Wahlstrategie der Partei DIE LINKE 2009

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Wahlstrategie der Partei DIE LINKE 2009
Beschluss des Parteivorstandes vom 6. September 2008
Gliederung
Politische Ausgangslage und wahlstrategische Ausgangsüberlegungen
Prognose der vermutlichen Strategien der politischen Gegner
Wahlziele
Strategische Kommunikation / Themen
Personen. Erst- und Zweitstimmenwahlkampf
Zielgruppen
Mobilisierung
Zwei Elektorate
Dramaturgie der Wahlen 2009
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Politische Ausgangslage und wahlstrategische Ausgangsüberlegungen
1. Wie keine andere Partei hat die neue LINKE nach ihrem Wahlerfolg 2005 und
nach Abschluss ihres Gründungsprozesses im Juni 2007 die Politik im Land
verändert. Sie bestimmt heute die politische Agenda der Republik in einigen
wichtigen Fragen, zum
Beispiel Mindestlohn, Abschaffung von
Studiengebühren, Rücknahme der Rente mit 67 oder Verlängerung des ALG I
für Ältere. Die anderen Parteien haben begonnen, die Überschriften ihrer
Programme und ihre Tonlage sozialer zu gestalten. Das sind erste reale, noch
sehr bescheidene Erfolge des Erstarkens unserer Partei in der Bundespolitik.
Links wirkt. Veränderung ist möglich. Unsere Aufgabe, für die wir gewählt
wurden und gewählt
werden wollen, ist weiterhin der politische
Richtungswechsel: für die Wiedergeburt der gesellschaftlich organisierten
Solidarität, für die Erneuerung der Demokratie, für die Kursnahme auf
sozialökologischen Umbau und für eine zivile Außenpolitik.
2. Durch das Wirken ihrer Mitglieder, Sympathisantinnen und Sympathisanten,
durch ihre Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger in den Kommunen, in
den Ländern, im Bund und in Europa hat sich DIE LINKE bei den Bürgerinnen
und Bürgern bundesweit den Ruf einer Partei erworben, die neu und erfolgreich
ist, die konsequent als Partei der sozialen Gerechtigkeit und als Friedens- und
Antikriegspartei wirkt und die durch fähige und glaubwürdige Politikerinnen
und Politiker in der Öffentlichkeit repräsentiert wird. Die neue Stärke in den
westlichen Ländern wirkt auch in den östlichen Ländern mobilisierend, zumal
auf jene Bürgerinnen und Bürger, die die Hoffnung auf Veränderung schon
aufgegeben hatten.
3. Dem wachsenden bundespolitischen Einfluss und dem Image der Partei
müssen eine solide Verfassung und ein anhaltender Zuwachs an
organisatorischer Kraft entsprechen. Veränderung kommt nicht allein durch
gute Wahlergebnisse, sondern erfordert vor allem das beharrliche Engagement
zwischen den Wahlen. Im Wahlkampf werben wir daher auch für aktives
Engagement für die eigenen Interessen über den Wahltag hinaus. Für unser
Selbstverständnis als linke Partei gilt: „Wählt uns, mischt euch ein, macht mit –
unsere Stärke ist gemeinsames Handeln!“ DIE LINKE ist eine Partei, in und mit
der man aktiv sein kann.
4. Der Name der Partei DIE LINKE ist Programm. Es ist uns in den Jahren 2005 bis
2008 gelungen, die Meinungsführerschaft in der Linken zu erobern. Die Marke
„DIE LINKE“ auch im Wahljahr 2009 in der politischen Auseinandersetzung
gegen die anderen Parteien zu verteidigen und offensiv durchzusetzen, ist im
Kern die Herausforderung aller politischen Kommunikation im Wahljahr 2009.
Es ist eine Partei, die 2009 zu Wahlen in Kommunen und Ländern, zur Europaund zur Bundestagswahl antritt.
5. Die Wahlstrategie geht von der Annahme aus, dass DIE LINKE das
gegenwärtige Niveau politischer Akzeptanz und Zustimmung bis zur
Bundestagswahl im September 2009 halten und ihren politischen Einfluss auch
in Wahlkampfzeiten behaupten kann.
6. Quellen für den Aufstieg der LINKEN sind die Blamage neoliberaler Ideologien
vor der Lebenswirklichkeit der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger und die
zerstörte Machtbalance zwischen Wirtschaft und Politik. Die Verhältnisse in
Deutschland sind in den Augen vieler Bürgerinnen und Bürger aus dem Ruder
gelaufen. Entscheidend hierfür ist die Unterordnung der Politik und
demokratischer Willensbekundungen unter die Interessen großer Konzerne und
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Kapitalzusammenballungen an den Finanzmärkten. Gegen die Verwandlung
wirtschaftlicher Macht in politische Macht, gegen die Arroganz der
Spitzenmanager und Mächtigen gegenüber demokratischen Entscheidungen
setzen wir die Stärkung der Rechte der abhängig Beschäftigten und die
Einbettung wirtschaftlichen Handelns in demokratisch legitimierte und am
Allgemeinwohl orientierte Bahnen.
7. Der Aufstieg der LINKEN ist eingebettet in die soziale Entwicklung in
Deutschland unter den Regierungen Schröder und Merkel. Im Kampf gegen
Hartz IV, gegen die neoliberale Politik der Agenda 2010, gegen den Sozialabbau
und für den Erhalt des Sozialstaates hat sich DIE LINKE eine hohe Kompetenz
im Sozialen geschaffen.
