PDF - AIDS-Hilfe Frankfurt eV

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Fachbereich Psychosoziales / Prävention
Fachbereich Psychosoziales / Prävention
Prävention für Männer,
die Sex mit Männern haben (MSM)
MainTest, Primärprävention und
Safer-Sex-Team
Jahresbericht 2015
AIDS-Hilfe Frankfurt e.V. • Fachbereich: Psychosoziales/Prävention • Friedberger Anlage 24 • 60316 Frankfurt am Main
Tel. 069/405868-0 • Fax: 069/405868-40 • [email protected] • www.frankfurt-aidshilfe.de
Fachbereich Psychosoziales / Prävention
2 Fachbereich Psychosoziales / Prävention
Inhalt
MainTest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.
4
Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.1. Ein Drittel der HIV-Infizierten in Deutschland wissen
nichts von ihrer Infektion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 MainTest – Das Beratungs- und Testangebot der AIDS-Hilfe Frankfurt . . . . . . . 4
1.3. Projektdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.4. Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.5. Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.6. Statistik und Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Primärprävention/Love Rebels. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.1. Arbeitsweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.2. Präventionspartner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.3. Präventionsthemen 2015. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.4. Love Rebels – Das Safer.Sex.Team der AIDS-Hilfe Frankfurt e.V. . . . . . . . . . . . . 9
2.5. Eckpunkte der Arbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.6. Health-Support bei Gayromeo.com . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.7. Aktionen 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.8. Vernetzung und Lobbyarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.9. Neuerungen 2015. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.10.Resümee und Ausblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
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MSM Prävention 2015
MainTest
1. Hintergrund
Etwa 3.200 Menschen haben sich 2014 in Deutschland neu mit dem HI-Virus infiziert. Wie in den zurückliegenden Jahren auch, stellte die Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), mit Abstand
den größten Anteil an Neuinfizierten. Etwa 40% der Menschen mit HIV und AIDS leben in den Großstädten
Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. In Frankfurt am Main leben schätzungsweise mehr als 3.000 HIV-Infizierte. Pro Jahr kommen zirka 100 Infizierte hinzu.
1.1. Ein Drittel der HIV-Infizierten in Deutschland wissen nichts von ihrer Infektion
Viel hat sich durch den medizinischen Fortschritt in der Behandlung von HIV und AIDS in den letzten Jahren verändert. Aufgrund der enormen Erfolge in der medizinischen Behandlung hat sich AIDS im letzten
Jahrzehnt von einer tödlichen Krankheit zu einer langsam verlaufenden chronischen Erkrankung gewandelt. Allerdings nur – und das muss man immer wieder betonen – bei wirksamer Therapie. Die Wirksamkeit
der Therapie hängt allerdings von einer frühzeitigen und streng kontrollierten Diagnostik und medizinischen
Versorgung ab. Mit diesen durch die Medizin ermöglichten Lebensverbesserungen für Menschen mit HIV
und AIDS hat der HIV-Test eine zentrale Rolle bekommen.
1.2. MainTest – Das Beratungs- und Testangebot der AIDS-Hilfe Frankfurt
„MainTest“ macht vor allem der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), ein intensives
Informations- und Beratungsangebot in Kombination mit der Testmöglichkeit – zeitnah zum Risiko einer
möglichen Infektion. Die professionelle wie persönliche Erfahrung der Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Frankfurt
im Bezug auf schwule Lebensweisen und Lebenswelten ist zugeschnitten auf die Haupt-Zielgruppe. Diese
Kompetenz schafft bei den Angesprochenen das nötige Vertrauen, Intimes ohne Angst vor Bewertung zu
besprechen.
„MainTest“ wird gezielt unter MSM beworben. Anderen Personengruppen steht das Angebot aber rundsätzlich auch offen.
Über „ MainTest“ können MSM
• ausführlich ihr individuelles Risikomanagement im geschützten Rahmen reflektieren;
• ihr persönliches HIV-Infektionsrisiko zeitnah abklären;
• feststellen, ob eine HIV-Infektion besteht oder nicht;
• bei einer erfolgten HIV-Infektion sofort weitere psychosoziale und medizinische Betreuung bekommen;
• feststellen, ob eine Syphilis-Infektion vorliegt.
