21.11. der Chiropraktiker Grundbegriffe: Sucht, Mißbrauch – Definition Suchterkrankung Sucht ist ein unabweisbares Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet.... – ... Abhängigkeit Die Diagnose besteht aus dem Auftreten von 3 oder mehr der folgenden Symptome innerhalb eines Jahres – starker Drang zum Konsum einer Substanz – verminderte Kontrollfähigkeit – Konsum mit dem Ziel der Minderung von Entzungssymptomen – Auftreten körperlicher Entzungssymptome – Toleranzbildung => Dosissteigerung – eingeengtes Verhaltensmuster beim Konsum – Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des Konsums – abhaltender Konsum trotz bereits eingetretener schädlicher Folgen Alkoholabhängigkeit in der Allgemeinarztpraxis die 20%-Regel – etwa 20% aller Patienten in der allgemeinärztlichen Sprechstunde sind von Alkoholproblemen beeinträchtigt – 20% davon werden korrekt diagnostiziert – 20% davon werden korrekt und ausführlich beraten Pathogenese der Suchterkrankungen „Kielholz-Trias“ – Persönlichkeit (seelische Grundstörung) – Droge Alkohol (Wirkungen, Angebot) – Umwelt (individuelles Sozialfeld, Gesellschaft) Klassifikation der Abhängigkeiten Stoffgebunden Abhängigkeiten, z.B. – Genussmittel – Alkohol – Medikamente – Betäubungsmittel Nicht stoffgebunden Abhängigkeiten – Spielsucht – Arbeitssucht – Sammelsucht – Kleptomanie – Pyromanie – (was fehlt: Onlinesucht, Sexsucht!) – ängstliche Neigung zu schuldhaften Erlebnisverarbeitungen, zum Agieren der Konflikte und zu Selbstsabotage Alkoholabhängigkeit Epidemiologie – schädlicher Gebrauch Männer 8,1% der Gesamtbevölkerung (1859LJ) Frauen 1,9% – Abhängigkeit (zusätzlich) Männer 4,9% Frauen 1,1% das bedeutet: rund 10 Mio Deutsche schädigen sich selbst durch Alkohol Trinkertypen Alpha bis Epsilon, Konflikttrinker bis Quartalssäufer Typ Merkmale süchtiger Personen gehäuft auftretende Persönlichkeitseigenschaften – unzureichende Realitätsanpassung – Schwierigkeiten bei der Herstellung dauerhafter Beziehungen – geringes Selbstvertrauen – geringe Frustrationstoleranz – geringes Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen – Verlangen nach rascher Wunscherfüllung – Stimmungslabilität Art der Abhängigkeit Kontroll- Abstinenzverlust unfähigkeit Alpha Konflikttrinker Psychisch + (+) Beta Gelegenheitstri nker Soziokulturell - - Gamma Süchtiger Trinker Psychisch und physisch + + Delta Gewohnheitstri nker Physisch (+) + Epsilon Quartalssäufer Psychsich + - istgut.net / WS 0708 / Seite 1 Entwicklung der Abhängigkeit Broken-home-Situation => Prodromalphase => kritische Phase => chronische Phase => Eintritt in den Teufelskreis Diagnosestimmung: Screeningmethoden – CAGE-Test – Cut down: Hatten sie jemals das Gefühl, dass Sie weniger trinken sollten? – Annoyed: hat es sie belästigt oder gekränkt, wenn jemand ihr Trinken kritisiert hat? – Guilty: hatten sie jemals Schuldgefühle wegen ihres Trinkens? – Eye opener: Mussten sie je morgens trinken, um sich zu beruhigen oder in Gang zu kommen Laborparameter – CDT – y-GT – MCV – Triglyceride – GPT Sucht als Familienerkrankung – Soziale Folgen – Zusammenbruch der Rollenverteilung – wirtschaftliche Einbrüche – sozialer Abstieg , Arbeitslosigkeit – Kosten für Beschaffung der Drogen – Zerrüttung partnerschaftlicher Beziehungen gehäufte Entwicklungsstörungen der Kinder – mangelnde Konfliktbewältigungsstragien, Aggressivität – psychosomatische Störungen – Suchterkrankungen aber auch: Co-Abhängigkeit – Entwicklung pathologischer Verarbeitungsstrategien seitens der Angehörigen als Versuch, die Lebensumstände zu erhalten (Entschuldigungs-, Kontrollversuche) – – Therapie – Therapeutische Schritte – Erkennen der Suchterkrankung – Motivation zur Veränderung – Ausarbeiten eines Therapieplans 1. Körperlicher Entzug (ggf stationäre Entgiftung) 