8. Die Basis für den Erfolg 2009 ist vorhanden. Für DIE LINKE gilt es in den
Wahlkämpfen, sich auf dieser Basis richtig zu bewegen.
9. Das bedeutet zum einen, noch stärker als bisher die Adresse für Menschen zu
sein, die sich seit längerer Zeit enttäuscht von der Politik abgewandt haben.
DIE LINKE hat es in ihrer kurzen Geschichte bewiesen: Es ist möglich, mit der
LINKEN in wirklich existentiellen Fragen die Politik, das Land zu verändern! Mit
entschiedenem und radikalem Pragmatismus kümmert sich DIE LINKE um die
vernachlässigten Interessen der sozial und ökonomisch Schwachen, der
Benachteiligten und vom geistigen und materiellen Vermögen der Gesellschaft
Ausgeschlossenen. Sie kümmert sich ebenso um die Interessen und Anliegen
der durchschnittlich Verdienenden, auf die durch die Politik der Umverteilung
von unten nach oben ein immer größerer Anteil an der Finanzierung der
Staatsaufgaben übergewälzt worden ist. DIE LINKE muss darum im Wahlkampf
an genau diesen für die Menschen zentralen Themen festhalten: Für
flächendeckende gesetzliche Mindestlöhne, für gute Arbeit und gute Rente, für
Gesundheit und Bildungschancen, für Frieden, für eine gesicherte und die
Umwelt erhaltende Energieversorgung, für die Angleichung Ost und
Regionengerechtigkeit; gegen Hartz IV, gegen Kriege, gegen Kinder- und
Altersarmut.
10. Das bedeutet zum anderen, unsere soziale Kompetenz und Kommunikation im
Wahlkampf gleichermaßen zu vertiefen wie zu verbreitern: Noch näher auf
einzelne Gruppen und soziale Milieus der Gesellschaft zugehen, den Menschen
präzisere und passgenauere politische Angebote unterbreiten, etwa
Gewerkschaftsmitgliedern oder Menschen mit religiös geprägter Lebens- und
Denkart. Politische Vorschläge genauer zu entwickeln und dann für sie zu
werben. Vorschläge, die tiefer an die Wurzeln sozialer Probleme gehen
(Regulation der Finanzmärkte, Begrenzung wirtschaftlicher Macht, Stärkung der
öffentlichen Daseinsvorsorge usw.). DIE LINKE ist mehr als eine Partei der
Unterschichten und eine Interessenvertretung der sozial Schwachen und
Ausgegrenzten. DIE LINKE wirbt als die Partei des sozialen Zusammenhalts,
der sozialstaatlichen Solidarität und ihrer gerechten Finanzierung mit ihren
Vorschlägen um Zustimmung
in allen sozialen Schichten, auch bei
durchschnittlich verdienenden und höher qualifizierten Bürgerinnen und
Bürgern.
„Nur immer kräftig und mit Bedacht in die Kerbe hauen, auf dass sie tiefer und
breiter werde!“, das wäre ein gutes Motto für die Wahlkämpferinnen und
Wahlkämpfer der LINKEN! Der Wahlkampf der LINKEN richtet sich an erster
Stelle nicht gegen eine bestimmte andere politische Kraft; DIE LINKE wirbt für
sich: seriös, glaubwürdig, verantwortungsvoll, überaus engagiert und auch
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zugespitzt. DIE LINKE will, im doppelten Wortsinn, anständig gewinnen, damit
die anderen anständig verlieren.
Prognose der vermutlichen Strategien der politischen Gegner
11. Der Erfolg der LINKEN hat das Parteiensystem verändert und auf Bundesebene
zu einem „Fünf-Parteiensystem“ (bzw. – wegen der CSU – „Fünfeinhalb
Parteiensystem“) geführt. Die traditionellen Zweierkoalitionen sind eher
unwahrscheinliche strategische Optionen geworden. Ein klassischer
Lagerwahlkampf ist daher für die Bundestagswahl 2009 unwahrscheinlich.
Einerseits müssen die Regierungsparteien bestrebt sein, sich voneinander
abzugrenzen, um ihre Anhänger optimal mobilisieren zu können. Die
Fortsetzung der Großen Koalition ist kein mobilisierendes Wahlziel für
CDU/CSU und SPD. Andererseits müssen sie mit Blick auf notwendige
realistische Machtoptionen nach dem Wahltag bestrebt sein, die Brücken über
die klassischen Lagergrenzen hinweg gerade auch zu den kleineren Parteien
Grüne und FDP nicht abzureißen, sondern auszubauen. Wenn unter diesen
Bedingungen ein Lagerwahlkampf wahrscheinlich ist, dann derjenige aller
gegen DIE LINKE, als Verursacherin ihrer wahlstrategischen (und
konstellationspolitischen) Leiden.