1.3. Projektdurchführung
Beratung und Test werden in den Räumen der „AG36“, Schwules Zentrum der AIDS-Hilfe Frankfurt, angeboten. Ein Arztzimmer ist zu den Öffnungszeiten (montags von 17 bis 19.30 Uhr) für die Blutentnahme
hergerichtet. Als BeraterInnen stehen sämtliche hauptamtlichen MitarbeiterInnen der AG36 und der Beratungs- und Fachstelle der AIDS-Hilfe Frankfurt zur Verfügung. Zwei BeraterInnen sind gemeinsam mit
einem Arzt, einer Ärztin (Kooperationspartner ist seit Mitte 2013 das Frankfurter Infektiologikum; dahinter
verbergen sich die beiden hiesigen HIV-Schwerpunktpraxen; zwei Ärzte des Infektiologikums sowie eine
weitere Frankfurter Ärztin bilden das Ärzteteam) vor Ort. Im Empfangsbereich sind speziell geschulte
ehrenamtliche Kräfte eingesetzt. Die psychosoziale Erstberatung erfolgt durch die BeraterInnen; ein ergänzendes Gespräch mit dem Arzt, der Ärztin ist möglich. Die anschließende medizinische Abklärung,
Test-Durchführung und Blutentnahme erfolgt nur durch die Ärzte, die auch die Diagnose mitteilen. Im
Falle eines reaktiven Testergebnisses wird ein Bestätigungstest im Labor des Infektiologikums durchgeführt. Das Ergebnis wird dann erst 3 Tage nach dem Test mitgeteilt. Auf Wunsch der Klienten ist ab dem
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Fachbereich Psychosoziales / Prävention
Vorliegen eines reaktiven Ergebnisses eine intensive psychosoziale Unterstützung durch die BeraterInnen
möglich und wird aktiv angeboten.
„MainTest“ steht als Beratungs- und Testangebot auch den Klienten des benachbarten Stricherprojekts KISS der AIDS-Hilfe Frankfurt zur Verfügung. Die KISS kann also ihre Erfahrungen mit der Zielgruppe
„mann-männliche Prostitution“ gezielt in „ MainTest“ einbringen und ohne größeren Aufwand seine Angebotspalette um den HIV-Test erweitern.
1.4. Ziel
Über „MainTest“ wird die in Deutschland am stärksten durch HIV betroffene Gruppe der MSM effektiv
erreicht. Über das von allen MitarbeiterInnen getragene, Lebensweisen akzeptierende Konzept der AIDSHilfe Frankfurt, die Mitarbeit vieler schwuler Männer in fast allen Projekten und die regelmäßige Präsenz
des Präventionsteams „Love Rebels“ in der schwulen Szene, wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, Männer,
die Sex mit Männern haben, durch „MainTest“ besonders gut zu erreichen. Auf diese Weise kann das
individuelle Präventionsverhalten unterstützt und die Infektionskette durch frühzeitiges Erkennen neuer
HIV-Infektionen unterbrochen werden.
1.5. Kooperationen
Das Projekt „MainTest“ wird von der AIDS-Hilfe Frankfurt eigenständig, in enger Zusammenarbeit mit Ärzten des Infektiologikums Frankfurt (HIV-Schwerpunktpraxen Stresemannallee/Friedensstraße) und einer
weiteren kooperierenden Ärztin durchgeführt. Das Infektiologikum stellt nach der Mitteilung des Testergebnisses für Menschen, bei denen über „MainTest“ eine Infektion festgestellt wird, am nächsten Tag
(bzw. sehr zeitnah) Sprechzeit zur Verfügung, um eine unmittelbar anschließende Untersuchung und ggf.
Behandlung anzubieten. Die betreffenden Personen werden auf dieses Angebot aufmerksam gemacht und
erhalten zusätzlich eine Liste mit sämtlichen HIV-Schwerpunktbehandlern in Frankfurt am Main.
1.6. Statistik und Auswertung
2015 hat sich der „MainTest“ als vorwiegend von MSM nachgefragter HIV-Schnell- und Syphilistest
weiter etabliert, und auch die Ausweitung in 2014, mit Hepatitis B- und Hepatitis C Tests, hat sich 2015
etabliert und wird gut von den Klienten angenommen.