2. Entwöhnungsbehandlung 3. Rehabilitation 4. Nachsorge Medikamentenabhängigkeit Epidemiologie – regelmäßiger Konsum psychotroper Medikamente Männer 11,5% (der Gesamtbevölkerung 1859J), Frauen 19,5% Benzodiazepine Gefahren – low-dose-Abhängigkeit Suchtentwicklung bei längerfristiger (>3 Wochen) Einnahme bereits bei normaler Tagesdosis – rebound Schlaflosigkeit und vermehrte Ängstlichkeit nach Absetzen (auch schon nach wenigen Tagen zu beobachten) – Fehleinschätzung weniger als die Hälfte der Abhängigen werden vom verschreibenden Arzt als solche erkannt – leichte Verfügbarkeit (zumeist keine BTM) Phasen der Rehabilitation 1. Teufelskreis 2. Entgiftung 3. Phase der Restitution 4. Entwöhnung 5. Phase der Getriebenheit 6. Latenzphase 7. Spätkrisen 8. alterensprechende Reife istgut.net / WS 0708 / Seite 2 28.11. Maligne Erkrankungen in der Allgemeinarztpraxis Allgemeines jeder 3te Patient beokmmt im Laufe des Lebens irgendnen Krebs Häufigkeitsverteilung Mann Lunge 22%, kolon rektum 15, prostata 16 Frau mamma 28, kolon rektum 15, gebärmutter 14 Melanom auf dem Vormarsch, Haut gehört folglich mituntersucht Allgemeine Warnsignale – ungewollte Gewichtsabnahme (v.a. Wenn > 10% KG) – Inappetenz, Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel, Geschmacksstörungen – Leistungsknick, Schwäche, verstärkte Müdigkeit – Fieber, Schweißneigung (v.a. Nachtschweiß) – Juckreiz, Schmerzen, Blutbildveränderungen (v.a. Anämie) – cave: auch bei völliger subjektiver Beschwerdefreiheit kann ein Karzinom mit bereits infauster Prognose vorliegen! Allgemeine Tumordiagnostik – Anamnese: Familien - & Sozialanamnese, – – – Ops, Familiäre Tumorbelastung körperliche Untersuchung: Ganzkörperstatus inkl rektaler Untersuchung, Hautinspektion, LKPalpation, Untersuchung von Genitalien und Mammae, neurologischer Status Labor : Diff-BB, BSG, Elektrophorese, UStatus, Haemoccult, AP, GPT,LDH, Krea, Elektrolyte, ggf Tumormarker Apparative Diagnostik: je nach Verdachtsdiagnose Patientenführung Spezielle Anforderungen an den Hausarzt – erster Ansprechpartner und Vertrauensperson für den Tumorpatienten – Bindegleid in der interdisziplinären Betreuung zwischen verschiedenen Fachärzten und Krankenhäusern – Ansprechpartner der Angehörigen Umgang mit unheilbaren Patienten – Hauptziel ist Schmerzfreiheit! – Keine falschen Hoffnungen wecken – Tumorspezifische Therapie nur, wenn dadurch die Lebensqualität verbessert wird – keine unnötigen Krankenhauseinweisungen – keine diagnostischen Eingriffe ohne Konsequenzen – – periphere Analgetika (ASS, Paracetamol, Diclofenac, Metamizol) Stufe 2: mittelstarke Schmerzen Medikament aus Stufe 1 plus schwach wirksames Opioid (Tramadol, Tilidin + Naloxon) starke und stärkste Schmerzen Medikament aus Stufe 1 plus stark wirksames Opioid (Morphin, Fentanyl) er empfiehlt auch die Pflastertherapie wegen gleichmäßiger Spiegel und guter Akzeptanz bei Patienten weitere Hinweise – keine Dosierung nach Bedarf! Individueller Einnahme-Zeitplan-sinnvoll (cave Abhängigkeit) – Schmerzprotokoll führen lassen – rechtzeitig zu potenteren Mitteln greifen – bei therapieresistenten Schmerzen weitere Therapiemöglichkeiten bedenken: – Kombination mit weiteren Medikamenten wie Neuroleptika, Antidepressiva, Antikonvulsiva, Glukokortikoiden – Schmerzausschaltung mittels Periduralanästhesie Aufgaben des Hausarztes „äh jetzt sind wir fertig“ Schmerztherapie bei Tumorpatienten Stufenschema nach WHO – Stufe 1: mäßige Schmerzen istgut.net / WS 0708 / Seite 3 5.12. Ertel Allgemeinärztliche Besonderheiten in der Arzneibehandlung 1. Grundregeln 2. Placebo 3. Phytopharmaka Kostenfaktor Pharmakotherapie – Gesamtausgaben 2005 239,4 Milliarden Euro (2900€ /Einwohner) – Davon – 27% für ärztliche Leistungen – 27% für Arzneimittel, Verbandsmittel, Hilfsmittel, Zahnersatz