E05 Elektrische Schwingungen Physikalisches Praktikum Elektrische Schwingungen am Serien- und Parallelschwingkreis werden erzeugt und untersucht. Dabei sollen Unterschiede zwischen den beiden Schaltungen und Gemeinsamkeiten mit den mechanischen Schwingungen verdeutlicht werden. 1. Theoretische Grundlagen 1.1 Freie elektrische Schwingungen Lädt man einen Kondensator der Kapazität C auf die Spannung U0 und entlädt ihn über eine parallel geschaltete Spule der Induktivität L, so müssen zu jeder Zeit die Spannungen am Kondensator und an der Spule gleich groß sein: Q − L ⋅ I = C (1) Es ist Q = C·U die aktuelle Ladung auf einer Kondensatorplatte. Um Q zu eliminieren, wird die zeitliche Ableitung von (1) gebildet: 1 L ⋅ I + ⋅ I = 0 C (2) Diese Differentialgleichung hat die gleiche Struktur wie die Schwingungsgleichung für einen mechanischen, harmonischen Oszillator. Die Stromstärke in der beschriebenen Schaltung vollführt also eine harmonische Schwingung ~ I (t ) = I 0 ⋅ e iω0 ⋅t (3) ~ (dabei ist nur der Realteil I (t ) = Re I (t ) physikalisch relevant) mit der Eigenfrequenz ω0 = 1 . L⋅C (4) Gleiches gilt auch für die Spannung. Die Parallelschaltung von Spule und Kondensator wird deshalb als elektrischer Schwingkreis bezeichnet. Wie beim mechanischen Oszillator tritt auch beim elektrischen Schwingkreis unvermeidlich eine Dämpfung auf, hier verursacht durch den Ohmschen Widerstand R der Leitungen. Dieser wirkt, als ob er in Reihe zu den anderen Bauelementen geschaltet ist. In (1) ist nun zusätzlich der Spannungsabfall an R zu berücksichtigen und man erhält Q − L ⋅ I = + R ⋅ I C (5) Die zeitliche Ableitung von (5) führt wieder zu einer homogenen Differentialgleichung der Struktur, die auch im mechanischen Fall auftritt. 1 L ⋅ I + R ⋅ I + ⋅ I = 0 C ©2016 (6) E05 – Elektrische Schwingungen Physikalisches Praktikum Der Vergleich mit dem mechanischen Fall ergibt für den Dämpfungsfaktor des elektrischen Schwingkreises R δ = (7) 2L Das Verhalten des Schwingkreises hängt wie im mechanischen Fall von der Stärke der Dämpfung ab. Der Versuch beschränkt sich auf den schwach gedämpften Fall (δ < ω0), in dem die Lösung von (6) eine harmonische Schwingung mit exponentiell abklingender Amplitude ergibt ~ I (t ) = I 0 ⋅ e −δ ⋅t ⋅ e iω D ⋅t (8) mit der nun verringerten Eigenfrequenz ω D = ω 02 − δ 2 . (9) Die Teilspannungen an jedem der Bauelemente führen ebenfalls harmonische Schwingungen aus, allerdings mit einer Phasenverschiebung gegenüber dem Strom. 1.2 Erzwungene Schwingungen im Serienschwingkreis Eine Möglichkeit zur Erzeugung erzwungener elektrischer Schwingungen ist die in Bild 1 dargestellte RLC-Serienschaltung. Bei einer Erregerspannung ~ U (t ) = U 0 ⋅ e iωa ⋅t Bild 1: Reihenschaltung von R, L und C ( ) ~ ~ ~ Z = R + Z L + Z C = R + i ωa ⋅ L − ωa1⋅C : ~ I (t ) = ~ U (t ) R + i ω a ⋅ L − ωa1⋅C ( (10) ergibt sich die Stromstärke im eingeschwungenen Zustand gemäß dem ohmschen Gesetz durch Division mit dem komplexen Widerstand (11) ) Die Amplitude des Stroms I0 = ( U0 R 2 + ω a ⋅ L − ωa1⋅C (12) ) 2 wird maximal, wenn die Erregerfrequenz ωa gleich der Eigenfrequenz ω0 des ungedämpften Kreises ist: 1 ωa ,I max = ω0 = (13) L ⋅C Da der Nenner von (11) in diesem Fall reell ist, fließt der Strom in Phase mit der Erregerspannung. Die Schaltung lässt also bevorzugt Wechselstromsignale einer bestimmten Frequenz passieren. Man nennt sie deshalb Siebkette. -2- E05 – Elektrische Schwingungen Physikalisches Praktikum Die Spannung am Kondensator der Siebkette ist ~ ~ U C (t ) = I (t ) ~ U (t ) 1 = iωa ⋅ C iω a ⋅ R ⋅ C − ω a2 ⋅ L ⋅ C − 1 ( (14) ) Sie hat die Amplitude ~ U C ,0 = U C = U0 (15) ω ⋅ R ⋅ C + (ω ⋅ L ⋅ C − 1) 2 a 2 2 2 a 2 Um zu bestimmen, für welche Erregerfrequenz die Spannung maximal wird (Spannungsresonanz), wird die Ableitung des Nenners von (15) gleich 0 gesetzt und es ergibt sich: ω a ,U max = ω 02 − R2 = ω 02 − 2δ 2 2 2L (16) Die Phasendifferenz α zwischen der Erregerspannung und der Spannung am Kondensator ergibt sich aus der Darstellung der Teilspannungen in der komplexen Ebene. Es ist tan α = 1 ωa ⋅C R − ωa ⋅ L (17) Ein wichtiges Maß für die Trennschärfe eines Schwingkreises ist die Halbwertsbreite der Resonanzkurve. Man versteht darunter den Abstand ∆ω der beiden Frequenzen, bei denen die Amplitude auf das 1 2 -fache ihres Maximalwertes abgesunken ist. Der Quotient Q= f ω = Re s ∆ω ∆f (18) heißt Güte des Schwingkreises. 1.3 Erzwungene Schwingungen im Parallelschwingkreis Von Bedeutung für technische Anwendungen ist noch der Parallelschwingkreis (Bild 2). Die Stromstärke in den Zuleitungen zu dem Schwingkreis ist abhängig von der Frequenz der Erregerspannung (10). Für den komplexen Ersatzwiderstand der Schaltung gilt 1 1 1 mit ~= ~ + ~ Z ZC Z L + R i ~ ~ ZC = Z L = −i ω a ⋅ L . ωa ⋅ C Bild 2: Schaltung eines Parallelschwingkreises -3- (19) E05 – Elektrische Schwingungen Physikalisches Praktikum Der Betrag des Ersatzwiderstandes ist: ~ Z = R 2 + ω a2 ⋅ L2 (20) ω a2 ⋅ R 2 ⋅ C 2 + (ωa2 ⋅ L ⋅ C − 1) 2 Setzt man R << ωa·L voraus, so ergibt sich sein Maximum für ωa = ω0 = 1 L⋅C (21) d.h., wenn die Frequenz der von außen angelegten Spannung gleich der Eigenfrequenz des ungedämpften Kreises ist. In diesem Fall ist der Strom in den Zuleitungen minimal. Aus diesem Grund wird der Parallelschwingkreis auch Sperrkreis genannt. Bei nicht vernachlässigbarem R ist die Resonanzfrequenz wieder zu kleineren Frequenzen verschoben. 2.Versuch 2.1 Vorbetrachtung Aufgabe1: Eine Sinusspannung hat eine Frequenz von 500Hz (bei t = 0; u = 0). Zum Zeitpunkt t = 0,1ms beträgt der Augenblickswert u = 0,5V. Bestimmen Sie Maximal- und Effektivwert. Aufgabe 2: Eine Wechselspannung der Form U (t ) = U max ⋅ sin (ωt + ϕ ) hat eine Periodendauer von T = 360µs (=> ω = 2π = 360°). Zum Zeitpunkt t1 = 15µs beträgt die Spannung U1 = 5,0V, zum Zeitpunkt t2 = 75µs beträgt die Spannung U2 = 10,0V. Bestimmen Sie die maximale Spannung Umax und den Phasenwinkel ϕ. Hinweis: Dividieren Sie die Spannungsfunktionen und berücksichtigen Sie das Additionstheorem sin ( x + y ) = sin x ⋅ cos y + cos x ⋅ sin y . 2.2 Versuchsdurchführung 2.2.1 Verwendete Geräte Funktionsgenerator und Zähler in einem Gehäuse, Oszilloskop, Vielfachmessinstrument, Kondensatoren, Spulen, Widerstände, Aufbauplatte 2.2.2 Versuchshinweise Aufgabe 1: Freie Schwingungen • Stellen Sie die freie schwach gedämpfte Schwingung eines Schwingkreises mit Hilfe eines Oszilloskops dar. • Bestimmen Sie aus dem Schwingungsverlauf bei gegebener Kapazität C die Induktivität L und den Ohmschen Widerstand RL der Spule. Hinweis: Bedienungsanleitungen für alle benötigten Messgeräte befinden sich am Arbeitsplatz. -4- E05 – Elektrische Schwingungen Bild 3: Versuchsaufbau Physikalisches Praktikum Oszilloskop: Triggerung durch Generator Kopplung: Spulen nebeneinander aufbauen • Verwenden Sie zur periodischen Anregung des Schwingkreises einen Impulsgenerator (Rechteckgenerator, f = 200Hz) und koppeln Sie ihn induktiv an die Schwingkreisspule an (Bild 3). • Die Frequenz dieser Anregung muß klein sein gegen die Eigenfrequenz des Schwingkreises (Warum?). • Lesen Sie am Oszilloskop zunächst die Schwingungsdauer T des Schwingkreises unter Verwendung der kalibrierten Zeitbasiseinstellung ab (zur Bestimmung von fD und ωD). • Schätzen Sie die auftretende Abweichung ab. • Bestimmen Sie