Justus-Liebig-Universität Gießen Fachbereich Mathematik und Informatik, Physik, Geographie Studiengang Geographie (Diplom) Klimawandel und Regionalplanung in Hessen Evaluation regionalplanerischer Aussagen zu klimarelevanten Themen in ausgewählten hessischen Regionalplänen genehmigte Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Diplom angefertigt durch: Frank Selle 1. Gutachter: Prof. Christian Diller 2. Gutachter: Dr. Matthias hias Höher Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. V Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................................... VIII 1 Einleitung .......................................................................................................................1 2 Der Klimawandel.............................................................................................................3 3 2.1 Aussagen des vierten IPCC-Reports zum Klimawandel ..................................................5 2.2 Betroffenheit Europas durch den Klimawandel .............................................................8 2.3 Klimaprojektionen für Deutschland................................................................................9 2.4 Klimawandel in Hessen .................................................................................................12 2.5 Zusammenfassung ........................................................................................................17 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung .................................... 19 3.1 Betroffenheit von Raumordnung und Raumplanung durch den Klimawandel ............20 3.2 Herausforderungen im Umgang mit den Folgen des Klimawandels ............................26 3.3 Neue Ansätze für die räumliche Planung im Umgang mit den Folgen des Klimawandels ................................................................................................................31 3.4 Bedeutung der regionalen Ebene im Kontext des Klimawandels.................................36 3.5 Zusammenfassung ........................................................................................................40 4 Methodische Vorgehensweise ....................................................................................... 42 5 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen ............................................................................................................. 50 5.1 Klimabewertung des Raumes .......................................................................................50 5.2 Vorgaben der Landesplanung .......................................................................................52 5.3 Klimafunktions- und Klimabewertungskarte Hessen ...................................................55 5.4 5.3.1 Klimafunktionskarte Hessen (KFK) ..........................................................55 5.3.2 Klimabewertungskarte Hessen (KBK) .....................................................57 Ausweisungen klimarelevanter Bereiche .....................................................................59 5.4.1 Bereiche für besondere Klimafunktionen...............................................60 II Inhaltsverzeichnis 5.4.2 Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen ...............................62 5.4.3 Abgrenzung klimarelevanter Bereiche im RegFNP 2007 unter Verwendung einer flächendeckenden Kaltluftsimulation ......................65 5.4.4 Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RPM 2008 und RPS 2007 .........................................................................68 5.5 6 Zusammenfassung und Bewertung ..............................................................................69 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im Regionalplan Mittelhessen 2001 und Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 ....................................................................... 73 6.1 Gegenüberstellung der klimarelevanten Flächenausweisungen .................................74 6.2 Flächenbilanz der Klimafunktionsflächen .....................................................................76 6.3 6.2.1 Flächenbilanz der Bereiche für besondere Klimafunktionen .................79 6.2.2 Flächenbilanz der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen ..82 Fallstudienanalyse ........................................................................................................85 6.3.1 Bebauungsplan Sandfeld Nord ...............................................................88 6.3.2 Bebauungsplan Kirchfeld ........................................................................89 6.3.3 Bebauungsplan An den Hardtwiesen II...................................................89 6.3.4 Bebauungsplan Brackeborn ....................................................................90 6.3.5 Bebauungsplan Lahnstraße ....................................................................91 6.3.6 Bebauungsplan Auf den Wiebeläckern...................................................92 6.3.7 Bebauungsplan Schimmelseite ...............................................................92 6.3.8 Bebauungsplan Vor dem Polstück ..........................................................92 6.3.9 Bebauungsplan Neuselters Mineralquellen............................................93 6.3.10 Bebauungsplan Haintgesfeld 2 ...............................................................94 6.3.11 Bebauungsplan Offenbach West / B 255 ................................................95 6.3.12 Bebauungsplan Am Wetzlarer Weg / Brückenhohl ................................96 6.3.13 Bebauungsplan Kaspar-Schwan-Straße ..................................................97 6.3.14 Bebauungsplan Hohl 2. Änderung .........................................................97 6.3.15 Bebauungsplan Sandhute .......................................................................97 6.3.16 Bebauungsplan In der Kropbach .............................................................98 6.3.17 Bebauungsplan Hute...............................................................................99 6.3.18 Bebauungsplan Große Hohl ..................................................................100 6.3.19 Bebauungsplan Auf den Rieden (4. Änderung).....................................101 6.3.20 Bebauungsplan Wingertsberg 1. Änderung ..........................................101 III Inhaltsverzeichnis 6.3.21 6.4 7 Bebauungsplan Gehnberg ....................................................................102 Zusammenfassung und Diskussion .............................................................................105 Zusammenfassung und Fazit ........................................................................................ 110 Literatur- und Quellenverzeichnis ......................................................................................... 117 Eidesstattliche Versicherung ................................................................................................. 122 IV Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Von den regionalen Klimamodellen REMO, CLM, WETTREG und STAR für das 1BEmissionsszenario projizierte Änderung der Jahresmitteltemperatur in den Perioden 2021-2050 (oben) und 2071-2100 (unten) im Vergleich zum modellspezifischen Kontrollzeitraum 1961-1990. .......................................................................................9 Abbildung 2: Von den regionalen Klimamodellen REMO, CLM, WETTREG und STAR für das A1BEmissionsszenario projizierte relative Änderung der mittleren Niederschlagsmenge im Sommer (JJA) in den Perioden 2021-2050 (oben) und 2071-2100 (unten) im Vergleich zum modellspezifischen Kontrollzeitraum 1961-1990. .............................10 Abbildung 3: Von den regionalen Klimamodellen REMO, CLM, WETTREG und STAR für das A1BEmissionsszenario projizierte relative Änderung der mittleren Niederschlagsmenge im Winter (DJF) in den Perioden 2021-2050 (oben) und 2071-2100 (unten) im Vergleich zum modellspezifischen Kontrollzeitraum 1961-1990 ..............................11 Abbildung 4: Naturräume in Deutschland nach UBA 2007 .............................................................12 Abbildung 5: Änderung der Tagesmaximumtemperatur von 2001-2010 bis 2091-2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1981-2000 (Dekadenmittelwerte für Hessen) .....................13 Abbildung 6: Änderung der Tagessumme des Niederschlags von 2001-2010 bis 2091-2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1981-2000 (Dekadenmittelwerte für Hessen) ...13 Abbildung 7: Perspektiven von UVP/SUP und Climate Proofing .....................................................35 Abbildung 8: Lage der acht Modellregionen des KlimaMoro in Deutschland.................................39 Abbildung 9: Räume mit Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung ....................................54 Abbildung 10: Ausschnitt der Klimafunktionskarte Hessen (Maßstab 1:200.000) mit Legende. ...56 Abbildung 11: Ausschnitt aus der Klimabewertungskarte Hessen.................................................59 Abbildung 12: Ausschnitt aus dem Regionalplan Mittelhessen 2001 im Bereich der Stadt Gießen .....................................................................................................................61 Abbildung 13: Ausschnitt aus dem Regionalplan Südhessen 2000 im Bereich der Stadt Bad Homburg vor der Höhe ....................................................................................61 Abbildung 14: Ausschnitt aus dem Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 im Bereich der Stadt Gießen .....................................................................................................................64 Abbildung 15: Ausschnitt aus dem Regionalplan Südhessen Entwurf 2007 im Gebiet der Stadt Bad Schwalbach .......................................................................................................64 Abbildung 16: Ausschnitt aus dem Vorentwurf des Regionalen Flächennutzungsplans für das Gebiet des Ballungsraumes Frankfurt/Rhein-Main im Bereich der Stadt Bad Homburg vor der Höhe ....................................................................................65 Abbildung 17: Schematische Darstellung der Abgrenzung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen im RegFNP 2007 ...........................................................................66 Abbildung 18: Schematische Darstellung der Abgrenzung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen im RPS 2007 .................................................................................68 Abbildung 19: Schematische Darstellung der Abgrenzung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen im RPM 2008 ................................................................................69 Abbildung 20: Darstellung der Bereiche für besondere Klimafunktionen im RPM 2001 und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RPM 2008 ..................75 V Abbildungsverzeichnis Abbildung 21: Bebauungspläne im Raumordnungskataster Mittelhessen, die Bereiche für besondere Klimafunktionen schneiden...................................................................80 Abbildung 22: Ausgewiesene Flächen in den Bereichen für besondere Klimafunktionen im RPM 2001, anteilig nach Nutzungsart ..............................................................................81 Abbildung 23: Bebauungspläne im Raumordnungskataster Mittelhessen, die Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen schneiden .............................................................82 Abbildung 24: Bebauungspläne im Raumordnungskataster Mittelhessen, die Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen schneiden, außerhalb von Bestandsausweisungen ...........................................................................................83 Abbildung 25: Ausgewiesene Flächen in den Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen im RPM 2008, anteilig nach Nutzungsart ................................................................84 Abbildung 26: Räumliche Verteilung der für die Fallstudien ausgewählten Bebauungspläne und zugehörige Bezeichnung..........................................................................................86 Abbildung 27: Für die Einzelfallbetrachtung relevante Bebauungspläne und deren Überschneidungen mit den jeweiligen Klimafunktionsbereichen ..........................87 Abbildung 28: Screenshot der Darstellung des Bebauungsplanes Große Hohl (rot gerahmte Fläche) und eines Teilbereiches der Bereiche für besondere Klimafunktionen (grüne Fläche) in ArcMap ......................................................................................100 Abbildung 29: Screenshot der Darstellung des Bebauungsplanes Wingertsberg – 1. Änderung (rot gerahmte Fläche) und eines Teilbereiches der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen (blaue Fläche) in ArcMap ...........................................................102 VI Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Projizierte mittlere globale Erwärmung an der Erdoberfläche am Ende des 21. Jahrhunderts..........................................................................................................................7 Beispiel für die Kostenersparnis bei einer Hochwasserschutzmauer durch proaktive Anpassungsmaßnahmen gegenüber nachträglichem Neubau infolge veränderter Bemessungsrichtwerte (hundertjähriges Hochwasser HQ100) als Reaktion auf eingetretene Ereignisse ................................................................................................34 Klima-Bewertungsklassen der Klimabewertungskarte Hessen, deren Raumbezug und Bedeutung sowie Schutzwürdigkeit. ............................................................................58 Aussagen in den Planwerken RPM 2008, RPS 2007 und RegFNP 2007 zum Thema Klima (Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen).........................................62 Bebauungspläne mit Überschneidungen von Klimafunktionsflächen, Anmerkungen zu klimarelevanten Aspekten und grünordnerischen Festsetzungen .............................104 VII Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ARL Akademie für Raumforschung und Landesplanung ATKIS Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem BauGB Baugesetzbuch BauNVO Baunutzungsverordnung BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung B-Plan Bebauungsplan CORINE Coordination of Information on the Environment CO2 Kohlenstoffdioxid/Kohlendioxid °C Grad Celsius CLM Climate Local Model DAS Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel d. h. das heißt DIWIMO Diagnostisches Windfeldmodell DWD Deutscher Wetter Dienst EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz EnEV Energieeinsparverordnung et al. et alii etc. et cetera EU Europäische Union F-Plan Flächennutzungsplan GFZ Grundflächenzahl GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GIS Geographisches Informationssystem GtC Gigatonne Kohlenstoff Ha Hektar Hessen-Forst FIV Servicestelle für Forsteinrichtung, Information und Versuchswesen HLPG Hessisches Landesplanungsgesetz HMWVL Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung HMUELV Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change VIII Abkürzungsverzeichnis K Kelvin KALM Kaltluftabflussmodell KBK Klimabewertungskarte Hessen KFK Klimafunktionskarte Hessen km2 Quadratkilometer KRdL Kommission Reinhaltung der Luft LCRS Laboratory for Climatology and remote Sensing LEP Landesentwicklungsplan LSG Landschaftsschutzgebiet m Meter m3(ms)-1 Kubikmeter pro Meter mal Sekunde MORO Modellvorhaben der Raumordnung MPI-M Max-Plank-Institut für Meteorologie ms-1 Meter pro Sekunde ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr ppm parts per million PV Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main Red. Redaktion RegFNP Regionaler Flächennutzungsplan REMO Regionalmodell ROG Raumordnungsgesetz RP Regierungspräsidium RPM Regionalplan Mittelhessen RPS Regionalplan Südhessen RROPM Regionales Raumordnungsprogramm Mittelhessen s. siehe s. o. siehe oben sog. so genannte SRES Special Report on Emission Scenarios STAR Statistisches Regionalisierungsmodell SUP Strategische Umweltprüfung TÖB Träger öffentlicher Belange TÜV Technischer Überwachungs Verein IX Abkürzungsverzeichnis UBA Umweltbundesamt UVP Umweltverträglichkeitsprüfung u. a. unter anderem u. V. unter Verwendung u. v. m. und vieles mehr v. a. vor allem vgl. vergleiche WETTREG Wetterlagen-basierte Regionalisierungsmethode Wm-2 Watt pro Quadratmeter z. B. zum Beispiel X Einleitung 1 Einleitung Das Weltklima verändert sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend und diese Veränderungen haben Auswirkungen auf viele Bereiche des täglichen Lebens, eine Erkenntnis die durch die jüngsten Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung weiter untermauert wird. Der globale Klimawandel ist somit kein neues Phänomen, der Diskurs um die sich daraus ergebenden Folgen hat aber in den letzten Jahren an Umfang und Intensität zugenommen. Dazu haben vor allem bereits heute spürbare Folgen des Klimawandels, wie beispielsweise das scheinbar immer häufigere Auftreten von Orkanen, das Abschmelzen der Gebirgsgletscher oder die Hitzerekorde der letzten Jahre, beigetragen. Die daraus resultierende mediale Präsenz des Themas Klimawandel hat die Debatte um Klimaschutz und die Folgen des Klimawandels zusätzlich bestärkt. Der erste Teil der hier vorliegenden Arbeit befasst sich deshalb zunächst mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Klimawandel. Das betreffende Kapitel 2 folgt dabei einer räumlichen Strukturierung von der globalen Ebene, über Aussagen zum europäischen Raum und Deutschland, bis hin zur regionalen Ebene (Bundesland Hessen). Hierbei steht die Frage im Vordergrund, welche Veränderungen bzw. Folgen durch den Klimawandel für die jeweilige räumliche Ebene zu erwarten sind. Nachdem die Aussagen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den verschiedenen räumlichen Ebenen dargestellt wurden, wird im Anschluss hinterfragt, welche Relevanz der Klimawandel für die Raumordnung und Raumplanung aufweist. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass eine der wesentlichen Aufgaben der Raumordnung die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes der Bundesrepublik Deutschland ist. Durch den Klimawandel ergeben sich hier neue Herausforderungen, die einen intensiven Diskurs über Klimaschutz und Klimaanpassung in der räumlichen Planung zur Folge haben. In Kapitel 3 sollen deshalb vor allem die Berührungspunkte zwischen Klimawandel, Raumordnung und Raumplanung dargelegt, die sich ergebenden Herausforderungen beschrieben und mögliche Lösungsansätze vorgestellt werden. Darüber hinaus ist die Bedeutung der regionalen Ebene in diesem Zusammenhang zu betrachten, da das Hauptanliegen der Arbeit in der Evaluierung regionalplanerischer Aussagen zu klimarelevanten Themen in ausgewählten hessischen Regionalplänen besteht. Dabei sollen vor allem die zu Grunde gelegten Daten (Kapitel 5), die konkreten Regelungsinhalte (Kapitel 5) und die Wirksamkeit der Festlegungen (Kapitel 6) hinterfragt werden. Welche Form der Evaluation und welche Vorgehensweise hierfür zu wählen ist, wird in Kapitel 4 erläutert. 1 Einleitung Die Ergebnisse der Bewertung sollen im Rahmen des Modellvorhabens der Raumordnung Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel für die Modellregion Mittel- und Südhessen nutzbar gemacht werden. Für die Arbeit entwickeln sich daraus folgende Leitfragen: • Welche Auswirkungen ergeben sich anhand des Klimawandels? • Welche Relevanz hat der Klimawandel für Raumordnung und Raumplanung? • Wie wird das Thema Klima in den hessischen Regionalplänen aufgearbeitet? • Welche Wirkung entfalten die Festlegungen? Diese Leitfragen werden in der Arbeit implizit erarbeitet und sollen im Schlussfazit explizit beantwortet werden. Dabei werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und gegebenenfalls durch Handlungsempfehlungen ergänzt. 2 Der Klimawandel 2 Der Klimawandel Ereignisse wie die jährlich auftretenden Waldbrände in Südeuropa und den USA, die Hitzerekorde der letzten Jahre (z. B. der sog. Hitzesommer 2003) oder die extremen Überschwemmungen (Oderflut 1997 und Elbhochwasser 2002) verstärken die Debatte um den globalen Klimawandel und den Umgang mit möglichen sich daraus ergebenden Folgen für Mensch und Umwelt. Dabei stellt sich zunächst die Frage, was sich hinter dem Begriff Klimawandel verbirgt. Den Ausführungen von Schönwiese folgend, kann Klimawandel im Sinne von Klimaänderung verstanden werden. Klimaänderung besitzt per Definition eine zeitliche Dimension und ist durch die analytische Betrachtung von Klimaelementen1 gekennzeichnet. Zu differenzieren sind natürliche und anthropogene Gründe für Klimaänderungen (Schönwiese 2008, 57 und 63). Im Zusammenhang mit natürlichen Klimaänderungen wird zwischen extraterrestrischen und terrestrischen Ursachen, sowie externen Einflüssen auf das Klimasystem und internen Wechselwirkungen im Klimasystem unterschieden2 (Schönwiese 2008, 327). Plattentektonische Verschiebungen der Landmassen, Veränderungen der Sonnenaktivität, explosiver Vulkanismus sowie die interne Variabilität des globalen Klimas werden als Ursachen für natürliche Klimaänderungen angesehen (Weischet/Endlicher 2008, 305). Veränderungen der Erdoberfläche (insbesondere Landnutzungsänderungen), damit verbundene Eingriffe in den Wärme- und Energiehaushalt, den Wasserhaushalt sowie Veränderungen der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre (durch Treibhausgase und Aerosole) werden als Ursachen für die anthropogene Klimaänderung erachtet (Schönwiese 2008, 335 und Weischet/Endlicher 2008, 306). Klimawandel wird also bestimmt durch ein Wechselspiel natürlicher und anthropogener Einflüsse, wobei Klimaänderungen in der Vergangenheit hauptsächlich auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind (vgl. Schönwiese 2008, 280-309). In den letzten Jahren hat sich allerdings zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass der aktuelle Klimawandel nicht primär durch natürliche Fakto- 1 Klimaelemente sind Messgrößen wie Strahlung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlag und Luftdruck, deren Zusammenspiel das Klima kennzeichnet (Weischet/Endlicher 2008, 18-19). 2 Als Beispiel wird Vulkanismus angeführt, welcher eine terrestrische Ursache und einen externen Einfluss auf das Klimasystem darstellt (Schönwiese 2008, 327 und Tab. 24, 328). 3 Der Klimawandel ren, sondern größtenteils durch menschliche Aktivitäten zu erklären ist (Weischet/Endlicher 2008, 306 und vgl. Kapitel 2.1). Eine wichtige Rolle bei der Sammlung und Auswertung von Informationen im Zusammenhang mit dem aktuellen Klimawandel, nimmt das 1988 gegründete Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ein. Dieses Sachverständigengremium fertigte bis heute vier Sachstandsberichte zum Klimawandel an, in denen wichtige Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zusammengefasst und mit politischen Handlungsempfehlungen verknüpft wurden. So bildete beispielsweise der erste IPCC-Report aus dem Jahre 1990 eine wesentliche Grundlage für die 1992 in Rio de Janeiro verabschiedete und seit 1994 in Kraft getretene UN-Klimarahmenkonvention. Das Hauptanliegen dieser Vereinbarung ist die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre. Das Niveau der Treibhausgaskonzentration soll dabei so gering gehalten werden, dass eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Diskutiert und konkretisiert werden die Zielsetzungen in den seit 1995 jährlich stattfindenden Vertragsstaatenkonferenzen. Die nächste Konferenz findet beispielsweise vom 7. bis 18. Dezember 2009 in Kopenhagen statt (Schönwiese 2008, 379-380 und Weischet/Endlicher 2008, 316-317).Der letzte IPCC-Report wurde im Jahr 2007 veröffentlicht. Im folgenden Kapitel werden, basierend auf den Ausführungen des Berichtes, zunächst in zusammengefasster Form bisher erkennbare Effekte des Klimawandels und deren Ursachen sowie Klimaprojektionen und mögliche räumliche Ausprägungen der Klimafolgen beschrieben. Die Darstellung folgt dabei einer räumlichen Strukturierung. Zunächst wird die globale Ebene betrachtet, woran sich eine Beschreibung potentieller Klimafolgen für Europa anschließt. Danach werden Erkenntnisse der Klimaprojektionen für Deutschland und abschließend für das Bundesland Hessen dargelegt. Die hierbei dargestellten Klimaprojektionen beruhen auf der Verwendung von Klimamodellen und -szenarien. Klimaszenarien geben die mit einem Klimamodell für eine zukünftige Zeitspanne berechnete Klimaveränderung in einem vorab festgelegten Emissionsszenario3 wieder (Becker et al. 2008, 341). 3 Emissionsszenarien simulieren die zukünftige Emission klimawirksamer Spurengase und -stoffe, basierend auf variierenden Annahmen zur weltweiten wirtschaftlichen und demoskopischen Entwicklung sowie der dabei verfolgten Energienutzungspfade (Schönwiese 2008, 359). 4 Der Klimawandel Die räumliche Auflösung globaler Klimamodelle erstreckt sich von 120 bis über 200 km (horizontale Gitterweite). Dieses grobe Raster ist für regionale Modellierungen jedoch ungeeignet. Deshalb werden sogenannte Downscaling-Verfahren (Regionalisierungsverfahren) angewendet. Dadurch wird den Forschern die Möglichkeit gegeben, sowohl die Gitterweite zu begrenzen, als auch die Modellphysik zu verfeinern (Becker et al. 2008, 343 und BMU 2008, 10-13)4. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Modellierungsergebnisse der Regionalmodelle (auf die in Kapitel 2.3 und 2.4 eingegangen wird) mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Dennoch sind Aussagen zur zukünftigen Entwicklung von Klimaparametern (Temperatur, Niederschlag etc.) zulässig, wenn die verschiedenen angewendeten Modelle zu ähnlichen Aussagen hinsichtlich Richtung und Trend der zu erwartenden Veränderungen kommen (Becker et al. 2008, 348 und BMU 2008, 6). 2.1 Aussagen des vierten IPCC-Reports zum Klimawandel Der vierte Sachstandsbericht des IPCC aus dem Jahr 2007 stützt die Erkenntnisse darüber, dass der aktuelle Klimawandel in erheblichem Maße durch menschliche Aktivitäten beeinflusst wird. Als Beleg hierfür wird der Strahlungsantrieb aufgeführt, der als Index für die Veränderung der Energiebilanz des Klimasystems auf Grund von Änderungen in der atmosphärischen Konzentration von Treibhausgasen (CO2, Methan, Lachgas) und Aerosolen (vor allem Sulfat, organischer Kohlenstoff, Ruß, Nitrat und Staub), der Sonneneinstrahlung und der Beschaffenheit der Landoberfläche dargestellt wird. Nach Angaben des IPCC ergaben Berechnungen für den Beobachtungszeitraum 1750 bis 2005 einen durchschnittlichen Strahlungsantrieb auf Grund menschlicher Einflussfaktoren von +1,6 [+0,6 bis +2,4] Wm-2. Im Vergleich dazu wird für den gleichen Zeitraum der Strahlungsantrieb der Sonnenstrahlung als natürlicher Antriebsfaktor auf durchschnittlich +0,12 [+0,06 bis +0,30] Wm-2 geschätzt (IPCC 2007a, 2-5). Hauptursache für diesen Anstieg ist, dem Bericht zufolge, der Verbrauch fossiler Brennstoffe. Demnach stiegen die jährlichen fossilen Kohlendioxidemissionen5 von durchschnittlich 6,4 [6,0 bis 6,8] GtC pro Jahr in den 1990er Jahren auf 7,2 [6,9 bis 7,5] GtC pro Jahr von 2000 bis 2005. In die- 4 Auf eine nähere Erläuterung der Unterschiede zwischen den für Deutschland verwendeten Modellen (REMO, CLM, WETTREG und STAR) sowie zur Funktionsweise von Klimamodellen wird an dieser Stelle verzichtet. Zur Vertiefung s. Becker et al. S. 343-346. 5 Fossile Kohlendioxidemissionen umfassen Emissionen, die aus Produktion, Verteilung und Verbrauch von fossilen Brennstoffen sowie als Nebenprodukt der Zementproduktion entstehen. 1 GtC entspricht dabei 3,67 GtCO2 (IPCC 2007a, 2). 5 Der Klimawandel sem Zusammenhang wird Kohlendioxid (neben Methan und Lachgas) als wichtigstes Treibhausgas erachtet, dessen globale atmosphärische Konzentration von etwa 280ppm (vorindustriell) auf 379ppm (2005) zulegte (+35%) (ebd.). Eine so hohe Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre konnte anhand gängiger Untersuchungen (Eiskernbohrungen) für die letzten 800.000 Jahre nicht festgestellt werden (Schönwiese 2008, 344). Der durch menschliche Aktivitäten hervorgerufene Treibhauseffekt, welcher vorrangig auf die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre zurückzuführen ist, wird als anthropogen bezeichnet. Dieser stellt neben dem natürlichen Treibhauseffekt (ohne dessen Auftreten die durchschnittliche Erdmitteltemperatur bei -18°C liegen würde) einen zusätzlichen Antrieb zur globalen Erwärmung dar (Schönwiese 2008, 343 und Weischet/Endlicher 2008, 79). Dass der Klimawandel heute bereits spürbar ist, belegen Temperaturbeobachtungen der vergangenen Jahre. Im Zeitraum 1995 bis 2006 gehörten elf der zwölf Jahre zu den wärmsten seit Beginn instrumenteller Aufzeichnungen der globalen Erdoberflächentemperatur im Jahre 1850. Zwischen 1906 und 2005 hat sich die Erde um durchschnittlich 0,74°C erwärmt (100jähriger linearer Trend). Weitere bereits beobachtbare Auswirkungen sind u. a. ein weltweiter Rückgang der Gebirgsgletscher und der Schneebedeckung, ein Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels (1961 bis 2003 um 1,8 [1,3 bis 2,3] mm pro Jahr), ein vermehrtes Auftreten von Starkregenereignissen über den meisten Landflächen sowie eine Abnahme der Häufigkeit von kalten Tagen/Nächten und Frost einerseits und im Gegenzug ein vermehrtes Auftreten heißer Tage/Nächte und Hitzewellen andererseits (IPCC 2007a, 5-9). Tabelle 1 stellt die prognostizierten Erwärmungen für die Periode 2090 bis 2099 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1980 bis 1999, basierend auf verschiedenen SRES-Muster-Emissionsszenarien, dar6. Demnach beträgt die Spannbreite der potentiellen durchschnittlichen Temperaturzunahme an der Erdoberfläche 1,1°C bis 6,4°C. Selbst eine Stagnation der Emissionskonzentrationen auf dem Niveau des Jahres 2000 hätte, auf Grund der Trägheit des Klimasystems, einen globalen Temperaturanstieg zur Folge (IPCC 2007a, 13). 6 Diese sechs Leitszenarien wurden aus den Ergebnissen des vom IPCC verfassten Special Report on Emission Scenarios (2000) entwickelt. Jedes Szenario beschriebt die Entwicklung zukünftiger CO2-Emissionen, basierend auf unterschiedlichen Annahmen zur globalen demographischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung. Zur weiteren Erläuterung siehe auch IPCC 2007c, 74 und 84 sowie Schönwiese 2008, 359. 6 Der Klimawandel Tabelle 1: Projizierte mittlere globale Erwärmung an der Erdoberfläche am Ende des 21. Jahrhunderts Fall Temperaturänderung in °C (SRES-Szenarien)6 (2090 bis 2099 gegenüber 1980 bis 1999) Beste Schätzung Wahrscheinliche Bandbreite 0,6 0,3 – 0,9 B1-Szenario 1,8 1,1 – 2,9 A1T-Szenario 2,4 1,4 – 3,8 B2-Szenario 2,4 1,4 – 3,8 A1B-Szenario 2,8 1,7 – 4,4 A2-Szenario 3,4 2,0 – 5,4 A1FI-Szenario 4,0 2,4 – 6,4 Konstante Jahr-2000-Konzentrationen Quelle: eigene Darstellung nach IPCC 2007a, 13 Die Projektionen führten zu der Erkenntnis, dass sich die zukünftige Erwärmung räumlich ungleichmäßig verteilt einstellen wird. Besonders betroffen vom Temperaturanstieg sind den Berechnungen zufolge die Landmassen und dort vor allem die nördlichen Breiten (IPCC 2007a, 16). Ebenfalls projiziert wurde der mittlere globale Meeresspiegelanstieg für den in Tabelle 1 genannten Zeitraum. Im Ergebnis schwankt dieser in Abhängigkeit des gewählten Emissionsszenarios zwischen 0,18m und 0,59m (IPCC 2007a, 13). Im vierten Sachstandsbericht werden über die Projektionen hinaus Aussagen in Hinblick auf die (mögliche) Art der zukünftigen Auswirkungen der Klimaänderungen getroffen. So wird beispielsweise eine flächenmäßige Ausdehnung von Dürregebieten als wahrscheinlich erachtet. Gleichzeitig erscheint es relativ sicher, dass das Überschwemmungsrisiko auf Grund häufiger auftretender schwerer Niederschlagsereignisse zunimmt. Für die Küstenregionen wird durch die Klimaänderung und den Anstieg des Meeresspiegels ein enormes Risikopotenzial projiziert (Küstenerosion, Überschwemmungen etc.). Als sehr wahrscheinlich gilt ebenfalls die Zunahme der Häufigkeit von Wärmeperioden bzw. Hitzewellen über den meisten Landflächen (IPCC 2007b, 24-26 und Tabelle SPM.1 IPCC 2007b, 34). 