Krieg als Katalysator zur Radikalisierung de

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Wie reagieren die anderen europäischen Mächte auf die Französischen Revolution?Krieg als Katalysator zur Radikalisierung der Revolution
Die Herausbildung einer neuen Ordnung und die Erstellung einer konstitutionell- monarchischen Verfassung bedeutet
keineswegs das Ende der Revolution in Frankreich. Nach 1789 bildeten sich schnell unterschiedliche
Interessensgruppen heraus, die vollkommen unterschiedliche Ziele, von der Wiederherstellung der alten Ordnung bis
hin zur gewaltsamen Übertragung der Revolution auf alle anderen europäischen Staaten, verfolgten. In diesen anderen
Staaten wuchs bei den adeligen Herrschern rasch die Furcht vor einem eigenen Machtverlust, zudem war der
französische König mit zahlreichen anderen Herrscherhäusern verwandtschaftlich verbunden. Besonders Leopold II.,
der Bruder der französischen Königin und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, schaltet sich ab
1791 verstärkt in das Revolutionsgeschehen ein und drohte, zusammen mit dem preußischen König, gewaltsam in
Frankreich zu intervenieren (Pillnitzer Erklärung). Doch auch verschiedene Gruppen in Frankreich suchten den Krieg,
um ihre unterschiedlichen Interessen zu verwirklichen. Der König hoffte mit dem Krieg die alte Ordnung zurück zu
bekommen, liberale Kräfte hofften, ein Krieg würde von den eklatanten wirtschaftlichen Problemen Frankreichs nach
der Revolution ablenken, die linksliberalen Girondisten wollten die linken- und rechten Gegner der Verfassung zähmen
und den erreichten Zustand stabilisieren. Lediglich die Jakobiner, eine radikal revolutionäre Gruppierung um den
Anwalt Robespierre, warnet vor den innenpolitischen Folgen des Krieges.
Auf Vorschlag des Königs erklärte Frankreich im April 1792 Österreich, dem Initiator der Pillnitzer Erklärung, den
Krieg. Nach anfänglichen Niederlagen der französischen Armee und den Kriegseintritt Preußen verschärfte sich die
innenpolitische Lage in Frankreich rasch. Besonders das Manifest der Herzogs von Braunschweig sorgte für eine
rasante weiter Entwicklung der Revolution.
Q1: Manifest des Herzogs von Braunschweig
[...] Sr. Majestät der König von Preußen, mit Sr. kaiserl. Majestät
durch ein enges Schutzbündnis vereinigt, und selbst ein mächtiges
Mitglied des deutschen Reiches, konnten somit nicht unterlassen,
seinem Verbündeten und seinen Mitständen zu Hilfe zu ziehen; aus
diesem doppelten Grunde übernimmt Se. Majestät die Verteidigung
des Kaisers von Deutschland. Diesem großen Interesse schließt sich
noch ein gleich wichtiger Zweck an, welcher den beiden Monarchen
sehr am Herzen liegt, nämlich der, der Gesetzlosigkeit im Innern
Frankreichs ein Ende zu machen, die Angriffe auf Thron und Altar
aufzuhalten, die gesetzliche Gewalt wieder aufzurichten, dem Könige
seine Freiheit und Sicherheit wieder zu erstatten, und ihn in den Stand
zu setzen, die gesetzmäßig ihm zukommende Gewalt auszuüben.
Überzeugt, dass der gesunde Teil des französischen Volks die
Ausschweifungen der herrschenden Partei verabscheut, und dass der
größere Teil der Bewohner mit Ungeduld den Augenblick der Hilfe
erwartet, um sich offen gegen die verhaßten Maßregeln seiner
Unterdrücker zu erklären, fordern Ihre Majestäten dieselben auf, ohne
Verzug zur Vernunft, zur Gerechtigkeit, zur Ordnung und zum
Frieden zurückzukehren. In dieser Hinsicht erklärt der
Unterzeichnete, Oberbefehlshaber der verbündeten Heere, folgendes:
[...]
