Praxis Journal Nur für unsere Patienten, nicht zur Weitergabe bestimmt. Dr. med. Naser Kalhori · Dr. med. Arnd Nusch Praxis für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie Friedrichstraße 311 · 42551 Velbert Tel. 02051 / 31 25 11 · Fax 02051 / 31 25 13 E-Mail: [email protected] [email protected] www.onkologie-velbert.de Liebe Patientin, lieber Patient, Inhalt Diagnose S.2 Stenographie für Onkologen. So werden die Stadien bösartiger Tumoren in Kurzform beschrieben. Nachrichten aus der Praxis S.3 Sauerstoffmangel und Sauerstoff-MehrschrittTherapie. Überblick S.4 Leukämien – weißes Blut. Wenn Vorläuferzellen im Knochenmark entarten. Ernährung Lassen Sie sich durch solche Meldungen nicht verunsichern. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse ist und bleibt elementarer Bestandteil eines gesunden Lebensstils; aber Ernährung allein ist eben nicht alles. Buchempfehlung S.6 Gesunde Ernährung allein verhindert keine Krebserkrankung, wichtig ist ein insgesamt gesunder Lebensstil. Kurz berichtet wer auf eine obst- und gemüsereiche Ernährung und damit auf eine ausreichende Vitaminversorgung achtet, der hatte in den letzen Monaten einiges einzustecken: Im Januar 2005 zeigten Wissenschaftler, dass sich mit der Ernährung allein Brustkrebs nicht verhindern lässt. Insgesamt ist die krebsverhütende Wirkung der Ernährung in den letzten Jahren offensichtlich überschätzt worden. S.8 Neues aus der Forschung: Impfen gegen Hautkrebs – Darmkrebs-Früherkennung – Kein Gefäßschutz durch Vitamin E – Brustkrebs bei Männern häufiger Nur hinter vorgehaltener Hand reden gestandene Schulmediziner normalerweise über Spontanheilungen oder, in der Sprache der Mediziner: Spontanremissionen. Ärzte, die ständig Kontakt zu Patienten haben – also nicht ausschließlich in der Grundlagenforschung tätig sind – kennen das Phänomen. Seriösen Schätzungen zufolge heilen beispielsweise bis zu 7 Prozent der Nierenzellkarzinome und bis zu 20 Prozent der malignen Lymphome spontan aus. Kappauf sucht in diesem Buch nach Erklärungen für das Phänomen, stellt biologische Modelle wie den programmierten Zelltod vor, beschäftigt sich Sprechzeiten Mo, Di, Do 8 – 16.30 Uhr Mi, Fr 8 – 14 Uhr Erst wenn angemessene Bewegung und regelmäßiger Stressabbau hinzukommen, pflegt der Mensch einen gesunden Lebensstil. Und wer gesund lebt, fühlt sich wohler, wird seltener krank – aber ist dennoch vor Krebs nicht zwangsläufig gefeit. Das ist die eigentliche Erkenntnis aus den aktuellen Studien. Wer anderes behauptet und außerdem noch meint, Sie müssten für Vitaminoder andere Präparate teuer bezahlen, dem sollten Sie nicht blind vertrauen. Fragen Sie im Zweifelsfall uns, wir helfen Ihnen weiter. Ihr Praxisteam Dr. Naser Kalhori und Dr. Arnd Nusch aber auch mit Wunderheilungen, wie sie beispielsweise im Wallfahrtsort Lourdes immer wieder vorkommen sollen. Niemals begibt sich der Autor auf die Ebene der Spekulation oder weckt falsche Hoffnungen. Er appelliert vielmehr an die Schulmedizin, Spontanremissionen genauer zu untersuchen, und dieses Feld eben nicht der so genannten alternativen Medizin zu überlassen. Denn eines ist nach der Lektüre klar: Wer als Patient auf „Wunder“ hofft, muss sie nicht außerhalb des etablierten Medizinsystems suchen. In der Schulmedizin kommen sie mindestens genauso häufig vor. Herbert Kappauf · Wunder sind möglich Spontanheilung bei Krebs Herder, Freiburg (März 2003) 192 Seiten, gebunden · 19,90 € PraxisJournal 07 | März 2006 Stenographie für Onkologen 2 Diagnose: So werden die Stadien bösartiger Tumoren beschrieben N Lymphknoten (Nodi) Wenn es darum geht, die für den einzelnen Patienten optimale Behandlungsstrategie festzulegen, ist nicht nur die Tumorart, sondern auch das Stadium der Krebserkrankung von großer Bedeutung. Weltweit wird zur Stadienbestimmung das so genannte TNM-System genutzt. Vielleicht haben Sie es in Ihrem Befundbericht ja selbst schon einmal gesehen: In einer