7 Der Klimawandel 2.2 Betroffenheit Europas durch den Klimawandel Über Aussagen zu Veränderungen der Klimaelemente und potentiellen Ausprägungen der Auswirkungen des Klimawandels hinaus (vgl. Kapitel 2.1), werden im vierten IPCC-Report regionale Projektionen7 möglicher Klimawandelfolgen beschrieben. Demnach sind die Regionen des europäischen Kontinents in unterschiedlicher Art und Weise von den Folgen der Klimaänderungen betroffen. In Nordeuropa beispielsweise könnten die steigenden Temperaturen anfänglich positive Effekte (z. B. verminderten Heizbedarf, steigende Ernteerträge und ein verstärktes Waldwachstum) erzeugen. Durch fortschreitende Klimaänderungen ist es allerdings wahrscheinlich, dass diese durch negative Effekte (wie häufigere winterliche Hochwässer und zunehmende Bodeninstabilität) überkompensiert werden. Für die bereits heute von Hitze betroffenen Regionen Südeuropas deuten die Berechnungen auf eine Verschlechterung der ohnehin schon angespannten Situation hin. Steigende Temperaturen und längere Dürreperioden könnten u. a. zu einem Sinken der Ernteerträge, zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko durch Hitze sowie zu einer Häufung von Waldbränden führen. In Mittel- und Osteuropa sollen ebenfalls Gesundheitsrisiken und Ertragseinbußen durch Hitzewellen, gepaart mit einer zunehmenden Wasserknappheit auf Grund sinkender Niederschläge in den Sommermonaten spürbar zunehmen. Der Rückzug von Gletschern ist bereits heute zu beobachten und wird zukünftig weiter voranschreiten. Darüber hinaus sind für die Gebirgsregionen eine abnehmende Schneedecke und folglich ein rückläufiger Wintertourismus sowie eine signifikante Verringerung der Artenvielfalt zu erwarten. Zudem ist insbesondere in Küstengebieten auf Grund vermehrter Unwetter und des Meeresspiegelanstiegs mit verstärkten Erosionseffekten und Überschwemmungen zu rechnen. Des Weiteren erhöht sich das Schadenspotenzial in hochwassergefährdeten Gebieten durch häufiger auftretende Extremwetterereignisse (IPCC 2007b, 28). Die bis hierhin angeführten Aussagen besitzen einen großräumigen Bezug (Welt und Europa). Detailliertere Aussagen zu Klimafolgen, beispielsweise auf Nationalstaatsebene, erfordern separate Analysen, da globale Klimamodelle hierfür, wie oben beschrieben, unscharfe Ergebnisse liefern würden. Für Deutschland wurden derartige Untersuchungen durchgeführt. 7 Es werden Projektionen für folgende Regionen dargestellt: Afrika, Asien, Australien und Neuseeland, Europa, Lateinamerika, Nordamerika, Polarregionen, Kleine Inseln. 8 Der Klimawandel 2.3 Klimaprojektionen für Deutschland Wie zu Beginn erwähnt, beruhen die Projektionen der künftigen klimatischen Entwicklungen auf Ergebnissen von Klimamodellen. Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse basieren auf der Zusammenschau der Resultate von vier regionalen Klimamodellen – REMO, CLM, WETTREG und STAR. Bei den Modellen REMO und CLM handelt es sich um deterministische, WETTREG und STAR zählen zu den statistischen regionalen Klimamodellen (Becker et al. 2008, 343).8 Für die Bundesrepublik wurden, je nach Klimamodell und zu Grunde gelegtem Emissionsszenario, durchschnittliche Jahrestemperatursteigerungen um 0,5°C bis 1,5°C (2021-2050) und 1,5°C bis 3,5°C (2071-2100) gegenüber dem Wert der aktuell gültigen Klimanormalperiode 1961-1990 berechnet (BMU 2008, 10-13). Im Detail wird eine räumliche Strukturierung der Erwärmung mit Zunahme in südlicher und südöstlicher Richtung sichtbar. Abbildung 1 verdeutlicht diesen Aspekt beispielhaft für das A1B-Szenario (vgl. Jacob 2009, 92). Abbildung 1: Von den regionalen Klimamodellen REMO, CLM, WETTREG und STAR für das 1BEmissionsszenario projizierte Änderung der Jahresmitteltemperatur in den Perioden 20212050 (oben) und 2071-2100 (unten) im Vergleich zum modellspezifischen Kontrollzeitraum 1961-1990. Quelle: BMU 2008, 11 8 Eine differenzierte Beschreibung der unterschiedlichen Funktionsweise findet sich u. a. bei Becker et al. 2008, 343346. 9 Der Klimawandel Projektionen der Niederschlaagsentwicklungen kommen zu dem Ergebnis,, dass weniger deren Gesamtvolumen abnehmen könnte, könnte sondern vielmehr potentielle Veränderungen im zeitlichen AbA lauf erkennbar werden.. Für die Sommermonate sind im Durchschnitt Rückgänge der NiederschläNiederschl ge um bis zu 40% berechnet worden, worden während die Modelle in den Wintermonaten eine entgegenentgege gesetzte Entwicklung mit einer durchschnittlichen Niederschlagszunahme unahme von bis zu 40 % ermitteln (vgl. Abbildung 2 und Abbildung 3). Es kristallisieren sich auch bei den NiederschlagsprojektiNiederschlagsprojekt onen räumliche Schwerpunkt werpunkte heraus. So gehen in Süd- und Südwestdeutschland deutschland sowie in NordNor ostdeutschland eutschland die Sommerniederschläge besonders stark zurück. zu Im Gegensatz dazu sind in i den Wintermonaten erhebliche Mehrniederschläge in den Mittelgebirgen SüdSüd und SüdwestdeutschSüdwestdeutsc lands, aber auch in den Küstenbereichen zu erwarten, was den Abbildungen 2 und 3 insbesondere für die Periode 2071-2100 zu entnehmen ist (BMU 2008, 10-13 und Jacob cob 2009, 93). Abbildung 2: Von den regionalen Klimamodellen REMO, CLM, WETTREG und STAR für das A1BEmissionsszenario projizierte relative Änderung der mittleren Niederschlagsmenge im Sommer (JJA) in den Perioden 2021-2050 2021 (oben) und 2071-2100 2100 (unten) im Vergleich zum modellspezifischen Kontrollzeitraum Kontroll 1961-1990. Quelle: BMU 2008, 12 10 Der Klimawandel Abbildung 3: Von den regionalen Klimamodellen REMO, CLM, WETTREG und STAR für das A1BEmissionsszenario projizierte relative Änderung der mittleren Niederschlagsmenge im Winter (DJF) in den Perioden 2021-2050 (oben) und 2071-2100 (unten) im Vergleich zum modellspezifischen Kontrollzeitraum 1961-1990 Quelle: BMU 2008, 13 Ähnliche Ergebnisse liefern die durch das Umweltbundesamt veröffentlichten Projektionen unter Verwendung von WETTREG für ausgewählte Gebiete und Naturräume Deutschlands (siehe Abbildung 4 zur Darstellung der Naturräume). Eine überdurchschnittliche Zunahme der Winterniederschläge wird in diesem Fall für die Nordund Ostseeküste (primär Nordsee), die Zentralen Mittelgebirge und Harz, sowie (am markantesten) für die Links- und Rechtsrheinischen Mittelgebirge berechnet. In diesen Gebieten sind zudem sommerliche Niederschlagsabnahmen zu erwarten. Die stärksten Niederschlagsrückgänge werden jedoch wahrscheinlich im Nordostdeutschen Tiefland auftreten. Im Bereich des Oberrheingrabens soll die Zahl der heißen Tage und tropischen Nächte weiter zunehmen, in den Alpen wird die Zahl der Frosttage voraussichtlich sinken (UBA 2007, 16-26). 11 Der Klimawandel Abbildung 4: Naturräume in Deutschland nach UBA 2007 Quelle: UBA 2007, 16 Eine weitere Konkretisierung der Klimawandelfolgen ist auch für die Bundesländerebene denkbar. Für Hessen wurde eine solche Analyse im Zuge eines Forschungsvorhabens durchgeführt. 2.4 Klimawandel in Hessen Die Projektionen der Folgen des anthropogenen Klimawandels für Hessen wurden im Rahmen des Forschungsprojekts Integriertes Klimaschutzprogramm Hessen 2012 (INKLIM 2012) erarbeitet. Sie beruhen zum einen auf der Darstellung der bereits auftretenden Folgen des Klimawandels in Hessen, sowie auf den Berechnungen des Zirkulationsmodells ECHAM4-OPYC3 des Max-PlanckInstituts für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg für das IPCC B2 Szenario. Als Projektionszeitraum wurde das Jahr 2100 festgelegt (HMUELV 2007, 14 und 21). Im Ergebnis dieser Berechnungen wird eine starke Erwärmung in den Sommer- und Wintermonaten, sowie eine leichte im Herbst bzw. Frühjahr für den angegebenen Zeitraum projiziert, wobei erhebliche Änderungen bei den Tagesmaximumtemperaturen (im Winter bis ca. 4,5K, im Sommer bis zu 3,4K) erwartet werden (vgl. Abbildung 5). 12 Der Klimawandel Abbildung 5: Änderung der Tagesmaximumtemperatur von 2001-2010 bis 2091-2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1981-2000 (Dekadenmittelwerte für Hessen) Quelle: HMUELV 2007, 22 Ein Rückgang der Niederschlagsmengen soll vor allem in den Frühjahrs- und Sommermonaten stattfinden (vgl. Abbildung 6). Darüber hinaus sei ein vermehrtes Auftreten von sommerlichen Starkregenereignissen, welche zu lokal begrenzten Überschwemmungen führen können, zu erwarten. In den Wintermonaten hingegen wird von einer Zunahme der Niederschläge ausgegangen, wodurch die Hochwassergefahr an hessischen Flüssen steigen könnte (HMUELV 2007, 21-24). Abbildung 6: Änderung der Tagessumme des Niederschlags von 2001-2010 bis 2091-2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1981-2000 (Dekadenmittelwerte für Hessen) Quelle: HMUELV 2007, 23 13 Der Klimawandel In dem auf den Ergebnissen des INKLIM-Projektes aufbauenden, vom Hessischen Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vorgestellten, Klimaschutzkonzept Hessen 2012 wird eine umfassende Betrachtung beobachtbarer und möglicher Klimawandelfolgen vorgenommen. Die Themenfelder sind hierbei: Grundwasser und Boden; Fließgewässer; Pflanzenphänologie; Landwirtschaft, Obst- und Weinbau; Forstwirtschaft; Artenvielfalt sowie der Gesundheitsschutz. Die Aussagen werden im Folgenden zusammenfasend dargestellt. Das Spektrum der diskutierten Bereiche kann als Indiz dafür erachtet werden, in welcher Breite sich der Klimawandel auf das menschliche Leben (Natur, Wirtschaft und Gesellschaft) auswirken könnte. Grundwasser und Boden Für weite Teile Hessens geht man auf Grund der Projektionen von tendenziell höheren Grundwasserständen in Folge steigender Grundwasserneubildungsraten aus. Zukünftig soll dies u. a. zur Ausdehnung bereits vorhandener Vernässungsflächen9 bzw. einer generellen Häufung von Vernässungen führen, was die gegebene Landnutzung beeinträchtigten würde. Zudem ist zu erwarten, dass Vernässungsschäden an Gebäuden in Grundwasser beeinflussten Regionen zunehmen werden (HMUELV 2007, 24-25). Infolge der ermittelten längeren Trockenperioden in Kombination mit sommerlichem Starkregen könnte es der Studie zufolge zu verstärkter Erosionsbildung kommen. Auch Nutzungsänderungen (z. B. verstärkter Anbau von Mais) könnten hierbei einen wesentlichen Teil zur erhöhten Erosionsgefährdung beitragen. Weiterhin wird damit zu rechnen sein, dass auf Grund der rückläufigen Sommerniederschläge Quellen, die zur dezentralen Trinkwasserversorgung genutzt werden und sich in Gebieten mit geringem Grundwasserspeicherpotenzial befinden, zukünftig gefährdet sind. Ausgenommen sind hierbei Lockergesteinsgebiete, die auf Grund ihrer größeren Pufferkapazitäten – bedingt durch ein höheres nutzbares Hohlraumvolumen – kaum von diesem Effekt beeinträchtigt sein sollen. Ferner wird eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Beregnung im Sommerhalbjahr, einhergehend mit einer erheblichen Zunahme des Wasserverbrauchs sowohl zeitlich (Zahl der Beregnungstage), als auch räumlich (Größe der Beregnungsfläche) erwartet (HMUELV 2007, 25-26). Als weitere potentielle Folgen werden ein steigender Nitrateintrag (auch bei Böden mit hohem Nitratrückhaltevermögen wie beispielsweise Lössböden der Wetterau) in den Grundwasserleiter 9 Tritt Grundwasser an die Oberfläche entstehen sog. Vernässungsflächen. (vgl. http://www.hlug.de/medien/wasser/grundwasser/gw_karten/karten_htm/ried_01_landsat.htm, 29.09.2009) 14 Der Klimawandel und ein verstärktes Auslaugen von Schadstoffen auf Grund erhöhter Grundwasserneubildung angeführt (HMUELV 2007, 26). Fließgewässer Nach Angaben der Studie deuten Untersuchungen zu den möglichen klimabedingten Abflussveränderungen an ausgewählten Pegeln hessischer Fließgewässer auf eine deutliche Veränderung selbiger hin. Dabei wird es wahrscheinlich zu Mehrabflüssen im Winterhalbjahr und verminderten Abflüssen im Sommerhalbjahr mit korrespondierender Abnahme der Niedrigwasserabflüsse kommen. Hierdurch wird eine Verschärfung der Hoch- und Niedrigwassersituation als wahrscheinlich erachtet (HMUELV 2007, 28). Mögliche Folgen dieser Entwicklung könnten sich beispielsweise in der negativen Beeinflussung der Gewässerqualität und -ökologie auf Grund des Zusammenspiels von Niedrigwasser, erhöhter Lufttemperatur und starker Sonneneinstrahlung oder auch in einer sinkenden Wasserentnahmemöglichkeit in den Sommermonaten (Kühlwasser, Bewässerungswasser etc.) äußern (HMUELV 2007, 28-29). Pflanzenphänologie Für die verschiedenen im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen hessischer Pflanzen (sogenannte phänologische Phasen10) wurden signifikante zeitliche Verschiebungen, insbesondere im Frühjahr, festgestellt. Das vorgezogene Einsetzen der Frühjahrsphasen wird durch die gestiegenen Wintertemperaturen begründet. Diese Entwicklung soll zukünftig weiter voranschreiten (vgl. Grünhage/Streifert 2008, 2 und HMUELV 2007, 3031). Landwirtschaft, Obst- und Weinbau Simulationen zum Einfluss des Klimawandels auf die hessische Landwirtschaft weisen sowohl auf sinkende, als auch auf leicht steigende Erträge hin (beispielsweise zeigten sich je nach Agrarregion (Nord – Mitte – Süd) gegenläufige Ertragstrends bei der Gerste). Die Änderungen im Ertragsniveau werden mit steigenden Temperaturen sowie dem vermehrten Auftreten warmer bis heißer Sommertage begründet. Zudem spielt die zunehmende Sommertrockenheit, insbesondere an wasserlimitierten Standorten, eine Rolle. In diesem Zusammenhang erwartet man stärkere Ertragsrück10 Bei Pflanzen sind Wachstumserscheinungen wie Blattentfaltung, Blüte, Fruchtreife, Laubverfärbung und Blattfall definierte Entwicklungsvorgänge, welche als "Phänologische Phasen" bezeichnet werden (Grünhage/Streifert 2008, 2). 15 Der Klimawandel gänge bei Raps und Weizen. Die Ertragssicherheit wird nach Angaben der Studie vor allem bei Zuckerrüben, Gerste und der Biomasseproduktion von Grünland auf Grund der zu erwartenden Häufung extremer Wetterbedingungen abnehmen (HMUELV 2007, 31). Auswirkungen der klimatischen Veränderungen auf den Obst- und Weinanbau könnten sich in Qualitäts- und Ertragsrückgängen äußern. Diese sind auf Grund von Sonnenbrand, Veränderungen der Wein-Charakteristika und durch die Beeinflussung der phänologischen Entwicklung der Reben (insbesondere in der Reifephase) auf Grund höherer Temperaturen, sowie durch Schäden, welche durch ein häufigeres Auftreten extremer Wetterereignisse wie Hagel, Sturm oder Starkregen verursacht werden, zu erwarten (HMUELV 2007, 32-33). Forstwirtschaft Dem Forstsektor muss es, nach Analysen der Hessen-Forst FIV, langfristig gelingen, Änderungen im Artenbestand bzw. neuen Standortanforderungen zu begegnen. Es wird beispielsweise davon ausgegangen, dass der Bestand an Fichten durch einen Rückgang an standortgerechten Flächen abnehmen könnte, während für den Bestand an Kiefern in Verbindung mit Douglasien eine Zunahme angenommen wird (HMUELV 2007, 34). Die Produktionssicherheit im Forstbereich soll durch die Zunahme klimatischer Extremereignisse wie Sturm und Trockenheit erheblich eingeschränkt werden. Die benötigte Planungssicherheit (Produktionszeiträume im Forstsektor umspannen einen Zeitraum von 60 bis weit über 200 Jahren), ist auf Grund der kaum möglichen Vorhersagbarkeit solcher Extreme nur schwer aufrecht zu erhalten (HMUELV 2007, 34). Des Weiteren könnten trockene und warme Jahre sowie die milden Winter ein vermehrtes Auftreten von Schädlingen (sowohl Insekten als auch Pilze) begünstigen, welche die Gefährdung des gesamten Forstbestandes erhöhen (HMUELV 2007, 34). Artenvielfalt Klimabedingte Änderungen in der Pflanzen- und Tierphänologie, Verschiebungen der Verbreitungsareale verschiedener Tier- und Pflanzenarten, das Auftreten neuer Arten sowie die Verdrängung bzw. das Aussterben einzelner Populationen bedingen eine Veränderung des Artenspektrums hessischer Lebensräume. Dieser Wandel soll durch die Effekte des Klimawandels spürbar zunehmen (HMUELV 2007, 35). 16 Der Klimawandel Gesundheitsschutz Die eingangs angeführten starken Erwärmungen in den Sommermonaten sowie die Häufung von Wetterextremen, Hitzewellen etc. können direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Für Hessen werden als potentielle Risiken u. a. identifiziert: • die Zunahme hitzebedingter Todesfälle (als besonders gefährdet werden ältere Menschen erachtet), • die Zunahme von Sonnenbränden, Sonnenallergien und Hautkrebs in Folge häufigerer Aufenthaltszeiten im Freien, begünstigt durch eine längere Sonnenscheindauer sowie • die Zunahme gesundheitlicher Belastungen durch Ozon und Luftschadstoffe insbesondere in Stadtgebieten mit Kessellage (HMUELV 2007, 36-37). 2.5 Zusammenfassung Der anthropogene Klimawandel und seine (bereits spürbaren) Folgen sind nicht mehr von der Hand zu weisen. Beispiele wie das Elbehochwasser 2002 und die Rekordsommer der vergangenen Jahre unterstreichen diese Erkenntnis. Die globale Durchschnittstemperatur und der Meeresspiegel sollen auch zukünftig weiter ansteigen, Extremereignisse häufiger auftreten. Als Hauptursache für diese Veränderungen wird der gestiegene Ausstoß von Kohlendioxid angeführt (vgl. Kapitel 2.1). Die Projektionen zur zukünftigen globalen Erderwärmung lassen einen Temperaturanstieg von 1,1°C bis 6,4°C bis zum Jahr 2100 erwarten. Im Falle Deutschlands geht man bisher von einer Temperaturzunahme um 1,5°C bis 3,5°C aus (vgl. Kapitel 2.1 und Kapitel 2.3). In diesem Zusammenhang sind im vierten IPCC-Report, aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen zum Klimawandel, konkrete Klimawandelfolgen, die sehr wahrscheinlich, d. h. mit über 90%iger Wahrscheinlichkeit, eintreten werden, benannt worden. Demnach werden über den meisten Landflächen, kalte Tage und Nächte zukünftig an Intensität und Häufigkeit abnehmen, während heiße Tage und Nächte an Intensität und Häufigkeit zunehmen werden. Zudem ist ein vermehrtes Auftreten von Wärmeperioden bzw. Hitzewellen, insbesondere über den Landflächen, zu erwarten. Selbiges kann für das Auftreten von Starkniederschlagereignissen postuliert werden (IPCC 2007b, 34). Die Auswirkungen des Klimawandels werden dabei regional unterschiedliche Ausprägungen haben, was anhand der beschriebenen Beispiele für Europa und der Projektionen zu Klimaänderun- 17 Der Klimawandel gen in Deutschland ersichtlich wird. So sind in Deutschland insbesondere die Gebirgsregionen, Küstenzonen, der Rheingraben und der Nordosten von Klimaänderungen betroffen, dieses jedoch in ganz unterschiedlicher Form (vgl. Kapitel 2.2 und Kapitel 2.3). Eine genauere Betrachtung der potentiellen Veränderungen auf regionaler Ebene erscheint deshalb als gegebene Notwendigkeit. Für das Bundesland Hessen ist solch eine ausführliche Analyse der möglichen Folgen des Klimawandels vorgenommen worden. Dabei wurden Aussagen über die zukünftigen Klimaänderungen mit bisher bereits beobachtbaren Veränderungen verknüpft, um das breite Wirkungsspektrum der Klimawandelfolgen aufzeigen zu können (vgl. Kapitel 2.4). Die Vielzahl der beschriebenen Themenfelder zeigt, wie umfangreich sich der Klimawandel auswirken kann. Demnach ist vor allem mit Einschränkungen bei der Nutzbarkeit natürlicher Ressourcen auf Grund klimatischer Veränderungen sowie einer Verstärkung klimabezogener Risiken zu rechnen (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 165). Auf die Frage, wie mit den bisherigen Erkenntnissen über die zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels umzugehen ist und welchen Beitrag die Raumordnung und die Raumplanung in diesem Zusammenhang übernehmen könnten wird in Kapitel 3 eingegangen. Darauf aufbauend ist die Erarbeitung erster konkreter Handlungsansätze, wie den zukünftigen Veränderungen begegnet werden könnte, denkbar. 18 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung 3 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Der Klimawandel wirkt sich vielschichtig aus und tangiert neben Umweltbelangen sowohl ökonomische, ökologische, als auch soziale Aspekte (vgl. Kapitel 2 und Kapitel 3.3). Darüber hinaus werden sich die heute schon bestehenden Nutzungskonflikte durch die Folgen des Klimawandels weiter verstärken. In der Raumordnung und Raumplanung finden aktuell schon räumliche Ordnungsprinzipien wie dezentrale Konzentration, Funktionsmischung und räumliche Dichte bei der Gestaltung von Plänen und Programmen Anwendung, welche ressourcenschonend, CO2-mindernd und damit klimaschützend wirken (Fleischhauer/Bornfeld 2006, 162-163). Die Verknüpfung von Klima und Raumordnung erfolgt insbesondere im Bereich der nachhaltigen Raumentwicklung. Im dritten Leitbild der Bundesraumordnung11 Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten wird formuliert, dass nachhaltige Raumentwicklung „die Sicherung der vielfältigen Raumfunktionen durch aktives Management räumlicher Ressourcen und Entwicklungspotenziale im Spannungsfeld zunehmender Nutzungskonflikte […]“ bedeutet, wobei die „[…] ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Funktionen dauerhaft erhalten werden sollen.“ (BBR 2008). Im Umgang mit dem Klimawandel sind grundsätzlich zwei Strategien zu verfolgen. Zum einen Klimaschutz (Mitigation), zum anderen Klimaanpassung (Adaption). Beim Klimaschutz stehen vor allem die Verringerung der Treibhausgasemissionen und der Erhalt sowie die Schaffung von Kohlenstoffsenken (z. B. Waldflächen) im Vordergrund. Klimaanpassung meint hingegen den Schutz der Gesellschaft vor Klimawirkungen zur Verringerung der gesellschaftlichen Verwundbarkeit. Das heißt, negative Auswirkungen durch den Klimawandel können durch Anpassungsmaßnahmen gedämpft werden, was die Betroffenheit der Gesellschaft gegenüber Klimaänderungen senkt (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 162 und IPCC 2007b, 35). Diese beiden Wege sind eng miteinander verknüpft. Durch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen (das Reduktionsziel der Europäischen Union (EU) im Rahmen des Kyoto-Protokolls (Stand 1997) beträgt 8%; der Beitrag Deutschlands liegt bei 21%) soll die globale Erwärmung auf 11 Die im Jahr 2006 verabschiedeten Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland bilden den Handlungsrahmen für die räumliche Planung in Deutschland. Sie beschreiben die angestrebte, zukünftige Raumentwicklung Deutschlands (BBR 2008). 19 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung ein Minimum beschränkt werden – angestrebt werden 2°C als Maximum gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Es wird davon ausgegangen, dass in diesem Rahmen eintretende Schäden durch rechtzeitige Anpassungsmaßnahmen auszugleichen sind. Gelingt die Begrenzung nicht, sind erhebliche Schäden und entsprechend höhere Anpassungskosten zu erwarten (BMU 2008, 5 und Schönwiese 2008, 380). Fleischhauer/Bornefeld verweisen darauf, dass viele Klimaschutzmaßnahmen einen klaren Raumbezug aufweisen. Zur Umsetzung wie auch zur Lösung möglicher Raumnutzungskonflikte, können folglich auch raumplanerische Instrumente herangezogen werden. Dies gilt vor allem auch für Maßnahmen zur Klimaanpassung. Folglich ist die Anpassung der Raumstruktur an den Klimawandel als ein wesentliches Element einer nachhaltigen Raumentwicklung zu sehen (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 162 und 169). Dabei ist festzuhalten, dass der querschnittsorientierte Charakter der Raumplanung eine Vielzahl von Ansatzpunkten bietet, um den durch Klimafolgen entsehenden räumlichen Nutzungskonflikten entgegenzutreten und diese zu lösen (Greiving/Fleischhauer 2008, 61 und Schlipf et al. 2009, 77). Darauf wird im Folgenden noch näher einzugehen sein. Für die Raumordnung und Raumplanung ergeben sich auf Grund der Entwicklungen durch den Klimawandel neue Herausforderungen. Dadurch könnte die Wissenschaft u. a. hinterfragen, 3.1 • wie mit den Auswirkungen auf die Umwelt und räumlichen Strukturen umzugehen ist, • wie eine angepasste Raumplanung oder Raumentwicklung aussehen könnte, • welche Schwierigkeiten sich ergeben und • in wie weit bisher genutzte Instrumente zukünftig sinnvoll einsetzbar sind. Betroffenheit von Raumordnung und Raumplanung durch den Klimawandel Damit plausible Antworten auf diese Fragen gefunden werden können, muss zunächst geklärt werden, in welchen Bereichen Raumordnung und Raumplanung durch die Folgen des Klimawandels betroffen sind. 20 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Hierbei gilt es zu hinterfragen, wann Klimawandelfolgen Raumbedeutsamkeit erlangen. Um dies abzugrenzen, sollten die Auswirkungen des Klimawandels vor dem Hintergrund betrachtet werden ob sie: • „raumbedeutsam im Sinne des §1 Abs. 1 bzw. §7 Abs. 3 ROG [Anmerkung: alte Fassung] sind (also eine überörtliche, überfachliche Betrachtung erfordern, weil ihre Auswirkungen bzw. Vermeidungs- und/oder Bewältigungsstrategien von überörtlicher Bedeutung sind) und/oder“ • „einen konkreten Bezug zur Bodennutzung aufweisen (vgl. §1 Abs. 1 BauGB), womit sie in der Bauleitplanung zu behandeln sind, weil die räumlichen Auswirkungen die bauliche und sonstige Nutzbarkeit des Bodens einschränken (vgl. §5 Abs. 2 b Nr. 1 BauGB) und/oder Flächen für besondere Vorkehrungen gegenüber ihren Einwirkungen benötigt werden (vgl. §9 Abs. 1 Nr. 16 und 24 BauGB).“ (Greiving/Fleischhauer 2008, 62). Dabei kann festgestellt werden, dass der Klimawandel zu Einschränkungen in der Nutzbarkeit natürlicher Ressourcen sowie zu einer Verstärkung klimabezogener Risiken führen kann (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 165 und Kapitel 2). Für die Raumordnung und Raumplanung sind im Bereich der natürlichen Ressourcen und klimabezogenen Risiken insbesondere die Auswirkungen des Klimawandels auf die Temperaturen in Agglomerationsräumen, auf den Wasserhaushalt, sowie die Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen von Bedeutung (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 166-167). Im Bereich der Agglomerationen ist ein zentraler Aspekt in der Entstehung bzw. Verstärkung bestehender Wärmeinseln zu sehen. Durch die damit verbundenen steigenden Temperaturen sind negative Auswirkungen für die menschliche Gesundheit zu erwarten. In dem Freihalten von Flächen und der (klimagerechten) Gestaltung der Siedlungsstruktur sehen Fleischhauer/Bornefeld zwei wesentliche Ansatzpunkte, deren Anwendung zur Reduktion der Auswirkungen des Klimawandels genutzt werden können (ebd.). Die Verknappung von Wasserressourcen auf Grund des Rückgangs der Niederschlagsmengen in den Sommermonaten (vgl. Kapitel 2) stellt eine weitere Herausforderung für die Raumordnung und Raumplanung dar. In diesem Zusammenhang stellen Fleischhauer/Bornefeld fest, dass sowohl im Baugesetzbuch (BauGB), als auch im Raumordnungsgesetz (ROG) kaum bzw. nur indirekt Aussagen in Bezug auf den Umgang mit knapper werdenden Wasserressourcen enthalten sind. Zukünftig sollte nach ihrer Auffassung die Problematik der Wasserknappheit mehr Berücksichtigung in der Raumordnung und Raumplanung finden (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 167). 21 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Durch den Klimawandel werden Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen zunehmen (vgl. Kapitel 2). Von den sich daraus ergebenden klimabezogenen Risiken sind diejenigen von besonderer raumplanerischer Relevanz, welche eine hohe Standortgebundenheit besitzen. Dies sind nach Fleischhauer/Bornefeld vor allem Flussüberschwemmungen und Sturzfluten, Murengänge, Berg- und Erdrutsche, Sturmfluten sowie Waldbrände. Hier wird zukünftig ein gesteigerter Handlungsbedarf bestehen (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 167). Zur Reduktion klimabezogener Risiken stehen der Raumordnung und Bauleitplanung (als Teil der Raumplanung) grundsätzlich folgende Ansatzpunkte zur Verfügung: • das Freihalten von Flächen, wodurch gefährdete Bereiche frei gehalten und Bereiche mit Schutzfunktion gesichert werden können, • das Treffen von differenzierten Entscheidungen über Landnutzungen, wodurch ungeeignete Nutzungen in gefährdeten Gebieten ausgeschlossen werden können sowie • das Festsetzen spezifischer Aussagen in Bebauungsplänen, wodurch das lokale Risikopotenzial erheblich verringert werden kann (ebd.). Dabei können die entsprechenden Maßnahmen im Umgang mit den Folgen des Klimawandels sowohl klimaschützend, als auch klimaanpassend ausgerichtet sein. Klimaschutz in der Raumordnung und Raumplanung Maßnahmen zum Klimaschutz zielen vor allem auf die Minderung von Kohlendioxidemissionen ab, da CO2 als einer der Hauptverursacher des anthropogenen Treibhauseffektes angesehen wird (vgl. Kapitel 2.1). Die räumliche Planung kann einen wichtigen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen leisten. Die Schaffung einer günstigen Raum- und Siedlungsstruktur (z. B. Verkehrsvermeidung durch die Kopplung von Siedlungsausweisungen an ÖPNV-Strukturen), der Freiraumschutz oder die Sicherung von Flächen für erneuerbare Energien (Windkraft, Biomasse, Photovoltaik) sind in diesem Zusammenhang zu nennen (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 162-163 und BMU 2008, 42). Das Hessische Klimaschutzkonzept 2012 (vgl. Kapitel 2.4) charakterisiert wesentliche Instrumente der Raumplanung zum Klimaschutz: 1. „Planerische Freiraumsicherung […], wozu auf der Ebene des Landesentwicklungsplanes die Festlegung von überregional bedeutsamen Freiräumen gehört. In den Regionalplänen sind der Regionale Grünzug und Vorbehaltsgebiete zum Klimaschutz von Bedeutung. Gleiches gilt für 22 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Vorranggebiete für Forstwirtschaft, da sie als dauerhaft zu bewaldende Flächen wichtige Senken des klimarelevanten Kohlendioxides darstellen.“ 2. „Integrierte Siedlungs- und Verkehrsplanung (z. B. durch räumliche Konzentration der Siedlungstätigkeit bzw. des großflächigen Einzelhandels und ihre vorrangige Anbindung an vorhandene Verkehrsstraßen), wodurch Flächeninanspruchnahmen und Verkehrsbelastungen sowie damit verbundene Klimaschädigungen minimiert werden können. […]“ 3. „Planerische Vorsorge für klimaverträgliche Energiegewinnung (z. B. durch die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung).“ (HMUELV 2007, 69). Fleischhauer/Bornefeld weisen insbesondere dem Freiraumschutz (nach §8 Abs. 5 Nr. 2a ROG) eine gehobene Bedeutung zu, da zum einen die Siedlungs- und Verkehrsflächenzunahme begrenzt wird und zum anderen Freiräume als Kohlendioxidsenken erhalten werden können. Insbesondere durch die reduzierte Siedlungs- und Verkehrsflächenzunahme können so nachgelagerte Kohlendioxidemissionen minimiert werden (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 163). Durch die unterschiedlichen räumlichen Bezugsrahmen und Umsetzungskompetenzen der Planungsebenen ergeben sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für die Ausweisung freiraumschützender Belange. Während Landes- und Regionalplanung auf Grund ihrer rahmengebenden Funktion überwiegend Festlegungen zur Sicherung und zur Nutzungsfunktion von Flächen treffen und damit eine langfristige Steuerung der Raumstruktur bewirken, weist die Bauleitplanung Umsetzungskompetenzen auf, wodurch konkrete Festsetzungen zum Klimaschutz möglich werden. Klimaschutz kann somit als raumplanerische Querschnittsaufgabe erachtet werden (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 165 und 169). Auf Grund der Verbindlichkeit und Konkretheit von Bebauungsplänen können spezifische Festsetzungen bei deren Aufstellung dazu beitragen, CO2-Emissionen zu vermindern. Je nach lokaler Gegebenheit besteht so die Möglichkeit, Festsetzungen beispielsweise • zur Gebäudeausrichtung (§9 Abs.1 Nr.2 BauGB), • zur Gebäudehöhe (§16 BauNVO), • zur Bepflanzung (§9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB), • zu Freiflächen (§9 Abs.1 Nr. 10 BauGB) oder • zur Beschränkung oder zum Ausschluss von Heizstoffen (§9 Abs.1 Nr. 24 BauGB) zu formulieren (vgl. Fleischhauer/Bornefeld 2006, 164 Tabelle 1). 23 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Wesentlich schwieriger gestaltet sich dagegen das Durchsetzen von Klimaschutzmaßnahmen im baulichen Bestand. Hier gilt der aus der Eigentumsgarantie des Artikels 14 Grundgesetz (GG) resultierende Bestandsschutz. In Frage kommt zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen im Bestand deshalb nur das Setzen von Anreizen, wie beispielsweise gezielte Kreditvergaben, welche die Umsetzung fördern können. Diese kommen allerdings nur in eigeschränktem Maße in Betracht. Raum- und Bauleitplanung sollten sich deshalb verstärkt auf Möglichkeiten bei der Entwicklung zukünftiger Siedlungs- und Verkehrsflächen und der Sicherung des Freiraums konzentrieren, da hier ein wesentlich höheres Klimaschutzpotential vorhanden ist (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 163). Klimaanpassung in der Raumordnung und Raumplanung Wie in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt wurde, sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits heute spürbar (vgl. Kapitel 2.1 und Kapitel 2.2). Neben dem Klimaschutz besteht somit die Notwendigkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit den Folgen des Klimawandels. Einerseits können so effektive Handlungsstrategien entwickelt werden und andererseits eine optimale Anpassung der Planung an die neuen Gegebenheiten erfolgen. Insbesondere auf letzteres wird im IPCC-Report ausdrücklich hingewiesen. Neben dem unerlässlichen Voranbringen von Minderungsmaßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen (Mitigation) sind vorausschauende Anpassungsmaßnahmen an veränderte Umweltbedingungen (Adaption) nötig (Kropp/ Datschkeit 2008, 353). Da der Klimawandel ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt, sind Anpassungsmaßnahmen technologischer Art (z. B. Schutzbauten am Meer), verhaltensbezogener Art (z. B. Änderungen bei der Auswahl von Nahrungsmitteln und Freizeitbeschäftigungen) und auch politischer Art (z. B. Planungsbestimmungen) denkbar (IPCC 2007b, 35). In diesem Zusammenhang wurde im Dezember 2008 durch die Bundesregierung die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel auf den Weg gebracht. Hierbei handelt es sich um ein strategisches Papier, dessen „langfristiges Ziel […] die Verminderung der Verletzlichkeit bzw. der Erhalt und die Steigerung der Anpassungsfähigkeit natürlicher, gesellschaftlicher und ökonomischer Systeme an die unvermeidbaren Auswirkungen des globalen Klimawandels“ sein soll. Die Strategie wird als eine Art Prozess verstanden, in dem zunächst der Handlungsbedarf benannt wird, um darauf aufbauend Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen (BMU 2008, 5-6). 