Dr. med. Walter Stübecke für die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin St. Georg Klinikum Eisenach 1934 Arnold Lucius Gesell veröffentlicht: den Atlas of Infant Behavior Hiervon beeinflusst erschien 1943 Kanners Artikel: autistische Störungen des affektiven Kontaktes mit der Hauptaussage: bei autistischen Kindern liege ein angeborener Mangel an Bedürfnissen n. sozialem Kontakt vor Kanner betonte zusätzlich die Störungen der kommunikativen Fähigkeiten, er beschrieb: Sprachauffälligkeiten z.B. Echolalie, Umkehr der Personalpronomina, fehlendes Verständnis für Symbole u. abstraktes Material, Interesse an unbelebter Umwelt, starke Reaktionen auf Geräusche, Bedürfnis n.konstantem Tagesablauf u. Umgebung Den Begriff Autismus entlehnte Kanner von Eugen Bleuler, der den egozentrischen Rückzug schizophrener Patienten auf sich selbst als Autismus bezeichnet hatte. Asperger beschrieb 1944 in seinem Artikel: autistische Psychopathien im Kindesalter Patienten mit Verarmung von Kommunikation, Mimik u. Gestik, merkwürdigem Blickkontakt, schwacher Empathie, Neigung zu Aggressionen, auffälliger Motorik Internationale Anerkennung bekam das Aspergersyndrom erst 1981, nachdem Lora Wing eine engl. Übersetzung des Aspergerartikels vorlegte. F 84.0 F 84.1 F84.2 F84. 3 F84.4 F84.5 frühkindlicher Autismus Atypischer Autismus Rettsyndrom andere desintegrative Störungen des Kindesalters Überaktive Störung mit Intelligenzminderung u. Bewegungsstereotypien Aspergersyndrom Beginn vor dem 30.-36.Lebensmonat Spezif. schwere u. allgemeine Störung, soziale Beziehungen einzugehen Spezif. Störung der Kommunikation Stereotypien, zwanghafte Rituale, Bindung an ungewöhnliche Objekte Häufigkeit 0,2 Promille bis 0,1%, Knaben : Mädchen 2-4:1, Geistige Behinderung bei 80% Stufenschema der Leitlinie der Dt. Ges. für Kinder- und Jugendpsychiatrie u. Psychotherapie 2007 ADI-R (Autismus-Diagnostisches Interview in Revision, Rühl et al., 2004) Das ADI-R ist ein standardisiertes, halbstrukturiertes Interview. Eltern sowie engste Bezugspersonen des Kindes werden dabei über das Auftreten autismustypischer Verhaltensweisen im Verlauf der kindlichen Entwicklung befragt. Durch differenzierte Fragestellungen erhält der Beurteiler ein umfassendes Bild vom Kind und bewertet dessen Verhalten in den drei bekannten Verhaltensbereichen. CARS (Autismus-Beurteilungsskala nach Schopler, Steinhausen, 1993) Die CARS stellt eine Beurteilungsskala dar, die verschiedene Funktionsbereiche überprüft. Die Bewertung erfolgt auf einer vierstufigen Skala (von 1 = unauffällig bis 4 = hochgradig abnorm). Der Gesamtwert sowie die Anzahl der Bereiche, in denen das Kind 3 oder mehr Punkte erhält, bilden die Grundlage für die diagnostische Einschätzung. PEP-R (Psychoeducational Profile, XXX) Das PEP-R wurde im Rahmen des TEACCHProgramms in North Carolina aus der praktischen Arbeit mit Autisten heraus entwickelt. Es wird zur Förderdiagnostik bei Kindern mit Autismus oder verwandten Entwicklungsstörungen eingesetzt. Ziel ist es dabei, ein Entwicklungsprofil zu erstellen, aus dem sich einzelne Förderbereiche ableiten lassen. Neben Aussagen über den aktuellen Entwicklungsstand des Kindes ist auch die Erfassung von Auffälligkeiten in vier Verhaltensbereichen möglich AAPEP (Adolenscent and Adult Psychoeducational Profile, Mesibov et al., 2000) Der AAPEP stellt die Weiterentwicklung des PEP-R für Jugendliche und Erwachsene dar. Der Bogen erfasst Kompetenzen des Betroffenen im Hinblick auf seine berufliche und gesellschaftliche Eingliederung. In sechs Kompetenzbereichen