Grundwasserschutz in Permafrostböden

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Grundwasserschutz in Permafrostböden: Beeinflussung durch
anthropogene Aktivitäten
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Christin Müller
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Die Grundwässer in Permafrostgebieten unterliegen einer Gefährdung durch anthropogene Einflüsse
in Abhängigkeit von der Lage zu den gefrorenen wasserdichten Permafrostkörpern. Die
Verunreinigung der Suprapermafrostwässer und Auftauböden durch künstliche Aufeisbildung, oder
die Zerstörung des Permafrostkörpers beim Deponieren von Solen in Staubecken, stören das sensible
System erheblich.
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Im Folgenden werden die anthropogenen Einflüsse auf Permafrostböden am Beispiel des Permafrosts
in Ostsibirien näher betrachtet, wo anthropogene Einflüsse auf den Untergrund in charakteristischen
Formen wiederzufinden sind.
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The groundwater in permafrost areas are threatened by anthropogenic influences depending on the location to the frozen waterproof permafrost body. For example, the contamination of the suprapermafrostwater and thawing-ground, the synthetic icing-accumulation or the destruction of the permafrost
body by the deposition of brine in reservoirs, derange the system extensively.
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In the following we look at the anthropogenic influences on the permafrostsoil in the region of
Eastern-Siberia. Here we can find shapes in the underground which are characteristic for permafrost
areas.
1 Einleitung
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1.1 Was ist Permafrost?
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Permafrost, auch Dauerfrostboden oder Pergelisol genannt, beschreibt nach S. W. Muller (1947), den
Zustand von mehrjährig gefrorenem Boden, Sediment oder Grundgestein, wobei ganzjährig
Temperaturen gleich oder unter 0°C für mindestens zwei Jahre auftreten. Permafrost ist über Zeit und
Temperatur definiert und unabhängig von Materialeigenschaften wie zum Beispiel Wassergehalt.
Dementsprechend wird kein Eisgehalt vorausgesetzt. Dauerfrostböden befinden sich in einem
ständigen Wandel und die Mächtigkeit der Schichten unterliegt saisonalen Schwankungen. Der
gefrorene Teil der Erdkruste ist als Kryolithosphäre bekannt (Pinneker & Alekseew, 2000).
1.2 Vorkommen und Verbreitung
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Permafrost ist in Böden, Felswänden, Schutthalden und Gletschern vorzufinden. Dabei wird seine
Verbreitung stark von der mittleren jährlichen Lufttemperatur, der Sonneneinstrahlung, der
Oberflächeneigenschaften und dem Wasserhaushalt beeinflusst (Quelle: Internet 1). Deshalb ist das
Vorkommen von Permafrost an Nordhängen wesentlich höher und tritt auch in niedrigeren
Höhenlagen eher auf als es an Südhängen der Fall ist.
Schätzungsweise 20 Prozent der Gesamtoberfläche der Erde sind durch den Einfluss von Permafrost
geprägt. Zu diesen Gebieten zählen Nordrußland, Nordkanada, Teile Grönlands und der Antarktis, die
Arktischen Inseln sowie die Hochgebirgszonen aller Kontinente. In Abb. 1 ist das Vorkommen der
verschiedenen Permafrostarten auf der nördlichen Hemisphäre dargestellt. Dazu zählt
(Quelle: Internet 2):
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kontinuierlicher Permafrost (engl. continuous permafrost): mehr als 90 % der Fläche des
betreffenden Gebietes sind von Permafrost betroffen.
•
diskontinuierlicher Permafrost (engl. discontinuous permafrost): > 50 bis 90% der Fläche des
betreffenden Gebietes sind von Permafrost unterlagert.
•
sporadischer Permafrost (engl. sporadic permafrost): > 10 bis 50 % der Fläche des
betreffenden Gebietes sind von Permafrost unterlagert.
•
Flecken- oder inselhafter Permafrost (engl. island permafrost): Einzelvorkommen von
Permafrost außerhalb der oben charakterisierten Verbreitungsklassen.
