Jahresbericht 2011

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Nationale Referenzzentrale für Legionella‐Infektionen Jahresbericht 2011 AGES – IMED Wien Zentrum für anthropogene Infektionen Währinger Straße 25a A‐1096 Wien Ansprechpersonen: Univ.‐Prof. Dr. Günther Wewalka Dr. Daniela Schmid, MSc Tel. 050555‐37111 E‐Mail: [email protected] Zusammenfassung Im Jahr 2011 wurden in Österreich 103 Fälle von Legionärskrankheit von der Nationalen Referenzzentrale für Legionella‐Infektionen (NRLI) registriert. Davon verstarben 14 Personen (Fall‐Sterblichkeit: 13,6 %). Die 1 Jahres‐Inzidenz betrug 1,22 Fälle pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Trinkwasser‐Erwärmungsanlagen (TWE‐Anlagen) von Gesundheitseinrichtungen waren höchst wahrscheinlich in 3 Fällen die Infektionsquelle. Sechs Fälle waren mit TWE‐Anlagen von Beherbergungsbetrieben in Österreich und 18 Fälle mit solchen im Ausland assoziiert. Von den 76 Fällen mit ambulant erworbener Infektion (weder mit Gesundheitseinrichtungen noch mit Reisen assoziiert) konnte die Infektionsquelle mikrobiologisch in 15 Fällen (19,7 %) identifiziert werden. Die Infektionsquellen umfassten ein Warmwasserbecken mit aerosol‐produzierenden Attraktionen, welches die Quelle für einen im Jänner 2011 aufgetretenen Legionellose‐Ausbruch mit 13 Fällen (11 laborbestätigte Fälle) war. Weitere Infektionsquellen waren ein Whirlpool (n=1) und die TWE‐Anlagen (n=3) von einem öffentlichen Bad und von zwei Haushalten. Über ELDSNet (European Legionnaires‘ Disease Surveillance Net) des ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) wurden im Jahr 2011 dreizehn Fälle von Legionärskrankheit bei ausländischen Touristen gemeldet, die sich in Beherbergungsbetrieben in Österreich aufgehalten hatten. Bei 3 der 13 Fälle ist aufgrund des Nachweises von Legionellen in der TWE‐Anlage des Hotels ein kausaler Zusammenhang mit dem Aufenthalt in diesen wahrscheinlich. 1
Summary In 2011, 103 cases of Legionnaires’ disease, including 14 deaths (case‐fatality: 13.6%), were reported to the National Reference Centre for Legionella Infections (NRLI) in Austria. The 1‐year incidence was 1.22 cases/100,000 populations. The hot water systems of health care facilities were in 3 cases, the hot water systems of accommodations in foreign countries in 18 cases and those of Austrian accommodations in 6 cases the probable source of infection. Fifteen of the 76 community‐acquired cases of Legionnaires’ disease were associated with a definite source. In January 2011 a legionellosis‐outbreak including 13 cases (11 laboratory confirmed cases) was associated with a warm‐water pool with aerosol producing attractions. Further sources of infection were a whirlpool and the hot water systems of one public bath and of two households. In 2011 13 foreign cases related to overnight stays in Austrian hotels or camping sites were notified through ELDSNet (European Legionnaires‘ Disease Surveillance Net) of ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) In 3 of the 13 cases, a causal association with the stay in the accommodation was very likely, due to detection of Legionella in the water system. Inzidenz der Legionärskrankheit in Österreich Im Jahr 2011 wurden in Österreich 103 Fälle (Quelle: Nationale Referenzzentrale) einer Legionärskrankheit