können Förderbereiche zum Arbeitsverhalten, zur Freizeitgestaltung oder zu zwischenmenschlichen Beziehungen abgeleitet werden. Außerdem findet der soziale Kontext stärkere Beachtung. So sind im AAPEP zwei strukturierte Interviews mit dem häuslichen, dem schulischen oder beruflichen Umfeld enthalten. Screening-Tools gehören die modifizierte Checkliste für Autismus bei Kleinkindern (MCHAT), die Früherkennung von autistische Züge Fragebogen, und das erste Jahr Inventory, erste Daten über die M-CHAT und sein Vorgänger CHAT auf Kinder im Alter von 18-30 Monaten deutet darauf hin, dass es ist am besten in einem klinischen Umfeld eingesetzt werden und dass es eine niedrige Sensitivität (viele falsch-negativ), aber gute Spezifität (wenige False Positives). Screening-Tools für eine Kultur-Normen für Verhaltensweisen wie Blickkontakt ausgebildet sein kann für eine andere Kultur ungeeigne ADOS (Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen, Rühl et al., 2004) Für das Kind wird eine Reihe von Situationen geschaffen, die eindeutigen Aufforderungscharakter zur sozialen Interaktion besitzen. Der Beurteiler schätzt ein, inwieweit das Kind diese Situationen angemessen aufgreift. Das ADOS ist das inzwischen am häufigsten angewandte Instrument bei der Diagnostik autistischer Störungen. Differentialdiagnostischer Entscheidungsbaum für autistische Störungen Hierbei handelt es sich um einen frühkindlichen Autismus mit einem Erkrankungsalter im o. nach dem 3. Lebensjahr High Funktion Autisten weisen IQ > 70 auf Wahrscheinlich biologische Ursache: Erkrankungsrisiko bei Geschwistern um 50fach erhöht Zwillingsstudien Hohe Konkordanz mit geistiger Behinderung , Assoziation mit genetischen Erkrankungen Geringe Umweltabhängigkeit Deprivation verursacht anderes Leiden Beziehungsstörungen treten nicht so früh deutlich in Erscheinung (nicht vor 36 Monate) typisch: Mangel an Einfühlungsvermögen, Distanzlosigkeit, Humorlosigkeit, große Probleme ab Schulalter Sprachentwicklung: häufig früher Beginn, Jedoch Mängel der kommunikativen Abstimmung mit Gesprächspartner Intelligenz : von durchschnittlich bis überdurchschnittlich Ausgefallene Sonderinteressen z.B. : Steine, Vögel, etc. Ausschluss anderer Aktivitäten repetitives Befolgen der Aktivität mehr Routine als Bedeutung Rede- und Sprachbesonderheiten (mindestens drei der folgenden Merkmale): verzögerte Entwicklung (oberflächlich gesehen) perfekter sprachlicher Ausdruck formelle, pedantische Sprache seltsame Prosodie, eigenartige Stimmmerkmale beeinträchtigtes Verständnis einschließlich Fehlinterpretationen von wörtlichen/implizierten Bedeutungen Nonverbale Kommunikationsprobleme (mindestens zwei der folgenden Merkmale) begrenzter Blickkontakt begrenzte Gestik unbeholfene oder linkische Körpersprache begrenzte Mimik unangemessener Ausdruck eigenartig starrer Blick Motorische Unbeholfenheit Mangelnde Leistung bei Untersuchung der neurologischen Entwicklung Störung der Exekutivfunktionen Hierzu zählen : vorausschauendes Denken, Planungsprozesse, zielgerichtetes problemorientiertes Handeln Aufmerksamkeitsstörungen Schlafstörungen Im Verlauf Depressionen Wg. der sozialen Integrationsstörung, Verhaltensstörungen, Depressionen werden im Verlauf Psychotherapie, Beratung von Patient und Eltern, ggf. Partnern notwendig, bereits im Kindes o. Jugendalter Training von Sozialfertigkeiten, dazu funktionelle Behandlung der motorischen Probleme Partnerbeziehungen sind seltener Schul- und ggf. Hochschulabschluß sind abhängig von Intelligenz und Förderung möglich Häufig Depressionen und Suizidgedanken