aufbau und inbetriebnahme eines hochauflösenden kerr

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AUFBAU UND INBETRIEBNAHME EINES
HOCHAUFLÖSENDEN KERR-MIKROSKOPS
UND TESTMESSUNGEN AN
GDTB-, GDTBFE-, FE- UND FEAU-SCHICHTEN
Diplomarbeit in Experimentalphysik
von
Birgit Vogelgesang
durchgeführt am
Fachbereich Physik
der Universität Kaiserslautern
Unter Anleitung von
Prof. Dr. B. Hillebrands
April 1997
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Theoretische Grundlagen
4
2.1 Magnetooptik
2.1.1Kerr-Effekt
4
6
2.2 Magnetische Anisotropien
14
2.3 Mikromagnetismus
18
3 Das Kerr-Mikroskop
3.1 Aufbauprinzip
3.2 Realisiertes System
3.2.1Mechanischer Aufbau
3.2.2Bildverarbeitung
3.2.3Differenzbildverfahren
3.2.4Magnetische Kontrastentstehung
3.2.5Bestimmung der Auflösung
3.3 Steuer- und Meßprogramm
4 Messungen und Diskussion
24
24
25
26
35
36
37
39
42
44
4.1 Medien der magnetooptischen Datenspeicherung
4.2 Einsatz als polares Kerr-Mikroskops zur Untersuchung von
Seltenerd-Übergangsmetall-Schichten
44
47
4.3 Einsatz als longitudinales Kerr-Mikroskop zur Untersuchung
einer Eisen-Schicht
4.4 Untersuchungen von FeAu-Schichten mit polarem Kerr-Effekt
51
54
5 Zusammenfassung und Ausblick
59
6 Anhang
61
6.1 Verbesserungsmöglichkeiten
6.2 Programmierung
6.2.1Übersicht über die Programm-Befehle
6.2.2Hysteresekurve
7 Literaturverzeichnis
61
65
65
70
71
Kapitel 1 ! Einleitung
________________________________________________________________________
1
Einleitung
Das Wissen über die Struktur und die Eigenschaften von magnetischen Domänen ist essentiell für das Verständnis der (intrinsischen) magnetischen Prozesse in Ferromagneten
und magnetischen Schichtsystemen. Daher suchte man lange nach Wechselwirkungen
von Licht mit magnetischen Feldern, um eine Möglichkeit der Sichtbarmachung von Domänen zu finden.
1846 beobachtete M. Faraday die Drehung der Polarisationsebene von Licht beim Durchgang durch Bleiborsilikatglas, an das in Lichtausbreitungsrichtung ein Magnetfeld angelegt
war.
Der Kerr-Effekt wurde 1876 von John Kerr (1824 - 1907) entdeckt. Er stellte fest, daß linear polarisiertes Licht, das an magnetisierten Eisenspiegeln reflektiert wird, seine Polarisationseigenschaften ändert.
Doch lange wußte man nicht wie man diesen Effekt für die mikroskopische Beobachtung
von magnetischen Domänen ausnutzen kann. Die einzige bisher brauchbare Methode war
die Bitter-Technik [1]. Dazu benutzte man ein Puder, das viele mikrometergroße magnetische Kolloide (Fe3O4) enthielt. Unter dem Einfluß des Gradienten im magnetischen Streufeld wurden diese Partikel zu den Regionen maximalen magnetischen Feldes - den Domänenwänden - hingezogen. Das dadurch entstandene Muster zeigte so die Domänengrenzen und andere magnetische Inhomogenitäten der Probe auf.
Eine verbesserte Methode war die von Craik. Man ging hier zu kleineren Kolloiden mit
Ausmaßen kleiner als 200 Å über, die mittels Cellacol auf die Oberfläche des magnetischen Materials aufgebracht wurden. Den getrockneten Film konnte man von der Probe
abziehen und das entsprechende Bitter-Muster unter einem Elektronenmikroskop betrachten.
Es dauerte noch bis 1951 bis H.J. Williams, F.G. Foster und E.A. Wood erstmals erfolgreich mit Hilfe des Kerr-Effekts die Beobachtung von Domänen verwirklichten [2]. Sie reflektierten linear polarisiertes Licht an einer senkrecht magnetisierten Kobalt-Oberfläche
und wiesen eine Kerr-Drehung von einem Viertel Grad nach. Die Aufnahmen wurden noch
sehr zeitaufwendig gewonnen, waren kontrastarm und besaßen eine niedrige Auflösung.
Also wurde versucht, durch Verbesserung der Kerr-Mikroskopie die gängige Bitter-Technik
zu ersetzen. Man entwickelte ein optisches Differenzbildverfahren [3], benutzte zusätzliche
Kapitel 1 ! Einleitung
_________________________________________________________________________
Interferenzschichten zur optischen Vergütung der Oberflächen [4, 5] und verbesserte Optik
und Beleuchtung [6]. Aber den Durchbruch erfuhr die Kerr-Mikroskopie erst gegen Anfang
der achtziger Jahre mit der Entwicklung der digitalen Bildverarbeitung [7, 8].
Seither ist die Kerr-Mikroskopie zur Standardmethode für statische und dynamische Domänenbeobachtungen geworden, die gegenüber ihren Konkurrenten wie zum Beispiel dem
magnetischen Kraftmikroskop [9] Vorteile besitzt wie:
• einfache Handhabung
• einfacher Aufbau
• beliebiges Anlegen von äußeren magnetischen Feldern
• beliebige temperaturabhängige Behandlungen der Probe
• Beobachtung von zeitlichen Entwicklungen im real-time-Modus
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein kombiniertes polares und longitudinales KerrMikroskop aufgebaut, das mit Hilfe seiner elektronischen Bildverarbeitung in der Lage ist,
Bilder und Meßreihen von magnetischen Proben möglichst schnell und einfach aufzunehmen und auszuwerten. Ziel war es mit modernster digitaler Bildverarbeitung im PC die
Möglichkeiten der konventionellen Kerr-Mikroskopie auszureizen.
Das Mikroskop ist über eine optische Bank aus den optischen Komponenten so aufgebaut,
daß es die Anforderungen an Bildkontrast und Auflösung erfüllt. Der Aufbau entspricht
dem eines Polarisationsauflichtmikroskops. Es wurde kein kommerzielles Auflichtmikroskop benutzt. Diese sind zwar praktikabler in Bezug auf Justierung und Messung, Änderungen im Aufbau sind aber sehr aufwendig. Magnetischen Kontrast erhält man durch die
Verwendung des Polarisators im Beleuchtungsstrahlengang und des Analysators im Abbildungsstrahlengang. Mittels CCD-Kamera ist die Aufnahme der magnetischen Strukturen
möglich, die dann im PC weiter bearbeitet und gespeichert werden.
Durch den modularen Aufbau des Mikroskops läßt es sich auf andere Anforderungen hin
umrüsten. So kann zum Beispiel die Bildverarbeitungselektronik leicht durch eine MOKESensorik [10] ersetzt oder ein zusätzlicher Kompensator eingesetzt werden. Mit dessen
Hilfe kann man quadratische magnetooptische Effekte beobachten oder statt der KerrDrehung die Kerr-Elliptizität sichtbar machen. Geplant ist auch noch eine spätere Erweiterung durch eine Laserstrahleinkopplung zum thermomagnetischen Schreiben auf magnetooptische (MO) Disks bzw. dafür relevante Materialien.
Mit dem realisierten Kerr-Mikroskop wurde in der Arbeitsgruppe eine zusätzliche Meßmethode zu den bereits vorhandenen Apparaturen - Brillouin-Licht-Streuung (BLS), Alter-
-2-
Kapitel 1 ! Einleitung
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nating-Gradient-Magnetometer (AGM), Vibrating-Sample-Magnetometer (VSM), KerrMagnetometer (MOKE) - zur Charakterisierung magnetischer dünner Schichten integriert.
Die Arbeit gliedert sich wie folgt:
In Kapitel 2 wird der theoretische Hintergrund diskutiert, auf dem diese Arbeit aufbaut. Dazu gehören das Verständnis des benutzten polaren und longitudinalen Kerr-Effekts und die
Abhängigkeiten der Effekte von geometrischen Größen. Außerdem ist es unerläßlich, sich
mit dem Mikromagnetismus zu beschäftigen, mit dessen Hilfe man die magnetischen Mikrostrukturen einer Probe beschreiben kann. Es lassen sich so die Entstehung, geometrische Form und Größe von Domänen und Domänenwänden nachvollziehen. Es gibt nur für
sehr wenige Spezialfälle analytische Lösungen, daher werden häufig numerische Verfahren zur Lösung der mikromagnetischen Gleichungen benutzt. Ebenso wichtig ist das Verständnis von Anisotropien, mit deren Hilfe sich Vorzugsrichtungen der Magnetisierung in
einer Probe erklären lassen, die sich in den Symmetrien der Domänenstruktur zeigen. In
der Anwendung spielen Anisotropien überall dort eine große Rolle, wo man die Magnetisierung in einer bestimmten Richtung festhalten will. Dies ist zum Beispiel für magnetische
Speicher der Fall.
Polare Kerr-Mikroskopie wurde bis heute weitgehend zur Untersuchung von Domänen in
Medien der magnetooptischen Datenspeicherung benutzt [11, 12, 13]. Zum Testen des
polaren Mikroskops ist daher eine MO-Disk mit eingeschriebenen Bit-Mustern benutzt worden. Zusätzlich standen noch eine GdFe- und eine GdTbFe-Probe zur Verfügung. Als Vertreter der Legierungen aus Seltenen Erden und Übergangsmetallen (RE-TM) besitzen sie
für MO-Disks relevante Eigenschaften, die hier diskutiert wurden.
Eisen stellt ein bekanntes und häufig untersuchtes System dar [9, 14, 15]. Anhand einer
kristallinen Eisen-Probe ist die Funktion des longitudinalen Kerr-Mkroskops untersucht
worden.
Desweiteren wurden als weitere Testsubstanzen noch FeAu-Vielfachschichten mit dem
polaren Kerr-Effekt gemessen, um zusätzlich Information über die bereits mit BLS und
MOKE untersuchten Proben zu erhalten.
-3-
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
2
Theoretische Grundlagen
2.1
Magnetooptik
Als magnetooptischen Effekt bezeichnet man die Änderung des Polarisationszustandes
von Licht bei Wechselwirkung mit einem magnetisierten Festkörper. Dieser Effekt ist richtungsabhängig bezüglich der Kristallachsen, man spricht deshalb von optischer Anisotropie.
Schickt man linear polarisiertes Licht, das sich als Überlagerung einer rechts- und einer
links-zirkular polarisierten Welle darstellen läßt, durch ein magnetisiertes Material, so ist es
danach im Allgemeinen elliptisch polarisiert. Nach Durchlaufen der Probe besitzen beide
zirkularen Anteile eine Phasendifferenz, die sich auf verschiedene Gruppengeschwindigkeiten für rechts- und links-zirkulares Licht entlang der Richtung der Magnetisierung zurückführen läßt und gegebenenfalls eine Amplitudendifferenz bei absorbierenden Medien.
Daher bezeichnet man diesen Effekt auch als magnetisch induzierte zirkulare Doppelbrechung.
Linear polarisiertes Licht läßt sich durch eine Polarisationsellipse beschreiben, bei der der
zweiten Hauptachse die Länge Null zugeordnet wird. Aufgrund der entstehenden Phasendifferenz der beiden Teilwellen ist die Polarisationsrichtung des ausfallenden Lichtes gegenüber der des einfallenden Lichtes gedreht und zudem das Verhältnis der Hauptachsen
der Polarisationsellipse verändert. Das Licht ist also elliptisch polarisiert.
~ = n + ik beQuantitativ läßt sich dieser Effekt durch den komplexen Brechungsindex n
schreiben, wobei n der reelle Brechungsindex und k der Absorptionsindex ist.
~
Der Brechungsindex ist mit dem Dielektrizitätstensor ε~ und dem Permeabilitätstensor µ
über die Gleichung
n~ 2 = ε~ ⋅ µ~
(1)
verbunden. Beide Größen sind wellenlängenabhängig. Besitzt das einfallende Licht eine
11 -1
~ zu einem konstanten Skalar und
hinreichend hohe Frequenz (ω >> 10 s ), so wird µ
kann gleich eins gesetzt werden. Da diese Bedingung für das optische Spektrum erfüllt ist,
-4-
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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lassen sich die magnetooptischen Effekte durch den komplexen Dielektrizitätstensor hinreichend beschreiben:
ε~ = ε 1 + iε 2
(2)
r
Mittels dieses Tensors läßt sich die dielektrische Verschiebung D im Medium bei anlie-
r
gendem elektrischen Feld E wie folgt darstellen [16]:
r
r
r
r r
D = ε~ ⋅ E = ε 0 E + iε 0 Q ⋅ M × E
mit
 1

~
ε = ε 0  − iQm 3
 iQm
2

iQm3
1
− iQm1
− iQm 2 

iQm1 
1 
(3)
(4)
wobei Q eine Materialkonstante ist, die auch als magnetooptischer Parameter oder Verdet’sche Konstante bezeichnet wird und mi die Komponenten des Einheitsvektors der Magnetisierung sind. In Gleichung (4) ist der komplexe Dielektrizitätsvektor für lineare magnetooptische Effekte im Falle eines kubischen Materials dargestellt. Die dargestellte Form
ergibt sich aufgrund von Symmetrieüberlegungen. Nehmen wir an, daß sich das Medium in
einem in z-Richtung orientierten Magnetfeld befindet, so reduziert sich Gleichung (4) zu:
 1

ε~ = ε 0  − iQm 3
 0

iQm 3
1
0
0

0
1
(5)
ε~ ist also durch eine Drehmatrix darstellbar.
Man kann ε~ entweder experimentell bestimmen oder mit einem theoretischen Modell berechnen. Die erste Methode ist besser geeignet, um reale Systeme zu beschreiben. Die
theoretische Bestimmung ist für das Verständnis der mikroskopischen Mechanismen bei
Wechselwirkung von Licht mit Materie wichtig und wird im Folgenden angesprochen.
Bei Metallen verwendet man statt des Dielektrizitätstensors ε~ auch oft den komplexen
Leitfähigkeitstensor
σ~ = σ 1 + iσ 2 ,
(6)
4π ~
σ
(7)
der über die Beziehung
ε~ = 1 − i
ω
mit ε~ verknüpft ist.
-5-
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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Außer den angesprochenen gibt es noch weitere magnetooptische Effekte, die eine quadratische Abhängigkeit vom Magnetfeld (Voigt-Effekt) zeigen oder dem Gradienten der
Magnetisierung proportional sind [17, 18, 19, 20]. Diese Effekte sind jedoch um Größenordnungen kleiner im Vergleich zu linearen magnetooptischen Effekten - wie der Faradayund der Kerr-Effekt - und sollen im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter behandelt werden.
2.1.1 Kerr-Effekt
Als Kerr-Effekt bezeichnet man die Änderung der Polarisation bei Reflexion an magnetischen Materialien. Zur Bestimmung des vollständigen Polarisationszustandes des Lichtes
muß sowohl die Lage der Hauptachsen gegenüber den Koordinatenachsen als auch die
Elliptizität bestimmt werden. Die charakteristische Größe für den Kerr-Effekt ist der komplexe Kerr-Winkel ΦK.
Φ K = θ K + iη K
(8)
Abbildung 2-1: Charakterisierung des Polarisationszustandes von Licht bei Reflexion an einer
magnetisierten Schicht durch Kerr-Rotation θK und Kerr-Elliptizität ηk. Eein beschreibt das einfallende Licht mit linearer Polarisation (keine zweite Halbachse) und Eaus1, Eaus2 stellen die
beiden Hauptachsen des elliptisch polarisierten Lichts nach der Reflexion dar.
Die Kerr-Rotation θK beschreibt die Drehung der Hauptachse des reflektierten Strahls gegenüber dem einfallenden Strahl. Das Verhältnis der beiden Hauptachsen zueinander gibt
den Tangens der Kerr-Elliptizität ηK an.
-6-
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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r
r
Die Abhängigkeit der Kerr-Drehung von der Magnetisierung M und der Richtung des E Vektors läßt sich aus Gleichung (3) und den Maxwellgleichungen mit passenden Randbedingungen für die Reflexion des Lichtes herleiten [21]. Eine wesentlich anschaulichere Me-
r
r
thode ergibt sich, wenn man das Kreuzprodukt M × E als
K
Lorentz-Kraft interpretiert, die auf die vom Licht zu Schwingungen angeregten Elektronen wirkt. Ohne Magnetisierung
schwingen diese Elektronen parallel zur Polarisationsachse
des einfallenden Lichtes. Durch die Lorentz-Kraft erhält man
N
eine zusätzliche senkrechte Schwingungskomponente und
das reflektierte Licht eine weitere Polarisationskomponente.