registriert (87 bestätigte, 16 wahrscheinliche Fälle entsprechend der geltenden Falldefinition [1]) (Abb. 1). Daraus resultiert eine 1 Jahres‐Inzidenz (einschließlich bestätigter und wahrscheinlicher Fälle) von 1,22 Fällen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner (bei einer österreichischen Gesamtpopulation von 8.420.900). Im Vergleich zum Jahr 2010 stieg die Inzidenz wieder deutlich an, was vor allem auf einen Ausbruch in einem Wellness‐Hotel in Vorarlberg im Zusammenhang mit einem Warmwasserbecken mit Attraktionen am Beginn des Jahres 2011 mit 13 Fällen (siehe Details dazu später) zurückzuführen ist. In den letzten 15 Jahren nahm die Zahl der gemeldeten Fälle von Legionärskrankheit im Durchschnitt jährlich um 5,5 Fälle zu. Trotz dieses Anstiegs ist immer noch von einer deutlichen Unterschätzung der tatsächlichen Anzahl der jährlichen Erkrankungsfälle von Legionärskrankheit in Österreich auszugehen. Nach Schätzungen des deutschen Kompetenznetzes für ambulant‐erworbene Pneumonien geht man in Deutschland davon aus, dass etwa 4 % der ambulant erworbenen Pneumonien durch eine Infektion mit Legionellen verursacht werden [2]. Basierend auf dieser Schätzung, würde man eine Anzahl von ca. 2000 Fällen von Legionärskrankheit pro Jahr in Österreich erwarten. Vor dem Hintergrund einer seit 2002 in Österreich bestehenden Labormeldepflicht (Erlass des BMGF) ist die Unterschätzung der Fallzahlen in Österreich eher auf eine unzureichende Diagnostik als auf verabsäumte Fallmeldungen zurückzuführen. 2
Abbildung 1: Inzidenz der Legionärskrankheit in Österreich, 1996‐2011 (N=962); absolute Zahlen in Klammer Inzidenz nach Geschlecht, Alter und Bundesland Männer waren 2011 wie üblich häufiger betroffen als Frauen und zwar mit einer 3,66 Fach höheren Inzidenz (95 % KI: 2,30‐5,81). Das Manifestationsalter reichte von 5 bis 90 Jahre mit einem medianen Alter von 57 Jahren. Im Vergleich zu den Jahren zuvor beobachtet man einen beträchtlichen Alters‐Shift in der Inzidenz von den üblicherweise am stärksten betroffenen ≥65 Jährigen zu den 45‐54 Jährigen, die mit 2,47/100.000 Personen die höchste Inzidenz verzeichneten (Tabelle 1). Männer der Altersgruppe 55‐64 Jahre und der Altersgruppe 65+ erkrankten 3,17 (95 % KI des Inzidenz‐Verhältnisses (IR): 1,15‐8,71) bzw. 7,80‐fach häufiger (95 % KI der IR: 3,01‐
20,21) als Frauen dieser Altersgruppen. Tabelle 1: Anzahl der Fälle und Inzidenz/100.000 Personen nach Geschlecht und Altersgruppe, Inzidenzverhältnis männlich (m) : weiblich (w) gesamt und pro Altersgruppe, 2011, Österreich (N=103) Gesamt Charakteristika Geschlecht weiblich männlich Alter 0‐4 5‐14 15‐24 25‐34 35‐44 45‐54 55‐64 65+ N=103 n (%) 23 (22,3) 80 (77,7) 0 3 (2,9) 4 (3,9) 2 (1,9) 8 (7,8) 33 (32,0) 20 (19,4) 33 (32,0) Männlich m:w Inzidenzverhältnis Inzidenz/1 N=80 n Inzidenz/1 N=23 n Inzidenz/ w:m 00.000 (%) 00.000 (%) 100.000 (95% KI) 0,53 ‐ ‐ ‐ ‐ 3,66 (2,30‐5,81) 1,95 ‐ ‐ ‐ ‐ 0 0 0 0 0 ‐ 0,36 2 (2,5) 0,47 1 (4,4) 0,25 1,90 (0,17‐20,99) 0,39 1 (1,3) 0,19 3 (13,0) 0,60 0,32 (0,03‐3,09) 0,18 2 (2,5) 0,36 0 0 ‐ 0,63 8 (10,0) 1,27 0 0 ‐ 2,47 24 (30,0) 3,58 9 (39,1) 1,35 2,64 (1,23‐5,69) 2,02 15 (18,8) 3,11 5 (21,7) 0,98 3,17 (1,15‐8,71) 2,22 28 (35,0) 4,50 5 (21,7) 0,58 7,80 (3,01‐20,21) 3