Vor allem in der zweiten Jahreshälfte zeigte sich ein spürbarer Anstieg der Zahl der Testanten. An mehreren Abenden fanden sich mehr als 30 Personen im SWITCHBOARD ein (in der Spitze waren es 40), um
den Test nachzufragen. Mit dieser Zahl von Testanten ist die Kapazität des Berater- und Ärzteteams mehr
als erreicht und größtenteils auch überschritten. Diese Nachfrage führt dazu, dass in 2016 eine Erweiterung des Testangebots an einem weiteren Tag erfolgt.
An 50 (2014=47) Abendterminen fanden insgesamt 1402 Tests statt, durchschnittlich also 28 Tests
pro Abend. Davon waren 824 HIV-Tests (2014=724) – noch mal eine deutliche Steigerung gegenüber dem
Vorjahr – 328 (2014=314) Syphilis- und 250 (2014=113) Hepatitis-Tests.
730 Personen gaben an, männlich zu sein, 128 weiblich, und 21 Menschen machten keine Angaben
hierzu. 531 (2014=395) der Männer in Beratung waren MSM, 331 (2014=217) heterosexuell. Somit
stieg der Anteil Heterosexueller, die die Testberatung im Rahmen des „MainTests“ in Anspruch nahmen,
stark an. Der Trend von 2014, heterosexuelle Paare, hat sich weiter gesteigert. Der größte Teil der Testanten ist immer noch homo- oder bisexuell. Damit konnte der Anteil der primären Zielgruppe des „MainTests“
im Vergleich zum Vorjahr noch einmal gesteigert werden.
Insgesamt fanden 875 Beratungen statt, wonach bei 27 Personen entweder kein Test notwendig war
bzw. sich diese entschieden, nicht am Testangebot teilzunehmen. Der übergroße Anteil der Personen, die
beraten wurden, ließ sich danach auf HIV testen.
Bei den 779 durchgeführten HIV-Tests gab es sechs Mal ein positives Testergebnis, allesamt Männer,
die Sex mit Männern haben. 2014 waren es acht von 724.
328 Personen ließen sich auf Syphilis testen. 16 davon hatten einen positiven Titer, 2014 waren es
12 von 314 Tests.
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MSM Prävention 2015
Das Hepatitis-B und -C Angebot nahmen insgesamt 250 Personen wahr. Bei sieben wurde Hepatitis
B festgestellt
Die Altersstruktur der Testanten liest sich wie folgt:
Alter
2015
2014
< 20 Jahre
23
13
20-29 Jahre:
319
192
30-39 Jahre:
277
178
40-49 Jahre
150
137
50-59 Jahre
74
44
> 60 Jahren
18
10
keine Angaben
16
4
Die Zahlen belegen, dass der „MainTest“ auch weiterhin die Hauptzielgruppe für den HIV-Schnelltest
(und auch für den Syphilis-Test) durch sein szenenahes, anonymes und alternatives Angebot erreicht. Weit
mehr als zwei Drittel der Menschen, die sich montagabends in der Alten Gasse einfinden, sind schwule
oder bisexuelle Männer, die meisten davon zwischen 20 und 40 Jahren. Zwar ist der Prozentsatz an reaktiven Testergebnissen sehr niedrig. Dennoch führt gerade ein erfolgreich durchgeführtes Testangebot für
MSM, die erfahrungsgemäß durch Prävention nur schwer erreichbar sind, gleichzeitig aber die Personengruppe darstellen, die hierzulande in besonderer Weise gefährdet ist, sich mit HIV zu infizieren, notwendigerweise zu einem Anstieg der vermeldeten Neuinfektionen. Die unleugbaren positiven Effekte solcher
entdeckter HIV-Infektionen durch den Test: Wer frühzeitig über seine HIV-Infektion Bescheid weiß, hat viel
bessere Therapiechancen und gewinnt Lebensqualität und Lebensdauer. Zugleich ist der HIV-Test auch
ein Präventionsinstrument, denn je mehr Menschen von ihrer HIV-Infektion wissen und sich behandeln
lassen, desto weniger HI-Viren sind in der Gesellschaft in Umlauf.
