44 zement + beton | Studie Heizen und Kühlen mit Beton Oberflächennahe Erdwärmenutzung in Österreich – Überblick und Statuserhebung Text | DI Andrea Zauner Bilder | © siehe Angaben Zusammenfassung der Ergebnisse der Diplomarbeit „Oberflächennahe Erdwärmenutzung in Österreich – Überblick und Statuserhebung“, TU Wien, Fakultät für Bauingenieurwesen, Institut für Geotechnik (E220) Das Prinzip des Energiespeichers Beton beruht auf der Nutzung der Speichermasse von Bauteilen, wie es aus historischen Bauwerken wie Burgen und Kirchen bekannt ist. Die Bauteilaktivierung unterstützt das Speicherverhalten der massiven Betonbauteile durch die von Kühl- bzw. Heizwasser durchströmten Rohre. Energiegewinnung Eine besonders kostengünstige und umweltfreundliche Möglichkeit Energie für das Heizen und Kühlen bereitzustellen, ist die Gewinnung aus dem Boden. Dabei wird dem Untergrund über Absorberleitungen Wärme entzogen oder zugeführt. Diese Rohrregister können im Fundament eingebaut sein (Energiebodenplatte, Ener­ giepfähle/-schlitzwand) (Abb. 1) oder eigens für die Erdwärmenutzung im Boden verlegt werden (Flächenkollektor, Tiefensonde). Weiters kann das Grundwasser als Wärmequelle genutzt werden. Ein Kennwert für die mögliche Wärmeentzugsmenge aus dem Boden ist die spezifische Wärmekapazität. Diese ist Abb. 1: Energiebodenplatte und Energiepfähle Quelle: Brandl Heinz (2001): „Energy foundations and other thermo-active ground structures“, 41st Rankine Lecture, British Geotechnical Association (veröffentlicht 2006: Geotechnique, London) stark abhängig von der Porosität, also jenem Volumenanteil, der von Wasser ausgefüllt werden kann. Da Grundwasser eine relativ konstante Temperatur von etwa 8 bis 12 °C aufweist, hat dieses einen besonders positiven Einfluss. Weiters ist die spezifische Wärmekapazität von der Mineralzusammensetzung abhängig. Richtwerte können der deutschen VDI 4640 entnommen werden. Eine besonders kostengünstige und umweltfreundliche Möglichkeit Energie für das Heizen und Kühlen bereitzu­ stellen, ist die Gewinnung aus dem Boden. Abb. 2: Verlegung von Rohrregistern in einer OrtbetonDecke (Quelle: www.rehau.at) Wärmepumpen – das Bindeglied zwischen Gewinnungs- und Nutzungskreislauf Die auf verschiedene Art und Weise gewonnene Energie bzw. Wärme wird mittels Wärmepumpe durch Verdichtung auf ein höheres Energie- und somit auch Temperaturniveau gehoben. Um den Wirkungsgrad möglichst hoch zu halten, ist eine geringe Temperaturspreizung – das heißt ein möglichst geringer Temperaturunterschied zwischen Rücklauf des Gewinnungskreislaufes und Vorlauf des Nutzungskreislaufes – anzustreben. Flächenhafte Niedertemperatur-Heizund Kühlsysteme entsprechen diesen Anforderungen. Niedrige Abgabetemperaturen stellen darüber hinaus eine optimale Behaglichkeit durch Strahlungswärme sicher. Durch die gleichmäßige Temperaturverteilung kommt es im Gegensatz zu Radiatoren oder Klima­ geräten nicht oder nur in sehr geringem Maße zur Bildung von thermischen Luftwalzen. Bauteilaktivierung Massive Betonbauteile sowohl in Ortbeton- als auch in Fertigteilbauweise können mit Rohrregistern belegt („thermisch aktiviert“) werden (Abb. 2). Die so hergestellten Bauteile (Decken, Wände, Säule etc.) werden kontinuierlich von der Wärme­ trägerflüssigkeit in den Rohrregistern Studie | zement + beton durchströmt. Im Betriebsfall „Heizen“ wird die aus dem Erdreich gewonnene Wärme in die Bauteile eingebracht und dem Raum über Strahlungswärme zugeführt. Beim Kühlen wird die überschüssige Wärme