Probleme: – Multimedikation – kritische Überprüfung – Kombinationspräparate (z.B. Enalapril HCT, Viani DA) – Pantozol: erstmal Auslassversuch, wird oft reflexartig gegen Stressulzera im Krankenhaus verordnet – ist ein gering erhöhter Laborwert eine Pharmakotherapieindikation ? Evtl diätetische Beratung (Bsp Purinarme Kost bei Harnsäureerhöhung, Bananen statt Kalinor) u.a. – Freitag-Abends-Entlassungen Grundregeln zur Förderung der Compliance – möglichst wenig – Kombinationspräparate bevorzugen – Zusatz- / Ergänzungsstoffe vermeiden – möglichst kurz – Notwendigkeit einer Dauermedikation regelmäßig überprüfen – lieber kurz & wirksam als langsam & schwach – möglichst selten – Einmalgabe bevorzugen – möglichst sicher – häufige UAW vorher ansprechen „nicht verordnungsfähig“ (muss Patient selbst bezahlen) Grundsätzlich nicht verordnungsfähig: – nicht-rezeptpflichtige Medikamente – sog „Lifestyle-Medikamente“ (z.B. Präparate zur Behandlung der erektilen Dysfunktion oder zur Potenzsteigeung, Appetit-Zügler etc.) – Ausnahmen – bei Kindern < 12 Jahren – bei Jugendlichen mit Entwickliungsstörungen bis zum vollendeten 18. LJ – im Rahmen der Behandlung schwerwiegender Erkrankungenm, wenn die Medikamente als Standardtherapeutika gelten (z.B. ASS in der Nachsorge nach Herzinfarkt, Jodid zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen), gilt in diesen Fällen auch für anthroposophische und homöopathische Arzneimittel, wenn verordnetes Mittel nach dem Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung Therapiestandard ist Placebo Definition: wirkstofffreies, äußerlich nicht vom Original unterscheidbares Leer- oder Scheinmedikament für Placebo-Therapie (um das Verlangen nach eienr nicht notwendigen Medikation zu befriedigen). Gibt's in de eigentlich nur im Rahmen von klinischen Studien Placeboformen – „reines“ Placebo inerte Substanz ohne pharmakologische Wirkung in Medikamentenform (in Deutschland nicht als Fertigarznei erhältlich) – „unreines“ Placebo (Pseudoplacebo) Substnaz mit möglicher pharmakologischer Wirkung, die aber in der aktuellen Situation lediglich eine Scheinbehandlung darstellt => kann bewusst als Placebo eingesetzt werden => ist umso wirksamer, je mehr der Arzt von der Wirksamkeit überzeugt ist Bsp „Penicillin bei Racheninfekt obwohl > 90% viraler Infekt der selbstlimitierend ist“ istgut.net / WS 0708 / Seite 4 „Die Placebowirksamkeit ist umgekehrt proportional zur Summe des IQs von Arzt und Patient“ „hat ein böser Mensch gesagt“ Placebo: Wirkungsweise – Vehikel positiver suggestion – des Arztes – des Patienten – nicht nur Medikamente, sonder auch – technische Untersuchungsverfahren (Bildgebung, EKG) – Labortests – chirurgische Maßnahmen – Außenseitermethoden Droge Arzt positive Suggestion entsteht durch – ruhige, sachliche Information – sicheres Auftreten – Sprechen mit Gewissheit – partnerschaftliches Verhalten – fachliche Kompetenz Wirkungen Auftreten psychischer Symptome bei Medizinstudenten in % hervorgerufen durch gegenläufige Information und Gabe von Psychopharmaka / Placebo (also andersrum als die Studenten glaubten) vegetative UAW, etwas dösig, froh, gelöst und unbekümmert,...viel häufiger bei Placebo! Ui Verhalten des Arztes beeinflusst also Medikamentenwirkung! Nocebo-Effekt: negative Suggestion kann beträchtlichen Schaden auslösen, Beispiel gehäufter Eintritt UAW nach genauem Studium des Beipackzettels Indikationen für Placebo-Therapie – Pharmakotherapie nicht möglich oder notwendig – Ausnutzung der psychotherapeutischen Wirkung mit Hilfe von Suggestion und Scheintherapie – Patient soll das Gefühl der Aktivität des Arztes bekommen (z.B. im Terminalstadium ) – subjektive Wirkungsverstärkung pharmakologisch wirksamer Substanzen (z.B. Injektion statt oraler