24 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Im Bericht zur Anpassungsstrategie wird zunächst ein Überblick über den Wissensstand zum Klimawandel gegeben und der weitere Forschungsbedarf erarbeitet. Anschließend werden mögliche Folgen und Anpassungsmaßnahmen für ausgewählte klimasensitive Bereiche beschrieben und diskutiert. Dabei handelt es sich im Einzelnen um: „Menschliche Gesundheit; Bauwesen; Wasserhaushalt, Wasserwirtschaft, Küsten- und Meeresschutz; Boden; Biologische Vielfalt; Landwirtschaft; Wald- und Forstwirtschaft; Fischerei; Energiewirtschaft (Wandel, Transport und Versorgung); Finanzwirtschaft; Verkehr, Verkehrsinfrastruktur; Industrie und Gewerbe; Tourismuswirtschaft; Querschnittsthemen: Raum-, Regional- und Bauleitplanung sowie Bevölkerungsschutz“ (BMU 2008, 16-45). Durch das Herausheben der räumlichen Planung als Querschnittsbereich betont die Anpassungsstrategie deren Bedeutung zur Begegnung des Klimawandels. Die exponierte bzw. strategische Stellung und koordinierende Funktion bei der Abstimmung verschiedener Raumansprüche sollte es begünstigen, mit Hilfe der vorhandenen Instrumentarien sowohl Klimaschutz als auch Klimaanpassung zu unterstützten. In erster Linie könnten sich ergebende Raumnutzungskonflikte durch das Formulieren entsprechender Leitbilder für resiliente Raumstrukturen gelöst oder zumindest entschärft werden (BMU 2008, 42). Resilienten Raumstrukturen wird dabei ein hohes Maß an Flexibilität und Robustheit gegenüber den sich einstellenden Veränderungsprozessen zugesprochen (vgl. Kapitel 3.2). Ähnliches wird auch durch die Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) formuliert. Im Positionspapier Nr. 73 werden der Raumplanung (als strategischer Querschnittsaufgabe) im Sinne des Anpassungshandelns folgende Kernaufgaben zugeschrieben: 1. Verwundbarkeits- und Risikobewertungen für bedrohte Räume vornehmen, diese Bewertungen mit den raumbezogenen Anpassungskapazitäten verknüpfen und Anpassungsmaßnahmen entwickeln, wodurch letztlich die Risiken und die Vulnerabilität gesenkt werden können. 2. Entscheidungen über die sich ergebende Umverteilung von Raumnutzungen treffen, notwendige Ersatz- oder Ausgleichflächen bereitstellen und ggf. neue Flächenansprüche bedenken. Das Hauptaugenmerk sollte dabei auf der Entwicklung integrierter Rahmenregelungen für die künftigen Raum- und Flächennutzungen liegen (ARL 2007, 3). 25 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Zudem heben Overbeck et al. die Bedeutung übergeordneter, querschnittsorientierter Raumentwicklungsstrategien gegenüber sektoralen Klimaanpassungsstrategien heraus. Die Raumplanung könnte darin ihre Kompetenzen verstärkt einbringen durch: 1. Die Integration der unterschiedlichen sektoralen/fachplanerischen Belange in ein abgestimmtes Gesamtkonzept. • Anpassungsmaßnahmen finden in verschiedenen Bereichen statt und weisen einen Raumbezug auf, wodurch Flächenkonkurrenzen entstehen können. Die Raumplanung kann hier abwägend und moderierend agieren. 2. Die Integration von Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. • Raumnutzungen sollten sowohl klimaschützend wirken als auch klimaangepasst sein. Die räumliche Planung muss versuchen, Synergieeffekte bei der Flächenausweisung nutzbar zu machen. 3. Die Integration von kurz- und langfristigen Planungszielen. • Pläne und Programme haben in der Regel unterschiedliche Zeithorizonte. Die Raumplanung muss diese untereinander abstimmen, um negative Auswirkungen kurzfristiger Entwicklungen, die spätere Anpassungsmaßnahmen erschweren könnten, zu vermeiden. 4. Die Integration der unterschiedlichen planerischen Ebenen. • Eine enge Abstimmung der unterschiedlichen Ebenen erscheint notwendig, um die jeweils geeigneten Handlungsebenen und Adressaten in Hinblick auf Kompetenzen, Handlungsmöglichkeiten und den räumlichen Bezug bei der Umsetzung der Maßnahmen zu identifizieren (Overbeck et al. 2008, 367-368). Es bleibt festzuhalten, dass der Raumplanung im Rahmen der Klimaanapassung eine gestiegene Bedeutung beigemessen wird. Darüber hinaus ergeben sich neue Handlungsfelder, wie beispielsweise die Betrachtung von räumlichen Verwundbarkeiten. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedurfte es eines intensiven Diskurses, in dem die Herausforderungen durch den Klimawandel erörtert wurden, um daraus mögliche Handlungsfelder und -optionen abzuleiten. Im Folgenden werden die Erkenntnisse der bisherigen Diskussion dargestellt. 3.2 Herausforderungen im Umgang mit den Folgen des Klimawandels Die Bandbreite der in Kapitel 2.4 dargelegten Sektoren, die von den Klimafolgen berührt werden, deutet auf deren Komplexität hin. Die Folgen des Klimawandels wirken sowohl räumlich als auch 26 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung sektoral sehr differenziert und zeigen häufig Wechselwirkungen untereinander (Overbeck et al. 2008, 365). Da die Raumordnung nicht immer alleiniger, zentraler Akteur bei der Bearbeitung raumbezogener Fragestellungen ist, sondern häufig auch Fachplanungen involviert sind, entsteht weiterer Koordinationsbedarf (Greiving/Fleischhauer 2008, 62). Ein im Diskurs um Klimaanpassung immer wieder angeführtes Problem wird in den Unsicherheiten wissenschaftlicher Aussagen zum Klimawandel und dessen Folgen gesehen, insbesondere je kleinräumiger der Bezugsrahmen ist. Im Umgang mit den sich ergebenden Risiken werden Unsicherheiten folglich immer ein beherrschendes Element sein, auf das die Planungsinstrumente eingestellt werden müssen. Hinzu kommt ein Mangel an fehlender Praxiserfahrung bei politischen und planerischen Entscheidungen im Umgang mit dem Klimawandel (Birkmann/Fleischhauer 2009, 114-115 und BMBVS/BBR 2007, 6). Ritter formuliert 2005 zehn Punkte hinsichtlich der Herausforderungen des Klimawandels an die Raumplanung. Auf Grundlage der Ergebnisse der Fachtagung Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel und in Anlehnung an Ritters Ausführungen erarbeiteten Overbeck et al. den 10Punkte-Plan Klimaanpassung zur strategischen (Neu-) Orientierung der Raumplanung. Darin sind sowohl Aussagen in Bezug auf sich ergebende Herausforderungen als auch Ansatzpunkte zur Bewältigung der Klimawandelfolgen formuliert (vgl. Overbeck et al. 2008, 368-379). Die wichtigsten Aspekte werden im Folgenden kurz erläutert: 1. Daten- und Wissenstransfer als Grundlage für eine Anpassungsstrategie verbessern. Informations- und Erkenntnistransfer ist zweifellos ein wichtiger Baustein zur Aufstellung einer Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels. Die Raumplanung könnte in diesem Zusammenhang über raumrelevante Risiken informieren. Vorstellbar wären beispielsweise Karten, die Verwundbarkeiten von Regionen abbilden. Die dafür notwendigen Datengrundlagen sollten durch einen intensiven Austausch von Wissenschaft und Planungspraxis stetig und zielgerichtet weiterentwickelt werden (ebd.). 2. Gefährdungs-, Verwundbarkeits- und Klimarisikogebiete identifizieren. Aussagen zu Klimafolgen verlieren in der Regel an Präzision (zeitlich, räumlich), je kleinräumiger sich die Bezugsebene gestaltet, was planerische und politische Entscheidungen, welche meist ge- 27 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung rade auf dieser Ebene getroffen werden, erschwert. Durch die Abgrenzung von Gefahrenzonen (beinhalten Informationen über Intensität und Umfang von Gefahren) und Verwundbarkeitsgebieten (basierend auf Aussagen über die Anfälligkeit von Regionen oder Sektoren für Ereignisse sowie Bewältigungs- und Anpassungskapazitäten), deren Zusammenführung Klimarisikogebiete identifizierbar macht, kann eine hinreichende Entscheidungsgrundlage geschaffen werden. Kristallisieren sich Bereiche mit einem besonders hohen Klimafolgenrisiko heraus, ist diesen so genannten Hot Spots erhöhte Aufmerksamkeit zuzuschreiben (ebd.). 3. Leitbilder und Anforderungen für resiliente Raumstrukturen entwickeln. Resilienten oder auch robusten Raumstrukturen oder -nutzungen wird die Fähigkeit der Flexibilität bzw. Elastizität gegenüber Extremereignissen oder Auswirkungen von (Klima-) Veränderungen sowie ein hohes Regenerationspotenzial gegenüber Schäden zugesprochen. Sie entstehen durch die Berücksichtigung möglicher (negativer) Klimaereignisse bei der Ausweisung von Raumnutzungen, was letztlich eine Anpassung an die Klimafolgen unterstützt. Durch die Anwendung des Resilienz-Konzeptes könnten Verwundbarkeiten gesenkt und die Vorsorgefunktion der Raumplanung (beispielsweise zur Sicherung kritischer Infrastrukturen) gewahrt werden. Dem stehen nach Overbeck et al. derzeit vor allem die starren Handlungsrahmen der Ziele der Raumordnung entgegen (ebd.). 4. Anpassungs- und Klimaschutzstrategien mit ökonomischer Steuerung und mit sektoralen Förderpolitiken koppeln. Um die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen und Beiträgen zum Klimaschutz (z. B. die Entwicklung regionaler Konzepte zur Förderung regenerativer Energien als Beitrag zum Klimaschutz) gezielt und erfolgreich zu gestalten, sollte die gängige Vergabepraxis von Fördermitteln an Klimaschutzmaßnahmen angepasst werden (v. a. Wirtschaftsförderung, Mittel zur ländlichen Entwicklung, Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) etc.). Die Raumplanung könnte hierbei einerseits durch die Ausweisung von Bereichen mit hoher Anpassungsnotwendigkeit bzw. besonders gefährdeten Gebieten Entscheidungsgrundlagen liefern und andererseits Erfordernisse des Klimaschutzes mit anderen raumrelevanten Belangen abstimmen (ebd.). 5. Auswirkungen des Klimawandels in bestehende Instrumente der Regionalplanung integrieren. In wie weit Anpassungsansätze in vorhandene raumplanerische Instrumente integriert werden können bzw. welche hierfür geeignet erscheinen und wie diese an die Erfordernisse des Klima- 28 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung wandels angepasst werden können, ist bisher schwer abzuschätzen und birgt weiteren Forschungsbedarf. Größte Bedeutung wurde bis dato dem Freiraumschutz, insbesondere im Zusammenhang mit §8 Abs. 5 Nr. 2d ROG (Sicherung der Freiraumstruktur) und §8 Abs. 7 Nr. 1-3 ROG (Ausweisung von Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsgebieten) zugesprochen. Diese Instrumente sind jedoch zukünftig auf ihre Leistungsfähigkeit und Plausibilität in Hinblick auf häufiger eintretende Extremereignisse zu überprüfen und zu modifizieren (ebd.). Darüber hinaus ist eine Weiterentwicklung von Strategischer Umweltprüfung (SUP) und Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) denkbar, beispielsweise durch die zusätzliche Berücksichtigung des Aspekts der Treibhausgasemissionen. Bisher werden die (negativen) Auswirkungen der Pläne und Maßnahmen auf die Umwelt betrachtet. Diese Perspektive könnte sich zukünftig umkehren. Dann müsste geklärt werden, ob ein Plan bzw. eine Maßnahme unter sich wandelnden Klimabedingungen realisierbar ist (vgl. Kapitel 3.3). Zudem ist zu erwarten, dass Nutzungskonflikte im baulichen Bestand oder zwischen konkurrierenden Nutzungen weiter zunehmen werden. Sowohl formelle als auch informelle Instrumente der Raumordnung sollten künftig auf ein steigendes Maß an Abwägungs- und Koordinationsverfahren, gerade auf regionaler Ebene, ausgerichtet werden. Formelle Planungsinstrumentarien sollten dabei vornehmlich in noch unbeplanten, also zukünftig zu entwickelnden Bereichen Anwendung finden. Im baulichen Bestand sind dagegen informelle Ansätze zu bevorzugen, da hier in der Regel Bestandsschutz besteht (vgl. Kapitel 3.1) (Greiving Fleischhauer 2008, 64). 6. Handlungsoptionen für räumliche Anpassungsstrategien durch flexible Maßnahmenportfolios offen halten. Die Auswirkungen des Klimawandels treten räumlich und zeitlich sehr unterschiedlich auf, was den Umgang mit ihnen erschwert. Um effektiv Klimaanpassung betreiben zu können, sollte deshalb ein breiter Instrumenten-Maßnahmen-Mix erarbeitet werden (vgl. Kapitel 3.4). Als Handlungsebene scheint die Region besonders geeignet. Hier können einerseits großräumige, naturräumliche Zusammenhänge besser erfasst und andererseits die verschiedenen Einzelbelange zusammengeführt werden (vgl. Overbeck et al. 2008, 368-379). 7. Raumplanung zum besseren Umgang mit Unsicherheiten flexibler und prozessorientierter gestalten. Eine große Herausforderung an die räumliche Planung stellt der Umgang mit Unsicherheiten dar. Insbesondere die abweichenden Zeithorizonte der Raumordnungspläne (im Schnitt 10 bis 15 Jah- 29 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung re) und der Klimamodelle (Projektionszeiträume i. d. R. 2050 oder 2100, vgl. Kapitel 2.3) führen zu Begründungsproblemen bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen. Darauf könnte durch eine Abkehr vom Prinzip der Aufstellung eines starren Planes mit endgültigen Aussagen, hin zu flexiblen Planungsentscheidungen reagiert werden. Denkbar wären das Abstimmen ergebnisorientierter Zielvereinbarungen (z. B. zwischen Regionalplanung und Kommune) sowie ein verstärktes Denken in Szenarien (analog dem Gedanken der Emissionsszenarien), wodurch Handlungsund Umsetzungsspielräume kreiert würden (ebd.). Eine besondere Bedeutung im Umgang mit den künftigen Folgen des Klimawandels besitzen die Abwägungsprozesse. In den Abwägungen sollten zukünftige Klimawirkungen in jedem Fall stärker einbezogen werden, da ihre Eintrittswahrscheinlichkeit sehr hoch ist und eine Zunahme klimabezogener Naturkatastrophen bereits heute spürbar ist (Fleischhauer/Bornefeld 2006, 169). Auch Kropp/Daschkeit verweisen darauf, dass eine intelligente und nachhaltige Raumplanung für die Zukunft zwei Dinge erfüllen müsse: 1. „Eine klimabewusste Planung. Das heißt: Planungsaktivitäten müssen künftig ihre Klimawirksamkeit berücksichtigen, sowohl in Richtung Auswirkungen auf das Schutzgut Klima selbst als auch im Hinblick auf die Anpassung an die Folgen eines Klimawandels.“ 2. „Die Entwicklung und der Einsatz robuster Infrastruktur ist Daseinsvorsorge und obliegt generell der Verantwortung des Staates, vor allem angesichts sehr wahrscheinlich zunehmender Extremereignisse (Intensität und Frequenz).“ Um dies zu erreichen, müssten Planungsinstrumente jedoch flexibler gestaltet werden (Kropp/Daschkeit 2008, 359). 8. Risk Governance als Handlungsansatz zur Bewältigung der komplexen Herausforderungen des Klimawandels in die Praxis integrieren. Im Umgang mit Risiken beruhen planerische Entscheidungen im Regelfall auf Erfahrungswerten. Bei neuen Risiken wie dem Klimawandel existieren solche Erfahrungen nicht. Es werden deshalb nur mögliche Effekte beschrieben, die als Grundlage für fachliche und politische Entscheidungen dienen. Um die gesellschaftliche Akzeptanz und Nachvollziehbarkeit gegenüber diesen Entscheidungen zu erhöhen, kann der Risk-Governance-Ansatz Anwendung finden, der auf einer umfassenden, akteursbezogenen, politisch-gesellschaftlichen Entscheidungsfindung beruht. Raumplanung kann in diesem Diskurs sowohl integrierend als auch moderierend wirken (vgl. Overbeck et al. 2008, 368-379). 30 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung 9. Herausforderungen des globalen Wandels in die Debatte um Anpassungsstrategien an den Klimawandel einbeziehen. Der Klimawandel ist nicht die einzige Herausforderung der heutigen Zeit, welcher die Raumordnung und Raumplanung gegenüber stehen. Der demographische Wandel, die fortschreitende Globalisierung und auch die Umweltprobleme stellen weitere Herausforderungen dar, bieten aber auch die Chance, Synergieeffekte zwischen den verschiedenen Bewältigungsstrategien zu generieren. Die Effektivität könnte durch die Entwicklung einer abgestimmten europäischen Anpassungsstrategie gesteigert werden (ebd.). 10. Eine breite gesellschaftliche Debatte ist notwendig. Die Akzeptanz von Anpassungsmaßnahmen sollte durch eine breite gesellschaftliche Debatte gestärkt werden. Dazu ist es erforderlich, deren Notwendigkeit der Bevölkerung sowie den politischen und fachlichen Akteuren zu verdeutlichen und zu vermitteln. Es gilt, normative Grundlagen zu ermitteln, die von der Gesellschaft getragen werden. Zudem sollte der Austausch innerhalb Europas bei der Entwicklung und Umsetzung von Anpassungsstrategien intensiviert werden (ebd.). Dieser umfassende Katalog, hier in aller Kürze zusammengefasst, kann als Gesamtschau des aktuellen wissenschaftlichen und politischen Diskurses angesehen werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Vielmehr sollte die Komplexität des Themenfeldes Klimaanpassung und Raumplanung verdeutlicht werden. Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass Überlegungen zu einzelnen dargelegten Punkten bereits weiter vorangeschritten sind. Im anschließenden Kapitel werden die wichtigsten dieser Ansatzpunkte erneut aufgegriffen und vertieft diskutiert. 3.3 Neue Ansätze für die räumliche Planung im Umgang mit den Folgen des Klimawandels Die Debatte um den Klimawandel ist nicht neu, wohl aber die Intensität, mit der sie geführt wird. Der vierte Sachstandsbericht des IPCC hat einen entscheidenden Beitrag dafür geleistet, dass das Thema in Politik und Gesellschaft an Bedeutung gewonnen hat. Auch innerhalb der Raumordnung und -planung ist ein gestiegenes Problembewusstsein erkennbar. Dies verdeutlicht nicht zuletzt der im vorigen Kapitel dargestellte Diskurs. In der Folge wurden erste konkrete Ansätze und Handlungsoptionen zum Umgang mit den Klimawandelfolgen formuliert. An dieser Stelle werden einige dieser Ansätze und Maßnahmen näher betrachtet. 31 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Einen Beleg für das gestiegene Problembewusstsein im Umgang mit dem Klimawandel liefert das Raumordnungsgesetz (ROG). Greiving/Fleischhauer verweisen in ihren Ausführungen darauf, dass in der alten Fassung des ROG lediglich der vorbeugende Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland Erwähnung findet. In weiterem Umfang wird der Klimawandel nicht angesprochen. Neben diesem Kritikpunkt fordern Greiving/Fleischhauer zudem eine stärkere Integration des Themas Klimawandel in die Ziele und Leitvorstellungen der Raumordnung. Dies sei ihrer Ansicht nach nötig, um einen Leitrahmen für Abwägungsprozesse zu schaffen und Entscheidungen rechtlich zu stützen (Greiving/Fleischhauer 2008, 63). In den Grundsätzen des novellierten Raumordnungsgesetzes12 wird der Klimawandel erstmals explizit genannt. Dies muss als ein richtungsweisender Schritt erachtet werden, der auf die gestiegene Bedeutung des Klimawandels und dessen Wahrnehmung hinweist: „Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. […] Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. […]“ (§2 Abs. 2 Nr. 6 ROG). Es wird explizit darauf hingewiesen, dass neben Klimaschutzmaßnahmen auch Klimaanpassungen stattfinden sollten. Zudem wird, im Unterschied zur letzen Fassung des ROG, hier nicht mehr nur der großräumigen und übergreifenden Freiraumstruktur eine Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Klimas zugesprochen, sondern dem Gesamtraum. Dadurch könnten Klimaschutzaspekte auch in anderen Bereichen eine höhere Beachtung erlangen. Einen weiteren Ansatzpunkt stellen Verwundbarkeitsanalysen dar. Im vierten Sachstandsbericht des IPCC wird deutlich, dass die Regionen der Erde unterschiedlich stark von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden (vgl. Kapitel 2.1). Deshalb sollten für jede Region individuell abgestimmte Anpassungskonzepte erarbeitet werden. Zu diesem Zweck ist zunächst abzuschätzen, in wie weit Regionen gegenüber einem Klimastimulus (also einer konkreten Klimaänderung) verwundbar sind. Dies gilt sowohl im groß- als auch im kleinräumigen Maßstab. Verwundbarkeitsanalysen können aufzeigen, wo und in welchem Umfang ein System gegenüber Auswirkungen von Klimaänderungen verwundbar ist (vgl. Kapitel 3.2). 12 Das Raumordnungsgesetz wurde zuletzt am 31. Juli 2009 geändert. 32 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung In Anlehnung an Stock et al. wird Verwundbarkeit in diesem Zusammenhang als Anfälligkeit des Mensch-Umwelt-Systems gegenüber den in der Regel nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels verstanden (Stock et al. 2009, 98). Die Verwundbarkeit eines Systems ist dabei abhängig von Charakter, Größenordnung und Rate der Klimavariation, sowie der Fähigkeit des Systems, sich an die veränderten Gegebenheiten anzupassen (Anpassungskapazität). Verwundbarkeitsanalysen können zur Identifizierung von Räumen mit potentiellem planerischem Handlungsbedarf herangezogen werden, ohne den Anspruch zu erheben, zukünftiges planerisches Handeln im Fokus der Klimaanpassung allein zu begründen. Dennoch könnten Verwundbarkeitsanalyen als hinreichende Grundlage für die Entscheidung über Anpassungsmaßnahmen dienen (Kropp/Daschkeit 2008, 358). Besondere Bedeutung haben diese Analysen für die regionale und lokale Ebene, für welche Klimamodelle kaum differenzierte Aussagen über Gefahrenbereiche zulassen (Kropp/Daschkeit 2008, 357 und Overbeck et al. 2008, 370). Darüber hinaus könnten Verwundbarkeitsanalysen dazu beitragen, zukünftige Kosten für Anpassungsmaßnahmen einzusparen (vgl. Tabelle 2). Zudem könnte eine Betrachtung möglicher Klimaauswirkungen auf verschiedene Wirtschaftssektoren (z. B. Wasser-, Land- und Forstwirtschaft, Siedlungs- und Verkehrsstrukturen) dazu beitragen, vorhandene Verwundbarkeiten zu identifizieren und Potentiale für Anpassungsmaßnahmen hervorzuheben (Ritter 2005, 504). Zudem wäre eine proaktive Klimaanpassung denkbar. Anstatt auf eintretende Katastrophen im Nachhinein zu reagieren, plädieren Kropp/Daschkeit für einen proaktiven Managementansatz, d. h. Problemlösungskompetenzen und -strategien aufzubauen, um auf zukünftige Entwicklungen vorbereitet zu sein. Proaktive Anpassung ist deshalb planungsrelevant, weil in Planungsprozessen zukünftige Raumnutzungsansprüche angesprochen werden. Dabei gilt es zu beachten, dass der Klimawandel ein langfristiger Prozess ist. Proaktive Maßnahmen sollten dementsprechend langfristig ausgerichtet sein (Kropp/Daschkeit 2008, 353-356). Gegenargumente für proaktive Anpassung könnten zum einen die Unsicherheit des Eintretens von Schadensereignissen, zum anderen mögliche hohe volkswirtschaftliche Kosten für Anpassungsmaßnahmen sein. Dies erscheint jedoch angesichts der Aufgabe der Sicherung der Daseinsvorsorge für Menschen eher kurzfristig gedacht. Durch proaktive Anpassung können Kosten eingespart 33 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung werden, bedenkt man die möglichen Alternativen (z. B. Aufgabe ganzer Küstenregionen auf Grund des steigenden Meeresspiegels). Das Beispiel in Tabelle 2 verdeutlicht das Potential vorbeugender Maßnahmen. Dabei ist zu erkennen, dass eine Erhöhung des Bemessungswertes in der Planung mit Kostenersparnissen gegenüber einer nachträglichen Anpassung verbunden ist (Stock et al. 2009, 110). Tabelle 2: Beispiel für die Kostenersparnis bei einer Hochwasserschutzmauer durch proaktive Anpassungsmaßnahmen gegenüber nachträglichem Neubau infolge veränderter Bemessungsrichtwerte (hundertjähriges Hochwasser HQ100) als Reaktion auf eingetretene Ereignisse Lastfall BHQ BHQ +20% BHQ +30% Klimaänderung = HQ = +0,29m = +0,44m 100% 110% 113% 100% 155% 257% Kosten bei Berücksichtigung in der Planung Kosten bei nachträglicher Anpassung plus Neubau Quelle: Stock et al. 2009, 110 nach Wald, J. (2004): Auswirkungen der Klimaänderungen auf Planungen – Praxisbeispiele. KLIWA–Berichte, Vol. 4, 169-186 Ein weiteres wichtiges Konzept stellt Climate Proofing dar. Der Begriff Climate Proofing wird häufig in der internationalen Klimaanpassungsforschung verwendet, allerdings mit unterschiedlicher Konnotation. Birkmann/Fleischhauer leiten daraus folgende Definition ab: „Unter „Climate Proofing“ sind Methoden, Instrumente und Verfahren zu verstehen, die absichern, dass Pläne, Programme und Strategien sowie damit verbundene Investitionen gegenüber den aktuellen und zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels resilient und anpassungsfähig gemacht werden, und die zudem auch darauf abzielen, dass die entsprechenden Pläne, Programme und Strategien dem Ziel des Klimaschutzes Rechnung tragen.“ (Birkmann/Fleischhauer 2009, 118). Eine Herausforderung durch den Klimawandel liegt darin, bestehende Instrumente der Raumplanung und Raumentwicklung hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und Funktionalität im Rahmen des Klimawandels zu hinterfragen und gegebenenfalls um Klimaanpassungsaspekte zu erweitern (vgl. Kapitel 3.2). In Climate Proofing wird eine Möglichkeit gesehen, die allgemein gültige Herangehensweise bei der Bewertung von Projekt- und Planungsvorhaben im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Strategischer Umweltprüfung (SUP) zu optimieren. Dabei geht es weniger darum, die Umweltprüfungen zu ersetzen, sondern eine Erweiterung des Blickwinkels hinsichtlich der Klimaanpassung vorzunehmen. Anstatt wie bisher üblich die Auswirkungen von Plänen und Maßnahmen auf die Umwelt zu überprüfen, sollte die Perspektive dahingehend wech- 34 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung seln, Pläne und Projekte zu ermitteln, die sich unter verändernden Umweltbedingungen als nachhaltig und möglichst resilient ent erweisen könnten. Die unterschiedlichen Betrachtungsrichtungen sind in Abbildung 7 dargestellt (Birkmann/Fleischhauer 2009, 117-118, 123). Abbildung 7: Perspektiven von UVP/SUP und Climate Proofing FOKUS: Umweltverträglichkeit Prüfpflichtige Projekte und Pläne Prüfung der Umwelterheblichkeit Umwelt- und UVPUmwelt Schutzgüter z. B. Bahn- oder Straßentrassen Ermittlung/Beschreibung der Umweltauswirkungen z. B. Boden, Klima, Wasser, z. B. Standorte für Industrieanlagen Bewertung der Alternativen Landschaft Luft, Fauna, Flora, Mensch, FOKUS: Climate Proofing – Klimaanpassung Projekte, Planungen und Nutzungen Szenarien/Klimaveränderungen z. B. Standorte für Kraftwerke Expositions- und Vulnerabilitätsanalyse z. B. Nutzung u.a. SkiTourismus /Liftanlagen Abschätzung der Resilienz & Anpassungsfähigkeit Umwelt und UmweltKlimaveränderungen z. B. Boden, Klima, Wasser, Luft, Fauna, Flora, Mensch, Landschaft z. B. Hochwasser, HitzeHitze wellen, Dürren Quelle: eigene Darstelllung nach Birkmann/Fleischhauer 2009, 119 Das Konzept birgt die Herausforderung einerseits mit Unsicherheiten, v. a. in Hinblick auf AussaAuss gen zu Klimaveränderungen (vgl. Kapitel 2) umgehen zu müssen und anderseits seits einen komplexen Arbeitsprozess zess steuern zu müssen. müssen Basieren die bisherigen Bewertungen der Umweltprüfungen Umweltp auf festgelegten Kenn- bzw. Grenzwerten, so sind bei Climate Proofing zunächst die klimatischen Veränderungen für den Bezugsraum anhand von Szenarien zu ermitteln (auf auf Grund der bisher möglichen Projektionsebenen scheint die Region als geeignete Handlungsebene Handlungseben denkbar). Darauf aufbauend sollten mögliche iche Ausprägungen der Umweltwirkungen bestimmt, bestimmt Aussagen zu Verwundbarkeiten ten des Gebietes getroffen sowie mögliche oder bestehende Anpassungskapazitäten dargelegt werden. Erst danach sind Bewertungen der angedachten Maßnahmen und StrateStrat gien möglich. Im Entscheidungsprozess scheidungsprozess gewinnen informelle Ansätze (wie Kooperation oder VerVe 35 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung handlung) an Bedeutung, da Unsicherheiten und nicht eindeutig festgelegte Grenzwerte die Planund Projektbewertungen begründen (Birkmann/Fleischhauer 2009, 119-120 und 125). 3.4 Bedeutung der regionalen Ebene im Kontext des Klimawandels Die Auswirkungen des globalen Klimawandels tangieren weite Bereiche des täglichen Lebens, was anhand der beschriebenen Folgen für ausgewählte Sektoren und Bereich in der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel ersichtlich wird (BMU 2008, 16 und Kapitel3.2). Art und Umfang der Betroffenheit werden hierbei weniger durch administrative Rahmenbedingungen, sondern vielmehr durch die geografische Lage und die vorhandenen bzw. geplanten Flächennutzungen beeinflusst. Regionen stellen in diesem Zusammenhang eine wichtige räumliche Bezugsebene dar. So sind beispielsweise Auswirkungen des Klimawandels auf ganze Naturräume auf regionaler Ebene sehr gut darstellbar. Des Weiteren nehmen Regionen, im Zusammenspiel von nationalen und lokalen Verantwortlichkeiten, wie so oft, auch im Bereich des Klimawandels eine Mittlerposition ein (wie es beispielsweise im System der räumlichen Planung der Fall ist) (Frommer 2009, 129 und Schlipf et al., 77). Eine nachhaltige Raumentwicklung, welche für den Umgang mit den Klimaänderungen wünschenswert wäre, scheint daher am ehesten auf regionaler Ebene initiier- und unterstützbar (Keiner 2005, 67). Eine Befragung des Arbeitskreises Klimawandel und Raumplanung der ARL im Jahr 2008 unter allen Regionalplanungsstellen in Deutschland ergab, dass auf dieser Planungsebene das Thema Klimaschutz im Vergleich zu Klimaanpassung bisher im Vordergrund steht. Klimaanpassung spielt demnach bis dato kaum eine Rolle. Außerdem zeigte sich, dass ein Großteil der Befragten der Regionalplanung einen Akzeptanz- und Bedeutungsgewinn durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Anpassung an den Klimawandel zusprachen (Birkmann/Fleichhauer 2009, 115). Dabei gilt es unter anderem zu hinterfragen, wie und in welchen Bereichen die Raumplanung mit ihren verfügbaren Mitteln (formelle und informelle) künftig einen Beitrag zur Anpassung von Lebensräumen an den Klimawandel leisten kann. Regionale Netzwerke könnten beispielsweise dazu beitragen, neben dem Erarbeiten von Informationen auch ein abgestimmtes, strategisches Vorgehen verschiedener regionaler Akteure zu kreieren. Wird dies mit formellen Planinstrumenten ver- 36 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung knüpft, besteht darin eine Chance, vorsorgende Strategien für Regionen zu entwickeln (Schlipf et al. 2009, 77). Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch Kropp/Daschkeit, die darauf verweisen, dass unter Zuhilfenahme intelligenter Informationsplattformen die Sichtweise der regionalen Akteure bewusst erweitert werden könnte. Zudem könnten Problemzusammenhänge durch eine verknüpfende Darstellung von Informationen zu lokalen Klimaänderungen, -wirkungen und Infrastrukturen leichter erkannt und (über administrative Grenzen hinweg) dargestellt werden (Kropp/Daschkeit 2008, 359). Schlipf et al. betrachten in ihren Ausführungen die formellen Instrumente und informellen Möglichkeiten der Regionalplanung, welche im Rahmen der Zielsetzungen regionaler Anpassungsstrategien an den Klimawandel bestehen. Dabei stellen sie zunächst fest, dass die Zeiträume regionaler Planungen und ihre Zielaussagen in Zukunft stärker auf die sich verändernden Klimabedingungen eingehen müssen. Das Bewusstsein für mehr Klimaanpassung neben dem Klimaschutz müsste deutlich gestärkt werden. Darüber hinaus wird die Bedeutung bestimmter Ziele und Grundsätze der Raumordnung zunehmen. Dadurch werden einige Ergänzungen erfolgen müssen. Durch die Konkretisierung der Ziele mittels Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten könnten beispielsweise Anpassungsprozesse besser gesteuert und Schadenspotenziale in den Regionen gemindert werden. Des Weiteren sollten überörtlich bedeutsame Freiräume verstärkt gesichert werden, da sie, mit Blick auf den Klimawandel, zur Gewährleistung der Frischluftzufuhr und als Retentionsräume für den Hochwasserschutz an Bedeutung gewinnen werden. Dies könnte durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten, Regionalen Grünzügen, Grünzäsuren und Landschaftsparks geschehen (Schlipf et al. 2009, 77). Für die regionale Ebene zur verstärkten Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen spricht weiterhin, dass zur Abgrenzung resilienter Raumnutzungen und Raumstrukturen (vgl. Kapitel 3.2) diese Ebene am geeignetsten erscheint. Hier ist sowohl eine großräumige Koordination, als auch eine Konkretisierung von Handlungsbedarf und -optionen auf der Grundlage regionalisierter Klimamodelle möglich (Overbeck et al. 2008, 372). Der Ebene der Regionalplanung wird demnach eine entscheidende Rolle bei der Initiierung, Umsetzung und Koordination von Klimaanpassungsstrategien und -schutzmaßnahmen zugeschrieben. 