aus den Räumen aufgenommen und über das Wärmeträgermedium in den Rohrleitungen ins Erd­reich abgeleitet, wo sie für eine spätere Nutzung als Heizwärme zwischen­ gespeichert werden kann (Abb. 3). Die Grundlast des Kühlbetriebs kann so kosten-­­günstig abgedeckt werden. Umweltpolitische und wirtschaftliche Relevanz Das enorme Reduktionspotenzial an Kohlendioxid­ ausstoß, das in Wärmepumpen steckt, zeigt der folgende Vergleich sehr deutlich: Für die Bereitstellung von 1 kWh Heizenergie sind etwa 1,25 kWh fossiler Energie notwendig. Beim Verbrennungsvorgang werden zwischen 250 und 350 g Kohlendioxid ausgestoßen. Mit einer elektrischen Erdwärme-Wärmepumpe können aus 0,25 kWh Strom und 0,75 kWh kosten­ loser Umweltenergie ebenfalls 1 kWh Heizenergie lukriert werden. Abb. 3: Funktionsweise Bauteilaktivierung: Tagsüber führt die vorgekühlte Decke überschüssige Wärme ab, über Nacht können die Bauteile wieder abgekühlt werden. (Quelle: www.h-47.de/images/au_big2.jpg) 45 46 zement + beton | Studie Abb. 4: CO2-Ausstoß (g/1 kWh Heizenergie) Bei der Stromproduktion werden ca. 54 g CO2 ausgestoßen (Abb. 4). Das heißt, der CO2-Ausstoß einer Wärmepumpenheizung mit Jahresarbeitszahl (Wirkungsgrad) 4,0 verhält sich im Verhältnis zu Gas- und Ölheizungen wie 1 : 4,6 : 6,4 – für dieselbe Heizenergie wird die Atmosphäre also lediglich mit rund einem Sechstel der KohlendioxidMenge belastet (Abb. 5). Bedenkt man, dass in privaten Haushalten etwa 75 % der gesamten Energie (exkl. Energie für Fortbewegung) für die Heizung aufgewendet werden und in Bürogebäuden ein wesentlicher Anteil des Energieverbrauchs in den Sommermonaten auf die Raumkühlung fällt, erkennt man das enorme Energieeinsparungspotenzial. Auch wirtschaftlich betrachtet hat die Erdwärmenutzung viele Vorteile: Die Betriebskosten für die Heizung betragen lediglich etwa ein Drittel der Betriebskosten einer Heizung mit fossilen Brennstoffen, die Betriebsnebenkosten (Wartung, Reinigung, Lagerung) sind darüber hinaus vernachlässigbar klein. Dadurch wirken sich auch eventuelle Schwankun­gen des Energiepreises wesentlich geringer auf die jährlichen Kosten für die Raumtemperierung aus. Auch die Preisstabilität ist bei elektrischem Strom wesent­lich größer als bei fossilen Brennstoffen. Nachteilig bei der Erdwärmenutzung ist, dass – sofern die Rohrregister für den Gewinnungskreislauf nicht in das Fundament eingebunden werden können – die Abb. 5: Anteile am anthropogenen Treibhauseffekt Anschaffungskosten für eine ErdwärmeWärmepumpe höher sind als für eine Heizung mit fossilen Brennstoffen. Doch mit den diversen Förderungen von Land und/oder Bund können diese Unterschiede abgemindert werden. Ausblick Die Erdwärmenutzung hat in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erlebt. Konzerne wie Baumax und Uniqa oder der Fertigteilproduzent Trepka (Abb. 6) werben mit der Nutzung von Erdwärme in ihren Gebäuden für Heizung und Kühlung und den mehreren 100.000 kg CO2, die dadurch jährlich eingespart werden. Abb. 6: Firmenzentrale Trepka – Gesamtansicht, © Trepka Als Amortisationszeit werden für solche Anlagen durchgehend weniger als 10 Jahre angegeben. Auch im Privatbereich und bei kleineren Anlagen gibt es laufend Verbesserungen am Sektor der Wärmepumpen, sodass mit Sole-Wasser-­ Systemen eine Jahresarbeitszahl von über 4 und bei Direktverdampfungssystemen eine Jahresarbeitszahl von über 5 erreicht wird – und der Trend zeigt stetig nach oben. Autorin: DI Andrea Zauner Alpine Bau GmbH, Ingenieurbau Ost, Horn/NÖ www.zement.at