2. Dass sie nicht die Absicht haben, sich in die innere Regierung
Frankreichs zu mischen; sondern dass sie nur den König, die Königin
und die königliche Familie aus der Gefangenschaft befreien, und Sr.
allerchristlichsten Majestät die Mittel verschaffen wollen, ohne
Gefahr und Hindernis die Einberufungen vorzunehmen, die sie für
notwendig finden sollte, um für das Wohl ihres Volkes nach den
Versprechungen und so viel von ihr abhängen wird, zu arbeiten;
[...]
5. dass die Generale, Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten des
französischen Linienheers ebenfalls aufgefordert sind, zu ihrer alten
Treue zurückzukehren, und sich auf der Stelle dem König, ihrem
rechtmäßigen Fürsten, zu unterwerfen;
[...]
6. dass die Mitglieder der Verwaltungsbehörden, der Departements,
der Bezirke und der Gemeinden gleichmäßig mit ihrem Leben und
mit ihren Gütern zu stehen haben für alle Verbrechen,
Brandstiftungen, Ermordungen, Plünderungen und Tätlichkeiten,
welche sie in ihrem Gebiete zulassen, und nicht notorisch zu
verhindern gesucht haben; daß sie weiterhin ihre Stellen noch ferner
zu bekleiden haben, bis Seine allerchristlichste Majestät nach Seiner
Befreiung andere Befehle erteilt haben wird, oder bis in Seinem
Namen anders verordnet werden wird;
1.
2.
3.
7. dass die Bewohner von Städten, Marktflecken und Dörfern,
welche es wagen sollten, sich gegen die Heere Ihrer
Majestäten zu verteidigen, und auf dieselben entweder im
offenen Felde oder aus den Fenstern, Türen oder andern
Öffnungen ihrer Häuser zu schießen, sogleich nach der ganzen
Strenge des Kriegsrechts bestraft und ihre Wohnungen zerstört
oder angezündet werden sollen. Alle Bewohner der besagten
Städte, Marktflecken und Dörfer dagegen, welche sich beeilen
werden, sich ihrem Könige zu unterwerfen und ihre Tore den
verbündeten Truppen zu öffnen, werden sogleich unter den
unmittelbaren Schutz derselben gestellt, ihre Personen, ihre
Güter und Habseligkeiten werden unter dem Gesetze stehen,
und es wird für die allgemeine Sicherheit aller und der
einzelnen gesorgt werden;
8. die Stadt Paris und alle ihre Bewohner ohne Unterschied
sind schuldig, sich sogleich ihrem König zu unterwerfen, ihn
in volle Freiheit zu setzen, und ihm, so wie allen Mitgliedern
seiner Familie, die Unverletzlichkeit und die Achtung zu
versichern, auf welche nach dem Vernunft- und Völkerrechte
die Fürsten gegenüber von ihren Untertanen Anspruch zu
machen haben. Ihre Majestäten machen alle Mitglieder der
Nationalversammlung, des Departements, der Bezirke und des
Gemeinderats, alle Friedensrichter von Paris und wen es sonst
betreffen mag, persönlich bei ihrem Leben und bei Strafe, vor
einem Kriegsgerichte ohne Hoffnung auf Begnadigung
verurteilt zu werden, verantwortlich für alle Vorfälle. Ihre
Majestäten erklären ferner auf Ihr kaiserliches und königliches
Ehrenwort, dass, wenn das Schloß der Tuilerien gestürmt oder
sonst verletzt, wenn die mindeste Beleidigung dem Könige,
der Königin und der ganzen königlichen Familie zugefügt,
nicht unmittelbar für ihre Sicherheit, ihr Leben und ihre
Freiheit gesorgt wird, sie eine beispiellose und für alle Zeiten
denkwürdige Rache nehmen und die Stadt Paris einer
militärischen Exekution und einem gänzlichen Ruine
preisgeben, die Verbrecher selbst aber dem verdienten Tode
überliefern werden. Ihre Majestäten versprechen dagegen den
Einwohnern von Paris ihre Verwendung bei Sr.
allerchristlichsten Majestät, um ihnen Begnadigung für ihre
Fehler und Irrtümer zu verschaffen und die kräftigsten
Maßregeln zu nehmen, um ihre Personen und Güter zu
sichern, wenn sie die obige Aufforderung schnell befolgen
werden. [...]
Erstellen Sie ein Schaubild, das die unterschiedlichen Interessensgruppen und ihre Haltung zum Krieg verdeutlicht.
