Fachbereich Tourismus Bachelor-Thesis Anna Scherber Gay Tourism Marketing: Chancen und Risiken bei der Erschließung neuer Märkte im osteuropäischen Raum und Ansätze für eine optimale Marktbearbeitung Referenznummer: 06092012 I Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis.................................................................................................... I Abbildungsverzeichnis............................................................................................ III Tabellenverzeichnis................................................................................................. III Abkürzungsverzeichnis........................................................................................... IV Abstract.................................................................................................................... 1 1. Einleitung............................................................................................................. 2 1.1 Relevanz des Themas und Problemstellung.................................................... 2 1.2 Zielstellung und Aufbau der Arbeit................................................................ 4 2. Gay Tourismus.................................................................................................... 5 2.1 Begriffserklärung............................................................................................ 5 2.2 Vom Nischenmarkt zum Wachstumsmarkt.................................................... 5 2.3 Besonderheiten der Zielgruppe....................................................................... 8 3. Osteuropa............................................................................................................. 11 3.1 Geografische Eingrenzung.............................................................................. 11 3.2 Der osteuropäische Raum als aufsteigender Zukunftsmarkt........................... 11 3.3 Rechtliche und gesellschaftliche Situation Homosexueller in Osteuropa....... 12 3.4 Schwul-lesbische Infrastruktur in Osteuropa.................................................. 19 4. Strategische Erschließung des Gay Marktsegments in Osteuropa................. 23 4.1 Gay Marketing................................................................................................ 23 4.2 Marketing-Konzeption.................................................................................... 24 4.2.1 Analyse der Einflussfaktoren................................................................. 25 4.2.2 Marketing-Ziele..................................................................................... 26 4.2.3 Marketing-Strategien............................................................................. 27 4.2.4 Kommunikationspolitik im Marketing-Mix.......................................... 30 4.3 Best Practice Beispiel WienTourismus........................................................... 35 5. Methodische Vorgehensweise............................................................................ 37 5.1 Datengewinnung mittels Sekundärforschung................................................. 37 5.2 Empirische Untersuchung............................................................................... 38 II 5.2.1 Datenerhebung mittels halbstrukturierter Interviews............................. 38 5.2.2 Auswahl der Interviewpartner................................................................ 40 6. Präsentation der Erhebungsergebnisse............................................................. 43 6.1 Zusammenfassung und Auswertung des Datenmaterials................................ 43 6.2 Analyse der Chancen und Risiken.................................................................. 51 7. Handlungsempfehlungen.................................................................................... 55 7.1 Ansätze für eine Marktbearbeitung des Gay Segments in Russland.............. 55 7.2 Ansätze für eine Marktbearbeitung des Gay Segments in Polen.................... 57 8. Fazit und Ausblick.............................................................................................. 61 Anhang..................................................................................................................... 63 Literaturverzeichnis................................................................................................ 69 Eidesstattliche Erklärung....................................................................................... 76 3 Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Aufbau einer Marketing-Konzeption 24 Abb. 2 Relevante Einflussfaktoren auf das Marketing am Beispiel von Russland 56 Tabellenverzeichnis Tab. 1 Die Homosexuellen-Freundlichkeit osteuropäischer Länder 15 Tab. 2 Die schwul-lesbische Infrastruktur in osteuropäischen Ländern 21 Tab. 3 Strategische Umsetzung der Marketing-Ziele 29 Tab. 4 Übersicht der angefragten Interviewpartner 41 Tab. 5 Chancen-Risiken-Analyse des Gay Marketing in osteuropäischen 52 Ländern 4 Abkürzungsverzeichnis AIDS Acquired Immune Deficiency Syndrome CSD Christopher Street Day DINKS Double Income No Kids EU Europäische Union HIV Humanes Immundefizienz-Virus IGLTA International Gay and Lesbian Travel Association ILGA International Lesbian and Gay Association ILGCN International Lesbian and Gay Cultural Network Inc. Incorporated ITB Internationale Tourismusbörse LGBT Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender NTO Nationale Tourismusorganisation PR Public Relations RTO Regionale Tourismusorganisation TO Tourismusorganisation UNWTO United Nations World Tourism Organization USA United States of America 1 Abstract Homosexuelle gelten nicht nur als besonders reisefreudig, sondern auch als einkommensstark. Seit den neunziger Jahren steigt das Bewusstsein für die Zielgruppe in der globalen Tourismusindustrie. Für westeuropäische Destinationen ist Gay Marketing bereits ein wichtiger Bestandteil der touristischen Vermarktung geworden. Jedoch waren Destinationen bislang sehr zurückhaltend in der gezielten Ansprache homosexueller Kunden im osteuropäischen Raum. Die Wiener Tourismusorganisation hat das Wachstumspotenzial Osteuropas erkannt und erschließt nun, wenn auch zaghaft, als Pionier das bisher wenig umworbene Gay Marktsegment im osteuropäischen Raum. Nicht in allen Ländern Osteuropas herrscht das gleiche Maß an Toleranz und Gleichstellung. In weiten Teilen stellt Homosexualität ein stark tabuisiertes Thema in der Gesellschaft dar. Die Erschließung des Marktsegments in Osteuropa birgt daher einige Risiken, aber auch Chancen, die in dieser Arbeit näher erörtert werden. Anhand einer ausführlichen Literaturrecherche sowie der Datengewinnung mittels halbstrukturierter Interviews mit fünf osteuropäischen Tourismusorganisationen sowie fünf LGBT Organisationen wurde die Erkenntnis gewonnen, dass wenige osteuropäische Destinationen mit einzelnen MarketingAktivitäten und kleineren Kampagnen das Gay Segment bewerben, jedoch keine fundierten, nachhaltigen Marketing-Ansätze existieren. Die sich kontinuierlich verbessernden gesellschaftlichen und rechtlichen Bedingungen einiger osteuropäischer Länder bieten Destinationen hingegen die Möglichkeit, das Gay Marktsegment mit Hilfe einer auf die Gegebenheiten angepassten Marketing-Kommunikation erfolgreich zu erschließen. Um die vorhandenen Marktpotenziale bestmöglich nutzen zu können, erfolgt eine Analyse der Chancen und Risiken des Gay Marketing in Osteuropa und daraus resultierend eine Ableitung von Handlungsempfehlungen hinsichtlich einer optimale Marktbearbeitung. 2 1. Einleitung 1.1 Relevanz des Themas und Problemstellung Seit Beginn der neunziger Jahre sind homosexuelle Menschen zunehmend in den Fokus der Tourismusbranche gerückt.1 In Zeiten der Wirtschaftskrise konnte sich das Segment als krisenresistenter Markt behaupten2 und aus dem anfänglichen Nischenmarkt entwickelte sich ein ernst zunehmender Wachstumsmarkt mit großem wirtschaftlichen Potenzial, wie folgende Zahl belegt: für das Jahr 2012 wird die Kaufkraft des LGBT Segments für Urlaubsreisen auf weltweit 165 Milliarden Dollar geschätzt.3 Angesichts dieses Potenzials erweist sich der Markt als lukratives, aber auch sehr vielfältiges globales Tourismussegment: Von kleinen Unternehmen, die sich auf die homosexuelle Zielgruppe spezialisiert haben, bis hin zu den Global Playern, die an dem „Pink Money“ interessiert sind. Insbesondere touristische Destinationen haben homosexuelle Reisende als wichtige Zielgruppe erkannt und werben mit spezifischem Gay Marketing gezielt um schwule und lesbische Kunden, vorwiegend im westeuropäischen sowie US-amerikanischen Markt.4 Ebendiese Märkte gelten jedoch als weitgehend gesättigt aufgrund der steigenden Anzahl von Unternehmen, die in Westeuropa und den Vereinigten Staaten das LGBT Segment adressieren. Demzufolge wird es in diesen Absatzmärkten zunehmend schwieriger und kostenintensiver, die homosexuelle Zielgruppe auf sich aufmerksam zu machen und ihre Kundenloyalität zu erhalten. Im Gegensatz dazu verfügt der osteuropäische Raum über ein sehr hohes Wachstumspotenzial und eröffnet Unternehmen den Zugang zum bislang wenig umworbenen Gay Segment, denn touristische Destinationen und andere Unternehmen waren bisher noch sehr zurückhaltend in der gezielten Ansprache homosexueller Kunden in Osteuropa. Die Tourismusorganisation „WienTourismus“ hat das Potenzial der unerschlossenen Märkte Osteuropas erkannt und ist als Pionier mit zielgruppenspezifischem Tourismusmarketing in osteuropäischen Quellmärkten tätig.5 Bedingt durch die historische Entwicklung, die politisch-rechtliche Situation und die sozialen Strukturen 1 Vgl. Vgl. 3 Vgl. 4 Vgl. 5 Vgl. 2 Hughes, H. (2006), S. 8 Melián-González, A., Moreno-Gil, S. und Araña, J. (2011), S. 1027 UNWTO (2012), S. 11 Guaracino, J. (2007), S. XVII ITB Berlin (2011a) 3 der postkommunistischen Länder sind Homosexuelle nach wie vor Vorurteilen, Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt.6 Angesichts der zunehmenden Akzeptanz der Gesellschaft und der fortschreitenden Legalisierung der Homosexualität hat sich die Lage in manchen osteuropäischen Ländern in den letzten Jahrzehnten bereits verbessert. Das Kauf- und Entscheidungsverhalten der homosexuellen Konsumenten ist größtenteils geprägt durch die langjährige Bedingung des „Mangelmarktes“, denn speziell auf sie ausgerichtete Produkte fehlten bislang. Noch befinden sich die osteuropäischen Märkte in der Phase der Entwicklung und des Aufschwungs.7 Der Studie “Tourism 2020 Vision” zufolge, bei der Experten der UNWTO den weltweiten Reisemarkt analysierten, wird der Outbound Tourismus der osteuropäischen Länder, vorrangig Russland, Polen und Ungarn, in den nächsten Jahren stark ansteigen.8 Repräsentative Marktforschungsstudien über das LGBT Segment in den osteuropäischen Ländern sind bisher nicht vorhanden. An der derzeit weltweit größten Marktstudie „LGBT2020“ haben bislang aus Osteuropa nur die Länder Polen und Estland teilgenommen, Ergebnisse dieser beiden Märkte liegen jedoch noch nicht vor.9 Die Arbeit richtet sich in erster Linie an Tourismusorganisationen, die bereits das LGBT Segment jenseits der osteuropäischen Quellmärkte erschlossen haben und sich nun einer Marktbearbeitung des Segments in den Märkten Osteuropas zuwenden möchten. Die Untersuchungen in dieser Arbeit sollen darüber hinaus aufschlussreiche Erkenntnisse für Unternehmen bereitstellen, die darauf abzielen, sich im Gay Marktsegment zu etablieren. Gegebenenfalls ist die Ausarbeitung auch für die homosexuelle Zielgruppe von Interesse. Ihnen wird ein grundlegender Überblick darüber gegeben, inwieweit das Thema Homosexualität in den osteuropäischen Ländern gesellschaftlich akzeptiert ist und wie es um die politisch-rechtliche Situation Homosexueller bestellt ist. 6 Vgl. Vgl. 8 Vgl. 9 Vgl. 7 Euro Topics (2007) Absatzwirtschaft (2010) Swarbrooke, J. und Horner, S. (2007), S. 122 Out Now Consulting (2012a) 4 1.2 Zielstellung und Aufbau der Arbeit Ziel dieser Arbeit ist es, die Chancen und Risiken der Erschließung des LGBT Marktsegments in Osteuropa für touristische Unternehmen, insbesondere Tourismusorganisationen, herauszuarbeiten. Dazu erfolgt zunächst eine umfassende Literaturrecherche Themenkomplex zum Kontext Osteuropa mit Gay Fokus Tourismus auf sowie wichtige zum zweiten Einflussfaktoren großen auf die zielgruppenspezifische Vermarktung einer Destination im LGBT Segment in den dortigen Märkten. Anschließend werden im dritten Themenkomplex der Arbeit die Grundlagen für die strategische Erschließung des Marktsegments dargelegt, wobei der Schwerpunkt auf die Kommunikationspolitik einer Tourismusorganisation gelegt werden soll. Die darauf folgende Erstellung von Interviewbögen basiert auf dem theoretischen Bezugsrahmen der Arbeit. Mit Hilfe Tourismusorganisationen einer in schriftlichen Osteuropa soll Befragung einiger herausgefunden ausgewählter werden, inwieweit homosexuelle Konsumenten bereits von den Destinationen beworben werden und welche Hürden bei der zielgruppenspezifischen Vermarktung auftreten können. Ebenso erfolgt eine Befragung von osteuropäischen LGBT Organisationen, um zu ermitteln, inwiefern Homosexualität ein tabuisiertes Thema in der Gesellschaft darstellt. Schließlich werden aus den gewonnenen Erkenntnissen sowie der Auswertung der Datenerhebung konkrete Handlungsempfehlungen für eine geeignete Zielgruppenansprache des Gay Segments in den Ländern Polen und Russland abgeleitet, hauptsächlich unter Berücksichtigung der länderspezifischen externen sowie internen Einflussfaktoren, denn die zum Teil besonderen Gegebenheiten im osteuropäischen Raum erfordern eine spezifische Ausrichtung der Kommunikation, sodass die Zielgruppe erfolgreich beworben werden kann, die Märkte effizient bearbeitet werden und die vorhandenen Marktpotenziale bestmöglich genutzt werden.10 10 Vgl. Schweighofer, R. (2009), S. III 5 2. Gay Tourismus 2.1 Begriffserklärung Zur Erleichterung der Lesbarkeit und des Verständnisses sollen zunächst die Begriffe „gay“ und „LGBT“ näher erläutert werden. Das Wort „gay“ ist ein aus der englischen Sprache übernommenes Fremdwort für homosexuell, welches häufig jedoch speziell für schwule Männer Verwendung findet. In dieser Arbeit wird der Begriff in seiner ursprünglichen Bedeutung für homosexuelle Frauen und Männer verwendet. Die weit verbreitete Abkürzung „LGBT“ stammt ebenfalls aus dem englischen Sprachraum und fasst folgende Gemeinschaft zusammen: „Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender“. Bei dieser Gruppe geht es nicht nur um die sexuelle Orientierung gegenüber dem Partnergeschlecht, sondern auch um die eigene Geschlechtsidentität. Sofern nicht spezifisch zwischen Lesben und Schwulen unterschieden wird, werden die Begriffe „gay“, „homosexuell“, „schwul-lesbisch“ und „LGBT“ geschlechtsunspezifisch verwendet. 2.2 Vom Nischenmarkt zum bedeutenden Wachstumsmarkt Gay Tourismus, auch bekannt als „LGBT Tourismus“ oder „Gay and Lesbian Travel“, kann im weitesten Sinne definiert werden als jede touristische Aktivität, die speziell für die Bedürfnisse homosexueller Kunden konzipiert wurde und/oder durch diese Gruppe ausgeübt wird. Dabei ist die Interaktion zwischen Produzenten, Vermittlern, Leistungsträgern sowie den homosexuellen Konsumenten des Tourismusproduktes ein integraler Bestandteil des Gay Tourismus.11 Noch vor wenigen Jahren galt dieses Segment als eine Form des Nischen-Tourismus, inzwischen jedoch ist das Gay Segment ein international aufsteigender Markt, der aufgrund seines wirtschaftlichen Potenzials allmählich aus seiner Nische hinausgewachsen ist.12 11 12 Vgl. Southall, C. und Fallon, P. (2011), S. 220-221 Vgl. ITB Berlin (2012) 6 „It is becoming increasingly apparent as we move into a new decade that LGBT tourism represents a significant, growing and increasingly diverse and global formal tourism phenomenon.“13 Bereits seit Beginn der 1980er Jahre, ausgehend von der Lesben- und Schwulenbewegung in den USA, werden Schwule und Lesben von Unternehmen als eine potenzielle Zielgruppe wahrgenommen.14 Im Laufe der Jahre hat auch die Tourismusbranche, insbesondere Tourismusdestinationen, das große wirtschaftliche Potenzial dieser Zielgruppe erkannt und begann zunehmend, homosexuelle Konsumenten als ein eigenes Marktsegment anzusehen und diese gezielt zu adressieren. Im Jahr 1998 warben weltweit fünf Länder, darunter auch Österreich, mit zielgruppenspezifischen Marketingkampagnen gezielt für homosexuelle Reisende, 2006 waren es bereits mehr als 65 Destinationen.15 In den vergangenen Jahren waren infolge der Wirtschaftskrise besonders die Märkte sehr gefragt, die trotz Krise hohe Wachstumsraten verzeichnen konnten, so wie beispielsweise das Gay Tourismus Segment. Im März 2010 wurde es erstmals als eigenständiger Reisemarkt auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin vorgestellt. Seitdem wird das dynamisch wachsende Segment Jahr für Jahr ausgebaut und erfreut sich steigender Nachfrage. Bislang konzentrierte sich die Entwicklung des Gay Tourismus vorwiegend auf die Länder der westlichen Welt.16 Eine grundlegende Basis für diese Entwicklung waren eine weitgehende Entkriminalisierung der Homosexualität sowie eine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz und Gleichstellung Homosexueller.17 Aus diesem Grund wird die schwullesbische Zielgruppe vornehmlich in den USA, Westeuropa und Australien erfolgreich umworben, denn eine Vielzahl der dortigen touristischen Zentren ist gekennzeichnet durch hohe Toleranz und eine in Bezug auf Homosexualität progressive Politik. Aber auch Länder wie Südafrika, Israel und Argentinien werben zunehmend im LGBT Segment für attraktive touristische Alternativen der Destinationen und stellen sich dadurch als weltoffene und tolerante Länder dar und profitieren dank des neu gewonnenen „gayfreundlichen“ Images von den Entwicklungen im Gay Tourismus.18 13 Southall, C. und Fallon, P. (2011), S. 219 Vgl. Guaracino, J. (2007), S. 9 15 Ebd., S. XVIII 16 Vgl. Southall, C. und Fallon, P. (2011), S. 220 17 Ebd., S. 227 18 Vgl. ITB Berlin (2011b) 14 7 „[There is a] clear relationship between countries’ progressive policies towards LGBT people and the economic benefit for their tourism sector. However, the social benefits are becoming clearer too, as more and more destinations are benefitting from the associated brand image of tolerance […] and diversity.