Damit sind der „MainTest“ und die damit einhergehende Beratung ein wesentlicher Strang wirksamer
Prävention. Der zweite wesentliche Strang ist die Primärprävention der AHF, die im folgenden Kapitel dargestellt wird
6 MSM Prävention 2015
Fachbereich Psychosoziales / Prävention
Primärprävention/ /Safer.Sex.Team „Love Rebels“
Der Bereich „Primärprävention für schwule Männer und Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)/
Bereich „Love Rebels“ hat mehrere Arbeitsschwerpunkte: zum einen die praktische Umsetzung primärpräventionistischer Ziele in Form von Kampagnen und Aktionen inklusive der Betreuung und Organisation des
ehrenamtlichen Safer.Sex.Teams „Love Rebels“.
Die Entdramatisierung von AIDS aufgrund der verbesserten Behandelbarkeit und die veränderte öffentliche Wahrnehmung führten in den letzten Jahren zunehmend zu einem Safer-Sex-Verhalten, das
nicht mehr von totaler Risikovermeidung, sondern von einem individuellen Risikomanagement geprägt ist.
Der medizinische Fortschritt nährt zum Teil illusionäre Hoffnungen auf einfache Therapiemöglichkeiten
und verstärkt die falsche Erwartung, dass heute, morgen oder übermorgen sicherlich die richtigen Medikamente zur Verfügung stünden, die AIDS zu einer heilbaren Krankheit machen. Gleichzeitig steigt die
Hemmschwelle, Themen wie HIV und AIDS offen anzusprechen. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig und
haben sowohl mit den eigenen Ängsten als auch mit der immer noch hohen Diskriminierung von Positiven
in der schwulen Szene und der Allgemeinbevölkerung zu tun.
Ebenfalls ist ein fehlendes „AIDS-Gedächtnis“ in der neuen schwulen Generation zu beobachten. Parallel zur veränderten öffentlichen Wahrnehmung und der oben beschriebenen Entdramatisierung von AIDS
wächst eine neue Generation schwuler Männer ohne die tief verwurzelten, traumatischen Erfahrungen und
Bilder der 1980er-Generation auf.
Die Lebensmodelle und Lebenswelten von MSM werden zunehmend vielfältiger. Die persönliche Identität wird nicht mehr ausschließlich über die sexuelle Orientierung bestimmt, und die Kontaktaufnahme
findet immer häufiger im virtuellen Raum statt. Hierdurch besteht für viele MSM keine Notwendigkeit
mehr, gezielt homosexuell ausgerichtete Örtlichkeiten aufzusuchen. Beispiele hierfür sind die alltägliche
Nutzung des Internets sowie die Nutzung mobiler Apps auf dem Handy. Ewiggleiche „Safer-Sex-Litaneien“
mit den klassischen Präsentationsmitteln Plakat-Postkarte-Broschüre veranlassen allein schon lange nicht
mehr zur Selbstreflexion. Eine individuelle Auseinandersetzung mit solchen Materialien lässt sich zudem
nur schwer beeinflussen. Gibt es Unsicherheit in der eigenen sexuellen Identität, behindert dies oft die
objektive Wahrnehmung eigener sexueller Wünsche und Bedürfnisse. Sexualität wird dann eher spontan
und losgelöst von der sonstigen Lebensrealität gelebt. Für ein bewusstes Abschätzen möglicher Gefährdungen ist somit wenig Raum.
2.1. Arbeitsweise
Um primärpräventive Botschaften „an den Mann“ zu bringen, sind sowohl ein wachsames Auge für aktuelle Themen und Entwicklungen sowie eine inhaltliche Auseinandersetzung der Präventionsmitarbeiter mit
ebensolchen Voraussetzung. Gemeinsam erarbeitet der hauptamtliche Mitarbeiter mit seinen ehrenamtlichen Helfern die wahrgenommenen Themenkomplexe und setzt deren Inhalte zielgruppentauglich um.
Hierfür wird sich szenespezifischer Sprachmittel wie auch visuell unterstützender Materialien bedient. Des
Weiteren kümmert sich der hauptamtliche Mitarbeiter um den Einkauf benötigter Utensilien, wie Giveaways oder auch Kostüme, konzipiert themenspezifische Printmedien und koordiniert deren Bestellung.