12. CDU und CSU werden versuchen, die SPD möglichst lange auf dem aktuellen
Niveau zu halten und am Wahltag deutlich unter 30 Prozent zu drücken. Sie
gehen mit großem Vorsprung gegen die SPD ins Rennen und werden die Fehler
von 2005 (Ausstrahlung sozialer Kälte, Uneinigkeit in wichtigen Fragen) nicht
wiederholen. Obwohl die konkrete Ausprägung ihrer Wahlstrategie noch unklar
scheint, sind zwei Kernelemente erkennbar: Erstens eine emotional positive
Verknüpfung der Ziele „wirtschaftliche Stärke“ und „Teilhabe“ und zweitens die
programmatisch wie strategisch neue Versöhnung von Ökonomie und
Ökologie. Als Megathema scheint die Union auf „Sicherheit“ setzen zu wollen,
auf innere und äußere Sicherheit, auf „Energiesicherheit“. CDU und CSU gehen
zudem mit einer populären Kanzlerin in den Wahlkampf. Entscheidend für ihre
wahlpolitische
Zugkraft
kann
werden,
wie
die
innerparteilichen
Auseinandersetzungen in der Union sich angesichts rezessiver wirtschaftlicher
Erscheinungen im Wahljahr entwickeln. Auf jeden Fall ist davon auszugehen,
dass die CDU/CSU eine scharfe, antikommunistische Ressentiments nutzende
Auseinandersetzung mit der LINKEN führen wird, um einen weiteren Einbruch
in ihre Wählerpotentiale zu verhindern, vor allem aber auch, um die SPD zu
verunsichern und klein zu halten.
13. Die SPD wird DIE LINKE bekriegen. Sie wird an allen Imagemerkmalen
ansetzen: „neu“ vs. „SED“, „Stasi“, „DKP“; „erfolgreich für soziale
Gerechtigkeit“ vs. „unbezahlbar“, „populistisch“; „Frieden“ vs. Stellung zum
Iran, Afghanistan usw. Sie wird weiter Angriffe gegen Oskar Lafontaine, Gregor
Gysi und Lothar Bisky fahren. Sie wird die Seriosität der politischen Vorschläge
der LINKEN und ihres Wahlprogramms infrage stellen und uns die politische
Existenzberechtigung absprechen. Sie wird die Vielzahl der historischen
Jahrestage 2009 („historisches Supergedenkjahr“) gegen uns zu nutzen
versuchen.
14. Die SPD verliert ihre Verankerung im unteren Drittel der Gesellschaft und die
Zustimmung in der so genannten gesellschaftlichen Mitte. Die SPD wird
strategisch eine Brücke zu schlagen versuchen von der Schröder-Politik als
„für das Land erfolgreicher Reformpolitik“ zu einer Vielzahl von Vorschlägen,
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die auf eine Verbesserung der sozialen Lage breiter Bevölkerungsschichten
zielen. Sie wird versuchen, sich als die soziale Alternative zur CDU darzustellen
und den Schulterschluss mit den Gewerkschaftsspitzen zu erneuern. Es ist
aber nicht absehbar, ob und wie sie damit ihr Glaubwürdigkeitsproblem lösen
könnte. Die soziale Bilanz ihrer dann elfjährigen Regierungstätigkeit ist für
Millionen Bürgerinnen und Bürger und die Gesellschaft als Ganzes negativ, die
Kraft, die Brücken zur Schröderschen Agenda-Politik abzubrechen, bringt sie
nicht auf. So wird sie als Partei erscheinen, die bislang nur bewiesen hat, dass
sie keines der großen sozialen Probleme lösen kann. Sie hat zudem mit der
Zuschreibung zu kämpfen, bei den Wahlen gar nicht gewinnen zu können,
daher nur anständig verlieren zu wollen.
15. Grüne und FDP werden keine oder erst sehr spät (FDP-Parteitag am 20.
September
2009!)
Koalitionsaussagen
machen
und
also
keinen
Lagerwahlkampf führen. Beide werden mit ihren Kernimages und
Kernkompetenzen auftreten, dabei aber eine neue Flexibilität und Offenheit für
neue Konstellationen nach der Wahl zeigen. Die FDP wird als
wirtschaftsliberale Steuerspar- und Wohlstand – für – alle - Partei („Mehr Netto
vom Brutto“) sowie als Bürgerrechtspartei agieren. Die Grünen werden Fragen
der ökologisch-nachhaltigen Entwicklung, der sozialen Teilhabe aller und der
Stärkung der Bürgerrechte in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes stellen.
Beide, FDP und Grüne, werden sich entschieden von der LINKEN abgrenzen.
16. Durch die Etablierung der LINKEN im bundesdeutschen Parteiensystem ist in
die politische Farbenlehre neue Bewegung gekommen. Die alten
Zweierkonstellationen „Schwarz-Gelb“ und „Rot-Grün“ scheinen überholt,
entsprechende Mehrheiten wenig wahrscheinlich. Der Wahlkampf wird geprägt
sein von Debatten über mögliche Dreierkonstellationen der anderen vier bzw.
viereinhalb Parteien. Die Fortführung der Großen Koalition auch nach 2009 ist
nicht unwahrscheinlich. Möglich ist auch eine Wahlkampf-Dynamik für
Schwarz-Grün, was als eine neue, unverbrauchte Konstellation erscheinen und
Attraktivität erringen könnte.
Wahlziele
17. DIE LINKE bestimmt ihre politischen Ziele bei den Wahlen 2009 aus ihrem
Gründungsanspruch heraus, aus ihrer Rolle,
die gesellschaftlichen
Kräfteverhältnisse zu verändern und das politische System zu massiven
politischen Korrekturen zu zwingen. Für die Partei DIE LINKE stellt sich nicht
die Frage nach ihrer möglichen Rolle als Scharnier- oder Funktionspartei auf
der Bundesebene. Unser Ziel ist nicht die Veränderung der politischen
Farbenlehre, sondern die Veränderung der Politik.