“19 Doch herrscht nicht in allen Ländern das gleiche Maß an Toleranz und Gleichstellung. Der osteuropäische Raum unterscheidet sich in dieser Hinsicht bisher noch stark vom liberalen Westeuropa. Osteuropa zählt allgemein zu einer der aufsteigenden Zukunftsmärkte neben Asien und Mittelamerika20, im Kontext Gay Tourismus ist es bisher jedoch noch ruhig um diesen Raum mit Ausnahme der Stadt Prag, die sich bereits als eine beliebte Destination unter homosexuellen Reisenden etabliert hat.21 Inwieweit Homosexuelle in den anderen osteuropäischen Nachbarländern gesellschaftlich akzeptiert sind und wie es um die politisch-rechtliche Situation bestellt ist, soll im späteren Verlauf der Arbeit untersucht werden. Der Stand der Marktforschung im LGBT Segment ist bislang sehr begrenzt. Der größte Teil der Statistiken und Marktforschungen konzentriert sich überwiegend auf den nordamerikanischen Markt, Daten für den europäischen Raum sind vergleichsweise sehr gering.22 Zu den führenden Agenturen, die in Europa Marktforschung im Gay Segment betreiben, zählen Out Now Consulting, Publicom, Communigayte sowie Innofact.23 Auf dem nordamerikanischen LGBT Markt gilt Community Marketing Inc. als das führende Forschungsunternehmen. Seit 1996 veröffentlicht dieses Unternehmen, neben zahlreichen anderen Studien, den „Annual Gay & Lesbian Tourism Report“, an dem im Jahr 2011 mehr als 7.200 Homosexuelle aus Nordamerika teilnahmen. Dieser Studie zufolge liegt der Gesamtumsatz des Gay Tourismusmarktes in den USA jährlich bei über 65 Milliarden USDollar. Dies entspricht in etwa zehn Prozent des Umsatzes der gesamten USReisebranche.24 Die bisher weltweit größte Studie „LGBT2020“ wird derzeit vom Marktforschungsunternehmen Out Now Consulting durchgeführt. An dieser beteiligten sich 19 UNWTO (2012), S. 4 Vgl. ITB Berlin (2011b) 21 Vgl. Ersoy, G., Ozer, S. und Tuzunkan, D. (2012), S. 398 22 Vgl. Southall, C. und Fallon, P. (2011), S. 230 23 Vgl. Schneider-Lindbergh, C. (2008), S. 7 24 Vgl. Community Marketing Inc. (2011), S. 2 20 8 bis dato über 40.000 Teilnehmer aus 24 Ländern.25 Für das Jahr 2012 schätzt das Unternehmen anhand bereits gewonnener Ergebnisse die Kaufkraft des LGBT Segments für Urlaubsreisen, wie bereits erwähnt, auf weltweit 165 Milliarden Dollar. Gleichermaßen verdeutlichen auch Ergebnisse der Marktforschungen im US-amerikanischen und westeuropäischen Markt die spezifischen Charakteristika der homosexuellen Zielgruppe und die daraus resultierende Attraktivität der Kundengruppe für die Tourismusindustrie.26 2.3 Besonderheiten der homosexuellen Zielgruppe Im Durchschnitt beträgt der Bevölkerungsanteil Homosexueller fünf bis zehn Prozent der Gesamtbevölkerung eines Landes.27 Dem „Global Report on LGBT Tourism“ der UNTWO zufolge besitzen Homosexuelle einen hohen Bildungsstand und verfügen im Vergleich zu Heterosexuellen über ein durchschnittlich höheres Monatseinkommen. Gleich- geschlechtliche Partnerschaften bestehen zudem oftmals aus Doppelverdienern, die meist kinderlos sind und daher der Gruppe der DINKS angehören. Folglich verfügt diese Zielgruppe über eine vergleichsweise hohe Kaufkraft sowie Freizeit, die die reisefreudigen Homosexuellen am liebsten im Urlaub verbringen und somit ein ausgeprägtes Reiseverhalten aufweisen. Durchschnittlich unternehmen sie drei bis vier Reisen pro Jahr und geben dabei im Schnitt vergleichsweise mehr Geld aus als Heterosexuelle.28 Darüber hinaus sind schwul-lesbische Reisende aufgrund der Kinderlosigkeit in der Regel nicht an Ferientermine gebunden und reisen deshalb auch außerhalb der Saison, also antizyklisch, ein weiterer Aspekt, der sie für die Tourismusbranche durchaus interessant macht.29 Das Internet stellt bei der Reiseplanung eine sehr wichtige Informationsquelle dar. Entsprechend ihrer Präferenzen buchen homosexuelle Konsumenten häufig Einzelbausteine einer Reise oder Teilpakete größtenteils im Internet. Mainstream-Angebote der Reiseveranstalter finden bei Schwulen und Lesben nur wenig Anklang, denn der Wunsch nach individueller Ansprache ist groß. Hinter diesem Bedürfnis steht in erster Linie der 25 Vgl. Vgl. 27 Vgl. 28 Vgl. 29 Vgl. 26 Out Now Consulting (2012b) UNWTO (2012), S. 11 Zastrow, C. und Kirst-Ashman, K. (2012), S. 587 UNWTO (2012), S. 10 Gay Travel Alliance (2012) 9 Wunsch nach Integration.30 Demzufolge bevorzugen homosexuelle Konsumenten Unternehmen, die mit auf sie zugeschnittenen Werbebotschaften offen um sie werben.31 Im Gegenzug werden Produkte mit dem Kauf und Loyalität belohnt, denn aus Studien geht hervor, dass Homosexuelle ein erhöhtes Markenbewusstsein aufweisen und darüber hinaus als sehr markentreu gelten.32 Des Weiteren ergaben Studien, dass die Zielgruppe überwiegend Kurz- und Städtereisen oder aber „Sun, Sand and Sea“-Destinationen bevorzugen33, hingegen meiden sie Regionen, in denen sie aufgrund einer hohen Homosexuellenfeindlichkeit eventuellen Diskriminierungen ausgesetzt sind, denn das Bedürfnis nach Sicherheit ist bei ihnen besonders stark ausgeprägt. Für schwule und lesbische Reisende ist es von großer Bedeutung, sich im Urlaub frei bewegen zu können, ohne dabei Einschränkungen ihrer sexuellen Identität befürchten zu müssen.34 Sie schätzen die Liberalität, mit der sie im Zielland akzeptiert werden und legen großen Wert darauf, sich in dem Reiseziel willkommen zu fühlen. Folglich stellen sie bestimmte Ansprüche an eine Destination. Die am Zielort vorzufindende schwul-lesbische Szene und Infrastruktur, bestehend aus Clubs, Bars wie auch anderen Geschäften, spielen eine tragende Rolle, denn diese bieten Homosexuellen Freiräume, ihre eigene Identität nicht unterdrücken zu müssen und ihre Sexualität frei ausleben zu können. Die Existenz einer solchen schwul-lesbischen Szene impliziert die Homosexuellenfreundlichkeit eines Reisezieles und beeinflusst die Destinationswahl somit positiv. „This gay infrastructure is a key element for the huge increase in gay tourism in general.”35 Nicht zuletzt geht aus zahlreichen Studien hervor, dass auch „Gay Events“ wie der Christopher Street Day die Reiseentscheidung Homosexueller positiv beeinflussen und somit von entscheidender Bedeutung für die „gayfreundliche“ Vermarktung einer Destination sind, denn sie vermitteln Toleranz sowie die politische und soziale Einstellung der Destination gegenüber Homosexuellen.36 So reist jeder vierte Homosexuelle unter 35 Jahren in eine andere Stadt und verbringt dort mindestens eine Nacht, um an einem Pride Event teilzunehmen.37 Anhand all dieser 30 Vgl. Groß, V. (2009), S. 49-50 Vgl. Guaracino, J. (2007), S. 2 32 Vgl. Pritchard, A., Morgan, N. und Sedgely, D. (1998), S. 280 33 Vgl. Melián-González, A., Moreno-Gil, S. und Araña, J. (2011), S. 1027 34 Vgl. Hughes, H. und Deutsch, R. (2010), S. 456 35 Bömkes, T. (2011), S. 199 36 Vgl. Southall, C und Fallon, P. (2011), S. 224 37 Vgl. Community Marketing Inc. (2011), S. 28 31 10 aufgeführten Ergebnisse repräsentativer Studien lässt sich erkennen, dass Schwule und Lesben in ihrer Gesamtheit eine ernst zu nehmende Zielgruppe sind. Angesichts ihrer wirtschaftlichen Attraktivität und des großen Potenzials des Marktsegments erschließt eine zunehmende Anzahl von Unternehmen dieses lukrative Segment mit Gay MarketingKampagnen.38 Die in diesem Abschnitt aufgeführten Studienergebnisse über die schwul-lesbische Zielgruppe dienen jedoch keiner allgemeingültigen Beschreibung Homosexueller als ein homogenes Ganzes. Es gibt nicht den einen homosexuellen Konsumenten, auch diese Kundengruppe ist eine heterogene Zielgruppe mit individuellen Bedürfnissen. Vielmehr lassen sich anhand der Studien etliche Grundmuster erkennen, die sich über die gesamte Zielgruppe erstrecken. Die einzige allgemeingültige Gemeinsamkeit ist die gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung.39 Unternehmen sollen die Ergebnisse der Marktforschungen in erster Linie als Hilfestellung dienen, um das LGBT Marktsegment marketingstrategisch richtig zu adressieren. In Anbetracht der Tatsache, dass die gesellschaftliche Akzeptanz sowie die Entkriminalisierung der Homosexualität eine tragende Rolle in der Entwicklung des Gay Tourismus spielten und angesichts der zentralen Bedeutung von empfundener Sicherheit und einer schwul-lesbischen Infrastruktur in der Zieldestination, konzentriert sich der folgende große Themenkomplex insbesondere auf diese Gegebenheiten. 38 39 Vgl. UNTWO (2012), S. 8 Vgl. Pritchard, A., Morgan, N. und Sedgely, D. (1998), S. 280 11 3. Osteuropa 3.1 Geografische Eingrenzung Im Nachfolgenden wird zunächst der Begriff „Osteuropa“ etwas genauer definiert, um eine Eingrenzung für diese Arbeit vorzunehmen. Laut Definition zählen zu Osteuropa: - Ostmitteleuropa mit Polen, der Slowakei, Tschechien, Ungarn, - Südosteuropa mit Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Rumänien, Serbien, Slowenien, Montenegro, - das Baltikum mit Estland, Lettland, Litauen sowie - die europäischen Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten mit dem europäischen Teil Russlands, Weißrussland, der Ukraine und Moldawien. Ungeachtet der Tatsache, dass sich Griechenland und die Türkei im östlichen Teil Europas befinden, zählen diese Länder der Definition zufolge nicht zu Osteuropa, denn sie gehören nicht zu den kommunistisch geprägten Staaten Osteuropas und lagen jenseits des Eisernen Vorhangs.40 Im Zuge der Osterweiterung im Jahr 2004 traten zehn osteuropäische Staaten der Europäischen Union bei und die letzten Relikte des Eisernen Vorhangs, die Europa lange Zeit geteilt haben, fielen. Nach wie vor gehören nicht alle Länder Osteuropas der Europäischen Union an.41 Zu den bisherigen EU-Mitgliedern zählen Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und die baltischen Staaten.42 Um den Umfang dieses Abschnittes einzuschränken, wird der Schwerpunkt auf folgende Länder gelegt: Tschechien, Ungarn, Polen und Russland. Sofern nicht spezifisch zwischen den Ländern unterschieden wird, wird der Begriff Osteuropa laut Definition verwendet. 3.2 Der osteuropäische Raum als aufsteigender Zukunftsmarkt Bedingt durch die EU-Osterweiterung hat sich der politische und wirtschaftliche Fokus Westeuropas vermehrt auf die Länder Osteuropas gerichtet. Die osteuropäischen Wirtschaftsstrukturen wurden schrittweise an das westeuropäische System der Marktwirtschaft angepasst und für Unternehmen haben sich neue Absatzmärkte mit großen 40 Vgl. Kaufmann, L. und Panhans, D. (2006), S. 27 Vgl. Havlíček, T. (2004), S. 16 42 Vgl. Europäische Union (2012) 41 12 Marktpotenzialen eröffnet. Innerhalb kürzester Zeit haben sich Länder wie Russland und Polen von einem Nebenschauplatz des Wettbewerbs zu einem der zukunftsträchtigsten Absatzmärkte entwickelt. Noch befinden sich die Märkte Osteuropas im Aufbau, sodass Unternehmen mit Innovationen und Qualität punkten können.43 Jedoch dürfen die Barrieren beim Eintritt in einen neuen Markt nicht unterschätzt werden. Die historische Entwicklung, die politisch-rechtliche Situation sowie die gesellschaftlichen Strukturen in Osteuropa erfordern eine den jeweiligen Gegebenheiten angepasste Marktstrategie. 3.3 Rechtliche und gesellschaftliche Situation Homosexueller in Osteuropa Die kommunistische beziehungsweise sozialistische Periode in den Staaten Osteuropas dauerte vier bis sieben Jahrzehnte an, bewirkte dennoch trotz dieser – aus historischer Sicht – nur kurzen Zeitspanne äußerst tiefgreifende politische, wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Veränderungen in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen, die noch lange nachwirken werden.44 Kaum eine andere Problematik zeigt so deutlich die Grenze zwischen West- und Osteuropa wie der Umgang mit Homosexualität.45 Obwohl eine Legalisierung homosexueller Handlungen in allen europäischen Staaten erfolgte, erweist sich die Akzeptanz von Schwulen und Lesben in westeuropäischen Ländern deutlich höher als in osteuropäischen.46 Die sexuelle Revolution in den 1960er Jahren trug in Westeuropa Schritt für Schritt zu einer Entkriminalisierung und zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz der Homosexuellen bei.47 Inzwischen ist in allen westeuropäischen Staaten, ausgenommen von Monaco, San Marino sowie der Vatikanstadt, die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ausdrücklich verboten.48 Eine staatliche Anerkennung im Rahmen einer eingetragenen Partnerschaft westeuropäischen Ländern.49 43 Vgl. Vgl. 45 Vgl. 46 Vgl. 47 Vgl. 48 Vgl. 49 Vgl. 44 Schweighofer, R. (2009), S. III Paesler, R. (2007), S. 555 Euro Topics (2007) Denz, H. (2002), S. 132 Kalb, T. (2010), S. 8 Bauer, W. (2009), S. 5 Homosexuelle Initiative Wien (2012) erfolgte gesetzlich in nahezu allen 13 Deutlich problematischer ist die gegenwärtige Lage für Homosexuelle in Osteuropa, denn viele postkommunistische Staaten sind nach wie vor stark geprägt von Vorurteilen, Diskriminierung und Gewalt gegenüber Homosexuellen.50 Die weit verbreitete Feindlichkeit basiert auf „der Erinnerung an das sozialistische Vater-Mutter-Kind-Modell sowie dem Männlichkeitswahn der Militärs und Diktatoren“51. Die kommunistische Propaganda hatte jahrzehntelang Homosexuelle stigmatisiert. Diese Ansichten hielten sich vor allem dort, wo öffentlicher Diskurs über Jahre hinweg nur begrenzt möglich war.52 Ein weiterer Grund für die Homosexuellenfeindlichkeit ist die stark verwurzelte Religiosität in weiten Teilen Osteuropas. Die einflussreiche katholische und orthodoxe Kirche verbreiten seit Jahrzehnten rigide Moralvorstellungen und predigen, ungeachtet der zunehmenden Akzeptanz in den westlichen Ländern, dass Homosexualität eine Sünde ist, die der menschlichen Natur widerspreche, und nicht von Gott gewollt sei.53 Diese Aspekte führen seitdem zu einer gesellschaftlichen Tabuisierung und Diskriminierung der Homosexuellen. In vielen Nicht-EU-Ländern Osteuropas warten Schwule und Lesben nach wie vor auf einen rechtlichen Diskriminierungsschutz Gleichberechtigung. In den neuen ihrer Sexualität EU-Mitgliedsländern ist sowie auf rechtliche jegliche Form von Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verboten.54 Dies erfolgte in diesen Mitgliedsländern vielfach erst auf Druck der Europäischen Union, die Richtlinien zur Gleichbehandlung beschloss. Seither sind alle EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, diese Richtlinien in nationales Gesetz umzuwandeln. In Ländern, in denen die Religion einen Einfluss auf die Regierung ausübt, steht die Europäische Union oftmals in Konflikt mit der Kirche.55 Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht der rechtlichen und sozialen Gegebenheiten Homosexueller in osteuropäischen Ländern. Diese wurden anhand von insgesamt zwölf Bewertungskategorien mit jeweils fünf positiven und fünf negativen Punkten miteinander verglichen, um sie auf ihre Homosexuellenfreundlichkeit gegenüber schwul-lesbischen Reisenden zu untersuchen. Die Bewertung wurde wie folgt vorgenommen: für jeden 50 Vgl. Euro Topics (2007) Heilmann, A. (2011), S. 175 52 Vgl. Süddeutsche Zeitung (2008) 53 Vgl. Humanistischer Pressedienst (2007) 54 Vgl. Bauer, W. (2009), S. 5 55 Vgl. Nitezki, J. (2011), S. 42 51 14 positiven Aspekt erhielt das jeweilige Land ein Häkchen und somit einen Punkt, für jedes negative Kriterium erhielt das Land ein Kreuz und dadurch Punktabzug. Die Addition der Punkte führt zu Gesamtergebnissen von -3 bis 4 Punkten. Jedoch ist die Abbildung kritisch zu betrachten, denn beispielsweise ist die Legalisierung von Homosexualität hinsichtlich ihrer Gewichtung nicht gleichzusetzen mit eher sekundären Faktoren wie der Öffnung des Adoptionsrechts. Darüber hinaus gibt die Tabelle keinen Aufschluss über aktuelle Entwicklungstendenzen und Perspektiven der Länder. Dennoch bietet sie einen groben Überblick über die rechtliche und gesellschaftliche Situation Homosexueller im osteuropäischen Raum und gibt somit Auskunft über die Homosexuellenfreundlichkeit des jeweiligen Landes. 