Verbreitung von Permafrost (Quelle: www.unep.org: permaprost_map)
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Abb. 1:
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1.3 Alter/ Geologie
Es gibt verschiedene Auffassungen über das Alter des Permafrosts im nördlichen Eurasien: die
meisten Wissenschaftler vertreten die Meinung, dass der Dauerfrostboden ein Resultat der jüngeren
klimatischen Entwicklung ist. In seinem jetzigen Zustand wird der Permafrost dem Spätpleistozän
zugerechnet, also vor etwa 10.000 – 15.000 Jahren. Zu dieser Zeit begann das heute bestehende
natürliche System „Gestein-Wasser-Temperatur“ zu funktionieren, wie man es kennt (Pinneker &
Alekseew, 2000).
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1.4 Arten von Grundwässer in Permafrostgebieten
Zur Unterteilung der flüssigen Grundwässer wird nach dem System von Tolstichin (1941) die Lage zu
den gefrorenen wasserdichten Schichtfolgen betrachtet. Dabei unterscheidet man in:
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 Suprapermafrostwässer: beinhalten flüssiges Grundwasser, welches sich über dem Permafrost
befindet. Dazu gehören jahreszeitlich auftauende bzw. gefrierende Schichten auf der
Geländeoberfläche.
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 Intrapermafrostwässer: dazu zählt flüssiges Grundwasser, welches im Permafrost
eingeschaltet ist (auch sogenannter Auftauboden: russisch: „Talik“). Auftauböden werden
unterschieden in durchgehend auftauende - und nicht durchgehend auftauende Böden. Die
durchgehend auftauenden Böden verbinden im Sommer das Wasser der Intrapermafrostzone
mit der Subpermafrostzone. Die Infiltrationswässer bilden flächen- bzw. linsenhafte
Grundwasserleiter.
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 Subpermafrostwässer: flüssiges Grundwasser unter dem Permafrost liegend. Sie kommen
hauptsächlich in den sedimentären Schichtfolgen gespannter Grundwasserleiter vor.
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Eine weitere Unterteilung nach Tolstichin & Tolstichin (1976) beschreibt die auftretenden
Schichtgürtel am Südhang eines Berges in Permafrostgebieten. Die dabei auftretenden vier
permafrost - hydrogeologischen Schichten werden nachfolgend genannt und sind in Abb. 2 graphisch
dargestellt.
 Zone der hydrogeothermischen Akkumulation
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 Zone der Infiltration
 Übergangszone von der Infiltration zum Austritt der Grundwässer
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 Austrittszone wo sich Aufeis (austretendes flüssiges Wasser, welches im Winter gefriert)
bildet
Abb. 2:
Profil eines Permafrost-hydrogeologischen Südhangs (nach Borissow, 1978)
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1.5 Anthropogene Beeinflussung
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Die anthropogene Beeinflussung von Grundwässern in Permafrostgebieten ist abhängig von der
Zusammensetzung, Struktur und Beschaffenheit der geologischen Verhältnisse, von lokalen
physikalisch-geographischen Besonderheiten sowie von Herkunft, Ausmaß und Charakter der
anthropogenen Einflüsse. Darüber hinaus sind die permafrost-hydrogeologischen Umstände zu
beachten (Pinneker & Alekseew, 2000). Im Allgemeinen lässt sich sagen, das anthropogene
Einwirkungen auf die geologische Umwelt sowie auf die Grundwässer als mobile Phase durch
Stoffeinträge (vor allem flüssiger Stoffe) und Stoffausträge (in fester, flüssiger und gasförmiger Form)
sowie der Kombination aus Stoffzufuhr und Stoffentnahme charakterisiert sind (Trofimow et al.,
1988).
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2 Auswirkungen der menschlichen Tätigkeit auf die Grundwässer
in Permafrostgebieten
2.1 Allgemeines
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Anthropogene Einwirkungen auf die Grundwässer in Permafrostgebieten sind durch die Grenzschichtwirkung des Auftaubodens weitgehend geschützt. Jedoch ist diese Verallgemeinerung nicht immer
möglich. Suprapermafrostwässer als auch Wässer der Auftauböden (Taliken) sind durch menschliche
Maßnahmen beeinflusst. Einzig die Wässer der Subpermafrostzone sind weitgehend vor
anthropogenen Maßnahmen sicher.