Das ehrenamtliche Team verteilt schließlich die fertigen Kampagnen-Materialien in verschiedenen Aktionsformen an Orten schwulen Lebens. Bei Großveranstaltungen begleitet der hauptamtliche Mitarbeiter
unterstützend das Team.
2.2. Präventionspartner
Eine Einbindung der Szenewirte und der Betreiber von Orten sexueller Begegnung, wie Saunen und Pornokinos, wurde erstmalig 2007 durch das Aufstellen von Informationsständern gewährleistet. Durch die
veränderte Szenelandschaft und den Wegfall vieler Treffpunkte und homosexuell orientierter Lokalitäten
sind individuelle Absprachen und Arrangements notwendig geworden. So vereinbart der hauptamtliche
Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen mit den verbliebenen Szenewirten, Partyorganisatoren und Be-
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Fachbereich Psychosoziales / Prävention
MSM Prävention 2015
treibern von Orten sexueller Begegnung veranstaltungsspezifische Materiallieferungen sowie thematisch
passende Präventionsaktionen vor Ort. In 2015 war dies unter anderem mit dem KUSS41, dem LesbischBi-Schwul-Asexuell-Trans*-Hetero-Pansexuell-Inter*-Queeren Jugendzentrum, dem Frankfurter Lederclub
(FLC), der Inches Sex Party und dem GrandSeven möglich.
2.3. Präventionsthemen 2015
Anders als in den vergangenen Jahren, wurden in 2015 weniger Materialien für die Vor-Ort-Arbeit produziert. Vielmehr stand 2015 ganz unter dem Motto „Endlich 18!“. Dieser Ausruf ist zum einen als Metapher
für die vielseitigen Möglichkeiten zu verstehen, die sich für uns als volljährige Menschen eröffnen, und
zum anderen als Sinnbild des 18-jährigen Bestehens des Frankfurter Präventionsteams. Unter diesem
Sammelbegriff fanden in 2015 alle primärpräventiven Aktionen statt. Ergänzend hierzu wurden bewährte
Flyer auch weiter mitverteilt. Einige davon wurden zweisprachig (mit kurzem englischen Text) aufgelegt,
andere inhaltlich und graphisch überarbeitet.
Die Flyerserie zu den häufigsten Sexunfällen:
• Sexunfälle Teil 1 Wunder Arsch (Allergische Reaktion)
• Sexunfälle Teil 2 Frenulum-Riss (Verletztes Vorhautbändchen)
• Sexunfälle Teil 3 Einläufe (Analspülungen)
• Sexunfälle Teil 4 Bodyshaving (Intimrasur)
Allgemeine Sextipps in speziell gefertigten Flyern zu verschiedenen Anlässen:
• Karnevalsflyer zum Thema Alkohol
• Osterflyer zum Thema Analsex
• CSD Dating Card (Daten, aber sicher) weiter in der Neuauflage
• Endlich 18 Happy Pride CSD-Flyer mit den wichtigsten Verkehrsregeln
• Endlich 18 Der Sexführerschein (zum Sommerfest)
• Endlich 18 Der Verkehrstest (Fragebogen zur Erlangung des Sexführerscheins)
• STI-Flyer Thema Feigwarzen
• STI-Flyer Thema Syphilis
• QR-Code Flyer Hepatitis mit Verknüpfung an die Homepage der AIDS-Hilfe Frankfurt
• QR-Code Flyer Syphilis mit Verknüpfung an die Homepage der AIDS-Hilfe Frankfurt
• QR-Code Flyer Tripper mit Verknüpfung an die Homepage der AIDS-Hilfe Frankfurt
• Urinspiele
• Poppers
• Kondomtipps (zum richtigen Gebrauch)
• MainTest mit Hinweis auf das Syphilis- und Hepatitis B & CTestangebot
• Frauenspiele
• Sexiquette (über den fairen Umgang miteinander beim Sex)
• Besser blasen
• FAQ – Schwule Fragen zu HIV
• Die Poschüre (in Kooperation mit SP5)
Die verwendeten Give aways wurden jeweils gemäß der Thematik der Flyer oder des entsprechenden Anlasses ausgewählt. Kondome und Gleitgel wurden im Rahmen der IWWIT-Kampagne als fertige Sexpacks
(1 Kondom + 1 Sachet 2ml Gleitgel) an die Zielgruppe verteilt. Im Rahmen verschiedener Partys verteilte
das Präventionsteam ebenfalls „Survival-Packs“, in Form fertig gepackter Tütchen mit Kondom, Gleitgel,
Informationen sowie einem Giveaway. Highlight in 2015 war die Aktion „Love Rebels – Endlich18!“, die
sowohl beim Straßenfest der AIDS-Hilfe Frankfurt als auch auf dem CSD großen Anklang fand. Hierfür
animierten die Love Rebels das Publikum, an einem Sex-Fragebogen teilzunehmen, um so an den begehr-
8 MSM Prävention 2015
Fachbereich Psychosoziales / Prävention
ten Sexführerschein zu gelangen. Als Dankeschön gab es natürlich neben dem Führerschein auch noch
Sexpacks, Buttons sowie weitere Giveaways. Wie in den Jahren zuvor, wurde auch in 2015 die personelle
Kooperation mit der IWWIT-Kampagne bei der Wahl zum Mr. Leather Hessen sowie der Wahl zum Mr.