Gabe) Voraussetzungen und Durchführung – weitestgehende Absicherung der Diagnose – Ein wirksames Medikament für diese Indikation mit besseren Erfolgsaussichten ist nicht vorhanden oder bei diesem Patienten nicht einsetzbar – Ausreichende Kenntnis des Arztes über die Placebowirkung sowie andere mögliche Therapieformen – keine unnötige Verzögerung notwendiger Behandlung – Anwendung nur bei gutem Arzt-Patienten Verhältnis – Ausschließliche Verwendung pharmakologisch unwirksamer oder äußert wirkungsarmer Stoffe Erfolgsrate einer Placebo-Therapie generell 30%, Nebenwirkungen 10-20, Weichteilrheumatismus 70, postop-Schmerzen 42, Erkältungskrankheiten 35, Schlafstörungen (Tablette 49, Saft 69, rote Gelkapsel 84%) Phytopharmaka Definition – pflanzliche Zubereitungen als Wirkstoff (vorwiegend standardisierte Extrakte) – übliche galenische Zubereitungen – im schulmedizinischen Sinn eingesetzt – die therapeutische Wirksamkeit ist in klinischen Studien und durch ärztliche Erfahrung nachgewiesen Anwendungsbereiche – Atemwegserkrankungen – Durchblutungsstörungen – Erkrankungen der ableitenden Harnwege – Gastroenterologische Erkrankungen – Hauterkrankungen – Infektanfälligkeit – Stoffwechselerkrankungen – Gynäkologische Erkrankungen Kategorien 1. Mittel der ersten Wahl es besteht keine synthetische Alternative 2. Alternative zu Synthetika istgut.net / WS 0708 / Seite 5 sowohl chemische als auch pflanzliche Mittel sind indiziert 3. Adjuvante Therapieform Unterstützung von anderen Therapiemaßnahmen 4. Kontraindiziert rational begründete Notfallmaßnahmen werden verhindert manifeste Hypertonie Herzrhythmusstörungen Asthma bronchiale Psychosen 1. erste Wahl toxische Hepatopathien – Mariendistel Sinusitis, Bronchitis – Primel, Myrthe Venenbeschwerden – Roßkastanie 2. Alternative Schlafstörung, Nervosität – Baldrian, Hopfen Leichte/mittlere Depression – Johanniskraut Dyspepsien – Enzian, Fenchel rez. HWI – Bärentraube, Goldrute Prostatahyperplasie – Brennessel, Sägepalmenextrakt Hirnleistungsstörungen – Gingko PMS, klimakter. Beschwerden – Mönchspfeffer, Granatapfel 3. adjuvante Therapie Leber-/Gallenleiden – Schöllkraut, Mariendistel Atemwegserkrankungen – Thymian, Efeu, Primel, Eukalyptus Malignome – Mistel Wundheilung – Kamille, Arnika Aktivierte Arthrose – Teufelskralle 4. kontraindiziert Manifeste Herzinsuffizienz NYHA III-IV istgut.net / WS 0708 / Seite 6 12.12. Kopfschmerz – primärer Migräne, Spannungskopfschmerz,.. => Anamnese am aufschlussreichsten – sekundärer Sinusitis, Otitis media,... => Untersuchung Vorgehen in der Praxis – ausführliche Anamnese (Dauer, Lokalisation, Auslöser, Begleitsymptome, Schmerzcharakteristik, Glaukomzeichen, Schlaf, Appetit, familiäre Belastung, Streß, Medikamente ) – KU (HWS, Nasen-Rachenraum, Otoskopie, RR), einschließlich orientierend neurologischer Untersuchung – Urin – Labor (CRP, Leukos, BSG,..) – ggf Augenfundus Schlaufuchs-Tipp: BSG-Schnellverfahren: 45° Röhrchen kippen, dann nach 7' den 1h-Wert, nach 10' den 2h-Wert unsere Patientin die mit Kopfschmerzen und Schlafstörungen kam reagiert nach Ergebnisloser A & U & Labor auf genauere Anamnese und Fragen nach Kindern mit spontanem Weinen... sie hat offensichlicht ein psychisches Problem, dass die Symptome auslöst... Symptomatik bei funktionellen Störungen – vegetative Störungen Schweißausbrüche, Schwindel, Schlafstörungen, Inappetenz, Tachykardien, Gewichtsabnahme, psychosexuelle Störungen, Diarrhoe, Harndrang, Parästhesien... – körperliche oder somatische Beschwerden Schmerzen (Kopf, Rücken, Bauch...), HerzKreislauf-Beschwerden, Magen-DarmBeschwerden, Globusgefühl, Atembeschwerden, Skelettbeschwerden... es gibt kein körperliches Symptom das nicht in diesem Rahmen auftreten kann – alles ist möglich! – psychische Symptome