37 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sollte die Umsetzung der angeregten Handlungsansätze exemplarisch durchgeführt werden. Dafür bieten sich die sogenannten Modellvorhaben der Raumordnung (MORO) an. Dahinter verbirgt sich eine Maßnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Deren Ziel ist die „[…] praktische Erprobung und Umsetzung innovativer, raumordnerischer Handlungsansätze und Instrumente in Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis, d. h. mit Akteuren vor Ort, in den Regionen.“ (BBSR 2009). In der Vergangenheit und auch aktuell wurde bzw. wird eine Reihe von Modellvorhaben durchgeführt. Bearbeitet werden unter anderem Themen wie nachhaltige Regionalentwicklung, transnationale Zusammenarbeit, nachhaltige Siedlungsentwicklung sowie Infrastruktur und demographischer Wandel. Seit April dieses Jahres wird das Themenspektrum durch den Klimawandel erweitert (BBSR 2009). Für das Modellvorhaben der Raumordnung – Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel (KlimaMoro) wurden acht Regionen ausgewählt (vgl. Abbildung 8). Im Einzelnen sind dies: • Vorpommern • Havelland-Fläming • Westsachsen • Oberes Elbtal – Osterzgebirge • Mittel- und Südhessen • Mittlerer Oberrhein/ Nordschwarzwald • Region Stuttgart • Landkreis Neumarkt/ Oberpfalz. Das Ziel des Modellvorhabens liegt darin, regionale Klimawandelstrategien in den Regionen zu formulieren und erste Umsetzungsschritte einzuleiten. Zum einen sollen Vorschläge zur Weiterentwicklung des raumordnerischen Instrumentariums erarbeitet werden. Des Weiteren wird angestrebt, die Position der Regionalplanung in einer Regional Governance zu stärken. In den Modellvorhaben werden somit die in Kapitel 3.2 beschriebenen Herausforderungen und Handlungsansätze aufgegriffen. 38 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Abbildung 8: Lage der acht Modellregionen des KlimaMoro in Deutschland Quelle: BBSR 2009 Die für diese Arbeit relevante Modellregion Mittel- und Südhessen sieht in der ersten Projektphase eine Evaluierung bestehender regionalplanerischer Aussagen zu klimarelevanten Themen in der Region vor. Festlegungen wie Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen, Vorrangund Vorbehaltsgebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz oder Vorranggebiete für die Landwirtschaft sollen hinsichtlich der Belastbarkeit der zu Grunde gelegten Daten, den konkreten Regelungsinhalten und der Wirksamkeit der Festlegungen betrachtet werden, bevor in einem weiteren Schritt regionale Hot Spots ermittelt werden (vgl. Kapitel 3.2) (BBSR 2009). Die Darstellung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen und deren Abgrenzung in den jeweils unterschiedlichen Regionalplänen der Modellregion (vgl. Kapitel 5.4) sind Bestandteil dieser Arbeit. Darüber hinaus wird für den Regionalplan Mittelhessen die Umsetzung klimarelevanter Flächenausweisungen gegenüber der Bauleitplanung näher betrachtet. Dadurch sollen Rückschlüsse auf die Wirksamkeit dieser Festlegungen gezogen werden. 39 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung 3.5 Zusammenfassung Der Klimawandel und seine (negativen) Folgen werden zukünftig viele Bereiche des täglichen Lebens beeinflussen. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sind grundsätzlich zwei Handlungsstränge zu verfolgen – Klimaschutz (Mitigation) und Klimaanpassung (Adaption). Das Hauptanliegen im Rahmen des Klimaschutzes ist dabei in der Minderung bzw. Vermeidung von CO2Emissionen zu sehen. Dagegen befasst sich der Aspekt der Klimaanpassung insbesondere mit der Frage nach dem Umgang mit den zu erwartenden Veränderungen. Raumordnung und Raumplanung wird in diesem Zusammenhang das Potential zugeschrieben, auf Grund ihres querschnittsorientierten Charakters bei der Abstimmung verschiedener Raumnutzungsansprüche sowohl klimaschützend als auch klimaanpassend wirken zu können. Im Sinne des Klimaschutzes sind bereits konkrete Handlungsansätze auf den verschiedenen Ebenen der Raumplanung existent. Demnach tragen u. a. der Freiraumschutz, die Sicherung von Flächen für erneuerbare Energien und die Schaffung einer günstigen Raum- und Siedlungsstruktur zur Minderung von Kohlendioxidemissionen bei (vgl. Kapitel 3.1). Im Zuge der Klimaanpassung ergeben sich indes neue Herausforderungen an die Raumordnung und Raumplanung. Hervorzuheben sind dabei besonders das Planen unter Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung und ohne Erfahrungswerte, die Identifikation von Gefährdungs-, Verwundbarkeits- und Klimarisikogebieten, die Prüfung der Anwendbarkeit bestehender Planungsinstrumente hinsichtlich möglicher Anpassungsmaßnahme, die Entwicklung resilienter Raumstrukturen sowie die Initiierung eines gesamtgesellschaftlichen Bewusstseins über die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen (vgl. Kapitel 3.2). Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass bereits erste konkrete Handlungsansätze zum Umgang mit den Klimafolgen existieren. Dabei besteht grundsätzlich dahingehend Einigkeit, dass eine rechtzeitige Klimaanpassung dazu beitragen kann, die gesamtwirtschaftlichen Kosten durch Klimaschäden zu verringern. So ist in das novellierte ROG der Aspekt der Klimaanpassung neu aufgenommen worden, wodurch der Notwendigkeit zur Berücksichtigung von Anpassungsaspekten in Raumordnung und Raumplanung Rechnung getragen wird. 40 Der Klimawandel in Bezug auf Raumordnung und Raumplanung Des Weiteren können Verwundbarkeitsanalysen dazu beitragen, Räume, die besonders durch Klimafolgen betroffen sind, zu identifizieren. Dadurch kann die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen leichter begründet werden. Das Konzept Climate Proofing beschreibt überdies die Notwendigkeit, zukünftig Planungen auch hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit unter veränderten Umweltbedingungen zu betrachten. Bisher ist die Prüfperspektive bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen primär auf deren Umweltauswirkungen ausgerichtet (vgl. Kapitel 3.3). Als wichtige räumliche Bezugsebene zur Umsetzung der Klimaanpassungsmaßnahmen wird die Region identifiziert. Insbesondere der regionalplanerischen Ebene wird ein Bedeutungsgewinn im Zuge der Diskussion um den Klimawandel zugesprochen. Diese Einschätzung wird u. a. durch die Mittlerposition von Regionen bei der Abstimmung lokaler und nationaler Verantwortlichkeiten begründet. Des Weiteren sind zusammenhängende Naturräume auf regionaler Ebene gut darstellbar, was das Erkennen von gefährdeten Bereichen über administrative Grenzen hinweg vereinfacht. Hierfür sollten formelle und informelle Instrumente stärker miteinander verknüpft werden. Dafür bedarf es allerdings zunächst einer Überprüfung der regionalplanerischen Instrumente hinsichtlich deren Anpassungsvermögens an die sich verändernden Rahmenbedingungen (vgl. Kapitel 3.4). In diesem Zusammenhang werden Modellvorhaben der Raumordnung (MORO) als Instrument zur Erprobung neuer Handlungsansätze und Instrumentarien in ausgewählten Regionen durchgeführt. Durch die gewonnenen theoretischen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen in den Modellregionen werden Handlungsempfehlungen sowohl für vergleichbare Räume als auch im Allgemeinen für die Raumordnung und Raumplanung formulierbar (vgl. Kapitel 3.4). In den folgenden Kapiteln 5 und 6 werden für die Modellregion Mittel- und Südhessen regionalplanerische Aussagen zu klimarelevanten Themen näher betrachtet und bezüglich der in Kapitel 4 dargestellten Fragestellungen evaluiert. 41 Methodische Vorgehensweise 4 Methodische Vorgehensweise Bevor eine Betrachtung bestehender regionalplanerischer Aussagen zu klimarelevanten Themen in der Modellregion Mittel- und Südhessen erfolgen kann (vgl. Kapitel 3.4), ist zunächst das empirische Vorgehen zu erläutern. Darüber hinaus sind Besonderheiten, Möglichkeiten und Grenzen der heranzuziehenden Daten zu betrachten. In der ersten Projektphase des KlimaMoro (vgl. Kapitel 3.4) ist für die Modellregion Mittel- und Südhessen eine Evaluierung von Aussagen zu klimarelevanten Themen in den Regionalplänen vorgesehen. Zunächst muss deshalb die Frage beantwortet werden, was unter einer Evaluation zu verstehen ist. Dies erfordert in einem ersten Schritt die theoretische Annäherung an den Begriff Evaluation. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach den Zielen, den Grenzen und der Anwendbarkeit von Evaluationen auf Themen der Raumordnung und -planung. Daraus kann letztlich abgeleitet werden, in welcher Form und in welchem Umfang eine Evaluation regionalplanerischer Aussagen, insbesondere im Bereich klimarelevanter Vorgaben möglich ist. Bortz/Döring und Stockmann definieren Evaluation (auch Evaluationsforschung, Evaluierung) als eine zielgerichtete Bewertung von Maßnahmen13 auf Basis von Informationen, deren Ergebnisse die Grundlage für weitere Entscheidungen bilden. Dabei sind Ziel und Zweck einer Evaluation insbesondere vom Interesse der/des Auftraggeber/s, und dem gewählten Durchführungszeitpunkt der Evaluation abhängig (Bortz/Döring 2006, 97; Stockmann 2007, 25-26 und 33). Die Abgrenzung von Ziel und Zweck einer Evaluation kann folglich als erster organisatorischer Schritt bei der Durchführung einer solchen Analyse angesehen werden. In dem konkreten Fall des Projektvorhabens der KlimaMoro-Modellregion Mittel- und Südhessen ist das angestrebte Ziel der Evaluation bereits definiert worden. Demnach besteht das Interesse der beteiligten Regionalplanungsstellen (Regierungspräsidium Gießen, Regierungspräsidium Darmstadt und Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main) darin, bestehende regionalplanerische Aussagen zu klimarelevanten Themen in der Region hinsichtlich der Belastbarkeit der zu Grunde gelegten Daten, den konkreten Regelungsinhalten und der Wirksamkeit der Festlegungen zu betrachten (vgl. Kapitel 3.4). 13 Der Begriff Maßnahmen steht hier für die Gesamtheit aller potentiellen Evaluationsgegenstände wie Personen, Gesetze, Projekte, Planungen, Techniken etc. (vgl. Bortz, Döring 2006, 96-97 und Stockmann 2007, 26). 42 Methodische Vorgehensweise Ausgehend von dieser Zielsetzung lassen sich konkrete Fragen formulieren, die im Rahmen der vorgesehenen Evaluation implizit beantwortet werden (vgl. Kapitel 5 und Kapitel 6): • Welche klimarelevanten Planaussagen sind in den Plänen enthalten? • Wie wurden diese Planaussagen abgegrenzt? • Welche Daten wurden dafür zu Grunde gelegt? • Sind diese Grundlagen ausreichend für die Planaussagen? • Welche Bindungswirkung entfalten die Festlegungen? • Welche Wirkung entfalten die dargestellten Ausweisungen? Als nächstes ist der Zeitpunkt der Evaluationsdurchführung zu betrachten. Dabei kann zwischen summatativen (ex-post), formativen (begleitenden) und prognostischen (ex-ante) Evaluationen unterschieden werden. Ex-post Evaluationen beinhalten in der Regel eine zusammenfassende Betrachtung der Auswirkungen/Effekte einer Maßnahme in der Vergangenheit. Je nach Inhalt und Ausführlichkeit der Untersuchung ist eine Unterscheidung in Zielerreichungs- (Wurde das Ziel der Maßnahme tatsächlich erreicht?) und Wirkungskontrolle (Sind die eingetreten Auswirkungen/Effekte kausal auf die Maßnahme zurückzuführen?) denkbar. Die Analyse, Interpretation und Beurteilung der Zwischenergebnisse während der Durchführung einer Maßnahme sind Bestandteile der formativen Evaluationen. Sie ermöglichen dem Evaluator gegebenenfalls auftretende Zielabweichungen während der Maßnahmendurchführung zu erkennen und auf entsprechende Korrekturmöglichkeiten hinzuweisen. Im Vorfeld der formativen Evaluationen sollte eine Zielanalyse zur Bewertung der gestellten Maßnahmenziele (Sind diese sinnvoll/zweckmäßig? Wurden die Ziele richtig operationalisiert?) durchgeführt werden. Neben Zielerreichungs- und Wirkungskontrolle kann, im Falle begleitender Evaluationen, eine Vollzugskontrolle, anhand welcher der Einsatz und die Umsetzung der geplanten Maßnahmen und Mittel dargelegt werden. Ex-ante Evaluationen dienen der Prognose/Abschätzung der Dimension14 und der Erfolgswahrscheinlichkeit aller zur Zielerreichung eingesetzten Aktivitäten einer durchzuführenden Maßnahme, wodurch eventuell auftretende Probleme bereits im Vorfeld ausgeräumt werden können (vgl. Mönnecke 2008, 603-604 und Stockmann 2007, 33-34). 14 Dimension meint zusammenfassend mögliche Hemmnisse, Nebenwirkungen, Folgen oder Reichweiten, mit denen bei der Durchführung einer Maßnahme zu rechnen ist (vgl. Mönnecke 2008, 604). 43 Methodische Vorgehensweise Bei der im Rahmen des KlimaMoro angestrebten Evaluation bestehender regionalplanerischer Aussagen zu klimarelevanten Themen handelt es sich demnach um eine ex-post Betrachtung, da feststehende Planaussagen analysiert werden. Eine ex-ante Betrachtung, bei welcher die Planaussagen auf ihre künftigen Wirkungen untersucht und die möglicherweise auftretenden Probleme abgeschätzt werden, ist für diesen Fall nicht geeignet. Das kann auch für den Typus der formativen Evaluation festgestellt werden. Zwar befindet sich ein Teil der für die Betrachtung heranzuziehenden Regionalpläne noch in der Aufstellungsphase (vgl. Kapitel 5.4), die Abgrenzung der entsprechenden Planaussagen ist jedoch bereits abgeschlossen, sodass auf diesen Prozess keinerlei Einfluss genommen werden kann. Allerdings sind ex-post Evaluationen im Vergleich zu formativen bzw. ex-anten Evaluationen mit Einschränkungen bezüglich des Erkenntnisgewinns verbunden. So weisen Rolfes/Weith in ihren Ausführungen u. a. darauf hin, dass ex-post Evaluationen nur einen kleinen Teil des komplexen Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs erfassen, da lediglich die Zielerreichung nach Abschluss einer Maßnahme überprüft wird. Dagegen wird sowohl formativen, als auch ex-anten Evaluationen eine wesentlich größere Effektivität zugeschrieben, da hier die Prozessoptimierung im Vordergrund steht. Dennoch ist die Durchführung einer Evaluation, gleich in welcher Form, grundsätzlich zu begrüßen, da deren Erkenntnisse, konstruktiv genutzt, bei Entscheidungsprozessen optimierend, steuernd und unterstützend wirken können (Rolfes/Weith 2005, 10-11). Nachdem die zeitliche Einordnung sowie das Ziel der Evaluation eingegrenzt wurden, ist auf die zu wählende Evaluationsart einzugehen. Hierfür werden die Ausführungen von Wiechmann herangezogen, der die Durchführung von Evaluationen für Regionale Entwicklungskonzepte näher beleuchtet. Demnach können vier Evaluationsarten, basierend auf der Reichweite ihrer Betrachtungen, unterschieden werden: • die Vollzugskontrolle (Prüfung der Umsetzung/des Vollzugs der geplanten Maßnahme), • die Wirkungskontrolle (Analyse der Wirkungen der Maßnahme; insbesondere die Identifizierung kausaler Ursache-Wirkungszusammenhänge), • die Zielerreichungskontrolle (Beurteilung, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden) sowie • die Effizienzkontrolle (Prüfung des Verhältnisses eingesetzter Ressourcen zu Zielen und Wirkungen der Maßnahme) (Wiechmann 2005, 164-165). 44 Methodische Vorgehensweise Bei der Betrachtung der verschiedenen Evaluationsarten kommt Wiechmann zu dem Ergebnis, dass die Durchführung von Zielerreichungs- und Effizienzkontrollen bei der Analyse planerischer Zielaussagen (das könnten beispielsweise Aussagen hinsichtlich der angestrebten räumlichen Entwicklung sein) kaum möglich ist. Dies wird dadurch begründet, dass planerische Zielaussagen i. d. R. wenig konkret sind und zudem einen gewissen Interpretationsspielraum besitzen. Dadurch sind feste, auf der Analyse quantitativer Parameter aufbauende Evaluationen schwer durchführbar. Vielmehr beschränkt sich das denkbare Spektrum der zu verwendenden Evaluationsarten im Wesentlichen auf Vollzugsanalysen, die Beschreibung von Wirkungsverläufen und subjektive Bewertungen der Zielerreichung durch regionale Schlüsselakteure (Wiechmann 2005, 168). In eine ähnliche Richtung argumentiert Fischer, der darlegt, dass die Evaluierbarkeit von Raumordnungsplänen mit zunehmendem räumlichem Bezugsrahmen abnimmt. Dies kann auf die unterschiedlichen Planungstiefen und Planungsschärfen der einzelnen Pläne zurückgeführt werden. Raumordnungspläne höherer Stufe (z. B. Landesentwicklungspläne) sind demnach nur eingeschränkt evaluierbar, da sie lediglich rahmenhafte, ausfüllungsbedürftige und nicht eindeutig prüfbare Zielformulierungen enthalten. Die Komplexität raumordnerischer Pläne führt deshalb zu der Notwendigkeit der Anwendung eines vereinfachten Evaluierungsverfahrens. Die Evaluation sollte sich dabei vornehmlich auf eine schlichte Erfolgskontrolle ohne jegliche Wirkungsabschätzung beschränken. Zudem ist nicht der gesamte Plan zu evaluieren. Vielmehr sollten die Evaluationsmerkmale eingegrenzt und nur einzelne Ausschnitte näher betrachtet werden (Fischer 1984 S.293-294 und 300-301; vgl. auch Abbildung 1, 294). Für den vorliegenden konkreten Fall bedeutet dies, dass sich die Evaluation auf einen der drei vorgesehenen Bereiche mit klimarelevanten Planaussagen (vgl. Kapitel 3.4) beschränken sollte. Deshalb werden im Folgenden nur die regionalplanerischen Aussagen und Darstellungen zu den, in den Regionalplänen ausgewiesenen, Bereichen für besondere Klimafunktionen und Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen als Evaluationsgegenstand angesehen. Darüber hinaus kann auf eine Betrachtung des Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs verzichtet werden. Das Hauptaugenmerk der Analysen ist auf eine Bewertung der Maßnahmenumsetzung zu begrenzen. Nachdem der Evaluationsgegenstand eingegrenzt werden konnte, ist als nächstes die Frage nach dem Evaluationsdesign zu stellen. Hier geht es darum zu klären, welche empirischen Methoden zur Evaluationsdurchführung in Betracht kommen. 45 Methodische Vorgehensweise In diesem Zusammenhang ist auf die Nähe der Evaluation zur empirischen Sozialforschung hinzuweisen, wodurch Überschneidungen in den Vorgehensweisen, im Nutzen von Techniken und Methoden sowie in den Abläufen begründet sind. Das Design von Evaluationen ähnelt folglich einem Forschungsdesign, dessen vordergründiges Ziel die Verifizierung eines angenommenen UrsacheWirkungszusammenhanges ist. Hierbei ist die Anwendung verschiedener Varianten denkbar: ein (echtes) experimentelles Design, ein quasi-experimentelles Design und alternative Verfahren (Stockmann 2007, 143-144). Echte Experimente zeichnen sich durch kontinuierliche Forschungsbetreuung aus. Zur Untersuchung des vermuteten Zusammenhangs wird eine Experimental- und eine Kontrollgruppe gebildet, welche durch Zufallsauswahl zusammengestellt werden und gleich groß sein sollten. Die 1. Gruppe wird der Ursache direkt (Experimentalgruppe), die 2. Gruppe nicht ausgesetzt (Kontrollgruppe). Daraufhin werden die Reaktionen beider Gruppen protokolliert. Bei übereinstimmenden Ergebnissen (gleiche Wirkung) oder nachweislich zufälligem Eintreten von Unterschieden besteht folglich kein Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Andernfalls sind Rückschlüsse über die mögliche Wirkung und Intensität der Maßnahme zulässig. Dabei werden sowohl der Ablauf als auch die Rahmenbedingungen des Experiments stets konstant gehalten und überwacht, um einzelne Störfaktoren herauszufiltern. Dies führt dazu, dass der Ansatz der echten Experimente lediglich in eingeschränktem Maße bei formativen Evaluationen Anwendung finden kann (Stockmann 2007, 145-146 und 149 und Mönnecke 2008, 606). Da es sich in dem vorliegenden Fall um eine ex-post Evaluation handelt (s.o.), können echte Experimente als Evaluationsdesign ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu den echten Experimenten müssen Quasi-Experimente ohne eine zufällige Vorabauswahl der Untersuchungsgruppe und ohne Prozessbegleitung auskommen, was vor allem expost-Evaluierungen berührt. In diesen Fällen werden mehrere konstruierte bzw. statistisch definierte Kontrollgruppen der Versuchsgruppe gegenübergestellt. Dadurch sind letztlich nicht alle Störfaktoren auszuschließen – dennoch sind valide Aussagen über Ursache-Wirkungszusammenhänge möglich (Stockmann 2007, 149; Mönnecke 2008, 606). Alternative Designs oder Herangehensweisen begründen sich u. a. in der qualitativen Sozialforschung, deren Antrieb in der Interpretation der internen Handlungslogik und dem Verhalten einzelner Akteure zu verorten ist. Weniger das Maß, sondern die Gründe für UrsacheWirkungszusammenhänge liegen dabei im Fokus der Untersuchungen. Eine Besonderheit stellt 46 Methodische Vorgehensweise der, im Vergleich zu quantitativen Verfahren, hohe Grad der Einbeziehung von Stakeholder15Gruppen in den Bewertungsprozess dar. Deren aktive Einbindung fördert einerseits die Akzeptanz und Umsetzung der Evaluationsergebnisse, kann aber andererseits den Neutralitätsanspruch von Evaluationen einengen. Zudem sind die alternativen Designs durch das Fehlen eines starren Untersuchungsschemas gekennzeichnet. Die Untersuchungsmethode und die Vorgehensweise variieren i. d. R. je nach Fragestellung und Zielsetzung, wodurch alternativen Designs gegenüber den experimentellen Ansätze eine größere Flexibilität zugeschrieben wird. Eine in diesem Zusammenhang häufig verwendete Untersuchungsform stellt die (vergleichende) Fallstudie dar, bei der verschiedene Methoden (z. B. Befragungen, Dokumentenstudium etc.) genutzt werden (Stockmann 2007, 151-152, Mönnecke 2008, 606). Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ausführungen scheint für die Evaluation der regionalplanerischen Aussagen zu klimarelevanten Themen eine vergleichende Fallstudienanalyse zielführend. Eine experimentelle Auswertung, die sich an festen Indikatoren orientiert, erscheint indes weniger geeignet. Diese Erkenntnis kann u. a. auf die vorhandene Datengrundlage (Regionalpläne, B-Pläne, Raumordnungskataster und Verfahrensakten aus dem Archiv des RP Giessen) zurückgeführt werden. Zur Beantwortung der eingangs formulierten Fragen sind überwiegend Dokumentenstudien heranzuziehen. Zu Beginn ist zur Bewertung der Belastbarkeit der für die Abgrenzung der Klimafunktionsbereiche verwendeten Daten zu hinterfragen, wie die Klimafunktionsbereiche abgegrenzt wurden. Dafür können grundsätzlich die textlichen Begründungen der Regionalpläne herangezogen werden. Da es sich bei dem Evaluationsgegenstand um Darstellungen in rechtskräftigen sowie in der Aufstellung befindlichen Regionalplänen handelt, müssen auch die Vorgaben der Landesplanung in die Bewertung einbezogen werden. Das kann darauf zurückgeführt werden, dass die Regionalpläne aus den übergeordneten Raumordnungsplänen zu entwickeln sind (vgl. Kapitel 5.2). Darüber hinaus sind ergänzende Untersuchungen, die zur Abgrenzung der Klimafunktionsbereiche herangezogen wurden, in die Bewertung einzubeziehen. In diesem Fall handelt es sich um eine Untersuchung zur Abgrenzung klimarelevanter Bereiche im Regionalen Flächennutzungsplan für den Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main (vgl. Kapitel 5.4.3). Die Erkenntnisse werden anschlie15 Stakeholder meint alle an einer Maßnahme und von deren Wirkung beteiligten und betroffenen Personen bzw.Organisationen (vgl. Stockmann 2007, 152). 47 Methodische Vorgehensweise ßend gegenübergestellt und interpretiert. Die Bewertung der Regelungsinhalte basiert ebenfalls auf der Gegenüberstellung der klimarelevanten Aussagen in den Regionalplänen (vgl. Kapitel 5.5). Den konkretesten Untersuchungsgegenstand stellt in der vorliegenden Evaluation die Bewertung der Wirksamkeit der klimarelevanten Planaussagen dar. Die Hauptfunktion der dargestellten Klimabereiche ist im Wesentlichen in der Sicherung und dem Freihalten von Freiräumen begründet, d. h. die Räume mit klimatischen Funktionen sollen von Bebauung weitestgehend frei gehalten werden (vgl. Kapitel 5.1 und Kapitel 5.4). Ob und in welchem Maße dennoch eine Beanspruchung dieser Bereiche stattgefunden hat, lässt sich anhand des Raumordnungskatasters, welches in digitaler Form zur Verfügung steht, nachvollziehen. Das Raumordnungskataster enthält raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen als Bestand oder Planung (z. B. Bebauungspläne, genehmigte Windenergieanlagen, Raumordnungsverfahren etc.) und die zugehörigen Sachdaten (Flächengröße, Genehmigungsdatum, Flächennutzung). Die Verwendung des Raumordnungskatasters ist allerdings mit gewissen Einschränkungen verbunden. Darauf wird an gegebener Stelle im Analysekapitel 6 eingegangen (vgl. Kapitel 6.2 und Kapitel 6.4). Unter Verwendung einer geographischen Analysesoftware (ArcGIS) können die Überschneidungen von Klimafunktionsbereichen und anderen Raumnutzungen, basierend auf dem Raumordnungskataster, dargestellt und in ihrem Umfang berechnet werden (vgl. Kapitel 6.2). Aus den Ergebnissen lassen sich Rückschlüsse über das Maß der Flächeninanspruchnahme der Klimabereiche ziehen. Dabei beschränkt sich die Analyse in diesem Fall auf die Betrachtung der Bebauungspläne, da diese die verbindliche Ebene der Bauleitplanung darstellen (vgl. Kapitel 6.2). Zudem bietet diese Betrachtung die Möglichkeit, die ausgewiesenen Nutzungen in Klimafunktionsbereichen hinsichtlich der Nutzungsart (Wohnen, Gewerbe etc.) zu differenzieren. Für den Fall, dass Nutzungen, die den Funktionen der ausgewiesenen Klimaflächen entgegenstehen trotzdem in Bereichen des Klimaschutzes zugelassen wurden, sind die Beweggründe dafür zu hinterfragen. Dafür kann das Raumordnungskataster nicht herangezogen werden. Vielmehr ist nur anhand von Einzelfallbetrachtungen die Zulassung der widersprüchlichen Nutzung nachvollziehbar. Um eine möglichst große Menge an Informationen über die Hintergründe einer solchen Zulassung zu erlangen, sind deshalb sowohl die Begründungen zum Erlass der entsprechenden Bebauungspläne, als auch die Stellungnahmen der Oberen Landesplanungsbehörde im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TÖB) zu betrachten (vgl. Kapitel 6.3). Dies kann im Rahmen einer Diplomarbeit jedoch nicht für alle auftretenden Fälle durchgeführt werden. Des48 Methodische Vorgehensweise halb wird eine solche Betrachtung, nach der Sichtung aller relevanten Pläne, lediglich für stichprobenhaft ausgewählte Fälle erfolgen. Aus den Ergebnissen können dann Rückschlüsse über die Vorgehensweise der Oberen Landesplanungsbehörden bezüglich der Gewichtung klimarelevanter Festlegungen gegenüber Belangen der Bauleitplanung gezogen werden, was zur Bewertung der Wirkung klimarelevanter Flächenausweisungen beitragen kann. 49 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen 5 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Zur Beantwortung der eingangs in Kapitel 4 formulierten Leitfragen für die Evaluation klimarelevanter Planaussagen in den Regionalplänen der KlimaMoro-Modellregion Mittel- und Südhessen ist in einem ersten Schritt zu betrachten, in welcher Form klimatische Aspekte in der Landes- und Regionalplanung berücksichtigt werden sollten. Daran anschließend werden die Vorgaben der hessischen Landesplanung hinsichtlich der Darstellung von Klimathemen in den hessischen Regionalplänen beschrieben. Die Vorgaben des Landes bilden dabei gewissermaßen den Rahmen für die Abgrenzung der Klimafunktionsflächen. In diesem Zusammenhang ist sowohl auf die für das Land Hessen vorliegende Klimafunktions-, als auch auf die Klimabewertungskarte einzugehen. Diese ergänzen die landesplanerischen Vorgaben auf fachlicher Ebene. In einem nächsten Schritt sind die Ausweisungen klimarelevanter Bereiche in den Regionalplänen selbst zu betrachten. Dabei stehen die Darstellung der Klimafunktionsflächen sowie die Vorgehensweise bei deren Abgrenzung im Vordergrund. Am Ende der Betrachtung sollen die Fragen nach der Belastbarkeit der zur Abgrenzung der Klimabereiche zu Grunde gelegten Daten sowie zu den konkreten Regelungsinhalten beantwortet werden. 5.1 Klimabewertung des Raumes Wie und in welchem Maße klimatische Elemente in landes- und regionalplanerische Abwägungsprozesse einfließen könnten, betrachtet Schirmer (1996) anhand von Anwendungsbeispielen in ausgewählten Teilräumen. Basierend auf theoretischen Überlegungen zur planerischen Relevanz klimatologischer Potentiale (z. B. Kaltluftentstehung, Wald- und Freiflächenklima), Funktionen (z. B. Kaltluftabfluss, Durchlüftung, Immissionsschutz) und Phänomene (z. B. Nebel), werden Empfehlungen für die Einbeziehung von Klimabewertungen in Regionalen Raumordnungsplänen gegeben (Schirmer 1996, 18). Den Erläuterungen folgend, weisen Freiflächen für die räumliche Planung ein hohes Klimapotential auf. Insbesondere betrifft dies die nächtliche Kaltluftentstehung, welche hier, im Gegensatz zu bebauten Gebieten und Waldbereichen, besonders begünstigt ist. Handelt es sich zudem um eine Freifläche in geneigtem Gelände, so kann die Frischluft als Hangabwind, in Abhängigkeit von Neigung und Bodenrauhigkeit, zunächst bis in die Talauen und dann als Talabwind weiter abfließen. 50 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Ist der nächtliche Talbwind auf Siedlungskörper ausgerichtet, gewinnt er bioklimatische Bedeutung in Form von Frischluftzufuhr. Gerade überwärmte Bereiche können davon positiv beeinflusst werden. Dabei sollte die zugeführte Luft nach Möglichkeit frei von Immissionen sein und möglichst weit in die Bebauung hineingelangen können (Schirmer 1996, 33-35 und Kutter 1996, 224). Ein mit diesem Zusammenhang eng verknüpftes Phänomen stellt die sogenannte städtische Wärmeinsel dar. Der Effekt ist gekennzeichnet durch eine Temperaturerhöhung des städtischen Raumes gegenüber dem Umland. Die Intensität der Erwärmung nimmt dabei von der Peripherie zum Zentrum hin zu. Der Effekt wird u. a. durch die geringe Wärmekapazität des Baumaterials, eine Verschlechterung der Wärmeabgabe durch Bodenversiegelung und einen sinkenden Vegetationsanteil, zusätzliche Wärmeabgabe durch Gebäudeheizung sowie durch Verkehr begünstigt. Besonders anfällig für diesen Effekt sind städtische Räume in Beckenlagen, da hier der Kalt- und Frischluftzufluss durch umgebende Bebauung zusätzlich eingeschränkt sein kann (Schönwiese 2008, 339-340). Insbesondere für diese Bereiche muss eine Sicherung der Frischluftzufuhr gewährleistet werden. Kann die oben beschriebene positive Wirkung von Freiflächen einem thermisch belasteten Raum zugeordnet werden, wird dieser häufig als klimatischer Ausgleichsraum bezeichnet (KRdL 1993, 67-68). Im Ergebnis empfiehlt Schirmer die Ausweisung von Vorranggebieten für Klimaschutz, differenziert nach Kaltluftabfluss und Kaltluftproduktion (Neben Vorranggebiet Regionaler Grünzug, Vorranggebiet Grünzäsur und Vorbehaltsgebiet für Erholung) (Schirmer 1996, 30-32). In den Vorranggebieten für Klimaschutz (Kaltluftabfluss) sowie in den Bereichen der Kaltluftproduktion sollte keine Besiedlung stattfinden, abflusshemmende Maßnahmen wie Dämme/Aufschüttungen, dichte Bepflanzung oder Aufforstung sollten unterbleiben, neue Emissionsquellen vermieden und bestehende nach Möglichkeit beseitigt bzw. vermindert werden (Schirmer 1996, S.28). Die hessischen Regionalpläne sowie der Entwurf des Regionalen Flächennutzungsplanes für den Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main enthalten derartige Aussagen zu klimarelevanten Flächen. Dargestellt werden Bereiche für besondere Klimafunktionen und Vorbehaltsgebiete für besondere 51 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Klimafunktionen (vgl. Kapitel 5.4). Zur Abgrenzung dieser Gebiete sind die Vorgaben der Landesplanung zu beachten. 5.2 Vorgaben der Landesplanung Der Landesentwicklungsplan Hessen 2000 (LEP) stellt den, nach den Vorgaben der Bundesraumordnung, übergeordneten und zusammenfassenden Raumordnungsplan für das Land Hessen dar (vgl. hierzu auch §1 Abs. 1 HLPG und §2 Abs. 2 HLPG). Die Hauptaufgabe des hessischen LEP ist in der Festlegung der großräumigen Ordnung und Entwicklung des Landes sowie den hierfür erforderlichen landespolitischen Vorgaben zu sehen. Im LEP werden die festgelegten Grundsätze der Raumordnung konkretisiert und sowohl die Belange der Regionen (vertikale Koordination) als auch die Belange der Fachplanungen auf Landesebene untereinander (horizontale Koordination) abgestimmt (HMWVL 2000, 2). Rechtsgrundlage für den LEP stellt neben dem Raumordnungsgesetz (ROG) das Hessische Landesplanungsgesetz (HLPG) dar. Durch §8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ROG sind die Bundesländer dazu verpflichtet, einen landesweiten Raumordnungsplan (entspricht nach §2 HLPG dem LEP), sowie Raumordnungspläne für ihre Teilräume (dies sind nach §2 HLPG die Regionalpläne) zu erstellen. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang §7 Abs. 2 Nr. 5 HLPG, welcher eine Darstellung der „Anforderungen an den Schutz der natürlichen Ressourcen, den Hochwasserschutz, den Klimaschutz und die standortgebundene Rohstoffwirtschaft“ im Landesentwicklungsplan fordert. Des Weiteren sind in §9 Abs. 4 HLPG die inhaltlichen Anforderungen an die hessischen Regionalpläne in Bezug auf Festsetzungen mit überörtlicher Bedeutung festgelegt. Dazu gehören nach Nr. 7 „regionale Grünzüge, Gebiete für den Klimaschutz und den Hochwasserschutz.