Fetish Germany fortgesetzt.
2.4. Love Rebels – Das Safer.Sex.Team der AIDS-Hilfe Frankfurt e.V.
Die „Love Rebels“ sind eine Gruppe von derzeit neun ehrenamtlich Mitwirkenden, die von einem hauptamtlichen Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Frankfurt koordiniert und geleitet werden. Die Love Rebels sind ein
elementarer Bestandteil der schwulen Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Frankfurt und seit 1997 eng mit
der schwul-lesbischen Szene verbunden. Durch die Motivation der ehrenamtlichen Mitarbeiter konnten in
2015 qualitativ hochwertige und inhaltlich spezialisierte Aktionen und Materialien entwickelt und in der
Zielgruppe gestreut werden. Das hohe Maß an Offenheit und eine freundschaftliche Verbundenheit untereinander, aber auch mit dem hauptamtlichen Mitarbeiter, förderte eine zielorientierte Zusammenarbeit.
An jedem letzten Donnerstagabend im Monat und alle zwei Monate an einem Sonntagnachmittag traf
sich das Safer.Sex.Team zu Sitzungen sowie themenspezifischen Workshops. Dabei wurden alle Aktionen
besprochen und geplant sowie die Themen vorgestellt.
Das alljährliche Treffen der schwulen Präventionsteams aus Hamburg, Köln, München, Berlin und
Frankfurt (kurz SP5), das in diesem Jahr in der Gastgeberstadt Frankfurt hätte stattfinden sollen, musste
leider aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig abgesagt werden.
2.5. Eckpunkte der Arbeit
Das Auftreten der Love Rebels bei Szenetouren wirkt auf das Publikum durch sein auffälliges, aber dabei
einheitliches Erscheinungsbild auf den ersten Blick wie das eines konventionellen Promotion-Teams. Die
Betonung liegt hier auf dem hohen Wiedererkennungseffekt, um das Interesse des Publikums für das Produkt „Information“ zu wecken. Die Aktionen sind erlebnisorientiert und kurzweilig. Das Präventionsteam
präsentiert seine Themen so, dass sie eindeutig, häufig witzig und nicht störend sind. Das Verteilen
von Informationsmaterial und Giveaways (z.B. Gummibärchen oder Kondome/Gleitgel) hat dabei einen
Verstärkungs- bzw. motivierenden Erinnerungswert. Da die Zielgruppe in der Regel ausgeht, um sich zu
amüsieren und nicht, um Auseinandersetzungen zu ihrem Sexualverhalten zu führen, greift die Gruppe nur
kurzfristig in den laufenden Betrieb der jeweiligen Örtlichkeit ein.
