen: Die Seiten aller Körper sind durchnummeriert.
Die geworfene Augenzahl ist die Zahl auf der Seitenfläche, auf der der Körper liegen bleibt.
Hinweis: Tetraeder, Hexaeder, Oktaeder, Dodekaeder und Ikosaeder sind die fünf platonischen Körper.
Die platonischen Körper (oder regulären Polyeder) sind die nach dem griechischen Philosophen Platon benannten fünf besonders regelmäßigen konvexen Polyeder (Vielflächner), die dadurch charakterisiert sind, dass ihre Seitenflächen zueinander kongruente regelmäßige Vielecke sind, von denen
in jeder Ecke jeweils gleich viele zusammentreffen. Ihre Namen stammen aus dem Griechischen
und beziehen sich auf die Anzahl ihrer Flächen: Tetraeder (Vierflächner aus vier Dreiecken), Hexaeder (Sechsflächner bzw. Würfel aus sechs Quadraten), Oktaeder (Achtflächner aus acht Dreiecken),
Dodekaeder (Zwölfflächner aus zwölf Fünfecken) und Ikosaeder (Zwanzigflächner aus zwanzig Dreiecken). Modelle der platonischen Körper können Sie sich in den Vitrinen vor dem Dekanat in V3
ansehen.
Aufgabe 2
Durch
x
1
2
y
-5
0
3
0,2
0,15
0,12
0,3
0,13
0,1
ist die gemeinsame Verteilung der Zufallsvariablen X und Y gegeben.
a) Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeitsverteilungen von X und von Y , indem Sie ihre Werte
als letzte Spalte bzw. letzte Zeile in obiger Tabelle ergänzen.
b) Untersuchen Sie, ob die Zufallsvariablen X und Y unabhängig sind oder nicht (Begründung!).
c) Berechnen Sie E(X), E(Y ), E(X + Y ), E(XY ).
6
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