18. Unser Wahlziel bei der Bundestagswahl 2009 ist ein zweistelliges Ergebnis: 10
Prozent plus. Unser politisches Ziel ist ein Wahlergebnis, welches den
erreichten bundespolitischen Einfluss stärkt und ausbaut. Unsere Kernthemen
soziale Gerechtigkeit, Stärkung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
gegenüber
dem
Kapital,
zivile
Außenpolitik
und
Frieden,
Geschlechtergerechtigkeit und sozialökologischer Umbau sowie die
Verwirklichung der Angleichung Ost und gleichwertiger Lebensverhältnisse in
den Ländern sollen in der kommenden Legislaturperiode oben auf der
politischen Agenda des Landes stehen.
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19. Ein besonderes Wahlziel der LINKEN ist es, 2009 auf allen Ebenen
Rechtsextreme und Neonazis aus den Parlamenten heraus zu halten. Dieses
Ziel sollte, über alle sonstigen Differenzen, die übrigen Parteien mit uns
verbinden.
Strategische Kommunikation / Themen
20. Zunächst noch einmal: Wahlprogramm und Wahlkampagne brauchen eine klare
Struktur: Soziale Frage / soziale Gerechtigkeit & Frieden. Politik dazu lohnt sich
mit der LINKEN, Veränderungen sind möglich!
21. Auch wenn sich thematisch möglicherweise manches ähnelt, DIE LINKE wird
auf ihren zentralen Themenfeldern, an ihren inhaltlichen Forderungen, an ihrer
Entschiedenheit, an ihrem Vorgehen – Transparenz, Einbeziehung der
Bürgerinnen und Bürger – von allen anderen Parteien klar zu unterscheiden
sein!
22. Die Wählerinnen und Wähler müssen das politische Angebot der LINKEN
verstehen können! Das ist eine zentrale Herausforderung an die Kampagnen,
an die gesamte politische Kommunikation der Partei 2009.
23. Die Themen der LINKEN müssen in zweifacher Hinsicht strategischer Natur
sein: Weil wir damit die Richtung der politischen und gesellschaftlichen
Entwicklung in Deutschland ändern und weil wir die politischen Konkurrenten
unter Druck setzen wollen. Besonders der SPD wird es DIE LINKE durch die
kluge Formulierung ihrer Wahlkampfthemen nicht leicht machen, diese
pauschal abzuwehren.
24. Das politische Megathema der Partei DIE LINKE ist der Kampf für mehr soziale
Gerechtigkeit. Mit dieser Perspektive blicken wir auf die Verhältnisse in
Deutschland, aber auch in Europa und weltweit. Dafür stehen wir, das wird
zuerst mit uns verbunden. Es kann in den Wahlkämpfen auf allen vier
politischen Ebenen kein anderes Hauptthema für uns geben. Seit Gründung der
neuen Partei strukturiert dieses Bemühen das Handeln der Partei auf allen
Ebenen und allen Politikfeldern.
25. Die politische Agenda der Partei DIE LINKE ist bundesweit klar: Es geht um
•
die Wiedergewinnung des Öffentlichen – gegen die Privatisierung
öffentlicher Einrichtungen und Güter, für die demokratische Kontrolle
bürgerfreundlicher öffentlicher Unternehmen –,
•
das Eintreten für gute Arbeit, für die Erneuerung des Sozialstaates und
seiner finanziellen Grundlagen, für Bürgerrechte und demokratische
Erneuerung,
•
die strikte Umsetzung von Gleichstellung in allen Lebensbereichen und
Chancengleichheit statt sozialer Auslese in Schule, Hochschule und Beruf,
•
die entschlossene Bekämpfung des Rechtsextremismus in all seinen
Facetten,
• den Einsatz für eine friedliche, auf globale Gerechtigkeit gerichtete
Außenpolitik Deutschlands und für ein demokratisches und soziales
Europa, das den globalen Herausforderungen für eine sozial und ökologisch
nachhaltige, den Klimawandel eindämmende Entwicklung gerecht wird.
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(Beschluss des Cottbuser Parteitages 2008)
26. In der politischen Arbeit wird diese Agenda auf bestimmte umkämpfte Themen
fokussiert: für flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, Bundeswehr raus
aus Afghanistan, weg mit der Rente erst ab 67, Nein zu Studiengebühren usw.
usf. Für die einzelnen Wahlkampagnen wie für den Wahlzyklus 2009 insgesamt
wird es darauf ankommen, diese politischen Themen in populäre, äußerst
wirksame Forderungen und Wahlversprechen zu übersetzen. Beispielhaft ist
das in den erfolgreichen Landtagswahlkämpfen von 2007 und 2008 gelungen:
Pars pro toto – so standen die wenigen Punkte der Sofort- oder der
Kurzwahlprogramme von Bremen bis Hamburg jeweils für eine Politik, die von
den Bürgerinnen und Bürgern mit der LINKEN verbunden wurde und wird – und
zwar überall. Diese Arbeit ist für 2009 noch zu leisten. Sie ist sehr wichtig. Sie
kann nicht allein den Fachpolitikerinnen und -politikern überlassen werden. Da
müssen am Ende Menschen ran, die Sprache, nicht nur das politische
Vokabular, professionell beherrschen.
