Der_Tagesspiegel_2.8.2007-Musikfestival

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Musikfestival
Wolferl in Wuxi
Musik fürs Global Village: Morgen beginnt das Berliner Young Euro Classic-Festival.
BERLIN - Mit dem Young Euro Classic-Festival verhält es sich wie mit Butter Lindner:
Längst ist mehr drin als draufsteht. Wie man bei der Berliner Feinkost-Kette neben dem von
Hand portionierten Brotaufstrich auch Spezialitäten aus aller Herren Länder bekommt,
spielen beim sommerliche Jugendorchestertreffen im Konzerthaus am Gendarmenmarkt
nicht nur Ensembles aus Old Europe. Die achte Ausgabe des im Jahr 2000 auf
Privatinitiative gegründeten Musikfests eröffnet an diesem Freitag das Australian Youth
Orchestra. Damit ist nun auch der fünfte Kontinent vertreten – und Young Euro Classic darf
sich wahrlich weltumspannend fühlen.
Seit mehreren Jahren wird das Team um Gabriele Minz von nationalen
Nachwuchsensembles geradezu bestürmt, die unbedingt bei dem für sein neugieriges
Publikum und die gute Stimmung im Saal berühmten Festival mitmachen wollen. Neben
Australien haben diesmal auch Polen, Spanien, Italien, Großbritannien, China, Ungarn,
Armenien, Slowenien und der Oman den Zuschlag erhalten. Außerdem sind das
Bundesjugendorchester, sowie das „Central European Initiative Youth Orchestra“ aus dem
erweiterten Balkanraum, das „World Youth Orchestra“ und das „European Union Youth
Orchestra“ dabei.
Young Euro Classic rollt seinem Publikum den blauen Teppich aus. Wer die große
Freitreppe des Schinkelschen Musentempels hinaufsteigen und zwischen antikisierenden
Säulen das Konzerthaus betreten will, wird vom 4. bis 20. August nicht mit dem Argument
zum Bediensteteneingang im Sockelgeschoss geschickt, man habe nicht genug Personal,
um die oberen Türen zu öffnen. Dafür dauert alles etwas länger. Eiligen wird das verbale
Vorspiel beim Jugendorchestertreffen denn auch oft zu lang, wenn die prominenten Paten
der Ensembles ihre begrüßenden Worte sprechen.
Mag der Weg zum Genuss auch etwas mühsam sein, Unverwechselbarkeit ist jedenfalls in
beiden Fällen garantiert. Und wird honoriert: Im Fall von Young Euro Classic zum Beispiel
jüngst durch eine Förderzusage des Hauptstadtkulturfonds für die kommenden drei Jahre.
Oder auch durch eine Einladung ans andere Ende der Welt: Das jährliche
Kooperationsprojekt, bei dem zwei Teilnehmer in Berlin ein gemeinsames
Konzertprogramm erarbeiten, funktionierte 2006 unter der Leitung von Muhai Tang mit dem
Konservatorium von Shanghai so gut, dass man sich einerseits entschloss, die Chinesen
noch einmal einzuladen, und andererseits das Ergebnis nicht nur in Berlin, sondern auch
5000 Kilometer weiter östlich vorzuführen. Kaum waren die Kontakte geknüpft, entwickelte
sich der ehrgeizige Plan auch schon mit der Geschwindigkeit der chinesischen
Volkswirtschaft, der Pharmakonzern Lanxess konnte als potenter Sponsor gefunden
werden, weitere Städte kamen hinzu. Schließlich sprang auch noch die Bundesregierung
auf und übertrug dem politisch so perfekt korrekten Young Euro Classic-Festivalorchester
die ehrenvolle Aufgabe, das Programm einer offiziellen Deutschland-Präsentation in China
zu eröffnen. Vom 21. bis 29. August werden Musikstudenten aus Shanghai mit ihren
Kollegen von der Jungen Deutschen Philharmonie in Quingdao, Nanjing, Wuxi, Shanghai,
Beijing und Tianjin spielen, einmal sogar open air vor 20 000 Zuhörern.
Auch das Programm des Doppelorchesters, das am 18. August im Konzerthaus erstmals
erklingen wird, ist ein diplomatisches Meisterstück: Dirigent und Solist entstammen dem
Reich der Mitte, bei je einem deutschen und chinesischen Komponisten wurden neue
Werke bestellt, als Exportschlager gibt’s ein Mozart-Klavierkonzert sowie Brahms’ erste
Sinfonie.
Konzerthaus, 3. – 20. August, jeweils 20 Uhr, Tickets auf allen Plätzen 12 Euro. Infos unter:
www.young-euro-classic.de
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