15 ✓ ✓ ✓ Slowenien 4 ✓ ✓ ✓ ✓ Bulgarien 2 ✓ ✓ ✓ Kroatien 2 ✓ ✓ ✓ ✗ Estland 2 ✓ ✓ ✓ ✗ Ungarn 1 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ Albanien 1 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ Slowakei 1 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ Kosovo 1 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ Lettland 1 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ Bosnien-Herzegowina 1 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ Polen 0 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ Montenegro 0 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ Rumänien 0 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ Serbien 0 ✓ ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ Mazedonien 0 ✓ ✓ ✗ ✗ Litauen -1 ✓ ✓ ✗ ✗ Moldawien -1 ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ Ukraine -1 ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ Weißrussland -1 ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ Russland -3 ✓ ✓ ✗ ✗ ✗ ✓ ✓ Feindlich gesinnte Einheimische Gleichgeschlechtliche Partnerschaften Verbot von Gay Pride Paraden in den letzten Jahren Anti-Diskriminierungsgesetze ✓ Einreisebeschränkungen für HIV-Positive Einheitliches Schutzalter für Hetero- & Homosexualität 4 Religiöse Einflüsse Legalisierung von Homosexualität Tschechien Adoptionsrecht Länder Total Anti-Homosexuellen-Gesetz Tab. 1 Die Homosexuellen-Freundlichkeit osteuropäischer Länder ✗ ✗ ✗ ✗ ✗ ✗ Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gay Travel Index (2012) und Rainbow Europe Country Index (2012) 16 Mit einem Index von 4 Punkten liegen die Länder Tschechien und Slowenien an der Spitze der Tabelle. Das am schlechtesten bewertete Reiseland ist mit -3 Punkten Russland. Um zu verdeutlichen, wie unterschiedlich sich die rechtliche und gesellschaftliche Situation in Osteuropa gestaltet, konzentriert sich der nachkommende Abschnitt auf die folgenden vier Länder: - Tschechien, eines der liberalsten Staaten Osteuropas, - Ungarn, ein Land, das als liberal im Umgang mit Homosexuellen galt, nun aber aufgrund einer neuen Verfassung deren Rechte beschneidet, - Polen, ein Land, das sich gegenüber sexuellen Minderheiten zunehmend toleranter zeigt und - Russland, eines der intolerantesten osteuropäischen Länder im Umgang mit Homosexuellen. Tschechien gilt im Hinblick auf Homosexualität als ein sehr tolerantes Land. Ein Grund für die „liberale Haltung der meisten Tschechen ist der geringe Einfluss der christlichen Kirche auf die überwiegend konfessionslose“ Bevölkerung.56 Die gesellschaftliche Akzeptanz ist nicht nur im Alltag der Hauptstadt Prag spürbar, auch rechtlich sind Homosexuelle in Tschechien deutlich besser gestellt als in den anderen postkommunistischen Staaten. Bereits 1962 wurde Homosexualität in Tschechien legalisiert, die Umsetzung europäischer Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung wurde 2001 im Senat beschlossen und im Jahr 2006 verabschiedete das tschechische Parlament ein Gesetz über eingetragene Lebenspartnerschaften, welches gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit eröffnete, eine rechtlich anerkannte Gemeinschaft einzugehen.57 Auch Ungarn ist im Umgang mit Homosexuellen als ein liberales osteuropäisches Land bekannt. Im Jahr 1971 wurde Homosexualität legalisiert und seit 1997 besteht auf gesetzlicher Ebene ein Antidiskriminierungsgesetz.58 Doch aufgrund der unter der rechtskonservativen Regierung neuen festgeschriebenen Verfassung, die seit Anfang Januar 2012 in Kraft getreten ist, droht sich die Situation für Schwule und Lesben in Ungarn kritisch zu ändern. Zudem sieht ein eingereichter Gesetzentwurf vor, dass Homosexuelle 56 Deutschlandfunk (2011) Ebd. 58 Vgl. Simon, R. und Brooks, A. (2009), S. 94 57 17 bis zu acht Jahren Haft erhalten, wenn sie ihre sexuelle Orientierung in die Öffentlichkeit tragen oder für sie werben. Des Weiteren beinhaltet der Entwurf sowohl ein Verbot zum Betrieb von Szene-Lokalen und der Durchführung von Gay Pride Paraden als auch ein Verbot der positiven Darstellung Homosexueller in den Medien. Das Gesetz soll die christlichen Werte, öffentliche Moral und psychische Verfassung junger Generationen schützen.59 Wesentliche Kritikpunkte der neu in Kraft getretenen Verfassung sind, dass die Unterbindung der Diskriminierung Homosexueller nicht explizit erwähnt wird und auch eine klare Definition der Pressefreiheit fehlt.60 Im traditionell sehr stark katholisch geprägten Polen stößt das Thema Homosexualität auf viele Kontroversen, jedoch wird dieses Thema zunehmend stärker in der Gesellschaft diskutiert. Bereits 1932 wurden homosexuelle Handlungen legalisiert, dennoch galten sie bis 1991 als eingetragene Krankheit. Seit Jahrzehnten kämpfen Schwule und Lesben um die Gleichstellung. Unter der nationalkonservativen Regierung wurde in den Jahren 2005 bis 2007 ein Großteil der Demonstrationen für rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung von den Stadtbehörden verboten aufgrund von möglichen Angriffen seitens religiöser oder rechtextremer Gruppen.61 In den letzten zwei Jahren fanden die Demonstrationen jedoch ohne größere Zwischenfälle statt.62 Im Januar 2012 reichte die sozialdemokratische Opposition einen Gesetzentwurf über die eingetragene Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare ein, der im Juli 2012 vom Rechtsausschuss des polnischen Parlaments abgelehnt wurde. Die Regierung kündigte jedoch an, im Parlament eine Ausweitung des Gesetzes gegen Verhetzung einzubringen, sodass künftig auch homosexuellenfeindliche Äußerungen gesetzlich unter Strafe gestellt werden sollen.63 In weiten Teilen der Bevölkerung fehlt es nach wie vor an gesellschaftlicher Akzeptanz, nichtsdestotrotz hat sich die Situation in Polen bereits zunehmend verbessert, auch wenn der Prozess vielerorts nur langsam voranschreitet. Insbesondere in den Großstädten ist die 59 Vgl. Vgl. 61 Vgl. 62 Vgl. 63 Vgl. 60 Queer (2012a) Deutsche AIDS-Hilfe (2011) Jurek, D. (2006), S. 3-4 Das Polen Magazin (2009) Queer (2012b) 18 polnische Bevölkerung gegenüber sexuellen Minderheiten in den vergangenen zwei Jahren toleranter geworden.64 In Russland begegnen Staat und Gesellschaft Homosexuellen mit großer Ablehnung und Inakzeptanz, denn Homosexualität ist in der russischen Gesellschaft mit starken Vorurteilen behaftet und entsprechend tabuisiert. Russland gehört in Bezug auf Homosexualität zu den intolerantesten Ländern Osteuropas. Bis 1993 wurde Homosexualität noch unter Strafe gestellt und galt bis 1999 als Geisteskrankheit. Aus Angst vor Übergriffen und Verfolgungen lebt ein Großteil der homosexuellen Bevölkerung bis heute in ihrer Gemeinschaft isoliert.65 Der Höhenflug rechtsgerichteter Parteien und Bewegungen in Russland wird zudem ein zunehmendes Problem, denn dadurch werden Ressentiments gegen Minderheiten zusätzlich geschürt.66 In Sankt-Petersburg, der zweitgrößten Stadt Russlands, ist seit Ende Februar 2012 ein umstrittenes Gesetz in Kraft getreten, welches Propaganda von Homosexualität gegenüber Minderjährigen und das Demonstrieren Homosexueller unter Strafe stellt. Wer sich nicht an dieses Gesetz hält, muss mit einer Festnahme oder Geldstrafe von bis zu mehreren Tausend Euro rechnen.67 Im Juni 2012 beschloss das höchste Moskauer Gericht ein hundertjähriges Verbot von jeglicher Gay Pride Parade in Moskau.68 Offiziell begründet werden diese Verbote mit dem Schutz von Kindern sowie traditioneller Werte.69 Die Einführung der Verordnung hat heftige Kritik von Menschenrechts- und LGBT Organisationen ausgelöst aufgrund der Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit von Minderheiten sowie des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Obgleich Homosexualität in Russland straffrei ist, schränkt dieses Gesetz die „Entfaltungsmöglichkeiten homosexueller Bürger und den Einsatz für ein tolerantes Miteinander in der Gesellschaft massiv ein“70. Auch das Europäische Parlament zeigte sich Ende Mai 2012 besorgt über die jüngsten Entwicklungen in Russland. EU-Abgeordnete forderten den Europarat auf zu überprüfen, ob diese Gesetze mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sind. Dem russischen 64 Vgl. Polen – Offizielles Tourismusportal (2011) Vgl. Süddeutsche Zeitung (2012) 66 Vgl. Think Outside Your Box (2011) 67 Vgl. Auswärtiges Amt Deutschland (2012) 68 Vgl. BBC News Europe (2012) 69 Vgl. Euronews (2012) 70 BOX Online (2012a) 65 19 Parlament liegt bereits ein Entwurf über ein gleichartiges Gesetz für ganz Russland vor.71 Der Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Markus Löning, kritisiert die Lage für Homosexuelle in Osteuropa, insbesondere in Russland. Fortschritte sieht er hingegen in den anderen osteuropäischen EU-Staaten. Die Lage ist bislang nicht zufriedenstellend, aber es ist Bewegung zu erkennen in Form von gesellschaftlicher Auseinandersetzung und einer schrittweisen Verbesserung der gesetzlichen Situation. In vielen anderen Ländern Osteuropas fehlt es hingegen noch an gesellschaftlicher Akzeptanz.72 3.4 Schwul-lesbische Infrastruktur in Osteuropa In den 1960er Jahren entwickelten sich in den westeuropäischen Großstädten wie Amsterdam homosexuelle Subkulturen, die aus einzelnen Cafés und Bars entstanden. In vielen weiteren liberalen Metropolen entwickelten sich nach und nach Straßen mit Geschäften und Einrichtungen, ausgerichtet auf das homosexuelle Publikum, bis hin zu homosexuellen Stadtteilen.73 Inzwischen zählen zu den meistgefragtesten westeuropäischen Reisezielen unter anderem Berlin, London, Amsterdam, Paris, Antwerpen, Kopenhagen, Barcelona, Gran Canaria, Mykonos und Ibiza.74 Dieser Emanzipationsprozess der sechziger Jahre konnte hingegen in den osteuropäischpostkommunistischen Ländern nicht stattfinden. Auch nach der politischen Wende in den neunziger Jahren vollzog sich die Entwicklung einer schwul-lesbischen Infrastruktur nur langsam, denn nach dem Wegfall der kommunistischen Ideologie versuchten diese Staaten, diese Lücke durch die Rückbesinnung auf ihre jeweiligen Kirchen zu füllen.75 Angesichts der in weiten Teilen stark verwurzelten Religiosität bieten heute nur osteuropäische Großstädte oder touristische Zentren mit einer Vielzahl an Besuchern aus westlichen Ländern größere Freiräume für homosexuelle Reisende, wohingegen abseits der Großstädte die Werte der Kirche und das klassische Familienbild weiterhin stark verankert sind.76 Seit 71 Vgl. Vgl. 73 Vgl. 74 Vgl. 75 Vgl. 76 Vgl. 72 Deutsche Welle (2012) Greenpeace Magazin (2012) Hertling, T. (2011), S. 126 Waitt, G. and Markwell, K. (2006), S. 87 BOX Online (2012b) Greenpeace Magazin (2012) 20 der Legalisierung der Homosexualität und dem Inkrafttreten der Anti- diskriminierungsgesetze sowie der steigenden Sensibilisierung für LGBT-Themen entwickelten sich nach und nach schwul-lesbische Infrastrukturen, die je nach gesellschaftlicher Toleranz gegenüber Homosexuellen mehr oder minder ausgeprägt sind. Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Auswahl von Reiseziele Osteuropas, die anhand einer Länderauflistung des Europäischen Gay Guides „Gay Europe“ vorgenommen wurde, und gibt einen Überblick über die auf das schwul-lesbische Publikum ausgerichtete Infrastruktur. 21 Tab. 2 Die schwul-lesbische Infrastruktur in osteuropäischen Ländern Länder Städte LGBT Organisationen Schwul-lesbische Szene Gay Hotels Gay Events 2012 Bulgarien: Sofia LGBT Youth Organization Deystvie Scotty’s Boutique Hotel Sofia Pride Kroatien: Zagreb, Dubrovnik Croatian LGBT Organisation Iskorak, Lesbian Group Kontra, Lesbian Group Domine Lambda Warsaw Association, Campaign Against Homophobia sehr übersichtliche Szene, einige wenige Clubs und Bars, aber wachsend kleine, aber sich stetig entwickelnde Szene Gay Farmhouse Gloria Zagreb Pride, Queer Zagreb Festival, Split Pride kleine, überschaubare Szene, diskret, abwechslungsreich keine vorhanden keine vorhanden Warsaw Pride (auch Equality Parade), March of Tolerance Krakow Moscow Pride, Russian LGBT Film Fest Polen: Warschau, Krakau Russland: Moskau, Sankt Petersburg Tschechien: Prag Coming Out, GayRussia, Russian LGBT Network, LGBT Equality STUD Brno große Schwulenszene im Verborgenen, Underground Nachtleben ausgeprägte Infrastruktur mit zahlreichen Szenelokalen, Gay Saunas, lebendige Schwulen- und Lesbenszene Ungarn: Budapest Háttér Support Society for LGBT People überschaubare Szene, einige Lokale in verschiedenen Distrikten verteilt, zunehmend im Verborgenen Gay Hotel Villa Mansland, Gay Hotel RainbowInn, Gay Club Hotel Heaven keine vorhanden Prague Pride, Mezipatra Queer Film Festival, Gay Football Galibi Cup Budapest Pride, LGBT Film and Cultural Festival, Gay and Lesbian Sport Championships EuroGames, Budapest Bears Weekend Quelle: Eigene Darstellung In keiner postkommunistischen Stadt Osteuropas ist die schwul-lesbische Infrastruktur so ausgeprägt wie in der tschechischen Hauptstadt Prag. Sie gilt als ein internationaler Anziehungspunkt für homosexuelle Touristen. Aufgrund der liberalen Einstellung der Tschechen gegenüber Homosexuellen konnte sich eine beachtliche schwul-lesbische Szene 22 entwickeln. Besonders der Stadtteil Vinohrady ist bekannt für seine lebendige Schwulenszene mit zahlreichen Lokalitäten und einigen Unterkünften, die speziell auf das homosexuelle Publikum ausgerichtet sind.77 Auch die ungarische Hauptstadt Budapest hat sich in den letzten Jahren als beliebtes Reiseziel in Osteuropa etabliert. Jedoch wird das Ansehen derzeit aufgrund der rechtsnationalen Regierung deutlich geschwächt. Die aktuellen politischen Entwicklungen sind nicht förderlich für die homosexuelle Szene. Die schwul-lesbische Infrastruktur ist überschaubar, einige Lokalitäten haben sich in den vergangenen Jahren auf homosexuelle Kunden ausgerichtet, darunter auch Gay Saunen und mehrere Gay Bars. Insbesondere die Gay Events wie der „Budapest Pride“ und die 78 „EuroGames“ locken zahlreiche homosexuelle Touristen in die Stadt. Im Vergleich zu Prag und Budapest ist der Gay Tourismus in Polens Großstädten Warschau und Krakau bislang sehr schwach ausgeprägt. Ein nicht unbedeutender Grund dafür ist der große Einfluss der katholischen Kirche auf die polnische Bevölkerung. In den letzten zwei Jahren ist die Bevölkerung in den Großstädten jedoch stetig toleranter gegenüber sexuellen Minderheiten geworden. Zudem zeigt sich in beiden Großstädten eine zunehmende Anzahl an lesben- und schwulenfreundlichen Lokalitäten.79 In Russland, einem der intolerantesten Länder Osteuropas, konzentriert sich die schwul-lesbische Szene in der Hauptstadt Moskau sowie in der zweitgrößten Stadt Sankt Petersburg und verfügt über eine beachtliche Größe trotz der gesellschaftlichen Intoleranz im Land. Doch lebt die Gemeinschaft ihre Homosexualität überwiegend im Verborgenen, denn aus Angst vor Ausgrenzung und Diskriminierungen bekennt sich die Vielzahl der einheimischen Homosexuellen in der Öffentlichkeit nicht zu ihrer Homosexualität.80 Es existieren wenige Szene-Lokalitäten im Untergrund der beiden Großstädte sowie einige aktive Organisationen, die sich für die Rechte der homosexuellen Bevölkerung einsetzen. Vor nicht allzu langer Zeit fanden Gay Paraden und Festivals in Sankt Petersburg statt, die aufgrund der derzeitigen politischen Umstände nicht denkbar sind.81 Der diesjährige „Moscow Pride“ wurde frühzeitig von der Polizei aufgelöst, nachdem orthodoxe Christen auf die Teilnehmer losgegangen sind.82 Von 77 Vgl. Vgl. 79 Vgl. 80 Vgl. 81 Vgl. 82 Vgl. 78 Radio Praha (2010) Budapest Gay Guide (2012) Polen – Offizielles Tourismusportal (2011) Spiegel Online (2012) European Country of Origin Information Network (2010) Queeramnesty (2012) 23 einem angesehenen Reiseziel für homosexuelle Touristen sind Moskau und Sankt Petersburg angesichts der großen Intoleranz sowie weit verbreitenden Homophobie und aufgrund des fehlenden schwul-lesbischen Angebots noch weit entfernt. Für Russlands staatliche Tourismusagentur „Rosturism“ macht es folglich derzeit wenig Sinn für das LGBT Segment zu werben. In Anbetracht der fehlenden Freiräume für Homosexuelle, ihre sexuelle Identität frei ausleben zu können sowie der fehlenden Entfaltungsmöglichkeiten, kann es hingegen anderen Destinationen lukrativ erscheinen, gezielt um Schwule und Lesben in Russland zu werben. Jedoch ist zunächst eine umfassende Analyse der relevanten Einflussfaktoren und Markteintrittsbarrieren erforderlich, um die Attraktivität des Marktes zu beurteilen. 4. Strategische Erschließung des Gay Marktsegments in Osteuropa 4.1 Gay Marketing Marketing kann allgemein definiert werden als absatzorientierte Unternehmensführung, die alle Unternehmensaktivitäten systematisch und wirksam an den Bedürfnissen der Abnehmer ausrichtet, um dadurch das Erreichen der Unternehmensziele zu gewährleisten. Auch für eine Destination führt der Weg zur langfristigen Existenzsicherung mit Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit über die konsequente Kundenorientierung.83 Marketing-Maßnahmen, Homosexuellen die ausgerichtet zielgruppenspezifisch sind, um einen auf neuen die Kundengruppe Absatzmarkt zu der schaffen beziehungsweise das Kaufpotenzial dieser Zielgruppe zu nutzen, werden unter dem Überbegriff Gay Marketing zusammengefasst. Eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung von Gay Marketing-Maßnahmen ist das Schaffen von Verantwortlichkeit. In großen Unternehmen gibt es deshalb einen eigens für das LGBT Segment verantwortlichen Angestellten, um speziell auf dieses Segment ausgerichtete Produkte zu kreieren und zu vermarkten.84 Die Grundlage für eine erfolgreiche zielgerichtete Marktbearbeitung ist ein fundiertes strategisches Marketing-Konzept.85 83 Vgl. Bieger, T. (2008), S. 157 Vgl. Guaracino, J. (2007), S. 131 85 Vgl. Bieger, T. (2008), S. 165 84 24 4.2 Marketing-Konzeption Die Hauptaufgabe einer Marketing-Konzeption ist es, alle markt- und kundenrelevanten Maßnahmen zu planen, zu gestalten und umzusetzen.86 Sie ist ein schlüssiger, ganzheitlicher Handlungsplan, der sich auf der Basis einer umfassenden Umweltanalyse an definierten Zielen orientiert, für ihre Realisierung adäquate Strategien wählt und auf ihrer Grundlage die geeigneten Marketinginstrumente festlegt. Die folgende Abbildung veranschaulicht die drei Konzeptionsebenen, die aufeinanderfolgende Teilstufen eines konzeptionellen Gesamtprozesses sind.87 Abb. 1 Aufbau einer Marketing-Konzeption Charakteristika Bildlicher Vergleich MarketingZiele Philosophie Marketing-Strategien Struktur Route/Weg Marketing-Mix Prozess Beförderungsmittel Zielort Quelle: Freyer (2009), S. 313 Wenn sich eine Destination glaubwürdig im Gay Marktsegment positionieren und homosexuelle Kunden präzise erreichen will, ist eine Integration der Zielgruppe in die Marketing-Konzeption unabdingbar. Dabei sollten homosexuelle Kunden als definierte Zielgruppe in die einzelnen Märkte mit einbezogen werden und eine Anpassung der Marketing-Maßnahmen erfolgen.88 Zu den wesentlichen Bestandteilen einer Marketing- 86 Vgl. Becker, J. (2001), S. 822 Ebd., S. 5 88 Vgl. Gay Travel Alliance (2012) 87 25 Konzeption zählen die Situationsanalyse, die Marketing-Ziele, die Marketing-Strategie und die Marketing-Mix-Komponenten. Die Erstellung einer jeden Marketing-Konzeption beginnt mit der Analyse der relevanten Einflussfaktoren auf das Marketing-Vorhaben.89 4.2.1 Analyse der Einflussfaktoren Strategische Entscheidungen basieren stets auf den externen Umweltbedingungen des Unternehmens. Diese Umwelt birgt viele Chancen und Risiken für die gegenwärtigen und zukünftigen Marketing-Vorhaben des Unternehmens, die im Rahmen der Umweltanalyse rechtzeitig herauszufinden sind. Die Umweltanalyse konzentriert sich auf die Einflussfaktoren, die im Hinblick auf die Entscheidungsfindung relevant sind. Die Umwelt eines Unternehmens kann in eine weite landesspezifische Makro-Umwelt und in eine enge branchenspezifische Mikro-Umwelt unterteilt werden. Die Makro-Umwelt wird durch die fünf Komponenten Gesellschaft, Politik/Recht, Gesamtwirtschaft, Technologie und Ökologie definiert, die vom Unternehmen weder beeinflusst noch gesteuert werden können. Die Mikro-Umwelt umfasst die unmittelbare wirtschaftliche Umgebung eines Unternehmens, die hauptsächlich bestimmt wird durch die Kunden und Wettbewerber. Auch das eigene Unternehmen stellt einen wichtigen Einflussfaktor dar und sollte umfassend analysiert werden. 