Das Interesse der Zielgruppe an Love-Rebels-Einsätzen soll kontinuierlich auf hohem Niveau gehalten
werden. Ein sowohl thematisches als auch medial wandelbares Auftreten steigert die Erreichbarkeit der
Zielgruppe. Der Nutzen einer Aktion muss vor allem in der Vermittlung des behandelten Themas liegen,
nicht in der erwarteten Sachleistung (Kondom). Giveaways dienen in diesem Zusammenhang nur als Anreiz und sind so konzipiert, dass sie besonders an Orten non-verbaler Kommunikation selbsttätig eine für
die Zielgruppe nachhaltige Botschaft unterstützen. Einsatzorte sind die kommerzielle und die nichtkommerzielle Szene in und um Frankfurt, in denen die Zielgruppe „Schwule Männer und MSM“ angetroffen
wird. Die Teilnahme an Events, wie dem CSD und dem Sommerfest der AIDS-Hilfe Frankfurt, unterstützt
die breite Streuung von Themen.
2.6. Health-Support bei Gayromeo.com
Präventionsmitarbeiter verschiedener Projekte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz informieren seit 2007, ähnlich wie in der Vor-Ort-Arbeit, zu Gesundheitsthemen über eigens angelegte HealthSupporter-Profile im Chatportal Gayromeo. Hierfür kontaktieren die Ratsuchenden die Mitarbeiter, die
ihr fundiertes Fachwissen weitergeben. Seit März 2008 betreut Sebastian Macht das Profil „Loverebels“
und beantwortet hier Userfragen zu HIV/AIDS, sexuell übertragbaren Krankheiten, schwuler Gesundheit,
spezifischen Sexpraktiken wie auch schwulem Leben allgemein. In 2015 kamen so über das Chatprofil
„Loverebels“ 542 Beratungen zustande.
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Fachbereich Psychosoziales / Prävention
MSM Prävention 2015
2.7. Aktionen 2015
Der Fokus der Aktionen des Safer.Sex.Teams lag in diesem Jahr auf dem verantwortungsbewussten Umgang mit dem eigenen Körper, der eigenen Sexualität, aber auch der Verantwortung unseren Sexpartnern
gegenüber. Da diese Themen sehr vielschichtig zu betrachten sind, ging die Arbeit in 2015 betont personalkommunikativ vonstatten. Fragen und von der Zielgruppe gesetzte Schwerpunkte fanden in oftmals
intensiven Gesprächen ihren Raum. Im KUSS41, dem LesBiSchwulen Jugendzentrum für Frankfurt, richteten sich die Aktionen auf die Wissensvermittlung über das regelmäßig stattfindende Queer-Quiz. Hier
wurden in regelmäßigen Abständen diese Abende genutzt, um den Jugendlichen relevante Thematiken
spielerisch näherzubringen. Aber auch Orte des direkten sexuellen Geschehens, wie Sexpartys und schwule Saunen, wurden wieder aufgesucht. In 2015 wurden 18 Aktionen von den Love Rebels durchgeführt,
darunter sechs Party- und Kneipentouren, sechs Großveranstaltungen, eine Sexparty sowie fünf QueerQuiz-Abende im KUSS41. Zu den Aktionen zählten unter anderem die Mr. Leather HessenWahl, die Wahl
zum Mr. Fetish Germany, sowie zum Jahresabschluss die Charity After WorkVeranstaltung in der Longe
des GrandSeven. Präventionsaktionen in der Metropolsauna sind mittlerweile ebenfalls fester Bestandteil
einer jeden Kneipentour geworden. Die Love Rebels waren traditionell beim Welt-AIDS-Tag sowohl in der
Paulskirche, beim Trauermarsch sowie beim Verlesen der Namen der Verstorbenen am AIDS-Memorial
dabei.