Analysieren Sie die vorliegende Quelle.
Aus welchen Gründen könnte das Manifest zu einer raschen weiteren Entwicklung der Revolution geführt haben?
Wie reagieren die anderen europäischen Mächte auf die Französischen RevolutionKrieg als Katalysator zur Radikalisierung der Revolution (2)
Gesteuert von einem neuen Pariser Stadtrat (commune) und als Reaktion auf die Niederlagen im Krieg und
die direkte Bedrohung durch den Feind (siehe Manifest des Herzogs von Braunschweig), verschärfte sich die
innenpolitische Situation rasch. Am 10. August 1792 stürmte das Volk die Tuilerien, das Stadtschloss
Ludwig XVI. Die königliche Familie wurde im Temple gefangen gesetzt, da ihr Verrat vorgeworfen wurde
und sie kurz zuvor die Flucht ins Ausland versucht hatte. Die Nationalversammlung musst unter dem Druck
der Ereignisse die Republik ausrufen und Neuwahlen zugestehen. Der neue Nationalkonvent trat am 21.
September zusammen, am 21. Januar 1793 wurde Ludwig XVI. öffentlich hingerichtet, nachdem ihn der
Nationalkonvent mit einer Stimme Mehrheit wegen Vaterlandsverrates zum Tode verurteilt hatte.
Nach dem Sturm auf die Tuilerien wurde das Geschehen zunehmend stärker durch die politisierten
kleinbürgerlichen Schichten, die nach ihrer Kleidung in der Revolution den Namen sans- culottes (ohne
Kniehosen/ siehe Bild links) erhielten, geprägt. Ihre wichtigsten Ziele waren die Verteidigung der Republik
gegen Feinde von außen und innen, Durchsetzung einer direkten Demokratie, stärkere Kontrolle der
Wirtschaft und sozialpolitische Maßnahmen für die Mittel- und
Unterschichten.
Die Bedrohung der Revolution durch Anhänger des Ancien Regimes von
außen und von innen führte zu gewaltsamen, illegalen Aktionen gegen
mögliche Revolutionsfeinde. Noch im September 1792 wurde durch die
militärischen Misserfolge eine Welle der Lynchjustiz gegen Vermutete
Verräter der Revolution ausgelöst. Allein in Paris fielen ihgr weit über 1000 Personen zum Opfer.
Unter dem Druck der Sansculotten gewann im Parlament die linke Fraktion der Jakobiner, die
Bergpartei (Montagnards), allmählich die Oberhand und näherte sich zuglich immer mehr den
radikalen Forderungen der Sansculotten an.
Der Nationalkonvent richtete zur Behandlung bestimmter Aufgabenbereich Parlamentsausschüsse
ein. Dem so genannten Wohlfahrtsausschuss wurde im April 1793 de facto die Regierung übertragen.
Er übte direkte Kontrolle über Militär, Polizei, Ministerien und Wirtschaft aus. Zuvor hatte der
Konvent bereits im März die Einführung eines Revolutionstribunals beschlossen, eines
Sondergerichtes, das ohne Berufungsmöglichkeit alle konterrevolutionären Bestrebungen aburteilen
sollte und schon bald zu einem Standgericht gegen alle politischen Gegner verkam.
Die gemäßigteren Girondisten versuchten in der Provinz gegen die Entwicklungen in Paris und gegen
die Jakobiner Front zu machen und inszenierten einen Aufstand in den südlichen Departements.
Daraufhin wurden 29 Girondistenführer als Konterrevolutionäre verhaftet.
Der Wohlfahrtsausschuss wurde zunehmend von dem Pariser Anwalt Pierre Robespierre dominiert.
Dieser erklärte, dass die Revolution mit allen Mitteln weiter geführt werden müsse, den terror, auch
gegen die eigene Bevölkerung, erklärte er zu einem legitimen Mittel und „Tugend in kritischer Zeit“.
Es begann die Herrschaft der Guillotine (siehe Bild rechts).