Reihe merkwürdig anmutender Kürzel beschreiben Onkologen das Stadium einer Krebserkrankung, beispielsweise so: pT1pN2pM0C3G2V0L0G1R0 Was aussieht wie ein kompliziertes Passwort für ein Computerprogramm, ist tatsächlich so etwas wie die Kurzschrift der Onkologen, das so genannte TNM-System. Es wurde vor etwa 30 Jahren von der Internationalen Gesellschaft gegen den Krebs (Union Internationale contre le Cancer, UICC) entwickelt und wird seither ständig fortgeschrieben. Die aktuelle Ausgabe der TNM-Klassifikation ist Anfang 2005 erschienen. Tumor T Mit diesem Buchstaben wird die Ausdehnung des Primärtumors beschrieben. In unserem Beispiel folgt auf T eine 1, das heißt, der Tumor ist klein und auf das befallene Organ (beispielsweise die Brust) beschränkt. Die Ziffern 2 und 3 werden für größere Tumoren vergeben, die ebenfalls auf das Organ beschränkt sind, die 4 bedeutet, dass der Tumor die Organgrenze überschritten hat. Lymphknoten werden fachsprachlich als Nodi bezeichnet. Folgt auf N eine Zahl größer als Null, so sind Lymphknoten befallen. Die Ziffern 1 oder 2 bedeuten, dass Lymphknoten in der unmittelbaren Umgebung des Primärtumors befallen sind. Die Ziffer 3 zeigt den Befall entfernter Lymphknoten oder sehr großer Lymphknotenpakete an. M = Metastasen M Metastasen sind Tochtergeschwulste des Primärtumors. Ist das M wie in unserem Beispiel mit 0 bezeichnet, so konnten keine Metastasen nachgewiesen werden. M1 dagegen zeigt an, dass Fernmetastasen in anderen Organen vorhanden sind. Um welches Organ es sich genau handelt, kann durch einen abgekürzten Zusatz wie HEP (für Leberbefall) oder PUL (für Lungenbefall) bezeichnet werden. C = Sicherung des Befundes Mit dem englischen Begriff certainty (= Sicherheit) beschreiben Onkologen die Sicherheit oder Zuverlässigkeit, mit der ihre Einschätzungen bezüglich T, N und M zu beurteilen sind. Diese Sicherheit steigt mit der Qualität der eingesetzten Untersuchungsverfahren. C1 bedeutet, dass die Befunde durch Tastuntersuchungen oder Standard-Röntgenaufnahmen erhoben worden sind. Unter C2 fallen spezielle apparative Untersuchungen wie Computertomografie, Kernspintomographie, Ultraschalluntersuchung oder Endoskopie mit Probenentnahme. C3 bedeutet, dass eine Operation mit Probenentnahme stattgefunden hat, C4 wird vergeben, wenn die Stadienbeurteilung im Licht aller Befunde eindeutig ist. G G = Grad der Differenzierung Mit dem englischen Begriff grading beschreiben Onkologen, inwieweit das Tu- morgewebe noch gesundem Gewebe ähnelt. Gesundes Gewebe ist nie unreif, sondern in Hinblick auf Gestalt und Funktion ausgereift, in der Fachsprache der Mediziner ist gesundes Gewebe komplett differenziert. Ein vergleichsweise noch stark differenzierter Tumor ist gesundem Gewebe recht ähnlich und wird mit G1 bezeichnet. Je unreifer das Tumorgewebe ist und je schneller es wächst, desto unähnlicher wird es gesundem Gewebe und um so größer ist die Ziffer hinter dem G. Wird ein Tumor mit G4 beurteilt, bedeutet das, dass seine Zellen völlig unreif sind und völlig unkontrolliert wachsen. V und L: Invasion der Gefäße V L R V steht für venöse, L für lymphatische Invasion, also für das mögliche Eindringen von Tumorzellen ins Blut- oder Lymphgefäßsystem. V0 beziehungsweise L0 bedeutet, dass in den Gefäßen keine Tumorzellen nachweisbar sind. V1 beziehungsweise L1 zeigt an, dass Tumorzellen in den Gefäßen gefunden wurden. R = Resektionsrand Mit R wird beschrieben, ob der Tumor im Gesunden herausgeschnitten werden konnte (R0) oder ob das Tumorgewebe bis an den Schnittrand reichte (R1). Bei R1 ist nicht auszuschließen, dass noch Tumorzellen im Körper verblieben sind. Kleinbuchstaben Die Buchstaben T, N und M können mit zusätzlichen Kleinbuchstaben versehen sein. In unserem Beispiel ist es der Buchstabe „p“. Das bedeutet, die Stadienbestimmung ist auf Grundlage einer pathologischen Untersuchung unter dem Mikroskop durchgeführt worden. Fehlt das