Das Aspergersyndrom keine Vorform der Schizophrenie Fr. Dr. Preißmann, Ärztin und Aspergerpatientin, bei der die Diagnose erst mit 27 Jahren berichtet: sie könne z.B. den Kontext in Filmen o. Romanen nicht erschließen oder auch Sprichwörter nicht verstehen z.B. als in einem Kurs gesagt wurde in dem Ort würden die Bürgersteige bereits um 18:00 hochgeklappt, habe sie sich schwere Sorgen gemacht Autismus u. Aspergersyndrom werden in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen n. SGB IX explizit genannt. Ein GdB von 50 bis 100 ist vorgesehen, ggf. auch Merkzeichen z.B. H,G,B. Die Versorgungsämter beurteilen nach Aktenlage. Hier führen die Positivaussagen der Förderschulen u. Behandlungseinrichtungen zu unangemessenen Beurteilungen Die Pflegeversicherung lässt Gutachten zum Pflegebedarf auch von autistischen Kindern von Pflegefachkräften erstellen, die nicht über spezifische Erfahrung verfügen. Eine Fehleinstufung ist daher nicht selten. Bei einem nach Abzug des physiologischen Pflegebedarfes für die spef. Verrichtung Gesamtgrundpflege- bedarf von 46 Minuten tgl. besteht Anspruch auf Pflegegeld nach Stufe 1etc. 7.3 Rechtsansprüche nach Lebensabschnitten a) Heilpädagogische Leistungen und Frühförderung Mit einer Autismustherapie in einem spezialisierten Autismus-Therapie-Zentrum sollte im Vorschulalter möglichst früh begonnen werden. Die dort zu erbringenden heilpädagogischen Leistungen sollen eine drohende Behinderung abwenden oder die Folgen einer Behinderung beseitigen oder abmildern, § 56 SGB Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Sie werden an schwerstbehinderte und schwerstmehrfachbehinderte Kinder, die noch nicht eingeschult sind, nach fachlicher Erkenntnis immer erbracht, § 56 SGB Abs. 1 Satz 2 SGB IX Leistungen der Frühförderung (§ 30 SGB IX) können zusammen mit heilpädagogischen Leistungen (§ 56 SGB IX) als Komplexleistung durchgeführt werden, d.h. von einer Einrichtung, § 30 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Die Zuständigkeit ist wie folgt geregelt: Die Sozialhilfe- oder Jugendhilfeträger finanzieren die Komplexleistungen in den interdisziplinären Frühförderstellen. Die Krankenkassen sind für die Leistungen in den sozialpädiatrischen Zentren zuständig. Ein Antrag kann bei jedem in Betracht kommenden Kostenträger gestellt werden. Die interdisziplinären Frühförderstellen und die sozialpädiatrischen Zentren sollten, sobald Anzeichen einer autistischen Störung festgestellt werden können, möglichst bald an ein spezialisiertes Autismus-Therapie-Zentrum verweisen. b) Ambulante Autismustherapie als Hilfe zur Schulbildung Mit dem Beginn der Schulpflicht ist die Autismustherapie als Hilfe zur angemessenen Schulbildung zu gewähren. Die Kosten einer notwendigen Autismustherapie in einem spe zialisierten Autismus- Therapie-Zentrum müssen von der Eingliederungshilfe über nommen werden; entweder vom Sozialamt nach §§ 53, 54 SGB XII oder vom Jugendamt nach § 35a SGB VIII i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII. Der Umfang der Therapie pro Woche und die Gesamtdauer richten sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls. d) Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Autismus; Nachteilsausgleich Grundlegend sind die Empfehlungen der Kultusminister-Konferenz (KMK) aus dem Jahr 2000 zur Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Autismus. Sie beschreiben vor allem den sonderpädagogischen Förderbedarf (s. Kap. 6.3 Dr. med. Walter Stübecke für die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin St. Georg Klinikum Eisenach