“ (§9 Abs. 4 Nr. 7 HLPG). Als zielführend werden im LEP der Erhalt und die Entwicklung der siedlungsstrukturellen Freiraumfunktionen durch die Entwicklung eines regionalen Freiraumverbundes (insbesondere im Verdichtungsraum) erachtet. Dies soll durch die Ausweisung von Regionalen Grünzügen, Bereichen für Landschaftsnutzung und -pflege und Bereichen für besondere Klimafunktionen in den Regionalplänen umgesetzt werden (HMWVL 2000, 25). 52 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Der LEP Hessen unterscheidet in Kapitel 8.3 Räume mit besonderer Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung sowie Räume mit Bedeutung für den allgemeinen Klimaschutz und die Luftreinhaltung. Die flächendeckende Darstellung dieser Gebietstypen für das gesamte Bundesland Hessen soll als einheitliche Grundlage für raumplanerische Abwägungsvorgänge bei der Berücksichtigung klimatischer Belange fungieren (vgl. Abbildung 9). Hierbei sind klimatische und lufthygienische Aspekte eng miteinander verknüpft (HMWVL 2000, 44). Die Räume mit besonderer Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung werden unterschieden in: „Räume, in denen planerisch auf eine Sicherung der bestehenden Regenerations- und Schutzleistungen von Klima und Luft hingewirkt werden soll. Zu ihnen gehören, • Räume, in denen Kaltluftentstehung- und -abfluss besonderer Berücksichtigung bedarf, • Räume, in denen Frischluftentstehung und -abfluss besonderer Berücksichtigung bedürfen, • ausgeprägte Talräume, in denen die Luftleitbahnen besonderer Berücksichtigung bedürfen; Räume, in denen planerisch auf eine Verbesserung der Klimaschutzfunktionen und der Luftqualität hingewirkt werden soll. In diesen lufthygienisch belasteten Gebieten ist planerisch in • verstädterten Teilräumen mit hoher Luftbelastung auf eine Minderung der städtischen Überwärmungen und Emissionsbelastungen sowie eine Verbesserung der Luftaustauschprozesse hinzuwirken, • Verdichtungsräumen sowie den zugehörigen oder zuliefernden Kalt- bzw. Frischluftsammelgebieten auf eine Minderung der Überwärmungen und Emissionsbelastungen sowie eine Verbesserung der Luftaustauschprozesse hinzuwirken.“ (HMWVL 2000, 41-42). Die Regelungen für die Räume mit Bedeutung für den allgemeinen Klimaschutz sind dagegen weniger spezifisch gefasst. Es ist vorgesehen, dass die Regionalplanung hier insbesondere auf eine Verbesserung und Sicherung der lufthygienischen Ausgleichsleistungen aus Kaltluft- und Frischluftentstehungsgebieten hinwirken soll. Die Karte Räume mit Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung in Abbildung 9 stellt die räumliche Strukturierung entsprechend dar (HMWVL 2000, 42). 53 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Abbildung 9: Räume mit Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung Quelle: Landesentwicklungsplan Hessen 2000 (HMWVL 2000, 44) 54 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen 5.3 Klimafunktions- und Klimabewertungskarte Hessen 5.3.1 Klimafunktionskarte Hessen (KFK) Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (HMWVL) stellt mit der Klimafunktionskarte Hessen 1:200.000 der Landes- und Regionalplanung ein unterstützendes Instrumentarium für die Beurteilung großräumiger, regionalbedeutsamer Planungen und Fragestellungen hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf bestehende klimaökologische Zusammenhänge zur Verfügung (HMWVL 1997, 1). Dargestellt werden Räume, die verschiedene klimatische Bedeutungen bzw. Funktionen einnehmen, durch die Verknüpfung thermischer und dynamischer Aspekte. Im Einzelnen werden beschrieben: • Räume für Luftaustauch und Lufttransport, • Räume für Kalt- und Frischluftentstehung, • Räume städtischer Überwärmung, • und Strömungsparameter. Abbildung 10 zeigt einen Ausschnitt der kartographischen Darstellung und die entsprechenden Erläuterungen. Die oben genannten Kategorien werden anhand topographischer und nutzungsbedingter Gegebenheiten untergliedert. Zum Beispiel handelt es sich bei einem potentiell hoch aktiven Kaltluftentstehungsgebiet um überwiegend landwirtschaftlich genutzte Fläche in stark gegliedertem Gelände, während potentiell hoch aktive Frischluftentstehungsgebiete vor allem Waldgebiete in der gleichen Geländeeinstufung beschreiben (HMWVL 1997, 3-4). 55 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Abbildung 10 Ausschnitt der Klimafunktionskarte Hessen (Maßstab 1:200.000) mit Legende. Quelle: Klimafunktionskarte Hessen 1:200.000 (HMWVL 1997) Der gewählte Maßstab erschwert eine eindeutige Trennung thermischer und dynamischer Funktionen, weshalb es sich bei den kartographischen Darstellungen immer nur um die vorrangige Raumfunktion handelt. Das bedeutet, dass beispielsweise Überwärmungsbereiche in unmittelbarer Nachbarschaft zu Luftleitbahnen bzw. Ventilationsbereichen immer auch eine Barrierefunktion übernehmen, ohne dass dies explizit gekennzeichnet ist (HMWVL 1997, 2). Die Formulierung zugehöriger Handlungsempfehlungen ergänzt die räumlichen Aussagen der Klimafunktionskarte. Auf deren nähere Erläuterung wird an dieser Stelle verzichtet. Im Ergebnis wird eine hierarchische Rangordnung erarbeitet, welche die beschriebenen Raumkategorien gliedert – von zu schützenden Zonen (1. bis 3.) bis hin zu Sanierungsbereichen (4.): 56 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen 1. potentielle Luftleit- bzw. Luftsammelbahn und potentiell hoch aktive Ventilationsbahn bzw. -fläche 2. potentiell hoch aktives Frischluftentstehungsgebiet, potentiell hoch aktives Kaltluftentstehungsgebiet und potentiell aktive Ventilationsfläche 3. potentiell aktives Frischluftentstehungsgebiet und potentiell aktives Kaltluftentstehungsgebiet 4. potentiell überwärmter Stadtraum mit eingeschränktem Luftaustausch und potentiell überwärmter Stadtraum mit stark eingeschränktem Luftaustausch. Diese Darstellung sollte bei zukünftigen (großräumigen) Planungen Berücksichtigung finden. Im Rahmen kleinräumiger Planvorhaben kann die Klimafunktionskarte auf Grund der großmaßstäbigen Darstellung, welche eine Unschärfe bei kleinräumigen Betrachtungen zur Folge hat, etwaige vertiefende klimatologische Untersuchungen nicht ersetzen (HMWVL 1997, 1 und 9-10). 5.3.2 Klimabewertungskarte Hessen (KBK) Die Klimabewertungskarte (KBK) im Maßstab 1:100.000 stellt die Weiterentwicklung der Klimafunktionskarte dar. Hierfür wurden im Rahmen eines Klimagutachtens vor allem vertiefte und aktualisierte Kenntnisse zur klimaökologisch-lufthygienischen Situation in Hessen betrachtet. Dabei sollten die Analysen folgende Zielsetzungen berücksichtigen: • den Schutz und die Verbesserung des Bioklimas, welches etwa durch den Schutz klimarelevanter Flächen oder die Anlage von Frischluftschneisen bzw. deren Sicherung erreicht werden kann, • die Reinhaltung der Luft, was durch das Offenhalten von Luftleitbahnen oder die Sicherung von Kalt- und Frischluftzufuhr begünstigt werden kann, sowie • den Schutz und die Verbesserung der Wechselbeziehungen zwischen Siedlung und Freiraum. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen als fachliche Grundlagen für die Landes- und Regionalplanung herangezogen werden (HMWVL 2005, 1-2). Aus der Bewertung der klimaökologisch-lufthygienischen Situation, aufbauend auf der Raumklassifizierung der Klimafunktionskarte (vgl. Kapitel 5.3.1), ergeben sich acht KlimaBewertungsklassen (vgl. Tabelle 3). Analog zu den Festlegungen der KFK sind diese nach dem Grad ihrer Schutzwürdigkeit von sehr hoch bis sehr gering gegliedert (HMVL 2005, 3). 57 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Tabelle 3: Klima-Bewertungsklassen der Klimabewertungskarte Hessen, deren Raumbezug und Bedeutung sowie Schutzwürdigkeit. Klima-Bewertungsklasse Raumbezug und Bedeutung Schutzwürdigkeit Luftleitbahn mit sehr gutem, reliefunterstütztem Kalt- und Frischluftabfluss (A) Kalt- bzw. Frischluftentstehungsgebiet hoher Aktivität mit gutem, reliefunterstütztem Abfluss (B) Kaltluftentstehungsgebiet hoher Aktivität mit mäßigem, reliefunterstütztem Abfluss (C) Frischluftentstehungsgebiet hoher bis mittlerer Aktivität mit gutem, windunterstütztem Abfluss (D) Frischluftentstehungsgebiet ohne reliefunterstützen Abfluss (E) Kaltluftentstehungsgebiet mittlerer Aktivität in gut durchlüfteter, windoffener Lage (F) Überwärmungsgebiet mit Luftaustausch (G) Überwärmungsgebiet ohne Luftaustausch (H) Ausgleichsraum mit sehr hohem Wirkungsgrad für Luftaustausch sehr hoch Ausgleichsraum mit hohem bis sehr hohem Wirkungsgrad für den Luftaustausch sehr hoch Ausgleichsraum mit hohem Wirkungsgrad für Luftaustausch, vor allem auf lokaler Ebene Ausgleichsraum mit hohem Wirkungsgrad für Luftaustausch als Folge advektiver Luftströmungen hoch Raum mit erholungsförderndem Schonklima ohne wesentliche Außenwirkung Ausgleichsraum mit mittlerem Wirkungsgrad für Luftaustausch mittel - hoch Belastungsraum hoher Intensität mit gutem bis mäßigem Luftaustausch Belastungsraum sehr hoher Intensität mit höchstens geringem Luftaustausch gering hoch mittel sehr gering Quelle: HMWVL 2005, 4 Im Unterschied zur Klimafunktionskarte sind in der Klimabewertungskarte klimatische Empfindlichkeiten in Bezug auf Wirkungsräume festgelegt. Die kartographische Darstellung enthält deshalb nicht, wie in der KFK, nur die jeweils vorrangige Raumfunktion (vgl. Abbildung 10), sondern es ergibt sich eine überlagernde Darstellung verschiedener Klimabewertungsklassen (vgl. Abbildung 11). Dadurch werden Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Wirkungsräumen und den umliegenden Ausgleichsräumen16 (vgl. Kapitel 5.1) erkennbar. Zudem sind sowohl potentiell schützenswerte klimaökologische Gunsträume, als auch Gebiete mit hohen klimaökologischen Belastungen erkennbar (HMWVL 2005, 3 und 7). 16 Als Wirkungsraum wird der überbaute städtische Raum verstanden, der in der KBK häufig als Überwärmungsbereich dargestellt ist. Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete bilden in diesem Zusammenhang Ausgleichsräume (HMWVL 2005, 9). 58 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Abbildung 11: Ausschnitt aus der Klimabewertungskarte Hessen Quelle: HMWVL 2005, 10 Nachdem die Vorgaben und Grundlagen für die Abgrenzung klimarelevanter Bereiche in Hessen dargelegt wurden, werden im Folgenden die für die Modellregion Mittel- und Südhessen vorliegenden Regionale Raumordnungspläne hinsichtlich deren Aussagen zu klimarelevanten Themen analysiert. 5.4 Ausweisungen klimarelevanter Bereiche Für die nachstehenden Darstellungen werden folgende Raumordnungspläne herangezogen: • Regionalplan Mittelhessen 2001 (im Folgenden RPM 2001), • Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 (im Folgenden RPM 2008), • Regionalplan Südhessen 2000 (im Folgenden RPS 2000), • Regionalplan Südhessen Entwurf 2007 (im Folgenden RPS 2007), • Vorentwurf des Regionalen Flächennutzungsplanes (RegFNP) für das Gebiet des Ballungsraumes Frankfurt/Rhein-Main 2007 (im Folgenden RegFNP 2007). 59 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Das Hauptaugenmerk der Betrachtungen liegt auf der Ausweisung von Bereichen für besondere Klimafunktionen (enthalten in RPM 2001 und RPS 2000) und Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen (enthalten in RPM 2008, RPS 2007, RegFNP 2007). Die Einbeziehung der älteren Planwerke ist notwendig, da sich der überwiegende Teil der in Kapitel 6.3 betrachteten Fallstudien auf diese bezieht. Dies liegt darin begründet, dass sich die neueren Planwerke noch in der Aufstellungsphase befinden. Zudem können durch die Gegenüberstellung klimarelevanter Planaussagen der jeweiligen Regionalen Raumordnungspläne eventuelle Veränderungen und Unterschiede aufgezeigt werden. 5.4.1 Bereiche für besondere Klimafunktionen Diese Flächenkategorie findet ausschließlich im Regionalplan Mittelhessen 2001 und Regionalplan Südhessen 2000 Verwendung. Hierbei handelt es sich beiderseits um Ziele der Raumordnung: „In dem „Bereich für besondere Klimafunktionen“ sind die Kaltluftentstehung und die Kalt- und Frischluftabflussgebiete zu sichern. Sie sind von Bebauung und anderen, die Kaltluftentstehung und die Durchlüftung behindernden Maßnahmen freizuhalten. Emissionsquellen bzw. der Ausstoß lufthygienisch bedenklicher Stoffe sind zu reduzieren.“ (RPM 2001, 54). „Für Kaltluftentstehung und Kaltluftabfluss wichtige Gebiete, wie offene Hänge und Freiflächen, sind in der Karte als "Bereiche für besondere Klimafunktionen" ausgewiesen. In ihnen hat die Erhaltung der Klimafunktionen Vorrang vor entgegenstehenden Nutzungen. Auszuschließen sind insbesondere Bebauung, sonstige Versiegelung der Bodenoberfläche, Aufschüttungen oder Waldneuanlage.“ (RPS 2000, 31). Den ausgewiesenen Bereichen wird eine wichtige Ausgleichsfunktion für thermisch belastete Räume zugeschrieben. Im RPS 2000 beziehen sich die Ausweisungen vor allem auf offene (unbewaldete) Teilräume, wenn diese nicht bereits als Bereiche für den Schutz oberirdischer Gewässer oder Bereiche für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft dargestellt werden. Im RPM 2001 wird der besondere, überörtliche Sicherungsbedarf von Tal- und Talhanglagen herausgehoben (RPM 2001, 55 und RPS 2000, 31). Darüber hinaus beinhaltet der Regionalplan Südhessen 2000 nachstehendes Ziel: „Kaltluftentstehungs- und Kaltluftabflussgebiete, die im räumlichen Zusammenhang mit belasteten Siedlungsbereichen stehen und wichtige Aufgaben für den Klima- und Immissionsschutz erfül60 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen len, sind in der Karte als "Bereiche für besondere Klimafunktionen" und/oder Regionale Grünzüge ausgewiesen.“ (RPS 2000, 38). Maßgabe ist hier die Offenhaltung von Frischluftschneisen zwischen bebauten Gebieten zur Sicherung des Luftaustausches mit angrenzenden Freiflächen und Waldgebieten (RPS 2000, 38). In beiden Fällen findet keine überlagernde Darstellung mit Siedlungsbereichen statt, wie die Abbildungen 12 und 13 verdeutlichen: Abbildung 12: Ausschnitt aus dem Regionalplan Mittelhessen 2001 im Bereich der Stadt Gießen Bereich für besondere Klimafunktionen Quelle: Plankarte RPM 2001 Abbildung 13: Ausschnitt aus dem Regionalplan Südhessen 2000 im Bereich der Stadt Bad Homburg vor der Höhe Bereich für besondere Klimafunktionen Quelle: Plankarte RPS 2000 Durch die Nichtüberlagerung mit Bestandsausweisungen beschränkt sich das Hauptaugenmerk der klimarelevanten Flächenausweisungen auf die Sicherung von Freiraumstrukturen, wie im LEP 61 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Hessen gefordert (vgl. Kapitel 5.2). Ob und in welchem Umfang dennoch eine Beanspruchung der Klimafunktionsflächen stattfand, ist Gegenstand des Analysekapitels (vgl. Kapitel 6.2). 5.4.2 Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen Die Regionalplanentwürfe Mittelhessen 2008 und Südhessen 2007 sowie der Vorentwurf zum RegFNP 2007 beinhalten, im Unterschied zu den vorhergehenden Plänen, die Ausweisung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen. Im Gegensatz zu den Festsetzungen der noch rechtskräftigen Regionalen Raumordnungspläne, welche vorrangig auf die Ziele der Raumordnung ausgerichtet waren, finden in den aktuellen Planwerken die Grundsätze der Raumordnung Anwendung. Tabelle 4: Aussagen in den Planwerken RPM 2008, RPS 2007 und RegFNP 2007 zum Thema Klima (Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen) RPM 2008 RPS 2007 RegFNP 2007 Ableitung aus der Klimafunktionskarte (KFK) und Klimabewertungskarte Hessen (KBK) (vgl. Kapitel 5.3, Kapitel 5.4.3 und Kapitel 5.4.4) Fachliche Grundlagen der Gebietsfestlegungen Darstellung in der Plankarte Grundsätzliche Aussagen flächendeckende Kaltluftsimulation auf Grundlage des Kaltluftabflussmodells KALM (vgl. Kapitel 5.4.3) Flächenschraffur; Eine überlagernde Darstellung mit Vorranggebieten Siedlung Bestand/Planung sowie Vorranggebiete Industrie und Gewerbe Bestand/Planung findet statt, wenn es sich bei den betreffenden Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen um überörtlich bedeutsame Luftleitbahnen handelt Flächenschraffur; eine Überlagerung mit Siedlungsbereichen wird nicht dargestellt Sicherung und Wiederherstellung der Kalt- und Frischluftentstehung sowie des Kalt- und Frischluftabflusses Sicherung, Offenhaltung und Wiederherstellung der Kaltund Frischluftentstehungsgebiete sowie der Kalt- und Frischluftabflussschneisen Freihaltung dieser Gebiete von Bebauung und anderen Maßnahmen, die die Produktion und/bzw. den Transport frischer und kühler Luft behindern können Vermeidung von Planungen und Maßnahmen, die die Durchlüftung von klimatisch bzw. lufthygienisch belasteten Ortslagen verschlechtern können Reduzierung des Ausstoßes lufthygienisch bedenklicher Stoffe sowie Nichtzulassung zusätzlicher Luftschadstoffemittenten Quelle: eigene Darstellung (nach RPM 2008, 78-79 und RPS 2007, 54-56 und RegFNP 2007, 62-63) 62 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Wie Tabelle 4 verdeutlicht, sind die grundsätzlichen Aussagen aller Pläne zum Thema Klima sehr ähnlich. Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung der Frischluft- und Immissionsverhältnisse sowie zur Freiraumsicherung, insbesondere im Zusammenhang mit bioklimatisch und thermisch belasteten Räumen, stehen im Vordergrund. Dadurch wird für die Ausweisungen eine direkte positive Auswirkung auf das menschliche Wohlbefinden proklamiert: „Die „Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen" sollen die bioklimatischen und lufthygienischen Ausgleichsfunktionen für Räume mit erhöhter stofflicher und vor allem thermischer Belastung sichern. Damit ist der Schutz der „Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen" gegenüber Inanspruchnahme, insbesondere im Verdichtungs- und Ordnungsraum, von hoher Bedeutung für Luftaustauschprozesse und ein angenehmes Bioklima in den besiedelten Bereichen.“ (RPM 2008, 79 und RPS 2007, 55 und RegFNP 2007, 62). Als besonders sicherungsbedürftig werden in diesem Zusammenhang in allen Planwerken Tal- und Talhanglagen angesehen (ebd.). Unterschiede sind vor allem in den fachlichen Grundlagen erkennbar – hervorzuheben ist die Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete im RegFNP 2007 unter Verwendung einer flächendeckenden Kaltluftsimulation, auf die noch näher einzugehen ist (vgl. Kapitel 5.4.4). Darüber hinaus wird lediglich im RPM 2008 eine überlagernde Darstellung mit Siedlungs- sowie Industrie- und Gewerbegebieten angewendet. Dadurch hebt sich der RPM 2008 von den anderen Planwerken ab, da durch die Ausweisung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen in Siedlungsgebieten Handlungsansätze an die nachfolgende Bauleitplanung formuliert werden. Demnach wird bioklimatischen und lufthygienischen Belangen bei der Realisierung von Vorranggebieten Siedlung Planung sowie Vorranggebieten Industrie und Gewerbe Planung im Zusammenhang mit Klimaflächenausweisungen große Bedeutung beigemessen. Durch Festsetzen von Maßnahmen zur Sicherung des Kalt- und Frischluftabflusses, der Durchlüftung (beispielweise großzügige Grünflächen), zur Luftreinhaltung und Emissionsminderung und durch das Erhalten von ausreichenden Freiräumen zwischen zu bebauenden Flächen, kann die Bauleitplanung diesen Belangen Rechnung tragen. Zudem soll gewährleistet werden, dass die Funktionsfähigkeit der regional bedeutsamen Luftleitbahnen bestehen bleibt. Die überlagernde Darstellung, bezogen auf bestehende Ortslagen (Bestandsflächen), soll vor allem der Verbesserung der Funktionsfähigkeit und Durchgängigkeit bestehender Luftleitbahnen dienen. Denkbar wären dabei der Erhalt oder, nach Möglichkeit, die Wiederherstellung von Freiflächen und die Minimierung von Emissionen (RPM 2008, 79). 63 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Insgesamt betrachtet sind die inhaltlichen Aussagen der Regionalen Raumordnungspläne sehr ähnlich gelagert. Ein Grund dafür ist in den relativ konkreten Vorgaben der Landesplanung (insbesondere die Bereitstellung der Klimafunktions- und -bewertungskarte) zu sehen (vgl. Kapitel 5.2 und Kapitel 5.3). Unterschiede sind vor allem in den Darstellungen erkennbar. Die verschiedenen kartographischen Darstellungen verdeutlichen die folgenden Abbildungen. Von besonderem Interesse ist im RPM 2008 die überlagernde violette Diagonalschraffur, bei der es sich um Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen handelt (Abbildung 14). Abbildung 14: Ausschnitt aus dem Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 im Bereich der Stadt Gießen Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen Quelle: Plankarte RPM 2008 Abbildung 15 und 16 zeigen Ausschnitte des RPS 2007 und RegFNP 2007, bei welchen deutlich die Nichtüberschneidung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen mit den Ortslagen zu erkennen ist. Abbildung 15: Ausschnitt aus dem Regionalplan Südhessen Entwurf 2007 im Gebiet der Stadt Bad Schwalbach Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen Quelle: Plankarte RPS 2007 64 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Abbildung 16: Ausschnitt aus dem Vorentwurf des Regionalen Flächennutzungsplans für das Gebiet des Ballungsraumes Frankfurt/Rhein-Main im Bereich der Stadt Bad Homburg vor der Höhe Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen Quelle: Plankarte RegFNP 2007 Der Regionale Flächennutzungsplan für den Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main verknüpft, als einer der wenigen Pläne in Deutschland, regionalplanerische Festlegungen und flächennutzungsplanbezogene Darstellungen in einem Gesamtwerk (RegFNP 2007, 7). Dadurch ergeben sich einige Besonderheiten gegenüber anderen Regionalen Raumordnungsplänen. Die kartographischen Darstellungen erfolgen im Maßstab 1:50.000. Der Darstellungsmaßstab von RPM 2008 und RPS 2007 beträgt dagegen 1:100.000. Darüber hinaus wurden die landesplanerischen Vorgaben zur Abgrenzung klimarelevanter Bereiche ausgeweitet. 5.4.3 Abgrenzung klimarelevanter Bereiche im RegFNP 2007 unter Verwendung einer flächendeckenden Kaltluftsimulation Für die Darstellung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen wurde im RegFNP 2007 für das Gebiet des Planungsverbandes Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main eine separate Untersuchung durchgeführt, in der flächendeckende Informationen über die lokalklimatischen Verhältnisse ermittelt wurden (PV 2004, 2). Die Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen werden durch die Verschneidung von: • Luftleitbahnen mit sehr gutem, reliefunterstützten Kalt- und Frischluftabfluss (Klasse A der KBK Hessen, vgl. Kapitel 5.3.2), • Flächen mit hoher und sehr hoher klimaökologischer Relevanz und • Bereichen mäßiger Durchlüftung im Umkreis von 200m um Siedlungsgebiete in gering reliefiertem Gelände (südliches Maintal) abgeleitet. 65 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Abbildung 17 stellt das Vorgehen schematisch dar. Im Folgenden wird die Herangehensweise in der Untersuchung näher erläutert. Abbildung 17: Schematische Darstellung der Abgrenzung von Vorbehaltsgebieten für besondere bes Klimafunktionen im RegFNP 2007 Untersuchung zu Kaltluftströmungen und Durchlüftungsverhältnissen daraus werden abgegrenzt Flächen mit sehr hoher klimaökologischer Relevanz Flächen mit hoher klimaökologischer Relevanz (SUP-Prüfflächen) klimarelevante Ausgleichsflächen in gering reliefiertem Glände KBK Hessen Übernahme der Kategorie A Luftleitbahnen mit sehr gutem, reliefunterstützten Kalt- und Frischluftabfluss die Verschneidung aller ermittelten Flächen ergibt Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RegFNP Quelle: eigene Darstellung nach PV2004 In der Studie werden die Kaltluftströmungen für das Gebiet des Planungsverbandes mit Hilfe des Kaltluftabflussmodells KALM simuliert. simuliert Eingangsparameter der Berechnungen gen waren die Landnutzung (basierend auf ATKIS- und CORINE-Datensätzen) CORINE und Reliefeigenschaften. Reliefeigenschaften Für den anschließenden Simulationsvorgang wurden den acht definierten Landnutzungsklassen (im Einzelnen lol ckere Bebauung, dichte Bebauung, Gewerbenutzungen, Verkehrsflächen, Verkehrsflächen, Wasserflächen, FreiFre landflächen, Waldflächen und Freiland mit Bäumen bzw. dichten Sträuchern) Parameter wie Kaltluftproduktionsrate, Reibungskoeffizient und Verdrängungshöhe zugewiesen17. Als Ergebnisse werden Richtung und Geschwindigkeit des Kaltluftstroms Kaltluftstroms (in Meter pro Sekunde), die Mächtigkeit der Kaltluft (in Höhenmetern) und die Kaltluftvolumenstromdichte (in Kubikmeter pro Meter mal Sekunde) ausgegeben (PV 2004, 15-24). 15 Die flächenhafte Darstellung der Durchlüftungsverhältnisse zusammenhängender Siedlungsgebiete der Kommunen im Planungsverbandsgebiet stützt sich auf Windfeldberechnungen des Diagnostischen Windfeldmodells (DIWIMO). Das Modell berechnet die mittleren jährlichen WindgeWindg schwindigkeiten auf Grundlage der digitalen Daten der Landnutzung und des Geländemodells für 17 Durch die Verknüpfung mitt entsprechenden Parametern kann die unterschiedliche Wirkung der Landnutzungsklassen auf Kaltluftentstehung und Strömungseigenschaften simuliert werden (PV 2004, 44). 66 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen die Kaltluftberechnungen. Hierbei werden Windstatistiken, die aus verfügbaren mehrjährigen Windmessdaten abgeleitet sind, berücksichtigt, anhand derer Schwellenwerte für die Beurteilung der Durchlüftung abgeleitet werden. Demnach sind jährliche Windgeschwindigkeiten in Siedlungsbereichen unter 2,2ms-1 als eingeschränkte, von 2,2ms-1 bis 3ms-1 als mäßige und ab 3ms-1 als gute bis erhöhte Durchlüftung zu verstehen. In den Simulationen unberücksichtigt bleiben Siedlungen und Gewerbeflächen mit einer Flächenausdehnung kleiner 0,1km². Dadurch sollen Streusiedlungen, alleinstehende Gebäude etc. außerhalb geschlossener Ortslagen extrahiert werden. So wurden beispielsweise für die dichtbebauten Bereiche der Städte des Siedlungsbandes Rüsselsheim, Frankfurt, Offenbach und Hanau eingeschränkte Durchlüftungsverhältnisse festgestellt (PV 2004, 25-28). Im Rahmen der Ermittlung klimarelevanter Bereiche im RegFNP werden insbesondere drei Flächentypen unterschieden (vgl. Abbildung 17). Zum einen sind dies die Flächen mit sehr hoher klimaökologischer Relevanz. Die Abgrenzung dieser Flächen basiert auf Kaltluftvolumenströmen bei ausgeprägten Kaltluftbedingungen mit einer Kaltluftvolumenstromdichte ab 20m³(ms)-1 sowie in der Anfangsphase der Kaltluftbildung relevanten Hangabwinden mit Kaltluftströmungsgeschwindigkeiten von mindestens 0,6ms-1 (deutliche Intensität). Es werden nur Bereiche ausgewiesen, die in Beziehung zu Siedlungsbereichen stehen (also siedlungsorientiert sind) und auf Grund der angegebenen Schwellenwerte das lokalklimatische Geschehen direkt begünstigen (PV 2004, 31-35). Zum anderen sind Flächen mit hoher klimaökologischer Relevanz ausgewiesen. Für diese Bereiche wurden die Grenzwerte im Vergleich zu den Flächen mit sehr hoher klimaökologischer Relevanz halbiert, d. h. es werden alle Bereiche mit einer Kaltluftvolumenstromdichte ab 10m³(ms) -1 und Hangabwinde mit Strömungsgeschwindigkeiten von mindestens 0,3ms-1 zu Grunde gelegt. Dies bedeutet auch, dass die Flächen mit sehr hoher klimaökologischer Relevanz von den Flächen mit hoher klimaökologischer Relevanz überlagert sind. Auch hier gilt die Orientierung auf Siedlungsbereiche, allerdings handelt es sich hier um Gebiete, die nennenswerte Funktionen für die lokalklimatischen Verhältnisse aufweisen. Zudem sollen die Flächen mit hoher klimaökologischer Relevanz zukünftig für die Prüfung der Auswirkungen von Plänen und Programmen auf Umweltbelange (hier Klima) in der Strategischen Umweltprüfung (SUP-Prüfflächen) herangezogen werden. Sie sollen hierfür eine fachliche Grundlage liefern (PV 2004, 35-39). Weiterhin werden klimarelevante Ausgleichsflächen in gering relifiertem Gelände anhand der Durchlüftungsverhältnisse festgelegt (vgl. Abbildung 17). Im südlichen Teil des Betrachtungsgebie67 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen tes (südliches Maintal) bilden sich kaum nennenswerte nennenswer Lokalwindsysteme aus. Allerdings können sich an Siedlungsrändern begünstigende Verhältnisse für für thermische Ausgleichsfunktionen einei stellen,, wenn die zusammenhängenden Siedlungsflächen von vegetationsbestandenen FreifläFreifl chen umgeben sind. Um diese Funktionen zu sichern, werden die Durchlüftungsverhältnisse im Abstand von ca. 200m um diese Siedlungsbereiche Siedlungsbereiche betrachtet. Wenn eine mindestens mäßige Durchlüftung am Siedlungsrand festgestellt werden kann, sind diese Bereiche als klimarelevante Ausgleichsflächen festgehalten (PV 2004, 31-35). 31 5.4.4 Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RPM 2008 und RPS 2007 Zur Abgrenzung der Klimabereiche im RPM 2008 und RPS 2007 sind die Vorgaben der KFK und KBK ausschlaggebend (vgl. Tabelle 4). Die Inhalte der Karten sind in Kapitel 5.3 bereits dargestellt worden und bedürfen an dieser Stelle keiner weiteren Erläuterung. Vielmehr soll die VorgehensVorgehen weise, ähnlich der Betrachtungen in Kapitel 5.4.3, nachvollzogen werden. Für den Regionalplan Südhessen sind zur Abgrenzung der Klimabereiche die in Abbildung 18 darda gestellten Klassen der Klimabewertungskarte Klimabewertungskar herangezogen worden. Zudem werden, analog zu den Darstellungen in Kapitel 5.4.3, für die Untermainebene Flächen im Umkreis von 200m um Überwärmungsgebiete in die Betrachtungen einbezogen (HMWVL 2005, 6). Abbildung 18: Schematische Darstellung der Abgrenzung von Vorbehaltsgebieten für besondere KlimaKlim funktionen im RPS 2007 Klimafunktions und Klimabewertungskarte Hessen Klimafunktionsdaraus werden herangezogen Klasse A Klasse B Klasse C Klasse D 1:1 Flächen im Umkreis von 1000m um Überwärmungsgebiete Flächen im Umkreis von 200m um Überwärmungsgebiete Flächen im Umkreis von 200m um Überwärmungsgebiete die Verschneidung aller ermittelten Flächen ergibt Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RPS 2007 Quelle: eigene Darstellung nach RPS 2007, 2007 55-56 und HMWVL 2005, 6 Die Vorgehensweise bei der Abgrenzung von Klimabereichen im RPM PM 2008 ist der HerangehensHerang weise im RPS 2007 grundsätzlich ähnlich. Demnach werden die Vorbehaltsgebiete durch die ÜberÜbe 68 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen schneidung der Klassen A bis C gebildet, wenn diesee in Zusammenhang mit ÜberwärmungsÜberwärmungs gebieten (Klasse G) stehen. Allerdings ist zur Abgrenzung der Flächen aus Klasse B für den RPM 2008 ein wesentlich größerer Puffer gewählt worden, als es für den RPS 2007 der Fall ist (vgl. Abbildung 18 und Abbildung 19). Zudem werden aus den Klassen B und C weitere KlimafunktionsgeKlimafunktionsg biete in die Darstellungen integriert. In diesen diesen Fällen wird angenommen, dass die alleinige BeB rücksichtigung der hoch aktiven KaltKalt und Frischluftentstehungsgebiete zur Schaffung eines wirkwir samen klimaökologischen Ausgleichs im Überwärmungsgebiet Überwärmungsgebiet nicht ausreicht (RP 2005, 4). Das Einbinden der Klasse G in die Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete für besondere KlimafunktioKlimafunkti nen im RPM 2008 ist darauf zurückzuführen, dass die Luftleitbahnen der Klasse A auch über SiedSie lungsbereiche hinweg wirken können. Die Berücksichtigung dieser Gebiete soll u. a. zur VerdeutliVerdeutl chung von Handlungsempfehlungen in bestehenden Siedlungsbereichen dienen (RP 2005, 4). Abbildung 19: Schematische Darstellung der Abgrenzung von Vorbehaltsgebieten für besondere KlimaKlim funktionen im RPM 2008 Klimafunktions und Klimabewertungskarte Hessen Klimafunktionsdaraus werden herangezogen Klasse A Klasse B Klasse B und C Klasse G 1:1 Flächen bis 5000m um Überwärmungsgebiete, sofern potenziell hoch akives Kalt oder FrischluftKaltentstehungsgebiet potenziell aktives Frischluftentstehungsgebiet (B); potenziell aktives Kaltluftentstehungsgebiet (C) oder potenziell aktive Ventilationsfläche (C) Als Bestandteil durchgehender Luftleitbahnen die Verschneidung aller ermittelten Flächen ergibt Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RPM 2008 Quelle: eigene Darstellung nach RPM 2008, und u RP 2005, 2 5.5 Zusammenfassung und Bewertung Ein Teilziel der Evaluation der regionalplanerischen Aussagen zu Klimabereichen für die Modellregion Mittel- und Südhessen besteht in der Bewertung der vorgenommenen Abgrenzung der Bereiche für besondere Klimafunktionen sowie Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen. Klimafunktionen Das Hauptinteresse liegt dabei auf der Betrachtung der zu Grunde gelegten Daten sowie den sich ere gebenden konkreten Regelungsinhalten (vgl. Kapitel 4). 