Unruhe, Schlaflosigkeit, Leistungseinbuße, allg. Verstimmbarkeit bis hin zu depressiven Zustandsbildern, Ängstlichkeit, Konzentrationsverlust & Merkfähigkeitsstörugnen, Antriebsminderung, Müdigkeit, Abgeschlagenheit Somatisierung / somatoforme Störung Definition Körperliche Symptome ohne dazugehörige organische Grunderkrankung Ursachen – zurückgehaltene Aggression – ungenügende Selbstbehauptung – reduzierte Ausdrucksfähigkeit – unausgelebte Spannung Probleme in Diagnostik und Therapie somatoformer Störungen – organische Symptomatik steht im Vordergrund – Nichtbeachtung der psychischen Komponente – Nichtansprechen auf organisch ausgerichtete Therapie – Chronifizierung funktioneller Krankheitsbilder – Unnötig hohe Dosierung von Medikamenten – Fixierung des Patienten auf somatischer Ebene Vorgehen in der Praxis – Anamnese / psychische Exploration – KU – Beschwerden ernst nehmen – Patienten zum Sprechen bringen – Patienten sprechen lassen – Verbalisierung der Konflikte – Hilfestellung bei der Wahrnehmung seelischer Konflikte istgut.net / WS 0708 / Seite 7 Frühzeitig erweiterte biopsychosoziale Anamnese und positive diagnostische Hinweise funktioneller somatoformer Störungen Erweiterte Anamnese über das Leitsymptom hinaus: 8 Fragen 1. Was / Wo ? (Symptomatik) 2. Wie / Wie beeinflussbar (subjektive Beeinflussbarkeit 3. Seit Wann? Positive diagnostische Hinweise Symptome: diffus, häufig wechsselnd, Diskrepanz zwischne Befund und Befinden, Nichtpassen organischer Verteilungsmuster Typische Auslösesituationen – Versuchungs-/Verführungs- und Versagungserlebnisse, Verlusterlebnisse Entmächtigungserlebnisse, narzisstische Kränkung, kritische Lebensereignisse 4. Welche Erfahrungen im „Beziehungsstörung im Umgang mit dem Gesundheitssystem“: häufige Arztwechsel Gesundheitssystem? (doctor shopping, Koryphäen-KillerSyndrom) 5. Wie ist das Erleben der Ängstlich-besorgte oder depressivBeschwerden, die resignierte Stimmung Stimmung? 6. Woher kommen die Beschwerden? (Krankheits-/ Erklärungsmodell) Interaktionsverhalten des Patienten: hartnäckige Forderung nach medizinischen Untersuchungen und Behandlungen trotz wiederholt negiativer Ergebnisse; Weigerung, die Möglichkeit einer psychischen Ursache zu diskutieren 7. Wie leben sie? (Lebenssituation) Pychosoziale Faktoren: Beeinträchtigung familiärer und sozialer Funktionen, primärer und sekundärer Krankheitsgewinn, biographische Belastungen: karge emotionale Kontakte, fehlende Unterstüztung, Parentifizierung, Pseudoautonomie, Traumatisierung 8. Was kann ich für Sie tun? (Behandlungserwartung, Auftrag) Musterirritation: Nichtanpassen gewohnter kognitiver Schemata; affektive Irritation; negative (oft aggressive) Gegenübertragungsgefühle, passiver Veränderungserwartung des Patienten Allgemeine Kriterien somatoformer Störungen nach ICD 10 F 45 – Wiederholte Darbietung körperlicher Symptome – Hartnäckige Forderung nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholt negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass Symptome nicht körperlich begründbar sind – Patient widersetzt sich den Versuchen, die Möglichkeiten einer psychischen Ursache zu diskutieren – das zu erreichende Verständnis für die Verursachung beim Patienten ist oft enttäuschend Differentialdiagnosen funktioneller / somatoformer Störungen – häufig Komorbidität: Depression, Angststörung, Persönlichkeitsstörung, Sucht – Vorübergehende Körperbeschwerden – Körperlich ausreichend begründbare Körperbeschwerden – artefizielle Störungen – Simulation – psychogene Faktoren bei anderen Erkrankungen modells , dosiertes Aktivieren statt Schonen 2. Erweiterte Behandlungsschritte bei Chronifizierung klares Setting, kleine Schritte propagieren, Bilanzgespräch, kritische Pharmakotherapie, Kooperation und Vernetzung, ggf Psychotherapie