Personen. Erst- und Zweitstimmenwahlkampf
27. DIE LINKE orientiert für die Europa- und die Bundestagswahl darauf,
Kandidatinnen und Kandidaten zu nominieren, die für die Politik der LINKEN in
der Öffentlichkeit einstehen, die in der Partei durch ihre politische Arbeit oder
ihr öffentliches Wirken im Sinne der Ziele der LINKEN verwurzelt sind. Es bleibt
beim Prinzip der „Offenen Listen“, wie auf dem Cottbuser Parteitag im Mai
2008 beschlossen.
28. DIE LINKE führt einen entschlossenen Zweitstimmenwahlkampf. Es gilt, die
hohe allgemeine Zustimmung und Akzeptanz für die Partei, welche sich in
ihrem positiven Image widerspiegelt, am Wahltag in Wählerzuspruch, in
Stimmen für DIE LINKE umzusetzen.
29. Personalisierung an der Spitze bedeutet Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit
nach Innen und Außen. DIE LINKE hat mit ihren Partei- und
Fraktionsvorsitzenden bundesweit über ihre eigene Anhängerschaft hinaus
bekannte und geachtete Persönlichkeiten. Lothar Bisky, Gregor Gysi und Oskar
Lafontaine werden im Wahlkampf eine herausragende Rolle spielen. Sie stehen
wie niemand sonst für DIE LINKE und ihren Erfolg.
30. Die Zahl der für ein Bundestags-Direktmandat der LINKEN chancenreich
prognostizierten Wahlkreise nimmt aktuell zu. Mit dieser Tatsache gilt es, auch
mit Blick auf die möglichen Kandidatinnen und Kandidaten, verantwortungsvoll
umzugehen. Eine gründliche Prüfung, gemeinsam mit den Verantwortlichen der
Länder, ist geboten, damit frühzeitig eine Entscheidung getroffen werden kann,
in welchen ausgewählten Wahlkreisen wir mit besonderer Unterstützung des
Bundes um den Sieg kämpfen werden.
Zielgruppen
31. Nach wie vor gilt: Wahlkampf schafft kein Wählerinnen- und Wählerpotential,
sondern hat die Aufgabe, es zu mobilisieren. Was zuvor nicht gesät wurde,
kann nicht geerntet werden. Wahlkampf ist kein Ersatz für die viel
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umfassendere alltägliche Politik der LINKEN. Er kann daher nur auf wenige
übergreifende Fragen konzentriert werden.
32. Das Wählerpotential der LINKEN ist heterogen. Das gilt für Alter und Bildung
und alle übrigen soziodemographischen Merkmale. Aber in den konkreten
politischen Auseinandersetzungen der LINKEN haben sich gruppen- und
milieuübergreifende politische und soziale Orientierungen herausgebildet,
durch die jene Menschen, die das aktuelle Wählerpotential der LINKEN bilden,
jeweils untereinander und alle zugleich mit der LINKEN verbunden sind. Auf
diese gemeinsamen Orientierungen ist der Wahlkampf zu richten (Thesen 2 und
9).
33. DIE LINKE konnte und kann wie kaum eine andere Partei ihre Wählerschaft von
2005 binden. Es ist eine wahlstrategisch erstrangige Herausforderung an die
Partei, dies auch im Jahr 2009 zu sichern und dafür bis zum letzten Tag zu
kämpfen. Den letzten 48 Stunden der Wahlkämpfe im Juni und im September
werden wir besondere Aufmerksamkeit widmen.
34. Seit den letzten Bundestagswahlen ist DIE LINKE in der Lage, Menschen in
allen Regionen, aus allen sozialen Milieus, Bildungs-, Einkommens-, Berufsund Altersgruppen, Frauen wie Männer erfolgreich anzusprechen.
35. Besonders gut gelang es, die bedrohte Arbeitnehmerschaft, darin speziell das
gewerkschaftlich/betriebsrätliche Milieu, die sozial Schwachen (speziell
Arbeitslose,
Alleinstehende
und
Alleinerziehende)
sowie
tradierte
linkskulturelle Milieus anzusprechen. Um diese "linke" und "proletarische"
Zielgruppe wird es auch im Wahlkampf 2009 besonders (keineswegs aber
ausschließlich!) gehen müssen.
36. Eine besondere Zielgruppe stellen jeweils junge Wählerinnen und Wähler sowie
wahlberechtigte Migrantinnen und Migranten dar.
37. Bei den Protestwählern sind unterschiedliche Motivationen zu beachten. DIE
LINKE ist eine gute Adresse für alle, die durch ihre Stimmabgabe nur
ausdrücken wollen, dass es so in der Gesellschaft nicht weiterlaufen darf. Mit
dem Protest gegen die vorgefundenen Zustände beginnt deren Veränderung.
Viele, die uns 2005 und in den so genannten Winterwahlen 2008 gewählt haben,
waren jedoch keine klassischen „Denkzettelwähler“. Sie haben sich vielmehr
bewusst gegen eine Partei entschieden, indem sie DIE LINKE wählten, und sie
haben dies ausgesprochen sachorientiert getan. Themen spielten bei ihrer
Wahlentscheidung die entscheidende Rolle und werden es auch weiterhin tun.
38. Bei den jüngsten Landtagswahlen hat DIE LINKE gezeigt, dass sie auch im
Lager der Nichtwähler erfolgreich mobilisieren kann. Ob das 2009 wieder
gelingt, wird für das Erreichen des Wahlziels mit entscheidend sein. Viele
Menschen haben bei den Wahlen der letzten Jahre eine neue Erfahrung
gemacht: Es gibt zur Nichtwahl eine Alternative: DIE LINKE. An diese kollektive
Erfahrung gilt es auch 2009 im Gespräch mit den Nichtwählerinnen und
Nichtwählern anzuknüpfen.