90 Bei der Betrachtung des eigenen Unternehmens mit Blick auf das Gay Marketing sollte in erster Linie untersucht werden, wie groß der Anteil homosexueller Touristen aus dem osteuropäischen Quellmarkt ist, der erschlossen werden soll, und ob sich das Segment hinsichtlich der Größe, Erreichbarkeit und Wirtschaftlichkeit als Zielgruppe eignet.91 Zudem sollte mit Hilfe einer Erhebung von statistischem Datenmaterial zur Zielgruppe die Beschaffenheit des schwul-lesbischen Marktsegments in dem osteuropäischen Land analysiert werden. Weiterhin stellt die Prüfung des eigenen Angebots auf Kompatibilität mit der homosexuellen Zielgruppe eine unbedingt erforderliche Grundlagenarbeit dar. Nur wenn das eigene Angebot kompatibel ist mit der Zielgruppe und die Markenwelt mit den Werten des schwul-lesbischen Segments in Einklang 89 Vgl. Vgl. 91 Vgl. 92 Vgl. 90 steht, kann eine Erschließung Becker, J. (2001), S. 11 Lippold, D. (2012), S. 15-16 Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 208 Marketing Planet (2004) der Zielgruppe erfolgreich sein.92 26 Tourismusorganisationen sollten sich darüber hinaus fragen, ob homosexuelle Reisende in der Destination willkommen geheißen werden.93 Für den Markteintritt in Osteuropa stellt auch die Wettbewerbssituation einen relevanten Faktor dar. Insbesondere die Frage, ob andere Destinationen bereits homosexuelle Marktsegmente bearbeiten, kann wesentlicher Antrieb sein, sich diesem Thema ein zuzuwenden. Schließlich sollten insbesondere die relevanten externen Einflussfaktoren vor dem Markteintritt untersucht werden, denn die Rahmenbedingungen der osteuropäischen Länder unterscheiden sich zum Teil sehr von denen der Länder in Westeuropa. Für Destinationen, die bislang nur in westeuropäischen Quellmärkten im Gay Segment tätig waren und nun auch ihr Marketing in die Märkte Osteuropas ausdehnen wollen, ist es unumgänglich, Einflussfaktoren wie die politisch-rechtliche Situation und die gesellschaftliche Struktur eingehend zu analysieren, denn die speziellen Gegebenheiten, insbesondere in Bezug auf das Thema Homosexualität, erfordern eine spezifische Ausrichtung des Marketing für einen möglichst risikoarmen Eintritt in diese Märkte.94 Für den tschechischen Markt beispielsweise können MarketingMaßnahmen weitgehend übernommen werden aufgrund der ähnlichen Rahmenbedingungen wie in den Ländern Westeuropas, hingegen ist beim Markteintritt in Polen oder Russland eine Anpassung des zielgruppenspezifischen Marketing an die lokalen Marktgegebenheiten unabdingbar. Nach der umfassenden Analyse aller relevanten Einflussfaktoren sind auf dieser Informationsgrundlage im Folgenden die Marketing-Ziele und die Ziel-Märkte zu bestimmen. 4.2.2 Marketing-Ziele Bei der Erstellung einer Marketing-Konzeption kommt der Festlegung der Ziele eine große Bedeutung zu. Anhand eindeutig formulierter Ziele können die richtigen Strategien, Mittel und Maßnahmen ausgewählt und deren Erfolge bzw. Misserfolge beurteilt werden.95 Zur Formulierung der ökonomischen sowie psychologischen Ziele gehört auch eine Definition der Zeithorizonte. Die Zielfestsetzungen erfolgen für die jeweils ausgewählten Marktsegmente beziehungsweise Zielgruppen. Für das Erschließen des Gay Segments in osteuropäischen Quellmärkten empfiehlt sich, schrittweise höhere Ziele anzustreben. Für 93 Vgl. Schneider-Lindbergh, C. (2008), S. 10 Vgl. Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 209-210 95 Vgl. Luft, H. (2007), S. 276 94 27 den ersten festgelegten Zeithorizont der Konzeption sollte die Zielsetzung darin bestehen, die Destination in der homosexuellen Zielgruppe des Quellmarktes bekannt zu machen und Vertrauen aufzubauen. Homosexuelle Konsumenten zeigen oftmals eine kritische Grundhaltung und warten tendenziell länger, bis sie Vertrauen schöpfen. Daher ist es wichtig, keinen kurzfristigen Zeithorizont für die Zielerreichung zu definieren. Nur über ein dauerhaftes Engagement wird die Zielgruppe von der Ernsthaftigkeit des Interesses und der Glaubwürdigkeit zu überzeugen sein.96 Für darauffolgende festgelegte Zeithorizonte sollte das Ziel angestrebt werden, die Destination mit zielgruppenspezifischen Produkten im Bewusstsein des Gay Marktsegments zu verankern und ihr Kaufinteresse für das touristische Produkt zu wecken. Wenn sich die Destination im Laufe der Jahre im Marktsegment erfolgreich etablieren konnte, sollte die nachhaltige Kundenbindung ein zentrales Ziel sein. Dabei besteht ein enger Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit, denn diese erhöht die Bindung des Segments an die Destination. Zum Umfang der Zeithorizonte in der nächsten Konzeptionsphase wird festgelegt, wie die vereinbarten Ziele erreicht werden sollen. 4.2.3 Marketing-Strategien Marketing-Strategien sind ein zentrales Bindeglied zwischen den festgelegten MarketingZielen sowie den operativen Maßnahmen und legen die mittel- bis langfristigen Schwerpunkte in der Marktbearbeitung fest.97 Zahlreiche westeuropäische Destinationen verfolgen bereits Strategien, bei denen Schwule und Lesben in das bestehende Marketing integriert sind, jedoch noch nicht in den osteuropäischen Quellmärkten. Wie bereits aufgeführt wurde, ist Gay Marketing eine Form des Zielgruppenmarketing, bei der die Marketing-Maßnahmen zielgruppenspezifisch auf die homosexuelle Kundengruppe ausgerichtet sind. In Bezug auf die Marktbearbeitungsstrategie im Gay Segment in osteuropäischen Quellmärkten fällt die Entscheidung daher auf die differenzierte, kundenorientierte Marktbearbeitung, bei der die einzelnen Marktsegmente eines Gesamtmarktes mit zielgruppenspezifischen Marketing-Maßnahmen bearbeitet werden. Auf diese Weise wird den Bedürfnis- und Präferenzstrukturen der einzelnen Zielgruppe in 96 97 Vgl. Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 211 Vgl. Bieger, T. (2008), S. 166 28 hohem Maße entsprochen.98 Da auch die homosexuelle Zielgruppe in ihrer Gesamtheit eine heterogene Kundengruppe darstellt, ist im Rahmen der Marktbearbeitung eine Marktsegmentierung durchaus denkbar, beispielsweise eine Segmentierung anhand von demografischen Kriterien wie etwa dem Geschlecht. Den wenigen Studien zufolge, die sich explizit mit der lesbischen Zielgruppe auseinandergesetzt haben, unterscheidet sich das Konsum- sowie Reiseverhalten der Lesben sehr von dem der schwulen Zielgruppe.99 Eine weitere vorstellbare Segmentierung für das Gay Segment kann beispielsweise nach Werthaltung oder Lebensstil erfolgen.100 Das Ziel der Marktsegmentierung ist, einen möglichst hohen Identitätsgrad zwischen dem touristischen Produkt und den Bedürfnissen der Zielgruppe zu erreichen.101 Sobald die für die Destination und ihre Produkte attraktivste Zielgruppe innerhalb des Gay Segments identifiziert wurde, folgt die Überlegung, ob die ausgewählte homosexuelle Kundengruppe in der Marketing-Strategie als Teil des Gesamtmarktes oder als separate Zielgruppe angesehen wird. Darüber hinaus ist bezüglich der Marketing-Inhalte zu entscheiden, ob die Ansprache durch explizit homosexuelle Botschaften oder neutrale Botschaften erfolgt.102 Neben diesen beiden Varianten sind außerdem Botschaften mit Codierungen denkbar wie beispielsweise eine Regenbogenflagge, ein rosa Dreieck oder eine griechisches Lambda, deren Bedeutung zunächst nur der homosexuellen Zielgruppe bekannt ist (Symbolik im Anhang beigefügt). In den Ländern Osteuropas, in denen aufgrund der gesellschaftlichen Inakzeptanz gegenüber dem Thema Homosexualität Konfliktpotenziale auftreten können, bietet sich eine codierte Ansprache im Mainstream oder eine gezielte Bearbeitung an, sodass keine heterosexuelle Konsumenten abgeschreckt werden, die eine gezielte Ansprache von Homosexuellen nicht positiv aufnehmen.103 Die integrative Strategie bietet sich hingegen in osteuropäischen Ländern an, in denen ein sehr tolerantes Klima herrscht und Homosexuelle weitgehend als Teil der Gesellschaft akzeptiert werden. 98 Vgl. Russ-Mohl, C. (2007), S. 24 Vgl. Ballegaard, N. und Chor, J. (2009), S. 12 100 Vgl. Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 48 101 Vgl. Luft, H. (2007), S. 281-282 102 Vgl. Groß, V. (2009), S. 4 103 Vgl. Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 16-26 99 29 Die nachfolgende Tabelle geht konkreter auf die Realisierung der schrittweise angestrebten Ziele für die Erschließung des Gay Segments in Osteuropa ein, indem geeignete Strategien mit Fokus auf die Kommunikationspolitik dargelegt werden. Tab. 3 Strategische Umsetzung der Marketing-Ziele Marketing-Ziele Bekanntmachung der Destination im Gay Segment in Osteuropa und Aufbau von Vertrauen und Glaubwürdigkeit Marketing-Strategie mit Fokus auf Kommunikation - - Verankerung im Bewusstsein der Destination und Wecken von Interesse sowie Auslösen von Kaufimpulsen - Bindung des bestehenden homosexuellen Kundenkreises - Auswahl von Sponsorships mit strategisch geeigneten Events, Unternehmen und Organisationen Gewinnung von Cross-Marketing-Partnern (etablierte Organisationen) Planung von regelmäßigen Promotion-Aktionen auf Gay Events Gewinnung von Medienpartnern zur Platzierung in der Öffentlichkeitsarbeit regelmäßige Platzierungen in den Printmedien Konzeption des Unternehmensauftritts in sozialen Netzwerken wie Facebook zur Netzwerkbildung Gestaltung von Banner-Werbung und Platzierung auf oft frequentierten Portalen Planung von Auftritten auf Touristik-Messen Planung regelmäßiger Direct Mailing-Aktionen zu besonderen Anlässen regelmäßige Vermarktung von Gay Events in den Quellmärkten Quelle: Eigene Darstellung Eine Anpassung der Strategien an die jeweiligen spezifischen Gegebenheiten in den Ländern Osteuropas ist dringend erforderlich. Auf die einzelnen Instrumente der Marktbearbeitung wird im nachfolgenden Abschnitt näher eingegangen. 30 4.2.4 Kommunikationspolitik im Marketing-Mix Mit Hilfe der Marketing-Instrumente werden im Rahmen des operativen Marketing die Strategien umgesetzt.104 In Bezug auf einen geeigneten Marketing-Mix ist eine Tourismusorganisation nur in gewissem Maße einflussreich, denn viele Instrumente des Marketing werden ausschließlich durch die einzelnen touristischen Anbieter gesteuert. Dies trifft insbesondere für die Produkt-, Preis und Distributionspolitik zu. Im Gegensatz dazu ist der Einfluss der Tourismusorganisation in der Kommunikationspolitik von größerer Bedeutung.105 Deshalb fokussiert sich dieser Abschnitt ausschließlich auf die Marktkommunikation einer Destination. Unter Kommunikationspolitik versteht man in grundlegender Betrachtung den Einsatz von unterschiedlichen Instrumenten des Marketing, die alle gemeinsam die Aufgabe haben, Kontakt zu den potenziellen Kunden herzustellen, Informationen über die Leistungsbereitschaft zu vermitteln, eine Beziehung zur Öffentlichkeit herzustellen und zu konkreten Käufen und Reisen anzuregen.106 Im Rahmen des Gay Marketing stellt die Kommunikationspolitik einen bedeutenden Faktor dar. Durch die Kommunikation signalisiert die Destination der Zielgruppe, dass es ein klares Interesse an homosexuellen Kunden hat. Dabei sollte insbesondere auf die folgenden Aspekte geachtet werden, die bei der Ansprache der Zielgruppe entscheidend für den Erfolg sind: Glaubwürdigkeit, Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit.107 Im Nachfolgenden werden die wichtigsten Kommunikationsinstrumente und ihre Funktionsweise im Kontext des Gay Marketing vorgestellt. Printmedien Im Gay Marketing gelten die Printmedien als das wichtigste Instrument der klassischen Werbung. Print-Anzeigen für die schwul-lesbische Zielgruppe können in Mainstream- oder Szene-Publikationen zielgruppenspezifischen geschaltet werden. Printmedien Beim können Platzieren Streuverluste der Anzeige und in negative Ausstrahlungseffekte auf andere Segmente vermieden werden. Dies ist ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl der Medien für die osteuropäischen Märkte. Hingegen nutzt ein Großteil der Homosexuellen Massen-, Fach- und Special-Interest-Medien. Um diese 104 Vgl. Vgl. 106 Vgl. 107 Vgl. 105 Bieger, Bieger, Freyer, Stuber, T. (2008), S. 192 T. (2008), S. 70 W. (2009), S. 552 M. und Iltgen, A. (2002), S. 138 31 Konsumenten zu erreichen, ist eine Zielgruppenansprache in den aufgeführten Medien unabdingbar. Jedoch sind dadurch die Streuverluste höher und die Anzeige sollte auf eine breitere Zielgruppe ausgelegt werden. Möglichkeiten wie die Codierung stellen in diesem Falle eine Option dar.108 Sponsoring Sponsoring von gezielt ausgewählten Events, Organisationen und Aktivitäten ist eine viel versprechende Maßnahme als Eintrittsstrategie in das Gay Segment. SponsoringMaßnahmen eignen sich besonders gut, um das Engagement für die homosexuelle Zielgruppe zu vermitteln sowie um die Aufmerksamkeit und Vertrauen der Zielgruppe zu gewinnen. Neben dem Sponsoring von Veranstaltungen können auch politische, soziale oder kulturelle Vereinigungen beziehungsweise Organisationen gesponsert werden. Die Sponsoring-Aktivitäten sollten durch weitere Kommunikationsmaßnahmen unterstützt werden, sodass ein hinreichender Bekanntheitsgrad erreicht wird. Zudem sollten die Aktivitäten kontinuierlich betrieben werden aufgrund der Tatsache, dass Einzelaktionen nur eine geringe Wahrnehmung erfahren.109 Im Gegensatz zur klassischen Werbung vermittelt Sponsoring Inhalte, indem die homosexuelle Zielgruppe aktive Unterstützung für politische Forderungen, Spaß oder Sport erhält. Die Destination kontaktiert die Zielgruppe dort, wo ihre wahren Interessen liegen.110 Event-Marketing Nicht selten wird heutzutage im Tourismus auf Event-Marketing gesetzt. Durch die emotionale Ausrichtung von Events wird insbesondere die Glaubwürdigkeit der Marke betont und dadurch Vertrauen aufgebaut. Die Idee dabei ist, das Event als Plattform und Anknüpfungspunkt für Kommunikationsmaßnahmen zu nutzen und mit möglichst vielen potenziellen Konsumenten direkt in Kontakt zu treten.111 Das größte und bedeutendste Gay Event ist der Christopher-Street-Day, auch Gay Pride Paraden oder Regenbogenparade genannt, der in zahlreichen Metropolen weltweit veranstaltet wird. Aufgrund der 108 Vgl. Vgl. 110 Vgl. 111 Vgl. 109 Groß, V. (2009), S. 45 Groß, V. (2009), S. 47-48 Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 152-153 Bieger, T. (2008), S. 206 32 internationalen Bekanntheit bietet dieses Event Reichweiten, die außerhalb jedes Printmediums liegen. Die Möglichkeiten der Zielgruppenansprache sind vielfältig: Es kann mit Ständen, Bannern, Flyern, Give-Aways oder auch mit eigenem Paradewagen geworben werden. Die Destination vermittelt auf diese Weise, keine Berührungsängste mit der homosexuellen Zielgruppe zu haben, und macht sich dabei in einer entspannten Atmosphäre bei der Kundengruppe bekannt.112 Neben dem Christopher Street Day locken auch internationale Sport-Events wie die EuroGames oder Gay Film Festivals Schwule und Lesben in die europäischen Metropolen.113 In Bezug auf Osteuropa sollte bei der Wahl der Gay Events in den Quellmärkten darauf geachtet werden, dass das Event weitgehend in der Gesellschaft akzeptiert ist und es nicht zu Auseinandersetzungen mit der Bevölkerung kommt, denn während die Paraden und ähnliche Umzüge in westeuropäischen Großstädten längst anerkannte Volksfeste sind, sind sie in einigen Städten Osteuropas keine Selbstverständlichkeit. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Unter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit fällt die indirekte, zumeist nicht bezahlte Kommunikation der Destination mit den Medien, mit dem Ziel zu informieren, Vertrauen auszubauen, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen und zum Besuch der Destination anzuregen. Im Bereich des Gay Marketing stellt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ein besonders wichtiges Instrument dar, denn auf diesem Wege macht die Destination ihr Engagement in der Zielgruppe öffentlich und insofern glaubhaft. Die Medien entscheiden selbst über den Zeitpunkt und die Form der Informationsweitergabe, wodurch die Glaubwürdigkeit für den Empfänger der Information erhöht wird, denn dem Bericht des Medienvertreters wird mehr Vertrauen entgegengebracht als einer bezahlten Anzeige.114 Werbekooperationen Werbekooperationen, auch Cross Marketing genannt, mit Partnern aus anderen Branchen der Wirtschaft bieten sich als interessante Möglichkeit im Gay Marketing an. Die Werbekooperation entsteht durch die Kommunikation eines partnerschaftlichen Auftritts. 112 Vgl. Groß, V. (2009), S. 48 Vgl. Schnake, A. (2007), S. 63 114 Vgl. Seufert, G., Haimayer, P. und Strobl, M. (2006), S. 63 113 33 Es ist darauf zu achten, dass die Partnerfirma und deren Produkte zur homosexuellen Zielgruppe passen.115 Die Destination sucht sich dabei Partner, die im besten Falle einen Zugang zur Kundengruppe bieten wie beispielsweise schwul-lesbische Unternehmen oder Medien, Verbände oder andere Non-Profit-Organisationen der Community. Die Glaubwürdigkeit kann durch Werbekooperationen wesentlich gestärkt werden. Schwullesbische Organisationen und Medien verfügen über einen relativ großen Einfluss auf homosexuelle Kunden, da sie für Transparenz und Bewusstsein sorgen und sich dafür einsetzen, dass sich die Lebensqualität der Homosexuellen stetig verbessert. Als denkbare Kooperationspartner für Marketing-Aktivitäten können AIDS-Hilfen oder CSD Vereine dienen, die beispielsweise mit den jeweiligen Logos in den entsprechenden Werbeflyer integriert werden.116 Internetwerbung Das Internet hat in der Kommunikation im Gay Marketing einen wesentlichen Platz eingenommen, denn die schwul-lesbische Zielgruppe besitzt eine besonders hohe Affinität zum Internet und eine ausgeprägte Bereitschaft, touristische Informationen über das Internet abzurufen. Die Markt-Kommunikation über das Internet kann über das eigene Portal, über Fan-Pages in sozialen Netzwerken oder über Banner-Werbung geschehen. Die Navigation des Internet-Portals kann so gestaltet werden, dass die homosexuellen Nutzer beispielsweise durch eine eigene Rubrik schnell auf die für sie relevanten Inhalte zugreifen können. Die alleinige Nutzung des eigenen Portals ist jedoch nur begrenzt ausreichend; die Internetseite sollte zudem mit Banner-Werbung auf zielgruppenspezifischen Internetseiten verknüpft sein, sodass die homosexuelle Zielgruppe auf das eigene Internet-Portal geleitet wird.117 Die Online-Kommunikation über Fan-Pages in sozialen Netzwerken stellt einen immer wichtiger werdenden Bestandteil dar, denn über eine Fan-Page wird die Möglichkeit geboten, Neuigkeiten mitzuteilen und vor allem mit homosexuellen Kunden in Kontakt zu kommen. 