θ
K
r
Der normal reflektierten Amplitude N wird die Kerr-Amplir
tude K überlagert. Geht man von einer perfekten Probenoberfläche aus, so hängt die Größe des komplexen KerrWinkels nur noch vom Material, der Sättigungsmagnetisierung, der Wellenlänge des einfallenden Lichtes und dem Einfallswinkel ab.
Abbildung 2-2: Darstellung der Kerr-Amplitude
r
K und der normal rer
flektierten Amplitude N .
Beim Kerr-Effekt lassen sich in Abhängigkeit von der Meßgeometrie drei Fälle unterscheiden (Abbildung 2-3).
Den polaren Kerr-Effekt erhält man bei einer senkrecht zur Oberfläche magnetisierten
Probe. Er ist unabhängig von der Polarisationsrichtung des einfallenden Lichtes. Die
stärkste Drehung erhält man für senkrechten Einfall.
Beim transversalen Kerr-Effekt liegt die Magnetisierung parallel zur Oberfläche und
senkrecht zur Einfallsebene des Lichtes. Dieser Effekt verschwindet für senkrechten Einfall
und verstärkt sich mit zunehmendem Einfallswinkel bis zu einem materialabhängigen Maximum. Für Komponenten des Lichtes, die senkrecht zur Einfallsebene polarisiert sind,
findet keine Drehung statt.
Der longitudinale Kerr-Effekt unterscheidet sich vom transversalen Kerr-Effekt dadurch,
daß die Magnetisierung parallel zur Einfallsebene des Lichtes liegt. Daher findet für jede
Polarisationsrichtung eine Drehung statt. Auch dieser Effekt verschwindet bei senkrechtem
Einfall und nimmt mit steigendem Einfallswinkel zu.
Reale Systeme weisen oft Bereiche unterschiedlicher Magnetisierungsrichtungen auf. Besitzt das Licht bei schrägem Einfall eine Polarisation parallel zur Einfallsebene (pPolarisation), findet eine Überlagerung aus transversalem und longitudinalem Kerr-Effekt
statt. Benutzt man dagegen s-Polarisation (senkrecht zur Einfallsebene), erhält man den
reinen longitudinalen Fall.
-7-
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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Abbildung 2-3: Darstellung des a) polaren, b) transversalen und c) longitudinalen KerrEffektes. Der normal reflektierten Amplitude (offener Pfeil) wird bei Reflexion an einer
magnetisierten Probe die Kerr-Amplitude (schwarzer Pfeil) überlagert. Beim polaren und
longitudinalen Kerr-Effekt erhält man eine Kerr-Drehung. Beim transversalen Kerr-Effekt
ändert sich die Größe der Gesamtamplitude.
Eine mikroskopische Beschreibung magnetooptischer Effekte wurde auf der Basis der
Modelle von Lorentz und Drude möglich [22]. Das sind klassische Theorien, die die
Wechselwirkung von Licht mit Elektronen betrachten, indem diese wie harmonische Oszillatoren behandelt werden.
Die Bewegungsgleichung des harmonischen Oszillators für freie Elektronen in einem in zRichtung weisenden Magnetfeld sieht wie folgt aus:
r
r
r
r
∂ 2r
∂r
∂ r r
2 r
iωt
me ⋅
+
m
⋅
Γ
⋅
+
m
⋅
⋅
r
−
e
⋅
×
B
=
e
⋅
E
ω
0
0 ⋅e
e
e
ext
2
∂ t
∂ t
∂ t
(9)
r
E 0 ⋅ e iωt ist der Beitrag des einfallenden Lichts, me die Elektronenmasse, e die Elementarr
ladung, Bext das externe Magnetfeld und Γ = τ −1 die Dämpfungskonstante bzw. inverse
Relaxationszeit der Elektronen.
-8-
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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Als Lösung für die Bewegung in z-Richtung und die gekoppelten Bewegungen in x- und yRichtung erhält man:
ε zz = 1 + ω p2
1
ω − ω 2 + i Γω
2
0
ε xx = ε yy = 1 + ω p2
ε xy = −ε yx = ω p2
ω 02 − ω 2 + i Γω
(ω 02 − ω 2 + i Γω ) 2 − ω c2ω 2
iωω c
(ω − ω + i Γω ) 2 − ω c2ω 2
2
0
2
( 10 )
( 11 )
( 12 )
Hierbei ist ωc = − eBz m die Zyklotronfrequenz und ω p2 = Ne 2 m ε 0 die Plasmafrequenz.
Die mittels Lorentz-Modell berechneten Reflexionskoeffizienten stimmen in ihrem Dispersionsverhalten zwar qualitativ mit experimentellen Ergebnissen überein, sie sind jedoch einige Größenordnungen zu klein [23].
Die Quantenmechanik brachte eine zusätzliche Erweiterung dieses Modells, die auch den
Spin berücksichtigt und damit auch alle relevanten Bandübergänge und die Spin-BahnKopplung behandelt [22]. Die Wechselwirkung des Lichtes mit der Materie wird als kleine
zeitabhängige Störung im Hamiltonoperator behandelt, die durch die verschiedenen Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen verschiedenen Energiezuständen bei rechts-und
links-polarisiertem Licht gegeben ist. Damit lassen sich die Komponenten des Leitfähigkeitstensors σ~ bzw. des Dielektrizitätstensors ε~ bestimmen. Bei ferromagnetische Materialien sind die Nicht-Diagonalelemente weitgehend auf die Spin-Bahn-Kopplung zurückzuführen. Damit erhält man gute qualitative und quantitative Übereinstimmungen mit experimentellen Daten.
Die Abbildungen 2-4 und 2-5 zeigen zwei Beispiele für Spektren der Kerr-Rotation von Co,
Fe und Ni [24]. In Abbildung 2-4 ist der longitudinale Fall bei einem Einfallswinkel von 45°
dargestellt. Die experimentellen Daten der Kerr-Drehung (gefüllte Symbole) und der KerrElliptizität (leere Symbole) werden mit den theoretischen Werten der Kerr-Drehung (durchgezogenen Linie) und der Kerr-Elliptizität (gestrichelte Linie) verglichen. In a) sind die Werte für Kobalt und in b) die Ergebnisse für Eisen und Nickel dargestellt. Abbildung 2-5 zeigt
die experimentellen Daten a) der Kerr-Drehung und b) der Kerr-Rotation im polaren Fall für
Co, Fe und Ni.
Für alle drei ferromagnetischen Materialien ergibt sich eine gute Beschreibung der experimentellen Daten durch die Theorie. Man erkennt für beide Geometrien eine starke Abhängigkeit des Kerr-Effekts von der Photonen-Energie bzw. von der Wellenlänge des benutzten Lichts. Aufgrund dieser starken Dispersion ist es wichtig, zur Messung des Kerr-Effekts
einer Probe eine Beleuchtung mit verschiedenen Wellenlängen zu ermöglichen.
-9-
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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Abbildung 2-4: Spektrum der Kerr-Drehung und der Elliptizität für (a) Co, (b) Ni und Fe. Es
sind die Ergebnisse für s-Polarisation und p-Polarisation im longitudinalen Fall zusammengefaßt [24].
Abbildung 2-5: Spektrum a) der Kerr-Drehung und b) der Elliptizität des polaren KerrEffekts für Co, Ni und Fe [24].
- 10 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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Komplexe Systeme, wie Vielfachschichten, sind momentan von großem Interesse. Sie lassen sich jedoch aufgrund der komplizierten Wechselwirkungen nicht mehr mikroskopisch
beschreiben. Eine Methode, den Kerr-Effekt makroskopisch zu beschreiben, ist durch die
Fresnelsche Theorie der Reflexion in Verbindung mit der elektromagnetischen MaxwellTheorie gegeben. Dazu werden Transfer-Matrizen benutzt, die bei Mehrfachschichten
nacheinander angewendet werden.
Betrachtet man die Reflexion an einer unendlich dicken magnetischen Schicht, erhält man
einen Zusammenhang zwischen dem elektrischen Feld des einfallenden und des reflektierten Strahls. Die entsprechende Gleichung ist im Jones-Formalismus dargestellt,
E pr  r pp
 r  = r
E s   sp
r ps  E pi 
⋅
r ss  E si 
( 13 )
wobei E pr und E sr die Koeffizienten des reflektierten Lichtes mit paralleler (p) und senkrechter (s) Polarisation in Bezug auf die Einfallsebene sind. Für das einfallende Licht wurde der Koeffizient i benutzt. Die Abbildungs-Matrix nennt man Fresnel-Streu-Matrix, bei der
r ss der Reflexionskoeffizient für s-polarisiertes Licht, r pp der Reflexionskoeffizient für ppolarisiertes Licht und r ps und r sp die magnetooptischen Reflexionskoeffizienten sind.
Aus der Zerlegung des einfallenden linear polarisierten Lichts in zwei zirkulare Komponenten gleicher Amplitude lassen sich dem rechts- und links-zirkular-polarisiertem Anteil je+
-
weils der Reflexionskoeffzient r bzw. r zuordnen. Das reflektierte Licht ist dann den verschiedenen Absorptionskoeffizienten k± entsprechend elliptisch polarisiert und die Hauptachsen gegenüber dem einfallenden Polarisationsvektor aufgrund der unterschiedlichen
Brechzahlen n± gedreht.
Die Reflexionskoeffizienten sind für s-Polarisation folgendermaßen definiert:
r + = r ss + ir ps
( 14 )
r − = r ss − ir ps
( 15 )
Den Zusammenhang mit den komplexen Brechungsidizes erhält man über die folgende
Beziehung für senkrechte Inzidenz:
~± − 1
n
r ± = − ~±
n +1
( 16 )
- 11 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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~ ± gibt dabei den komplexen Brechungsindex für rechts- bzw. links-zirkular-polarisiertes
n
Licht an.
Die „Kerr-Größen“ lassen sich aus den Reflexionskoeffizienten bestimmen. Für spolarisiertes Licht ergibt sich der Zusammenhang:
−
r ps
r ss
≡ Φ K s ≈ θ K s − iη K s
( 17 )
Für p-polarisiertes Licht gilt entsprechend:
r sp
r pp
≡ Φ K p ≈ θ K p − iη K p
( 18 )
Die magnetooptischen Elemente der Streumatrix sind abhängig von der verwendeten Geometrie des Kerr-Effektes und sind im Folgenden für die in dieser Arbeit benutzten Anordnungen zusammengefaßt [26]. Die Diagonalelemente der Jones-Matrix, die man als Fresnel-Formeln bezeichnet, haben die Form:
r ss =
n1 cos θ 1 − n 2 cos θ 2
n1 cos θ 1 + n 2 cos θ 2
( 19 )
r pp =
n 2 cos θ 1 − n1 cos θ 2
n 2 cos θ 1 + n1 cos θ 2
( 20 )
Robinson [25, 26] berechnete mit Hilfe der Maxwell-Gleichungen für den polaren KerrEffekt:
r ps = r sp =
− iQ cos θ 1 ⋅ n1n 2
(n1 cos θ 1 + n 2 cos θ 2 )(n1 cos θ 2 + n 2 cos θ 1 )
( 21 )
und für den longitudinalen Kerr-Effekt:
r ps = −r sp
− iQ sin θ 1 ⋅ cos θ 1 ⋅ n12
=
cos θ 2 (n1 cos θ 1 + n 2 cos θ 2 )(n1 cos θ 2 + n 2 cos θ 1 )
- 12 -
( 22 )
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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Die verwendeten Größen wurden in Anlehnung an Abbildung 2-6 benannt. θ1, θ2 geben
den Winkel zwischen der Strahlrichtung und
der Oberflächennormalen an. Q ist die komplexe Kerr-Amplitude und n1, n2 bezeichnen
den Brechungsindex der beiden Medien.
Abbildung 2-6: Wichtige Größen für
den Kerr-Effekt.
Mittels Gleichung (21) und (22) lassen sich die Abhängigkeiten der Kerr-Amplitude von
dem Einfallswinkel für den polaren und longitudinalen Fall recht einfach berechnen. Im
longitudinalen Fall beträgt der Winkel maximaler Kerr-Amplitude für Eisen etwa 50°, für
Nickel etwa 60° und für Permalloy ca. 40° [25].
Diese Darstellung des Kerr-Effektes durch den sogenannten Jones-Formalismus ist genau wie die phänomenologische Beschreibung durch die Maxwellgleichungen schon seit
der Entdeckung des Kerr-Effektes (1876) bekannt.
Geht man zu dünnen Schichten [27] und Mehrfachschichten [28] über, so gelten diese einfachen Gleichungen nicht mehr. Benutzt man weiterhin den Jones-Formalismus, müssen
zusätzlich Matrizen für die Beiträge der Reflexion und der Transmission jeder Schicht berücksichtigt werden [29].
Eine allgemeine Theorie für die Streuung an komplexen magnetischen Systemen, z. B. an
vergüteten Schichtsystemen, wurde von Hunt 1967 hergeleitet [30].
- 13 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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2.2 Magnetische Anisotropien
Die allgemeine theoretische Beschreibung des geordneten Magnetismus erfolgt durch die
nicht-relativistische Quantenmechanik (QM). Damit läßt sich die Austauschwechselwirkung
beschreiben. Sie ist die Ursache für die parallele Spinausrichtung in Ferromagneten und
die antiparallele Spinausrichtung bei Antiferro- und Ferrimagneten. Die Quantenmechanik
erlaubt die freie Wahl der Spinquantisierungsachse, was wiederum zur Richtungsunabhängigkeit der freien Energie führt. Man erwartet unabhängig von der Probe ein isotropes
Verhalten der Magnetisierung [31].
Experimente haben aber gezeigt, daß die Magnetisierung Vorzugsrichtungen besitzen
kann. Es zeigen sich beispielsweise Anisotropien aufgrund der Kopplung der Magnetisierung an die reale Struktur oder von Symmetrieeigenschaften des Kristalls. Dabei bezeichnet man die Richtungen minimaler freier Energie als magnetisch leichte Achsen und die
Richtungen maximaler freier Energie als magnetisch schwere Achsen.
Die Energie zur Drehung eines Spins aus einer leichten in eine schwere Achse, die soge-8
-3
nannte Anisotropieenergie, beträgt zwischen 10 und 10 eV/Atom, was einem Anisotropiefeld von etwa 0,0011 bis 100 kOe entspricht.
Diese im Allgemeinen kleine Korrektur1 zur totalen magnetischen Energie wird quantenmechanisch durch die relativistische Korrektur des Hamilton-Operators beschrieben. Dadurch ergibt sich eine Spinachsenquantisierung, die physikalisch auf die Spin-BahnKopplung und die Dipol-Dipol-Wechselwirkung zurückzuführen ist.
Wir betrachten im Folgenden die freie Energie in einer Entwicklung nach irreduziblen Darstellungen:
r
F (m) = b0 + ∑ bij ⋅ α i α j +
i,j
∑b
ijkl
⋅ α i α j α k α l + ...
( 23 )
i , j ,k ,l
r
F (m) ist hier nach Potenzen von αi entwickelt, wobei αi die Komponenten des Einheitsr r
vektors m(r ) der Magnetisierungsrichtung sind. In der Entwicklung sind wegen der geforderten Zeitumkehrinvarianz der freien Energie nur gerade Potenzen der αi erlaubt.
1
Zum Vergleich: Die spontane Magnetisierung eines Ferromagneten unterhalb der Curietemperatur liegt in
einer Größenordnung von 0,1 eV/Atom.
- 14 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
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r
Es lassen sich mehrere Beiträge zu F (m) nach ihrer Ursache unterscheiden:
♦
Magnetokristalline Anisotropie
♦
Formanisotropie
♦
Magnetoelastische Anisotropie - Magnetostriktion
♦
Oberflächen- und Grenzflächenanisotropie
Die magnetokristalline Anisotropieenergie beruht auf der Abhängigkeit zwischen Mag-
r r
netisierungsrichtung m(r ) und den Kristallachsen. Sie läßt sich weitgehend auf die SpinBahn-Kopplung zurückführen. Diese beruht auf der magnetischen Wechselwirkung zwischen Bahnmoment und Spin des Elektrons, dessen Orbitalbahn über das elektrische Potential an das Kristallgitter gekoppelt ist. Die dipolare Wechselwirkung macht nur einen
geringen Beitrag aus. Für ein kubisches System - wie man es zum Beispiel bei Eisen (bcc)
vorfindet - läßt sich der magnetokristalline Anteil der freien Energie wie folgt darstellen:
r
Fkristall (m) = K 0 + K 1 (α 12α 22 + α 22α 32 + α 32α 12 )
( 24 )
Beiträge von höherer als vierter Ordnung der αi wurden vernachlässigt. K0 und K1 sind Volumen-Anisotropie-Konstanten.
