Selbstschaedigendes Verhalten_Vortrag_Sabine Korda

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SELBSTSCHÄDIGENDES
VERHALTEN
Sabine Korda
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik
u. Psychotherapie im Kindes u. Jugendalter
Email: [email protected]
SELBSTVERLETZUNG - EINE
MODEERSCHEINUNG?
Keine Einzelfälle:
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Schätzuneng: in Deutschland 0,7 % bis 1,5 %
Verteilung Frauen : Männer zwischen 3:1 und 9:1
Ca. 800.000 Mädchen
In der Jugendkultur: ein Phänomen
Musik: „Hurt“ (Jonny Cash), „Rote Tränen“ (Goethes
Erben), „Part of me“ (Linkin Park), „Narben“ (Böhse
Onkels), „Leider“ (Eisbrecher), „Narben“ (Subway to
Sally), „Rasierklingenliebe“ (Casper)
Literatur/Filme: „Allein“, „Dreizehn“, „Secretary“ und
„Two days with Juliet”
Mode
Soziale Netzwerke, Foren
WER VERLETZT SICH SELBST?
Heidelberger Schulstudie (2004-2005)
• Sämtliche 9.Klassen aller Schularten (5759
Schüler)
• Risiokoverhaltensweisen und emotionale
Verhaltensauffälligkeiten im Selbstfragebogen
• Auftreten und Häufigkeit selbstverletzenden und
suizidalen Verhaltens
• Gelegentliche Selbstverletzung: ein- bis dreimal
pro Jahr
• Repetitive Selbstverletzung: vier- bis mehrmals
im Jahr
• Suizidale Ideen, Handlungspläne oder
Suizidversuche?
ERGEBNISSE
Heidelberg
Suizidversuche:
Ulm
7,9%
pro Klasse(N = 25)
6,5%
2 Betroffene
Suizidgedanken:
14,4%
15,6%
4 Betroffene
selbstverl. Verh.:
14,9%
25,6%
4 -6 Betroffene
Nur wenige Betroffene sind in psychologischer Behandlung:
Bei gelegentlicher Selbstschädigung:14,8 % (= Jeder
Siebte!)
Bei wiederholter Selbstschädigung: 27,1% (= Jeder
Vierte!)
RISIKOFAKTOREN FÜR SELBSTVERLETZENDES
VERHALTEN BEI MÄDCHEN
•
Repetitives SVV
Niedriger Bodymassindex
• Schlechte Schulnoten
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gelegentliches SVV:
Schultyp
Schulleistungsfähigkeit
• Gesundheitliche Probleme von Eltern oder Geschwistern
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Beide Typen des SVV:
Suizidale Ideen (18-fach erhöhtes Risiko für repetitive SVV)
Vorgeschichte m. Suizidversuchen
Angst und Depression
Delinquentes Verhalten
• Rauchen
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Nicht mit SVV assoziiert:
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Trennung der Eltern
Finanzielle Probleme
Wohnprobleme
WEITERE SCHLUSSFOLGERUNG
Schüler mit selbstschädigenden
Handlungen haben häufiger psychosoziale
Probleme:
Alkoholkonsum
Drogengebrauch
Störungen des Essverhaltens
Körperliche Erkrankungen
EINTEILUNG DES SELBSTVERLETZENDES
VERHALTEN
3 Typen:
• Major Self-Mutilation: seltene Form mit
seltenen, aber sehr schwerem SVV
• Stereotypic Self-Mutilation: ritualisiert,
häufig ohne erkennbare Funktion
• Superficial or Moderate Self-Mutilation:
häufigste Form, oberflächliche
Verletzungen, häufig auch
demonstrative Komponente
ARTEN DES SELBSTVERLETZENDEN
VERHALTENS
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Verletzung mit scharfen Gegenständen (Messer,
Scherben, Rasierklingen)
Verbrennen / Vereisen
Sich selbst schlagen
Schlagen mit Kopf oder Fäusten an Wände oder
Mobiliar
Kratzen bzw. Aufkratzen alter Wunden
Schlucken von Medikamenten oder Chemikalien (z.B.