69 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Die Rahmenbedingungen für die Festlegungen ergeben sich anhand der Ausführungen Schirmers. Demnach sind bei der Ausweisung von Gebieten mit der Zuordnung Klimaschutz vor allem Freiflächen zu berücksichtigen, welche über ein hohes Potential für die Kaltluftproduktion und den Kaltluftabfluss verfügen. Zudem sollten diese auf Siedlungsbereiche ausgerichtet sein. In diesen Bereichen sollen sowohl Besiedelungen als auch neue Emissionsquellen vermieden werden (vgl. Kapitel 5.1). Im LEP Hessen wird dem insbesondere durch die Darstellung von Räumen mit besonderer Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung gefolgt. Die Klimabereiche sollen dabei vor allem einen Beitrag zur Entwicklung des regionalen Freiraumverbundes leisten (vgl. Kapitel 5.2). Diese Vorgaben werden sowohl in den Bereichen für besondere Klimafunktionen als auch in den Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen berücksichtigt. In beiden Fällen wird auf die angestrebte Sicherung von Kaltluftentstehungs- und -abflussgebieten verwiesen. Dies trifft auch auf das Freihalten von Bebauung und die Vermeidung von Emissionsquellen zu (vgl. Kapitel 5.4.1 und Kapitel 5.4.2). Ebenfalls berücksichtigt wurde der Hinweis, dass die Gebiete in Beziehung zu (überwärmten) Siedlungsbereichen stehen sollen. Entsprechende Formulierungen sind in allen betrachteten Regionalplänen vorhanden (ebd.). Für die Regelungsinhalte kann somit zunächst konstatiert werden, dass diese in allen Plänen weitestgehend identisch sind. Die Darstellungen bewegen sich im Rahmen der Vorgaben der Landesplanung und erfüllen die in Kapitel 5.1 an sie gestellten inhaltlichen Anforderungen (vgl. Kapitel 5.4.1 und Kapitel 5.4.2 sowie Tabelle 4). Ein eklatanter Unterschied hinsichtlich der Regelungsinhalte ist dennoch feststellbar. Wie in Kapitel 5.4.2 dargelegt werden konnte, werden die im RPM 2008 ausgewiesenen Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen, im Gegensatz zu den Darstellungen im RPS 2007 und RegFNP 2007, mit Bestandsausweisungen überlagernd dargestellt. Dadurch entstehen Handlungsansätze für die nachstehende Bauleitplanung, insbesondere in Siedlungsgebieten. Darüber hinaus unterscheiden sich die ausgewiesenen Klimabereiche der noch gültigen Regionalpläne von den in der Aufstellung befindlichen Planwerken hinsichtlich ihrer Bindungswirkung. Die Aussagen im RPM 2001 und RPS 2000 sind als Ziele der Raumordnung dargestellt. Demgegenüber 70 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen werden die Festsetzungen im RPM 2008, RPS 2007 und RegFNP 2007 als Grundsätze der Raumordnung formuliert (vgl. Kapitel 5.4.2). Nach §4 Abs. 1 ROG sind die Ziele der Raumordnung mit einer Beachtenspflicht, die Grundsätze der Raumordnung dagegen mit einer Berücksichtigungspflicht verknüpft. Die Beachtenspflicht stellt hierbei die rechtlich strengere Form dar, weshalb die Ziele der Raumordnung, im Gegensatz zu den Grundsätzen, bei nachfolgenden Planungen nicht durch Abwägungen überwindbar sind. Die Verknüpfung der Berücksichtigungspflicht mit den Grundsätzen der Raumordnung zielt dagegen auf die Einbeziehung der Aussagen in Abwägungs- und Ermessensentscheidungen ab. Folglich wird die Bedeutung der Klimabereiche in den noch in der Aufstellung befindlichen Regionalplänen, rechtlich gesehen, geschwächt. Durch die Darstellung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen wird dem Klimaschutz in diesen Bereichen jedoch eine höhere Bedeutung bei der Abwägung gegenüber konkurrierenden Nutzungen beigemessen (Ritter 2005, 13151317). Deutlichere Unterschiede als bei den Regelungsinhalten werden bei der durchgeführten Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen erkennbar. Die fachliche Grundlage für alle Pläne bilden dabei die Klimafunktionskarte Hessen und die daraus entwickelte Klimabewertungskarte Hessen (vgl. Kapitel 5.3). Für die Darstellungen im RegFNP wurde überdies ein Gutachten zur Kaltluftsituation angefertigt (vgl. Kapitel 5.4.3). In der Klimabewertungskarte werden 8 Klima-Bewertungsklassen mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit abgegrenzt. Von diesen Klassen wurde in allen Fällen die Klasse A – Luftleitbahn mit sehr gutem, reliefunterstützten Kalt- und Frischluftabfluss in die Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete einbezogen. Zudem werden im RPS 2007 die Klassen B, C und D zur Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete herangezogen, im Fall des RPM 2008 die Klassen B, C und G (vgl. Kapitel 5.4.4). Da die Klassen A bis D Kalt- und Frischluftentstehungs- bzw. Abflussgebiete mit hohem bis sehr hohem Wirkungsgrad für den Luftaustausch beschreiben (vgl. Kapitel 5.3.2), geht deren Verwendung grundsätzlich mit den eingangs beschriebenen Forderungen Schirmers konform. Allerdings weist die Abgrenzung der Einzugsbereiche für die Klasse B zwischen dem RPS 2007 und dem RPM 2008 deutliche Unterschiede auf (vgl. Kapitel 5.4.4). Das kann darauf zurückgeführt werden, dass zur Abgrenzung der Wirkzonen keine exakt festgelegten Schwellenwerte existieren und demzufolge unterschiedliche Annahmen zum Wirkungszusammenhang zwischen Überwärmungsgebiet und benachbartem Kalt- bzw. Frischluftentstehungsgebiet getroffen werden (RP 2005, 3 und PV 2004, 27-29). Demzufolge sind beide Vorgehensweisen legitim. 71 Abgrenzung und Darstellung von Klimabereichen in ausgewählten hessischen Regionalplänen Die zusätzliche Berücksichtigung der Klasse G bei der Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete des RPM 2008 wird vor allem durch die Notwendigkeit der Verknüpfungsdarstellung übergeordneter Luftleitbahnen und überwärmter Siedlungsbereiche begründet, wodurch Handlungsempfehlungen für bestehende Siedlungen formulierbar werden (vgl. Kapitel 5.4.4). Durch diese Vorgehensweise wird die Funktion der Vorbehaltsgebiete erweitert. Für den RegFNP 2007 werden Flächen mit hoher und sehr hoher klimaökologischer Relevanz unter Verwendung einer flächendeckenden Kaltluftsimulation abgegrenzt. Anhand festgelegter Schwellenwerte werden die Flächen durch die Geschwindigkeit des Kaltluftstromes und die Kaltluftvolumenstromdichte beschrieben. Zudem wird die Orientierung der Kaltluft auf Siedlungsbereiche vorausgesetzt (vgl. Kapitel 5.4.3). Die abgegrenzten Flächen fungieren somit als klimatischer Ausgleichsraum (vgl. Kapitel 5.1). Diese Abgrenzung bewegt sich damit ebenfalls im Rahmen der von Schirmer geforderten Kriterien. Zudem werden, unter Berücksichtigung der Durchlüftungsverhältnisse, im RPS 2007 und RegFNP 2007 für die Untermainebene Ausgleichsräume im Umkreis von 200m um Siedlungsbereiche abgegrenzt (vgl. Kapitel 5.4.3 und 5.4.4). Die Rahmenbedingungen, welche zu den entsprechenden Darstellungen in den Regionalplänen geführt haben, sind in den Kapiteln 5.2, 5.3 und 5.4 ausführlich beschrieben. Anhand der Ausführungen wird deutlich, dass die Kriterien zur Abgrenzung der Klimabereiche seitens der Landesplanung für alle Bereiche gelten. Der LEP Hessen 2000 ist bei der Aufstellung aller hier genannten Regionalpläne zu berücksichtigen. Zudem sind die formalen und inhaltlichen Vorgaben des Hessischen Landesplanungsgesetzes (HLPG) in allen Planwerken gleichermaßen zu berücksichtigen. 72 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 6 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im Regionalplan Mittelhessen 2001 und Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 Zur Bewertung der Wirksamkeit regionalplanerischer Aussagen zu klimatischen Themen soll, unter Verwendung der Software ESRI ArcGIS Version 9.2 (im Folgenden GIS), analysiert werden, in welchem Umfang die Klimafunktionsbereiche durch eine ihnen entgegenstehende Nutzungen beansprucht werden (vgl. Kapitel 5.1 und Kapitel 5.4). Darüber hinaus können durch die räumlichen Analysefunktionen der Software diejenigen Flächen extrahiert werden, die für den normativen Teil (Kapitel 6.3) der Betrachtung Relevanz besitzen. Zu Beginn der Analyse werden wesentliche Indikatoren der Klimabereiche (Lage im Raum, Flächengröße) für die jeweiligen Regionalpläne beschrieben und gegenübergestellt. Daran anschließend wird die Beanspruchung der zuvor identifizierten Klimabereiche durch Bebauungspläne (BPläne) herausgearbeitet und sowohl graphisch als auch statistisch aufgearbeitet. Basierend auf den Auswertungsergebnissen können anschließend Bebauungspläne für eine tiefergehende Einzelfallbetrachtung extrahiert und hinsichtlich der Berücksichtigung regionalplanerischer Vorgaben zu klimarelevanten Themen ausgewertet werden. Im letzten Schritt werden die Ergebnisse der GIS-Auswertung sowie der Einzelfallbetrachtungen zusammengeführt und Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Klimaflächenausweisungen gezogen. Als Datengrundlage für die GIS-Auswertung wird durch das Regierungspräsidium Gießen (RP Gießen) das Raumordnungskataster Mittelhessen in digitaler Form zur Verfügung gestellt. Darin sind raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen als Bestand oder Planung eingetragen (z. B. Bebauungspläne, genehmigte Windenergieanlagen, Raumordnungsverfahren). Diese sind durch zugehörige Sachdaten (Flächengröße, Genehmigungsdatum etc.) ergänzt. Darüber hinaus stellt das RP Gießen die Darstellungen der Klimabereiche in digitaler Form zur Verfügung. Im Rahmen der Einzelfallbetrachtungen wird auf Verfahrensakten aus dem Archiv des RP Gießen zurückgegriffen. Dadurch kann der Genehmigungsvorgang der ausgewählten B-Pläne, die Konflikte mit den regionalplanerischen Ausweisungen im Bereich des Klimaschutzes aufweisen, weitestgehend nachvollzogen werden. Die Verwendung der Akten bietet zudem den Vorteil, dass darin i. d. R. alle beim Verfahren verwendeten Gutachten (bzw. Auszüge davon) sowie Stellungnahmen 73 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 seitens der Oberen Landesplanungsbehörde (vgl. Kapitel 6.3) enthalten sind. Dadurch kann auf die wesentlichen Informationen an einem Ort zurückgegriffen werden. Auf Grund des intensiven Dokumentenstudiums und des begrenzten Zeitrahmens zur Erstellung einer Diplomarbeit beschränkt sich die Auswertung auf die Bewertung der Regionalpläne Mittelhessens. Der Bereich Südhessens wird nicht näher betrachtet. 6.1 Gegenüberstellung der klimarelevanten Flächenausweisungen In den betrachteten Regionalplänen sind Bereiche für besondere Klimafunktionen (RPM 2001) und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen (RPM 2008) ausgewiesen (vgl. Kapitel 5.4). Zur Berechnung der Flächengröße der Klimabereiche der beiden Regionalpläne wurden die einzelnen Teilflächen in ArcGIS zu einer Gesamtfläche zusammengefasst und in einem zweiten Schritt die Größe des neu entstandenen Polygons berechnet. Die im Regionalplan Mittelhessen 2001 dargestellten Bereiche nehmen, auf Grund der Berechnungen, eine Gesamtfläche von insgesamt 47.907,9ha ein. Dem stehen 118.637,3ha Vorbehaltsgebietsfläche im Regionalplanentwurf 2008 gegenüber, was eine Differenz von 70.729,4ha bzw. eine Ausweitung der Fläche um rund 48% im Vergleich von 2001 zu 2008 bedeutet (vgl. Abbildung 20). Die Vergrößerung der Klimafunktionsflächenausweisungen begründet sich zum einen durch die neu aufgenommene Darstellung im planerischen Bestand und zum anderen durch die differenzierte Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete im RPM 2008 gegenüber den Bereichen für besondere Klimafunktionen im RPM 2001 (vgl. Kapitel 5.4.2). Zudem wurden im RPM 2001 vorwiegend Luftleitbahnen und Kaltluftentstehungsgebiete (insbesondere in Tal- und Talhanglagen (vgl. Kapitel 5.4.1)) durch Bereiche für besondere Klimafunktionen gekennzeichnet, während im Regionalplanentwurf 2008 eher flächenhafte Ausweisungen stattfinden (vgl. Abbildung 20). 74 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Abbildung 20: Darstellung der Bereiche für besondere Klimafunktionen im RPM 2001 und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RPM 2008 Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) 75 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Durch die überlagernde Darstellung der Klimafunktionsflächen mit Flächen des planerischen Bestands kann für den Regionalplanentwurf Mittelhessen 2008 festgestellt werden, dass von den insgesamt 37.404,8ha ausgewiesenen Siedlungs-Bestandsflächen 10.111,1ha durch Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen überlagert werden, was knapp ein Drittel der Bestandsflächen betrifft. Umgekehrt betrachtet nehmen die Siedlungsbestandsflächen 8,5% der gesamten Klimafunktionsflächen in Anspruch. Folglich handelt es sich hierbei um Bereiche, in welchen, bei zukünftigen Planvorhaben, klimatische Belange stärker als bisher berücksichtigt werden sollten (vgl. Kapitel 5.4.2). Zudem werden 2.067,6ha oder rund 38% der insgesamt im RPM 2008 ausgewiesenen 5.485,4ha Industrie- und Gewerbe-Bestandsflächen durch die dargestellten Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen überlagert, was im Umkehrschluss 1,7% Beanspruchung der Vorbehaltsgebiete bedeutet. In diesen Bereichen sollten zukünftige Nutzungen hinsichtlich ihres Emissionsverhaltens stärker überprüft werden (vgl. Kapitel 5.4.2). 6.2 Flächenbilanz der Klimafunktionsflächen Die Funktion der Klimaflächen umfasst im Wesentlichen das Freihalten von Flächen gegenüber Bebauung und die Vermeidung von Planungen und Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der klimatischen Ausgleichsfunktion (vgl. Kapitel 5.4). Folglich ist zu hinterfragen, ob, wo und in welchem Umfang die ausgewiesenen Klimafunktionsflächen durch Bebauung beeinträchtigt wurden. Zur Beantwortung dieser Fragen werden die Bebauungspläne (B-Pläne) als verbindliche Bauleitpläne herangezogen. Die Flächennutzungspläne (F-Pläne) als vorbereitende Bauleitpläne werden in diesem Zusammenhang nicht betrachtet, da sie auf Grund mangelnder Parzellenschärfe keine detailgenauen Aussagen zur Beeinträchtigung von Klimafunktionsflächen zulassen. Darüber hinaus sind im Raumordnungskataster mit den Flächennutzungsplänen keine Nutzungsdarstellungen verknüpft. Dadurch ist eine differenzierte Betrachtung im Hinblick auf eine potentiell zulässige Beanspruchung der Klimabereiche durch konkurrierende Flächennutzungen nicht zulässig. Für die Bebauungspläne ist die Darstellung der Nutzungsart gegeben. So sind im Raumordnungskataster die Flächennutzungen Wohnbaufläche, Mischbaufläche, Gewerbliche Baufläche, Gemeinbedarfsfläche, Sonderbaufläche, Grün- und Sportanlage sowie Ausgleichsfläche dargestellt. 76 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Die Verwendung des Begriffs Fläche im Zusammenhang mit Bebauungsplänen wirkt an dieser Stelle verwirrend. Nach §1 Abs. 1 BauNVO findet die Darstellung von Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (sog. Bauflächen) nur im Flächennutzungsplan statt. Dagegen wird im Bebauungsplan die besondere Art der baulichen Nutzung (sog. Baugebiete) dargestellt (§1 Abs. 2 BauNVO). Da die Flächennutzung im Raumordnungskataster mit den Bebauungsplänen verknüpft ist, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hier um die Baugebiete handelt, die unter dem Begriff der Fläche zusammengefasst sind. Im weiteren Verlauf wird dementsprechend der Bezeichnung des Raumordnungskatasters gefolgt. Ein weiterer Aspekt der dazu führt, dass für die Analyse die Bebauungspläne den Flächennutzungsplänen vorzuziehen sind, ist in §8 BauGB zu finden. Demnach sind die Bebauungspläne als verbindliche Bauleitpläne aus den Flächennutzungsplänen zu entwickeln (§8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Das bedeutet, dass die im Raumordnungskataster dargestellten Geltungsbereiche der Bebauungspläne in den dargestellten Flächennutzungsplänen enthalten sein müssen. Allerdings können, nach §8 Abs. 2 Satz 2 und §8 Abs. 4 BauGB, Bebauungspläne auch ohne das Vorhandensein eines Flächennutzungsplanes aufgestellt werden, wenn die in §8 BauGB genannten Gründe dafür vorliegen. Zudem kann bei der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines B-Planes immer auch der F-Plan geändert werden (§8 Abs. 3 BauGB). Insgesamt gesehen lässt das die Schlussfolgerung zu, dass die Betrachtung der B-Pläne präzisere Ergebnisse als die Analyse der F-Pläne liefert. Die Bilanzierung des Beanspruchungsumfanges der Klimafunktionsflächen basiert folglich auf der Betrachtung von Bebauungsplänen. Nachstehend wird zunächst das analytische Vorgehen kurz erläutert, bevor im Anschluss die Ergebnisse dargestellt werden (vgl. Kapitel 6.2.1 und Kapitel 6.2.2). Im ersten Analyseschritt sind alle Bebauungspläne zu selektieren, die Berührungspunkte mit den Klimafunktionsflächen aufweisen. Dafür bietet ArcGIS sogenannte Overlay-Operationen an, mit deren Hilfe Informationen verschiedener Darstellungsebenen miteinander verknüpft werden können. Dies ist sowohl für den RPM 2001 als auch den RPM 2008 durchgeführt worden. 77 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Von der daraus resultierenden Auswahl werden nur diejenigen Pläne berücksichtigt, welche nach dem 01.01.2002 genehmigt wurden18, da davon auszugehen ist, dass sich ältere Bebauungspläne auf das Regionale Raumordnungsprogramm Mittelhessen 1995 beziehen. Für die Betrachtung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen werden, in Absprache mit den zuständigen Regionalplanern, nur die Bebauungspläne mit Genehmigungsdatum nach dem 31.12.2006 für die Auswertung herangezogen. Das Datum wird dadurch begründet, dass der Entwurf zum Regionalplan Mittelhessen im Jahr 2006 im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit nach §10 Abs. 1 ROG offengelegt wurde. Die im Entwurf zum Regionalplan enthaltenen Aussagen sind somit nach §3 Abs. 1 Nr. 4 ROG als sonstige Erfordernisse der Raumordnung (in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung) bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen. Nachdem die Gesamtheit der B-Pläne für den angegebenen Zeitraum ermittelt wurde, kann im darauffolgenden Schritt die tatsächliche Schnittmenge der Planwerke mit den Klimafunktionsflächen ermittelt und anschließend nach folgenden Kategorien unterschieden werden: • Wohnbauflächen, • Mischbauflächen, • Gewerbliche Bauflächen, • Gemeinbedarfsflächen, • Sonderbauflächen, • Grün- und Sportanlagen sowie • Ausgleichsflächen. Dadurch lässt sich die Verteilung der Nutzungsarten bei der Beanspruchung der Klimafunktionsbereiche errechnen. Dabei gilt es zu beachten, dass im Außenbereich liegende Ausgleichsflächen in separaten Bebauungsplänen dargestellt werden, was die Gesamtzahl der im ersten Auswertungsschritt ermittelten B-Pläne erhöht. Deshalb können absolute Zahlen nicht in Relation zueinander gesetzt werden. Für die Flächenbilanzierung ist dies jedoch unerheblich, da nur die absolut beanspruchte Fläche von Interesse ist. 18 Der RPM 2001 wurde am 18. Juni 2001 öffentlich bekannt gemacht und erlangte dadurch nach §11 Abs. 1 ROG Wirksamkeit. 78 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Des Weiteren sind die Bebauungspläne, welche für die Betrachtung des RPM 2008 Relevanz aufweisen, daraufhin zu unterscheiden, ob sie im planerischen Bestand liegen oder nicht. Dies ist von Bedeutung, da die Steuerungsmöglichkeiten der Regionalplanung im baulichen Bestand als sehr gering einzustufen sind und so kein direkter Anspruch auf Freihaltung der Flächen erhoben werden kann. Im Rahmen der Einzelfallbetrachtung können die B-Pläne im Bestand jedoch hinsichtlich möglicher bauleitplanerischer Festsetzungen zu Freiflächen, Emissionsbegrenzungen oder Grünflächenausweisungen untersucht werden (vgl. Kapitel 5.4.2). Eine Differenzierung der Bebauungspläne nach ihrer Lage ist für den RPM 2001 unnötig, da die Bereiche für besondere Klimafunktionen im planerischen Bestand keine Funktion beanspruchen (vgl. Kapitel 5.4.1). Im Folgenden werden die Ergebnisse der Auswertung für die Bereiche für besondere Klimafunktionen sowie die Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen zunächst einzeln dargestellt und anschließend zusammengeführt. 6.2.1 Flächenbilanz der Bereiche für besondere Klimafunktionen Zur Berechnung der Flächengröße der Klimabereiche werden die einzelnen Teilflächen in ArcGIS zu einer Gesamtfläche zusammengefasst und im zweiten Schritt die Größe des neu entstandenen Polygons ermittelt. Für die im Regionalplan Mittelhessen 2001 dargestellten Bereiche für besondere Klimafunktionen konnte somit eine Gesamtfläche von 47.907,9ha errechnet werden. Als nächstes ist die Schnittmenge der Bebauungspläne mit den Klimabereichen zu bestimmen. Hierfür sind zunächst, unter Verwendung einer Filterfunktion, alle Bebauungspläne zu selektieren, die ab dem 01.01.2002 genehmigt wurden. Von den ausgewählten B-Plänen werden anschließend, durch Anwendung einer Overlay-Operation, die Pläne ermittelt, welche die Klimabereiche schneiden. Die Analyse ergab für 306 Bebauungspläne, die ab dem 01.01.2002 genehmigt wurden und eine Überschneidung mit den Bereichen für besondere Klimafunktionen aufweisen. Allerdings berücksichtigt die Overlay-Operation auch B-Pläne, die direkt an die Klimabereiche angrenzen, ohne diese jedoch wirklich zu überlagern. Deshalb sind die B-Pläne im Anschluss einzeln zu betrachten und dahingehend zu bereinigen. Dadurch verringert sich die Zahl der betroffenen BPläne auf 232 (vgl. Abbildung 21). 79 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Abbildung 21: Bebauungspläne im Raumordnungskataster Mittelhessen, die Bereiche für besondere Klimafunktionen schneiden Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) Für diese 232 Pläne ist somit die Schnittfläche mit den Klimabereichen zu ermitteln. Allerdings werden die Bebauungspläne nicht in jedem Fall vollständig von den Klimabereichen überlagert. Hinzu kommt, dass in den Sachdaten zu den Bebauungsplänen nur deren jeweilige Gesamtgröße enthalten ist. Zur Ermittlung der tatsächlichen Schnittmenge bietet ArcGIS die Möglichkeit, die tatsächliche Überlagerungsfläche darzustellen. Deren Ausdehnung kann im Anschluss neu berechnet werden. Dadurch ergibt sich eine, durch die 232 ermittelten Pläne in Anspruch genommene Fläche von 267,5ha. Dies entspricht gerade einmal 0,56% der insgesamt ausgewiesenen Klimafunktionsbereiche. Die Inanspruchnahme der Bereiche für besondere Klimafunktionen durch Bebauungspläne fällt demnach relativ gering aus. Als nächster Analyseschritt ist die Betrachtung der Flächennutzung in den 232 Bebauungsplänen vorgesehen. Analog der Vorgehensweise zur Ermittlung der insgesamt von den B-Plänen in Anspruch genommenen Klimafunktionsflächen kann dies auch für die dargestellte Nutzung bestimmt werden. 80 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Von den 267,5ha Gesamtfläche entfallen demnach auf: • Wohnbauflächen: 10,1ha, • Mischbauflächen: 14,7ha, • Gewerbliche Bauflächen: 40,9ha, • Gemeinbedarfsflächen: • Sonderbauflächen: 21,9ha, • Grün- und Sportanlagen: 72,3ha, • Ausgleichsflächen: 4,6ha, 103,2ha. Ein Großteil der Überschneidungsfläche entfällt demnach auf Ausgleichsflächen (39%), während Gemeinbedarfsflächen (2%) den geringsten Anteil auf sich vereinen. Zudem fällt der relativ große Anteil gewerblicher Nutzungen (15%) auf (vgl. Abbildung 22). Davon ausgehend, dass Ausgleichsflächen nicht zur Beeinträchtigung der klimatischen Funktion beitragen19, verringert sich die real beanspruchte Fläche der Bereiche für besondere Klimafunktionen auf 164,3ha bzw. 0,3% der insgesamt im Regionalplan 2001 dargestellten Klimafunktionsflächen. Abbildung 22: Ausgewiesene Flächen in den Bereichen für besondere Klimafunktionen im RPM 2001, anteilig nach Nutzungsart 4% 5% Wohnbauflächen Mischbauflächen 15% 39% Gewerbliche Bauflächen 2% 8% Gemeinbedarfsflächen Sonderbauflächen Grün- und Sportanlagen Ausgleichsflächen 27% Quelle: eigene Darstellung 19 Nach §1a Abs. 3 Satz 2 BauGB können Flächen zur Kompensation von Umweltauswirkungen auf Grund vorgesehener Planungen sowohl im Flächennutzungsplan (§5 Abs. 2a BauGB) als auch im Bebauungsplan (§9 Abs. 1a BauGB) festgelegt werden (sog. Ausgleichsflächen). 81 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Im Folgenden werden die Ergebnisse der Auswertung für die im Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 enthaltenen Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen dargelegt. Die Vorgehensweise ist dabei weitestgehend analog zu der Auswertung in Kapitel 6.2.1. Deshalb kann auf eine ebenso detaillierte Schilderung verzichtet werden. Auf etwaige Abweichungen wird an gegebener Stelle hingewiesen. 6.2.2 Flächenbilanz der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen Mit insgesamt 118.637,3ha Fläche umfassen die Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen im RPM 2008 einen größeren Bereich, als dies noch bei den Ausweisungen im gültigen RPM 2001 der Fall ist. Auch für die Vorbehaltsgebiete werden die Überschneidungen mit Bebauungsplänen quantitativ erfasst. Insgesamt trifft dies auf 103 Bebauungspläne zu, die nach dem 31.12.2006 genehmigt wurden (vgl. Abbildung 23). Abbildung 23: Bebauungspläne im Raumordnungskataster Mittelhessen, die Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen schneiden Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) Analog der Vorgehensweise in Kapitel 6.2.1 sind von den insgesamt 103 Plänen diejenigen zu extrahieren, welche eine tatsächliche Überschneidung mit den Klimabereichen aufweisen. Der Analy82 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 se folgend sind das 50 Bebauungspläne mit einer Gesamtfläche von 35,5ha (vgl. Abbildung 24). Dies entspricht einem Anteil der gesamten Klimafunktionsflächen von 0,03%. Dieser niedrige Wert ist als Momentaufnahme zu betrachten, da es sich um völlig unterschiedliche Betrachtungszeiträume bei den jeweiligen Regionalplänen handelt (vgl. Kapitel 5.4 und Kapitel 6.2). Dennoch wird erkennbar, dass auch hier die Beanspruchung der Klimafunktionsflächen im Zusammenhang mit bereits gültigen Bebauungsplänen bisher als marginal einzustufen ist. Abbildung 24: Bebauungspläne im Raumordnungskataster Mittelhessen, die Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen schneiden, außerhalb von Bestandsausweisungen Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) Auf die Darstellung der Flächennutzungen der ermittelten Bebauungspläne soll an dieser Stelle nicht verzichtet werden. Es konnten folgende Nutzungen zugeordnet werden: • Wohnbauflächen: 0,3ha, • Mischbauflächen: 0,5ha, • Gewerbliche Bauflächen: 0,2ha, • Sonderbauflächen: 8,9ha, • Grün- und Sportanlagen: 7,2ha, • Ausgleichsflächen: 18,3ha. 83 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Die Flächenanteile sind in Abbildung 25 dargestellt. Analog zu den Flächennutzungen im RPM 2001 dominieren Ausgleichsflächen (51%). Deutlich geringer fallen die Anteile für Wohn-, Mischund Gewerbliche Bauflächen aus. Der hohe Anteil Sonderbauflächen ist auf die Ausweisung eines rund 10ha umfassenden Wochenendhausgebietes zurückzuführen. Abbildung 25: Ausgewiesene Flächen in den Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen im RPM 2008, anteilig nach Nutzungsart 1% 2%1% 25% Wohnbauflächen Mischbauflächen Gewerbliche Bauflächen Sonderbauflächen 51% Grün- und Sportanlagen 20% Ausgleichsflächen Quelle: eigene Darstellung An dieser Stelle kann ein erstes Zwischenfazit hinsichtlich der Bewertung der Wirksamkeit regionalplanerischer Aussagen zu klimarelevanten Themen (vgl. Kapitel 4) gezogen werden. Der ermittelte geringe Anteil beanspruchter Klimaflächen sowohl im RPM 2001 als auch im RPM 2008 deutet darauf hin, dass die angestrebte Freihaltung und Sicherung der Flächen gegenüber entgegenstehenden Nutzungen (vgl. Kapitel 5.4.2) gelungen ist. Zudem handelt es sich bei einem Großteil der vorliegenden Nutzungen um Ausgleichsflächen, die keine Einschränkung der Klimafunktion nach sich ziehen. Für den RPM 2008 ist das Ergebnis allenfalls als Momentaufnahme zu erachten. Um empirisch fundierte Aussagen treffen zu können, sollte eine erneute Betrachtung in einem ausreichend zeitlichen Abstand nach Bekanntmachung des Regionalplans durchgeführt werden. Dennoch stellt sich die Frage nach den Gründen für die Zulassung der ermittelten Bebauungspläne. Dem soll anhand der Einzelfallbetrachtung im Folgenden nachgegangen werden. 84 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 6.3 Fallstudienanalyse Der verbindliche Bauleitplan (Bebauungsplan) ist aus dem zugehörigen Flächennutzungsplan zu entwickeln (§8 Abs. 2 Satz 1 BauGB), kann aber auch ohne das Vorliegen eines solchen Planes aufgestellt werden, wenn die Voraussetzungen nach §8 Abs. 2 bis 4 BauGB gegeben sind (vgl. Kapitel 6.2). Werden Bebauungspläne nicht aus einem rechtskräftigen Flächennutzungsplan entwickelt, sind sie nach §10 Abs. 2 Satz 1 durch die höhere Verwaltungsbehörde zu genehmigen. Dies sind nach §22 Abs.1 DVO-BauGB in Hessen die Regierungspräsidien. Diese üben nach §20 Abs. 2 HLPG die Funktion der Oberen Landesplanungsbehörde aus. Deren Aufgabe besteht u. a. darin, über die Zulassung einer Abweichung von den Zielen des Regionalplans für raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen nach §12 HLPG zu entscheiden (§20 Abs. 2 Satz 2 HLPG). Zudem ist die Obere Landesplanungsbehörde in Hessen Träger der Regionalplanung (§20 Abs. 2 Satz 1 HLPG). Nach §9 Abs. 2 HLPG ist der Entwurf zum Regionalplan durch die Obere Landesplanungsbehörde zu erarbeiten. Aus den genannten Gründen wird deutlich, dass Regionalplanung und Obere Landesplanungsbehörde in Hessen eng verknüpft sind. Deshalb werden im Folgenden die Begriffe Obere Landesplanungsbehörde und Regionalplanung synonym verwendet. Im Vorfeld der Einzelfallbetrachtung ist auf das Auswahlverfahren der zu betrachtenden B-Pläne näher einzugehen. Durch die in Kapitel 6.2 beschriebene Vorgehensweise konnte für die jeweiligen Regionalpläne (RPM 2001 und RPM 2008) die Zahl der relevanten Bebauungspläne eingegrenzt werden. Auf den RPM 2001 entfallen demnach 232 B-Pläne, für den RPM 2008 weisen 50 B-Pläne Relevanz für die Fallstudienbetrachtung auf. Ein weiteres Kriterium stellt die Nutzungsart dar. Pläne, die größtenteils die Funktion einer Ausgleichsfläche übernehmen, kommen für die Auswahl nicht in Betracht (vgl. Kapitel 6.2.1). Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass ein möglichst großer Teil der Planfläche mit den Klimabereichen überlagert ist. Darüber hinaus ist die räumliche Verteilung der B-Pläne so gewählt, dass möglichst verschiedene Gebiete Mittelhessens abgedeckt werden (vgl. Abbildung 26). Außerdem ist für Pläne, die in den Geltungsbereich des RPM 2008 fallen, also nach dem 31.12.2006 genehmigt wurden, darauf zu achten, dass sowohl Beispiele aus dem planerischen Bestand als auch außerhalb gelegene Pläne betrachtet werden. 85 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Abbildung 26: Nr. 1 Räumliche Verteilung der für die Fallstudien ausgewählten Bebauungspläne und zugehörige Bezeichnung Bebauungsplan Sandfeld Nord Nr. 12 2 Kirchfeld 13 3 4 14 15 16 In der Kropbach 6 7 An den Hardtwiesen II Gewerbegebiet Brackeborn Erweiterung des Gewerbegebietes Lahnstraße Auf den Wiebeläckern Schimmelseite Bebauungsplan Am Wetzlarer Weg / Brückenhohl Wohnpark an der Kaspar-SchwanStraße Hohl, 2. Änderung und Erweiterung Sandhute 17 18 8 Vor dem Polstück 19 9 10 11 Neuselters Mineralquellen Haintgesfeld 2 Offenbach West / B 255 20 21 Hute Große Hohl Auf den Rieden / Bänninger, 4.Änderung Wingertsberg, 1. Änderung Gehnberg 5 berührt RPM 2001 berührt RPM 2008 berührt RPM 2001 & RPM 2008 Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) 86 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Abbildung 27: Für die Einzelfallbetrachtung relevante Bebauungspläne und deren Überschneidungen mit den jeweiligen Klimafunktionsbereichen Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) 87 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 In der Summe sind für die Einzelbetrachtung 21 Bebauungspläne ausgewählt worden, welche die o.g. Kriterien erfüllen. Davon fallen 12 Bebauungspläne in den Geltungsbereich des RPM 2001 und 7 in den Geltungsbereich des RPM 2008. Zwei weitere Pläne werden bewusst für die Betrachtung hinsichtlich möglicher Aussagen zu beiden Regionalplänen herangezogen, da in der quantitativen Analyse der Bereiche für besondere Klimafunktionen auch Pläne enthalten sind, welche für die Flächenbilanzierung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen Relevanz aufweisen (vgl. Abbilddung 27). Durch diese Vorgehensweise soll vor allem aufgezeigt werden, in wie weit bei der Aufstellung der Bebauungspläne der Entwurf des RPM 2008 Beachtung findet. Die Auswertung der einzelnen Verfahrensakten erfolgt unter der Berücksichtigung folgender Fragestellungen: 1. Wird die Überschneidung der Planungen mit den klimarelevanten Darstellungen im Regionalplan prinizpiell festgestellt? 2. Existieren in diesen Fällen konkrete Stellungnahmen der Oberen Landesplanungsbehörde? 3. Wie wird in Konfliktfällen entschieden? 4. Welche Gründe liegen der Zulassung von Nutzungen in Klimabereichen zu Grunde? 