Folgende menschliche Tätigkeiten können den natürlichen Zustand von Permafrostwässern
beeinflussen (Pinneker & Alekseew, 2000):
 Schädigung von Naturland
 Verschmutzung von Suprapermafrostwässern und Wässer der Auftauböden
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 Künstliche Aufeisbildung, insbesondere an Austrittsstellen der Intrapermafrost-Talikwässer
 Zerstörung des Permafrostkörpers beim Deponieren von Solen
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 Steigende Temperaturen durch den übermäßigen Ausstoß von Treibhausgasen
2.2 Schädigung von Naturland und Frostwechselschicht
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Anthropogene Einflüsse intensivieren natürliche Änderungen des Untergrundes durch Frostquellung,
Thermokarst-Bildung, Bodenerosion und Rutschungen.
Diese Einflüsse sind nach Leschtchikow (1978) folgende:
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Wärmeeinträge und -austräge durch
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Schneebeseitigung
Aufschüttung von Bergbauhalden
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Waldrodung
Dammbau
Meliorationsmaßnahmen
 Änderung des Stoff- und Aggregatzustandes des Bodens durch
Bodenbearbeitung
Gewinnung von Bodenschätzen
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Bau von Rohrleitungen
Verkehrsstraßen
 Schaffen künstlicher Wärmequellen durch
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beheizte Häuser
Wasserspeicher
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Warmwasserversorgungsleitungen
Die Veränderung der thermischen Verhältnisse des Untergrundes führt zur Bildungen von
Reliefformen wie Quellhügeln (Pingos), Einsturztrichtern, Rutschungen und Sümpfen. Nach der
sogenannten Sprengung eines Quellhügels, die sowohl künstlich als auch natürlich hervorgerufen
werden kann, bleiben Hügellandschaften sogenannte Thermokarsttrichter, zurück (Pinneker, 1992).
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Anthropogene Einwirkungen führen letztlich zur Zerstörung des kryogenen Landschaftsbildes, welche
durch Versumpfung in Senken und auf Wasserscheideplateaus geprägt ist (Pinneker & Alekseew,
2000).
Pfahlgründung im Permafrostgebiet; 1: Luftkissen, 2: Frost-Wechsel-Schicht, 3: obere Grenze
des Permafrostes, 4: Pfähle (nach Pinneker & Alekseew, 2000)
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Abb. 3:
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Ein zuverlässiger Schutz des Untergrundes vor Wärmeeintrag beim Häuserbau ist die Verwendung
von Pfahlgründungen mit einem Zwischenraum als Luftkissen (siehe Abb. 3). Denn die
Standsicherheit des Fundaments ist Grundlage für einen soliden Bau.
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2.3 Verunreinigung der Suprapermafrostwässer und Auftauböden
Wechselnde Gefrier- und Auftauprozesse führen zum erhöhten Auslaugungsvermögen der
Grundwässer. Wenn hochmineralisierte Wässer in solch einen Untergrund eindringen, nimmt deren
Mineralisation durch Anreicherung der natürlichen und anthropogenen Salze zu.
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Verunreinigungen der Suprapermafrostwässer und Auftauböden werden letztlich verursacht durch die
Einleitung von Haushalts- und Betriebswässern in den oberen Grundwasserleiter. Außerdem entsteht
dadurch eine erhöhte Gefährdung für bestehende Pfahlgründungen im Untergrund.
Weitere künstliche Ursachen sind Landmelioration, künstliches Auftauen von Seifen-Goldfeldern sowie undichte Wasserversorgungs- oder Abwasserkanalisationssysteme (Pinneker & Alekseew, 2000).
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2.4 Künstliche Aufeisbildung
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Aufeis ist ein dynamischer Wasserkörper, der durch austretendes Wasser in Tälern entsteht, die an der
Oberfläche gefrieren und eine Eisschicht bilden. Es kann sowohl natürlich als auch durch den
Menschen, also künstlich, gebildet werden. Das im Aufeis gebundene Wasser steht dem Oberflächenabfluss nicht zur Verfügung (Tolstichin, 1974).