p, so ist die Bestimmung lediglich auf Grundlage klinischer Untersuchungen, zum Beispiel auf Grundlage eines Tastbefundes, durchgeführt worden. Praxis Journal 3 1. Schritt Die Vitalstoffoptimierung bereitet den Körper auf ein erhöhtes Sauerstoffangebot vor. Hierzu wird vor Therapiebeginn ein Vitalstoffgemisch aus Vitaminen, Spurenelementen und wichtigen Mineralstoffen getrunken (zum Beispiel Ionovit); damit wird die Sauerstoffverwertung erhöht. SauerstoffMehrschritt-Therapie Dass Sauerstoff eine der wesentlichen Voraussetzungen für Leben allgemein ist und Sauerstoffmangel zu Gesundheitsschäden führt, ist sicher allgemein bekannt. Wir Menschen nehmen den Sauerstoff aus unserer Umgebung auf, zu 99 % über die Lungen und zu 1 % über die Haut. Nicht allgemein bekannt aber dürfte sein, dass die Luft nur ca. 21 % Sauerstoff enthält, etwa 78 % Stickstoff und der Rest sich aus Edelgasen und Kohlendioxid zusammensetzt. Die eingeatmete Luft wird über den Blutkreislauf ins Gewebe verteilt. Mit zunehmendem Alter, aber auch durch Krankheit oder körperfremde Stoffe (wie zum Beispiel medikamentöse Therapien) kommt es zu einer Verschlechterung der Sauerstoffversorgung und damit der lebenswichtigen Organe. Sauerstoffmangel und seine Folgen Welche Folgen Sauerstoffmangel im menschlichen Körper hat und wie sich dieser Zustand beseitigen lässt, erforschte über zwei Jahrzehnte der Dresdener Physiker Prof. Manfred von Ardenne. Er entdeckte, dass die kritischen Veränderungen an den so genannten Kapillaren, den feinsten Blutgefäßen, stattfinden. Durch das Einatmen von hochkonzentriertem, fast 100%igem Sauerstoff lässt sich dieser Vorgang aufhalten und damit die Durchblutung und somit auch die Sauerstoffversor- Nachrichten aus unserer Praxis gung in den Geweben verbessern. In seinen Studien wies Prof. von Ardenne nach, dass diese Verbesserung der so genannten Mikrozirkulation nicht von der ständigen Inhalation konzentrierten Sauerstoffs abhängig ist. Vielmehr zeigte sich, dass die zeitlich befristete Anwendung ausreichend ist. In welchen Abständen die Therapie durchgeführt werden sollte, hängt von der Verfassung des Einzelnen ab, muss in jedem Fall individuell geklärt werden, ist aber nicht öfter als alle drei bis sechs Monate sinnvoll. Drei Schritte führen zum besten Ergebnis Das von Prof. von Ardenne entwickelte Konzept der Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie (SMT) unterscheidet drei Teilschritte: 2. Schritt Bei der so genannten Intensiv-Variante der SMT wird über zehn Tage jeweils dreißig Minuten konzentrierter Sauerstoff eingeatmet. 3. Schritt Die verbesserte Durchblutung des ganzen Körpers wird am besten durch leichte Bewegungsübungen unterstützt, die gezielte Durchblutung des Gehirns durch geistige Tätigkeit erreicht, zum Beispiel durch Lesen oder Gedächtnisübungen. Es gibt zahlreiche Varianten der SMT, allerdings halten wir die so genannte IntensivVariante – wie oben beschrieben – für die effektivste und am einfachsten durchzuführende. Verbesserung der Heilungschancen Die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie eignet sich für Gesunde im Sinne der Gesundheitsvorsorge und zum Erhalt der Leistungsfähigkeit in höherem Alter oder bei Dauerstress. Sie ist sinnvoll für kranke Menschen, weil sie das Immunsystem stärkt, das vor allem nach einer Chemo- und/oder Strahlentherapie stark angegriffen ist, wirkt unterstützend nach operativen Eingriffen und schweren Infektionen, erzielt aber auch gute Erfolge bei Patienten mit Migräne und Tinnitus. Sprechen Sie uns an, wenn Sie glauben, dass Sie von dieser Therapie profitieren können. Gerne klären wir in einem persönlichen Gespräch, ob die SMT auch für Sie in Frage kommt. Leukämien – weißes Blut Über blick 4 Wenn Vorläuferzellen im Knochenmark entarten Ungefähr einer von 11.000 Menschen in Deutschland erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Leukämie. Bei bestimmten Formen vermehren sich