Weiblich Die mittlere jährliche alters‐ und geschlechtsspezifische Inzidenzrate der Legionärskrankheit für den Zeitraum von 1996‐2011 (Abbildung 2) zeigt deutlich das mit dem Alter ansteigende Risiko einer Legionärskrankheit und veranschaulicht den geschlechtsspezifischen Unterschied des altersabhängigen Risikos. Das Bundesland Vorarlberg verzeichnete im Jahr 2011 die höchste Inzidenz (4,63/100.000 Einwohnerinnen und Einwohner), was auf den Warmwasserbecken‐
assoziierten Legionellose Ausbruch, der in einem Wellness‐Hotel in Vorarlberg auftrat, zurückzuführen ist. Mit 0,3/100.000 Personen registrierte man in Kärnten die niedrigste Inzidenz (Abbildung 3). Abbildung 2: Anzahl der Fälle nach Altersgruppe und Geschlecht, sowie jahresdurchschnittliche alters‐ und geschlechtsspezifische Inzidenzrate der Legionärskrankheit pro 100.000 Personenjahre (pjr), 1996‐2011 in Österreich (N=962) 4
Abbildung 3: Bundeslandspezifische altersadjustierte Inzidenz, 2011 0,00 - 0,49
0,50 - 1,00
1,00 - 1,49
1,50 - 5,00
0,00 - 0,49
0,50 - 1,00
1,00 - 1,49
1,50 - 5,00
N
0,77
W
1,06
O
0,70
B
1,20
ST
0,92
S
1,19
V
4,63
T
1,48
K
0,30
Fall‐Sterblichkeit (Letalität) Im Jahr 2011 wurde eine Fallsterblichkeit von 13,6 % (14/103) verzeichnet. Seit 1997 zeichnet sich ein rückläufiger Trend in der jährlichen Fallsterblichkeit ab. Mit ein Grund ist die zunehmende Anzahl an identifizierten milden Fällen von Legionärskrankheit. Alter >65 Jahre (OR: 2,25; 95% KI: 1,48‐3,41), immun‐
kompromittierende Krankheit/Behandlung bzw. maligne Grunderkrankung (OR: 7,54; 95 % KI: 4,39‐12,97), eine chronische Lungenerkrankung (OR: 2,86; 95 % KI: 1,61‐5,10) und das Vorliegen mindestens einer der folgenden Krankheiten wie chronischen Leberkrankheit, Nierenkrankheit oder kardiale/kardiovaskuläre Krankheit, Diabetes mellitus, chronischer Alkoholmissbrauch (OR: 3,66; 95 % KI: 2,19‐6,11) waren bei den Fällen, die in Österreich zwischen 1996‐2011 identifiziert wurden, mit einem erhöhten Sterberisiko assoziiert (i.e. Sterberisikofaktoren). Fallkategorisierung und Infektionsquelle Tabelle 2 stellt Anzahl und prozentuelle Verteilung der Fälle nach Fallkategorie (i.e. ambulant erworben, reiseassoziiert, mit Gesundheitseinrichtungen assoziiert) und nach identifizierter Infektionsquelle dar. Von den im Jahr 2011 registrierten 103 Fällen einer Legionärskrankheit waren 76 Fälle (73,8 %) ambulant erworben. Von diesen 76 wurde bei 15 Fällen die wahrscheinliche Infektionsquelle identifiziert. Diese waren bei 12 Fällen ein Whirlpool oder Warmwasserbecken ausgestattet mit Aerosol produzierenden Attraktionen (siehe später Warmwasserbecken‐assoziierter 5
Ausbruch in einem Wellness‐Hotel) und bei den anderen 3 Fällen Trinkwasser‐
Erwärmungsanlagen (TWE‐Anlagen), entweder die des eigenen Haushaltes (n=2) oder die eines öffentlichen Bades (n=1). Vierundzwanzig Fälle (23,3 %) waren mit Aufenthalten in Beherbergungsbetrieben verbunden (reiseassoziiert); davon waren 18 Fälle mit TWE‐Anlagen von Beherbergungsbetrieben im Ausland assoziiert: Italien (n=7) Spanien (n=2), Kroatien (n=2), Türkei (n=1), Belgien (n=1), Portugal (n=1), Serbien (n=1), Süd/Ost Asien (n=1), Afrika (n=1) und USA (n=1). Bei 6 Fällen wurde die Legionärskrankheit mit dem Aufenthalt in einem österreichischen Beherbergungsbetrieb in Zusammenhang gebracht. Drei Fälle (2,9 %) waren mit TWE‐