Spülmittel)
Hungern bis zum Zusammenbruch
Fingernägel abreißen oder abbeißen bis zum
Nagelbett
Ausreißen der Haare
Auspowern durch Sport bis zur totalen Erschöpfung
RISKANTES VERHALTEN / SELBSTSCHÄDIGENDES VERHALTEN
Verhalten, dass das Risiko beinhaltet,
Verletzungen zu erleiden oder sich selbst
auf emotionaler oder sozialer Ebene zu
schädigen.
• Schnelles Fahren (Fahrrad, Motorrad,
Auto)
• Balancieren über große Höhen,
• riskanter Sex / riskante
Kontaktgestaltung
• Piercing / Tätowierungen?
• Kleptomanie
SELBSTVERLETZUNG = PSYCHISCHE
STÖRUNG?
Selbstverletzung
als Symptom psychischer Störungen
als Ausdruck emotionaler Krisen
als Anpassung an psychosoziale
Umstände
SELBSTVERLETZUNG = BORDERLINE?
•
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Selbstverletzendes Verhalten nicht das
typische Anzeichen für ein BorderlineSyndrom
Leitsymptome:
• Impulsivität
• Mangelnde Affektive
Regulationsfähigkeit
• Ich-Störung
• Soziale Schwierigkeiten
SSV auch bei anderen psychischen
Erkrankungen
Nicht alle Borderliner schädigen sich nach
außen hin sichtbar
GRÜNDE FÜR SELBSTVERLETZUNG
Häufig multifaktoriell:
• Spannungsreduktion
• Selbstbestrafung
• Appellativ
• Manipulation
• Gruppendynamik
„FUNKTION“ DES SELBSTVERLETZENDEN
VERHALTENS
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Starke Anspannungen aushalten
Stark aversive Gefühle aushalten
Reaktionen der Umwelt (dysfunktionale
Beziehungsgestaltung)
Meistens keine Selbsttötungsabsicht (in
Abgrenzung zu parasuizidalem oder
suizidalem Verhalten)
Selbstbestrafung aufgrund
dysfunktionaler Grundannahmen
ERKLÄRUNG
HINTERGRUND
Multifaktorielle Genese:
• Genetische Veranlagung
• Entwicklungsbiologische Faktoren
• Aktuelle Stressoren
Neurobiologisches Korrelat:
• Hyperaktive Amygdala
• „Ausschaltung“ des Kortex
WIE MIT SSV UMGEHEN?
Bei Auffälligkeiten, Veränderungen oder unklaren
Verhaltensweisen: offenes Gespräch suchen!
Hierbei ist die eigene Haltung wichtig:
• Echtes Interesse
• Validierung
• Hilfe suchen / annehmen positiv verstärken
Professionelle Helfer können
• Vermitteln daß über die Schwierigkeiten
gesprochen werden kann
• Können durch Aufklärung den Bezug zur
Realität herstellen
THEMA SUIZIDALITÄT
Keine Angst!