die – dann funktionslos gewordenen – weißen Blutkörperchen auf das 10- bis 50-fache des normalen Wertes. Bereits im Jahre 1845 beschrieb der Berliner Arzt Rudolf Virchow dieses Phänomen deshalb als „weißes Blut“, auf griechisch: Leukämie. Eine große Familie Weiße Blutkörperchen oder Leukozyten sind keine einheitlichen Zellen, sondern bilden eine große Familie mit rund einem Dutzend unterschiedlicher Zelltypen. Sie alle spielen in der Immunabwehr eine wichtige Rolle – und sie alle können zur Krebszelle entarten. Mit anderen Worten: Es gibt nicht nur eine Leukämie, sondern eine Reihe unterschiedlicher Leukämieformen. Lymphatische und myeloische Zellen Alle Blutkörperchen und -plättchen entstehen im Knochenmark. Die Reifung der Leukozyten verzweigt bereits zu Anfang in zwei Richtungen: Es bilden sich lymphatische und myeloische Vorläuferzellen. Aus den lymphatischen Vorläuferzellen entwickeln sich die B- und T-Lymphozyten. Nach ihrer Reifung wandern sie in die Gewebe, die für die Immunabwehr besonders wichtig sind: in die Lymphknoten, die Rachenmandeln, die Milz und in die Schleimhäute von Darm und Lunge. Diese Gewebe nennen Mediziner daher auch lymphatische Gewebe. Lymphozyten sind in der Lage, körperfremde Strukturen wie etwa Bakterien, Pilze und Viren zu erkennen. Im Falle einer Infektion leiten sie die Abwehrreaktion des Körpers ein. B-Lymphozyten sind für die Produktion von Antikörpern zuständig, T-Lymphozyten können eine Ab- wehrreaktion ein- oder ausschalten und wickeln sich rasch und verursachen schwezum Teil auch virusinfizierte oder krebs- re Symptome. Bei den entarteten Zellen befallene Körperzellen abtöten. handelt es sich meist um unreife Formen, also um Zellen, die im Reifungsprozess Die myeloischen Vorläuferzellen entwi- noch nicht weit vorangeschritten sind. Sie ckeln sich im Knochenmark unter anderem vermehren sich derart rasant, dass die norzu großen und kleinen Fresszellen, den so male Blutzellbildung im Knochenmark gegenannten Makrophagen und den neutro- stört ist. Die Patienten klagen über ein philen Granulozyten. Sie sind in gewisser plötzlich einsetzendes Krankheitsgefühl, Weise die ausführenden Organe der Lym- sie leiden unter Fieber und häufig auch phozyten; denn alles, was diese zur Ver- unter einer hartnäckigen Infektion. Aber nichtung freigegeben haben, verleiben sich keines dieser Symptome beweist, dass der die Fresszellen ein und verdauen es. Patient an einer Leukämie erkrankt ist. Die exakte Diagnose kann erst durch eine Blutbeziehungsweise eine KnochenmarkunterLymphatische und myeloische suchung gesichert werden. Leukämie Wenn Lymphozyten oder ihre Vorformen entarten und eine Leukämie verursachen, Chronische Leukämien beginnen schleispricht man von einer lymphatischen Leu- chend und verursachen lange keine Sympkämie. Sind Zellen der myeloischen Reihe tome. Häufig werden sie im Rahmen einer Ursprung des bösartigen Wachstums, so Routineuntersuchung diagnostiziert. Urhandelt es sich um eine myeloische Leukä- sache sind ausgereifte oder fast ausgereifmie. Entartete Zellen der lymphatischen te Blutzellen, die zu Krebszellen entarten. Leukämien kommen im Knochenmark oder Im weiteren Krankheitsverlauf klagen die im lymphatischen System vor, je nachdem Patienten wie bei den akuten Leukämien auf welcher Entwicklungsstufe die Entar- über Leistungsminderung, Unwohlsein, tung stattgefunden hat. Ist das lymphati- Gewichtsverlust oder auch Nachtschweiß sche System betroffen, kommt es wegen der und Fieber. Aber auch hier gilt: Anhand der ungehemmten Zellteilung zur Aus- Symptome allein lässt sich keine chronischwemmung ins Blut und häufig auch zu sche Leukämie diagnostizieren. Lymphknotenschwellungen. Im weiteren Krankheitsverlauf können auch andere Or- Vier häufige Leukämieformen gane befallen werden. Ausgehend von den entarteten Ursprungszellen und den Verlaufsformen werden Entartete myeloische Zellen teilen sich im vier häufige Formen