Anlagen von Gesundheitseinrichtungen assoziiert. Tabelle 2: Fallkategorie und Infektionsquelle der Fälle von 2011 (n=103, Quelle: NRLI) Fallkategorie/Infektionsquelle 2011 2011 N % ambulant erworben vermutlich ambulant erworben definitiv ambulant erworben Haushalt öffentliches Bad/Kurhotel Whirlpool/Warmwasserbecken +Aerosol produzierenden Attraktionen Reise assoziiert im Ausland Italien Spanien Kroatien Belgien Türkei Portugal Serbien Peru Süd/Ost Asien Afrika in Österreich Assoziiert mit Gesundheitseinrichtungen Krankenhaus andere Total 76 61 15 2 1 12 73,8 59,2 14,6 1,9 1,0 11,7 24 18 7 2 2 1 1 1 1 1 1 1 6 3 2 1 103 23,3 17,5 6,8 1,9 1,0 1,9 1,0 1,0 1,0 1,0 1,0 1,0 5,8 2,9 1,9 1,0 Abbildung 4 zeigt den Langzeit‐Trend der jährlichen prozentuellen Verteilung der Fälle nach Fallkategorie von 1996‐2011. Der Anteil der in Gesundheitseinrichtungen 6
erworbenen Fälle von Legionärskrankheit (rote Trendlinie) hat von 1997 an deutlich abgenommen (1997: 35,0 %; 2011: 2,9 %). Diese positive Entwicklung dürfte auf die 1x jährlichen, behördlich vorgeschriebenen Kontrollen der TWE‐Anlagen von Gesundheitseinrichtungen auf Legionellen zurückzuführen sein. Der jährliche Anteil der reiseassoziierten Legionärskrankheit (blaue Trendlinie) zeigt eine rückläufige Tendenz (1996: 36,8 %; 2011:23,3 %). Dagegen zeigt sich von 1996 bis 2011 ein deutlicher ansteigender Trend im Anteil der ambulant erworbenen Legionärskrankheit (1997: 47,4 %; 2011: 73,8 %). Abbildung 4: Trend der jährlichen prozentuellen Verteilung der Fälle nach Fallklassifikation von 1996‐2011 (N=962, Quelle NRLI) Monatliche Verteilung der Fälle nach Fall‐Kategorie Die monatliche Verteilung der von 1996 bis 2011 in Österreich registrierten 962 (Quelle: NRLI) Fälle von Legionärskrankheit ist in Abbildung 5 dargestellt. Der saisonale Trend der monatlichen Inzidenz mit einem Jahresgipfel, der in diesen 16 Jahren am häufigsten im August (p<0,001) auftrat, entspricht den Beobachtungen in anderen westeuropäischen Ländern sowie auch in Nordamerika. Der saisonale Trend der reiseassoziierten Fälle ist mit einer Häufung von Juni bis Oktober stark ausgeprägt, was wahrscheinlich auf die stärkerer Reisetätigkeit in diesen Monaten zurückzuführen ist. Auch das Auftreten der ambulant erworbenen Fälle folgt diesem Trend (höchste Fallanzahl in Juli, August und September). Vermutlich tragen dazu Aerosol‐Emissionen von mit Legionellen kontaminierten, wassergekühlten (nassen) Kühltürmen während der Sommer‐Jahreszeit bei. Die Anzahl der Fälle von ambulant erworbener Legionärskrankheit war mit 12 im Jänner 2011 deutlich höher als die 7
Jänner‐Fallzahlen der Jahre zuvor; dies ist auf den Legionellose‐Ausbruch im Zusammenhang mit dem Besuch eines Wellness‐Hotels in Vorarlberg zurückzuführen. Fälle, die mit einem Aufenthalt in Gesundheitseinrichtungen assoziiert sind, folgen dem üblichen saisonalen Trend, allerdings deutlich geringfügiger ausgeprägt. Abbildung 5: Fälle der Legionärskrankheit von 1996–2011 nach Fall‐Kategorie (N=962, Quelle NRLI) Legionärskrankheit bei internationalen Touristen assoziiert mit österreichischen Beherbergungsbetrieben Dreizehn Fälle von reiseassoziierten Legionella‐Infektionen wurden 2011 von ELDSNet (European Legionnaires' Disease Surveillance Net) oder von den zuständigen Gesundheitsbehörden bei ausländischen Touristen, die während der möglichen Expositionszeit (2‐10 Tage vor Erkrankungsbeginn) in österreichischen Beherbergungsbetrieben übernachtet hatten, an die Referenzzentrale gemeldet. Dabei handelte es sich um Touristen aus den Niederlanden (n=4), Deutschland (n=3), England (n=2), Dänemark (n=2), Frankreich (n=1) und aus Slowenien (n=1). Der kausale Zusammenhang zwischen Infektion und Benutzung der TWE‐Anlage des Beherbergungsbetriebs erwies sich in drei Fällen durch den Nachweis von L. pneumophila Serogruppe 1 in der TWE‐Anlage des verdächtigten Beherbergungsbetriebes als wahrscheinlich. 8
Labordiagnostische Methoden Der Nachweis von Legionella‐Antigen im Harn als diagnostische Methode nahm von 1997 (3/20; 15 %) an steil zu. Im Jahr 2010 wurden 80 % der Fälle und im Jahr 2011 67 % der Fälle hauptsächlich mit dieser Methode diagnostiziert. Die serologische Diagnostik mittels spezifischen Antikörpernachweis ist seit 1999 (20/43; 46,5 %) deutlich rückläufig und wurde im Jahr 2011 bei 11,7 % der Fälle für die Diagnose der Legionella‐Infektion herangezogen. Tabelle 3: Jährliche prozentuelle Verteilung der hauptsächlichen labordiagnostischen Nachweismethode der Legionella‐Infektionen in Österreich, 2002‐2011 Jahr / Fallzahl / % Diagnostische Methode Kultur Serologie PCR Legionella‐
Antigen im Harn‐ 2002 2003 2004 2005 2006 2007N= 2008N
N=51 N=51 N=59 N=65 N=69 108 =100 2009 2010 2011N
N=92 N=80 =103 21,6 15,7 15,3 23,1 21,7 20,4 17,0 20,7 13,8 16,5 25.5 13,7 13,6 10,8 7,3 7,4 6,0 9,8 5,0 11,7 2,0 0,0 3,4 6,2 1,5 1,9 0,0 2,2 1,3 4,9 51,0 70,6 67,8 60,0 69,6 70,4 77,0 67,4 80,0 67,0 Der Anteil des kulturellen Keimnachweises an allen diagnostischen Methoden schwankte in den Jahren 2002‐2010 zwischen 13,8 % und 23,1 %. Im Jahr 2011 wurde in 16,5% der Fälle ein kultureller Erregernachweis (17/103) erbracht (Tabelle 3). Die Kultur ist nach wie vor eine unverzichtbare Methode in der Diagnostik der Legionellose. Bei der Feststellung der Infektionsquelle stellt der molekularbiologische Vergleich von Patientinnen‐ bzw. Patienten‐Isolat mit Wasser‐Isolat die stärkste Beweisführung dar. Daher sollte bei Patientinnen und Patienten mit positivem Legionella‐Harn‐Antigentest so rasch wie möglich geeignetes respiratorisches Probenmaterial (Bronchialsekret, bronchoalveoläre Spülflüssigkeit oder Sputum) für den kulturellen Nachweis von Legionellen an die NRLI eingesandt werden. Auch bei Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Legionärskrankheit und negativem Legionella‐Harn‐Antigentest ist die Untersuchung von respiratorischen Sekret mittels molekularbiologischer Methoden und der Kultur unabdingbar, denn nur auf diese Weise sind Fälle sicher zu diagnostizieren, die durch L. pneumophila der Serogruppen 2–15 oder durch Legionellen anderer Species verursacht werden. Humane Legionella‐Isolate in Österreich Im Jahr 2011 wurden bei 17 Fällen Legionellen kulturell gewonnen: Bei 15 Fällen L. pneumophila Sg. 1, bei einem Fall L. pneumophila Sg. 8 und in einem Fall 9