Suizidalität kann nur erkannt werden, wenn man
darüber spricht
Man bringt niemanden auf die Idee sich zu
suizidieren, indem man darüber spricht. Das
Vorurteil „Keine schlafenden Hunde wecken“
trifft nicht zu
Direkte wie indirekte Suizidhinweise müssen
aufgegriffen und angesprochen werden! Sie sind
häufig vor Suizidhandlungen zu finden. Das
Vorurteil „wer darüber spricht tut es nicht“ trifft
nicht zu
NOTWENDIGE VERÄNDERUNGEN
Multimodales Konzept:
• Arbeit mit der Jugendlichen und der Familie
• Erziehungsberatung / Hilfen zur
Erziehung
• Familientherapie
• Erlernen von Verhaltensalternativen:
• Psychotherapie
• Fertigkeitentraining
ZUGANG ZU HILFSANGEBOTEN UND
BEHANDLUNG
Ambulante Vorstellung zur elektiven Abklärung:
• Niedergelassener Kinder- und Jugendpsychiater
• Ambulanz der Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie
In Notfällen (krisenhafte Entwicklung, Abklärung
Suizidalität) Vorstellung
• beim behandelnden Arzt
• In der Notfallambulanz der Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie
Stehen familiäre / pädagogische Probleme im
Vordergrund: ASD / Jugendamt
HILFSANGEBOTE
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•
Kinder- und Jugendpsychiater:
• Aufklärung und Psychoedukation nach
Diagnostik
• Medikamentöse Therapie
Psychotherapie:
• Ambulant (KVB)
• Stationär: psychosomatische Kliniken
Stationäre Behandlung
• Akutpsychiatrie
• DBT-A
FORTBILDUNG
http://www.awp-berlinonline.de/fortbildung/uebersicht
http://www.awp-freiburg.de/de/kurse/dbt/kursetermine.html
THERAPIE-MANUAL
DBT-A: Dialektisch-behaviorale
Therapie für Jugendliche
Fleischhaker, Sixt, Schulz,
Therapiemanual mit Arbeitsbuch auf
CD
2011 Springer Verlag, Berlin
ISBN 978-3-642-13007-6
39,95 €
STATIONÄRE DBT-A
SHG-Klinik Kleinblittersdorf
http://sb.shgkliniken.de/fileadmin/user_upload_sonnenberg/flyer/Konzeption_DBTA_Station.pdf
Klinik Rheinhöhe, Wehrheim
http://www.vitos-rheingau.de/fileadmin/user_upload/TG-Rheingau/pdfDateien/KJP/Flyer_DBT-A_Rheinhöhe.pdf
Uni Frankfurth:
http://www.kgu.de/fileadmin/redakteure/Fachkliniken/KinderJugendmedizin/Psychiatrie_I/Flyer_DBT-A_ab_082012.pdf
LVR-Klinik, Bedburg-Hau:
http://www.klinik-bedburg-hau.lvr.de/02kliniken/kinder+und+jugendpsychiatrie/03stationen/flyerdbt.pdf
Klinikum Idar-Oberstein
http://www.krankenhaus-idar-oberstein.de/fileadmin/user_upload/PDF/kjpp-iodbt-a-programm.PDF
SELBSTHILFE
Internetforen:
http://forum.rotetraenen.de/
http://ndhome.seele-verloren.de/
http://www.rotelinien.de/ (Angehörige)
LITERATUR
Stefanie Ackermann: Selbstverletzung als Bewältigungshandeln junger
Frauen. Mabuse Verlag, Frankfurt am Main 2002.
Norbert Hänsli: Automutilation – Der sich selbst schädigende Mensch im
psychopathologischen Verständnis. Verlag Hans Huber Ber, Göttingen
1996.
Ulrich Rohmann: Selbstverletzendes Verhalten. Überlegungen, Fragen
und Antworten. 1998.
Ulrich Sachsse: Selbstverletzendes Verhalten. PsychodynamikPsychotherapie, das Trauma, die Dissoziation und ihre Behandlung. 6.
Auflage 2002.
Gerrilyn Smith et al: Selbstverletzung. Damit ich den inneren Schmerz
nicht spüre ... Ein Ratgeber für betroffene Frauen und ihre Angehörigen.
2000.
Mike Smith: Hilfen für Menschen mit selbstverletzendem Verhalten.
2000.
Marilee Strong: A Bright Red Scream. Self-mutilation and the language of
pain. Penguin Books, 1999.
Kristin Teuber: Ich blute, also bin ich. Selbstverletzung der Haut von
Mädchen und jungen Frauen. Centaurus Verlag, Herbolzheim 2000.
Steven Levenkron: Der Schmerz sitzt tiefer. Selbstverletzung verstehen
und überwinden. 2001.
VIELEN DANK FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT!
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