115 Vgl. Seufert, G., Haimayer, P. und Strobl, M. (2006), S. 64 Vgl. Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 161-163 117 Vgl. Groß, V. (2009), S. 49 116 34 Verkaufsförderung Unter Verkaufsförderung versteht man die zielgerichtete, oft persönliche Kommunikation, die zum Kauf eines Produktes ermuntern soll. Eine Form der Verkaufsförderung ist die direkte Ansprache von Endkunden am Ort des Verkaufs wie beispielsweise auf Besuchermessen.118 Internationale Messen bieten eine gute Möglichkeit, um sich im Bewusstsein der Zielgruppe zu verankern und ein konkretes Kaufinteresse zu wecken. Es besteht zum einen die Möglichkeit, auf Touristik-Messen in den jeweiligen osteuropäischen Quellmärkten zielgruppenspezifische Werbematerialien wie Prospekte oder Flyer am Stand auszulegen oder auf der jährlich stattfindenden Internationalen Tourismusbörse in Berlin als homosexuellen-freundliche Destination mit eigenem Stand im Gay and Lesbian Travel Pavillon vertreten zu sein, so wie beispielsweise die Destinationen Brasilien, Griechenland, Wien und Kanada auf der diesjährigen Tourismusbörse.119 Direktwerbung Direktwerbung dient als ein sehr effizientes Mittel zur Kundenbindung. Die für den Tourismus bedeutendste Form der Direktwerbung ist das Direct Mailing, bei dem personalisierte Werbebriefe oder E-Mails an bestimmte Zielgruppen saisonal und/oder zu bestimmten Anlässen versendet werden. Basis für eine erfolgsversprechende MailingAktion ist eine gepflegte Adressdatei.120 Deshalb sollte früh damit begonnen werden, eine eigene Datenbank für die homosexuelle Zielgruppe aus den osteuropäischen Ländern anzulegen, beispielsweise durch Newsletter-Abonnenten, aus schriftlichen Prospektanforderungen oder die Integration von Response-Elementen in der PrintKommunikation.121 Jedoch besteht die Gefahr, dass die Empfänger eines Mailings unangenehm berührt sein könnten, wenn sie unerwartet auf ihre Homosexualität angesprochen werden. Vor diesem Hintergrund sind die Möglichkeiten des effizienten Einsatzes nur begrenzt.122 118 Vgl. Vgl. 120 Vgl. 121 Vgl. 122 Vgl. 119 Seufert, G., Haimayer, P. und Strobl, M. (2006), S. 64 ITB Berlin (2012) Luft, H. (2007), S. 329 Schnake, A. (2007), S. 66 Stuber, M. und Iltgen, A. (2002), S. 169-170 35 Insgesamt bietet homosexuelle die Kommunikationspolitik Zielsegment in osteuropäischen zahlreiche Möglichkeiten, Quellmärkten zu um das erreichen und anzusprechen. Die klassische Werbung spielt eine weniger wichtige Rolle als Kommunikationsinstrumente wie Sponsoring-Maßnahmen, Werbekooperationen, EventMarketing oder Internetwerbung. Allgemein sollte bei der Ansprache darauf geachtet werden, dass die Darstellung von Stereotypen sowie eine oberflächliche und sexualisierte Bewerbung vermieden wird. Vielmehr sollte dem Wunsch nach Integration, Normalität und Gleichwertigkeit entsprochen werden, denn auf diese Weise können Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit vermittelt werden.123 Der nachfolgende Abschnitt soll aufzeigen, mit welchen Marketing-Aktivitäten die Wiener Tourismusorganisation „WienTourismus“ das Gay Segment im osteuropäischen Raum erschlossen hat. 4.3 Best Practice Beispiel WienTourismus „Die Hauptstadt Österreichs atmet schwullesbische Geschichte wie kaum eine andere europäische Metropole. Schwule Kaiser, Kriegsherren und Komponisten von gestern ebenso wie schwule und lesbische Wiener/innen von heute machen die Stadt zu einer spannenden Urlaubsdestination.“124 Mit diesem Einführungstext präsentiert sich die Wiener Tourismusorganisation unter der Rubik „Wien für schwule & lesbische Gäste“ auf dem offiziellen Tourismus-Portal. Für die Stadt ist das LGBT Segment längst keine Nische mehr. Das Gay Marketing ist zum wichtigen Bestandteil der touristischen Vermarktung geworden, denn die homosexuelle Kundschaft stellt für die Destination eine große und bedeutende Zielgruppe dar. Bereits seit 1997 wirbt die Tourismusorganisation mit gezielten Marketing-Aktivitäten um Schwule und Lesben für das tolerante und gay-freundliche Wien.125 Zu Beginn der Erschließung des Gay Segments wurde ein schwul-lesbischer Stadtplan entwickelt, Werbeflyer folgten. Über Jahre hinweg wurden die Marketing-Maßnahmen stetig weiterentwickelt. Gegenwärtig wirbt WienTourismus nicht nur im deutschsprachigen Raum sowie in den Ländern Spanien, Frankreich, Großbritannien, den Niederlande, Italien, Australien, Kanada und in 123 Vgl. Groß, V. (2009), S. 50 WienTourismus (o.J.) 125 Vgl. Wiener Zeitung (2011) 124 36 den USA für das Gay Segment126, sondern ist seit 2011 auch als Pionier in osteuropäischen Ländern tätig.127 Aktuell betreibt die Wiener Tourismusorganisation in Rumänien aktiv Gay Marketing, geplant ist, dieses auch auf die Märkte Tschechien, Polen und Ungarn auszudehnen. Die Pläne für das Jahr 2013 werden derzeit ausgearbeitet. Neben einem speziell auf die Zielgruppe ausgerichteten Stadtführer mit Szene-, Shopping- und EventTipps bietet die Wiener Tourismusorganisation einen eigenen Facebook-Auftritt namens „Gay City Wien“ auf Deutsch und Englisch und zugeschnittene Informationen auf dem Tourismus-Portal der Stadt. Geworben wird mit einem vielfältigen Kulturangebot der Stadt wie beispielsweise Sissi-Führungen für Homosexuelle, einer ausgewogenen schwullesbischen Szene sowie Infrastruktur und mit großen Events wie dem Life Ball, der Regenbogenparade und dem Event Wien in Schwarz. Auf der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse in Berlin präsentierte sich die Stadt Wien darüber hinaus mit eigenem Messestand im Gay and Lesbian Travel Pavillon. In Bezug auf Markterschließung in Rumänien betrieb WienTourismus eine Marketingaktion zum Gay Fest in Bukarest, welche über die Österreich Werbung in Bukarest abgewickelt wurde. Diese beinhaltete eine Logoplatzierung auf dem Programm-Flyer, die Verteilung eines Queer Guides und Präservativen, die gebrandet waren mit dem Logo von WienTourismus. Des Weiteren wurde Online-Promotion mit Bannern, Newslettern und Postings auf der eigenen Facebook-Fan-Page sowie auf der Seite der rumänischen LGBT Organisation „Asociatia Accept“ betrieben.128 Im zweiten großen Abschnitt dieser Arbeit folgt anhand einer eigenen Datenerhebung die Ausarbeitung der Chancen und Risiken bei der Erschließung des Gay Marktsegments in Osteuropa und mittels dieser Erkenntnisse werden Ansätze für geeignete MarketingMaßnahmen für ausgewählte osteuropäische Länder bearbeitet. 126 Vgl. Wien Marketing-Konzept (2012) Vgl. ITB Berlin (2011a) 128 Gespräch mit Frau Kozak am 16.07.2012 127 37 5. Methodische Vorgehensweise 5.1 Datengewinnung mittels Sekundärforschung Die Sekundärforschung, auch bekannt als Desk-Research, beinhaltet die Datenerfassung aus bereits bestehenden Erkenntnissen sowie statistischen Daten und Unterlagen.129 Im Rahmen dieser Arbeit wurde zunächst mittels sekundärer Literaturrecherche ein umfangreicher Überblick über die vorhandene Literatur zu den Themenkomplexen „Gay Tourismus“, „Homosexualität in Osteuropa“ sowie „Marketing-Konzeption“ gewonnen, um sich in das Untersuchungsgebiet einzuarbeiten. Demnach dient die Beschaffung von Sekundärinformationen der Vorbereitung und Unterstützung der eigenen Primärerhebung. Nennenswerte Vorteile der Sekundärforschung sind die schnelle und meist kostengünstige Informationsbeschaffung.130 Die erste Anlaufstelle für die Datengewinnung war die Fachbibliothek der Hochschule BEST-Sabel sowie die Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin, um deutschsprachige Bücher zu den Themen „Gay Marketing“, „Destinationsmanagement“, „Marketing-Konzeption“ sowie „Tourismusmarktforschung“ zu erhalten. Als Ergänzung wurde zudem Online-Literatur über die Suchmaschine „GoogleBooks“ verwendet. Zu der Thematik „Gay Tourismus“ ist bislang weitgehend nur englischsprachige Literatur vorhanden. Daher wurden vorwiegend die sozial-wissenschaftlich ausgerichteten Journals „Tourism Management“ und „Annals of Tourism Research“ vom E-Medien-Portal „ScienceDirect“ zur Informationsbeschaffung für dieses Thema herangezogen. Repräsentative Marktforschungsstudien über das LGBT Segment in den osteuropäischen Ländern sind bislang nicht vorhanden. Der größte Teil der Statistiken konzentriert sich überwiegend auf den nordamerikanischen Markt.131 Hinsichtlich der derzeitigen Entwicklungen in den osteuropäischen Ländern in Bezug auf das Thema Homosexualität wurden zudem einige Internetquellen wie Pressemeldungen und Zeitungsartikel herangezogen, um eine gewisse Aktualität der Daten sicherzustellen. Darüber hinaus dienten zielgruppenspezifische Internetseiten wie Online Gay Guide sowie die offiziellen Internet-Tourismusportale der jeweiligen Länder als hilfreiche Quelle. Die Nachteile der Sekundärforschung sind die zum Teil fehlende Aktualität des Datenmaterials 129 Vgl. Seitz, E. und Meyer, W. (2006), S. 13 Ebd., S. 14 131 Vgl. Southall, C. und Fallon, P. (2011), S. 230 130 38 und die Tatsache, dass die gewonnen Erkenntnisse nur im begrenzten Maße auf den Kontext der Arbeit angewendet werden können, da sie oftmals nicht detailliert genug sind.132 Die Primärforschung erweist sich daher als notwendig und zielführend für die vorhandene Fragestellung dieser Arbeit. Anhand der Gesamtheit der Daten aus Sekundärund Primärforschung sind abschließende Handlungsempfehlungen möglich. 5.2 Empirische Untersuchung 5.2.1 Datenerhebung mittels halbstrukturierter Interviews Auf dem theoretischen Bezugsrahmen und Fachwissen aufbauend, wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt. Die Primärforschung generiert aktuelle, neue und bisher nicht erfasste Ansichten und Meinungen von befragten Personen mit der Absicht, problemadäquate Daten zu erheben und zu interpretieren.133 Die Zielstellung dieser Arbeit ist, die Chancen und Risiken der Erschließung des Gay Marktsegments in osteuropäischen Quellmärkten für Tourismusorganisationen herauszuarbeiten und anhand dieser Ergebnisse Handlungsempfehlungen für eine geeignete Zielgruppenansprache in ausgewählten Ländern abzuleiten. Dafür sollte zunächst herausgefunden werden, in welchem Umfang das Segment bisher von osteuropäischen Tourismusorganisationen beworben wird und welche möglichen Hürden bei der zielgruppenspezifischen Vermarktung in den osteuropäischen Ländern auftreten können. Darüber hinaus sollte herausgefunden werden, inwieweit Homosexualität ein tabuisiertes Thema in den jeweiligen osteuropäischen Ländern darstellt. Um diese Fragestellungen zu beantworten, bedient sich diese Arbeit der Methode der qualitativen Marktforschung. Die Datenerhebung erfolgte anhand von halbstrukturierten, leitfadenorientierten Interviews mit ausgewählten Tourismusorganisationen sowie LGBT Organisationen in Osteuropa im Zeitraum Ende Juni bis Ende Juli 2012. Der Interviewleitfaden wurde anhand der Themenschwerpunkte der Literaturanalyse erstellt. Er liefert die Struktur und das inhaltliche Gerüst der Befragung, welches dem Interview nicht als festes Schema, aber als flexible Orientierung zugrunde liegt. Der Interviewleitfaden hat folglich den Vorteil, dass alle forschungsrelevanten Themen behandelt werden und kein 132 133 Vgl. Seitz, E. und Meyer, W. (2006), S. 14 Ebd., S. 39 39 Themenkomplex außer Acht gelassen wird.134 Die halbstrukturierte Form der Interviews gewährt neue Einblicke in die Thematik und identifiziert generelle Tendenzen. Es werden Daten zu Aspekten abseits der standardisierten Fragen generiert, denn der Interviewte kann offen, ohne Antwortvorgaben darauf reagieren und sich frei äußern. Nachteilig ist dabei jedoch die sich daraus ergebende eingeschränkte Vergleichbarkeit der einzelnen Interviews.135 Die Autorin entschied sich weiterhin für eine schriftliche Befragung der Tourismus- und LGBT Organisation in englischer Sprache. Diese Art der Befragung ermöglicht dem Interviewten, seine Antworten besser zu durchdenken, weil mehr Zeit für die Beantwortung zur Verfügung steht.136 Ein weiterer wesentlicher Grund für die Wahl der schriftlichen Befragung ist, dass es den angefragten Interviewpartnern möglicherweise angenehmer erscheint, Fragen aufgrund unterschiedlicher Englisch-Sprachkenntnisse schriftlich zu beantworten. Zudem erhält der Forscher möglicherweise ehrlichere Angaben durch eine größere Anonymität. Den weiteren Vorzügen der geringen Kosten und der praktisch unbeschränkten räumlichen Reichweiten, stehen jedoch auch Nachteile der Befragung gegenüber, denn es gibt keinen Interviewer, der das Gespräch leitet. Deshalb sollte der Interviewbogen besonders übersichtlich und unmissverständlich aufgebaut sein. Darüber hinaus sollte der Bogen dem Adressaten nicht zu umfangreich erscheinen. Aus diesem Grund beschränkte sich die Anzahl der Interviewfragen auf zehn. Insbesondere aufgrund notwendiger Erinnerungsaktionen, sogenannter Follow-up E-Mails, um die Rücklaufquote der Interviewbögen zu erhöhen, lag der gesamte Zeitbedarf der schriftlichen Befragung höher als beispielsweise bei einer mündlichen Befragung. Neben der Gestaltung des Interviewbogens hängt die Rücklaufquote im wesentlichen Maße auch vom Befragungsthema ab.137 Für die Datenerhebung wurden zwei unterschiedliche Interviewbögen erarbeitet: ein Bogen für die Tourismusorganisationen sowie ein weiterer für die LGBT Organisationen. Die Inhalte des Interviewbogens der Tourismusorganisationen konzentrierten sich überwiegend auf die Marketing-Tätigkeiten im Gay Segment. Die Antworten der Tourismusorganisation sollten kritisch betrachtet werden, denn aufgrund der Vermarktungstätigkeit besteht die Vermutung, dass die 134 Vgl. Grüttner, S., Egle, B. und Urich, L. (2006), S. 23 Ebd., S. 13 136 Ebd., S. 14-15 137 Vgl. Seitz, E. und Meyer, W. (2006), S. 57-59 135 40 Destination möglicherweise positiver dargestellt wird. Um jedoch einen ganzheitlicheren Blick auf die Thematik in den jeweiligen osteuropäischen Ländern zu gewinnen, wurden zusätzlich einige LGBT Organisation mit einem abgewandelten Interviewbogen befragt, der Fragen zur gesellschaftlichen Akzeptanz und zu zielgruppenspezifischen Medien sowie zur schwul-lesbischen Infrastruktur und Szene des Landes beinhaltete. 5.2.2 Auswahl der Interviewpartner Die angewendete qualitative Forschung verfolgt den Ansatz einer bewussten Auswahl von Unternehmenseinheiten, die eine geringe Stichprobe vorsieht. Die Auswahl der nationalen Tourismusorganisationen (im nachfolgenden NTOs genannt) erfolgte mit Hilfe des OnlineReiseführers „Gay Europa“. Polen, wenngleich nicht im Reiseführer aufgelistet, wurde dennoch in die Auswahl hinzugezogen, denn eine umfangreiche Literaturanalyse ergab, dass Warschau und Krakau bereits in der Vergangenheit, wenn auch nur im kleinen Umfang, um die homosexuelle Zielgruppe warben. So ergab sich eine Auswahl folgender sechs NTOs: Bulgarian Tourism Office, Croatian National Tourist Board, Czech National Tourism Office, Hungarian National Tourist Office, Polish Tourist Organisation sowie die Russian Federal Agency for Tourism. Diese Auswahl wurde zudem um regionale Tourismusorganisationen erweitert, denn aufgrund der Tatsache, dass Homosexualität in vielen Ländern Osteuropas immer noch ein kritisches Thema darstellt, musste mit einer geringen Rücklaufquote gerechnet werden. Die regionalen Organisationen (im nachfolgenden RTOs genannt) wurden mit Hilfe verschiedener osteuropäischer Online Gay Guides ermittelt. Folgende Städte waren den Online-Reiseführern für Homosexuelle zu entnehmen: Prag, Budapest, Sofia, Zagreb, Warschau, Krakau, Moskau und Sankt Petersburg. Die Auswahl der LGBT Organisationen erfolgte mittels einer umfassenden Literaturrecherche. Ein wichtiges Auswahlkriterium dabei war, dass die Organisationen in den sechs ausgewählten Ländern aktiv tätig sind. Insgesamt wurden sechs NTOs, sowie jeweils acht RTOs und LGBT Organisationen identifiziert, wie folgender Abbildung zu entnehmen ist. 41 Tab. 4 Übersicht der angefragten Interviewpartner Kürzel für Auswertung Zusage nach erster E-Mail Ende Juni Zusage nach Follow-up E-Mail Mitte Juli ✓ Bulgarien Nationale TO Kroatien Regionale TO NTO1 ✓ Polen ✓ Russland ✓ Tschechien NTO2 ✓ Ungarn ✓ Budapest ✓ Krakau ✓ Moskau ✓ Prag RTO1 ✓ Sofia ✓ Sankt Petersburg ✓ ✓ Warschau RTO2 Zagreb RTO3 ✓ O1 ✓ Bulgarien: Deystvie ✓ Kroatien: Iskorak Polen: Campaign Against Homophobia LGBT Organisationen Keine Rückmeldung O2 ✓ ✓ Polen: Lambda Warsaw Russland: Coming Out O3 ✓ ✓ Russland: Gay Russia Russland: LGBT Network ✓ O4 Tschechien: STUD Brno Ungarn: Háttér Quelle: Eigene Darstellung O5 ✓ 42 Zunächst wurde Ende Juni 2012 eine vorgefertigte Interviewanfrage, verfasst in englischer Sprache, per E-Mail an alle aufgelisteten Organisationen verschickt. Diese Anfrage beinhaltete eine kurze Vorstellung der Studentin sowie ihr Anliegen und eine Anfrage zur Teilnahme an der Erhebung. Die Interviewanfrage für die Tourismusorganisationen wurde direkt an die jeweilige Marketing-Abteilung verschickt. Oftmals gab es jedoch nur eine allgemeine Info-Kontaktadresse. In diesem Falle wurde vorerst nach einer zuständigen Kontaktperson der Marketing-Abteilung gefragt. Zudem gestaltete sich die Suche nach Kontaktpersonen auf den Internetseiten der LGBT Organisationen in einigen Fällen schwierig, da die Seiten häufig nicht in englischer Sprache abrufbar waren. Deshalb musste oftmals auf ein Online-Wörterbuch zurückgegriffen werden. An die Organisationen, die einer Teilnahme an der Befragung zustimmten, wurde umgehend der Interviewbogen als PDF-Datei per E-Mail zugeschickt. Erfolgte binnen zwei Wochen hingegen keinerlei Rückmeldung, wurde eine Follow-up E-Mail versendet, die diesmal auch den Interviewbogen beinhaltete, um die Rücklaufquote zu erhöhen. Für die Teilnahme einer russischen LGBT Organisation musste der Interviewbogen auf Russisch übersetzt werden. Die Untersuchungsgruppe setzt sich insgesamt aus zehn Organisationen zusammen. Diese sind in Tab. 4 grau hinterlegt. Jedem Teilnehmer wurde in der Tabelle ein Kürzel zugeordnet, die bei der späteren Auswertung Verwendung finden werden. Die erzielte Beteiligung der interviewten LGBT Organisationen ist als durchaus positiv zu bewerten, denn mehr als die Hälfte der Organisationen war bereit, an der Befragung teilzunehmen. Im Gegensatz dazu waren nur zwei von sechs NTOs sowie drei von acht RTOs bereit, an der Erhebung teilzunehmen. Hierbei sollte beachtet werden, dass die Rücklaufquote von schriftlichen Befragungen im wesentlichen Maße von dem Befragungsthema abhängig ist.138 In diesem Falle wurde die Vermutung bestätigt, dass das Thema Homosexualität in osteuropäischen Ländern wie beispielsweise Russland auch in den offiziellen Tourismusorganisationen ein heikles Thema darstellt, über das nicht überall gleichermaßen gern gesprochen wird. zusammengetragen und Die Ergebnisse der schriftlichen anhand der Themenschwerpunkte des Befragung wurden Interviewleitfadens ausgewertet. Die Zusammenfassung sowie Auswertung der Ergebnisse erfolgt im nächsten Punkt. 