der Leukämie unterKnochenmark unkontrolliert und über- schieden: die akute lymphatische Leukäschwemmen anschließend regelrecht das mie (ALL), die akute myeloische Leukämie Blut. Auf diesem Weg können sie jedes (AML), die chronisch lymphatische (CLL) Organ des Körpers und über die Rücken- sowie die chronisch myeloische Leukämie marks-Gehirn-Flüssigkeit (Liquor) sogar (CML). das Gehirn erreichen und sich dort ansiedeln. Die ALL ist die häufigste bösartige Erkrankung bei Kindern, an der AML erkranken vorwiegend Erwachsene. Die CLL kommt Akut oder chronisch? Sowohl lymphatische als auch myeloische meist bei Patienten im höheren die CML Leukämien kommen in akuter oder chro- zusätzlich auch bei Patienten im mittleren nischer Form vor. Akute Leukämien ent- Lebensalter vor. Übrigens ist die CMS die Praxis Journal noch der Kopf und die obere Halswirbelsäule bestrahlt, da die entarteten Zellen auch das Gehirn befallen können. An eine erfolgreiche Erstbehandlung schließt sich in der Regel eine mindestens 12-monatige Erhaltungstherapie an. CML: Stammzelltransplantation Erkrankung, die Rudolf Virchow vor mehr gegenseitig verstärken. Bei nahezu allen Leukämieformen wird derzeit aber auch als 150 Jahren diagnostiziert hatte. untersucht, inwieweit die Patienten von einer so genannten Hochdosis-ChemotheAbsicherung der Diagnose Anhand der Symptome allein lässt sich rapie mit anschließender Stammzellüberkeine Leukämie-Diagnose stellen. Zur Ab- tragung profitieren. sicherung müssen eine Blut- und eine Knochenmarkprobe, bei Verdacht auf CLL Bei dieser Hochdosistherapie werden die auch Lymphknotengewebe untersucht Chemotherapeutika in so hohen Dosen werden. In diesen Proben lassen sich Art verabreicht, dass nicht nur die Krebszellen, und Ausmaß der entarteten Blutzellen sondern alle Zellen des blutbildenden Sysgenau bestimmen. Zur Gewinnung einer tems im Knochenmark vernichtet werden. Knochenmarkprobe betäubt der Arzt ein etwa 2-Euro-Stück großes Hautareal am Stammzelltransplantation oberen Beckenkamm. Mit einer etwas di- Im Anschluss daran erhält der Patient ckeren Hohlnadel sticht er dann in den Be- mittels Infusion gesunde Blutstammzellen. ckenknochen hinein und entnimmt eine Diese Zellen wandern vom Blut ins Knozylinderförmige Probe, die so genannte chenmark, vermehren sich dort und sorStanze. Ergänzend zu dieser Stanzbiopsie gen so für den Aufbau eines komplett kann anschließend durch den Stanzkanal neuen, krebsfreien blutbildenden Systems. auch flüssiges Mark in eine Spritze gesaugt Was als theoretisches Konzept einfach und und direkt unter dem Mikroskop beurteilt überzeugend klingt, lässt sich praktisch werden. nur in spezialisierten Zentren durchführen. Denn während der Behandlung können Komplikationen wie UnverträglichkeitsChemo- und Strahlentherapie Eine Leukämie lässt sich im Unterschied reaktionen oder schwere Infektionen aufzu Organtumoren nicht operieren, weil sie treten. nicht nur ein Organ, sondern den gesamten Organismus befällt. Chemo- und Akute Formen sofort behandeln Strahlentherapie bilden deshalb die beiden Grundsätzlich gilt, dass die akuten LeukäSäulen jeder Leukämiebehandlung. Häu- mieformen (ALL und AML) sofort mit fig werden bei der Chemotherapie zwei einer konventionellen oder einer Hochdooder drei verschiedene Medikamente sis-Chemotherapie behandelt werden kombiniert, die sich in ihrer Wirkung müssen. Bei der ALL werden zusätzlich Wenn sie sich in gutem Allgemeinzustand befinden, ist für CML-Patienten die HochdosisChemotherapie mit anschließender Stammzellübertragung die aus heutiger Sicht vielversprechendste Therapie. Aus den Blutstammzellen eines geeigneten Fremdspenders können sich Abwehrzellen entwickeln, die sogar gegen möglicherweise noch vorhandene Krebszellen im Körper des Patienten aktiv werden. Als besonders geeignete Fremdspender gelten gesunde Geschwister des Patienten. Daneben steht mittlerweile ein noch recht neuer Wirkstoff gegen