Wirtschaftspolitik 5. Übungsblatt Wintersemester 2008/2009 Dipl.-Vw. Steffen Rätzel 5.1 Zur Abfallentsorgung soll in einer Großstadt eine Müllverbrennungsanlage errichtet werden. Die Müllverbrennung ist zu steigenden Skalenerträgen möglich. Die Nachfrage nach Abfallentsorgung seitens der Haushalte fällt mit steigendem Preis. Der Stadtrat beschließt, die Müllverbrennung Privatunternehmen zu überlassen. (a) Weshalb kommt es ohne staatlichen Eingriff zu einer monopolistischen Marktform? Ist es aus allokativer Sicht erwünscht, wenn nur ein Unternehmen auf dem Markt verbleibt? Warum ist eine effiziente Grenzkosten-Preisbildung für einen privaten Anbieter nicht möglich? Beantworten Sie diese Fragen ausführlich mit Hilfe einer geeigneten Grafik. (b) Der Stadtrat, um das Wohl seiner Bürger besorgt, zwingt den Betreiber der Müllverbrennungsanlage, einen Entsorgungspreis in Höhe der durchschnittlichen Kosten zu setzen. Stellen Sie das neue Gleichgewicht grafisch dar. Kennzeichnen Sie den Wohlfahrtsgewinn beim Übergang vom unregulierten Gleichgewicht zum regulierten Gleichgewicht. (c) Ein Wirtschaftswissenschaftler macht dem Stadtrat klar, dass Preise, die den Durchschnittskosten entsprechen, nicht effizient sind, sondern der Preis den Grenzkosten entsprechen soll. Wie hoch wäre der Wohlfahrtsgewinn beim Übergang zu einer solchen Preissetzung? Wie hoch wäre der Verlust, den die Gemeinde zu tragen hätte. (d) Der Stadtrat ist den Argumenten aufgeschlossen, doch will er unter allen Umständen privatisieren, da er der Meinung ist, öffentliche Unternehmen werden ineffizient betrieben. Wie kann er trotz Privatisierung eine effiziente Müllentsorgung sicherstellen? 5.2 Den Automobilunternehmen wird oft vorgeworfen, strategische Preisdiskriminierung zwischen den Ländern der EU zu betreiben. So wurde VW vom Europäischen Gerichtshof zu einem Bußgeld von rund 100 Mio. Euro verurteilt. VW hatte in den einzelnen Ländern unterschiedliche Preise verlangt und versucht, die Arbitrage durch grenzüberschreitende Käufe zu unterbinden. (a) Nehmen Sie an, eine Autofirma sei Monopolist in mehreren Ländern (i = 1,...,n) und kann Arbitragegeschäfte zwischen diesen Ländern verhindern. In jedem Land sieht sich das Unternehmen der Nachfrage p = a − bx gegenüber (mit a, b > 0 ), wobei der Konsumentenpreis (also inklusive Steuern) mit p und die nachgefragte Menge mit x bezeichnet ist. Das Unternehmen hat konstante Grenzkosten c. Die Länder verlangen jedoch unterschiedliche Steuern ti . Berechnen Sie den gewinnmaximalen Preis für die Autofirma (in Abhängigkeit der Steuer). Geben Sie auch den Nettopreis (ohne Steuer) an, den das Unternehmen erhält. (b) In der nachfolgenden Tabelle sehen Sie die Preise in Euro vor und nach Steuern für einen VW Passat im Jahr 2000 in mehreren europäischen Ländern. Land Belgien Deutschland Spanien Frankreich Finnland Irland Italien Niederlande Österreich Portugal Dänemark Griechenland Schweden Großbritannien Preis in € mit Steuer 19.100 18.871 18.217 17.728 25.513 21.006 18.721 22.483 19.579 23.642 34.916 18.496 20.539 19.749 Preis in € ohne Steuer 15.786 16.268 14.810 14.823 13.326 13.454 15.101 14.802 14.832 15.522 12.225 13.378 16.349 16.807 Quelle: European Commission, Car price differentials within the European Union Nehmen Sie an, dass Konsumenten problemlos in anderen EU Ländern einkaufen können. Sie bekommen dann an der Grenze die Steuer des Landes, in dem sie das Auto gekauft haben, erstattet, und müssen die Steuer ihres Heimatlandes bezahlen. Was würde diese Arbitragemöglichkeit für die Autofirmen bedeuten? (c) Kann bei den obigen Preisen die Arbitrage perfekt sein? Sind die obigen Preise mit der Preisdiskriminierung bei Marktmacht [siehe (a)] kompatibel? Mit welchen Strategien könnten sie die Arbitrage unterbinden?