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Künstliches Aufeis entsteht vor allem beim Verkehrsstraßenbau, Kellerbau oder wenn natürliche
Grundwasserströme unterbrochen werden. Bauarbeiten werden dadurch wesentlich verzögert und
teurer.
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Um die Gefahr der Aufeisbildung zu minimieren, kommen passive und aktive Maßnahmen zum
Einsatz. Zu den passiven Maßnahmen zählt die Umgehung der Aufeisbildungsstelle oder Sprengung
des Eises. Sinnvollere aktive Maßnahmen sind Bodenentwässerung, Fassung des Grundwassers
mittels Drainage, das Erwärmen der Strombetten, Gräben, Ableitung oder Fassung der eisbildenden
Wässer mit Hilfe hochgelegener Gräben und Eiswälle. Auch eine Kombination der Maßnahmen ist
üblich (Tschekotillo et al., 1960).
2.5 Zerstörung des Permafrostkörpers bei der Sole-Deponierung
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Unter einer Sole versteht man im Allgemeinen eine Salz-Wasser-Lösung. Sobald hochkonzentrierte
Salzlösungen im Untergrund vorkommen, wird der flüssige Zustand der Lösung unter Temperaturen
von 0°C erhalten. Grund ist die geringere spezifische Wärmekapazität von Salzwasser. Das
Salzwasser kann also bei gleicher Temperatur wie der reine, feste Permafrostkörper vorkommen, ist
jedoch flüssig und daher chemisch aktiv (Pinneker et al., 1989).
Solche Salzwässer können über oder unter Permafrostschichten auftreten und jeweils unterschiedliche
Auswirkungen haben. Liegt die salzhaltige flüssige Schicht unter der Permafrostschicht, kann es zur
Ausbildung einer entsalzenen Wasserschicht zwischen Permafrost- und Salzwasserschicht kommen.
Dadurch bleibt die Permafrostschicht erhalten (Pinneker & Alekseew, 2000).
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Anders verhält es sich bei Salzwässern, welche über dem Permafrost liegen. Hier kommt es zu einer
Dichtekonvektion welche zur Aufschmelzung des Eiskörpers der Permafrostschicht führt (Pinneker &
Alekseew, 2000). Dies ist in Abbildung 4 ersichtlich.
Abb. 4:
Zusammenwirkung der über den Frostgesteinen liegenden Solen mit dem Eis, 1: Eis oder
eishaltige Frostgesteine; 2: Solen mit Minustemperaturen; 3: Carbonat- oder terrigene
Gesteine; 4: Grenze des Eiskörpers in der Ti - Periode; 5: Richtung der Wasserbewegung (nach
Pinneker & Alekseew, 2000)
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Die Deponierung von Solen, welche vorwiegend bei der Erkundung und Gewinnung von
Erzlagerstätten nötig ist, sollte daher möglichst in eisfreien Permafrostspeichern erfolgen, damit
umliegende gefrorene Wässer nicht beeinflusst werden. Eine ständige und sorgfältige
hydrogeologische Untersuchung ist nötig.
2.6 Klimawandel als anthropogener Eingriff in Permafrostgebiete
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Die Beständigkeit des Permafrosts ist wesentlich vom Klima abhängig. Veränderungen des Klimas
haben einen starken Einfluss auf die Mächtigkeit und Verbreitung von Permafrost.
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Für die letzten Jahrzehnte ist ein Temperaturanstieg um mehrere Zehntel °C bis auf 2 °C in
Permafrostgebieten zu verzeichnen (UBA-Hintergrundpapier, 2006). Dadurch entstehen immer
größere Auftauflächen, welche im Winter nicht mehr vollständig gefrieren. Es kommt schließlich zur
Degradation des Permafrosts und damit zur Verschiebung der Vegetationszonen in Richtung Norden.
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Die Folgen sind weitreichend für Ökosysteme, Landschaften und Bevölkerung. So führt eine erhöhte
Permafrosttemperatur zu veränderten Wasserverhältnissen im Boden, was Auswirkungen auf
Vegetation und Oberflächenbeschaffenheit hat. Es kommt gehäuft zum Auftreten von
Hanginstabilitäten und Bergstürzen sowie Landsenkungen.