Für den Beitrag der Formanisotropie spielt die äußere Form der Probe die entscheidende
Rolle. Bei sonst gleichen Bedingungen zweier Proben erhält man für verschiedene äußere
Geometrien unterschiedliche Magnetisierungsverhalten in gleichen Kristallrichtungen. Die
Energie des Streufeldes am Rande der Probe wird dadurch minimiert. Die Ursache der
Formanisotropie liegt in der langreichweitigen Dipol-Dipol-Wechselwirkung. Diese läßt sich
auf die Wechselwirkung der lokalen Magnetisierung (Spins) mit der Magnetisierung der
ganzen Probe zurückführen. Die Berechnung der Formanisotropie erfolgt mit der LorentzMethode, nach der man die Probe in einen inneren, von der Form unabhängigen Teil und
einen äußeren, durch die Probenform bestimmten Anteil aufteilt. Der innere Anteil wird mit
r
MV , der Magnetisierungsdichte des Volumenanteils, als konstant angenommen. Der
r
Einfluß der Probenform wird durch das sogenannte Entmagnetisierungsfeld H d beschrieben.
Für eine unendlich ausgedehnte Schicht erhält man so als Volumenbeitrag der Formanisotropie:
- 15 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
r
Fform (m) = −2. MV2 ⋅ sin 2 θ
( 25 )
wobei θ den Winkel der Magnetisierung gegen die Schichtnormale bezeichnet.
Auch elastische Effekte können Einfluß auf die Anisotropie der Magnetisierung haben.
Wird Druck auf den Kristall ausgeübt, so reduziert sich die Symmetrie des Systems. Man
erhält zusätzliche Terme in der Anisotropieenergie, die in der magnetoelastischen Energie zusammengefaßt sind:
r
Fmag .el . (m) =
∑B
ijkl
ε ij α k α l + ...
( 26 )
i , j ,k ,l
Dies ist die allgemeinste Form, in der Bi die magnetoelastischen Konstanten sind und εi die
Dehnung in x̂ i -Richtung ist. Dieser Effekt läßt sich genau wie die kristalline Anisotropie
zum größten Teil auf die Spin-Bahn-Kopplung zurückführen. Besonders beim epitaktischen
Aufwachsen von dünnen Schichten auf ein Substrat mit abweichender Gitterkonstante
spielt dieser Effekt eine große Rolle.
Neben den zuvor behandelten Volumen-Effekten muß man vor Allem beim Übergang zu
niedrigdimensionalen Systemen Grenzflächen-Terme berücksichtigen [32]. Der Anisotropieanteil der Oberflächen bei ultradünnen Schichten kann nicht mehr vernachlässigt werden.
Auch hier lassen sich zusätzliche Anisotropieterme auf die Reduzierung der Symmetrie an
Grenzflächen im Vergleich zum Volumen zurückführen. Als Beitrag zu freien Energie erhält
man:
r
2
Fgrenz (m) = (k s α 32 + k pα 12 )
d
( 27 )
α3 ist in der verwendeten Geometrie der Richtungsvektor der Magnetisierung senkrecht zur
Probenoberfläche, α1 liegt in der Probenebene. ks und kp sind die „out-of-plane“ bzw. „inplane“-Beiträge der Grenzflächen-Anisotropiekonstanten.
Die Beiträge sind abhängig von den an der Grenzfläche aufeinandertreffenden Materialien
und der Orientierung der Grenzfläche in Bezug auf die Kristallachsen. Sie sind ebenfalls
auf die Spin-Bahn-Kopplung zurückzuführen.
- 16 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
Bei hohen Schichtdicken ist die gesamte Anisotropieenergie weitgehend durch den Volumenanteil bestimmt. Die Formanisotropie wird vor allem durch die Magnetisierung „inplane“ gehalten. Bei Übergang zu dünneren Schichten nimmt der Anteil der GrenzflächenAnisotropie immer mehr zu, so daß die Magnetisierung senkrecht zur Probe liegen kann.
- 17 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
2.3 Mikromagnetismus
Als Mikromagnetismus bezeichnet man die kontinuumstheoretische Beschreibung magnetischer Mikrostrukturen. Hierbei wird der Übergang von der quantenmechanischen, atomistischen Beschreibung zur makroskopischen Beschreibung, den Ummagnetisierungskurven
der Messungen vollzogen. Das Modell betrachtet Spins nicht mehr im Einzelnen, sondern
geht auf ihre statistische Gesamtheit über, die sich durch ein stetiges Vektorfeld der lokalen Mittelwerte über die magnetischen Momente beschreiben läßt. Als charakteristische
r r
Größe für magnetische Strukturen erhält man den Magnetisierungsvektor M (r ) . Dieser
läßt sich für Temperaturen unterhalb der Curietemperatur folgendermaßen darstellen:
r r
r r
M ( r ) = M S ⋅ m( r )
( 28 )
r r
m(r ) ist hier der Einheitsvektor der Magnetisierungsrichtung, und M S gibt die Sättigungsmagnetisierung an.
Die Grundlagen des Mikromagnetismus sind in den Aufsätzen [33, 34, 35, 36] zu finden.
Wir wollen den Mikromagnetismus benutzen, um Domänen, Domänenwände und die
magnetostatische Wechselwirkung zu beschreiben. Als Domänen bezeichnet man Regionen einheitlicher Magnetisierung, deren Ausmaße auf der atomaren Skala groß sind. Domänenwände sind die schmalen Bereiche zwischen benachbarten Domänen mit umklappender Magnetisierung.
Größe und Form der Domänen werden durch die Austauschwechselwirkung, die Anisotropien, das Streufeld und Wechselwirkungen der Magnetisierung mit einem äußeren magnetischen Feld bestimmt. Eine weitere wichtige Größe für die Formation und Stabilität von
Domänen ist das Koerzitivfeld Hc , dessen Ursache in Defekten, Inhomogenitäten und örtlich variierenden magnetischen Eigenschaften des Filmes liegt. Bei Betrachtung der statischen Eigenschaften einer idealen magnetischen dünnen Schicht, kann deren Größe vernachlässigt werden.
Die Austauschwechselwirkung liefert den Beitrag
r
E ex = A ⋅ ∫ (grad m) 2 dV
( 29 )
V
wobei A die Austauschsteifigkeit ist, welche aufgrund der Steifigkeit der parallel ausgerichteten Spins gegenüber kurzwelligen Änderungen ihren Namen trägt.
- 18 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
r
Der Anisotropieterm ist hier mit der Funktion F (m ) , die alle Beiträge zusammenfaßt,
dargestellt.
r
E k = ∫ F (m) dV
( 30 )
V
Als Zeemann-Energie E H bezeichnet man die Wechselwirkungsenergie mit einem von
r
außen angelegten Feld H ext .
r
r r r
E H = − µ 0 ⋅ M s ⋅ ∫ H ext (r ) ⋅ m(r ) dV
( 31 )
V
r
Der nächste Term gibt die Energie des magnetischen Streufeldes H d (Entmagnetisierungsfeld) an, das auf die Dipol-Dipol-Wechselwirkung zurückzuführen ist. Die Berechnung des Streufeldes ist die schwierigste Disziplin des Mikromagnetismus.
r
E d = 21 µ 0 ⋅ ∫ H d2 dV
( 32 )
V
Die Gesamtenergie eines magnetischen Systems, die sich aus den angegebenen Beiträgen zusammensetzt, bezeichnet man als Grundgleichung des Mikromagnetismus. Man
erhält somit:
E tot = E ex + E k + E H + E d
( 33 )
Aus der Bedingung für das Minimum der gesamten freien Energie E tot eines ferromagnetischen Systems erhält man einen Satz von nichtlinearen Differentialgleichungen, deren
r r
Lösung das gesuchte Vektorfeld der Magnetisierung M (r ) ist.
Aus der Variation der freien Energie ergibt sich:
r
r
r r
r
r
2A ⋅ ∆ ⋅ m + ∇ ⋅ F(m) + (Hext + Hd ) ⋅ Js = λ ⋅ m
( 34 )
r
r
r
∇ ⋅ ( µ 0 Hd + J ) = 0
( 35 )
r r
∇ × Hd = 0
( 36 )
mit folgenden Bedingungen:
r
m2 = 1
( 37 )
wobei λ ein Lagrange’scher Variationsparameter ist. Mit diesen Differentialgleichungen
lassen sich magnetische Strukturen im Kristall berechnen.
- 19 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
Aufgrund der Minimierung der gesamten freien Energie ist eine Probe ohne äußeres Feld
im Gleichgewicht in wohlabgegrenzte magnetische Bereiche aufgeteilt, die Domänen. Die
Magnetisierung schließt sich weitgehend quellfrei in der Probe, um Streufelder zu vermeiden. Abgegrenzt werden die Domänen durch sogenannte Domänenwände. Man unterscheidet zwei Arten von Wänden.
Abbildung 2-7: Domänenwände in magnetischen Schichten mit senkrechter Anisotropie.
Die Wände unterscheiden sich in ihrer Verteilung des Azimutwinkels ψ(x,y). (a) In einer
Blochwand dreht sich die Magnetisierung parallel zur Wand (ψ = 0°). (b) In einer NéelWand dreht sich die Magnetisierung senkrecht zur Wand (ψ = ±90°) [37].
Die Bloch-Wand ist die im Volumen bevorzugte Wand, da sie minimale Streufelder erzeugt. Die Drehung θ der magnetischen Momente erfolgt in die schwere Richtung.
Geht man zu sehr dünnen Schichten über, zeigt die Magnetisierung der Bloch-Wand „outof-plane“, es entstehen magnetische Pole an der Oberfläche der Probe. Daher werden in
solchen Systemen Néel-Wände bevorzugt, bei denen sich die Magnetisierung in der
Schicht dreht. Solche Wände bauen ein hohes Streufeld innerhalb der Schicht auf, aber
die Flächen, durch die Streufelder austreten, werden minimiert.
In den meisten Schichtsystemen stellt sich ein Zwischenzustand der beiden Wand-Modelle
ein.
Als Beispiel für ein System, das sich analytisch lösen läßt, betrachten wir die eindimensionale 180°-Bloch-Wand [38]. Sie entspricht einer Domänenwand, die sich in
Schichten mit senkrechter Anisotropie ausbildet. Vernachlässigt man Streufelder und elastische Effekte und läßt als Beitrag zur Anisotropieenergie nur die uniaxiale Volumenanisotropie zu, vereinfacht sich die freie Energie der Wand zu:
- 20 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
  dθ  2

2
E tot = ∫  A ⋅ 
 + K ⋅ cos θ dx
  dx 

( 38 )
Übrig bleiben nur die Austauschenergie und die Volumenanisotropieenergie.
Mittels Variationsprinzip mit den Randbedingungen θ ( +∞) = π
2
und θ ( −∞) = − π
2
erhält
man die Eulersche Gleichung:
 dθ 
2
− A⋅
 + K ⋅ cos θ = 0
 dx 
2
( 39 )
Der Verlauf der Wand stellt sich so ein, daß der Beitrag der Austauschenergie und der
Kristallanisotropieenergie über die ganze Wand gleich sind. Die Kristallanisotropieenergie
wächst mit zunehmender Wanddicke, da mehr magnetische Momente in Richtung der
schweren Achse gedreht sind. Hingegen wächst die Austauschenergie mit abnehmender
Wanddicke, da sich der Winkel θ zwischen benachbarten Spins vergrößert.
Als Lösung erhält man für das Wandprofil:
cos θ = tanh
x
( 40 )
AK
mit einer Gesamtenergie der Bloch-Wand von:
σw = 4⋅ A⋅K
( 41 )
In Abbildung 2-8 ist der berechnete Verlauf einer Blochwand dargestellt. Die Wanddicke ist
proportional zu
A / K , wobei der exakte Wert von der Definition der Wanddicke abhängt.
Abbildung 2-8: Wandverlauf für eine eindimensionale 180°-Wand. Der Kosinus der
Drehung der Magnetisierung ist über der
Wandausdehnung x aufgetragen, die mit
∆0 =
- 21 -
A K skaliert [37].
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
Kompliziertere Systeme, wie zum Beispiel zweidimensionale Wände, bei denen auch magnetoelastische Beiträge berücksichtigt werden müssen, lassen sich meist nicht mehr analytisch oder mit einfachen Näherungen lösen. Zur Simulation dieser Wandprofile muß man
auf aufwendigere numerische Verfahren zurückgreifen. Beispielrechnungen für verschiedene Systeme werden in [38, 39, 40, 41, 42, 43] behandelt.
Größe und Form der Domänen werden ebenfalls durch ein Energieminimum festgelegt.
Die Energie zum Aufbau eines Streufeldes läßt sich durch Bildung neuer Domänen, insbesondere sogenannter Abschlußdomänen am Rande der Probe, verringern. Die Energiebeiträge der dadurch entstandenen Domänenwände werden der Gesamtenergie hinzugefügt.
Betrachtet man Ummagnetisierungsprozesse, so sind die dabei zu beobachtenden Vorgänge durch ein lokales Minimum
der freien Energie mit festem
Wert des äußeren Feldes bestimmt.
Die
Ummagnetisie-
rungskurve ergibt sich aus dem
Zusammenspiel von Nukleationen,
Domänenwandverschie-
bungen und Drehungen der
magnetischen
Richtung
des
Momente
Feldes.
in
Als
Nukleation bezeichnet man das
spontane Umklappen der Magnetisierung eines submikrometer großen Bereichs in Richtung
des
angelegten
Feldes.
So
enstandene Nukleationen können als Zentren für Domänen
dienen. Bei schwachem äußeren magnetischen Feld erhält
man wie in Abbildung 2-9 dargestellt
ein Anwachsen der
Domänen, die in Bezug auf das
Feld günstig ausgerichtet sind.
In einem starken Feld dreht
sich die Magnetisierung in Rich-
Abbildung 2-9: Darstellung von Ummagnetisierungsprozessen und der daraus resultierenden Hysteresekurve (d).
Eine entmagnetisierte Probe (a) reagiert mit Domänenwachstum (b) auf ein schwaches und mit Drehen der
Magnetisierung (c) auf ein stärkeres äußeres Feld [44].
tung des Feldes [45].
- 22 -
Kapitel 2 ! Theoretische Grundlagen
________________________________________________________________________
In Abbildung 2-9 (d) sind die anhand der Hysteresekurve definierten Größen angegeben.
Geht man von einem entmagnetisierten Zustand aus (a), so durchläuft man zuerst die
Neukurve bis zum Erreichen der Sättigungsinduktion Bs bzw. Sättigungsmagnetisierung
Ms. Nimmt die Feldstärke von der Sättigung her wieder ab, so durchläuft man die obere
Kurve. Für H = 0 behält die Magnetisierung einen endlichen Wert, die Remanenz Br bzw.
Mr [46].
Das Koerzitivfeld Hc ist das Feld, welches erforderlich ist, um die remanente Magnetisierung Ms zu beseitigen. Dabei spielen vor Allem irreversible Drehprozesse und Wandverschiebungen ein Rolle. Beide Prozesse hängen sehr stark von der Fehlstellenkonzentration eines Materials ab. Das bedeutet, für ein homogenes Material ist das Koerzitivfeld
wesentlich kleiner, als für eine Probe, die innerhalb kleiner Gebiete heterogen ist [47].
Anhand der Ummagnetisierungskurven und der Domänenstrukturen lassen sich ferromagnetische Materialien gut charakterisieren.
- 23 -
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
3
Das Kerr-Mikroskop
Bei dem im Rahmen dieser Arbeit aufgebauten Kerr-Mikroskop ist es möglich, sowohl den
polaren Kerr-Effekt als auch den longitudinalen Kerr-Effekt zur Beobachtung magnetischer
Strukturen zu benutzen. Damit läßt sich sowohl die „in-plane“ als auch die „out-of-plane“
Komponente der Magnetisierung sichtbar machen. Auch lassen sich mit Hilfe der verwendeten Spulen durch Anlegen eines äußeren Feldes für beide Kerr-Geometrien Ummagnetisierungsvorgänge beobachten.
Der Aufbau wurde mit Unterstützung von Herrn Dr. Theo Kleinefeld von der Universität
Duisburg geplant.
3.1 Aufbauprinzip
Bei der Beobachtung des Kerr-Effektes mit einem Polarisationsmikroskop befindet sich
hinter der Beleuchtungsquelle des Mikroskops der Polarisator, der nur für eine Polarisationskomponente des Lichtes transparent ist. Ein weiterer Polarisationsfilter, der Analysator,
befindet sich im Beobachtungsstrahlengang des Mikroskops. Er wird in gekreuzte Stellung
zum Polarisator gedreht. Wenn keine Drehung des Lichtes nach der Reflexion auftritt, beobachtet man keinen Kontrast, da der Analysator für das reflektierte Licht undurchlässig
ist. Der Kontrast ändert sich, wenn die Polarisationsachse des reflektierten Lichtes durch
den Kerr-Effekt gedreht wird. Der Analysator ist für die zusätzliche senkrechte Polarisationskomponente des Lichtes transparent. Auf diese Weise entsteht ein Kontrastunterschied, der die Beobachtung magnetischer Strukturen ermöglicht.