138 Vgl. Seitz, E. und Meyer, W. (2006), S. 59 43 6. Präsentation der Erhebungsergebnisse 6.1 Zusammenfassung und Auswertung des Datenmaterials Der Interviewleitfaden beinhaltete folgende fünf Themenschwerpunkte: - gesellschaftliche Akzeptanz und Offenheit gegenüber Homosexuellen, - bisherige Marketing-Aktivitäten der Destination im Gay Segment, - Hürden bei der zielgruppenspezifischen Vermarktung in osteuropäischen Ländern, - mögliche Auswirkungen auf das Image einer Destination sowie - zukünftige Entwicklung des Gay Tourismus in der Destination. Einige Fragen der Interviewbögen wurden trotz Bitte um ausführliche Antworten nur kurz und knapp beantwortet. Im Nachfolgenden werden die fünf Themenschwerpunkte separat ausgewertet und mit einigen direkten Zitaten der Interviewten unterlegt. Zwei exemplarische Interviewbögen sind im Anhang beigefügt. Beurteilung der gesellschaftlichen Akzeptanz gegenüber Homosexuellen in der Destination Die Tourismusorganisationen wie auch die LGBT Organisationen wurden zur generellen gesellschaftlichen Offenheit gegenüber Homosexuellen in den jeweiligen Destinationen befragt. Die Auswertung aller Interviewbögen bestätigte den Verdacht, dass die Tourismusorganisationen aufgrund ihrer Vermarktungstätigkeit die gesellschaftliche Situation Homosexueller in der Destination allgemein positiver beurteilen als die LGBT Organisationen. Die LGBT Organisationen hingegen schätzten die Lage größtenteils als kritisch ein. Zudem bestätigten sich die Ergebnisse der umfangreichen Literaturanalyse im Hinblick auf die weit verbreitete Homophobie sowie Intoleranz der Bevölkerung in einigen osteuropäischen Ländern. O1 stuft die gesellschaftliche Akzeptanz in Bulgarien als sehr niedrig ein. Ein Großteil der Bevölkerung begegnet Homosexuellen oftmals mit Respektlosigkeit und Hass, insbesondere fernab der Großstädte. O1 kritisiert zudem, dass das Antidiskriminierungsgesetz nicht ausreichend Schutz für Lesben und Schwule bietet. Eine Vielzahl der Homosexuellen bekennt sich daher nicht öffentlich zu ihrer Homosexualität. 44 O1: „The fear of humiliation makes most people stay in the closet even if they are part of well educated and cultured classes.“ Dennoch sei die Situation in Bulgarien deutlich besser als in den Nachbarländern Serbien und Mazedonien. O2 äußert sich ebenso kritisch. Die Homophobie in Polen ist weit verbreitet in der Öffentlichkeit, insbesondere in verbaler Form wie Beschimpfungen. O2: „It is better not to show your homosexuality in the public. The attitude of the society is generally negative. [...] Fortunately, the situation is changing for the better.” Weitaus positiver klingt hingegen die Antwort der RTO2 über die gesellschaftliche Akzeptanz und Offenheit der Bevölkerung in Polen. RTO2: „You can feel safe in our country while travelling, especially in big cities. We become more and more open for LGBT. In the Polish government there are several representatives of LGBT.“ O3 bewertet die Lage in Russland am kritischsten in ganz Europa. Erhebungen zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung immer noch glaubt, dass Homosexualität eine Krankheit sei, die behandelt werden könne, oder ein Rechtsbruch, für den die Person aus der Gesellschaft isoliert werden sollte. Aus Angst vor Ausgrenzung und Diskriminierung bekennt sich ein Großteil der Homosexuellen nicht zu ihrer sexuellen Orientierung in der Öffentlichkeit. O3: „In addition, there is a wave of homophobic legislation, banning the so called ’gay propaganda’ that also suggests that homosexuality is something dangerous.“ O4 schließt sich dieser Meinung bezüglich Russlands an und fügt hinzu, dass die Akzeptanz je nach Stadt beziehungsweise Region variiert und die höchste Toleranzschwelle, trotz aktueller politischer Entwicklungen, in Moskau und Sankt Petersburg liegt. Auch O5 hebt hervor, dass das Akzeptanzlevel in Ungarn im Vergleich zu westeuropäischen Ländern sehr niedrig liegt. Die positiven Ansätze, die einst in Ungarn zu verzeichnen waren, haben sich angesichts der derzeitigen politischen Entwicklungen erneut zum Schlechteren gewendet. 45 O5: „Local LGBT people usually still remain in their closets, [...] even in large cities. There have been homophobic incidents in the past years coming from organized right wing extremists, but their activities are largely limited to special occasions like Gay Pride Marches.” Die Lage der Homosexuellen in Kroatien wird von der NTO1 als durchaus positiv bewertet. Die Bevölkerung begegnet Homosexuellen, nach Angaben der Tourismusorganisation, größtenteils mit Toleranz. Dennoch sind in Einzelfällen Übergriffe auf Homosexuelle nicht auszuschließen. NTO1: „Unfortunately, as anywhere else in the world, members of certain groups might provoke incidents based on homophobic prejudices.“ Aus der Sekundärforschung ging hervor, dass Tschechien in Hinblick auf Homosexualität als ein liberales Land gilt. Dies wurde auch durch die beiden tschechischen Interviewpartner NTO2 und RTO1 bekräftigt. NTO2: „In the Czech Republic the gay community is generally accepted. Prague is the most liberal city in our country. In larger cities the acceptance of homosexuality is higher than in the countryside, but it is getting more and more better.“ RTO1: „Prague has become a much more liberal and gay-friendly city than its neighbours in recent years. [...] Homosexuality in our country is generally accepted. In our city exist a vibrant gay scene and a range of gay bars and clubs.” Bisherige Marketing-Aktivitäten der Destination im Gay Segment Allgemein ist festzustellen, dass die Tourismusorganisationen mit einigen Einzelaktivitäten und kleineren Kampagnen das Gay Segment bewerben. Es existieren jedoch keine fundierten, nachhaltigen Marketing-Ansätze wie beispielsweise in westeuropäischen Ländern. In Hinblick auf das Gay Marketing scheinen die osteuropäischen Länder noch zehn Jahre zurückzuliegen. Eine Ausnahme bildet jedoch Tschechien. Vor einem Jahr begann die Tschechische Tourismusorganisation, die Destination gezielt im Gay Marktsegment zu vermarkten. Aus einer Marktforschung der Tourismusorganisation ging hervor, dass Schwule und Lesben rund zehn Prozent der internationalen Gäste ausmachen. 46 Die Marketing-Kampagne, für die überwiegend Print- sowie Online-Medien verwendet wurden, wird in den Quellmärkten Großbritannien, Deutschland sowie den Niederlanden durchgeführt. NTO2: „[...] the campaign presents the Czech Republic as a safe, open and tolerant country suitable for gay and lesbian tourism.“ Darüber hinaus gehören regelmäßige bezahlte PR-Einschaltungen zu den zielgruppenspezifischen Marketing-Maßnahmen. Die Aktivitäten in dem Segment würden gerne weiter ausgebaut werden, allerdings ist der Marketing-Etat begrenzt, sodass die Möglichkeiten eingeschränkt sind. Der jährlich stattfindende Gay Pride in Prag ist nach Angaben der NTO2 ein wesentlicher Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Vermarktung in diesem Segment. Im vergangenen Jahr nahmen an der Parade in Prag 25.000 Besucher teil. Auch die RTO1 betont die Bedeutung des Events für die Stadt Prag. Der Prag Pride trägt nicht nur dazu bei, der Destination ein homosexuellen-freundliches Image zu verleihen, sondern kurbelt zusätzlich die Wirtschaft der Destination an. Des Weiteren wurde auf dem offiziellen Tourismusportal der Stadt Prag eine eigene Rubrik namens „Queer“ für die schwul-lesbische Zielgruppe eingerichtet, die zielgruppen-spezifische Informationen über die Stadt und Szene enthält. Im vergangenen Jahr wurde zudem eine „Prague Gay Map“ veröffentlicht, die in jeder Touristeninformation ausliegt. Weitere Marketing-Aktivitäten sind jedoch aufgrund des begrenzten Marketing-Etats nicht vorgesehen. RTO1: „Currently we are not going to expand our marketing activities in this target group.“ Die RTO2 verschickt regelmäßig Presseeinladungen und organisiert Pressereisen in die Destination für Journalisten, die für LGBT Magazine schreiben. Zu diesen Magazinen gehören unter anderem „Pride Life“ und „QX Magazine“ aus Großbritannien, „Out&About“ aus Dänemark sowie „Têtu“ aus Frankreich. RTO2: „They published fantastic articles about Warsaw.“ Zudem kooperiert die RTO2 mit der Internationalen Gay and Lesbian Travel Association. Welchen Umfang die Kooperation hat, wurde jedoch nicht weiter ausgeführt. Die meiste Aufmerksamkeit erhielt Warschau im Gay Segment, als 2010 die Love Parade in der Stadt 47 stattfand. Weiterhin wird angeführt, dass die homosexuelle Zielgruppe nicht explizit von der Tourismusorganisation beworben wird. RTO2: „We do not favour any community. We publish only general guides, leaflets and brochures about Warsaw.“ Auch die NTO1 bewirbt die homosexuelle Zielgruppe nicht als eigenes Marktsegment und bietet keine zielgruppenspezifischen Produkte an. NTO1: „So far, the gay tourism segment hasn’t been specifically addressed within the scope of our marketing activities.“ Derzeit plant die kroatische Tourismusorganisation keine Marketing-Aktivitäten in diesem Segment, allerdings soll für die Zukunft die Ansprache der schwul-lesbischen Zielgruppe nicht ausgeschlossen werden. Eine ähnliche Antwort gab es auch von der RTO3. Auch sie spricht die Zielgruppe nicht explizit an. Jedoch veröffentlichte sie in Kooperation mit der Assoziation „Queer Zagreb“ einen Reiseführer für homosexuelle Touristen, der in jeder Touristeninformation ausliegt sowie als iPhone-Application verfügbar ist. Hürden bei der zielgruppenspezifischen Vermarktung in osteuropäischen Ländern Die Antworten zu dieser Frage fielen nicht sonderlich unterschiedlich aus, wobei sich die LGBT Organisationen umfangreicher zu dieser Problematik äußerten. NTO1, NTO2, sowie alle fünf LGBT Organisationen sehen die größten Hürden für die Markterschließung in Osteuropa in der weit verbreiteten homophoben Einstellung der Gesellschaft vieler osteuropäischer Länder. NTO1: „Barriers could appear in form of non-acceptance of such business orientation from local communities.” NTO2: „Businesses are afraid of their reputation because of the society’s low acceptance towards homosexuals and the high influence of the church in several countries in East Europe.“ O5: „Most local businesses still think that they would loose their regular clientele. They see gay marketing as a risk rather than a lucrative niche market.” 48 O5 sieht eine zusätzliche Hürde darin, dass Unternehmen eventuell über zu wenig Knowhow verfügen in Hinblick auf zielgruppenadäquate Marketing-Aktivitäten für die osteuropäischen Quellmärkte, sodass die Zielgruppen möglicherweise nicht angemessen angesprochen werden kann. Die besonderen Gegebenheiten im osteuropäischen Raum erfordern eine spezifische Ausrichtung der Kommunikation. O5: „In most cases they don’t know enough about this specific target group.“ Daraus ergibt sich, dass die schwul-lesbische Zielgruppe unter Umständen nicht adäquat angesprochen oder zu offen umworben wird, sodass andere Konsumenten des Quellmarktes abgeschreckt werden. O1 sieht für Bulgarien hingegen keine Hindernisse, sofern die Marketing-Aktivitäten nur vereinzelt geplant sind und nicht so viel Aufsehen erregen, dass sie von homophoben Gruppen wahrgenommen werden. O1: „If the advertising ad is not too gay specific there wouldn’t be a problem. It also depends on the scale of projects. Smaller projects shouldn’t face many problems in Bulgaria. [...] Larger projects may lead to some more controversy.” NTO1 und RTO2 sehen jedoch noch eine weitere Hürde. Den meisten osteuropäischen Destinationen fehlt es nicht nur an einer offenen und aufgeklärten Gesellschaft, sondern daraus resultierend auch an zielgruppenadäquaten Produkten in der Destination. Eine Vermarktung würde für diese Länder folglich nichts bringen. NTO1: „[There are] not enough adequate gay tourism infrastructure.“ RTO2: „There are still no complete gay products.” Das größte Hindernis in Russland sieht O3 im neu in Kraft getretenen Gesetz, welches Propaganda von Homosexualität und das Demonstrieren Homosexueller unter Strafe stellt. O3: „Especially in St. Petersburg openly gay advertising is not possible in public spaces because of the vague local anti gay propaganda law and the self-censorship of the advertising companies. Everything that is concerning the gay issue is closeted because it involves higher risks for the businesses.” 49 O2 berichtet hingegen über Polen, dass bereits einige Gay Marketing-Kampagnen ohne negative Vorkommnisse geschaltet wurden, auch in den öffentlichen Medien. Laut Angaben der O2 warb vor einigen Jahren die Tourismusorganisation Krakaus für die homosexuelle Zielgruppe, um der Stadt ein neues Image zu verleihen. Weshalb die Kampagne jedoch eingestellt wurde, ist nicht bekannt. O2: „Despite the fact that the influence of religion on citizens’ attitude is significant and the social attitude is rather negative, I would however encourage companies to create ads targeted marketing directly to LGBT people in Poland.“ Beurteilung möglicher Auswirkungen auf das Image einer Destination Die Auswertung dieses Abschnittes ergab, dass alle befragten Organisationen positive Imageeffekte in der Vermarktung einer Destination im Gay Segment sehen. NTO2 sieht sich in einer Vorreiterstellung gegenüber den anderen osteuropäischen Ländern in Bezug auf das homosexuellen-freundliche Image der Destination. NTO2: „Promoting in gay tourism won’t damage the image. On the contrary, [...] the company’s awareness will increase. Thus, there could also arise competitive advantages.“ Auch die RTO1 teilt diese Ansicht. Sie will weiterhin das Image der Stadt Prag ausbauen und die Destination in der LGBT Community etablieren. Der tschechischen Bevölkerung sowie ausländischen Gästen soll vermittelt werden, dass Prag als Hauptstadt für Vielfalt und Toleranz in Osteuropa steht. NTO1, O1, O2 und O3 sehen ebenso positive Imageeffekte in der Vermarktung im schwul-lesbischen Segment. Die Ansprache der homosexuellen Zielgruppe vermittelt ihnen zufolge Akzeptanz und Offenheit. NTO1: „Business orientation towards the gay clientele could make a certain enterprise flourish.“ O1: „Any gay-friendly image is a benefit for the country. It would help to combat violence against LGBT in the country.” 50 O2: „Any act aimed to show Poland as open and friendly country for LGBT people can change the Polish image in the world.” O3: „Because of the repression of homosexuals in Russia, our country’s image has suffered internationally. In this way gay marketing would help to enhance the image of Russia. But unfortunately Russian authorities prevent all types of gay marketing because of the recently introduced gay propaganda law.” Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des Gay Tourismus in der Destination Für die Tourismusorganisationen bezog sich diese Frage auf die zukünftigen Vermarktungsaktivitäten im Gay Segment, die LGBT Organisationen wurden hingegen zur zukünftigen Entwicklung des Gay Tourismus im Land befragt. NTO2 hofft für die Zukunft, ihre Vermarktung weiterhin ausbauen zu können, um die homosexuelle Zielgruppe in den kommenden Jahren noch besser in den jeweiligen Hauptquellmärkten erreichen zu können. NTO2: „We hope to be capable to ensure a growing range of services and qualitative communication to the gay market segment. We are looking forward to expand our gay marketing activities in the near future.” Auch RTO1 schließt sich dieser Meinung an. Die Organisation ist überzeugt, dass Prag in den nächsten Jahren noch mehr homosexuelle Touristen in die Stadt locken wird. Auch die RTO3 kann sich vorstellen, in Zukunft aktiver in dem Marktsegment zu sein, sofern es der begrenzte Marketing-Etat zulässt. RTO3: „We will for sure continue to give support according to our possibilities, marketing and financial plan.“ RTO2 sieht derzeit keine weiteren Gay Marketing-Aktivitäten vor. Selbiges gilt für die NTO1. Die LGBT Organisationen äußerten sich etwas ausführlicher zu dieser Thematik. O2 meldet Bedenken hinsichtlich der Entwicklung des Gay Tourismus in Polen. O2: „In my opinion, Poland is not an attractive country for LGBT tourists. But everything depends on the marketing and the way our country is perceived.