39. Die Umfragen seit der Bundestagswahl 2005 zeigen, dass viele unserer
damaligen Wählerinnen und Wähler beabsichtigen, erneut DIE LINKE zu
wählen. Der aktuelle Zuspruch speist sich zudem aus dem Reservoir
enttäuschter früherer SPD-Wählerinnen und -Wähler. Aber auch in der
bisherigen Wählerschaft von Union und Grünen kann DIE LINKE Zuspruch
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gewinnen. Aus diesem Zuspruch in den Umfragen gilt es, eine
Wahlentscheidung für DIE LINKE zu machen und eine über den Wahltag
hinausreichende Wählerbindung zu erreichen. Aus ehemaligen enttäuschten
SPD-Wählerinnen und -Wählern, aber auch aus eben solchen CDU- und
Grünen-Wählerinnen und -Wählern sollen Wählerinnen und Wähler der LINKEN
werden!
40. Eine große Herausforderung stellt der Kampf um die Stimmen von Frauen dar.
Sie haben uns in den letzten Jahren unterdurchschnittlich gewählt, sie sind der
neuen Partei gegenüber skeptischer. Wir sollten diese Herausforderung
annehmen.
41. Die zielgenaue mediale Ansprache dieser potentiellen Wählergruppen ist –
neben der thematisch präzisen Angebotsformulierung (These 10) – von
wahlstrategischer Bedeutung. Dabei wird über die demokratischen
Möglichkeiten des Internets gesondert nachgedacht werden müssen. Für die
Entwicklung der Wahlkampagne ist eine darauf gerichtete analytische Arbeit
erforderlich.
Mobilisierung
42. DIE LINKE wird im Wahljahr 2009 vier verschiedene Regionen der Mobilisierung
haben.
43. Region I sind die Länder mit vier Wahlen 2009 (Saarland, Sachsen und
Thüringen). Hier wird es die verständliche Neigung geben, zuerst für die
Kommunalwahlen zu mobilisieren, es wird dabei jeweils andere Probleme in
Ost (Überalterung der Mitgliedschaft, dennoch gute Infrastruktur und große
Erfahrungen, flächendeckende kommunale Verankerung trotz weißer Flecke
und Mangel an Kandidatinnen und Kandidaten) und West (prekäre Infrastruktur,
Finanzschwäche) geben. Von zentraler Seite wird darauf zu achten sein, dass
die Mobilisierung zur Europawahl dabei nicht zu kurz kommt. Im Herbst wird,
wiederum nachvollziehbar, die Landtagswahl vor der Bundestagswahl (im
doppelten Sinne) kommen. Generell müssen diese drei Landesverbände
umfassende Unterstützung durch die ganze Partei erfahren. Der Gedanke, dass
ein früher Wahlerfolg bei der Landtagswahl die Bundestagswahl zum
Selbstläufer werden ließ, ist nur scheinbar plausibel. Die Kräfte müssen bis
Ende September 2009 reichen.
44. Region II sind die Länder, in denen Kommunal-, Europa- und
Bundestagswahlen stattfinden. Hier wird wie in der Region I zunächst das
Hauptaugenmerk auf die Gestaltung des Kommunal- und Europawahlkampfes
aus einem Guss zu legen sein.
45. In Region III findet zunächst nur die Europawahl statt und dann die
Bundestags- und die Landtagswahl gemeinsam Ende September
(Brandenburg).
46. Region IV gehören die Länder an, die 2009 „nur“ die Europa- und die
Bundestagswahl bestreiten müssen.
47. An der positiven Grundeinstellung, dem Willen vieler Mitglieder,
Sympathisantinnen und Sympathisanten, sollte es auch 2009 nicht mangeln.
Ob daraus ein engagierter Wahlkampf wird, hängt aber davon ab, ob jede
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Wahlkämpferin und jeder Wahlkämpfer, jede Kandidatin und jeder Kandidat die
Erfahrung macht, dass alle an einem Strang ziehen.
48. Dazu bedarf es dreierlei: Erstens einer entschlossenen und geschlossenen
politischen Führung. Für politische, religiöse, kulturelle und regionale
Zwistigkeiten, für persönliche Animositäten und Profilierungsversuche ist in
Wahlkampfzeiten kein Platz. Zweitens bedarf es einer straffen Organisation mit
klaren Regeln und verbindlichen Absprachen, mit festen Erreichbarkeiten,
Zuständigkeiten und Kompetenzen, mit Zeitplänen und erreichbaren Orten. Und
endlich bedarf es drittens einer kontinuierlichen Kommunikation untereinander.
Horizontal: Man muss sich auch mal sehen, das Erlebnis der Gemeinschaft
haben. Gemeinsame Medien wie landesweite Newsletter und ein
Wahlkampfforum im Internet gehören zwingend dazu. Vertikal: Wer sich als
Einzelkämpferin und als Einzelkämpfer vor Ort die Hacken abrennt, muss auch
regelmäßig den direkten Draht zur Wahlkampfführung haben bzw. spüren. Es
kann beispielsweise nicht sein, dass ein/e Wahlkämpfer/in im Wahlkampf
Geburtstag hat und niemand aus seiner Partei gratuliert. Jede
Wahlkampfaktivistin und jeder -aktivist wird gebraucht.