Für maximalen Kontrast zweier Domänen mit beispielsweise entgegengesetzten Magnetisierungsrichtungen dreht man den Analysator um den Winkel der Kerr-Drehung θK aus der
Auslöschung heraus, so daß eine Domäne minimale Helligkeit zeigt und die benachbarte
Domäne keine Auslöschung erfährt, also maximale Helligkeit zeigt.
-24-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
3.2 Realisiertes System
Schematisch ist der gesamte Meßaufbau in Abbildung 3-1 dargestellt.
Abbildung 3-1: Übersicht über den kompletten Meßaufbau.
-25-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
Das für diese Arbeit konstruierte Mikroskop läßt sich in vier Teile gliedern:
Den Versuchstisch mit dem Mikroskop-Stativ, die Mikroskop-Optik mit Beleuchtung, den
Magneten mit Ansteuerung und Magnetfeldmessung und das Rechnersystem mit der Bildverarbeitung.
3.2.1 Mechanischer Aufbau
Das Mikroskop ist so geplant, daß es eine Ortsauflösung von mindestens 1 µm erreicht.
Daher ist es wichtig, es möglichst schwingungsfrei aufzustellen. Hierzu wurde ein Tischgestell aus Porenbeton-Mauerwerksteinen erstellt, die durch Gummimatten aufeinander elastisch gelagert sind. Am Boden schließen sie mit einer Korkplatte ab. Die Anordnung der
vier Steinsockel berücksichtigt nach Berechnung die Unterstützung der Tischplatte in ihren
Besselpunkten, um ihre Durchbiegung durch Eigenlast zu minimieren.
Die Tischplatte besteht aus einer beschichteten Tischlerplatte, einer 5 cm dicken StyroporLage als Schwingungsdämpfer und einer 15 cm dicken polierten Granitsteinplatte, um die
nötige Steifigkeit zu gewährleisten. Auf dieser befindet sich der experimentelle Aufbau.
Abbildung 3-2: Gestell und Unterbau des Kerr-Mikroskops.
-26-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
Als vertikale Befestigung des Mikroskops dient - vergleichbar dem Duisburger Aufbau [48]
- ein Mamorstativ. Zwischen zwei vertikal auf dem Tisch stehende Mamorplatten sind zwei
weitere Mamorplatten senkrecht verschraubt. Das gesamte Stativ steht auf dünnen Gummifüßen auf der Granitplatte.
An eine der senkrecht befestigten Mamorplatten wird eine Lochplatte befestigt, an der eine
vertikale Verschiebeeinheit variabel angebracht werden kann. Der benutzte Lineartisch
(Fa. OWIS) mit einem Verschiebeweg von 75 mm und einer Spindelsteigung von 500 µm
ermöglicht durch Verschiebung der gesamten Mikroskop-Optik die Fokussierung auf die zu
untersuchende Probe.
Auf der Granitplatte befinden sich noch zwei weitere Verschiebetische, die in gekreuzter
Stellung aufeinander montiert sind, um eine x-y-Verschiebung des Magneten mit der Probe
vornehmen zu können. Sie besitzen einen Verschiebeweg von 47 mm. Mit einer Spindelsteigung von 1 mm und den 2-Phasen-Schrittmotoren mit 400 Schritten pro Umdrehung
läßt sich - auch ohne Getriebe - eine Auflösung von 2,5 µm erreichen. Dies ist bei einer
lateralen Auflösung der Optik des Mikroskops in der Größenordnung von 1 µm zum Positionieren der Probe ausreichend.
Als Lichtquellen dienen Leuchtdioden (LED, Light Emitting Diode), deren Licht über eine
Halterung in einen Plexiglas-Lichtleiter mit 1 mm Kern-Durchmesser eingekoppelt wird.
Das Ende des Lichtleiters dient zur Beleuchtung des Mikroskops1. LEDs haben den Vorteil,
daß sie nahezu monochromatisches Licht emittieren und sich die Benutzung von Filtern
erübrigt. Vorteilhaft ist außerdem, daß ihr Licht eine geringe Kohärenzlänge besitzt. Unerwünschte Interferenzeffekte werden dadurch vermieden. Benutzt man dagegen Laser, so
muß erst die Kohärenz gestört werden [49].
Der benutzte Lichtleiter wird an beiden Enden mit einem scharfen Skalpell abgeschnitten,
mit einer sehr feinen Feile bearbeitet und anschließend mit einer für Plexiglas geeigneten
Polierpaste klar poliert.
Es wurden drei Sorten von LEDs verwendet:
1
Zur besseren Lichteinkopplung und gleichmäßigeren Ausleuchtung steht mittlerweile noch ein Silikatglas-
Lichtleiter mit fertig polierten Faserenden und einem Kerndurchmesser von 2 mm zur Verfügung.
-27-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
• Um maximale Intensität zu erreichen, benutzt man eine rote LED - High Power AlGaAs
Red Lamp der Firma Hewlett Packard - mit einer Wellenlänge von 644 nm und einer
Leuchtkraft von 5,8 cd bei einer Stromstärke von 20 mA. Durch zusätzliche Kühlung der
LED auf 77 K in flüssigem Stickstoff läßt sich der Maximalstrom auf 200 mA erhöhen
und damit die Leuchtkraft um ein Vielfaches erhöhen, ohne den pn-Übergang der Diode
zu zerstören. Zur Einkopplung in das Faserende wird die Plexiglas-Linse der LED über
dem obersten Kontakt abgeschnitten und die Oberfläche mittels Diamantpaste plan und
klar poliert, so daß man eine direkte Einkopplung der ca. 4 mm² großen Leuchtfläche
erreichen kann. Abbildung 3-3 und Abbildung 3-4 zeigen das Spektrum der LED und die
Kennlinie der Beleuchtungsstärke.
Relative Luminosity [a. u.]
Relative Intensity [a. u.]
1
0. 1
0 .0 1
0. 0 01
50 0
55 0
6 00
65 0
70 0
7 50
8 00
1
0.1
1
Wave Length λ [nm ]
10
Forward Current IF [mA ]
Abbildung 3-4: Relative Beleuchtungsintensität in Abhängigkeit des Stroms in
Durchlaßrichtung der AlGaAs-LED.
Abbildung 3-3: Beleuchtungsspektrum
für eine AlGaAs Red Lamp.
• Um maximale Auflösung zu erreichen, benutzt man dagegen eine blaue GaN Super
Bright LED der Firma NICHIA, deren dominierende Wellenlänge bei etwa 470 nm liegt.
Diese LED liegt in Chipform (surface mounted device: SMD-Technik) vor und besitzt eine Leuchtfläche von ca. 1 mm². Sie läßt sich direkt an die Glasfaser ankoppeln. Bei
Zimmertemperatur erreicht man mit einem Maximalstrom von 20 mA eine Lichtintensität
von 45 mcd. Dieser Wert läßt sich auch hier wesentlich steigern, wenn man die Diode in
flüssigem Stickstoff bei ca. 100 mA betreibt (siehe Abbildung 3-5 und Abbildung 3-6).
-28-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
3.5
1.0
R elativ e Lum inos ity [a. u.]
Relative Lum linous Intensity [a. u.]
1.2
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
350
400
450
500
550
600
650
0
20
W av e Length λ [nm ]
40
60
80
100
120
F orw ard C urrent IF [m A ]
Abbildung 3-5: Beleuchtungsspektrum
für GaN Super Bright LED / Blue.
Abbildung 3-6: Relative Beleuchtungsintensität in Abhängigkeit des Stroms in
Durchlaßrichtung der GaN-LED / Blue.
♦ Zusätzlich stehen noch zwei Sorten grüner LEDs zur Verfügung. Beide besitzen ihr
Lichtstärke-Maximum bei einer Wellenlänge von 510-520 nm. Sie sind für Proben gedacht, deren Deckschicht2 auf grünes Licht abgestimmt ist.
Um eine möglichst gleichmäßige Ausleuchtung zu erhalten, benutzt man eine SingleQuantum-Well-Chip-LED (SMD-Technik) mit einer maximalen Beleuchtungsstärke von
55 mcd. Diese läßt sich zur Verbesserung der Beleuchtung ebenfalls in flüssigem Stickstoff betreiben. Die Daten dieser LED sind den Abbildung 3-8 und 3-9 zu entnehmen.
Weiterhin stehen noch grüne LEDs in Standardtechnik zur Verfügung. Sie besitzen im
Vergleich zur Chip-Technik den Vorteil einer wesentlich höheren Intensität, müssen allerdings genau wie die roten LEDs geschliffen werden.
3.5
1.0
R elativ e Lum inos ity [a. u.]
Relative Lum inous Intensity [a. u.]
1.2
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
400
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
450
500
550
6 00
6 50
700
0
20
Wave Length λ [nm]
60
80
1 00
120
Abbildung 3-8: Relative Beleuchtungsintensität in Abhängigkeit des Stroms in Durchlaßrichtung der GaN-LED / Green.
Abbildung 3-7: Beleuchtungsspektrum
für GaN Super Bright LED / Green.
2
40
Forw ard C urrent IF [m A ]
Erläuterungen zu diesen Vielfachreflexionsschichten befinden sich im Anhang
-29-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
Beim optischen Aufbau handelt sich im Wesentlichen um ein Auflichtpolarisationsmikroskop [50].
Als Basissystem wurde die Mikrobank von Spindler&Hoyer gewählt. Dieses variable 2-4
Stangen-System mit verschiebbaren Haltern ist für eine Reihe optischer Komponenten
geeignet. Das so aufgebaute Mikroskop läßt sich je nach Erfordernis auf einer Lochrasterplatte montieren, die an der vertikalen Verschiebeeinheit des Stativs befestigt wird.
Die optischen Komponenten sind, wie in Abbildung 3-9 schematisch dargestellt, angeordnet. Sie sollten aus möglichst spannungsfreiem Glas hergestellt sein, um nicht depolarisierend zu wirken.
Abbildung 3-9: Optischer Aufbau des Kerr-Mikroskops.
Das Faserende des Lichtleiters wird mit einem x-y-Verschiebehalter befestigt. Das einfallende Licht wird von einem Kondensor aufgeweitet und vom Folienpolarisator linear polarisiert. Da hier neben dem polaren auch der longitudinale Kerr-Effekt gemessen werden soll,
ist der Polarisator so eingestellt, daß die Polarisation des Lichtes senkrecht zur Einfallsebene liegt, damit keine Überlagerung durch den transversalen Kerr-Effekt erfolgt. Auf
eine Aperturblende kann verzichtet werden, da die Beleuchtung mit einer LED als punktförmig angenommen wird und folglich die Strahldivergenz sehr gering ist. Zur Umlenkung
-30-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
des Strahls wird ein Strahlteilerwürfel benutzt. Das von der Probe reflektierte Licht wird
vom Objektiv auf den CCD-Chip der Kamera fokussiert. Die erforderliche Justierung des
Mikroskops erfolgt durch die vertikalen Verschiebeeinheit.
Um einen Kerr-Kontrast zu erhalten, wird der Analysator in gekreuzter Stellung zum Polarisator in den reflektierten Strahl gebracht. Es wird nur Licht durchgelassen, das durch die
Probe eine Drehung der Polarisation erfahren hat. Zur genaueren Analyse der Entstehung
des Kerr-Kontrasts sei auf Abschnitt 3.2.4 verwiesen.
Der beschriebene Aufbau dient zur Messung des polaren Kerr-Effektes, da man mittels
Strahlteilerwürfels senkrecht durch das Objektiv auf die Probe einstrahlt.
Um zum longitudinalen Kerr-Effekt überzugehen, muß der Beleuchtungsstrahl aus der optischen Achse verschoben werden. Trifft das Licht das Objektiv nicht zentriert, so erhält
man einen Einfallswinkel zur Probennormalen entsprechend der Winkelapertur des benutzten Objektivs. Zur Justierung benutzt man zusätzlich eine Linse kurzer Brennweite im Abbildungsstrahl, die sogenannte Bertrand-Linse [51]. Mit ihr kann man das Faserende in den
hinteren Brennpunkt des Objektivs verschieben und so die Einstellung des Einfallswinkels
überwachen.
Die Auflösung verschlechtert sich gegenüber dem polaren Effekt, da nur die halbe Apertur
des Objektivs ausgenutzt wird und die Auflösung von der Apertur wie folgt abhängt:
Dmin = f ⋅
λ
( 42 )
u
Dmin bezeichnet den kleinsten auflösbaren Abstand zweier Punkte eines Objekts, λ die
Wellenlänge und u die numerische Apertur des Objektivs. f ist ein Zahlenfaktor, der je
nach Umständen (Art der Beleuchtung, Art des Objekts etc.) zwischen 0,5 und 1 liegt.
Zum Aufbau gehören vier Mikroskop-Objektive der Firma Leitz (Tabelle 1). Sie sind aus
spannungsfreiem Glas hergestellt und somit polarisationserhaltend.
Typ
NPL
NPL-Fluotar
NPL-Fluotar
NPL-Fluotar
Vergrößerung
NA
FA [mm]
max.Auflösung [nm]
5-fach
10-fach
20-fach
50-fach
0.09
0.22
0.45
0.85
12.00
11.70
2.30
0.24
2611
1068
522
276
Tabelle 1: Angaben zu Vergrößerung, Numerische Apertur (NA), Freier Arbeitsabstand
(FA) und Auflösung der verwendeten Objektive.
-31-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
Die Größen für Vergrößerung, NA (numerische Apertur) und FA (Freier Arbeitsabstand)
sind Herstellerangaben. Die maximale Auflösung ist nach Gleichung (1) für den Idealfall
berechnet.
Um Proben senkrecht magnetisieren zu können, wurde ein Topfmagnet (nach Vorlagen
von M. Schlussen, Universität Duisburg) konstruiert und gebaut. Der Topf besteht aus
Weicheisen und enthält eine Spule mit 2500 Wicklungen Kupferdraht von 1 mm Durchmesser. Der Magnet ist so ausgelegt, daß er sich ideal mit dem bipolaren Netzgerät der
Firma Kepco (BOP-72-6) mit 400 W Leistung bei 6 A ansteuern läßt. Hiermit können Feldstärken bis etwa 4800 Oe bei 6 A Spulenstrom realisiert werden. Es ist keine Kühlung des
Magneten vorgesehen, weshalb er sich nicht für den Dauerbetrieb bei Maximallast (12 Ω)
eignet.
Abbildung 3-10: Skizze des Topf-Magneten und Verlauf der
magnetischen Feldlinien.
Im Deckel der Topfspule befindet sich eine Bohrung von 25 mm Durchmesser. Die Probe
kann nun direkt auf dem Weicheisenkern positioniert werden. Der magnetische Fluß innerhalb und das erzeugte magnetische Feld außerhalb des Magneten sind in Abbildung 3-10
gekennzeichnet. Das Feld tritt annähernd homogen aus dem Eisenkern aus, wird aber zu
den Randbereichen stark inhomogen, daher muß auf eine gute Zentrierung der Probe auf
dem Kern geachtet werden. Die homogene Fläche beträgt etwa 0,7 mm².
-32-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
Das Ummagnetisierungsverhalten des Magneten wird für spätere Messungen kalibriert.
Wie man aus Abbildung 3-11 ersieht, zeigt der Magnet einen geringen Hystereseeffekt,
weshalb eine richtungsunabhängige Kalibrierung vorgenommen werden kann.
Magnetisches Feld [Oe]
6000
4000
2000
0
-2000
-4000
-6000
-6
-4
-2
0
2
4
6
Stromstärke [A]
Abbildung 3-11: Abhängigkeit der magnetischen Feldstärke vom Spulenstrom für den Topf-Magneten.
Zur Anwendung des longitudinalen Kerr-Effekts wird ein Weicheisenring mit einem Kupferdraht von 1 mm Durchmesser so gewickelt, daß ein magnetischer Fluß wie in Abbildung 312 dargestellt entsteht.
Abbildung 3-12: Schematischer Aufbau und Feldlinienverlauf für den longitudinalen Magneten.
Mit 30 Wicklungen auf jeder Ringhälfte läßt sich ein Magnetfeld erzielen, das mit maximal
100 Oe auf die Probe wirkt. Die Magnetfeldkennlinie des Magneten ist in Abbildung 3-13
dargestellt. Auch hier ist die Abhängigkeit für beide Meßrichtungen bestimmt und der dabei
zu beobachtende Hystereseeffekt zu vernachlässigen. Aus den aufgenommenen Hysteresekurven ist eine maximale Abweichung der Magnetisierung zwischen beiden Durchlauf-
-33-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
richtungen von 0,2 % festzustellen. Dieser Wert liegt jedoch innerhalb der Fehlergrenzen
bei der Bestimmung des Magnetfeldes mittels Hall-Sonde.