M1:
Zur Erklärung der Bedeutung der Guillotine für die Französische Revolution
Die durch den Arzt Dr. Guillotin 1791 entwickelte Hinrichtungsmaschine, die erstmals 1792 zum Einsatz kam, etablierte sich in ihrer
abschreckenden Kälte rasch als unverkennbares Symbol für den Tod. Dabei schafft die Entindividualisierung, durch die Guillotine exzessiv
betrieben, ironischerweise Gleichheit - zumindest auf dem Schafott.
Durch die Schnelligkeit der Maschine, deren Kapazitätsangaben zwischen 25 Köpfen in einer Viertelstunde und 15 Köpfen pro Minute
schwanken, wird der Tod des Einzelnen zur Belanglosigkeit, wie es ein Druckergeselle als Zeuge einer Hinrichtung beschreibt: 'Der Tod eines
Menschen kostet kaum etwas.' Doch das schnelle Gerät diente nicht nur dazu, 'Volksfeinde' zu beseitigen Vielmehr wurde es dazu benutzt,
gezielt ein großes, makabres Theater zu inszenieren, das 'auf die Herausbildung eines kollektiven Bewusstseins abzielt, um das Volk nach
Jahrhunderten der Tyrannei und Erniedrigung im revolutionären Sinn zu erneuern und als Macht zu etablieren' (Saint-Just). Dabei bringt die
Maschine zu Bildern des Schreckens gewordene Ängste ans Licht, Ängste, die scheinbar aus der irritierenden Dichotomie zwischen der
Einfachheit ihrer Konstruktion und dem unvorstellbaren Schaden, den sie anrichten kann, herrühren. Nur drei simple Takte trennen Leben und
Tod: das Ausklappen des Brettes, das Schließen der Lünette und das Niedersausen des Fallbeils.
Doch immer dann, wenn die Moral der Faszination unterliegt, entsteht auch eine irritierende Ästhetik des Grauens Indem die Guillotine einen
voyeuristischen Einblick in die Intimität des Todes ermöglicht, gelingt es ihr, einen der privatesten Momente, den Moment des Todes, öffentlich
zu machen - und präsentiert in einem zweiten Schritt dem Pöbel den stummen Ausdruck eines Gesichtes im Moment des Todes. Die Guillotine,
mehrfach als 'Staffelei eines Malers' bezeichnet, wird zur Portraitmaschine. Das Hingerichtetenportrait, das sich dadurch als eigenes Genre
etablieren konnte, setzt geschickt auf diese Faszination der unmittelbaren Todesmimik: Die Unbegreiflichkeit des Todes, das unvorstellbare
'Danach', wird so erträglich durch die Ästhetik, die das Guillotinenportrait schafft. Den Menschen vernichtend, produziert es einen stummen
Schrei - und immerhin der währt ewig. (nach: www.republique.de)
M2:
Das einfache Volk in der Revolution
Auf einer erhöhten Tribüne unmittelbar vor der Guillotine sitzen die 'Strickweiber', die sich von den Massenhinrichtungen unterhalten lassen. Die
Rückseite der Speisekarte des Restaurants 'Zur Guillotine' ziert eine Liste der am heutigen Tage Hinzurichtenden. 'Gib Küsschen!' rufen die
Aufständischen, während sie mit dem auf einem Pike gesteckten und mit Stroh garnierten Kopf des Wucherers Foullon durch die Straßen ziehen.
Versammeln sich einzelne Menschen zu großen Massen, gewinnen sie an Stärke - und die Angst schwindet Die gewaltsame Massenbewegung ist
der Antrieb einer Revolution, und ein solcher Antrieb kann den Umsturz eines ganzen Herrschaftssystems bewirken. Doch furchtbare
Gewaltaktionen des Volks sind nicht auf verrohte Sitten zurückzuführen. Die Spontaneität der revolutionären Gewalt trägt ihre Wurzeln vielmehr
tief in der Reaktion der Unterschichten gegenüber grausamer Unterdrückung durch eine Oberschicht.
Über Jahrzehnte aufgestaute Frustration mit dem absolutistischen Regime entlädt sich somit in revolutionärem Vandalismus - und in diesem
drückt sich der Wunsch nach totaler Zerstörung und einem Gemeinschaftsgefühl aus, das keine Hemmungen kennt. Es macht blind gegenüber
Moral und Menschlichkeit. (nach: www.republique.de)
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