die CML zur Verfügung: Imatinib blockiert die krankhafte Entstehung desjenigen Eiweißes, das die Zelle zu unkontrolliertem Wachstum veranlasst. Bei etwa 90 Prozent der CML-Patienten ist der Einsatz von Imatinib sinnvoll. Wachsames Beobachten Bei der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) ist es häufig ratsam, zunächst gar keine Medikamente einzusetzen; denn die Erkrankung schreitet nur sehr langsam fort. Erst wenn die roten Blutkörperchen beziehungsweise die Blutplättchen stark abfallen oder Abgeschlagenheit, Nachtschweiß, Fieber und andere Symptome den Patienten zu sehr belasten, wird in der Regel eine chemotherapeutische Behandlung eingeleitet. Bis heute ist unklar, warum die Vorläufer der Blutzellen im Knochenmark entarten. Keine Diät und kein Lebensstil können davor schützen. Radioaktive Strahlen und das Lösungsmittel Benzol gehören zu den bekannten Risikofaktoren. Eine echte Vorbeugung gegen die Leukämie gibt es leider nicht. Wie wirksam ist gesunde Ernährung ? Der Einfluss einer gesunden Ernährung auf die Entstehung von Krebs wird allgemein überschätzt. So lautet, kurz zusammengefasst, das Fazit mehrerer Studien, die vor wenigen Monaten in renommierten medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht worden sind. Wie kommen solche Untersuchungsergebnisse zustande? Um es gleich vorwegzunehmen: Eine ausgewogene Ernährung gehört zu einem gesunden Lebensstil unbedingt dazu; auch fleischarm und ballaststoffreich sollte sie sein. Mit den Studien lässt sich allerdings nicht nachweisen, dass eine ausgewogene Ernährung allein in der Lage ist, die Entstehung von Krebs zu verhindern. Wie wirken Obst und Gemüse auf Brustkrebs? Das gilt ganz konkret offenbar für Brustkrebs. Eine europäische Forschergruppe hat dazu mehr als 280.000 Frauen zwischen 25 und 70 nach ihren Ernährungsgewohnheiten befragt und sie anschließend im Durchschnitt mehr als fünf Jahre lang beobachtet. Es stellte sich heraus, dass Obst und Gemüse im Ernährungsplan keinerlei Auswirkungen auf das Entstehen von Brustkrebs hatten. Rotes Fleisch und Darmkrebs Dass ungesundes Ernährungsverhalten das Darmkrebsrisiko fördern kann, haben dagegen Forscher der US-amerikanischen Krebsgesellschaft nachgewiesen. Sie befragten insgesamt knapp 150.000 Erwachsene zwischen 50 und 74 nach ihrem Fleischkonsum und beobachteten bis zu 20 Jahre lang, inwieweit der Genuss von Rind- und Schweinefleisch die Entstehung von Darmkrebs begünstigte. Das Ergebnis: Wer lange Zeit täglich rotes Fleisch zu sich nimmt, erhöht sein Risiko um 50 Prozent, wer täglich mehr als 60 Gramm (Frauen) oder 90 Gramm (Männer) Fleisch isst, er- 6 höht sein Darmkrebsrisiko um 70 Prozent. Allerdings könnten auch diese Rückschlüsse letztlich übereilt sein; denn streng genommen belegen die Studien nur, dass zwei Merkmale – beispielsweise Krebs und hoher Fleischkonsum – innerhalb einer Gruppe gleichzeitig vorkommen. Dass das eine (hoher Fleischkonsum) die Ursache des anderen (Krebserkrankung) ist, ist damit allerdings nicht bewiesen. Bringt der Klapperstorch die Kinder? Dazu ein anderes Beispiel: In den 1960er Jahren sank die Geburtenrate in Deutschland dramatisch. Zeitgleich ging auch die Zahl der Störche hierzulande drastisch zurück. Kaum jemand wird daraus aber schließen, dass der Klapperstorch die Kinder bringt. Vielmehr war die Einführung der hormonellen Verhütungspille für den Geburtenrückgang verantwortlich. Welche Schlussfolgerung ist also zu ziehen? Jedes Ergebnis einer Ernährungsstudie ist genau so gut wie die bei ihr angewandte Untersuchungsmethode. Bis vor wenigen Jahren waren so genannte FallKontrollstudien in den Ernährungswissenschaften gang und gäbe. Darin werden beispielsweise Krebskranke mit Gesunden verglichen. Die Forscher befragen beide Gruppen nach ihren Lebensgewohnheiten und suchen nach Unterschieden, die das Krankheitsgeschehen erklären könnten. Unter anderem werden die Erkrankten aufgefordert, zu