150
Magnetisches Feld [Oe]
100
50
0
-50
-100
-6
-4
-2
0
2
4
6
Stromstärke [A]
Abbildung 3-13: Abhängigkeit der Magnetfeldstärke
vom Spulenstrom des longitudinalen Magneten.
Die Ansteuerung der Magnete erfolgt per Rechner über eine kombinierte D/A-A/DWandler-Karte DAS1602 der Firma Plug-In. Über den analogen Ausgang lassen sich
Spannungen bis zu ±10 V mit einer Auflösung von 12 Bit ausgeben. Diese werden auf den
analogen Steuereingang des Netzgerätes (BOP) gelegt, das man sowohl spannungsstabilisiert als auch stromstabilisiert betreiben kann. Im stromstabilisierten Zustand kann man
mit ±10 V den gesamten Leistungsbereich des Netzgerätes mit einer maximalen Auflösung
von 0,0015 A durchfahren. Dies entspricht einer Auflösung der Magnetfeldansteuerung
von ca. 10 Oe3 für den polaren Magneten und ca. 0,05 Oe für den longitudinalen Magneten.
Die Messung des Magnetfeldes erfolgt über eine Hall-Sonde (BH-700, Fa. Bell), die ein
lineares Verhalten der Spannung in Abhängigkeit vom Magnetfeld zeigt. Mit einer kalibrierten Hall-Sonde (Group 3 Hall-Probe, Fa. Schaefer) lassen sich der Nulldurchgang und die
Steigung der Sonde bestimmen. Über einen analogen Eingang kann der DAS1602 die
Spannung der Hall-Sonde mit 16-Bit Auflösung registrieren und das entsprechende magnetische Feld berechnet werden.
3
Hier wurde der Mittelwert über die Kalibrierungsfunktion des Magnets genommen.
-34-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
3.2.2 Bildverarbeitung
Ein zentraler Bestandteil des Mikroskops ist die Realisierung einer Bildverarbeitung auf der
Grundlage modernster Elektronik und Software zum Erhalt optimaler Bildqualität.
Zur Aufnahme der Mikroskop-Bilder wird eine Video-Kamera (Fa. PCO) benutzt, die mit
einem CCD-Chip ausgestattet ist. Der Charge-Coupled-Device-Chip besteht aus einer
Matrix (760 x 570) photosensitiver Halbleiterelemente. Diese erzeugen in Abhängigkeit von
der Beleuchtungsstärke einen Photostrom, das heißt, es werden Elektron-Loch-Paare erzeugt, die bis zum Auslesen in einer Zelle gespeichert werden. Durch die an die Steuerelektroden angelegte Spannung lassen sich die Ladungen durch den Chip bewegen und
die Zellen auslesen. Diese Art des Ladungstransports war namensgebend für den CCDSensor.
Die benutzte Kamera liefert ein der CCIR-Norm entsprechendes Videosignal mit einer Bildintegrationszeit von 20 ms. Unterdrückt man den Ausleseimpuls durch Setzen einer TTLLeitung, kann man diese Zeitspanne in Schritten von 20 ms verlängern.
Das Videosignal der Kamera wird mittels eines PCI-Bus Frame Grabbers DT3152 (Fa.
Data Translation) digitalisiert. Die Karte bietet die Möglichkeit, den Kontrast der Aufnahmen zu verbessern, indem die Bearbeitung des analogen Signals vor der Digitalisierung
mittels dreier Größen gesteuert wird. „Offset“ (black level), „Referenz“ (white level) und
„Gain“ sind so einstellbar, daß nur bestimmte Bereiche des Videosignals der Kamera mit 8Bit Auflösung digitalisiert werden. Allerdings sind dieser Methode durch das Signal/Rausch-Verhältnis Grenzen gesetzt ( Abschnitt 3.2.4).
Das Rauschen der benutzten Bilder kann dadurch reduziert werden, daß bei der Aufnahme
über mehrere Einzelbilder gemittelt wird. Es war zu erkennen, daß man mit Mittelungen
über zwei bis fünf Bilder eine wesentliche Verbesserung erzielt.
Das digitalisierte Bild wird mit dem Meß-PC weiterverarbeitet. Die Spezifikationen des benutzten PCs sind: Pentium-133 MHz-Prozessor, PCI-Bus, 32 MByte EDO-RAM, 2 MByte
Grafikkarte, 2 GByte Festplatte. Sie sind ausreichend, um eine „real-time“ Beobachtung
des Kamerasignals zu gewährleisten.
Zur externen Datenarchivierung wird ein ZIP-Laufwerk mit 100 MByte Speichermedien
benutzt.
-35-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
3.2.3 Differenzbildverfahren
Mit dem bisher beschriebenen Verfahren der konventionellen Kerr-Mikroskopie lassen sich
im Allgemeinen nur Materialien mit hoher Sättigungsmagnetisierung, also großer KerrDrehung, untersuchen. Störende Effekte, wie rauhe Oberflächen, können häufig den
schwachen magnetischen Kontrast einfach überdecken.
Die Verstärkung des magnetischen Kontrasts sowie das Unterdrücken des Untergrundkontrasts der Probenoberfläche wird mit Hilfe der Bildverarbeitung erreicht. Dazu benutzt man
das sogenannte Differenzbildverfahren, das schon 1954 von Fowler und Fryer [3, 52] angewandt wurde. Sie überlagerten das Negativ einer Bildaufnahme des gesättigten Zustandes einer Probe mit einem Bildabzug eines beliebigen magnetischen Zustandes und subtrahierten den nicht-magnetischen Untergrund. Seit der Entwicklung der digitalen Bildverarbeitung ist diese Methode sehr erfolgreich und wird mittlerweile im „real-time“-Modus
durchgeführt.
Häufig benutzt man als Referenzbild eine Aufnahme der Probe im gesättigten Zustand. Es
sind aber auch andere Aufnahmen geeignet, bei denen der magnetische Kontrast variiert.
Dies ist durch Veränderung der Beleuchtung oder durch Verdrehen der Polarisationsfilter
möglich.
Zur Bildung eines Differenzbildes nimmt man ein Bild der magnetischen Struktur mit Untergrund auf. Zusätzlich benutzt man als Referenzbild eine Aufnahme der gleichen Probe
mit abweichender Magnetisierung. Die bitweise Differenz dieser beiden Aufnahmen zeigt
nur noch magnetischen Kontrast. Dies funktioniert aber nur in Bereichen, in denen die Untergrundschwankungen nicht so hoch sind, daß sie die magnetischen Strukturen vollständig überdecken - wie es vor Allem bei nicht epitaktisch gewachsenen Proben oder Proben,
deren Oberfläche beschädigt ist, vorkommt. Auch starke Schwankungen in der Ausleuchtung sind nicht vollkommen zu beheben. Das Verfahren wird in unserem Fall durch die 8Bit Auflösung der Kamera beschränkt.
In Abbildung 3-14 ist ein Beispiel für die erfolgreiche Anwendung der oben genannten Verfahren gegeben. Als Beispiel wurde eine MO-Disk (Abschnitt 3.2.5) benutzt, bei der die
eingeschriebenen Bits ohne Bearbeitung des Videosignals der Kamera kaum zu erkennen
sind (Abbildung 3-14 a)). Abbildung 3-14 b) zeigt dagegen das Differenzbild mit höherem
Kontrast. Allerdings sieht man auch, daß nicht alle Intensitätsschwankungen beseitigt werden konnten. Starke Unterschiede in der Beleuchtungsstärke am rechten Rand der Probe
sind nicht auszugleichen.
-36-
Kapitel 3
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Das Kerr-Mikroskop
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a)
b)
Abbildung 3-14: Aufnahme einer MO-Disk a) mit Untergrund b) als Differenzbild. Die eingeschriebenen Bit-Muster verlaufen diagonal im Bild und besitzen eine Größe von einigen µm.
Zum Vergleich: Die eingezeichnete Linie (weiß) besitzt eine Länge von 30 µm.
3.2.4 Magnetische Kontrastentstehung
Von besonderer Bedeutung für die Beobachtung von Domänen im Mikroskop ist die Kontrastentstehung. Bisher sind wir davon ausgegangen, daß man den besten Kontrast erhält,
wenn man versucht, eine Domäne durch Drehung des Analysators auszulöschen. Das
entspricht in Abbildung 3-15 der Drehung um den Winkel ϕ = α, wenn α den Winkel der
Kerr-Drehung darstellt.
Abbildung 3-15: Definition der Winkel für die Einstellung des Kerr-Mikroskops [53].
In der Realität ist dieser Winkel wegen der vorhandenen Untergrundhelligkeit I0 etwas größer. Betrachtet man zwei benachbarte Domänen, erhält man:
-37-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
I 1 = N 2 sin 2 (α − ϕ ) + I 0 ≈ N 2α 2 − 2αKN + K 2 + I 0
für die dunkle Domäne
( 43 )
I 2 = N 2 sin 2 (α + ϕ ) + I 0 ≈ N 2α 2 + 2αKN + K 2 + I 0
für die helle Domäne
( 44 )
Die Näherung in den Gleichungen (2) und (3) gilt für kleine Winkel α und ϕ ≈ K
N
.
Berechnet man nun den Bildkontrast gemäß seiner Definition:
K=
I1 − I 2
( 45 )
I1 + I 2
erhält man den maximalen Kontrast bei einem Analysatorwinkel α von
α max = ϕ 2 +
I0
( 46 )
N2
Der Kontrast läßt sich mit elektronischen Methoden (wie in Abschnitt 3.2.2 beschrieben)
leicht durch Mitteln und Differenzbildverfahren verbessern. Deshalb fällt dem Signal S und
dem damit verbundenen Signal/Rausch-Verhältnis in der heutigen Kerr-Mikroskopie eine
größere Bedeutung zu. Als Signal ist die Differenz der Helligkeitswerte zweier Domänen zu
verstehen:
S = I 2 − I1 ≅ 4αKN
( 47 )
Das Signal erhöht sich also durch Vergrößern des Winkels α. Damit erhöht sich aber auch
das damit verbundene Rauschen. Mit der Annahme, daß das Rauschen weitgehend auf
dem Schroteffekt beruht, kann man es als Wurzel der Referenzintensität Ir darstellen.
R = Ir =
I 2 + I1
2
( 48 )
Es zeigt sich, daß das Signal/Rausch-Verhältnis mit dem Öffnen des Analysators gegen
den Wert 4K konvergiert. Das bedeutet, daß die wichtigsten Größen nicht der Analysatorwinkel α oder die Kerr-Drehung ϕ sind, sondern die Kerr-Amplitude K. Sie ist jedoch im
Wesentlichen durch die Materialkonstanten der benutzten Probe festgelegt. Deshalb ist es
vor Allem in Bezug auf die Probenpräparation wichtig, diese Größe zu optimieren (siehe
dazu Anhang).
-38-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
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Als Testsystem wird wieder die MO-Disk benutzt. In Abbildung 3-16 sind zwei Aufnahmen
ein und derselben Stelle auf der Disk darstellt. Im ersten Bild sind die Standardeinstellungen des Frame-Grabbers benutzt worden. Man erhält einen schwachen Kontrast der eingeschriebenen Dots, die sich kaum vom Hintergrund abheben. Im zweiten Bild wurde das
Videosignal verstärkt (Gain) und Referenz und Offset angepaßt. Man erkennt den deutlich
verbesserten magnetischen Kontrast. Das Verfahren wird durch das Rauschen des Videosignals eingeschränkt.
a)
b)
Abbildung 3-16: Aufnahme der MO-Disk a) ohne Nachbearbeitung b) mit erhöhtem Kontrast durch Nachbearbeitung. Die Referenzlinie (weiß) hat eine Länge von 30 µm.
3.2.5 Bestimmung der Auflösung
Werden Aberration und Linsenfehler vernachlässigt, so ist die Qualität einer Abbildung
durch die Beugung bestimmt. Nach dem Rayleigh-Kriterium sind zwei Punkte genau dann
aufgelöst, wenn das Hauptmaximum des Beugungsbildes eines Punktes in das erste Minimum des Beugungsbildes des anderen Punktes fällt. Es ergibt sich eine Beschränkung der
Auflösung durch die Apertur der benutzten Optik wie durch Gleichung (1) beschrieben.
C. Sparron stellte ein praktikableres Kriterium vor [54]. Das Auflösungsvermögen entspricht danach dem Punkt, bei dem das Minimum zwischen zwei Bildpunkten verschwindet.
Mit diesem Kriterium soll nun die Auflösung des Kerr-Mikroskops bestimmt werden.
Als Probe wird ein magnetooptisches Speichermedium (MO-Disk) benutzt, das uns von Dr.
Theo Kleinefeld zur Verfügung gestellt wurde.
-39-
Kapitel 3
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Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
Die Disk besitzt den Standardaufbau eines Mediums für die magnetooptische Datenspeicherung (s. Abschnitt 4.1).
Das magnetisch aktive Medium besteht aus einer FeTbCoLegierung mit einer polaren
Kerr-Drehung von etwa 0,25°.
Auf der Disk sind innerhalb
zweier Markierungen Bits mit
unterschiedlichen
Ausmaßen
thermomagnetisch
einge-
schrieben. In Abbildung 3-17
ist die magnetische Struktur
der Disk skizziert.
Gemäß der Annahme, daß der
magnetische Kontrast dieser
Strukturen sehr scharf ist, also
Domänenwände
vernachläs-
sigt werden können, läßt sich
die Probe zur Auflösungsbestimmung verwenden.
Abbildung 3-19: Bit-Muster der MO-Disk.
Abbildung 3-17: Differenzbildaufnahme der
MO-Disk (4 µm und 2 µm). Die Referenzlinie (weiß) hat eine Länge von 30 µm.
-40-
Abbildung 3-18: Differenzbildaufnahme der
MO-Disk (2 µm, 1µm und 0,5 µm). Die Referenzlinie ist wiederum 30 µm lang.
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
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Die Aufnahmen der MO-Disk wurden für grünes Licht (λ ≈ 510 nm) mit dem Objektiv mit
120
4 µm
20-facher Vergrößerung (NA=0,45) aufge19 gezeigt. Da die Probe durch das Glassubstrat beleuchtet werden muß, konnte das
Objektiv mit 50-facher Vergrößerung wegen
Kerr-Drehung [a. u.]
nommen und sind in Abbildung 3-18 und 3-
100
80
60
40
seines geringen Arbeitsabstands nicht be-
0
10
20
30
40
50
Pixel
nutzt werden.
Abbildung 3-20: Schnitt durch die Aufnahme von 4 µm-Domänen.
Abbildung 3-20 zeigt einen Schnitt durch die
4 µm Bits. Die Strukturen sind noch sehr gut
160
aufgelölst. Ebenso sind die 2 µm großen
140
trennen. In Abbildung 3-22 lassen sich nicht
mehr alle Bits eindeutig trennen. Nach dem
Kerr-Drehung [a.u.]
120
Strukturen in Abbildung 3-21 noch gut zu
Sparron-Kriterium ist daher unsere maximale
100
80
60
40
20
2 µm
0
Auflösung bei 1 µm erreicht.
-20
0
5
10
15
20
25
30
35
Pixel
Benutzt man Gleichung (1) so läßt sich der
Abbildung 3-22: Schnitt durch die Aufnahme von 2 µm-Domänen.
unbekannte Zahlenfaktor f bestimmen:
f =
Dmin ⋅ u
λ
= 0,88
180
1 µm
Damit errechnet sich die maximal erreichbare
Auflösung unseres Mikroskops mit dem 50fach vergrößernden Objektiv und einer Be-
Kerr-Drehung [a. u.]
160
140
120
100
leuchtung von λ=470 nm zu:
0
5
10
15
20
25
30
Pixel
Dmin = 0,49 µm
Abbildung 3-21: Schnitt durch die Aufnahme von 1 µm-Domänen.
-41-
Kapitel 3
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Das Kerr-Mikroskop
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3.3 Steuer- und Meßprogramm
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurde ein Programm zur Ansteuerung des Mikroskops
und zur Automatisierung von Meßreihen entwickelt.
Als Grundlage der Software dient das Betriebssystem Microsoft Windows 95. Das
Meßprogramm mit graphischer Oberfäche wurde mittels Borland C++ 4.5-Compiler unter
Zuhilfenahme der 16-Bit Global Lab Image-Library (Fa. Data Translation) zur FrameGrabber-Steuerung und Bildverarbeitung und 16-Bit Treibern zur Ansteuerung der AD/DAKarte geschrieben.
Das Meßprogramm Kerr-Imag besteht aus mehreren Modulen.
Einerseits ist die Einstellung des Frame-Grabbers zur Videosignal-Verarbeitung in Bezug
auf Verstärkung, Offset, Referenz und Anzahl der Bildmittelungen möglich. Eine ILUTDatei (Input-Look-Up-Table) kann zur automatischen Nachbearbeitung des digitalisierten
Bildes geladen werden. Dadurch läßt sich der Kontrast eines Bildes in großen Bereichen
variieren. Zur Bildaufnahme stehen zwei verschiedene Modi zur Verfügung: die Aufnahme
von Einzelbildern und der sogenannte „Live-Modus“.