L. bozemanii. Von den 220 seit 1991 in Österreich von Fällen mit Legionärskrankheit kulturell gewonnenen Isolaten (Tabelle 4) gehörten 87,3 % (n=192) zu L. pneumophila Sg. 1, 9,1 % (n=20) zu L. pneumophila anderer Serogruppen; ein Isolat war nicht weiter typisierbar. In 3,6 % der Isolate wurden non‐pneumophila Legionellen nachgewiesen (3 x L. micdadei, 3 x L. longbeachae und 2 x L. bozemanii). Tabelle 4: Legionella‐Isolate von kulturell bestätigten Fällen einer Legionärskrankheit (N=220), Österreich, 1991‐2011 (n.t. = nicht typisierbar) Legionella species L. pneumophila Serogruppe Anzahl % 212 96,36 L. pneumophila 1 192 87,27 L. pneumophila 2 2 0,91 L. pneumophila 3 6 2,73 L. pneumophila 4 1 0,45 L. pneumophila 5 1 0,45 L. pneumophila 6 2 0,91 L. pneumophila 8 2 0,91 L. pneumophila 10 5 2,27 L. pneumophila L. micdadei n.t. ‐ 1 3 0,45 1,36 L. longbeachae ‐ 3 1,36 L. bozemanii ‐ 2 0,91 Total 220 100 Warmwasserbecken‐assoziierter Ausbruch in einem Wellness‐Hotel, 2010/2011 Zum Jahresbeginn 2011 wurden zwei Fälle von Legionärskrankheit aus Vorarlberg gemeldet, die während der möglichen Inkubationszeit auch ein Warmwasserbecken mit aerosolbildenden Attraktionen in einem Wellness‐Hotel in Vorarlberg benutzten. Nachdem dieses Hotel bereits im April 2010 im Zusammenhang mit einem Legionellose‐Fall bei einem deutschen Touristen genannt worden war, wurden unverzüglich Umgebungsuntersuchungen vorgenommen und Sanierungsmaßnahmen eingeleitet. Insgesamt wurden 13 Ausbruchs‐Fälle mit Krankheitsbeginn zwischen 28. 12. 2010 und 30. 1. 2011 identifiziert (Abbildung 6). Zehn Betroffene waren Männer, drei waren Frauen im Alter zwischen 37 und 78 Jahren (Median: 60 Jahre). Alle Patientinnen und Patienten überlebten. 10
Abbildung 6: Ausbruch von Legionärskrankheit im Zusammenhang einem Wellness‐Hotel in Vorarlberg Index Fall (Deutscher Tourist)
Bestätigter Legionella‐Ausbruch Fall (n=11)
Anzahl der Fälle
Wahrscheinlicher Legionella‐Ausbruch Fall (n=2)
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Index Fall
12 13 14 15 16 17 18 19 20
47 48 49 50 51 52 53
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12
Kalenderwoche 2010
2011
Elf Fälle waren durch Legionella‐Antigen im Harn bestätigt und zwei waren wahrscheinliche Fälle (=epidemiologischer Zusammenhang). Bei einem Patienten gelang es zudem aus dem Sekret des Respirationstraktes Legionellen zu kultivieren und es wurde Legionella pneumophila Serogruppe 1, MAb (monoklonaler Antikörper)‐Typ Allentown/France, ST (Sequenztyp) 82 nachgewiesen. Die Ergebnisse der Umgebungsuntersuchungen bestätigten den epidemiologischen Verdacht, dass das Warmwasserbecken mit aerosolbildenden Attraktionen die Ausbruchsquelle war. Im Beckenwasser wurde jener Legionellen‐Typ nachgewiesen, der mit dem Patientenisolat in Serotyp und Genotyp übereinstimmte. Als eigentliche Quelle der Beckenwasserkontamination stellte sich der Mehrschichtfilter der Aufbereitungsanlage für das Beckenwasser heraus (Tabelle 5). In der neuen Bäderhygiene‐Verordnung [3] wird zu Recht die routinemäßige Untersuchung einer Probe vom Filterablauf gefordert, um Verkeimungen der Aufbereitungsfilter von Beckenbädern zu erkennen und somit Legionellen‐Ausbrüche zu verhindern. In der Trinkwassererwärmungs‐Anlage des Hotels und Wellness‐Bereiches wurden ebenfalls Legionellen nachgewiesen, die sich jedoch eindeutig vom Ausbruchsstamm unterschieden. 11