Kriterien für die Überweisung zur Fachpsychotherapie – keine Besserung nach 6 Monaten psychosomatischer Grundversorgung – Schwere / Akuitäät der Symptomatik – Krankschreibung > 4 Wochen – Verdacht auf akute psychische Störung – hohe biographische Belastung – Wunsch des Patienten – große interaktionelle Probleme in der ArztPatient-Beziehung Behandlung somatoformer Störungen 1. Basis-Behandlung Psychoedukation (was steckt dahinter), Arbeiten mit Symptom-/Kontexttagebüchern, Erweiterung des Erkläerungsistgut.net / WS 0708 / Seite 8 9.1. Handlungsleitlinien im Notfall – schnelle und treffsichere Überlegungen zur Diagnose und Prognose anstellen – zügiger Ausschluß abwendbar gefährlicher Verläufe – adäquate Entscheidungen unter Berücksichtigung des ganzen Patienten und seiner Vorstellung treffen – möglichste dezente Therapie, um unerwünschte oder überschießende Reaktionen zu vermeiden („nil nocere“) – Beschränkung auf Notwendiges und Effektives; Fähigkeit zur Improvisation Häufigkeit von Notfällen pro Jahr im Einzugsgebiet einer durchschnittlichen Praxis ~2500 Personen – akuter Herzinfarkt 4-7 – Schlaganfall 4-7 – klin apparente Lungenembolie 1 – status asthmaticus 1-2 – massive gastrointestinale Blutung 1 – Suizidversuch, Suizid 3-8 als Notfall erlebte Situationen – Hyperventilationstetanie (Muskelkrämpfe durch respiratorische Alkalose beim Kompensationsversuch sinkt Serum-Ca2+ ... => Tütenrückatmung > Diazepam / Lorazepam oder Ca2+ i.v.) – orthostatischer Kollaps (langfristig hilft erstmal erhöhte Volumen + Elytaufnahme, – – – dann Ausdauertraining, evtl Dihydroergotamin) psychische Krisensituation Cerumen obturans akuter Harnverhalt (nicht alles auf einmal ablassen) akute Störungen der Atmung – zentrale Atemdepression durch SchädelHirn-Trauma, ZNS-Infektion, Intoxikation – Beeinträchtigung der Thoraxmotilität, z.B. durch Rippenserienfraktur, Pneumothorax – Störung der Atemwege z.B. durch Verlegung – Behinderung des Gasaustauschs, z.B. durch Pneumonie, Lungenödem – Lungenembolie wenn Intubation zu schwierig auf erfahreneren Kollegen warten falls vertretbar... Lungenödem: Lasix, Rettungswagen, Intensivbett, mitfahren oder Notarzt anfordern falls keine Zeit Herzinfarkt (mit ausstrahlenden thorakalen Schmerzen, Vernichtungsschmerz...): Nitrospray, 5-10k IE Heparin i.v. , Aspisol 500 i.v, Morphin und/oder Diazepam, O2 4l nasal wenn man Plavix in der Tasche hat eine Tablette rein nicht i.m., weil dann kann man Lyse vergessen... falls doch Weiterbehandelnde darauf hinweisen cave Nitro: RR (macht Druckabfall), Viagra/Cialis/Levitra? Akute Herz-Kreislauf-Störungen – kardiale Ursachen mit Störung der Auswurfleistung , z.B. Rhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Herztamponade – arterielle Embolie – Schock (hypovolämisch, septisch, anaphylaktisch) cerebrale Notfälle – Trauma, z.B. Commotio / Contusio cerebri, Schädelfraktur, epi-/subdurales Hämatom – zerebrovaskuläre Geschehen, z.B. TIA, PRIND, Apoplex, SAB – Epilepsie, Status epilepticus (=> Diazepam Rektiole, nix in den Mund stecken) – Meningitis (bakteriell, viral, parasitär) – Psychosen sonstige Notfälle – Stoffwechselkomata – Leberkoma – Urämisches Koma – Diabetisches Koma Blutzucker messen, wenn nix dafür dabei einfach Glukose spritzen Leber-/Urämisches Koma kann man riechen => einweisen istgut.net / WS 0708 / Seite 9 – spezielle Notfallsituationen – Polytrauma – akutes Abdomen (brettharter Bauch, massive Schmerzen) – Verbrennungen (Flüssigkeit, so steril wie möglich arbeiten) – Intoxikationen (beste Zentrale zum Anrufen ist in Berlin, kann man unmöglich alles im Kopf haben) – Hörsturz (Weber/Rinne, sofort einweisen!) Bewusstlosigkeit als mögliches Symptom aller Notfallsituationen – Stoffwechselkomata – zentralnervöse Ursachen – psychisch – Introxikationen – Störungen der Atmung – kardiovaskuläre Ursachen das macht idR die Klinik, wir kümmern uns als Allgemeinarzt vor Ort v.a. um die Vitalfunktionen DD Bauchschmerzen – Myokardinfakrt / KHK – Mesenterialinfarkt – Nierenkolik – Harnverhalt – extrauterine Gravidität – Ovarial- / Hodentorsion – Ileus – Appendizitis – Gastroenteritis – Pankreatitis – Perforation – Gallenkolik – Magenulcus – Gastritis Differentialdiagnosen Luftnot ... Differentialdiagnosen Thoraxschmerz – Neuralgie – vertebra- / myogen – Magenulcus – psychisch – Pleuritis – Pneumothorax – Aortenaneurysma – Lungenembolie – angina pectoris – Myokardinfakrt istgut.net / WS 0708 / Seite 10 16.1. Evidence based medicine – – EBM ist „der gezielte, gewissenhafte und vorurteilsfreie Gebrauch der derzeit am besten gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Entscheidungsfindung in der Behandlung individueller Patienten“ am besten gesichert („best evidence“) bezieht sich auf qualitative (Studiendesign, Methodik) und quantitative (Studien-/ Fallzahl) Qualitätskriterien – – Leitlinien Definition auf der Grundlage wissenschaftlicher Evidenz entwickelte, systematische Darstellungen und Empfehlungen mit dem Zweck Ärzte und Patienten bei der Beahndlung zu unterstützen – Level medizinischer Evidenz Ia mehrere randomisierte, kontrollierte Studien bzw deren Metaanalyse Ib einzelnde randomisierte, kontrollierte Studie Iia gut geplante nichtrandomisierte, kontrollierte Studie Iib gut geplante experimentelle Studie III gut geplante nichtexperimentelle Stuide, Vergleichsstudie, Kokrrelations- oder FallKontroll-Studie IV nicht evidenzbasierte Expertenmeinung EBM als ärztliche Haltung – erfordert – Kenntnis aktueller Leitlinien – Fortbildung – Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen – kritisches Hinterfragen der eigenen Meinung Berücksichtigung der „best evidence“ bei konkreten Entscheidungen ggf bewusste Abweichung, wenn besondere Umstände es erfordern – – – Veröffentlichung durch medizinische Fachgesellschaften Grundlage für Qualitätssicherung und Disease Management regelmäßige Aktualisierung enthalten Empfehlungen, aber keine verbindlichen Aussagen Richtlinien – Definition: Handlungsregeln einer gesezlich, berufs-, standesoder satzungsrechtlichl legitimierten Institution, die für den Rechtsraum dieser institution verbindlich sind und deren Nichtbeachtung definierte Sanktionen nach sich ziehen kann – Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen verbindliche Vorgaben für die Behandlung gesetzlich Versicherter z.B. Arzneimittel- , Mutterschafts,Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien – Bundesärztekammer – Vorgaben insbesondere für ethische Grenzfragen z.B. Hirntod-, Transplantations-, Pränataldiagnostikrichtlinien – Qualitätssicherung z.B. für Labordiagnostik, ambulante und endoskopische OP Disease Management z.B. für asthma, COPD, Brustkrebs.. Definition medizinische Versorgungsform, mit der die Prävention und Behandlung einer Krankheit verbessert und die durch diese Krankheit bedingten Beeinträchtigungen reduziert werden können DM erfordert verbindliche und aufeinander abgestimmte Behandlungs- und Betreuungsprozesse, die auf der Grundlage medizinischer Evidenz festgelegt werden DM institutionalisiert die Anwendung aktueller Leitlinien Disease-Management-Programme (DMP) sollen (nach SGB V) für chronische Krankheiten eingeführt werden, auf die folgende Merkmale zutreffen – hohe Zahl der von der Krankheit betroffenen Versicherten – Möglcihkeiten zur Verbesserung der Qualität der Versorgung – Verfügbarkeit von evidenzbasierten Leitlinien istgut.net / WS 0708 / Seite 11 – – – sektorenübergreifender Behandlungsbedarf Beeinflussbarkeit des Krankheitsverlaufs durch Eigeninitiative hoher finanzieller Aufwand der Behandlung