2.8. Vernetzung und Lobbyarbeit
Die hauptamtlichen Mitarbeiter der schwulen Präventionsprojekte Berlin (mancheck), Hamburg
(Hein&Fiete), Köln (checkup), München (Sub e.V.) und Frankfurt (AG36) treffen sich zweimal jährlich zu
einem SP5Leitungsgremium, in dem auf arbeitspraktischer Ebene ein Austausch stattfindet, der die Arbeit reflektiert und der besonderen Situation ausdifferenzierter Schwulenszenen Rechnung trägt. Darüber
hinaus findet einmal jährlich ein weiterer Erfahrungs- und Informationsaustausch auf Praktikerebene, kurz
SP5-Praktikertreffen, statt. Ziel der Zusammenarbeit ist die gemeinsame Entwicklung von deutschlandweiten Präventionsstrategien und –materialien sowie der Austausch und die Diskussion von aktuellen
Themen, Ideen und Aktionsformen. Dieser Zusammenschluss bildet den Kern der „Bundesarbeitsgemeinschaft schwuler Prävention“, die eng mit der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. zusammenarbeitet. Darüber
hinaus findet eine weitere Vernetzung im Rahmen eines Facharbeitskreises MSM Prävention ebenfalls
zweimal jährlich im Anschluss an das SP5-Leitungsgremium statt. Dieses zeichnet sich durch die Vielfalt
von präventiv arbeitenden Projekten und Institutionen über die fünf bundesweiten Metropolen hinaus aus.
Beide Gremien zusammen stellen einen sinnvollen, sich gegenseitig unterstützenden Verband dar. 2015
mussten diese Treffen erstmalig aus gesundheitlichen Gründen ausfallen.
2.9. Neuerungen 2015
In 2015 konnte die Kooperation mit dem KUSS41 in Form der präventiven Beratung für Schwul-lesbischtransgender-Jugendliche weiter gehalten werden. Neu ist die verstärkte Bedeutung ehrenamtlicher Mitarbeiter, die sich gerade an der Planung und Umsetzung der Queer-Quiz-Abende beteiligen. Der Hintergrund
dieses Projekts bleibt hiervon weiter unberührt. Dieser war und ist folgender:
Immer noch infizieren sich junge Menschen mit HIV oder anderen sexuell übertragbaren Krankheiten,
weil sie entweder nicht ausreichend über mögliche Risiken informiert sind oder aber kein eigenverantwortliches Bewusstsein entwickeln konnten. Schnell werden hier eigene Grenzen überschritten und die Gesundheit gefährdet. Auch nutzen sie in der Regel das bestehende Netz an Beratungsmöglichkeiten seltener. Gründe hierfür sind vielfältig und fangen bei Ängsten an, gehen über Scham bis hin zu Unwissenheit.
2.10. Resümee und Ausblick
Erstmalig in der Geschichte der „Primärprävention für schwule Männer und MSM“ ist ein deutlicher Rückgang der primärpräventiven Aktionen zu verzeichnen. Dieser Umstand ist jedoch mitunter dem weiterhin
um sich greifenden Trend „weg vom traditionellen Ehrenamt hin zum sogenannten neuen Ehrenamt“
10 MSM Prävention 2015
Fachbereich Psychosoziales / Prävention
zuzuschreiben. So ist das zeitliche Kontingent der ehrenamtlich Tätigen weiterhin spürbar rückläufig und
erschwert hierdurch langfristige Planungen.
Komplexe Aktionen waren deshalb mit einem hohen Aufwand verbunden. Die Bereitschaft, langfristige Bindungen an diese Form des Ehrenamts einzugehen, wie auch die freiwillige Übernahme verantwortungsvoller Aufgaben ist kaum noch vorzufinden.
Das Projekt „Primärprävention“ der AIDS-Hilfe Frankfurt konnte in den letzten Jahren eine Grundversorgung der kommerziellen und nichtkommerziellen Schwulenszene mit Informationen weitestgehend aufrechterhalten. Vor-Ort-Einsätze erfolgten trotz spürbarem Rückgang des ehrenamtlichen Engagements in
regelmäßigpunktuellen Abständen über das Jahr verteilt. Nach wie vor liegt das Bestreben auf der Erhaltung einer Peer-to-Peer-Wissensvermittlung in der MSM-Szene und der festen Verankerung wesentlicher
primärpräventiver Ansätze im Bewusstsein der Zielgruppe. Wie dies zu erreichen ist, wird eine der spannenden Aufgaben der nächsten Jahre darstellen. Da die „neuen Medien“, wie Facebook, YouTube, Younow, und mobile Chatportale wie die Gayromeo-App und auch eine immer weiter eingeschränkte zeitliche
Verfügbarkeit im Ehrenamt eine nicht zu leugnende Rolle in der Entwicklung der Präventionsarbeit spielen,
wird die große Herausforderung darin bestehen, neue Wege zu finden und diese zu gehen.
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