beschreiben, wie sie sich ernährt haben, als sie noch nicht krank gewesen sind. Eine derartige Rückschau ist schon für Gesunde schwierig, und Krebspatienten – so eine allgemeine Erfahrung – beurteilen ihre Ernährung rückblickend sehr viel schlechter als sie tatsächlich gewesen ist. Damit wird (vermeintlich) schlechte Ernährung in einen ursächlichen Zusammenhang mit Praxis Journal 7 der Krankheitsentstehung gebracht. Im Umkehrschluss gilt dann die gesunde Ernährung als krebsverhindernd. Prospektive Kohortenstudien Die Erkenntnis, dass die Entstehung von Krebs nicht allein mit der Ernährung zu verhindern ist, stammt aus den methodisch besseren so genannten prospektiven Kohortenstudien. Zu einem bestimmten Zeitpunkt werden Gruppen (Kohorten) gebildet, deren Mitglieder sich nur im Essverhalten unterscheiden, in Bezug auf Alter, Gewicht und Lebensgewohnheiten aber möglichst gleich sind. Anschließend werden die Gruppenmitglieder über Jahre beobachtet. Die Forscher protokollieren aufgetretene Krankheiten und setzen sie mit der Ernährung in Beziehung. Wichtig ist, dass Sie Ihr Essen genießen. Laden Sie Freunde ein, machen Sie aus jedem Essen eine kleine Zeremonie, probieren Sie andere Zubereitungsarten und Gewürze aus, entdecken Sie neue Gerichte und Leibspeisen. Wenn die Gruppen wirklich so eingeteilt sind, dass sie sich ausschließlich in Bezug auf ihre Essgewohnheiten unterscheiden, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass die aufgetretenen Krankheiten auf die Unterschiede in den Essgewohnheiten zurückzuführen sind. Prospektive Kohorten- studien sind methodisch zwar besser als Fall-Kontrollstudien, tatsächlich nachzuweisen ist ein ursächlicher Zusammenhang mit ihnen allerdings nicht (wie das Klapperstorch-Beispiel belegt). Interventionsstudien Am liebsten würden Ernährungswissenschaftler ihre Erkenntnisse ausschließlich mit Interventionsstudien gewinnen. In solchen Untersuchungen erhält die eine Studiengruppe bestimmte – möglicherweise vor Krebs schützende – Lebensmittel, die andere Gruppe eben nicht. Prinzipiell auf dieselbe Weise werden neue Arzneimittelkandidaten geprüft. Lebensmittel aber sind sehr viel komplexer zusammengesetzt. Außerdem wird man kaum Menschen finden, die bereit sind, jahrelang auf möglicherweise gesundheitsfördernde Lebensmittel zu verzichten. Interventionsstudien sind in den Ernährungswissenschaften deshalb recht selten. Gesund und genussvoll essen Was bedeutet all das ganz praktisch für Krebspatienten? Sie sollten sich nicht verunsichern lassen. Obst und Gemüse sind sehr gesund. Eine gesunde Ernährung allein beugt einer Krebserkrankung zwar nicht vor. Aber Menschen, die einen insgesamt gesunden Lebensstil pflegen – sich ausreichend bewegen, ausgewogen ernähren, regelmäßig für geistige Entspannung sorgen –, tun das Beste für sich und ihre Gesundheit. Im Übrigen ist gesunde Ernährung mehr als das sklavische Einhalten von diätetischen Vorschriften oder das zwanghafte Studium von Nährwerttabellen. Wichtig ist in erster Linie, dass Sie Ihr Essen genießen. Laden Sie Freunde ein, machen Sie aus jedem Essen eine kleine Zeremonie, probieren Sie andere Zubereitungsarten und Gewürze aus, entdecken Sie neue Gerichte und Leibspeisen. 8 Kurz berichtet Neues aus der Forschung Brustkrebs bei Männern häufiger Insgesamt gesehen ist Brustkrebs bei Männern nach wie vor selten, nach Daten des Statistischen Bundesamtes nimmt die Häufigkeit allerdings zu. Im Jahr 1991 verstarben in Deutschland 120 Männer an Brustkrebs, elf Jahre später waren es schon 230 Männer. Einen ähnlichen Anstieg verzeichnen Experten in den meisten Industrieländern. Als Ursache gilt ein veränderter Lebensstil: Mehr Alkohol und Nahrungsmittel mit einem erhöhten Anteil weiblicher Sexualhormone (Östrogene) können den Krebs begünstigen. Bei Schwellungen, Rötungen, Verdichtungen oder Sekretfluss aus den Brustwarzen sollten Männer unverzüglich zum Arzt gehen. Impfen