danach die Amplitude in Abhängigkeit von t = t/T. • Lesen Sie dazu die Spannungswerte Spitze-Spitze (US) entsprechend der Eingangseinstellung des Oszilloskops für die ersten 15-20 Perioden ab. Aufgabe 2: Erzwungene Schwingungen am Serienschwingkreis • Nehmen Sie für verschiedene Dämpfungen die Spannungs-Resonanzkurve beim Serienschwingkreis auf und bestimmen Sie die Güte. • Verwenden Sie bei den Messungen zu den erzwungenen Schwingungen eine sinusförmige Erregerspannung mit konstanter Amplitude. • Variieren Sie die Frequenz von (1…8)kHz, mit einer Schrittweite von 1kHz. • Ermitteln Sie die Resonanzfrequenz fRes. • Messen Sie je 3 weitere Messwerte mit einer Schrittweite von 200Hz links bzw. rechts vom Resonanzmaximum. • Nehmen Sie die Resonanzkurve für Ueff(t) (gemessen mit einem Multimeter) für die Widerstände R = 0 Ω und R = 56 Ω auf. Aufgabe 3: Erzwungene Schwingungen am Parallelschwingkreis • Untersuchen Sie die Frequenzabhängigkeit der Stromstärke in den Zuleitungen zu einem Parallelschwingkreis. • Um eine Rückwirkung des Schwingkreises auf die Ausgangsamplitude und auf die Wellenform des Funktionsgenerators weitgehend zu verhindern, verwenden Sie hier zur Strombegrenzung den Widerstand RV (Aufbau siehe Bild 5). -5- E05 – Elektrische Schwingungen Physikalisches Praktikum • Bestimmen Sie den Strom des Parallelschwingkreises über den Spannungsabfall an RV (Vielfachmessinstrument verwenden). • Variieren Sie die Frequenz von (3…6)kHz, mit einer Schrittweite von 500Hz. • Ermitteln Sie die Resonanzfrequenz fRes. • Messen Sie je 5 weitere Messwerte mit einer Schrittweite von 100Hz links bzw. rechts vom Resonanzmaximum. Bild 5: Versuchsaufbau zu Aufgabe 3 2.3 Versuchsauswertung Aufgabe 1: Freie Schwingungen • Stellen Sie die Abhängigkeit auf halblogarithmischem Papier als Funktion US = f (n·T) dar (USS logarithmisch). • Berechnen Sie aus dem Anstieg der Kurve die Dämpfungskonstante δ. Die Gleichung dazu lautet (Sie ist aus Gleichung (8) herleitbar – z.B. n = 1 und n = 20): U 20 = e −δ 19T U1 (22) • Berechnen Sie unter Verwendung von Gleichung (9), (7) und (4) ω0 (Abweichung ω0 zu ωD in % ebenfalls angeben), L und RL. • Schätzen Sie die jeweiligen Messunsicherheiten unter Verwendung festzulegender Fehlerbalken in der Darstellung US = f (n) ab. Aufgabe 2: Erzwungene Schwingungen am Serienschwingkreis • Stellen Sie die beiden Resonanzkurven mit Angabe von Resonanzfrequenz und Halbwertsbreite in einem Diagramm der Funktion u = f(f) graphisch dar. • Zeichnen Sie Ueff ein und bestimmen Sie daraus graphisch für beide Resonanzkurven den Wert für ∆f und die Resonanzfrequenz fRes. • Berechnen Sie die sich ergebende Güte (18) der Schwingkreise. • Diskutieren Sie die Ergebnisse, insbesondere die gemessenen Resonanzfrequenzen, in ihren Abhängigkeiten. Aufgabe 3: Erzwungene Schwingungen am Parallelschwingkreis • Bestimmen Sie die Resonanzfrequenz gesondert. • Stellen Sie die Resonanzkurve u = f(f) ebenfalls graphisch dar. • Zeichnen Sie Ueff ein und bestimmen Sie daraus graphisch für beide Resonanzkurven den Wert für ∆f und die Resonanzfrequenz fRes. • Berechnen Sie für diesen Fall ebenfalls Güte des Schwingkreises. • Diskutieren Sie das Ergebnis. -6- E05 – Elektrische Schwingungen Physikalisches Praktikum 3. Ergänzung 3.1 Vertiefende Fragen Welche Zustände eines Parallelschwingkreises entsprechen den verschiedenen Zuständen eines schwingenden Faden- oder Federpendels mit äußerer Anregung? Leiten Sie aus der Gleichung (15) ab, dass die Spannungsüberhöhung im Resonanzfall U C ,0 U0 = ω0 2δ (23) ist und sich bei kleinen Dämpfungsfaktoren die Halbwertsbreite der Resonanzkurve zu ∆ω ≈ 2δ (24) ergibt. -7-