Andererseits besteht die Möglichkeit, das Feld des Magneten mittels 12-Bit DA-Wandler,
der ein Signal von maximal ± 10 V auf den Steuereingang des Netzgerätes gibt, zu fahren.
Das Magnetfeld kann mittels Magnetkennlinie über die Stromstärke kalibriert werden oder
aber mit einer am Magnet befestigten Hall-Sonde - die zuvor ebenfalls kalibriert wurde gemessen werden. Die Spannungen, die an der Hall-Sonde abfallen, werden mittels 16-Bit
AD-Wandler eingelesen und über eine Kalibrierungstabelle in Einheiten der magnetischen
Feldstärke umgerechnet.
Der wichtigste Teil des Programms besteht in der automatisierten Aufnahme einer Hysterese-Kurve. Die dabei einzustellenden Größen sind: Maximalfeld des Magneten,
Schrittweite des Magnetfeldes und Zeitspanne zwischen zwei Meßpunkten. Weiterhin läßt
sich noch ein Meßbereich definieren, für den man davon abweichende Werte einstellen
kann, ein sogenannter ROI (Region of Interest). Es besteht die Möglichkeit, die
Messungen mittels des in Abschnitt 3.2.3 beschriebenen Differenzbild-Verfahrens
durchzuführen. Um eine qualitative Übersicht über den Verlauf der Hysterese-Kurve zu
erhalten, werden die Grau-Mittelwerte über alle Bildpixel in einem zuvor definierten
(default: gesamtes Bild) Bereich des Bildes berechnet und in einem Datenfenster
dargestellt. Das Programm speichert die Einzelbilder der Messung, die Hysteresekurve
und ein „Meß-Info“-ASCII-File ab, das alle Informationen über die Messung enthält (z.B.
Datum, benutzte Diode, Probe, ...). Die Programmoberfläche während solch einer
Messung sieht dabei wie folgt aus:
-42-
Kapitel 3
!
Das Kerr-Mikroskop
________________________________________________________________________
Abbildung 3-23: Programmoberfläche beim Durchfahren eines Loops.
Des Weiteren ist im Programm ein Editor integriert, mit dessen Hilfe sich Meßdaten, Eichdaten, etc. anschauen und gegebenenfalls auch ändern lassen.
-43-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
4
Messungen und Diskussion
4.1 Medien der magnetooptischen Datenspeicherung
Amorphe Seltenerd-Übergangsmetall-Legierungen (SE-ÜM) sind momentan die gängigen
Medien für die magnetooptische Datenspeicherung. Die Zusammensetzung der praktikabelsten Systeme ist eine quaternäre Legierung (TbyGd1-y)x(FezCo1-z)1-x , bei der Terbium
und Gadolinium zu den Seltenen Erden und Eisen und Kobalt zu den Übergangsmetallen
n
6
1
2
zählen. Seltene Erden besitzen die Elektronenkonfiguration (4f) (5p) (5d) (6s) , wobei für
Gadolinium n=7 und für Terbium n=8 ist. Dabei koppeln die Momente der SEKomponenten mit den Momenten der ÜM-Komponenten antiferromagnetisch, so daß sich
eine Netto-Moment in Richtung des größeren der beiden magnetischen Momente ergibt
[37]. Ein solches System bezeichnet man als Ferrimagnet.
Abbildung 4-1 zeigt die Temperatureigenschaften der Netto-Magnetisierung und der Magnetisierungen der SE- und ÜM-Anteile. Man erkennt, daß durch die starke Austauschkopplung
die beiden Komponenten die gleiche kritische
Temperatur Tc besitzen. Bei
T = 0 K ist die SE-Magnetisierung größer als die
der Übergangsmetalle, so daß eine NettoMagnetisierung in Richtung des SE-Momentes
entsteht. Da beide magnetischen Momente mit
steigender Temperatur unterschiedlich stark
abfallen, erhält man bei der Kompensations-
Abbildung 4-1: Temperaturabhängig-
temperatur Tcomp eine verschwindende Netto-
keit der Magnetisierung in amorphen
Magnetisierung aufgrund der entgegengerichte-
SE-ÜM Filmen [55, 37].
ten gleichgroßen magnetischen Momente beider Komponenten. Mit weiter steigender Temperatur nimmt die Netto-Magnetisierung in
Richtung des ÜM-Anteils wieder zu, bis bei der kritischen Temperatur Tc die Legierung in
einen paramagnetischen Zustand übergeht [56].
-44-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
Die Zusammensetzung einer Legierung für MO-Medien wählt man so, daß Tcomp in der
Nähe der Arbeitstemperatur (T ≈ 300 K) liegt und sich eine Netto-Magnetisierung nahe Null
ergibt. Das Koerzitivfled Hc divergiert bei Tcomp, weil auf eine Probe mit verschwindender
Sättigungsmagnetisierung Ms ein äußeres Magnetfeld keinen Einfluß hat. Es gilt der Zusammenhang:
Hc ∝
K
,
Ms
mit K der magnetischen Anisotropiekonstanten, die in diesem Bereich nur eine sehr
schwache Temperaturabhängigkeit aufweist.
Trotzdem erhält man ein gutes Kerr-Signal, da die Kerr-Amplitude auf die Wechselwirkung
mit den 3d-Elektronen von Eisen und Kobalt zurückzuführen ist. Diese bilden die äußere
Schale in den Ionen der Übergangsmetalle, weil das 4s-Elektron zu den freien Elektronen
des Festkörpers übergeht. Dagegen liegen die für die magnetischen Eigenschaften der
Seltenen-Erden verantwortlichen 4f Elektronen zu weit von der Fermienergie EF entfernt,
so daß keine optischen Übergänge möglich sind.
Eine wichtige Eigenschaft von SE-ÜM-Legierungen ist ihre senkrechte magnetische Anisotropie. Sie ist auf die atomare Nahordnung und die Oberflächenanisotropie dieser dünnen Schichten zurückzuführen, da es in diesen amorphen Legierungen keine Kristallstruktur, also auch keine magnetokristalline Anisotropie gibt.
Charakteristisch für Materialien der MO-Datenspeicherung sind „rechteckige“ Ummagnetisierungskurven. Die Sättigungsmagnetisierung Ms und die magnetische Remanenz Mr besitzen dabei annähernd den gleichen Wert. Das magnetooptische Signal bleibt konstant,
auch wenn das äußere Feld auf Null zurückgefahren wird. Außerdem erfolgt ein sofortiges
Umklappen der Magnetisierung bei dem Koerzitivfeld Hc.
Der Schreibprozeß erfolgt thermomagnetisch [57]. Durch einen gepulsten Laserstrahl wird
die Schicht lokal über die Curietemperatur erhitzt und durch Anlegen eines Magnetfeldes
beim Abkühlen aufmagnetisiert . Die typische Domänenlänge entspricht dem thermischen
Profil des Laserstrahls und liegt in der Größenordnung von 1 µm. Für die Curietemperatur
des MO-Mediums ergibt sich eine durch die Laserleistung bedingte Obergrenze von etwa
600 K. Die Untergrenze sollte 400 K nicht unterschreiten, um die Datensicherheit zu gewährleisten. Bei Raumtemperatur (∼ 300 K) muß das Speichermedium wieder ein hohes
Koerzitivfeld Hc besitzen, um unempfindlich gegenüber externen Streufeldern zu sein. Das
Auslesen der Daten erfolgt mit dem polaren magnetooptischen Kerr-Effekt. Die Speicherdichte ist durch die optische Auflösung bestimmt, die etwas unter 1 µm beträgt. Durch Er-
-45-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
höhung der Kerr-Amplitude ( ∝
R ⋅ sin θ K ) erreicht man eine Verbesserung des Sig-
nal/Rausch-Verhältnisses.
Die Anforderungen an die SE-ÜM Legierungen sind also durch Lese- und Schreibprozesse
festgelegt und lassen sich über die quaternäre Zusammensetzung der Legierung einstellen. Durch Einbau von Terbium in binären Schichten kann das Koerzitivfeld und die senkrechte Anisotropie erhöht und die Curie-Temperatur erniedrigt werden [58]. Mit Hilfe von
Kobalt lassen sich die Temperaturabhängigkeiten der Schicht (Tcomp und Tc) geeignet einstellen [59].
-46-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
4.2 Einsatz als polares Kerr-Mikroskop zur Untersuchung
von Seltenerd-Übergangsmetall-Schichten
Stabilität und Reproduzierbarkeit bei Ummagnetisierungsvorgängen vor allem im Mikrometerbereich sind wichtig für Medien der magnetooptischen Datenspeicherung. Hierbei stellt
das Koerzitivfeld Hc ist eine kritische Größe dar.
Im Rahmen dieser Arbeit standen zwei Vertreter der SE-ÜM-Legierungen zur Verfügung.
Die erste Probe besteht aus einer Gd26,5%Fe73,5% -Legierung auf einem Glas-Substrat und
einer abschließenden lichtundurchlässigen Schutzschicht. Als Vertreter der ternären Medien wurde eine Probe mit einer Gd14%Tb6%Fe80%-Legierung und ähnlichem Aufbau untersucht. Die Beleuchtung der Proben erfolgte durch das lichtdurchlässige Glas-Substrat.
In Abbildung 4-2 und 4-3 sind die Messungen für GdFe und GdTbFe dargestellt.
Alle gemessenen Magnetisierungskurven zeigen bis hin zu hohen Feldern keine Sättigung
der Proben, sondern ein lineares Ansteigen des Signals nach der Ummagnetisierung. Dieser lineare Anstieg der Meßkurven ist auf den Faraday-Effekt zurückzuführen, der eine
zusätzliche Drehung der Polarisation in den Mikroskop-Objektiven und dem Glas-Substrat
bewirkt. Die verwendeten Objektive sind für den größeren Beitrag verantwortlich. Mit zunehmender Vergrößerung und damit abnehmendem Arbeitsabstand taucht das Objektiv
tiefer ins Magnetfeld ein und die Faraday-Drehung verstärkt sich. Die lineare Abhängigkeit
läßt sich dadurch erklären, daß man sich noch weit unterhalb der Sättigungsmagnetisierung dieser paramagnetischen Substanzen befindet und für diesen Bereich die Magnetisierung, also auch die Drehung der Polarisationsrichtung, linear mit dem äußeren Feld zusammenhängt. Paramagnetische Stoffe weisen im Allgemeinen eine wesentlich höhere
Sättigungsmagnetisierung als ferromagnetische Stoffe auf.
Den gemessenen Kurven ist ein weiterer magnetooptischer Effekt überlagert. Eliminiert
man aus den Messungen die Faraday-Drehung rechnerisch, dann zeigen die gesättigten
Bereiche der Kerr-Kurven ein konkaves Verhalten. Dieses läßt mit einem quadratischen
Polynom fitten, was auf die Überlagerung eines quadratischen magnetooptischen Effekts,
dem sogenannten Voigt-Effekt, schließen läßt. Im Allgemeinen ist dieser Effekt wesentlich
schwächer als der betrachtete polare Kerr-Effekt und deshalb auch nur in dem genannten
Bereich zu erkennen.
GdFe besitzt einen steilen Anstieg der Kerr-Kurve bei einem Koerzitivfeld von 450 Oe. Der
senkrechte Anstieg läßt darauf schließen, daß das Koerzitivfeld durch einen plötzlich einsetzenden Nukleationsprozeß bestimmt ist. Sobald an einem Nukleationszentrum, typischerweise eine Inhomogenität am Probenrand, die Magnetisierung umgeklappt ist, mag-47-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
netisiert sich die Probe durch Domänenwandverschiebung vollständig um. Die Domänenwände verlaufen im GdFe zur Vermeidung von Streufeldern geradlinig. Das Koerzitivfeld
von GdFe ist mit 450 Oe gering. Materialien, die als MO-Medien Verwendung finden, weisen Koerzitivfelder in der Größenordnung von 2 kOe auf.
Gd besitzt eine halbgefüllte 4f-Schale und stellt einen Sonderfall unter den Seltenen Erden
dar. Der Gesamtbahndrehimpuls der sieben 4f Elektronen ist gleich Null, wodurch sich nur
sehr schwache Spin-Bahn-Kopplung ergibt [60]. Die Kopplung an die umliegende Struktur
und die damit verbundenen Anisotropien sind sehr schwach. Damit läßt sich das weichmagnetische Verhalten der GdFe-Probe erklären.
Die Kerr-Kurve der TbGdFe-Probe zeigt eine starke senkrechte Anisotropie auf. Die Legierung besitzt ein hohes Koerzitivfeld, das im höherem Maße durch die Wandbewegungen
bestimmt ist. Die Anzahl der Nukleationsprozesse pro Flächeneinheit ist höher, die Beweglichkeit der Wände geringer. Die Domänenwände können sich daher nicht mehr gerade
ziehen, um die Streufeldenergie zu minimieren.
Das beobachtete Verhalten ist mit dem stärkeren Bahndrehimpuls von Tb (L=3) korreliert.
Die Einionen-Anisotropie des Tb ist weitgehend für die senkrechte Anisotropie verantwortlich. In einer Legierung führt dies zu starken lokalen Schwankungen der magnetischen
Eigenschaften der Probe auf atomarer Skala, das einen Pinningmechanismus für die
Domänenwände zur Folge hat. Es ergeben sich gekrümmte Domänenwände und ein
hohes Koerzitivfeld.
Die Abhängigkeit der Kerr-Drehung vom äußeren Feld in der GdTb-Probe ist entgegengesetzt zu der in GdTbFe. Dieses Verhalten läßt sich erklären, wenn die Kompensationstemperatur für eine der Proben unterhalb der Zimmertemperatur liegt. Dann richtet sich das Fe
parallel zum äußeren Feld aus. Die Temperaturabhängigkeit konnte hier nicht untersucht
werden.
-48-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
Abbildung 4-2: Ummagnetisierungsverhalten der GdFe-Probe. In Bild 5 ist eine Referenzlinie von 30 µm Länge eingezeichnet.
-49-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
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Abbildung 4-3: Ummagnetisierungsverhalten der GdTbFe-Probe. In Bild 8 ist eine Referenzlinie mit einer Länge von 30 µm eingezeichnet. Daraus ergibt sich die Bildgröße zu
1600 µm auf 1200 µm.
-50-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
4.3 Einsatz als longitudinales Kerr-Mikroskop zur Untersuchung einer Eisen-Schicht
Eisen gehört zusammen mit Kobalt und Nickel zu den bekanntesten ferromagnetischen
6
2
Substanzen. An der Elektronenkonfiguration [Ar] 3d 4s erkennt man, daß der Spin der 3d-
Elektronen für das magnetische Verhalten von Fe verantwortlich ist.
In der Kerr-Mikroskopie ist Eisen wegen seiner hohen Sättigungsmagnetisierung Ms=1600
emu/cm³ bei Zimmertemperatur und seiner daraus resultierenden großen Kerr-Drehung
von 0,63° (bei 633 nm, polar gemessen [23]) ein umfassend untersuchtes und bekanntes
System. Bedingt durch seine „in-plane“-Magnetisierung sind Eisen-Schichten geeignete
Kandidaten zum Testen der Funktionalität des Mikroskops bei Benutzung des longitudinalen Kerr-Effektes.
Die Kerr-Drehung im longitudinalen Fall ist typischerweise fünf mal schwächer als beim
polaren Kerr-Effekt [61].
Die benutzte Probe wurde von Björn Roos mittels Molekular-Strahl-Epitaxie (MBE) hergestellt. Die Probe ist folgendermaßen aufgebaut (Abbildung 4-4):
Abbildung 4-4: Schematischer Aufbau der Fe-Probe.
Als Substrat wurde (001)-orientiertes, einkristallines GaAs verwendet. Darauf ist eine FeKeimschicht aufgedampft, die dazu dient, das Wachstum der Goldschicht auf dem Substrat zu verbessern. Die Goldpufferschicht von 1500 Å hilft bei der Bildung einer glatten
Oberfläche zum epitaktischen Aufwachsen.
Für die Messung ist allein die 200 Å Fe-Schicht von Bedeutung. Die 20 Å dicke Schutzschicht aus Chrom ist für Licht des sichtbaren Bereichs - bei einer Skin-Tiefe von ca. 200-
-51-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
300 Å - transparent. Der 1500 Å dicke Goldpuffer läßt keine Wechselwirkung des Lichtes
mit dem GaAs-Substrat zu.
Die Probe wurde zuerst mittels MOKE-Untersuchungen charakterisiert. Sie besitzt eine
vierzählige „in-plane“-Anisotropie mit einem Koerzitivfeld von Hc = 15 Oe. Kristallines Eisen
wächst auf Gold in bcc-Struktur auf. Aufgrund der Kristallanisotropie ist daher eine vierzählige Symmetrie zu erwarten.