Tabelle 5: Umgebungsuntersuchung auf Legionellen in Wellness‐Hotel in Vorarlberg (KBE = koloniebildende Einheiten; Sg. = Serogruppe, MAb = monoklonaler Antikörper) Probenahmedatum 17. 1. 2011 25. 1. 2011 17. 1. 2011 Legionella pneumophila KBE in 100 ml/Sg/MAb‐Typ Entnahmestelle 210 Sg. 1 MAb‐Typ Allentown/France 7.000 ‐ 11.000 Sg. 1 MAb‐Typ Allentown/France Warmwasserbecken, Mehrschichtfilter‐Ablauf MAb‐Typ Philadelphia MAb‐Typ Olda 3 ‐ 4.800 Sg. 10 TWE‐Anlage; 2 ‐ 1.200 Sg. 3 Warmwasser, Duschen 6 Sg. 6 Warmwasserbecken, Beckenwasser Diskussion Die Auswertung der Surveillance‐Daten über die Legionärskrankheit in Österreich veranschaulicht klar den Nutzen einer epidemiologischen Überwachung dieser Infektionskrankheit. Eine rasche Fallfindung und Fallmeldung macht eine frühzeitige Abklärung der Infektionsquellen möglich. Bei kulturell bestätigten Legionellose‐Fällen ermöglichen molekularbiologische Vergleichsanalysen von Patientinnen‐ bzw. Patienten‐Isolaten und Wasser‐Isolaten eine Beweisführung beim Nachweis von Infektionsquellen. Neben der im April 2005 von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) herausgegebenen Leitlinie zur „Kontrolle und Prävention der reiseassoziierten Legionärskrankheit“ [4] gibt es seit Jänner 2007 die ÖNORM B 5019, die inzwischen überarbeitet wurde und im April 2011 neu erschienen ist [5]. Im Oktober 2009 wurde von der AGES und dem BMG eine "Checkliste zur Einschätzung des Risikos für eine Exposition gegenüber Legionellen bei Kontakt mit zentralen Trinkwasser‐
Erwärmungsanlagen und anderen Wasser führenden Systemen" [6] vorgestellt. Diese Dokumente fassen die vielfältigen Maßnahmen zur Verhütung der Legionärskrankheit zusammen. Danksagung All jenen Personen, die im Rahmen des Legionella–Meldesystems der NRLI Informationen geliefert haben, sei herzlich gedankt. Weiters bedanken wir uns bei den involvierten Bezirksgesundheitsbehörden für die Unterstützung bei den Bemühungen zur Verhinderung der Legionärskrankheit. 12
Referenzen [1] Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend. Epidemiologisches Meldesystem, Benutzerhandbuch, Fachlicher Teil, 1. Auflage‐ BMGFJ, Wien, 2008: 1‐128. [2] Von Baum H, Ewig S, Marre R, Suttorp N, Gonschior S, Welte T, Lück C (2008) Competece Network for Community Acquired Pneumonia Study Group. Community‐acquired Legionella pneumonia: new insights from the German competence network fpr community acquired pneumonia. Clin Infect Dis. 46:1356‐1364. [3] Republik Österreich. Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit über Hygiene in Bädern, Warmsprudelwannen (Whirlwannen), Saunaanlagen, Warmluft‐ und Dampfbädern und Kleinbadeteichen (Bäderhygieneverordnung 2012 – BHygV 2012). Fassung vom 07.08.2012. [4] AGES ‐ Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH. und Bundesministerium für Gesundheit und Frauen: Kontrolle und Prävention der reiseassoziierten Legionärskrankheit, Strategie zur Minimierung des Risikos einer Legionella‐Infektion in Beherbergungsbetrieben. April 2005 (www.ages.at). [5] ÖNORM B 5019, "Hygienerelevante Planung, Ausführung, Betrieb, Überwachung und Sanierung von zentralen Trinkwasser‐Erwärmungsanlagen" Ausgabe 2011‐04‐15. ON Österreichisches Normungsinstitut (Austrian Standards Institute), Wien. [6] AGES ‐ Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH. und Bundesministerium für Gesundheit: Checkliste zur Einschätzung des Risikos gegenüber Legionellen bei Kontakt mit zentralen Trinkwasser‐Erwärmungsanlagen und anderen wasserführenden Systemen, Oktober 2009 (www.ages.at). 13
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