49. Dies alles ist für eine neue Partei wie DIE LINKE nicht selbstverständlich.
Erfahrungen vor Ort sagen, dass die Entwicklung der Organisation mit der
gestiegenen Akzeptanz in der Bevölkerung nicht immer Schritt hält. Auch im
Superwahljahr 2009 bleiben Parteientwicklung und Mitgliedergewinnung
erstrangige Aufgaben aller Gliederungen der Partei. Nur als Mitgliederpartei
kann der LINKEN eine umfassende Mobilisierung ihres Wählerpotentials
gelingen.
Zwei Elektorate
50. Auch knapp zwanzig Jahre nach der deutschen Einheit haben wir es mit zwei
unterschiedlichen Elektoraten zu tun. Die Parteienlandschaften Ost und West
unterscheiden
sich
deutlich,
das
Wählerverhalten
ebenso.
Diese
Besonderheiten, die auf der Geschichte vor und nach 1989 basieren, gilt es
sensibel zu berücksichtigen.
51. DIE LINKE wird in Ost und West einen Wahlkampf führen, er wird aber im Osten
auch anders sein müssen als im Westen. Die Themen sind die gleichen, aber
der präzise Blick auf vielfältige („vereinigungsbedingte“) Benachteiligungen,
Entwicklungsrückstände und historisch bedingte Eigenarten wird für die
Argumentationen, teilweise auch für die Printmaterialien, notwendig werden.
Mit dem wachsenden Zuspruch im Westen entsteht auf andere Weise auch dort
die
Notwendigkeit,
stärker
auf
regionale
Besonderheiten
und
Themenschwerpunkte zu achten.
52. Auf der anderen Seite hat sich DIE LINKE in den alten Bundesländern neue
Gruppen und Schichten von Menschen erschlossen, die ihrerseits der genauen,
besonderen Ansprache bedürfen. Die Folgerung für einen zentral geführten
Wahlkampf kann daher nur sein, mit hoher Sensibilität, vielleicht mit einer Art
„Ost – West – Themen – TÜV“, die Kampagne zur Bundestagswahl 2009 zu
entwickeln.
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Dramaturgie der Wahlen 2009
53. Die Wahlkämpfe der LINKEN 2009 bilden eine grundsätzliche Einheit. Dies
schließt die Berücksichtigung spezifischer Schwerpunkte ein. Der Europa- und
Bundestagswahlkampf der LINKEN wird – in enger Abstimmung mit den
Landesverbänden und unter Berücksichtigung der übrigen Wahlkämpfe –
zentral geführt.
54. Mit den Ergebnissen der Bezirkstags- und Landtagswahl in Bayern und der
Kommunalwahl in Brandenburg am 28. September 2008 geht die Partei, gehen
die Bürgerinnen und Bürger in eine längere, drei Jahreszeiten umfassende
Wahlpause. Der erste politische Höhepunkt des Jahres 2009 wird der
Superwahltag 7. Juni sein. An diesem Tag finden in acht Ländern
Kommunalwahlen und bundesweit die Europawahl statt.
55. Alle diese Wahlen haben unterschiedliche Voraussetzungen politischer,
organisatorischer, auch finanzieller Art. Diese gilt es sorgsam zu beachten, die
politische Verantwortung tragen die Genossinnen und Genossen vor Ort.
56. Auf welcher politischen Ebene auch immer Menschen als Kandidatinnen und
Kandidaten, als Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer öffentlich auftreten,
immer muss für das, was sie sagen (Wahlprogramme), und auch dafür, wie sie
es sagen (PR & Werbung), eines gelten: Hier ist DIE LINKE! Es ist politisch wie
werberisch eine Partei, die in den Kommunen und zur Europawahl antritt.
Darum wird die Partei DIE LINKE nur dann erfolgreich sein, wenn sich alle
Verantwortlichen für die Wahlkämpfe als Hüter der Marke „DIE LINKE“
begreifen und auch so verhalten.
57. Wenn die Ausgangsthese richtig ist, dass die soziale Entwicklung in
Deutschland die Basis für den Aufstieg der LINKEN war und ist (Thesen 6 und
7), kann und muss die soziale Frage der rote Faden sein, der Kommunalwahlen
und Europawahl verbindet. Diesen roten Faden gilt es thematisch, in der
Auseinandersetzung mit den konkurrierenden Parteien und eben auch bei der
Gestaltung der Werbemittel fest zu halten.
58. Die Wahlziele bei den Kommunalwahlen sind bei aller Unterschiedlichkeit der
Ausgangslagen klar zu benennen: Es wird aus der Sicht der Bundespartei um
die kommunalpolitische Verankerung der LINKEN im Westen und um eine
erneuerte stabile kommunale Präsenz im Osten gehen.
59. Linke Kommunalpolitik muss sich an zwei Kriterien messen lassen:
•
•
trägt sie dazu bei, wirklich eine "Bürgerkommune" zu schaffen, folgt sie
also praktisch dem Grundgedanken, dass die Bürger die Kommune bilden,
und
nützt, stärkt und aktiviert sie zuerst die Schwächsten in der Kommune?