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Permafrost, welcher durch seinen erhöhten Humusgehalt als Kohlenstoffsenke fungiert (speichert
25 % des weltweiten Bodenkohlenstoffes (IPCC, 2001)), gibt diesen während der Auftauphase in die
Atmosphäre zurück. Grund sind Mikroorganismen welche in der Auftauphase aktiv sind. Durch den
Klimawandel verlängert sich die Auftauphase und damit auch die Aktivität der Mikroorganismen,
wodurch Kohlenstoffdioxid und Methan vermehrt in die Atmosphäre gegeben werden.
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Eine weitere Folge des Klimawandels auf Permafrostgebiete sind erhöhte Erosionsraten veruracht
durch stärker werdende Bodenwassermobilitäten. Größere Mengen an Sedimenten werden abgetragen,
und in Flüssen, Seen oder Küstengewässer abgelagert wodurch die Menge an Kohlenstoff in diesen
Wässern ansteigt (Semiletov, 1999). Vermehrte Niederschlagsmengen, Schneeschmelze und
Degradation von Permafrost führen zu erhöhten Frischwassereinträgen vor allem in den Arktischen
Ozean. Dies führt zur Verminderung des Salzgehalts, Beeinflussung der Ozeanzirkulation und letztlich
auch zum Anstieg des Meeresspiegels.
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Auch die Einflüsse auf Ökonomie sind weitreichend: Landsenkungen und abnehmende
Bodenstabilitäten verursachen Schäden an Häusern, Wasserleitungen und Straßen. Ehemalige Eiswege
für Nutzfahrzeuge werden unpassierbar. Der finanzielle Aufwand zur Schadensbekämpfung
beziehungsweise -verminderung steigt enorm.
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3 Strategie und Besonderheiten des Grundwasserschutzes in
Permafrostgebieten
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Um Grundwasserschutz in Permafrostgebieten erfolgreich durchzuführen, sind folgende Maßnahmen
sinnvoll:
 Berücksichtigung der Herkunft der Schadensquelle auf die Grundwässer
 strengere Vorbeugemaßnahmen
 wissenschaftliche Untersuchungen, um Vorhersagen über die Auswirkungen menschlicher
Tätigkeiten treffen zu können
Diese Maßnahmen gelten nicht nur für den Grundwasserschutz in Permafrostgebieten, sondern sind
allgemein geltend wenn es um den Schutz von Grundwasser geht.
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Dennoch gibt es Besonderheiten. Sobald es zu einer natürlichen oder künstlichen Störung des
Gleichgewichts zwischen Gestein-Wasser-Temperatur kommt, nimmt die Mächtigkeit der Permafrostschicht zu beziehungsweise ab und verändert damit die Schutzfunktion der Kryolithosphäre in Bezug
auf das Grundwasser. Deshalb gelten Grundwässer in Permafrostgebieten als besonders anfällig auf
anthropogene Umweltveränderungen und bedürfen daher eines besonderen Schutzes.
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Ziel für einen sinnvollen Grundwasserschutz sollte es sein die natürlichen thermischen Gleichgewichte
des Wassers beizubehalten. Dafür ist das Wissen über ablaufende Prozesse in den Permafrostschichten
Grundlage. So zeigen neuste Untersuchungen, das die Permafrostschichten nicht als starre
unveränderliche Schichten anzunehmen sind, sondern das Grundwässer im Untergrund sogar bei
negativen Temperaturen bedeutenden physikalisch-chemischen und mineralischen Umwandlungen
ausgesetzt sind. Gesteinsumwandlungsprozesse im Permafrostkörper werden ermöglicht durch
sogenannte Menisken (Wasserhäutchen), welche den Mineralkörper umschließen (Tjutjunow, 1961).
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Besonderen Einfluss auf die Änderung der Zusammensetzung des Grundwassers hat das Gefrieren von
Wasser, der sogenannten Kryogenese. Nach Kononowa (1973) hat die Eisbildung folgenden Einfluss
auf die Zusammensetzung der Solen:
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 Beim Gefrieren nimmt die Mineralisation in der Eisphase ab. Der Mineralisationsgehalt in der
flüssigen Phase nimmt demnach zu.