gegen Hautkrebs Das Immunsystem von Hautkrebs-Patienten lässt sich gezielt im Kampf gegen den Tumor einsetzen. Darauf weisen neue Ergebnisse einer schweizerischen Forschergruppe hin. Die Experten haben ein Tumoreiweiß identifiziert, das vom Immunsystem des Patienten angegriffen werden kann. In den Impfstoff gegen das Tumoreiweiß haben die Forscher zusätzlich Eiweiße eines Bakteriums integriert. Dadurch wird dem Körper eine bakterielle Infektion vorgetäuscht und die Immunantwort um das Zehnfache verstärkt. Das vorläufige Ergebnis: Die Zahl der gegen das Tumoreiweiß gerichteten Abwehrzellen nimmt nach vier Impfungen deutlich zu. Die Abwehrzellen sind im Reagenzglas in der Lage, die Tumorzellen zu zerstören (Journal of Clinical Investigation 2005, Bd. 115, Nr. 3). Praxis Journal Bessere Versorgung zu Hause DarmkrebsFrüherkennung I Unheilbar kranke Krebspatienten sollen im badischen Singen zukünftig weniger häufig ins Krankenhaus eingewiesen und statt dessen bis zum Schluss auch zu Hause behandelt werden. Einen entsprechenden Vertrag haben die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAG), das Klinikum Hegau sowie onkologisch tätige Ärzte und ambulante Pflegedienste der Region miteinander abgeschlossen. Ein Team aus spezialisierten Ärzten und Pflegekräften steht Tag und Nacht zur Verfügung, um spezielle Fragen zu Therapie und Versorgung der Patienten zu beantworten. Das Team soll die Kommunikation zwischen Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten verbessern und unter anderem dafür Sorge tragen, dass die schmerztherapeutische Versorgung in der letzten Lebensphase sichergestellt ist. Außerdem stehen Mitglieder des Teams als Ansprechpartner auch für Angehörige zur Verfügung, wenn die Sterbephase beginnt. Ein kürzlich auf der Oberfläche von Darmkrebszellen entdecktes Eiweiß wird vermutlich dazu beitragen, dass Darmkrebs früher als bisher erkannt werden kann. Ein internationales Forscherteam aus Israel und Deutschland hat kürzlich herausgefunden, dass das Eiweiß L1 an den Grenzen von Darmtumoren besonders häufig vorkommt. Dadurch, so vermuten die Forscher, kann der Tumor besser in benachbarte Gewebe eindringen. Die Forscher untersuchen nun, ob L1 künftig als Tumormarker bei der Diagnose eingesetzt werden kann (Journal of Cell Biology, Vol. 168, No. 4, February 14, 2005). Kein Gefäßschutz durch Vitamin E? Die regelmäßige Einnahme von Vitamin E schützt Hirn, Herz und Gefäße nicht so umfassend wie lange Zeit angenommen. Zu diesem Ergebnis gelangten Forscher, die Zehn-Jahres-Daten aus der Women’s Health Study analysiert und im März 2005 bei der Jahrestagung des American College of Cardiology präsentiert hatten. Von annähernd 40.000 teilnehmenden Frauen im Alter von durchschnittlich 55 Jahren nahm die eine Hälfte täglich ein Vitamin-E-Präparat, die andere Hälfte ein Scheinmedikament (Placebo) ein. In beiden Gruppen war die Gesamtsterblichkeit gleich hoch. Auch Raucherinnen, Bluthochdruckund Zuckerkranke profitierten nicht von Vitamin E. DarmkrebsFrüherkennung II Im Münchner Klinikum Großhadern startet derzeit eine Studie, die zeigen soll, ob die von vielen Patienten als belastend angesehene Darmspiegelung durch ein schonenderes Verfahren, die so genannte virtuelle Darmspiegelung, abgelöst werden kann. Bei dem neuen Verfahren wird der Patient in einem Computertomographen (CT) „durchleuchtet“. In weniger als einer Minute scannen Röntgenstrahlen den Bauchraum. Mithilfe einer leistungsfähigen Software können Außenund Innenseite des Dickdarms anschließend auf dem Bildschirm dargestellt werden. In der klinischen Studie unterziehen sich die Patienten zunächst einer klassischen Darmspiegelung, bei der ein flexibles Rohr mit Kamera in den Dickdarm eingeführt wird. Anschließend legen sie sich für etwa eine Minute in die CT-Röhre. Vom Vergleich beider Untersuchungsergebnisse erhoffen sich die Forscher Aufschluss über die Aussagekraft der neuen Methode.