In Abbildung 4-5 ist ein Domänenbild der Fe-Probe bei einem äußeren Feld von ca. 20 Oe
abgebildet. Am unteren Bildrand hebt sich eine dunkle Streifendomäne gegen den hellen
Untergrund
ab.
Wegen
des schwachen Kontrasts
(K = 0,04) ist die Domäne
nur im Differenzbild (K =
0.4) zu beobachten. Für
Fe-Schichten
erwartet
man aufgrund der starken
vierzähligen
gerade
Abbildung 4-5: Streifendomäne der Fe-Probe.
Anisotropie
Domänenwände.
Die Abweichung von diesem Verhalten läßt sich in
unserem Fall durch Pro-
beninhomogenitäten am Randbereich der Probe erklären. Die Aufnahme zeigt ein starkes
Rauschen, da die Messungen mit maximaler Signalverstärkung aufgenommen wurden, um
aus dem schwachen Kerr-Signal noch einen erkennbaren Kontrast zu erhalten.
Abbildung 4-7 verdeutlicht das Ummagnetisierungsverhalten der Probe gemessen mit dem
longitudinalen Kerr-Effekt. Auf den Aufnahmen waren keine Domänen zu erkennen. Dafür
gibt es mehrere Gründe. Das erhaltene Kerr-Signal ist sehr schwach. Magnetische
Strukturen gehen im Bit-Rauschen unter, obwohl sich mit statistischen Mitteln noch eine
Kerr-Kurve berechnen läßt. Anhand dieser Kurve kann die maximale Helligkeitsdifferenz
zwischen den dargestellten Bildern auf etwa 10 Bit bestimmt werden. Die benutzte Beleuchtung ist auf den polaren Kerr-Effekt abgestimmt. Durch Ändern der Beleuchtung ließe
sich eine wesentlich gleichmäßigere Ausleuchtung mit geringerem Untergrund erreichen
(s. Anhang).
Zum Vergleich des Kerr-Signals wurde in Abbildung 4-7 eine Ummagnetisierungskurve der
Fe-Probe für eine polare Messung hinzugefügt. Man erkennt sehr gut die Verstärkung des
Signals und die damit verbundene Verbesserung des Signal/Rausch-Verhältnisses.
-52-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
166
Kerr-Drehung [a. u.]
164
162
160
158
156
154
152
Fe (long.)
-100
-50
0
50
100
Magnetisches Feld [Oe]
Abbildung 4-6: Ummagnetisierungsverhalten der Fe-Probe gemessen mit dem
longitudinalen Kerr-Effekt.
140
Kerr-Drehung [a. u.]
120
100
80
Fe (polar)
60
-6000
-4000
-2000
0
2000
4000
6000
Magnetisches Feld [Oe]
Abbildung 4-7: Ummagnetisierungsverhalten der Fe-Probe gemessen mit dem polaren Kerr-Effekt.
-53-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
4.4 Untersuchungen von FeAu-Schichten mit polarem
Kerr-Effekt
Bis Mitte der achtziger Jahre waren vor allem einzelne Schichten und Schichtsysteme aus
ferromagnetischen Materialien Schwerpunkt der Untersuchungen.
In den letzten Jahren beschäftigte man sich dagegen immer häufiger mit Vielfachschichten
aus ferromagnetischen und paramagnetischen Materialien. Mit Hilfe der MBE-Herstellung
ist es möglich, Schichtsysteme aus ultradünnen Schichten herzustellen, die eine sehr gute
Probenqualität aufweisen. An diesen Systemen mit Einzelschichten im Monolagenbereich
wurden zwei charakteristische physikalische Eigenschaften entdeckt:
♦
Die Zwischenschichtaustauschkopplung ist bestimmt durch die unterschiedliche
Kopplung der ferromagnetischen Schichten in Abhängigkeit von der Dicke der paramagnetischen Zwischenschicht [62, 63, 64, 65].
♦
Durch den Einbau von Zwischenschichten ändert sich die Anisotropie. So kann sich ein
System mit einer „in-plane“-Anisotropie durch zusätzliche Grenzflächenanisotropiebeiträge durch Zwischenschichten hervorgerufen in ein System mit einer „out-ofplane“-Anisotropie verwandeln.
Die zwei wichtigsten Größen zur Charakterisierung solcher Schichten sind also die Austauschkopplungskonstante und die Anisotropiekonstante. Das sind genau die beiden Größen, mit denen man - wie in Kapitel 1 Gleichungen (40) und (41) - Domänen bzw. Domänenwände charakterisiert. Es besteht die Möglichkeit der direkten Bestimmung der Kopplungsstärke durch Domänenbeobachtungen [66].
Im Rahmen dieser Arbeit standen drei verschiedene FeAu-Proben zur Verfügung. Es handelt sich um Eisen-Gold-Vielfachschichten, die aus jeweils 30 Schichten von
♦
2 Monolagen Fe / 1 Monolage Au
♦
1 Monolage Fe / 1 Monolage Au
♦
1 Monolage Fe / 3 Monolagen Au
aufgebaut sind. Anhand dieser Systeme soll der Übergang von geschichteten kristallinen
Strukturen zu Legierungen untersucht werden.
Alle drei Proben wurden mittels MBE am Forschungszentrum Jülich hergestellt. Sie besitzen alle das in Abbildung 4-8 dargestellte Aufbauprinzip.
-54-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
Abbildung 4-8: Schematischer Aufbau der Eisen-Gold-Vielfachschichten.
Als Substrat wurde ein polierter MgO (100)-Einkristall benutzt, auf dem die Fe-Keimschicht
aufgebracht ist. Darauf folgt ein Goldpuffer, der dem epitaktischen Aufwachsen der nachfolgenden Vielfachschicht dient. Die anschließende Goldschicht erzeugt auf beiden Seiten
der Fe/Au-Schicht die gleichen Randbedingungen [67].
Alle Proben schließen mit einer 500 Å ZnS-Deckschicht zum Schutz vor Oxidationen ab,
die so gewählt ist, daß sie für Licht mit einer Wellenlänge von ca. 540 nm als Antireflexschicht geeignet ist.
Die Proben wurden von Christoph Mathieu mittels Brillouin-Licht-Streuung (BLS) untersucht. Die (2Fe/1Au)30- und (1Fe/1Au)30-Proben zeigen „in-plane“-Magnetisierung. Die
(1Fe/3Au)30-Probe weicht jedoch von diesem Verhalten ab und läßt auf eine senkrechte
Anisotropie schließen. Weitere Messungen wurden von Oliver Büttner mittels longitudinalem MOKE durchgeführt, die die mit der BLS gefundenen Ergebnisse bestätigten. Es ist
deshalb von großem Interesse, das beschriebene Verhalten mittels polarer KerrMikroskopie durch Identifizierung der Domänenstrukturen während des Ummagnetisierungsvorgangs genauer zu untersuchen.
Die Messungen wurden mit dem polaren Kerr-Mikroskop bei einer Wellenlänge von 520
nm durchgeführt. Die Abbildungen 4-9, 4-10 und 4-11 fassen die Ergebnisse der Messungen für die drei Fe/Au-Schichtsysteme zusammen.
Die Messung der (2Fe/1Au)30-Probe zeigt ein gutes Kerr-Signal. Die schräge Lage der
Hysteresekurve läßt auf eine magnetisch harte Richtung schließen. Es ist also keine Do-
-55-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
mänenbildung zu erwarten. Die Ummagnetisierung erfolgt durch Drehung der Magnetisierung in harte Richtung.
Die (1Fe/1Au)30-Probe verursacht ein schwächeres Kerr-Signal. Für die Aufnahme der
Kerr-Kurve wurde das Objektiv mit dem größten Arbeitsabstand benutzt. Der lineare Anstieg der Kurve ist daher nicht auf eine Überlagerung mit dem Faraday-Effekt zurückzuführen. Daß sich die Probe bis zu einem Feld von 4,8 kOe nicht sättigen läßt, weist wiederum
auf eine „in-plane“ Magnetisierung der Probe hin. Auch hier sind daher keine Domänen zu
beobachten.
Die letzte Probe ((1Fe/3Au)30) zeigt gemäß den Erwartungen eine senkrechte Anisotropie.
Auch bei stärkster Vergrößerung ist keine Domänenbildung erkennbar. Der schräge Anstieg der Kurve läßt darauf schließen, daß der Ummagnetisierungsprozeß weitgehend
durch Nukleationen bestimmt ist. Domänenwandbewegungen sind oft mit einem senkrechten Anstieg der Hystereskurve verbunden.
In Kapitel 2 haben wir gesehen, daß die Wanddicke proportional zu
A / K ist. Das be-
deutet, daß mit abnehmender Austauschkonstante und zunehmender Anisotropiekonstante die Wand dünner wird, der Winkel benachbarter Spins wird also größer. Die Domänenstrukturen können dadurch so klein werden, daß sie mit dem Mikroskop nicht mehr aufzulösen sind.
Die Grenzflächenanisotropie, hervorgerufen durch die gute Trennung der Fe-Lagen durch
drei Lagen Au, erklärt die senkrechte Anisotropie. Die Probe mit der größten Durchmischung ((1Fe/1Au)30) zeigt „in-plane“-Anisotropie. Die (2Fe/1Au)30-Probe wird ebenso stark
durchmischt sein und kommt dem Fe-Film am nächsten. Dies zeigt sich in ihrer „in-plane“Magnetisierung.
-56-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
90
Kerr-Drehung [a. u.]
80
70
60
50
40
30
20
10
-4000
-2000
0
2000
4000
6000
Magnetisches Feld [Gauss]
Abbildung 4-9: Ummagnetisierungsverhalten der (2Fe/1Au)30-Vielfachschicht.
180
Kerr-Drehung [a. u.]
170
160
150
140
130
120
-4000
-2000
0
2000
4000
6000
Magnetisches Feld [Gauss]
Abbildung 4-10: Ummagnetisierungsverhalten der (1Fe/1Au)30-Vielfachschicht.
-57-
Kapitel 4 ! Messungen und Diskussion
________________________________________________________________________
Kerr-Drehung [a. u.]
16
15
14
13
12
11
-4000
-2000
0
2000
4000
Magnetisches Feld [Oe]
Abbildung 4-11: Ummagnetisierungsverhalten der (1Fe/3Au)30-Vielfachschicht.
-58-
Kapitel 5 ! Zusammenfassung und Ausblick
_________________________________________________________________________
5
Zusammenfassung und Ausblick
Ziel dieser Arbeit war der Aufbau eines hochauflösenden Kerr-Mikroskops, das die Beobachtung magnetischer Strukturen während Ummagnetisierungsvorgängen ermöglicht, um
den direkten Zusammenhang zwischen Ummagnetisierungskurven und den zu beobachteten magnetischen Prozessen, wie Domänenwandverschiebungen und Drehung der magnetischen Momente wiederzugeben. Die Messungen sollten sowohl in polarer Geometrie
als auch in longitudinaler Geometrie durchgeführt werden, um so den „out-of-plane“ Anteil
und den „in-plane“ Anteil der Magnetisierung beobachten zu können.
Die Vorteile des Kerr-Mikroskops sind einerseits der einfache und modulare Aufbau, mit
dem Änderungen und Anpassungen an die Meßanforderungen möglich sind und andererseits die Möglichkeit, Echtzeitmessungen durchzuführen zu können.
Der Nachteil der Kerr-Mikroskopie liegt eindeutig in der eingeschränkten optischen Auflösung. Verbesserungen der Kerr-Mikroskopie in dieser Richtung - wie sie beim RasterNahfeldmikroskop verwirklicht wurden - haben in der Vergangenheit gerade die oben erwähnten Vorteile der Methode ( Einfachheit und Schnelligkeit (Echtzeitmessungen) ) verdrängt. Deshalb bleibt die konventionelle Kerr-Mikroskopie auch weiterhin die Standardmethode zur Untersuchung magnetischer Strukturen und Ummagnetisierungsvorgängen. Die
Weiterentwicklung muß sich an der Verbesserung der Auflösung mit Unterstützung rechnerischer Methoden orientieren, ohne daß das Prinzip der parallelen Bildaufnahme mit ca.
30.000 Meßpunkten pro Aufnahme vernachlässigt wird.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Auflichtpolarisationsmikroskop geplant und aufgebaut,
das mittels magnetooptischem Kerr-Effekt magnetische Strukturen sichtbar machen kann.
Die optischen Komponenten wurden mit einer verstellbaren optischen Bank befestigt. Es
wurden Mikroskop-Objektive mit einer fünf- bis fünzigfachen Vergrößerung benutzt, um
eine Optimierung in Bezug auf Kontrast (kleinstes Objektiv) und Auflösung (größtes Objektiv) zu erhalten. Eine Besonderheit des Mikroskops ist die Beleuchtung mit HochleistungsLEDs, die in flüssigem Stickstoff gekühlt werden. Damit läßt sich eine gleichmäßige, annähernd monochromatische Beleuchtung mit hoher Intensität erreichen.
Das Mikroskop wurde durch Programmierung einer Windows-Software ansteuerbar gemacht. Es sind zwei unterschiedliche Modi implementiert. Einerseits ist die Aufnahme von
Einzelbildern bei einstellbarem äußeren Magnetfeld möglich, andererseits kann das Kerr-
-59-
Kapitel 5 ! Zusammenfassung und Ausblick
_________________________________________________________________________
Mikroskop als Kerr-Looper betrieben werden, indem über die aufgenommenen Bilder integriert wird.
Die Leistungsfähigkeit des Mikroskops wurde durch die digitale Bildverarbeitung im PC
wesentlich erhöht. Am Beispiel einer MO-Disk konnten diese Verbesserungen durch Meßmethoden, wie Differenzbildverfahren und Verstärkung des Kontrastes, demonstriert werden. Zusätzlich wurde anhand der bekannten Domänengrößen das maximale Auflösungsvermögen des Mikroskops bestimmt. Für das stärkste Objektiv ergab sich ein Wert für den
kleinsten auflösbaren Abstand Dmin von 0,5 µm.
Anhand der GdFe- und GdTbFe-Proben konnte die Funktion des polaren Kerr-Mikroskops
getestet werden. Als typische Vertreter der SE-ÜM-Legierungen sind sie dazu geeignet,
die Merkmale der magnetooptischen Datenspeicherung zu erläutern. Anhand der Messungen lassen sich die Abhängikeit der Kerr-Drehung vom äußeren magnetischen Feld
und das Koerzitivfeld bestimmen. Zusätzlich kann man Nukleationsprozesse und Domänenwandbewegungen beobachten. Die aufgenommenen Hysteresekurven und die dazugehörigen Domänenbilder zeigen einen sehr guten Kontrast.
Das longitudinale Kerr-Mikroskop wurde anhand einer epitaktisch gewachsenen Eisenprobe getestet. Eine Kerr-Kurve und die Beobachtung einer Streifendomäne bestätigen die
Funktionsfähigkeit des Mikroskops. Zukünftige Erweiterungen zur Verbesserung der Beleuchtung, des Kontrastes und des longitudinalen Magnets wären nützlich. Vorschläge
dazu sind im Anhang zu finden.
Mit dem longitudinalen Kerr-Mikroskop wurden Messungen an drei Eisen-GoldVielfachschichten mit Schichtdicken im Monolagenbereich vorgenommen. Die (1Fe/3Au)30Vielfachschicht zeigte als einzige eine senkrechte Anisotropie. Aufgrund der geringen Eisenkonzentration der Probe erhielt man ein sehr schwaches Kerr-Signal und damit ein
schlechtes Signal/Rausch-Verhältnis. Es ließen sich bei Ummagnetisierungsprozessen
keine Domänen im Mikrometerbereich beobachten. Ursache dafür kann die starke senkrechte Anisotropie sein, die auf den Einfluß der Grenzflächenanisotropiebeiträge
zurückzuführen ist.
Die Erweiterung der bestehenden Apparatur ist für die zukünftige Untersuchung von Materialien für magnetooptische Datenspeicherung von Bedeutung. So sind vor allem zeitabhängige Messungen zum Beobachten des dynamischen Verhaltens von Domänen und
Domänenwänden von Interesse. Mit einem zusätzlichen Laser könnte man thermomagnetische Einschreibprozesse und Domänenwandstabilitäten testen.
-60-
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
6
Anhang
6.1 Verbesserungsmöglichkeiten
Im zeitlich begrenzten Rahmen dieser Diplomarbeit war es nicht möglich, den Aufbau in
jeder Hinsicht optimal zu gestalten. Ich möchte daher noch auf einige Möglichkeiten eingehen, um eine zukünftige Erweiterung bzw. Verbesserung der Apparatur zu erleichtern.
a) Vielfachreflexionsschichten
Eine erhebliche Kontrasterhöhung im Kerr-Mikroskop erhält man durch Aufbringen einer
zusätzlichen Interferenzschicht auf die zu untersuchende Probe. Durch Vielfachreflexionen
in der Schicht wird ein größerer Lichtanteil für den Kerr-Effekt genutzt und die KerrAmplitude um ein Vielfaches vergrößert (Abbildung 6-1).