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 Ausscheiden von Verbindungen aus der Lösung, die bei den entsprechenden Temperaturen die
Sättigungsgrenze erreichen. In der Restlösung steigt der Gehalt an beweglichen, gut löslichen
Komponenten (z.B.: NaCl, CaCl2, MgSO4)
 Ausgefallene Salze gehen nur teilweise beim Auftauen in die Lösung zurück, weshalb der
Gehalt an Mineralen niedriger gegenüber der Ausgangslösung ist.
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 Periodisches Gefrieren und Auftauen erzeugt Hydrogencarbonat-Sulfat- oder ChloridMagnesium-Wässer mit erhöhter Mineralisation.
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Die größte Gefahr für den Menschen stellt die Verunreinigung von oberirdischen Wässern in
Permafrostgebieten dar, welche besonders starken Verunreinigungen ausgesetzt sind.
Selbstreinigungsprozesse sind durch die geringe Temperatur und Strömungsgeschwindigkeit sehr
gering. Sauerstoffmangel führt zu kleinen Fischpopulationen, welche die Reinigungsfähigkeit des
Wassers stärken würden.
Besonderer Schutz gilt daher der jahreszeitlich auftauenden Schicht, in der es in den Sommermonaten
zur Anhäufung von Verunreinigungen kommt. Beim Kontakt zwischen Auftauwässer und
Grundwässer kommt es zu einem intensiven Austausch.
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Im Winter wirken die Böden der Auftauschicht nicht als Abfluss- sondern als Versickerungskanäle
aufgrund natürlich thermischer Verhältnisse des Wassers und der Erschöpfung des
Grundwasservorkommens. Im Gegensatz dazu wirken die Grundwasseraustrittsstellen im Sommer als
Schadstoffquellen.
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Die Nutzung von Intra- und Subpermafrostwässern erfordert Bohrungen, welche häufig
Warmwasserspülungen verwenden. Folge ist die thermodynamische Veränderung der ehemals
getrennten Wasserhorizonte. Um der Erschöpfung des Grundwasservorrats entgegen zu wirken, ist die
Beibehaltung der in geologischen Zeiten entstandenen Gesteins-Wasser-Temperaturbilanz Grundlage
(Pinneker & Alekseew, 2000).
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Auftretende Gefrier- und Auftauprozesse haben folgende Auswirkungen auf den Charakter des
Permafrostbodens:
 veränderte Wasserdurchlässigkeiten und Fließwege
 Lage der Quellen
 Ergiebigkeit und Frostzustand des Grundwasserleiters
Werden Maßnahmen gegen die Verminderung des Grundwasservorrats eingesetzt, so werden natürlich
thermische Verhältnisse im Untergrund in der Regel gestört. Gegenmaßnahmen sind demzufolge nur
sinnvoll wenn die Gesetzmäßigkeiten der Grundwasserneubildung und -verbreitung bekannt sind.
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4 Zusammenfassung
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Das Leben in Permafrostgebieten gestaltet sich wesentlich schwieriger als in gemäßigten Breiten unserer Erde. Der Bau von Straßen, Gebäuden und Wasserleitungen stellt eine Herausforderungen an die
Ingenieure. Das dabei ein Eingriff in die Natur geschieht, ist nachvollziehbar.
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Nur entsprechendes Wissen über Grundwasserneubildung und -verbreitung, die Wechselwirkung mit
oberirdischen Wässern und gefrorenen Gesteinen sowie die Besonderheiten der hydrogeodynamischen
und hydrogeochemischen Veränderungen des Permafrostkörpers machen entsprechende
Gegenmaßnahmen sinnvoll (Pinneker & Alekseew, 2000). So werden in Permafrostgebieten Schutzzonen ausgewiesen, die nicht nur hygienische Aspekte berücksichtigen sollen, sondern auch spezielle hydraulisch begründete Zonen.
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5 Literatur
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Stu
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GRATHWOHL
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nic
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va
lidi
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2 http://www.uni-graz.at/geowww/geo/neu/downloads/Permafrost%20Skr4.pdf
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