60. Die Wahl zum Europäischen Parlament am 7. Juni 2009 ist für DIE LINKE von
außerordentlicher Bedeutung. Weil die Menschen bei Europawahlen kaum
taktisch wählen, waren die Europawahlergebnisse der früheren PDS immer
etwas besser als die Bundestagswahlergebnisse. Dies dürfte auch für DIE
LINKE so sein. Mit dem Wahlergebnis am 7. Juni 2009 wird daher eine der
Grundannahmen der Wahlstrategie, dass DIE LINKE das derzeitig hohe Niveau
der Zustimmung wird halten können (These 5), kurz vor Beginn des
Bundestagswahlkampfes eine Bestätigung erhalten können. Mit dem JuniBeschluss Wahlstrategie 2009.rtf
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Wahlergebnis werden die Erwartungen der Öffentlichkeit für das Abschneiden
der LINKEN bei der Bundestagswahl geprägt.
61. DIE LINKE hat in der Situation, in der sich wichtige Parteien der Europäischen
Linken aktuell befinden, für die parlamentarische Repräsentanz linker Parteien
im Europäischen Parlament eine besondere Verantwortung.
62. Das Wahlziel sollte mit „10 Prozent plus“ deutlich über dem Ergebnis der PDS
von 2004 (6,1 Prozent) liegen.
63. Das Versprechen der Regierungen an ihre Bevölkerungen, mit der
Europäischen Union den Rahmen zu schaffen für eine europäische Wirtschaftsund Sozialpolitik, die in Zeiten globalen Wandels Wohlstand und Sicherheit
garantiert, wurde nicht eingelöst. Im Gegenteil, die bisherige europäische
Politik hat die Lebensbedingungen der Menschen massiv verschlechtert und
einen Rahmen für die Militarisierung der EU geschaffen.
64. In vielen Ländern Europas haben sich die an dieser Politik beteiligten Parteien
in der Frage der Zukunft Europas und der EU von ihren Wählerinnen und
Wählern entfremdet.
65. DIE LINKE hat seit ihrer Gründung eine klare, zukunftsorientierte und
optimistische Sicht auf Europa und die EU. DIE LINKE arbeitet für ein
friedliches, soziales und ökologisches Europa, in dem die Menschen
demokratisch und solidarisch zusammenleben können. Dieser historische
Optimismus sollte die Wahlkampagne der LINKEN für die Europawahl 2009
tragen.
66. Zugleich nimmt DIE LINKE die tiefe Skepsis und Enttäuschung
vieler
Menschen und die damit einhergehende emotionale Renationalisierung auch in
Deutschland sehr ernst. DIE LINKE weiß um die Gefahr, dass sich daraus
nationalistischer Protest einen Weg ins Europäische Parlament bahnen könnte.
67. DIE LINKE stellt darum die Kritik der sozialen Lage der Menschen in den
Mittelpunkt ihrer Argumentation. Sie macht die Regierungspolitik von Merkel
und Steinmeier dafür verantwortlich. Denn Deutschland hat Gewicht in Europa!
Und sie setzt ihre Argumentation an dem Grundgefühl der Menschen an,
enttäuscht und (im Doppelsinne) nicht gefragt zu sein. Die Ablehnung des
Lissabon-Vertrages durch die Iren ist präsent. DIE LINKE macht die Europawahl
zu einer Abstimmung der deutschen Bevölkerung über die Europapolitik der
deutschen Regierung: Wenn wir schon nicht abstimmen dürfen, dann schicken
wir Leute nach Brüssel, die dort für uns eintreten und dafür, dass
Verfassungsfragen durch Referenden entschieden werden!
68. Mit Blick auf die sehr fokussierte Botschaft und die Bedeutung der parallel
laufenden Kommunalwahlen sollten im Europawahlkampf nur sehr wenige
unterschiedliche Printmittel zum Einsatz kommen. Diese aber massenhaft.
69. Die Kommunalwahlen sind von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung
der Partei DIE LINKE, für ihre Präsenz und Erkennbarkeit im Alltag, für das
Erwerben von Kompetenz und Glaubwürdigkeit im Einsatz für die Interessen
unserer Wählerinnen und Wähler. Dabei spielen die Kommunalwahlen in
Nordrhein-Westfalen eine herausgehobene Rolle. Eine flächendeckende
Präsenz in den Kommunen wäre ein guter Start in den Landtagswahlkampf in
dem größten Bundesland, das zuvor einmal als „Herzkammer der
Sozialdemokratie“ galt und nun von einem CDU-Ministerpräsidenten regiert
Beschluss Wahlstrategie 2009.rtf
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wird, dessen Ruf bei nicht geringen Teilen seiner Wählerschaft vor allem von
der Enttäuschung über die SPD-Politik lebt.
70. In Thüringen (sicher) und im Saarland (wahrscheinlich 14 Tage vorher) werden
vor der Bundestagswahl Landtagswahlen stattfinden. In Thüringen und im
Saarland ist die Frage eines Regierungswechsels und eines damit verbundenen
Politikwechsels unter Mitwirkung der LINKEN keine theoretische oder bloß
rechnerische, sondern eine zutiefst praktische Frage. Die Landesparteien
haben darauf reagiert und die Herausforderung angenommen. Sie gehen
jeweils mit einem Ministerpräsidentenkandidaten in die Wahlkämpfe. Wenn sich
die Aussicht ergibt, wird dies auch in Sachsen der Fall sein.
71. Es ist klar, dass es für diese wahrscheinlich drei Länder, ebenso wie für
Brandenburg, wo Landtagswahl und Bundestagswahl zusammen fallen, nur
einen Wahlkampf, nur eine Wahlkampagne geben kann. Von daher wird es eine
gesonderte
Abstimmung
der
in
diesen
Ländern
einzusetzenden
landesspezifischen und zentral produzierten Werbemittel geben müssen.
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