Mit Hilfe der Dicke d und des Brechungsindex n sollte die Bedeckungsschicht so eingestellt
r
werden, daß die „normal“ reflektierte Amplitude N destruktive Interferenz erfährt, die Kerr-
r
Amplitude K
dagegen maximal wird und der Kerr-Winkel θ somit vergrößert wird
(Abbildung 6-2). Für ferromagnetische Materialien benutzt man häufig eine ZnSDeckschicht, die einen Brechungsindex von 2,3 besitzt.
K
N
d
θ
Schicht S
K
Probe
Abbildung 6-1: Prinzip der Vielfachreflexion in einer Deckschicht.
- 61 -
Abbildung
6-2:
Darstellung
des
r
Winkels θK und der Kerr-Amplitude K .
Kerr-
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
Wird von einer unbeschichteten Probe ca. 60% des auftreffenden Lichtes noch ungenutzt
reflektiert, erzielt man durch Aufbringen einer Antireflexschicht eine Reduzierung der Reflexion bis auf 1% und damit die Erhöhung der Kerr-Amplitude auf das 5-6 fache.
Beleuchtungsstrahlengang
In Abbildung 6-3 sind drei mögliche Beleuchtungsarten dargestellt.
Abbildung 6-3: Drei verschiedene Beleuchtungsarten: a) Köhlersche Beleuchtung, b) direkte Beleuchtung, c) parallele
Beleuchtung. L: Lichtquelle, F: Leuchtfeldblende, Ap: Aperturblende, Pr: Probe
[6].
Der im Aufbau realisierte Strahlengang ist in
Abbildung 6-3 c) dargestellt. Damit erhält man eine
für den polaren Kerr-Effekt ausreichende homogene Beleuchtung. Da aber für alle außerhalb der
Mittelebene liegenden Lichtstrahlen die Auslöschungsbedingung der gekreuzten Polarisatoren
nicht mehr optimal erfüllt ist, erhält man bei Betrachtung der gesamten Apertur ein Interferenzbild
mit
einer
kreuzförmigen
Auslöschungszone
(Abbildung 6-4). Wird der Beleuchtungsstrahlengang auf die Auslöschungsgebiete beschränkt,
führt dies zu optimalen Kontrastverhältnissen. Mit
Hilfe des Köhlerschen Beleuchtungsstrahlengangs
läßt sich die homogenste Ausleuchtung erreichen.
Abbildung 6-4: Aufnahme der Apertur des Kerr-Mikroskops bei paralleler Beleuchtung.
Die Verwendung einer Spalt-Aperturblende Ap in
der rückwertigen Brennebene des Objektivs führt dazu, daß alle Punkte des Gesichtsfeldes mit Strahlen gleichen Einfallswinkels beleuchtet werden. Von Vorteil wäre diese Anordnung bei der Benutzung des longitudinalen Kerr-Effekts, bei dem die gleichmäßige Ausleuchtung von großer Bedeutung ist.
- 62 -
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
c) Polarisatoren
Eine deutliche Verbesserung des Kontrastes erhält man durch den Austausch der Folienpolarisatoren durch Polarisationsprismen (Glan-Thompson-Prismen). Einerseits besitzen
Polarisationsprismen einen höheren Polarisationsgrad und verringern so die Hintergrundintensität, andererseits absorbieren sie weniger Licht als Folienpolarisatoren, so daß sich
durch den Austausch ein Helligkeitsgewinn ergeben würde. Nachteile der Polarisationsprismen sind allerdings hohe Kosten und enormer Platzbedarf.
d) Kompensator
Eine weitere Erhöhung des Kerr-Signals
bei longitudinalen Messungen läßt sich
durch Konvertieren der Kerr-Elliptizität εK
in eine zusätzliche Kerr-Drehung θK erreichen. Dies kann durch Einbau eines
λ/4-Plättchen in den Abbildungsstrahl
des Mikroskops erreicht werden [29].
Abbildung 6-5 zeigt die Ausrichtung der
Platte senkrecht zur großen Halbachse
der Kerr-Ellipse zur Drehung der kleinen
Halbachse um 90°.
Abbildung 6-5: Konvertieren der KerrElliptizität in zusätzliche Kerr-Drehung mittels
λ/4-Plättchen [61].
e) Berek-Prisma
Der benutzte Strahlteilerwürfel zur Umlenkung des einfallenden Strahls durch das Objektiv
auf die Probe ist nur für den polaren Kerr-Effekt geeignet. Zum Minimieren von depolarisierenden Effekten und zur besseren Justierung des einfallenden Lichtstrahls in Verbindung
mit dem longitudinalen Kerr-Effekt ist ein Berek-Prisma von Vorteil [68]. Alternativ findet
auch der Smith-Reflektor Anwendung in longitudinalen Kerr-Mikroskopen [61].
Abbildung 6-6: Skizze eines Smith-Reflektors
(linke Zeichnung) und eines Berek-Prismas
(rechte Zeichnung) [8].
- 63 -
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
f) Slow-Scan-Verfahren
Die Intensität kann man durch das sogenannte Slow-Scan-Verfahren erhöht werden. Dabei
wird durch Setzen einer TTL-Leitung die Integrationszeit des CCD-Chips der Kamera in
Intervallen von 20ms verlängert. Bei gleichzeitiger Kühlung des Chips mittels Peltierelement mit angebauter Kühlvorrichtung kann ein Überlaufen des Chips durch thermische
Elektronen - auch für Zeiten größer als 200 ms - verhindert werden. Dadurch wird das Signal-Rausch-Verhältnis wesentlich verbessert.
Somit können auch Proben mit kleinen Reflexionskoeffizenten gemessen werden. Allerdings geht durch die hohen Integrationszeiten der „Live-Charakter“ der Messungen verloren. Eine Verbesserung der Beleuchtung ist deshalb dem Slow-Scan-Verfahren vorzuziehen.
g) Bildverarbeitung
Zur Steigerung des Kontrastes und der Bildqualität wurde ein Differenzbildverfahren mit
mehrfach gemittelten Bildern benutzt. In der verwendeten kommerziellen Software wurden
diese Zwischenbilder in einem „Buffer“ mit einer Speichertiefe von 8 Bit zwischengespeichert und weiterverarbeitet. Mit einer Speichertiefe von 16 Bit kann die durch Mitteln gewonnene höhere Graustufen-Auflösung genutzt werden und zur Verbesserung des Kontrastes und der Qualität des Endbildes beitragen [7, 8]. Durch rekursive Mittelungsmethoden, läßt sich die Geschwindigkeit des Mittelungsvorganges und die Größe des benötigten
Arbeitsspeichers reduzieren.
h) Magnetfeld
Der zur „in-plane“ Magnetisierung verwendete
Magnet erzeugt ein inhomogenes Magnetfeld
von maximal 100 Oe. Durch Einsatz eines
Weiss-Magneten, wie in Abbildung 6-7 skizziert,
erhält man ein bis zu 50-fach stärkeres und
weitgehend homogenes Magnetfeld. Durch Abflachen der Polschuhe wird eine Wechselwirkung
des Magnetfeldes mit den Objektiven und die
damit verbundene Faraday-Rotation vermieden.
- 64 -
Abbildung 6-7: Skizze eines Magneten zur „in-plane“ Magnetisierung
[69].
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
6.2 Programmierung
Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Programm KerrImag zur Ansteuerung der Elektronik
und zur Meßdatenerfassung entwickelt.
Da es sich um ein Windows-Programm handelt, gibt es keine starre Oberfläche, sie verändert sich je nach Benutzer und benutzten Funktionen.
6.2.1 Übersicht über die Programm-Befehle
Das Programm bedient sich drei verschiedener Menüs und dreier Fenstertypen. Beim Starten des Programms wird das Standardmenü geladen, mit dem alle wichtigen Funktionen
zur Magnetansteuerung und Bildverarbeitung zur Verfügung stehen. Zur grafischen Anzeige von Meßdaten, Eichkurven etc. wird ein eigenes Fenster und eine dazugehörige Menüleiste aufgebaut. Innerhalb des Programms kann eine zusätzliche Editor-Funktion aufgerufen werden. Sie öffnet ein Editorfenster mit angepaßter Menüleiste, mit dem man Daten
und beliebige ASCII-Dateien im Text-Modus darstellen und gegebenfalls verändern kann.
Die Programmbefehle der drei Menüs sind in Tabelle 5-1, 5-2 und 5-3 aufgelistet.
Popup-Menü
Funktionen
Beschreibung
Open Picture
Öffnet ein Bild
Save Picture
Speichert das aktuelle Bild
Print Picture
Druckt das aktuelle Bild
Exit
Beendet das Programm
Take Picture
Nimmt ein Einzelbild auf und aktualisiert
das aktive Fenster
Picture Tool
Öffnet einen Dialog, in dem man die
Frame-Grabber-Einstellungen
optimieren kann. Es lassen sich Offset,
Referenz, Gain, Anzahl der
Bildmittelungen einstellen und mit "Take
Picture" oder" Live Video" direkt
überprüfen
File
Acquire
- 65 -
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
Picture Setup
Öffnet einen Dialog, in dem alle
Parameter zur Frame-GrabberEinstellung und zur Kamera Steuerung
festgelegt werden können
Live Video
Zeigt live Aufnahmen im aktuellen
Fenster (nach CCIR-Norm)
New Data Window
Erstellt ein neues Fenster zur
grafischen Datendarstellung
Load Data
Lädt ein Datenfile und stellt es grafisch
im aktiven Daten-Fenster dar
Save Data
Speichert die aktuellen Daten als
ASCII-File.
Close Data Window
Schließt das aktive Daten-Fenster
Hall-Probe Calibration
Zur Bestimmung des Magnetfeldes
mittels Hall-Sonde
Data
Calibration
Load Hall-Probe Calibration
Lädt eine Tabelle im ASCII-Code für die
Kalibirierung der Hall-Sonde
Load Power-Supply Calibration
Lädt eine Tabelle im ASCII-Code für die
Ansteuerung des Netzgerätes
Calibrate Hall-Probe
Bestimmung einer Kalibrierungstabelle
für die Hall-Sonde
Calibrate Power-Supply
Bestimmung einer Kalibrierungstabelle
für das Netzgerät
Save Hall-Probe Calibration
Speicherung der letzten geladenen
Kalibrierungstabelle für die Hall-Sonde
Save Power-Supply Calibration
Speicherung der letzten geladenen
Kalibrierungstabelle für das Netzgerät
Power-Supply Calibration
Zur Bestimmung des Magnetfeldes
über die Stromstärke des Netzgerätes
Load Calibration
Lädt eine Tabelle im ASCII-Code für die
Ansteuerung des Netzgerätes und die
Bestimmung des Magnetfeldes
Editor
Öffnet den Editor
Loop
Fährt automatisch einen Loop durch
und speichert die dabei gewonnenen
Daten
Measurement
- 66 -
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
Relaxation
Fährt automatisch eine Meßkurve zur
Analyse von Relaxationsprozessen
durch und speichert die dabei
gewonnenen Daten (in Entwicklung)
Demagnetizing
Das Magnetfeld wird zum
Entmagnetisieren der Probe von einem
Maximalwert bis auf Null in Schleifen
heruntergefahren.
Single Point
Zur Einstellung fester Magnetfeldwerte
und Aufnahme von Einzelbildern
New Window
Erzeut neues Fenster zur
Bildverarbeitung
Cascade
Ordnet die geöffneten Fenster
hintereinander an
Tile
Ordnet die geöffneten Fenster
nebeneinander an
Close All
Schließt alle geöffneten Fenster
Maximize Picture Window
Maximiert das aktive Fenster
New Buffer
Erzeugt neuen Speicherplatz für ein
Bildfenster
Help
Standard Windows Hilfefunktion
Info
Informationen zum Programm: Datum
der letzten Änderung, Version, etc.
Window
?
Tabelle 6-1: Befehle der Standard-Menüleiste.
Popup-Menü
Funktionen
Beschreibung
New Data Window
Öffnet neues Daten-Fenster
Load Data
Öffnet eine Datei und stellt die Daten
grafisch im aktiven Fenster dar
Save Data
Speichert den Inhalt des Daten-Fensters
in einer ASCII-Datei ab
Close Data Window
Schließt das aktive Daten-Fenster
Data
- 67 -
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
View
Change View
Öffnet einen Dialog, in dem man die
Skalierung des Datenfensters ändern
kann
Adjusted View
Paßt die Skalierung des Datenfensters an
die Daten an
Cascade
Ordnet die geöffneten Fenster
hintereinander an
Tile
Ordnet die geöffneten Fenster
nebeneinander an
Window
Tabelle 6-2: Befehle des Daten-Menüs.
Popup-Menü
Funktionen
Beschreibung
New
Öffnet neues Editier-Fenster
Open...
Öffnet eine Datei und zeigt sie im
Text-Modus im aktiven Fenster an
Save
Speichert den Inhalt des Editier-Fensters
in der dazugehörigen Datei
Save As...
Speichert den Inhalt des Editier-Fensters
in einer beliebigen Datei
Close
Schließt das Editier-Fenster
Print
Druckt den Inhalt des Editier-Fensters
Exit
Beendet das Programm
Undo
Macht die letzte Änderung im
Editier-Fenster rückgängig
Cut
Schneidet einen markierten Text aus und
speichert ihn in der Zwischenablage
Copy
Speichert den Inhalt einer markierten
Stelle in der Zwischenablage
File
Edit
- 68 -
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
Paste
Fügt den Inhalt der Zwischenablage an
einer markierten Stelle ein
Delete
Löscht einen markierten Bereich
Select All
Markiert den gesamten Inhalt des
Editier-Fensters
Find
Sucht einen Begriff
Find Next
Zeigt den nächsten gefundenen Begriff an
Replace
Ersetzt einen Suchbegriff durch einen
neuen Begriff
Font
Öffnet einen Dialog zur Textformatierung
Help
Standard Windows Hilfefunktion - noch
ohne Inhalt
Info
Informationen zum Programm: Datum
der letzten Änderung, Version, etc.
Search
Format
?
Tabelle 6-3: Befehle des Editor-Menüs.
- 69 -
Kapitel 6 ! Anhang
_________________________________________________________________________
6.2.2 Hysteresekurve
Auf diesen Teil des Programms soll etwas genauer eingegangen werde, da er sehr wichtig
und äußerst komplex ist.
Das Modul Hysteresekurve (Loop) ist über das Standardmenü zu starten. Der erste erscheinende Dialog dient der Eingabe der Meßparameter. Diese sind wie in Abbildung 3-23
gezeigt: Sättigung, Schrittweite, Zeitspanne zwischen zwei Meßpunkten und ein definierbarer Bereich (Region of Interest), in dem man veränderte Werte für die Schrittweite oder
Zeitspanne angeben kann. Mit diesen Parametern können dann sogenannte Loops gefahren werden, das heißt das Magnetfeld wird über einen Timer, entsprechend den eingegebenen Zeitspannen einmal von „-Sättigung“ bis „+Sättigung“ und wieder zurück duchgefahren, wobei bei jedem Meßpunkt ein Bild aufgenommen wird. Wählbar durch sogenannte
Schalter ist noch, ob die Bilder abgespeichert werden, die Ummagnetisierungskurve aufgenommen und angezeigt wird und Differenzbildverfahren benutzt wird.
Zur Darstellung der Loops wird das Kerr-Signal gegenüber dem angelegten Magnetfeld
aufgetragen. Dieses erhält man qualitativ, indem man den Graustufenwert jedes Bildes als
Mittel über alle Bildpixel bestimmt. Diese statistische Meßmethode entspricht ca. 30000
Meßpunkten pro Bildpunkt, wodurch auch bei schwachem Kerr-Signal noch Ummagnetisierungskurven mit geringem Rauschen meßbar sind.
Als Referenzbild zur Differenzbilderstellung wird bei automatischer Messung der erste
Meßpunkt benutzt. Allerdings läßt sich auch für Proben mit negativer Kerr-Drehung oder
bei starker überlagerter Faraday-Drehung ein zuvor aufgenommenes Referenzbild laden
und verwenden.
- 70 -
Literaturverzeichnis
_________________________________________________________________________
1 Literaturverzeichnis
[1] R. S. Tebble: Magnetic Domains, by Butler & Tanner Ltd, Great Britain (1969)
[2] H. J. Williams., F. G. Foster, E. A. Wood: Observation of Magnetic Domains by the
Kerr Effekt, Phys. Rev. 82, 119-120 (1951)
[3] C. A. Fowler, E. M. Fryer: Reduction of Photographic Noise, J. Opt. Soc. Am. 44, 256
(1954)
[4] J. Kranz, W. Drechsel: Über die Beobachtung von Weißschen Bereichen in polykristallinem Material durch die vergrößerte magneto-optische Kerrdrehung, Z. Phys. 150,
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