5. Werden in den Bebauungsplänen Festsetzungen mit klimatischem Bezug getroffen? Die aus den Unterlagen gewonnenen Antworten zu den gestellten Fragen werden in den einzelnen Kapiteln nicht explizit herausgehoben. Vielmehr erfolgt im Anschluss an die Darstellung der wesentlichen Verfahrensinhalte (Kapitel 6.3.1 bis 6.3.21) eine Zusammenfassung der daraus abzuleitenden Erkenntnisse (vgl. Kapitel 6.4). Anzumerken ist, dass die in den folgenden Kapiteln angeführten Zitate den beim RP Giessen archivierten Verfahrensakten entstammen und deshalb keine expliziten Quellenangaben für diese genannt werden können. 6.3.1 Bebauungsplan Sandfeld Nord Die Stadt Gießen hat im Jahr 2000 im Rahmen ihrer Bauleitplanung beschlossen, den Bebauungsplan Sandfeld Nord zu realisieren. Hierfür wurde zunächst ein Vorentwurf an die Träger öffentlicher Belange gesendet. In der Begründung zum B-Plan-Vorentwurf wird festgestellt, dass der Planungsbereich in einem, im RPM 2001 ausgewiesenen, Regionalen Grünzug und einem Bereich für den besonderen Schutz der Natur liegt. Außerdem handelt es sich um ein Gebiet landwirtschaftlich wertvoller Böden. 88 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Des Weiteren werden eine Einschätzung der lokalklimatischen Situation sowie eine Bewertung des geplanten Eingriffs auf die örtlichen klimatischen Verhältnisse durchgeführt. Grundsätzlich wird festgehalten, dass das bereits existierende und angrenzende Wohngebiet Sandfeld nicht zu den thermisch belasteten Siedlungsflächen Gießens gehört. Für das geplante Baugebiet ist dies ebenfalls anzunehmen. Zudem liegt der Planbereich klimatisch in einem größeren Kaltluftentstehungsgebiet am Rande der Kaltluftventilationsbahn Lahn. Das geplante Baugebiet gehört demzufolge einem für das Stadtklima wertvollen Bereich an. Durch den relativ geringen Flächenumfang fällt dies aber nicht ins Gewicht. Seitens der Regionalplanung wurde eine Stellungnahme zu dem Planvorhaben abgegeben. Darin heißt es: „Das Planungsvorhaben liegt nach den Darstellungen des Regionalplanes 2001 innerhalb des Regionalen Grünzuges, des Bereichs für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft, eines Bereichs für Klimaschutz und eines Bereichs für Landwirtschaft. Nach Prüfung der Planunterlagen wird aus raumordnerischer Sicht von der Durchführung eines Abweichungsverfahrens abgesehen und dem Vorhaben zugestimmt“. Im Unterschied zur Darstellung im Bebauungsplan wird auf die Überschneidung mit dem Bereich für besondere Klimafunktionen hingewiesen. Dennoch wird die Bebauung zugelassen, da der klimatischen Beeinträchtigung eine untergeordnete Rolle zugesprochen wird. Der Bebauungsplan wurde am 29.08.2003 rechtskräftig. 6.3.2 Bebauungsplan Kirchfeld Der Bebauungsplan ist aus dem gültigen Flächennutzungsplan der Stadt Herborn entwickelt worden (gemäß §8 Abs. 2 BauGB). Darin wird das Plangebiet als geplante Wohnbaufläche dargestellt. Da die Festsetzungen des Flächennutzungsplanes mit dem Plangebiet übereinstimmen, wurde auf einen Verweis zum Regionalplan verzichtet. Die Umsetzung des Bebauungsplanes erfolgte am 15.09.2005. 6.3.3 Bebauungsplan An den Hardtwiesen II Die Gemeinde Lahntal beabsichtigte mit der Aufstellung des B-Planes An den Hardtwiesen II die Entwicklung eines Industrie- und Gewerbegebietes im Ortsteil Goßfelden. Dies wurde am 27.09.2001 beschlossen. Zunächst wird festgehalten, dass der RPM 2001 den südlichen Teil des Plangebietes als Bereich für Industrie und Gewerbe ausweist. Der nördliche Abschnitt hingegen wird als Bereich für die Landwirtschaft sowie als Bereich für besondere Klimafunktionen dargestellt. 89 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Die Gemeinde entschied sich, zunächst eine Vorabstimmung mit der Oberen Landesplanungsbehörde durchzuführen. Darin sollte geklärt werden, ob ein Abweichungsverfahren vom Regionalplan durchzuführen ist. Dabei kam man zu dem Ergebnis, dass auf ein entsprechendes Verfahren verzichtet werden kann. Die relevante Fläche kann im Rahmen der Bauleitplanung dem bereits existierenden Gewerbegebiet An den Hardtwiesen zugeschlagen werden. Allerdings wurden der Begründung zum Bebauungsplan Festsetzungen mit klimatischer Relevanz beigefügt. Demnach sollen Maßnahmen zur Wärmedämmung im Rahmen der Energieeinsparverordnung 2001 (EnEV) umgesetzt werden. Zudem sollen Bepflanzungen baulich ungenutzter Flächen, Fassadenbegrünungen und Baumpflanzungen zur Verbesserung des Kleinklimas beitragen. Rechtsgültigkeit erlangte der Bebauungsplan am 06.11.2003. 6.3.4 Bebauungsplan Brackeborn Im Norden der Gemeinde Fronhausen sollte eine 18 ha große gewerbliche Baufläche ausgewiesen werden. Zu diesem Zweck wurde die Aufstellung des B-Plans Gewerbegebiet Brackeborn am 21.12.2000 beschlossen. Die Gemeinde verweist zunächst in der Begründung zum Bebauungsplan auf ein durchgeführtes Abweichungsverfahren vom Regionalen Raumordnungsplan Mittelhessen 1995 (RROPM 1995), beschlossen am 30.01.2001. Darin wird die Ausweisung der Fläche unter Vorgabe einzelner Maßgaben zugelassen. So wird der Flächenumfang zunächst auf 9ha begrenzt. Die übrige Fläche kann erst im Bedarfsfall beansprucht werden. Im Rahmen des Abweichungsverfahrens spielen klimatische Belange eine untergeordnete Rolle. Im weiteren Verlauf des Beteiligungsverfahrens wird allerdings darauf verwiesen, dass im Rahmen der Planaufstellung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Die Ergebnisse der Prüfung sollen im Umweltbericht zum Bebauungsplan dargestellt werden. Im April 2002 liegt dieser vor. In dem angefertigten Umweltbericht wird eine umfangreiche Betrachtung der klimatischen Situation sowie eine Eingriffsbewertung durchgeführt. Zunächst wird darauf verwiesen, dass die Fläche des Plangebietes, im Zusammenhang mit der Lahnaue, im rechtskräftigen RPM 2001 großflächig als Bereich für besondere Klimafunktion ausgewiesen ist. In diesem Zusammenhang übernimmt das Lahntal die Funktion einer Hauptluftleitbahn. Zudem werden westlich des Planungsgebietes, im südlichen und nördlichen Bereich des Galgenberges, lokale Kaltluftabflüsse nachgewiesen, die insbesondere südlich des Galgenberges einen größeren Einfluss auf das lokale Klimageschehen aufweisen. Da die Hangzone vorwiegend 90 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 landwirtschaftlich genutzt wird, findet im Hangbereich eine intensive nächtliche Kaltluftproduktion statt, welche sowohl den Norden der Kerngemeinde, als auch das randliche Lahntal positiv beeinflusst. Eine Bebauung des bis dato landwirtschaftlich genutzten Areals bewirkt demnach grundsätzlich eine Veränderung bzw. Beeinträchtigung des Lokalklimas. Insbesondere die Temperaturen werden durch Flächeninanspruchnahme und Versiegelung zunehmen. Darüber hinaus entsteht durch die Bebauung eine Barrierewirkung für Frisch- und Kaltluftmassen der westlich gelegenen Hangflächen (Galgenberg). Als besonders positiv wird deshalb das Offenhalten eine 50m bis 65m breiten Streifens im Süden des Plangebietes bewertet. Dadurch wird zum einen die durch die Bebauung bewirkte Beeinträchtigung der Frischluftzufuhr für Teile der Ortslage Fronhausen deutlich reduziert. Zum anderen wird auch der Kaltluftabfluss von den südwestlichen Hängen des Galgenberges in weit reichendem Umfang gewährleistet. Des Weiteren soll durch eine Begrenzung der Geschosshöhe dem lokalen Strömungsgeschehen Rechnung getragen werden. Der Bebauungsplan erlangte am 24.07.2003 Rechtsgültigkeit. 6.3.5 Bebauungsplan Lahnstraße Die Stadt Solms beabsichtigte in der Gemarkung Burgsolms die Erweiterung eines bestehenden Gewerbegebietes. Deshalb wurde im Jahr 2002 die Aufstellung des Bebauungsplanes Erweiterung des Gewerbegebietes Lahnstraße beschlossen. Die geplante Flächenausweisung liegt, den Darstellungen im RPM 2001 folgend, im Bereich für Industrie und Gewerbe Bestand, im Bereich für die Landwirtschaft und im Bereich für besondere Klimafunktionen (betrifft lediglich den südlichen Bereich der Planfläche). In der Begründung zum Bebauungsplan wird erklärt, dass der Hinweis im Regionalplan auf die besonderen Klimafunktionen für den Planbereich nicht zutreffend ist. In dem besagten Bereich sind die Kaltluftströme durch die bereits vorhandene Bahntrasse weitgehend unterbrochen. Die geplanten Nutzungen stehen daher im Einklang mit den Zielen des Regionalplanes. Dem wird seitens der Regionalplanung widersprochen. Das Planungsvorhaben liegt im Bereich für besondere Klimafunktionen, weshalb dem Vorhaben gemäß den Zielvorgaben des Regionalplanes aus regional- und landesplanerischer Sicht nicht zugestimmt werden kann. Zur Klärung des Sachverhaltes soll deshalb ein Abstimmungsgespräch geführt werden. Dieses Gespräch führte zu dem Ergebnis, dass der geplanten Gewerbeflächenerweiterung zugestimmt werden kann, da der Planbereich keine besondere Klimafunktion wahrnimmt. Dies wird einerseits durch die vorhandene Bahntrasse und andererseits durch die geringfügige Bedeutung 91 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 der Fläche für die Kaltluftentstehung begründet. Folglich wurde der Bebauungsplan am 03.07.2003 rechtsgültig. 6.3.6 Bebauungsplan Auf den Wiebeläckern Der Bebauungsplan Auf den Wiebeläckern der Stadt Homberg/Ohm, sieht für den Stadtteil OberOfleiden eine Siedlungserweiterung vor. Dementsprechend wurde die Aufstellung des B-Plans im Jahr 2003 beschlossen. Für das Plangebiet sind im RPM 2008 ein Vorranggebiet Siedlung Bestand und eine Vorbehaltsfläche für Landwirtschaft dargestellt. Darüber hinaus wurde der für die angrenzende Ohmaue ausgewiesene Bereich für besondere Klimafunktionen aus dem Planbereich herausgenommen. Die Ausweisung steht den Zielen der Raumordnung folglich nicht entgegen. Dennoch erfolgt eine lokalklimatische Betrachtung des Eingriffs in der Planbegründung. Demnach sind als Grünland genutzte, nach Süden abfallende Hänge mit großer Windoffenheit von der geplanten Bebauung betroffen. Die Schwere der Beeinträchtigung wird als gering eingeschätzt. Zudem wird im Bebauungsplan festgesetzt, dass auf mindestens 60% der nicht überbaubaren Grundstücksfläche Laubgehölze anzupflanzen sind. Dadurch wird der Eingriff in das Landschaftsbild, in den Wasserhaushalt, in das Lokalklima und in die Biotoptypen reduziert. Der B-Plan wurde am 14.11.2007 rechtsgültig. 6.3.7 Bebauungsplan Schimmelseite Die Gemeinde Wollmar beschloss im Jahr 2002 die Ausweisung eines Wohngebietes im Ortsteil Münchhausen. Dementsprechend sollte der Bebauungsplan Schimmelseite aufgestellt werden. Der Begründung zum B-Plan folgend, ist die Fläche im RPM 2001 als Bereich für die Landwirtschaft dargestellt. Im rechtskräftigen Flächennutzungsplan der Gemeinde wird der Bereich als Fläche für Landwirtschaft gekennzeichnet. Der B-Plan ist folglich aus dem gültigen F-Plan entwickelt. Im Rahmen des Bebauungsplanes werden zwar grünordnerische Festsetzungen und Empfehlungen getroffen, ein konkreter Bezug zu klimatischen Belangen bleibt allerdings aus. Am 06.02.2004 erlangte der B-Plan Rechtsgültigkeit. 6.3.8 Bebauungsplan Vor dem Polstück Durch die Gemeinde Lahnau wurde für den Ortsteil Waldgirmes die Aufstellung eines Bebauungsplanes beschlossen. Darin war die Entwicklung eines 4,5ha großen Gewerbegebietes vorgesehen. 92 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Der erste Entwurf zum B-Plan Vor dem Polstück bezog sich auf das RROPM 1995. Darin wurde der vorgesehene Bereich als Regionaler Grünzug (begründet durch klimatische Bedeutung des Bereiches), Gebiet landwirtschaftlicher Nutzung und Pflege sowie als Gebiet landwirtschaftlich wertvoller Böden dargestellt. Im RPM 2001 ist das Gebiet als Bereich für besondere Klimafunktionen gekennzeichnet. Um eine gewerbliche Nutzung zuzulassen, wurde ein Abweichungsverfahren zum RROPM 1995 durchgeführt. In diesem Zusammenhang verweist die Gemeinde Lahnau auf ein Klimagutachten zu Kaltluftentstehung und Kaltluftabfluss im Bereich des Längerbaches aus dem Jahr 2000. Anhand der Ergebnisse dieses Gutachtens stellt die Gemeinde die Ausweisungen im RROPM 1995 in Frage. Die im Regionalen Grünzug dargestellte, den Planbereich überlagernde, Luftleitbahn wird demnach nicht berührt. Zudem handelt es sich bei dem Gebiet um einen für die Kaltluftbildung unbedeutenden Bereich. Dies führt dazu, dass der Einstufung des Plangebietes als Regionaler Grünzug bzw. im Entwurf zum Regionalplan Mittelhessen 2001 als Bereich für besondere Klimafunktion die fachliche Grundlage entzogen ist. Somit kann eine gewerbliche Nutzung im Rahmen der Abwägung vom RROPM 1995 zugelassen werden. Letztlich wird diese Ansicht in der Abwägung nicht geteilt. Die Abweichung vom RROPM 1995 wird zwar zugelassen, allerdings ist die Fläche auf 2,5ha zu begrenzen. Zudem ist eine Bebauung nur östlich der in der Karte des angefertigten Klimagutachtens dargestellten Grenze der Kaltluftschneise zulässig. Im Zuge der Umsetzung des B-Plans folgt die Gemeinde diesen Vorgaben. Darüber hinaus werden verschiedene grünordnerische Festlegungen formuliert, wobei lediglich Dachbegrünungen mit einer positiven klimatischen Wirkung verknüpft werden. Der Bebauungsplan wurde am 09.09.2004 rechtsgültig. 6.3.9 Bebauungsplan Neuselters Mineralquellen Im Jahr 2002 wurde seitens der Gemeinde Löhneberg die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes mit paralleler Flächennutzungsplanänderung für den Bereich der Neuselters Mineralquellen, Blaue Quellen Mineral- und Heilquellen AG beschlossen. Zur Umsetzung dieses Vorhabens wurde zunächst eine Vorabstimmung mit den wesentlichen Trägern öffentlicher Belange durchgeführt. Zunächst wird seitens der Oberen Landesplanungsbehörde festgestellt, dass das Plangebiet nach dem RPM 2001 innerhalb eines Bereichs für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft, 93 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 eines Bereichs für besondere Klimafunktionen, eines Bereichs für den Schutz oberirdischer Gewässer und teilweise innerhalb eines Bereichs Wald liegt. Ob und wie die Planung mit den Zielen der Raumordnung vereinbar ist, müsste im Rahmen eines Abweichungsverfahrens zum Regionalplan geklärt werden. Um eine fundierte Bewertung des Eingriffs in Bezug auf die klimatischen Gegebenheiten vornehmen zu können, wurde beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine geländeklimatologische Stellungnahme in Auftrag gegeben. Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass es sich bei dem vorliegenden Bereich um eine potentielle Frischluftventilationsbahn handelt, da das Plangebiet im Talbodenbereich des Lahntales liegt. Im Gutachten werden mögliche Änderungen der Kaltluftproduktion, des Kaltluftabflusses und der Durchlüftungsverhältnisse betrachtet. Die Analyse führt zu dem Ergebnis, dass die geländeklimatischen Auswirkungen der geplanten Erweiterung als minimal einzustufen sind. Zudem ist eine zusätzliche Bebauung außerhalb des Werksgeländes, die als problematisch in Bezug auf die Beanspruchung des Talraumes zu erachten wäre, nicht vorgesehen. Am 11.09.2003 wurde die Abweichung vom RPM 2001 zugelassen. In der Begründung zur Abweichung wird u. a. auf das Klimagutachten des DWD verwiesen. Demnach sind, unter bestimmten Voraussetzungen, keine überörtlich bedeutsamen Beeinträchtigungen der bioklimatischen und lufthygienischen Verhältnisse zu erwarten. Im Zuge der weiteren Planung soll eine ausreichende Durchgrünung des Werksgeländes vorgesehen werden. Der Bebauungsplan enthält entsprechende Festlegungen zur Durchgrünung des Betriebsgeländes mit Büschen oder einzelnen Laubbäumen. Rechtsgültigkeit erlangte der B-Plan am 03.07.2005. 6.3.10 Bebauungsplan Haintgesfeld 2 Das Verfahren zum Bebauungsplanvorhaben Haintgesfeld 2 für den Ortsteil Weyer der Gemeinde Villmar wurde bereits 1994 eingeleitet und schließlich am 14.05.2003 umgesetzt. Dieser Umstand beruht darauf, dass das Plangebiet innerhalb des Landschaftsschutzgebietes (LSG) Taunus liegt. Damit eine Wohnnutzung möglich ist, muss der Bereich aus dem LSG entlassen werden. Dem wurde nach einem langjährigen Verfahren zugestimmt. Die letzte Fassung des Bebauungsplanes bezieht sich auf den RPM 2001. Darin wird das Gebiet als Bereich für Landschaftsnutzung und pflege dargestellt. 94 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Im Rahmen der Bewertung umweltrelevanter Auswirkungen der Planung werden auch klimaökologische Auswirkungen betrachtet. Demnach umfasst das Plangebiet einen kleinen Teil einer ausgedehnten Kaltluftentstehungsfläche westlich der Ortslage von Weyer. Allerdings berührt die Planung auf Grund der Mittelhanglage des Bereiches die dargestellte Ventilationsbahn des Laubusbachtales nicht. In der Eingriffsbewertung wird deshalb davon ausgegangen, dass von einer nur geringen, aus gesundheitlichen Gesichtspunkten heraus tolerierbaren bioklimatischen Verschlechterung im Baugebiet auszugehen ist. Nähere grünordnerische Festsetzungen werden im B-Plan nicht getroffen. 6.3.11 Bebauungsplan Offenbach West / B 255 Die Gemeinde Mittenaar hat die Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Ortsteil Offenbach zur Entwicklung eines Gewerbegebietes beschlossen. Dieser trat am 23.05.2005 in Kraft. Da das Plangebiet im Bereiche für Landwirtschaft, Bereiche für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft und Bereiche für besondere Klimafunktionen liegt, wurde ein Antrag auf Abweichung vom RPM 2001 gestellt. Die Abweichung vom RPM 2001 wurde am 21.10.2003 unter Maßgaben zugelassen. Die Befürwortung der Abweichung begründet sich vor allem durch den Bedarf neuer Gewerbeflächen für die Entwicklung der Gemeinde. Ein Alternativstandort für die Gewerbeflächenausweisung konnte nicht gefunden werden, ohne ein größeres Maß an Umweltbeeinträchtigung im Verglich zur vorgesehenen Planung zu bewirken. Dem Verfahren ging eine klimatische Beschreibung und Bewertung der klimatischen Verhältnisse voraus. Demnach liegt der Standort – immissionsbelastet durch die stark befahrene B 255 – im erhöhten Randbereich des Aartales. Diesem wird eine Funktion als potentielle Luftleit- bzw. Luftsammelbahn zugeschrieben. Des Weiteren begünstigt die vorhandene Vegetation die Kaltluftbildung. Insgesamt ist deshalb von einer mäßigen bis guten Klimafunktion der Fläche auszugehen. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Zulassung der Abweichung vom Regionalplan ist in der Vermeidung eines geschlossenen Siedlungsbandes zwischen den Gemeinden Offenbach und Bicken zu sehen. Dementsprechend wird im Bebauungsplan darauf verwiesen, dass auf Grund der Längsausrichtung der Antragsfläche und der bereits vorhandenen Bebauung kein neues Strömungshindernis für die Aar-Aue zu erwarten ist. Darüber hinaus wird die Antragsfläche ein Stück zurückgenommen, wodurch der ungehinderte Kaltluftabfluss in Richtung Auenbereich aus dem oberhalb gelegenen Seitentälchen gewährleistet bleibt. 95 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 6.3.12 Bebauungsplan Am Wetzlarer Weg / Brückenhohl Der B-Plan Am Wetzlarer Weg / Brückenhohl wurde durch die Stadt Linden im Ortsteil GroßenLinden umgesetzt. Die Aufstellung des Plans wurde am 11.06.2004 beschlossen und am 09.12.2005 rechtsgültig. Bei dem Vorhaben handelt es sich um die Überplanung bestehender, landwirtschaftlich genutzter Gebäude. Nach den Darstellungen des RPM 2001 liegt das Plangebiet innerhalb eines Bereiches für Landwirtschaft und eines Bereiches für besondere Klimafunktionen. In einer ersten Stellungnahme wird seitens der Oberen Landesplanungsbehörde darauf verwiesen, dass das Planvorhaben mit den Zielen der Raumordnung vereinbar ist, wenn: • „die Agrarverwaltung keine grundsätzlichen Bedenken gegen das Vorhaben vorbringt,“ • „sichergestellt ist, dass die benachbarten Ortschaften durch die Emissionen nicht belastet werden und“ • „eine landschaftsgerechte Eingrünung des Gesamtareals im Bebauungsplan festgesetzt wird“. Da im Rahmen der TÖB-Beteiligung von Seiten der Agrarverwaltung keine Bedenken gegen das Planvorhaben geltend gemacht wurden und auf Grund der geringen Flächengröße (1,9ha) des Vorhabens, wurde auf ein Abweichungsverfahren vom RPM 2001 verzichtet. Zudem ist davon auszugehen, dass von dem Plangebiet keine Emissionen auf die benachbarten Ortslagen ausgehen. Dies begründet sich durch die Entfernung des Plangebietes zur nächsten Ortslage und der bisherigen Nutzungsart. Die klimatischen Auswirkungen des Eingriffs werden in der Begründung zum Bebauungsplan betrachtet. Demzufolge nimmt die Planung durch Schotter befestigte oder mechanisch beanspruchte und in ihrer natürlichen Funktion bereits gestörte Flächen in Anspruch. Zudem besitzt der Bereich für die Frischluftversorgung der Ortslagen von Großen-Linden eine geringe Bedeutung. Die Planfläche ist zwar Teil einer größeren Strahlungsfläche mit nächtlicher Kaltluftproduktion, sie wird allerdings durch die westlich des Plangebietes verlaufende Bundesautobahn A 485, die eine Barriere für Kaltluftabflüsse darstellt, begrenzt. Gravierende Auswirkungen hinsichtlich des Kleinklimas und Emissionsbelastungen sind daher nicht zu erwarten. Entsprechend dem Hinwies der Oberen Landesplanungsbehörde wurde der westliche Geltungsbereich des Areals eingegrünt. 96 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 6.3.13 Bebauungsplan Kaspar-Schwan-Straße Der Bebauungsplan der Gemeinde Elz wurde am 08.02.2007 rechtsgültig umgesetzt. Bei dem Planvorhaben wird eine bisher gewerblich genutzte Fläche in eine Wohnnutzung umgewandelt. Dieses Planvorhaben sollte ursprünglich hinsichtlich getätigter Aussagen zum Klimaschutz im Siedlungsbestand untersucht werden, da der Bereich im RPM 2008 mit der Darstellung Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen überlagert ist. Allerdings bezieht sich der B-Plan noch auf den RPM 2001, da der Beschluss zur Aufstellung des B-Plans aus dem Jahr 2004 stammt. Im RPM 2001 wird das Plangebiet als Siedlungsbereich Bestand gekennzeichnet. In den textlichen Ausführungen zum Bebauungsplan sind keine Anmerkungen hinsichtlich klimatischer Belange und grünordnerischer Festsetzungen mit klimatischem Bezug enthalten. 6.3.14 Bebauungsplan Hohl 2. Änderung In diesem Fall verhält es sich ähnlich wie in Kapitel 6.3.13. Dieser B-Plan war ebenfalls als Beispiel für die Berücksichtigung klimatischer Belange auf Grund der überlagernden Darstellung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen und Siedlungsbestand vorgesehen. Aus den Planunterlagen wird allerdings ersichtlich, dass als übergeordnetes Planwerk der RPM 2001 herangezogen wurde. In diesem ist das Planungsgebiet als Bereich für Landschaftsnutzung und -pflege gekennzeichnet. Dennoch werden in diesem konkreten Beispiel klimatische Belange bei der Aufstellung des BPlans bewertet. Demnach kann es durch die Bebauung zu einem Anstieg der Durchschnittstemperaturen kommen. Die Auswirkungen bleiben aber auf das Plangebiet beschränkt. Darüber hinaus stellt sich die Frischluftsituation als unproblematisch dar. Der Eingriff in Natur und Landschaft soll durch Bepflanzung minimiert werden. Der Bebauungsplan wurde am 05.07.2007 rechtsgültig. 6.3.15 Bebauungsplan Sandhute Um die gewerbliche Entwicklung der Gemeinde Lahntal voranzubringen, wurde die Aufstellung eines Bebauungsplanes am nordöstlichen Siedlungsrand des Ortsteils Goßfelden im Jahr 2004 beschlossen. Im RPM 2001 ist das Plangebiet als Bereich für die Landwirtschaft, Bereich für besondere Klimafunktionen und Bereich für die Grundwassersicherung gekennzeichnet. Um die Ausweisung einer Gewerbefläche zuzulassen, ist folglich ein Abweichungsverfahren durchzuführen. Zur Beurteilung lässt die Gemeinde eine lokale Klimauntersuchung mit dem Titel Klimastudie für die Gemeinde Lahntal anfertigen. Mit der Durchführung wird das Laboratory for Climatology and 97 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 remote Sensing (LCRS) der Philipps-Universität Marburg beauftragt. Betrachtet werden u. a. die Luftqualität, die Durchlüftungsverhältnisse, die Kaltluftproduktion und die Geländebeschaffenheit. Demnach liegt das Plangebiet innerhalb einer Ventilationsschneise, in der zugeführte Kaltluft talabwärts transportiert wird. Im Talbereich der Lahn bildet sich in der Folge ein Kaltluftstrom mit Mächtigkeiten von 50m bis 150m aus (vgl. Kapitel 5.4.3). Anhand vorliegender Untersuchungen vergleichbarer Luftaustauschsituationen durch den TÜV Süddeutschland wird davon ausgegangen, dass die Plangebietsfläche unterhalb der Ober-Strömungszone der Durchlüftungsbahn des Lahntals einzuordnen ist und somit an den regional wichtigen Austauschprozessen keinen signifikanten Anteil hat. Darüber hinaus ist dem zur TÖB-Beteiligung vorgelegten B-Plan ein Grünordnungsplan mit integriertem Umweltbericht beigefügt worden. Der Grünordnungsplan enthält eine Vielzahl von Festsetzungsempfehlungen für den Bebauungsplan. Im Einzelnen wird unter anderem vorgeschlagen: • die Ansiedlung Luftschadstoffemittierender Betriebe auszuschließen, • die Gebäudehöhen regelmäßig bei max. 10m Höhe (über Urgelände) zu begrenzen, • die Gebäude mit der Längsfront in Ost-Westrichtung auszurichten, • die Freianlagen (Grünflächen, Parkplätze) ohne Hochausbauten über die Fassadenlängen zu ziehen, • die Erwärmung auf Dachflächen und an Fassaden abzumildern (beispielsweise durch Begrünung) oder • dem baulichen Wärmeschutz eine hohe Bedeutung beizumessen. Im Ergebnis wird die Abweichung vom RPM 2001 für den geplanten Bereich zugelassen. In der Begründung zur Raumordnerischen Bewertung und Abwägung wird u. a. auf eine Stellungnahme des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie verwiesen. Demnach kann die Reduzierung des Bereichs für besondere Klimafunktion als hinnehmbar erachtet werden. Die im Grünordnungsplan vorgeschlagenen eingriffsvermeidenden Maßnahmen (s. o.) sind allerdings in der Bauleitplanung zu berücksichtigen. 6.3.16 Bebauungsplan In der Kropbach Durch die Aufstellung des Bebauungsplanes In der Kropbach im Jahr 2006 verfolgte die Stadt Gießen die nachträgliche Sicherung einer in diesem Bereich existierenden Kleingartennutzung. Der 98 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 RPM 2001 stellt den Geltungsbereich der Planung als Regionaler Grünzug, als Bereich für besondere Klimafunktionen und als Bereich für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft dar. In der Begründung zum B-Plan wird die klimatische Funktion des Gebietes als bereits beeinträchtigt eingestuft. Demzufolge handelt es sich bei dem Talzug des Kropbachs um einen wichtigen Luftaustauschbereich für die bebauten Gebiete der Gemeinde Heuchelheim sowie des angrenzenden Gewerbegebietes West. Allerdings wird der Luftmassenstrom durch die vorhandenen Gehölzstrukturen, die Bebauung auf Heuchelheimer Seite und die bereits vor der Gartennutzung vorhandenen Obstbaumbestände eingeschränkt. Darüber hinaus umfassen die angestrebten Änderungen durch die Ausweisung zusätzlicher Gärten nur geringfügige Änderungen, was keine lokalklimatischen Auswirkungen erwarten lässt. Seitens der Oberen Landesplanungsbehörde werden im Beteiligungsverfahren keine Anmerkungen vorgebracht. Der B-Plan wurde am 29.07.2008 rechtsgültig. 6.3.17 Bebauungsplan Hute Das vorgesehene Plangebiet des Bebauungsplans Hute, aufgestellt durch die Stadt Gladenbach in der Gemarkung Erdhausen, ist bereits zur Hälfte bebaut. Die Bebauung enthält u. a. eine Tankstelle. Deren Betreiber erwägt eine Erweiterung des Betriebsgeländes. Darüber hinaus soll die bestehende Bebauung gesichert werden. Im Regionalplan Mittelhessen 2001 ist sowohl der bereits bebaute Bereich im Norden, als auch die Erweiterungsfläche im Süden des Geltungsbereiches als Bereich für Landschaftsnutzung und -pflege sowie Bereich für besondere Klimafunktionen dargestellt. Um den Umfang der Planung abzuschätzen, wurde eine Vorabstimmung mit der Regionalplanungsbehörde durchgeführt. Dieses Gespräch führte zu dem Ergebnis, dass ein Abweichungsvorhaben vom RPM 2001 für das Erweiterungsvorhaben auf Grund der Vorbelastung durch die vorhandene Bebauung nicht erforderlich ist. Im Umweltbericht zum Bebauungsplan wird die Abschätzung der Umweltauswirkung genauer erläutert. Darüber hinaus erfolgt seitens der Oberen Landesplanungsbehörde die Maßgabe, dass die Bebauung aufgelockert und durchgrünt geplant werden muss, um die Kaltluftentwicklung und den Kaltluftabfluss so wenig wie möglich zu behindern. Dem wird im Bebauungsplan u. a. durch das Festsetzen der Grundflächenzahl (GFZ = 0,6) Rechnung getragen. 99 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 6.3.18 Bebauungsplan Große Hohl Die Gemeinde Weimar sah für die Gemarkung Niederwalgern eine Siedlungserweiterung vor. In diesem Zusammenhang wurde die Aufstellung des Bebauungsplanes Große Hohl beschlossen. Den Angaben zum Bebauungsplan folgend, handelt es sich bei dem Plangebiet um einen Bereich für die Landwirtschaft sowie einen Bereich für Landschaftsnutzung und -pflege. Durch ein Abweichungsverfahren vom 20.06.2005 wird die Fläche allerdings als Bereich Siedlung Zuwachs zugelassen. Die im Raumordnungskatester festgestellte Überlagerung mit einem Bereich für besondere Klimafunktionen (vgl. Abbildung 28) findet keine Erwähnung. Dennoch findet eine Eingriffsbewertung hinsichtlich des Schutzgutes Klima statt. Demzufolge kommt es durch die Planung zur Versiegelung von Flächen, wodurch das Lokalklima beeinträchtigt und eine Einschränkung der Ausgleichsfunktion von Boden und Vegetation zu erwarten ist. Zudem können Gebäude bei unangepasster Anordnung als thermische Barrieren lokale Windsysteme beeinflussen. In der Summe aller Aspekte ist aber, für das Schutzgut Klima, keine erhebliche Beeinträchtigung zu erwarten. Dies begründet sich u. a. durch den geringen Anteil der überbaubaren Grundstücksflächen (GRZ = 30%), einhergehend mit den grünordnerischen Festsetzungen innerhalb des Plangebietes. Abbildung 28: Screenshot der Darstellung des Bebauungsplanes Große Hohl (rot gerahmte Fläche) und eines Teilbereiches der Bereiche für besondere Klimafunktionen (grüne Fläche) in ArcMap Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) 100 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 6.3.19 Bebauungsplan Auf den Rieden (4. Änderung) Die vierte Änderung des Bebauungsplanes Auf den Rieden / Fa. Bänninger der Gemeinde Reiskirchen sollte ebenfalls zur Betrachtung einer möglichen Berücksichtigung des Schutzgutes Klima auf Grund der Darstellung im RPM 2008 herangezogen werden. Die Planung bezieht sich allerdings auf den RPM 2001, in dem das Gebiet als Siedlungsbereich Bestand (nördlicher Teil) und Industrie und Gewerbe Bestand (südlicher Teil) dargestellt wird. Da im RPM 2001 eine überlagernde Darstellung von Bestandsausweisungen und Bereichen für besondere Klimafunktionen nicht enthalten ist (vgl. Kapitel 5.4.1), kann an dieser Stelle keine weitere Betrachtung erfolgen. 6.3.20 Bebauungsplan Wingertsberg 1. Änderung Der Bebauungsplan Wingertsberg 1. Änderung der Stadt Hungen (Ortsteil Steinheim) beschreibt eine Sondernutzung Wochenendhausgebiet. Der Planbereich wird im RPM 2001 als Bereich für Landschaftsnutzung und -pflege sowie als Bereich für Grundwassersicherung dargestellt. Für die gleiche Fläche ist im RPM 2008 die Darstellung eines Vorbehaltsgebietes für Landwirtschaft, überlagert mit einem Vorbehaltsgebiet für den Grundwasserschutz, gewählt worden. Eine Überlagerung mit einem Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen, wie im Raumordnungskataster erkennbar (vgl. Abbildung 29), findet in der Begründung zum Bebauungsplan keine Erwähnung. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Änderung des B-Plans, welche am 08.08.2008 den TÖB vorgelegt wurde, die Fläche des rechtskräftigen Bebauungsplanes Wingertsberg umfasst. Seitens der Oberen Landesplanungsbehörde werden keine Zielkonflikte mit den Grundsätzen der Raumordnung geltend gemacht. Die Änderung des Bebauungsplanes wurde am 10.12.2008 rechtsgültig. 101 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Abbildung 29: Screenshot der Darstellung des Bebauungsplanes Wingertsberg – 1. Änderung (rot gerahmte Fläche) und eines Teilbereiches der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen (blaue Fläche) in ArcMap Quelle: eigene Darstellung nach Raumordnungskataster Mittelhessen (Stand 2009) 6.3.21 Bebauungsplan Gehnberg Die Stadt Biedenkopf beabsichtigte im Ortsteil Wallau die Überarbeitung des Bebauungsplanes Gehnberg. Dementsprechend wurde ein Entwurf des B-Plans den TÖB am 25.09.2006 vorgelegt. Demzufolge sollten die bisher unzureichenden planunsgrechtlichen Festsetzungen überarbeitet werden, es findet somit eine Überplanung bestehender Siedlungsgebiete statt. Der Begründung zum B-Plan folgend, wird der Bebauungsplan aus dem rechtsgültigen F-Plan der Stadt Biedenkopf entwickelt. Auf eine Betrachtung regionalplanerischer Vorgaben wird deshalb verzichtet. Lediglich im Umweltbericht wird auf den RPM 2001 verwiesen. Demzufolge wird das Plangebiet als Siedlungsbereich dargestellt. Zudem wird darauf verwiesen, dass durch die Überplanung keine Verschlechterung der Kultur- und Schutzgüter, sondern eine Verbesserung der Situation zu erwarten ist. Weitere Anmerkungen werden nicht getroffen. Der Bebauungsplan erlangte am 06.08.2008 Rechtsgültigkeit. Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die einzelnen Besonderheiten der ausgewählten Bebauungspläne dargelegt wurden, erfolgt nun eine zusammenfasssende Analyse der dargestellten 102 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Aspekte. Aus Gründen der Übersichtlichkeit enthält Tabelle 5 die B-Pläne, bei denen eine explizite Berücksichtigung ausgewiesener Klimabereiche in den Regionalplänen stattgefunden hat. In die Betrachtungen fließen allerdings alle B-Pläne ein. Zur besseren Übersicht sind in Tabelle 5 die Bebauungspläne dargestellt, für die Aussagen zu klimarelevanten Themen und / oder grünordnerische Festsetzungen festgestellt werden konnten. 103 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Tabelle 5: Bebauungspläne mit Überschneidungen von Klimafunktionsflächen, Anmerkungen zu klimarelevanten Aspekten und grünordnerischen Festsetzungen Bebauungsplan Gemeinde Genehmigungsdatum Überschneidung mit Klimafunktionsflächen Abweichungsverfahren durchgeführt Besonderheiten Erweiterung des Gewerbegebietes Lahnstraße Solms Gemarkung Burgsolms 03.07.2003 teilweise Nein Gewerbegebiet Brackeborn Fronhausen 24.07.2003 komplett Ja - allerdings bezogen auf die Ausweisungen im RROPM 1995 Sandfeld Nord Gießen 29.08.2003 teilweise Nein An den Hardtwiesen II Lahntal Ortsteil Goßfelden 06.11.2003 teilweise Nein - Verzicht durch Vorabstimmung mit der Regionalplanungsbehörde Vor dem Polstück Lahnau Ortsteil Waldgirmes 09.09.2004 teilweise Ja - allerdings bezogen auf die Ausweisungen im RROPM 1995 Abweichung u. V. eines Klimagutachtens Neuselters Mineralquellen Löhneberg Ortsteil Selters 03.07.2005 teilweise Ja Abweichung u. V. eines Klimagutachtens Am Wetzlarer Weg / Brückenhohl Linden Stadtteil Großen-Linden 09.12.2005 teilweise Nein Neubewertung der klimatischen Funktion des Plangebietes Verzicht auf Abweichungsverfahren auf Grund des geringen Flächenumfanges -- Kein gravierender Eingriff auf Grund von Vorbelastungen Lahntal Ortsteil Goßfelden 10.08.2006 teilweise Ja Abweichung u. V. eines Klimagutachtens Offenbach West / B255 Mittenaar Ortsteil Offenbach 14.07.2007 teilweise Ja Abweichung zugunsten gewerblicher Entwicklung Auf den Wiebeläckern Homberg/Ohm Stadtteil Ober-Ofleiden 14.11.2007 teilweise Nein Hute Gladenbach Gemarkung Erdhausen 26.06.2008 teilweise In der Kropbach Gießen 27.09.2008 teilweise Nein Nein Umfassende Bewertung der klima- Begrenzung der Geschosshöhe, Freitischen Situation haltung eines Durchlüftungsstreifens Sandhute Nein – Verzicht auf Grund der Vorbelastung grünordnerische Festsetzungen mit Klimabezug Dargestellte Klimafunktionsfläche wird vom B-Plan ausgenommen -Abschätzung der Eingriffswirkung auf das Klimageschehen Nein Bepflanzung unbebauter Flächen, Fassadenbegrünung und Baumpflanzungen Dachbegrünungen -Eingrünung eines Teils des Areals Durchgrünung, Freihalten von Durchlüftungsschneisen, Begrenzung der Gebäudehöhe, Festsetzung der Gebäudeausrichtung, Dach- und Fassadenbegrünung Nein Laubgehölzpflanzung auf mind. 60% der nicht überbaubaren Grundstücksfläche Begrenzung der GFZ = 0,6 Nein Quelle: eigene Darstellung 104 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 6.4 Zusammenfassung und Diskussion Um eine Bewertung der Wirksamkeit regionalplanerischer Aussagen zu klimarelevanten Themen vornehmen zu können, sind zunächst die Erkenntnisse aus den Einzelfallbetrachtungen zusammenzufassen. Zur besseren Strukturierung werden die eingangs des Kapitels 6.3 aufgeworfenen Fragen herangezogen. Zur Identifizierung der B-Pläne dient die Nummerierung in Abbildung 24. 1. Wird die Überschneidung der Planungen mit den klimarelevanten Darstellungen im Regionalplan prinzipiell festgestellt? Für zehn der betrachteten Bebauungspläne kann diese Frage positiv beantwortet werden (Nr. 3, 5, 6, 8, 9, 11, 12, 15, 16, 17). In zwei weiteren Fällen wird auf die Darstellung seitens der Oberen Landesplanungsbehörde (Nr. 1 und 4) hingewiesen (s. Punkt 2). Zudem kann festgestellt werden, dass alle hier beschriebenen Pläne auf die Darstellungen im RPM 2001 verweisen. Das trifft auch für einige der Bebauungspläne zu, welche ursprünglich in Bezug zum RPM 2008 ausgewertet werden sollten (Nr. 6, 13, 14, 16). Selbiges ist für die Bebauungspläne Nr. 11 und 17 feststellbar, welche sowohl in Bezug zum RPM 2001, als auch zum RPM 2008 betrachtet werden sollten. Auf die Gründe hierfür ist im Anschluss an diese Betrachtung noch einzugehen. In den restlichen B-Plänen wird eine Überschneidung mit den Klimabereichen zunächst nicht geltend gemacht (Nr. 2, 7, 10, 13, 14, 18, 19, 20, 21). Ein Grund dafür ist in den Abgrenzungskriterien für die Auswahl der betrachteten Pläne zu finden. Wie in Kapitel 6.2 dargestellt wurde, sind für die Bewertung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen alle B-Pläne herangezogen worden, die nach dem 31.12.2006 genehmigt wurden. Die Grundannahme war, dass diese sich nach §3 Abs. 1 Nr. 4 ROG als sonstige Erfordernisse der Raumordnung an den Darstellungen des Regionalplanentwurfes orientieren sollten. Die Betrachtung der einzelnen Bebauungspläne hat allerdings ergeben, dass dies nicht der Fall ist. Deshalb sollte bei möglichen zukünftigen Bewertungen vom Datum der Planaufstellung ausgegangen werden. Dieses ist jedoch im Raumordnungskataster nicht hinterlegt, was die Abgrenzung deutlich erschwert. Zudem konnten Verfahrenszeiträume im Rahmen der Einzelfallstudien von 4 Monaten (Nr. 20) bis hin zu 9 Jahren (Nr. 10) beobachtet werden20. Die Bewertung der Wirksamkeit der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen ist deswegen nur eingeschränkt möglich. An dieser Stelle ist deshalb auf die eventuelle Durchführung einer Folgeevaluierung, wie in Kapitel 6.2.2 bereits angedeutet, hinzuweisen. 20 In den meisten Fällen beträgt die Zeitspanne des Verfahrens 2 bis 3 Jahre. 105 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Darüber hinaus scheint in zwei Fällen eine Diskrepanz zwischen den Darstellungen im Regionalplan und den Inhalten des Raumordnungskatasters zu bestehen (Nr. 18 und 20). Obwohl jeweils eine Überlagerung mit Klimabereichen vorliegt, ist in den Planunterlagen kein Bezug dahingehend feststellbar. Die Vorgehensweise kann anhand der vorliegenden Unterlagen nicht eindeutig nachvollzogen werden. Für die abschließende Bewertung ist dies jedoch nicht ausschlaggebend. Die Nichtberücksichtigung der Klimabereiche in den B-Plänen Nr. 13, 14, 19, und 21 kann ebenfalls durch die Abgrenzung anhand des Datums und die Verfahrensdauer erklärt werden. Demnach beziehen sich alle Pläne auf den RPM 2001. Ursprünglich sollten sie hinsichtlich möglicher Aussagen zu klimarelevanten Themen im planerischen Bestand auf Grund der Darstellungen im RPM 2008 untersucht werden. Da im RPM 2001 eine Überlagerung der Klimabereiche mit Bestandsausweisungen nicht stattfindet, besteht hier allerdings kein Handlungsbedarf (vgl. Kapitel 5.4.1). Somit ist eine abschließende Beurteilung der Wirkung hinsichtlich der überlagernden Darstellung von Vorbehaltsgebieten für besondere Klimafunktionen und Vorranggebieten für Siedlung bzw. Industrie- und Gewerbe (sowohl Bestand als auch Planung) nicht durchführbar. 2. Existieren zu den entsprechenden Plänen konkrete Stellungnahmen der oberen Landesplanungsbehörde? Seitens der Oberen Landesplanungsbehörde werden zu folgenden B-Plänen Stellungnahmen abgegeben: 1, 3, 4, 5, 8, 12, und 17. Für B-Plan Nr. 1 und 4 wird angemerkt, dass, entgegen den in den Bebauungsplanentwürfen enthaltenen Darstellungen, eine Überschneidung mit Klimabereichen vorliegt. Den Angaben der Entwurfsbegründung wird auch bei Nr. 5, 8 und 12 nicht gefolgt. In allen Fällen (ausgenommen Nr.1 und 5) wird auf die Notwendigkeit der Durchführung eines Abweichungsverfahrens nach §12 HLPG verwiesen. Im Fall von B-Plan Nr. 5 ist ein Abstimmungsgespräch durchgeführt worden. Dennoch ist grundsätzlich feststellbar, dass hier den klimarelevanten Darstellungen im Regionalplan eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Eine gänzlich andere Bewertung wird für die Aussagen der B-Pläne Nr. 1, 3 und 17 getroffen, bei denen auf die Durchführung eines Abweichungsverfahrens verzichtet wird. Die Gründe hierfür sind zumeist in der Bewertung der Schwere des geplanten Eingriffs in den Naturhaushalt zu finden. Dieser wird in allen drei Fällen als so gering eingeschätzt, dass die Planung mit den Grundzügen des Regionalplanes vereinbar ist. Darüber hinaus ist im Vorfeld der Aufstellung der B-Pläne 106 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 Nr. 3 und 17 eine Vorabstimmung mit der Regionalplanung durchgeführt worden. Für alle drei Fälle kann demnach die Berücksichtigung klimatischer Belange festgestellt werden. Zu den übrigen, unter der vorgenannten Fragestellung in Punkt 1, angeführten Plänen (betrifft Nr. 9, 11 und 15) werden von Seiten der Regionalplanung keine Stellungnahmen mit konkreten Inhalten hinsichtlich der Berücksichtigung von Klimaausweisungen getroffen, da hier bereits durch die Gemeinde im Rahmen der Planaufstellung ein Antrag auf Abweichung vom Regionalplan gestellt wird. Demzufolge ist als nächstes zu bilanzieren, wie über die Abweichungsanträge entschieden wurde. 3. Wie wird in Konfliktfällen entschieden? Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich im Grunde schon aus dem Umstand, dass für die Bewertung ausschließlich genehmigte Bebauungspläne herangezogen werden können. Folglich ist im Rahmen eines Abweichungsverfahrens die Planung in den hier vorliegenden Fällen (Nr. 4, 8, 9, 11 und 15) zugelassen worden, oder es wurde auf ein Abweichungsverfahren gänzlich verzichtet (Nr. 1, 3, 5, 12 und 17). An dieser Stelle ist auf eine Datenlücke hinzuweisen, die nicht überbrückt werden kann. Um eine exakte Bewertung der Wirksamkeit klimarelevanter Planaussagen zu gewährleisten, wäre eine Betrachtung von Planungen, die durch die Überschneidung mit Klimabereichen nicht umgesetzt wurden, wünschenswert. Eine Übersicht über abgelehnte oder zurückgezogene Bebauungsplanentwürfe existiert jedoch nicht. Hier kann, wenn überhaupt möglich, nur auf Erfahrungswerte der Regionalplaner zurückgegriffen werden. Anhand eines solchen Gesprächs konnten einzelne Beispiele eruiert werden, für die eine Ablehnung geplanter Flächenausweisungen durch klimatische Aspekte zutrifft. Eines davon beschreibt B-Plan Nr. 8, bei dem ein Teil der geplanten Baufläche nicht genehmigt wurde. Ein ähnlich gelagerter Fall existiert im Bereich des Ortsteiles Manderbach der Stadt Dillenburg. Dort ist im Rahmen der auf die Freihaltung einer Schneise zur Sicherung von Flächen mit Bedeutung für die Kaltluftentstehung und den Kaltluftabfluss bestanden worden. Das Beispiel betrifft allerdings noch den RROPM 1995. Ganz anders hingegen stellt sich die Situation für die 2. Änderung und Erweiterung des Bebauungsplanes Nikolas Erlen der Gemeinde Hüttenberg, vorgesehen für den Ortsteil Rechtenbach, dar. Hierbei handelt es sich um ein aktuelles Beispiel, bei dem das Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Die Gemeinde plant die Ausweisung neuer Bauflächen in einem Bereich, 107 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 der u. a. durch Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen überlagert wird. Darüber hinaus werden für die Gemeinde im Regionalpanentwurf Siedlungszuwachsflächen ausgewiesen, allerdings nicht in dem für den Bebauungsplan vorgesehenen Gebiet. Die Obere Landesplanungsbehörde verweist in ihrer Stellungahme darauf, dass die beabsichtigte Planung mit den Zielen der Raumordnung so nicht vereinbar ist. In dem geführten Gespräch wurde insgesamt deutlich, dass die Zahl der Bebauungspläne, die auf Grund klimarelevanter Themen abgelehnt wurden, relativ überschaubar bleibt. Zumeist handelt es sich dabei um kleinere Einzelvorhaben. 4. Welche Gründe liegen der Zulassung von Nutzungen in Klimabereichen zu Grunde? Um die Wirksamkeit der Klimaausweisungen bewerten zu können, muss hinterfragt werden, welche Bedingungen dazu geführt haben, dass eine Abweichung vom Regionalplan zugelassen wurde bzw. darauf verzichtet wurde (vgl. Punkt 2). Insgesamt ist festzustellen, dass bei den betroffenen B-Plänen (Nr. 1, 3, 4, 5, 8, 9, 11, 12, 15 und 17) eine Bewertung der klimatischen Beeinträchtigung vorgenommen wurde. Darüber hinaus enthalten weitere fünf B-Pläne eine Bewertung der klimatischen Auswirkung der Planung (Nr. 6, 10, 14, 16 und 18). Grundlage für die Bewertung stellen die §2 Abs. 4 Satz 1 und 2a BauGB21 dar. In wie weit diese Bewertungen in ausreichender Form durchgeführt wurden, kann im Rahmen der vorliegenden Betrachtung nicht erörtert werden. Hervorzuheben ist stattdessen, dass bei besonders schwerwiegenden Eingriffen auf die Verwendung von Klimagutachten zurückgegriffen wurde (B-Pläne Nr. 4, 8, 9, und 15). Die Bewertung der klimatischen Situation und die Auswirkungen des geplanten Eingriffs sind dadurch auf eine fachliche Grundlage gestützt. Diese Vorgehensweise folgt damit den Hinweisen der KFK bzw. KBK, die für eine Bewertung kleinräumiger Planvorhaben weniger geeignet sind (vgl. Kapitel 5.3). 5. Werden in den Bebauungsplänen Festsetzungen mit klimatischem Bezug getroffen? Die verbindliche Bauleitplanung stellt die konkreteste Ebene der Raumplanung dar. Sie ist deshalb besonders zur Festsetzung von klimaschützenden Maßnahmen geeignet (vgl. Kapitel 3.1). Während der Dokumentenauswertung wurde deshalb auch auf das Vorhandensein von Aussagen hinsichtlich solcher Festsetzungen in den B-Plänen geachtet. Zehn der betrachteten Bebauungspläne 21 Nach §2 Abs.4 BauGB ist durch die Gemeinde bei der Aufstellung ihrer Bauleitpläne eine Umweltprüfung für die Belange des Umweltschutzes nach §1 Abs. 6 Nr. 7 und §1a durchzuführen. Die Ergebnisse der Bewertung sind nach §2a BauGB in der Begründung zum Bauleitplanentwurf darzulegen. 108 Analyse klimarelevanter Flächenausweisungen im RPM 2001 und RPM 2008 enthielten solche Regelungen (Nr. 3, 4, 6, 8, 9, 12, 14, 15, 17 und 18). Das Spektrum der Festsetzungen reicht von der Begrenzung der Geschossflächenzahl über das Freihalten von Grünflächen innerhalb der Plangebiete bis hin zur Begrenzung der Bauhöhe (vgl. Tabelle 5). Besonders hervorzuheben ist die Vorgabe von Festsetzungen als Maßgabe der Abweichungsverfahren, wie es bei B-Plan Nr. 9 und 15 vorgenommen wurde. Dadurch wird den klimatischen Belangen ein hoher Stellenwert zugeschrieben. 109 Zusammenfassung und Fazit 7 Zusammenfassung und Fazit Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, regionalplanerische Aussagen zu klimarelevanten Themen zu evaluieren. Als Betrachtungsraum wird die KlimaMoro Modellregion Mittel- und Südhessen herangezogen. Im Zentrum der Ausführungen steht dabei die Beantwortung der in Kapitel 1 formulierten Leitfragen. Diese Antworten werden an gegebener Stelle mit Handlungsempfehlungen verknüpft. 1. Welche Auswirkungen ergeben sich anhand des Klimawandels? Zur Beantwortung dieser Frage wurden in Kapitel 2 verschiedene räumliche Ebenen betrachtet. Dabei konnte zunächst festgestellt werden, dass der aktuelle Klimawandel zu weiten Teilen durch menschliche Einflüsse bestimmt wird. Als eine der Hauptursachen wird dabei der globale Anstieg der Kohlendioxidkonzentration, auf Grund des Verbrauchs fossiler Brennstoffe, in der Erdatmosphäre angesehen. Die auf diesen Erkenntnissen aufbauenden Klimaprojektionen lassen einen globalen Temperaturanstieg von 1,1°C bis 6,4°C bis zum Jahr 2100 erwarten. Darüber hinaus konnte festgehalten werden, dass selbst ein Stagnieren der CO2-Konzentration auf dem Niveau des Jahres 2000 eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur zur Folge haben würde. Daraus kann geschlossen werden, dass zukünftig mit einem Auftreten von Klimaänderungen zu rechnen ist (vgl. Kapitel 2.1). Dabei werden je nach Region unterschiedliche Ausprägungen der Klimawandelfolgen zu beobachten sein. Dies konnte anhand der Darstellungen für Europa und Deutschland dargelegt werden (vgl. Kapitel 2.2 und Kapitel 2.3). Im Falle Deutschlands werden anhand der naturräumlichen Gliederung unterschiedliche Betroffenheiten projiziert. Während beispielsweise die Küstenregionen von Überschwemmungen und Erosionseffekten bedroht sein könnten, ist im Bereich des Oberrheingrabens eine Zunahme des Auftretens von Hitzewellen möglich. Die Gebirgsregionen werden dagegen mit einem Rückgang der Schneesicherheit auf Grund steigender Wintertemperaturen rechnen müssen (vgl. Kapitel 2.3). Zudem konnte anhand der Ergebnisse des in Kapitel 2.4 beschriebenen Projektes INKLIM 2012 festgestellt werden, dass neben den räumlichen Auswirkungen verschiedenste Sektoren von den Folgen des Klimawandels berührt werden. Demnach werden durch die Klimaveränderungen natürliche, soziale, wirtschaftliche und politische Bereiche beeinflusst. Der anthropogene Klimawandel wirkt sich demnach räumlich und sektoral in Intensität und Umfang unterschiedlich aus. Zur Bewältigung der Herausforderung ist sowohl Klimaschutz als auch Klimaanpassung nötig. 110 Zusammenfassung und Fazit 2. Welche Relevanz hat der Klimawandel für Raumordnung und Raumplanung? Der Klimawandel kann zu Veränderungen in ökonomischen, ökologischen und sozialen Bereichen führen. Für die Raumordnung und Raumplanung sind insbesondere die Auswirkungen auf die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen und die Raumstrukturen von Bedeutung. Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine der zentralen Aufgaben von Raumordnung und Raumplanung in der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung besteht (vgl. Kapitel 3). Im Umgang mit den Folgen des Klimawandels sind grundsätzlich zwei Strategien zu verfolgen – Klimaschutz (Mitigation) und Klimaanpassung (Adaption) (vgl. Kapitel 3). Für die Raumordnung und Raumplanung kann in diesem Zusammenhang konstatiert werden, dass sie auf Grund ihres querschnittsorientierten Charakters sowohl im Bereich des Klimaschutzes als auch der Klimaanpassung Aufgaben übernehmen kann. Im Rahmen des planerischen Klimaschutzes existieren bereits weitgehende Regelungen und Festsetzungen. Das Thema ist sowohl im Raumordnungsgesetz, in den Landesplanungsgesetzen als auch im Baugesetzbuch verankert (vgl. Kapitel 3.1 und Kapitel 5.2). Das Hauptanliegen der Klimaschutzmaßnahmen liegt dabei in der Vermeidung bzw. Reduzierung von CO2-Emissionen. Als eine wesentliche Funktion in diesem Zusammenhang wird die Sicherung des Freiraums erachtet (vgl. Kapitel 3.1). Klimaanpassung stellt dagegen ein relativ neues Handlungsfeld für die Raumordnung und Raumplanung dar. Deshalb bestehen hier noch Unsicherheiten hinsichtlich der Funktion und Bedeutung, die die räumliche Planung in diesem Zusammenhang einnehmen könnte. Um eine effektive Klimaanpassung betreiben zu können, sollte zunächst eine intensive Auseinandersetzung mit den sich ergebenden neuen Herausforderung stattfinden (vgl. Kapitel 3.2). Als ein richtungsweisender Schritt ist in diesem Zusammenhang die Integration des Begriffs Klimaanpassung in das neue ROG anzusehen. Darüber hinaus konnte aufgezeigt werden, dass bereits erste Ansätze (wie Climate Proofing, Verwundbarkeitsanalysen und proaktive Klimaanpassung) zum Umgang mit den Klimawandelfolgen existieren (vgl. Kapitel 3.3). Diese Überlegungen müssen zukünftig erweitert und in der praktischen Umsetzung vorangetrieben werden. Dabei wird der regionalen Ebene eine besondere Bedeutung beigemessen. Durch ihre koordinierende Funktion zwischen lokalen und nationalen Interessen sowie der Kompetenz zur Abstimmung verschiedener Raumnutzungen soll die Position der Regionalplanung im Umgang mit Klima- 111 Zusammenfassung und Fazit anpassung gestärkt werden. Die Durchführung des KlimaMoro ist deshalb als logischer Schritt zu sehen. Dadurch können erste Ansätze zur Klimaanpassung in den Modellregionen formuliert und umgesetzt werden (vgl. Kapitel 3.4). 3. Wie wird das Thema Klima in den hessischen Regionalplänen aufgearbeitet? Der Zweck einer Evaluation besteht, neben der Bewertung von Maßnahmen und Projekten, immer auch darin, Informationen zu bestimmten Sachverhalten zusammenzutragen und aufzuarbeiten. Evaluationen sind folglich mit dem Anspruch eines Informationsgewinns verbunden (vgl. Kapitel 4). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die noch gültigen sowie die neuen, in Aufstellung befindlichen Regionalpläne Mittel- und Südhessens und der ebenfalls in der Aufstellung befindliche Regionale Flächennutzungsplan für den Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main ausgewertet. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass in den Plänen unterschiedliche Flächenkategorien mit klimatischem Bezug dargestellt werden. Hierbei handelt es sich zum einen um Bereiche für besondere Klimafunktionen und zum anderen um Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen (vgl. Kapitel 5.4). Für die Darstellungen konnte herausgearbeitet werden, dass deren Regelungsinhalte weitestgehend identisch sind und den Vorgaben der Landesplanung entsprechen. Das Hauptanliegen der Ausweisungen besteht dabei in der Sicherung der Freiraumstruktur sowie von Kaltluftentstehungs- und -abflussgebieten. Zudem sind die betreffenden Bereiche direkt auf Siedlungsgebiete ausgerichtet. Darüber hinaus sind die ausgewiesenen Bereiche bzw. Gebiete von Besiedelungen und neuen Emissionsquellen frei zu halten (vgl. Kapitel 5.5). Die einzige Ausnahme stellt die überlagernde Darstellung der Vorbehaltsgebiete im Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 mit Bestandsausweisungen dar, was eine Ausweitung des Wirkungsbereiches bedeutet. Somit erhebt der RPM 2008 auch Regelungsbedarf im planerischen Bestand (vgl. Kapitel 5.4.2 und Kapitel 5.5.). Ein weiterer Unterschied konnte hinsichtlich der Bindungswirkungen der Darstellungen ermittelt werden. Während die ausgewiesenen Klimabereiche in den noch gültigen Regionalplänen mit Zielaussagen verknüpft sind, werden durch die Verwendung von Vorbehaltsgebieten in den neuen Planwerken Grundsätze der Raumordnung geltend gemacht. Dadurch wird die Bindungswirkung der Klimabereiche einerseits geschwächt, andererseits wird die Bedeutung von Klimathemen für 112 Zusammenfassung und Fazit Abwägungsprozesse stärker betont (vgl. Kapitel 5.5). Das entspricht der in Kapitel 3.2 dargestellten Forderung nach einer stärkeren Einbeziehung klimatischer Themen in die planerischen Abwägungsprozesse, deren Bedeutung im Umgang mit den künftigen Folgen des Klimawandels zunehmen soll. Für die Abgrenzung der Klimabereiche steht den Regionalplanern mit der Klimafunktionskarte Hessen und der Klimabewertungskarte Hessen eine einheitliche fachliche Grundlage zur Verfügung. Dennoch konnten in diesem Zusammenhang Unterschiede herausgearbeitet werden (vgl. Kapitel 5.5). Im Fall des RegFNP erschien eine separate Betrachtung auf Grund der gewählten Maßstabsebene (1:50.000) notwendig, da eine fachliche Grundlage für diese Ebene nicht vorlag (vgl. Kapitel 5.4.3). Zudem wurden im Rahmen des RPM 2008 und RPS 2007 bei der Abgrenzung des angenommenen Wirkungsbereiches von Überwärmungsgebieten und benachbarten Kalt- bzw. Frischluftentstehungsgebieten verschiedene Entfernungen zu Grunde gelegt (vgl. Kapitel 5.4.4). Dies trägt einerseits den lokalen Gegebenheiten Rechnung, andererseits fehlt hier eine exakte Vorgabe für die Regionalplanung. Die südhessischen Planwerke RegFNP und RPS 2007 berücksichtigen zudem die lokalen Gegebenheiten der Untermainebene unter Bewertung der lokalen Durchlüftungsverhältnisse (vgl. Kapitel 5.4.3.und Kapitel 5.4.4). Insgesamt betrachtet bewegen sich die Abgrenzungen im Rahmen der vorgegebenen Kriterien. Die KFK und KBK bilden eine gute fachliche Grundlage, deren Verwendung zu Abgrenzung der Klimabereiche sinnvoll ist. Durch das Heranziehen weiterer Parameter wird den lokalen klimatischen und räumlichen Gegebenheiten Rechnung getragen. Allerdings sollten zukünftig einheitlichere Kriterien bei der Verwendung der Klimabewertungsklassen festgelegt werden. Das würde die Transparenz der Flächenausweisungen erhöhen und der Formulierung einer regionalen Klimawandelstrategie in der Modellregion Rechnung tragen (vgl. Kapitel 3.4). 4. Welche Wirkung entfalten die Festlegungen? Die Hauptfunktion der Klimabereiche ist in der Sicherung des Freiraums gegenüber entgegenstehenden Nutzungen zu sehen. Zur Bewertung der Wirkung der regionalplanerischen Klimaflächenausweisungen wurde für die Regionalpläne Mittelhessens die Beanspruchung der ausgewiesenen Klimabereiche bewertet. Als Kriterium wurde dabei die Ausweisung von Bebauungsplänen in den Klimafunktionsflächen herangezogen (vgl. Kapitel 6.2). 113 Zusammenfassung und Fazit Zunächst ist festzuhalten, dass die Gesamtfläche der Klimabereiche im RPM 2008 um rund 48% größer ist als die im noch gültigen RPM 2001. Als Gründe hierfür sind zum einen die Darstellung im planerischen Bestand und zum anderen die differenzierte Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete zu nennen (vgl. Kapitel 6.2). Für die Darstellungen in beiden Fällen wurde eine minimale Beanspruchung durch ausgewiesene Bebauungspläne festgestellt, für den RPM 2001 0,56% und für den RPM 2008 0,03%. Darüber hinaus wurden die ausgewiesenen Flächennutzungen in den B-Plänen betrachtet. Dabei fiel auf, dass Ausgleichsflächen einen großen Teil der Festlegungen darstellen (vgl. Kapitel 6.2.1 und Kapitel 6.2.2). Die Inanspruchnahme der Klimabereiche ist demnach als sehr gering einzustufen. Allerdings muss darauf verwiesen werden, dass die durchgeführte Bilanzierung der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen lediglich eine Momentaufnahme darstellt (vgl. Kapitel 6.2.2). Für ausgewählte, im Rahmen der Flächenbilanzierung ermittelte Bebauungspläne (in der Summe 21) wurde daraufhin eine Einzelfallbetrachtung hinsichtlich der Beweggründe für deren Genehmigung im Freiraumbereich durchgeführt (vgl. Kapitel 6.3). Dabei wurde insbesondere auf eine vorliegende Berücksichtigung klimatischer Belange, auf den Inhalt möglicher Aussagen der Oberen Landesplanungsbehörde zum Planvorhaben, auf die Gründe für die Zulassung der Planung sowie auf das Vorhandensein grünordnerischer Festsetzungen in den B-Plänen geachtet (vgl. Kapitel 6.3). Hierbei konnte für zehn der betrachteten Planwerke die Berücksichtigung der Überschneidung mit Klimabereichen im Rahmen der Bauleitplanung festgestellt werden. Darüber hinaus ist in zwei konkreten Fällen auf die Nichtberücksichtigung der Klimabereiche bei der Bebauungsplanaufstellung seitens der Oberen Landesplanungsbehörde hingewiesen worden (vgl. Kapitel 6.4). Die übrigen neun Bebauungspläne sind, auf Grund der in Kapitel 6.4 aufgeführten Abgrenzungsproblematik, an dieser Stelle nicht in die Bewertung einbezogen werden. Für alle zwölf Fälle konnte herausgearbeitet werden, dass klimatische Belange im Rahmen der Abwägung berücksichtigt wurden. Dabei sind differenzierte Vorgehensweisen, je nach Sachlage, erkennbar. So wurde beispielsweise in fünf Fällen durch die Obere Landesplanungsbehörde auf die Notwendigkeit der Durchführung von Abweichungsverfahren hingewiesen. Andererseits sind in einigen B-Plänen die Eingriffsbewertungen bereits so vertieft dargestellt worden, dass auf eine etwaige Abweichung vom Raumordnungsplan verzichtet wurde. Als besonders positiv ist dabei 114 Zusammenfassung und Fazit hervorzuheben, dass in vier Fällen im Rahmen der Abwägung spezielle Klimagutachten hinzugezogen wurden (vgl. Kapitel 6.4). Insgesamt ist hinsichtlich der Wirkung der regionalplanerischen Aussagen in diesem Zusammenhang zu konstatieren, dass die Belange des Klimaschutzes i. d. R. im Rahmen der Abwägungsprozesse berücksichtigt werden, wobei je nach Schwere des Eingriffs differenziert entschieden wird. Zukünftig sollte klimatischen Belangen allerdings ein noch stärkeres Gewicht bei der Abwägungsentscheidung beigemessen werden (vgl. Kapitel 6.4) In Kapitel 3.1 wurde dargelegt, dass zur Reduktion klimabezogener Risiken auf lokaler Ebene u. a. Festsetzungen spezifischer Aussagen in Bebauungsplänen dienlich sein können. Deshalb wurden die B-Pläne im Rahmen der Einzelfallbetrachtung hinsichtlich Festsetzungen mit klimatischem Bezug betrachtet (vgl. Kapitel 6.4). In diesem Zusammenhang kann festgehalten werden, dass (nur) zehn der betrachteten Planwerke solche Festsetzungen enthalten. Angesichts der wahrscheinlichen Zunahme klimabezogener Risiken sollte zukünftig auf einen steigenden Anteil an grünordnerischen Festsetzungen in Bebauungsplänen hingewirkt werden. Schlussbemerkungen Im Ergebnis der Evaluation kann festgehalten werden, dass die Festlegungen zu Klimabereichen in den betrachteten Regionalplänen weitestgehend auf einer einheitlichen fachlichen Grundlage basieren (KFK und KBK). Zudem wurden lokale räumliche und klimatische Gegebenheiten bei der Abgrenzung der Klimabereiche berücksichtigt. Allerdings beruhen die zu Grunde gelegten Daten auf Erfahrungswerten und berücksichtigen nicht die möglichen zukünftigen Veränderungen durch den Klimawandel. Die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Legitimierung planerischer Festlegungen wurden entsprechend dargelegt. Darüber hinaus wurden Differenzen bei der Abgrenzung der Wirkzonen ermittelt. Hier sollte auf eine einheitlichere Vorgehensweise hingearbeitet werden. Im Zuge der Überlegungen zu Verwundbarkeitsanalysen und der im Rahmen des KlimaMoro angestrebten Identifizierung regionaler HotSpots wäre eine Berücksichtigung der Klimabewertungskarte vorstellbar, da hier bereits Wirkungszusammenhänge zwischen überwärmten Bereichen und Ausgleichsräumen enthalten sind. Zudem könnten die anhand der gegebenen fachlichen Grundlagen ermittelten SUP-Prüfflächen im Sinne des Climate Proofing Ansatzes hinsichtlich ihrer Konsistenz gegenüber Klimaänderungen hinterfragt werden. Das könnte die Legitimierung regionalplanerischer Ausweisungen stärken. 115 Zusammenfassung und Fazit Bei der Betrachtung der Regelungsinhalte der planerischen Aussagen wurde ebenfalls weitestgehend Einheitlichkeit festgestellt. Zudem berücksichtigen die Darstellungen sowohl fachliche als auch planerische Vorgaben gleichermaßen (vgl. Kapitel 5.5). Hervorgehoben werden muss die Ausweitung der Darstellungen im Regionalplan Mittelhessen Entwurf 2008 auf Bestandsausweisungen. Die Wirksamkeit der Festlegungen wurde anhand der Beanspruchung durch Bebauungspläne für die Regionalpläne Mittelhessens bewertet. Im Ergebnis wird erkennbar, dass die Hauptfunktion Freiraumsicherung erfüllt wird. Allerdings kann diese Feststellung lediglich für die Darstellung der Bereiche für besondere Klimafunktionen gelten. Eine Abschätzung der Wirksamkeit der Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen an dieser Stelle erscheint verfrüht (vgl. Kapitel 6.2.2). Als zielführend wird vielmehr die Durchführung einer Bewertung in ausreichend zeitlichem Abstand nach in Kraft treten des RPM 2008 erachtet. Dabei sollte ein Schwerpunkt insbesondere auf die Berücksichtigung der Klimadarstellungen im planerischen Bestand gelegt werden. Daraus könnten Handlungsempfehlungen für die anderen hessischen Regionalplanungsstellen abgeleitet werden. Darüber hinaus gilt es zu hinterfragen, in wie weit eine stärkere Einbeziehung klimatischer Aspekte in planerische Abwägungsprozesse, wie es durch die abgeschwächte Bindungswirkung der Klimaflächendarstellungen in den neuen Regionalplänen zu erwarten wäre, stattfindet. Die in Kapitel 6 beschriebenen Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Auswahl der Bebauungspläne legen die Empfehlung nahe, zukünftig das Eingangsdatum der Planwerke zur TÖB-Beteiligung in das Raumordnungskataster aufzunehmen. Dadurch kann eine exaktere Zuordnung zu den jeweiligen Regionalplänen erfolgen. 116 Literatur- und Quellenverzeichnis Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) (2007): Europäische Strategien der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Die Sicht der Raumplanung. Reihe: ARL-Positionspapiere Nr. 73, Hannover http://www.arl-net.org/pdf/pospapier/PosPaper_73.pdf (02.05.2009). Baugesetzbuch 200639 (BauGB) vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414)in der Fassung vom 21.06.2005 (BGBl. I S. 1818). Baunutzungsverordnung (BauNVO) vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 132) in der Fassung vom 22. April 1993 (BGBl. I S. 466). Becker, Paul/Deutschländer, Thomas/Koßmann, Meinolf/Namylso, Joachim/Knierim, Andrea (2008): Klimaszenarien und Klimafolgen. In: Informationen zur Raumentwicklung (Heft 6-7/2009), S. 341-351. Birkmann, Jörn/Fleischhauer, Mark (2009): Anpassungsstrategien der Raumentwicklung an den Klimawandel: „Climate Proofing“ – Konturen eines neuen Instruments. 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Gießen, Oktober 2009 ……………………………………….. Frank Selle 122