Epidemiologie des Diabetes mellitus weltweit 2000: 151 Millionen, 2025: 300 millionen >90% Diabetes mellitus Typ 2 die Prävalenz manifester Diabetiker ist altersabhängig (<50 Jahre 1-2%, >65 Jahre 10%) insgesamt allerdings deutliche Zunahme der jüngeren und junge Typ2-Diabetiker Dm Typ 2 im Rahmen eines Metabolischen Syndroms – stammbetonte Adipositas – Dyslipoproteinämie – arterielle Hypertonie – diabetes mellitus/gestörte Glukosetoleranz Prävalenz von Übergewicht und A'dipositas bei Kindern in De es geht bergauf... Eine Zunahme adipöser Kinder bedeutet eine Zunahme DM Typ2 usw Faktoren der Adipositas – Genetik – Ernährung – inaktiver Lebensstil – andere Faktoren u.a. niedrige Elternbildung Was nun? 1. Voraussetzung und Motor des metabolischen Syndroms – Adipositas 2. Adipositas manifestiert sich u.a. durch bestimmte Lifestylefaktoren im Jugendalter Konsequenz: Gesundheitserziehung im Jugendalter muss das Ziel haben Übergewicht zu vermeiden! jährlich Fundoskopie, augenärztl. Untersuchun g – Neuropathie jährlich: Vibrations-, Sensibilitätsprüfung – Diabetischer Fuß regelmäßig: Fußinspektion bei pathologischen Befunden häufiger Diabetes Mellitus Hyperglykämie in Folge von Störungen der Insulin-Sekretion und / oder Insulinwirkung Typ2-Diabetes Insulinresistenz in Verbindung mit eher relativem als absolutem Insulinmangel Diagnosekriterien (WHO): Plasmaglukose > 126 mg % (7 mmol/l) nüchtern ODER >200 mg% (11 mmol/l) nicht nüchtern ODER >200 mg% (11mmol/l) 2 Stunden nach OGTT (75 g Glukose oral) gestörte Glukosetoleranz >110 mg% (> 6,1mmol/l) nüchtern ODER >140 mg% im OGTT Therapieziele Wiederherstellung u Erhaltung der Lebensqualität durch – Symptomreduktion – Verhinderung bedrohlicher Stoffwechselentgleisungen – Risikoreduktion – Makroangiopathie (KHK, Insult, pAVK) – Mikroangiopathie (Nephro, Retino, Neuropathie) – Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms – Steigerung der Eigenkompetenz im Umgang mit der Erkrankung – Minimierung der Belastung durch die Therapie bzw UAW Weitere Diagnostik in der Hausarztpraxis zur Früherkennung bzw Verlaufsbeurteilung von – zusätzlichen makrovaskulären Risikofaktoren => jährlich: Gefäßstatus, RR, Lipide, EKG – Nierenkomplikationen jährlich Albumin i.U. , Krea – Augenkomplikationen Prävention von Begleit-/Folgeerkrankungen „Ein Arzt der raucht ist dasselbe wie ein Pfarrer der ins Freudenhaus geht“ Senkung des cardiovaskulären Risikos – Raucherentwöhnung – Blutdrucksenkung – BZ-Einstellung – Lipidsenkung – Thrombozytenaggregationshemmung istgut.net / WS 0708 / Seite 12 (Sekundär-)Prävention der Nephropathie – RR-Senkung (insbesondere ACE-Hemmer, Sartane) – BZ-Einstellung – Thrombozytenaggregationshemmung EBM: Bewertung der Risikofaktoren Mikroangiopat hie HbA1c Makroangiopat hie Prospektiv Kontroverse belegt (Level Ia) Ergebnisse Zielwert <7 % 7% nach 3 Monaten orale AD plus abendliches Verzögerungsinsulin oder Umstellung auf alleinige Insulintherapie Metformin am besten belegt (aber nicht mit Sulfonylharnstoffen kombinieren) alle bringen auf jeden Fall was Acarbose: gut weil Diätkontrolle: böse Durchfälle => keine angemessene Ernährung BZ postprandial Eigenständiger Effekt nicht belegt <160 mg% Hypertonie Prostpektiv belegt (Ib) Prostpektiv (Ib) <130/80 und retrospektiv belegt Dyslipoproteinä mie LDL <100 Rauchen Abstinenz Basistherapie: Verhaltensänderung Therapie mit oralen Antidiabetika bei laufender Basistherapie HbA 1c>7 % nach 3 Monaten bei Übergewicht: Metformin bei Normalgewicht: Glibenclamid bei laufender Monotherapie HbA1c> 7% nach 3 Monaten Kombinationtherapie mit 1 von Normalgewicht: Acarbose/ Gliniden/Gliatazonen /(Sulfonylharnstoffen) Übergewicht: Glitazonen / Acarbose bei laufender Kombinationstherapie HbA1c > istgut.net / WS 0708 / Seite 13