“ 51 Es wird weiterhin hinzugefügt, dass die Entwicklung stark von der gesellschaftlichen Einstellung der Polen abhängig ist. Zunächst muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden, bevor sich Polen in diesem Segment etablieren kann. O2: „When the acceptance of LGBT people will continue to grow and the society will change their attitude towards sexual minorities, there will be a chance for Poland to establish as a gay-friendly destination.“ O3 sowie O4 sind der gleichen Auffassung. Die Einstellung der Gesellschaft muss sich weiterhin zum Positiven wenden. Solange Homosexualität hingegen ein Tabuthema darstellt, so wie beispielsweise auch in Russland und einigen anderen osteuropäischen Ländern, kann von einer positiven Entwicklung des Gay Tourismus nicht die Rede sein. O4 sieht daher der Zukunft für Russland angesichts der derzeitigen politisch-rechtlichen Entwicklungen ungewiss entgegen. O3: „It will probably take a couple of decades before it can really start being a significant part of the tourism industry.” O5 ist wiederum überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis sich die Toleranz und Akzeptanz gegenüber Schwulen und Lesben in der Gesellschaft verbessern werden, sodass sich niemand mehr über die Bewerbung der homosexuellen Zielgruppe empört. 6.2 Analyse der Chancen und Risiken Die Chancen-Risiken-Analyse bietet der Tourismusorganisation eine Entscheidungsgrundlage, aufgrund derer sie Strategien für mögliche zukünftige Szenarien entwickeln kann. Die Analyse basiert auf einer externen Sichtweise. In Hinblick auf diese Methode ist es notwendig, den relevanten Markt und dessen Teilnehmer zu analysieren. Die Aufgabe der Chancen-Risiken-Analyse besteht darin, Chancen zu erkennen, die sich dem Unternehmen in seinem externen Umfeld eröffnen und die Risiken zu meiden, die dem Unternehmen drohen.139 Die nachfolgende Tabelle stellt die aus der Literaturanalyse und der Datenerhebung abgeleiteten Chancen und Risiken für eine Markterschließung des Gay Segments in osteuropäischen Ländern dar. 139 Vgl. Pfaff, D. (2004), S. 110 52 Tab. 5 Chancen-Risiken-Analyse des Gay Marketing in osteuropäischen Ländern Chancen-Risiken-Analyse Chancen - steigende gesellschaftliche Toleranz gegenüber dem Thema Homosexualität in einigen Ländern Osteuropas: Erschließung von zusätzlichem Potenzial in den Quellmärkten - Kommunikation mit hohem Wirkungsgrad im bisher wenig umworbenem Marktsegment - geringer Wettbewerb aufgrund wenig anderer im Segment werbender Destinationen - positive Imageeffekte: Vermittlung von Offenheit und Aufgeschlossenheit in den Quellmärkten - wirtschaftliche Bedeutung der homosexuellen Zielgruppe aufgrund hoher Kaufkraft sowie Kundenloyalität Risiken - fehlendes Wissen und Datenmaterial über das LGBT Marktsegment in Osteuropa aufgrund bisher kaum vorhandener Marktforschungsstudien über die Zielgruppe - falsche Ansprache des Segments aufgrund von mangelndem Wissen über die länderspezifischen Gegebenheiten Osteuropas - schlechte Erreichbarkeit der Zielgruppe aufgrund begrenzt vorhandener zielgruppenadäquater Kommunikationskanäle - negative Imageeffekte auf die Destination und Abschreckung heterosexueller Konsumenten aus den Quellmärkten aufgrund der weit verbreiteten Homophobie - Unsicherheiten aufgrund fehlender Erfahrungswerte (Thema erhielt bisher nur wenig Aufmerksamkeit im osteuropäischen Raum) Quelle: Eigene Darstellung Chancen Wie aus der Literaturanalyse hervorgeht, hat sich die Lage in einigen osteuropäischen Ländern vor dem Hintergrund der zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz und der fortschreitenden Legalisierung der Homosexualität bereits verbessert. Mit steigender Akzeptanz ebnet sich für Tourismusorganisationen Schritt für Schritt der Weg in eine erfolgreiche Erschließung des dortigen attraktiven Gay Segments. Die Auswertung der 53 Interviewbögen zeigt, dass die schwul-lesbische Kundengruppe in osteuropäischen Ländern bislang nur wenig Beachtung gefunden hat. Da der Wunsch nach einer individuellen Ansprache besonders bei homosexuellen Konsumenten ausgeprägt ist, ist anzunehmen, dass diese sehr positiv darauf reagieren, wenn gezielt um sie geworben wird. Die an das Gay Segment gerichtete Kommunikation besitzt folglich einen hohen Wirkungsgrad, sofern die Zielgruppe richtig adressiert wird. Das schwul-lesbische Segment in westeuropäischen Märkten stellt bereits eine verhältnismäßig stark umworbene Zielgruppe dar. Demzufolge wird es in diesen Quellmärkten zunehmend schwieriger und kostenintensiver, die homosexuelle Zielgruppe auf sich aufmerksam zu machen und ihre Kundenloyalität zu erhalten. Im Gegensatz dazu verfügt der osteuropäische Raum über eine vergleichsweise geringe Wettbewerbsintensität und eröffnet Unternehmen den Zugang zum bislang wenig umworbenen Gay Segment. Weiterhin bietet sich Destinationen die Chance, mit der Ansprache der schwul-lesbischen Zielgruppe Offenheit und Aufgeschlossenheit zu vermitteln. So zeigt sich beispielsweise die Destination Tschechien durch die gezielte Ansprache der Zielgruppe bewusst tolerant gegenüber Homosexuellen und vermittelt dadurch ein hohes Maß an Liberalität. Für Destinationen wie Tschechien bietet die Bewerbung der homosexuellen Zielgruppe daher die Möglichkeit, sich von den anderen osteuropäischen Nachbarländern abzuheben. Diese positiven Imageeffekte signalisieren auch anderen Minderheitsgruppen die Toleranz und Vielfalt einer Destination. Vorausgesetzt, dass der schwul-lesbischen Zielgruppe, die in weiten Teilen Osteuropas durch soziale Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt geprägt ist, ein nachhaltiges beziehungsweise kontinuierliches Engagement entgegengebracht wird, besteht die Chance, zunehmend das Vertrauen dieser lukrativen Zielgruppe und ihre Kundenloyalität zu gewinnen. 54 Risiken Im Verlauf der Arbeit wurde bereits darauf hingewiesen, dass bislang keine repräsentativen Marktforschungsstudien für die Zielgruppe in osteuropäischen Ländern verfügbar sind. Diese bilden jedoch das Fundament einer jeden Marketing-Strategie, denn ohne hinreichendes Datenmaterial sind das Gewinnen von Verständnis über die Zielgruppe, ihre Bedürfnisse und Präferenzen sowie die Erfassung des Anteils der Homosexuellen - bezogen auf die Gesamtbevölkerung im jeweiligen Quellmarkt - nicht möglich. Gesellschaftliche Werte prägen die individuelle Lebenseinstellung und damit auch in einem hohen Maße das Konsumverhalten. Es ist daher davon auszugehen, dass sich das Konsumverhalten Homosexueller in Osteuropa aufgrund der vorherrschenden homophoben Einstellung der Gesellschaft in gewisser Hinsicht von dem der Homosexuellen in westeuropäischen Ländern unterscheidet. Marktstudien sind folglich unabdingbar, um notwendige Informationen über die Zielgruppe zu erfassen und daraus Erkenntnisse für die Marketingstrategie zu gewinnen. Aufgrund fehlenden Wissens über das Gay Segment besteht das Risiko, dass die Zielgruppe nicht adäquat angesprochen wird. So kann zum Beispiel eine zu klischeehafte Darstellung oder die Abbildung von Stereotypen zu mangelnden Identifikationsmöglichkeiten bei homosexuellen Konsumenten führen. Darüber hinaus besteht bei unzureichendem Wissen über die relevanten länderspezifischen Einflussfaktoren auf das Marketing-Vorhaben die Gefahr, dass die Zielgruppe marketingstrategisch nicht richtig adressiert wird. Bei einer zu offenen und expliziten Ansprache der Zielgruppe können beispielsweise in Ländern mit einer niedrigen Akzeptanz gegenüber Homosexuellen nicht nur erneute Diskriminierungen Schwuler und Lesben ausgelöst werden, sondern auch das Image der werbenden Destination in den Quellmärkten geschädigt werden und daraus resultierend Konsumenten abgeschreckt werden, die gegenüber der Bewerbung dieser Zielgruppe nicht positiv eingestellt sind. Zudem geht anhand der Auswertung der Interviews mit den LGBT Organisationen hervor, dass sich die Erreichbarkeit der Zielgruppe in einigen Ländern als besonders problematisch darstellt, da im Vergleich zu Westeuropa nur wenige zielgruppenadäquate Kommunikationskanäle wie spezielle Medien oder Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Eine direkte Erreichbarkeit ist besonders dann schwierig, wenn beispielsweise homosexuelle Publikationen nur versteckt existieren und unter der Hand verbreitet werden oder wenn öffentliches Werben 55 für Homosexualität eine Straftat darstellt, was zur Zeit in Sankt Petersburg der Fall ist. Schließlich ist anzumerken, dass für jedes Marketing-Vorhaben in osteuropäischen Ländern ein gewisser Risikofaktor besteht, da das Thema für osteuropäische Quellmärkte bislang kaum Anwendung gefunden hat und daher keine Erfahrungswerte vorhanden sind, auf die die Destinationen zurückgreifen könnten. Im nachfolgenden Kapitel werden konkrete länderbezogene Handlungsempfehlungen für das Erschließen der homosexuellen Zielgruppe aufgeführt, die die Chancen und Risiken adäquat berücksichtigen. 7. Handlungsempfehlungen 7.1 Ansätze für eine Marktbearbeitung des Gay Segments in Russland Anfänglich war für die Zielstellung der Arbeit vorgesehen, dass Handlungsempfehlungen für eine mögliche Marktbearbeitung in den Ländern Russland und Polen abgeleitet werden. Im Laufe einer ausführlichen Literaturanalyse sowie der Auswertung der schriftlichen Datenerhebung kam die Autorin hinsichtlich der Erschließung des Gay Segments in Russland jedoch zu dem Resultat, dass von einer derzeitigen Ansprache der homosexuellen Zielgruppe in diesem Quellmarkt abzuraten ist. Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht die Einflussfaktoren, die im Hinblick auf die Entscheidungsfindung relevant sind. Die drei grau unterlegten Felder verdeutlichen die Makro-Umwelt. Die anderen drei äußeren Felder die Mikro-Welt, auf die im Nachfolgenden jedoch nicht ausführlicher eingegangen werden soll. 56 Abb. 2 Relevante Einflussfaktoren auf das Gay Marketing am Beispiel von Russland Makro-Umwelt Politik/Recht Gesellschaft - geringe gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Homosexuellen - großer Einfluss der orthodoxen Kirche - verankertes sozialistisches Vater-Mutter-Kind-Modell - rechtsextreme Gruppierungen - Verbot öffentlicher Gay Propaganda & Demonstrationen Homosexueller in Sankt Petersburg - hundertjähriges Verbot von Gay Pride Paraden in Moskau - Medienzensur homosexueller Inhalte Ressourcen - wenig zielgruppenadäquate Kommunikationskanäle - zwei zielgruppenspezifische Publikationen - ein Gay Internetradiosender - sehr wenige öffentliche LGBT Veranstaltungen MarketingKonzeption Eigenes Unternehmen - vorhandene Produkte, Szene und Infrastruktur - Kundenbeziehungen - Know-how der Mitarbeiter - Finanzkraft - Image Kunden Wettbewerber - kein Wettbewerb: keine anderen im Segment werbenden Destinationen auf dem Markt zu diesem Zeitpunkt - Reisen als Möglichkeit sexuelle Identität auszuleben - Bedürfnis nach Sicherheit - Wunsch nach individueller Ansprache - Kurz- & Städtereisen - Internetaffin Mikro-Umwelt Quelle: Eigene Darstellung Wie bereits im Kapitel 3.3 ausführlich ausgeführt und mittels der Datenerhebung bekräftigt wurde, scheint sich die Lage in Russland, was das Thema Homosexualität anbelangt, zunehmend zu verschlechtern. Der Höhenflug rechtsextremer Parteien und Bewegungen in Russland wird ein zunehmendes Problem, denn dadurch werden Ressentiments gegen Minderheiten geschürt. Nicht nur das im März 2012 beschlossene Gesetz in Sankt 57 Petersburg und sechs weiteren Regionen, welches jegliches öffentliches Werben um Homosexuelle unter Strafe stellt, sondern auch das im Juni 2012 beschlossene hundertjährige Verbot von Gay Pride Paraden in Russland erschweren beziehungsweise verhindern eine Markterschließung des Gay Segments in Russland. Die Gesetze bekräftigen wiederum die Gesellschaft in ihrer homophoben Einstellung gegenüber Homosexuellen und suggerieren zudem, dass Homosexualität etwas Gefährliches sei.140 Hinzu kommt, dass auch Filme, Musikvideos, Bücher und Zeitschriften mit homosexuellen Inhalten sowie die Regenbogenfahne als Symbol der Schwulenbewegung als verboten gelten.141 Die zwei regelmäßig veröffentlichten Gay Zeitschriften „Kvir“ und „Pinx“ sind nur über das Internet anzufordern.142 Ende Juli 2012 trat darüber hinaus ein umstrittenes Internet-Gesetz in Kraft, bei dem Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss gesperrt werden können. Dies betrifft neben Seiten mit kinderpornographischen Inhalten auch Internetseiten, die mit HomosexuellenPropaganda in Verbindung gebracht werden.143 Erst kürzlich forderten religiöse Aktivisten ein landesweites Verbot des Sozialen Netzwerks Facebook aufgrund der Tatsache, dass die Plattform neue Icons eingeführt hat, mit denen schwule und lesbische Paare ihren Familienstand kundtun können. In nur drei Tagen gelang es den Aktivisten, über 34.000 Unterschriften für ihr Anliegen zu sammeln.144 Dass Homosexualität ein stark tabuisiertes Thema in der russischen Gesellschaft darstellt, kann wohl kaum besser verdeutlicht werden. Aufgrund dieser zahlreichen Faktoren, die eine Erreichbarkeit der Zielgruppe massiv erschweren, ist von einer derzeitigen Markterschließung des Segments abzuraten. 7.2 Ansätze für eine Marktbearbeitung des Gay Segments in Polen Im traditionell stark katholisch geprägten Polen stößt die Thematik Homosexualität auf viele Kontroversen, jedoch wird das Thema zunehmend diskutiert. Insbesondere in den Großstädten Warschau, Krakau und Poznan ist eine stetig steigende Akzeptanz zu verzeichnen. Dennoch werden Homosexuelle nach wie vor nicht als normaler Bestandteil der gesellschaftlichen Vielfalt angesehen. Angesichts dieser Tatsache sollte die 140 Interview mit O3 am 01.08.2012 Vgl. Stern (2012b) 142 Interview mit O3 am 01.08.2012 143 Vgl. Arte (2012) 144 Vgl. Deutsch Russische Nachrichten (2012) 141 58 Kommunikation der Destination an diese Marktgegebenheit angepasst werden, um eine risikoarme Erschließung des Segments in Polen gewährleisten zu können. Von homosexuellen Botschaften im Gesamtmarkt sollte für die Marktbearbeitung der Zielgruppe daher abgesehen werden, denn es ist damit zu rechnen, dass die polnische Gesellschaft eine explizite Ansprache von Homosexuellen nicht positiv aufnimmt und folglich von den negativen Imageeffekten abgeschreckt wird. Jedoch bedarf es nicht zwingend eines spezifischen Ansatzes, der ausschließlich eine Ansprache in zielgruppenspezifischen Medien vorsieht. Eine klare Positionierung gegenüber der Zielgruppe kann auch durch den Einsatz von Codierungen erreicht werden. Die Verschlüsselung von Botschaften im Gesamtmarkt erlaubt der Destination, zusätzliche Marktpotenziale in der schwul-lesbischen Zielgruppe in Polen zu nutzen und ihre Sympathie für das Segment auszudrücken, ohne dabei andere Konsumenten auszuschließen oder abzuschrecken. Darüber hinaus wird somit signalisiert, dass die Destination mit der internen Symbolik der homosexuellen Gemeinschaft vertraut ist. Es sollten insbesondere zielgruppenrelevante Tourismusaspekte des Landes kommuniziert werden, um Sympathie für die Destination zu erzeugen. Die im Nachfolgenden angeführten MarketingMaßnahmen dienen der Bekanntmachung einer Destination im Gay Marktsegment des Quellmarktes Polen sowie dem Aufbau von Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der homosexuellen Zielgruppe. Dass die Vermittlung von Glaubwürdigkeit und das Gewinnen von Vertrauen eine wesentliche Rolle für die Zielgruppenerschließung darstellt, ist bereits aus vorangegangenen Kapiteln hervorgegangen. Echtes Engagement kann beispielsweise durch Unterstützung gemeinnütziger polnischer Organisationen mit Bezug zur schwul-lesbischen Zielgruppe vermittelt werden. Wie bereits in Tab. 2 aufgeführt, sind die zwei größten Organisationen, die sich für die Rechte der LGBT Gemeinschaft in Polen einsetzen, die Assoziation „Lambda Warsaw“, die Organisation „Campaign Against Homophobia“ sowie die Assoziation „ILGCN Poland“. Diese Organisationen engagieren sich seit über zehn Jahren aktiv für Homosexuelle und haben folglich im Laufe der Jahre ein hohes Ansehen in Gay Segment erlangt. Neben dem Sponsoring von Veranstaltungen lässt sich Engagement beispielsweise auch durch die Unterstützung von AIDS-Hilfen wie UNAIDS im Gay Segment vermitteln. Weiterhin können Aufmerksamkeit und Vertrauen der 59 homosexuellen Zielgruppe gewonnen werden durch die Unterstützung von Gay Pride Veranstaltungen in den Städten Warschau und Krakau. Wie Tab. 2 zu entnehmen ist, sind die zwei einschlägigsten Gay Events Polens der „Warsaw Pride“, der alljährlich im Juni stattfindet, sowie der „March of Tolerance“ in Krakau, der jedes Jahr im Mai geplant ist. Beide Events werden weitgehend von der Bevölkerung in den Großstädten toleriert; in den letzten Jahren kam es zu keinen größeren Vorkommnissen durch religiöse oder rechtsextreme Gruppierungen. Durch das Sponsoring der Events profitiert der Sponsor vom Erhalt von Werbeflächen auf der Parade sowie auf der offiziellen Internetseite der Pride Events. In Anbetracht der Tatsache, dass an diesen Veranstaltungen in Polen mehrere Tausend Schwule und Lesben teilnehmen, stellt diese Maßnahme eine viel versprechende Option als Eintrittsstrategie in das Gay Segment in Polen dar, um das Engagement für die Zielgruppe zu vermitteln. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass Vertreter der Tourismusorganisation die Events in Polen durch persönliche Präsenz und Teilnahme und somit als Plattform und Anknüpfungspunkt für Kommunikationsmaßnahmen nutzen. Die Teilnahme sollte durch Promotion-Aktionen unterstützt werden. Denkbar sind beispielsweise die Verteilung von Flyern, Gay Guides über die Destination, sofern welche vorhanden, und Give-Aways. Der Kreativität des Werbenden sind dabei keine Grenzen gesetzt. Das wohl verbreitetste Give-Away auf solchen Veranstaltungen sind Präservative, die mit dem Logo des Werbenden gebrandet sind, in diesem Falle der Tourismusorganisation. Die beiden Events in Polen eignen sich insofern besonders gut für die Bekanntmachung der Destination im Gay Segment, als ihre Reichweite aufgrund größerer Bekanntheit außerhalb derer jedes Printmediums liegt und die Streuverluste gering sind. Alle Aktivitäten des Gay Marketing der Destination sollten zudem von Anfang an durch intensive Pressearbeit begleitet werden. Dabei geht es darum, positive Aufmerksamkeit in den spezifisch schwul-lesbischen Medien zu erreichen. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, Presseeinladungen an polnische Journalisten, die für zielgruppenspezifische Magazine in Polen schreiben, zu versenden und für diese Medienvertreter Pressereisen in die Destination zu organisieren. Hierbei kommen die Zeitschriften „Replika“ und das neu erschienene Magazin „Pride“ in Frage.145 Auf diese Weise können sich die Medienvertreter ein persönliches Bild von der Destination machen 145 Interview mit O2 am 09.08.2012 60 und im Anschluss darüber in den zielgruppenspezifischen Magazinen berichten. Des Weiteren sind bezahlte Anzeigen in den genannten zielgruppenspezifischen Magazinen möglich; es sollte jedoch bedacht werden, dass dem Artikel des Journalisten mehr Vertrauen entgegengebracht wird als einer bezahlten Anzeige. Die Pressearbeit ist in jedem Fall von zentraler Bedeutung für den Imageaufbau sowie die Vermittlung von Neuigkeiten und Besonderheiten aus der Destination. Ausgehend von einer hohen Affinität der Zielgruppe zur Kommunikationsplattform Internet und mit der Absicht, eine möglichst große Anzahl von homosexuellen Kunden, auch jenseits der schwul-lesbischen Ballungsräume, zu erreichen, könnte ebenso im Internet mit Bannern Werbung gestaltet werden und auf oft frequentierten zielgruppenspezifischen Internet-Portalen geschaltet werden. Zu diesen zählen in Polen Gejowo.pl, Innastrona.pl sowie Homiki.pl.146 Schließlich ergab die Auswertung der Interviewbögen, dass soziale Netzwerke im Internet zunehmend als eine geeignete Kommunikationsplattform zur Zielgruppenansprache angesehen werden. So können beispielsweise auf den Seiten der polnischen LGBT Organisationen wie „Lambda Warsaw Association“ Mitteilungen beziehungsweise Neuigkeiten über die Destination und ihre Marketing-Aktivitäten hinterlassen werden. Die aufgeführten Marketing-Maßnahmen sollten grundsätzlich nachhaltig angelegt sein und einhergehen mit einer langfristig konzipierten Strategie. In kürzeren Zeiträumen sind keine verlässlichen Erfahrungen im Umgang mit dem Gay Segment zu gewinnen. Sowie sich die Destination im polnischen Markt etabliert hat, kann schrittweise ein höheres Ziel angestrebt, und durch entsprechende Marketing-Maßnahmen umgesetzt werden (siehe Tab. 3). Eine Realisierung der in diesem Abschnitt genannten Kommunikationsmaßnahmen ist abhängig von dem verfügbaren Marketing-Etat der jeweiligen Tourismusorganisation. Das Land Polen soll für dieses Kapitel als ein Beispiel dafür dienen, wie sich eine mögliche Marktbearbeitung der homosexuellen Zielgruppe in einem osteuropäischen Land, in dem Homosexualität immer noch ein heikles Thema darstellt, gestalten lässt. Für andere osteuropäische Quellmärkte, in denen ähnliche länderspezifische Gegebenheiten herrschen, sind die Handlungsempfehlungen in gewissem Maße durchaus übertragbar. Allgemein gilt, dass in den Staaten Osteuropas mit einer sehr niedrigen Akzeptanz gegenüber 146 Interview mit O2 am 09.08.2012 61 Homosexuellen, die Ansprache dieses Segments in zielgruppenspezifischen Medien oder in codierter Form stattfinden sollte, um die Gefahr von negativen Imageeffekten zu vermeiden. 8. Fazit und Ausblick Ziel dieser Arbeit war es herauszufinden, inwieweit das homosexuelle Segment in Osteuropa bereits beworben wird und welche Chancen und Risiken eine Erschließung der Zielgruppe in Osteuropa für Tourismusorganisationen birgt, um sodann länderbezogene Handlungsempfehlungen hinsichtlich einer geeigneten Marktbearbeitung herauszuarbeiten. Aus den erhobenen Daten der Primärforschung wurde die Erkenntnis gewonnen, dass die homosexuelle Zielgruppe bisher nur mit einigen Einzelaktivitäten und kleineren Kampagnen von wenigen Tourismusorganisationen Osteuropas beworben wurde. Es existieren jedoch keine fundierten, nachhaltigen Marketing-Ansätze wie etwa in zahlreichen westeuropäischen Ländern, in denen das Gay Marketing bereits ein wichtiger Bestandteil der touristischen Vermarktung geworden ist. Die unerschlossenen Märkte Osteuropas bergen daher ein großes Potential, jedoch auch Risiken, die je nach Land unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Das wohl größte Risiko stellt die weit verbreitete Homophobie in Osteuropa dar, die auf einer jahrzehntelangen kommunistischen Propaganda und einer in weiten Teilen Osteuropas stark verwurzelten Religiosität basiert. Besonders stark ausgeprägt ist dieser Homosexuellen-Hass in Russland, der zusätzlich durch eine homophobe Gesetzgebung geschürt wird. Unter Berücksichtigung weiterer relevanter Einflussfaktoren auf die Marktbearbeitung in Russland, wird deutlich, dass die Hürden für eine Erschließung des Gay Segments derzeitig unüberwindbar sind. In anderen Ländern hingegen wie beispielsweise Polen verbessern sich die gesellschaftlichen Bedingungen Schritt für Schritt und bieten daher die Möglichkeit, diese Märkte mit einer den länderspezifischen Gegebenheiten angepassten Marketing-Kommunikation zu erschließen. Um die Risiken bei der Erschließung der homosexuellen Zielgruppe in osteuropäischen Ländern zu minimieren, sind Marktforschungen in den Quellmärkten notwendig, um umfangreiche Informationen über die homosexuelle Zielgruppe zu erfassen und daraus Erkenntnisse für die Marketing-Strategie zu gewinnen, da repräsentative 62 Marktforschungsstudien über das LGBT Segment in den osteuropäischen Ländern bisher nicht vorhanden sind. Anschließend stellt die Prüfung des eigenen Angebots auf Kompatibilität mit der homosexuellen Zielgruppe eine unbedingt erforderliche Grundlagenarbeit dar. Nur wenn das eigene Angebot kompatibel mit der Zielgruppe ist, kann eine Erschließung der Zielgruppe erfolgreich sein. Weiterhin sind die Faktoren Glaubwürdigkeit sowie Nachhaltigkeit entscheidend für den Erfolg der Zielgruppenansprache. Loyale Kunden lassen sich in diesem Segment nur dann gewinnen, wenn es der Destination gelingt, sich glaubhaft in der Zielgruppe zu positionieren. Gay Marketing sollte daher einhergehen mit einer umfassenden und langfristig angelegten Strategie, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Präsenz auf Veranstaltungen der Gay Community sowie Sponsoring-Aktivitäten einschließt. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sich Gay Tourismus insbesondere in jenen Ländern Europas etabliert hat, in denen die Gesellschaft zunehmend toleranter und die Gesetzgebung gegenüber Homosexuellen liberaler geworden ist. Die sexuelle Revolution in den 1960er Jahren trug in Westeuropa kontinuierlich zu einer Entkriminalisierung und zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz der Homosexuellen bei. Den osteuropäischen Staaten blieben solche direkten Einwirkungen aufgrund der kommunistischen beziehungsweise sozialistischen Periode versagt. Diese Periode bewirkte äußerst tiefgreifende politische, wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Veränderungen in allen Lebensbereichen, die noch lange nachwirken werden. Derzeitige Entwicklungen wie das Inkrafttreten von Anti-Homosexuellen-Gesetzen, fehlende Antidiskriminierungs- gesetzgebungen für Homosexuelle sowie gewaltsame Übergriffe auf Gay Pride Paraden verdeutlichen, dass es noch ein sehr weiter Weg für einige Länder wie beispielsweise Russland, Weißrussland oder die Ukraine ist, bis sich Gay Tourismus in diesen Staaten etabliert. Hingegen hat Tschechien das Potenzial dieser Zielgruppe erkannt, zeigt sich durch die gezielte Ansprache der Zielgruppe bewusst tolerant gegenüber Homosexuellen und vermittelt dadurch ein hohes Maß an Liberalität. Der Markteintritt weiterer osteuropäischer Destinationen in das Segment wird bewirken, dass sich auch andere Nachbarländer mit der Thematik auseinandersetzen und sich die Aufmerksamkeit gegenüber Homosexuellen als Zielgruppe weiterhin erhöhen wird. 63 Anhang 64 Interview mit NTO2 26. Juli 2012 My name is Anna Scherber. To finish my Bachelor’s degree in International Tourism Management, I am currently writing my Bachelor thesis about the topic ‘Opportunities and Threats of Gay Marketing in Eastern European Countries’. The aim of this paper is to analyse the current situation of gay marketing activities in Eastern Europe and to reveal possible barriers to tourism organisations wanting to promote gay products on the East European market. The interview is part of the data collection of my work. Therefore, I would kindly like to ask you to answer every question in at least 3 or 4 sentences. All information will be kept strictly confidential and will be evaluated anonymously. I appreciate your support! Thank you very much for participating in this study. 1) Is the gay community generally accepted in your country’s society? Can homosexuals be open about their sexuality or should they travel with caution in your country? „In the Czech Republic the gay community is generally accepted. Prague is the most liberal city in our country. In larger cities the acceptance of homosexuality is higher than in the countryside, but it is getting more and more better.“ 2) Is your company already operating in the gay market segment? Are gay tourists one of your target groups? - If yes: How do you reach the gay target group? Which marketing activities do you use? In which countries do you operate and why? Are you planning to extend your gay marketing activities in other countries? „Last year we started to promote gay tourism. Our marketing campaign promotes the country as a destination for lesbian and gay tourists. The campaign mostly uses print and online media. A market research confirms that gay and lesbian tourists constitute approximately ten percent of our travellers. In the United Kingdom, the Netherlands and Germany the campaign presents the Czech Republic as a safe, open and tolerant country suitable for gay and lesbian tourism.“ - If not: Have you done any kind of promotion for the gay segment in the past? Are you planning to target this group in the near future? Could you imagine building a working group or informal interest group who will work and discuss on gay marketing activities? 65 3) A range of national tourism organisations of Western European countries offer gay specific products to their homosexual clientele like guided city tours or a gay city guide as well as gay specific information about the country on their official Internet website. Do your company offer similar gay specific products or packages? „We do not provide any gay specific products or packages. But Prague has a separate web section on the official tourism Internet website with gay specific information about our capital: http://www.pragueelcome.cz/en/visit/prague-fit-toyour-tastes/queer/ “ - If yes: What products/services do you offer gay travellers? 4) Several gay marketing studies show that the gay community wants to be addressed directly with precise advertising messages. Would it be possible to use targeted advertising like gay specific marketing campaigns in the public or print media? „Definitely, it is! We didn’t have experienced any problem during our marketing campaign.” 5) Where do you see possible barriers or pitfalls to tourism businesses wanting to promote gay tourism products on the East European market? „Businesses are afraid of their reputation because of the society’s low acceptance towards homosexuals and the high influence of the church in several countries in East Europe.“ 6) Do you think that promoting gay tourism will damage the image of a company? „Promoting in gay Tourism won’t damage the image. On the contrary, a lot of people will be talking about that issue. The company’s awareness will increase. Thus, there could also arise competitive advantages.“ 7) Where do you see your company in the context of gay tourism in the future? „We hope to be capable to ensure a growing range of services and qualitative communication to the gay market segment. We are looking forward to expand our gay marketing activities in the near future.” 66 Interview mit O3 1. August 2012 My name is Anna Scherber. To finish my Bachelor’s degree in International Tourism Management, I am currently writing my Bachelor thesis about the topic ‘Opportunities and Threats of Gay Marketing in Eastern European Countries’. The aim of this paper is to analyse the current situation of gay marketing activities in Eastern Europe and to reveal possible barriers to tourism businesses wanting to promote gay products on the East European market. The interview is part of the data collection of my work. Therefore, I would kindly like to ask you to answer every question in at least 3 or 4 sentences. All information will be kept strictly confidential and will be evaluated anonymously. I appreciate your support! Thank you very much for participating in this study. 1) Is the gay community generally accepted in your country’s society? Can homosexuals be open about their sexuality or should they travel with caution in your country? „Unfortunately not! There is still widespread homophobia in Russia. Public opinion polls show that the majority of the society still believe that homosexuality is a disorder that need to be treated, or a violence of norms for which the person should be isolated from the society. In addition, there is a wave of homophobic legislation, banning the so called ’gay propaganda’ that also suggests that homosexuality is something dangerous. Generally, same-sex couples should not show their homosexuality open in Russia.“ 2) Several gay marketing studies show that the gay community wants to be addressed directly with precise advertising messages. Would it be possible to use targeted advertising like gay specific marketing campaigns in the public or print media? „Perhaps it would only be possible in a few specific gay magazines, or by distributing leaflets in specific gay venues. Especially in St. Petersburg openly gay advertising is not possible in public spaces because of the vague local anti gay propaganda law and the self-censorship of the advertising companies.” 3) Where do you see possible barriers or pitfalls to tourism businesses wanting to promote gay tourism products on the East European market? „Almost every company in Russia does not consider the LGBT community as a target group to be worked with. Everything that is concerning the gay issue is closeted because it involves higher risks for the businesses, especially for the image in Russia.” 67 4) Would you advise against gay promotion in your country because of the religious influence on your country’s society and little social acceptance of homosexuality? „No, because the situation won’t change anything. All stakeholders should join their efforts. I believe that it is especially possible for large international cooperation to lead the trend, as they are more resistant to certain crisis. At the same time I do think that gay promotion in Russia is not an easy task because of the social attitude of ignorance and homophobia.” 5) Does your country have gay specific magazines that tourism businesses could use to reach and promote the gay target group or any LGBT radio stations in your country? “Yes, we have the magazines “Queer” and “Pinx”. They are only obtainable through the Internet. There is also one radio station broadcasting over the Internet, but unfortunately I can’t remember the name right now.” 6) Could you imagine that domestic gay marketing of your country’s tourism organisation could contribute enhancing the image of your country? „Because of the repression of homosexuals in Russia, our country’s image has suffered internationally. In this way gay marketing would help to enhance the image of Russia. But unfortunately Russian authorities prevent all types of gay marketing because of the recently introduced gay propaganda law.” 7) Where do you see your country in the context of gay tourism in the future? „I think the development of gay tourism in Russia will develop very slowly. It will probably take a couple of decades before it can really start being a significant part of the tourism industry. In the nearest future, I think gay tourism will be closeted and only promoted in gay specific spaces.” 68 Symbolik der Gay Community Regenbogenflagge Die Regenbogenflagge, auch Regenbogenfahne genannt, gilt als das bekannteste Symbol der Homosexualität. Erstmals wurde sie 1978 bei einer Homosexuellendemonstration eingesetzt. Sie steht neben Vielfalt auch für Lebensfreude und Zusammengehörigkeit. Lambda Das griechische Lambda wurde 1970 von der amerikanischen Schwulenbewegung zum Symbol ernannt und steht für Befreiung. Heutzutage findet es nur noch selten Verwendung. Rosa Winkel Während der Hitlerdiktatur wurden Homosexuelle in den Konzentrationslagern mit einem rosa Winkel gekennzeichnet. In den 1970er Jahren übernahm die deutsche Schwulenbewegung diesen Winkel, um ihre Homosexualität öffentlich zu bekennen. Die Farbe Rosa wird daher auch mit Homosexualität verbunden. 69 Literaturverzeichnis Absatzwirtschaft (2010) Mit Marktkenntnissen vom Aufschwung in Osteuropa profitieren, http://www.absatzwirtschaft.de/content/marketingstrategie/news/mit-marktkenntnissenvom-aufschwung-in-osteuropa-profitieren;70784, Abruf am 05.06.2012 Arte (2012) Russland: Verstärkte Repression, http://www.arte.tv/de/6841984,CmC=6843258.html, Abruf am 12.08.2012 Auswärtiges Amt Deutschland (2012) Menschenrechtsbeauftragter Löning: „Homosexuelle sind keine Menschen zweiter Klasse“, http://www.auswaertigesamt.de/nn_582138/sid_5AA8CAC9CE5B6069A3D012EF4C76C09A/DE/Infoservice/Press e/Meldungen/2012/120515-MRHH_Tag_Homophobie.html?nnm=582146, Abruf am 11.07.2012 Ballegaard, N. and Chor, J. (2009) Gay and Lesbian Tourism - Travel Motivations, Destination Choices and Holiday Experiences of Gays and Lesbians, Masterarbeit, Copenhagen Business School and University of Southern Denmark Bauer, W. 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