Haben Adler die besten Augen? Trauern Tiere?

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Sch on gew uss t?
Haben Adler die
besten Augen?
Keine Frage, Adler können scharf sehen. Doch ein paar
Tiere übertreffen ihre Sehleistung noch deutlich: etwa
Fangschreckenkrebse, die mit bis zu 10 000 Augen die
tropischen Meere erkunden. Durch diese Vielzahl an
winzigen Augen können sie nicht nur gut dreidimensional sehen, sondern auch sehr viele Farben wahrnehmen. Während wir Menschen bis zu 10 000 davon
unterscheiden können, sind es bei diesen Krebsen über
100 000! Denn uns stehen im Auge nur drei verschiedene Arten von Zellen für das Farbsehen zur Verfügung;
die Scherentiere besitzen davon ganze zwölf. Damit
nehmen sie sogar Infrarotlicht und das ultraviolette
Licht der Sonne wahr. Und noch etwas macht die Su-
Trauern Tiere?
Im November 2008 starb in einem Safari-Park
in Schottland die alte Schimpansin Pansy.
Bereits Wochen zuvor wurde sie von ihren
Angehörigen liebevoll umsorgt. Als der Tod
eingetreten war, schien es, als wollten die
Schimpansen die Verstorbene aufwecken.
Danach verfiel die Gruppe in einen Zustand,
der für Menschen wie Trauer aussah: Tagelang
schliefen sie schlecht und mieden den Platz, an
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Tierisch intelligent
peraugen einmalig: Die Krebse nehmen wohl
als einziges Tier auf der Welt eine spezielle
Form von Licht wahr, das so genannte zirkular
polarisierte Licht. Wissenschaftler vermuten,
dass die Schalentiere sich damit gegenseitig
Botschaften senden, die ihre natürlichen
Feinde nicht sehen können. Dazu spiegeln sie
das Licht mit speziellen Antennen.
dreamstime / John Anderson
Pfiffige Fragen und
­scharfsinnige Antworten
Sieht nicht nur gut aus,
­sondern sieht auch gut: ein
Fangschreckenkrebs.
dem Pansy gestorben war. Auch andere Tiere
verhalten sich nach dem Tod eines Artge­
nossen so, als würden sie trauern. ­Elefanten
etwa betasten verstorbene Herdenmit­
glieder mit dem Rüssel und kehren noch
wochen­lang zu den Kadavern zurück. Buschhäher stoßen Warnrufe aus, wenn sie einen
toten Häher entdecken, und versammeln
sich daraufhin in großer Zahl um die Leiche.
Was die Tiere dabei fühlen? Das wissen wir
leider nicht. Aber manche Tierarten scheinen
es zu verstehen, wenn andere sterben – und
sie reagieren darauf. Besonders beim Tod von
Verwandten oder Artgenossen, die ihnen
nahestehen, zeigen Tiere starke Emotionen.
Delfine gelten als sehr intelligent. Dass sie wie Affen
und einige Vögel Werkzeuge gebrauchen, hielten
­Forscher aber lange für ausgeschlossen, mangelt es
den Meeressäugern doch offensichtlich an Finger­
fertigkeit. Bis Wissenschaftler in der australischen Shark
Bay eine außergewöhnliche Beobachtung machten:
Einige der dort lebenden Großen Tümmler heften sich
Schwämme – das sind sehr ursprüngliche, am Meeresgrund sesshaft lebende Tiere – auf ihre Schnauze.
Wie mit einem Rechen wühlen die Delfine damit den
­Meeresgrund auf, um Krebse und andere Leckerbissen
zu erbeuten. Der Schwamm dient dabei als Schutz,
um sich die empfindliche Schnauze nicht zu verletzen.
Doch nicht alle Tümmler nutzen diesen Trick. Es handelt
sich daher wohl um eine einmalige Erfindung, die an
die Nachkommen weitergegeben wird. Junge Delfine
bleiben bis zu fünf Jahre an der Seite ihrer Mutter.
­Genug Zeit, um einiges von ihnen zu lernen!
Stürzen sich Lemminge
in den Tod?
Bestimmt habt ihr schon mal gehört, dass
Lemminge ziemlich lebensmüde sein sollen.
Angeblich stürzen sich die stummelschwänzigen Wühlmäuse alle paar Jahre zu Zigtausenden von Klippen und Ufern ins Wasser, wo sie
dann ertrinken. Dass sie sich absichtlich von
Felsen stürzen, hat aber noch nie irgendjemand
beobachtet! Tatsächlich ist es so: Die Tiere
vermehren sich alle vier bis fünf Jahre massenhaft. Weil sie zusammengedrängt unter
starkem Stress leiden und zu wenig Nahrung
finden, gehen große Gruppen auf Wanderschaft. Die Märsche rauben den kleinen Nagern
oft die letzten Kräfte; so ertrinken oder verhungern immer wieder Tausende. Der Massenselbstmord ist eine alte Legende, die durch die
Disney-Dokumentation »Weiße Wildnis« von
1958 bekannt wurde. Die darin gezeigten Szenen hatten die Tierfilmer jedoch nachgestellt.
mit frdl. Gen. von Michael Krützen
Können Delfine
Werkzeuge benutzen?
Manche Delfine nutzen
Schwämme als
­Schnauzenschoner.
Überleben
­beide Hälften
eines zerteilten
Regenwurms?
Laut einem verbreiteten Gerücht werden aus
einem Regenwurm zwei, wenn man ihn in der
Mitte zerteilt. Das ist falsch, es überlebt stets
nur ein Teil. Der Grund: Jeder Regenwurm besteht aus bis zu 180 ringförmigen Abschnitten,
so genannten Segmenten. Und die meisten
dieser Segmente können nur ein neues
Schwanz­ende herstellen. Ein abgetrenntes
Hinterteil bildet also einen weiteren Schwanz
aus. Und so ein Wurm kann nicht fressen, er
stirbt. Einzige Ausnahme: Durchtrennt man das
Tier so weit vorne, dass nicht mehr als die
­ersten vier Segmente abgeschnitten werden,
kann der Rest des Wurms einen neuen Kopf
bilden – der alte Kopf dann aber keinen neuen
Schwanz. Zwischen dem 9. und dem 15. Segment liegen die lebenswichtigen Organe des
Wurms. Diese müssen unbedingt intakt bleiben, damit der restliche Wurm nachwächst.
Werden sie zerstört, verenden beide Teile.
Warum blicken Dungkäfer zu den Sternen?
entdeckt haben.
Keine Peilung mehr: ein
Dungkäfer mit Sichtblende
im Dienst der Wissenschaft.
mit frdl. Gen. der University of the Witwatersra nd
Afrikanische Dungkäfer sind nachtaktiv.
Um sich in der Dunkelheit nicht zu verlaufen,
orientieren sie sich wie viele Insekten am
Mond. Doch auch bei Neumond wissen die
Käfer genau, wo es langgeht. Nutzen sie
etwa auch die Sterne als Navigationshilfe?
Eine Forschergruppe wollte das genau
­wissen: Sie setzte den Käfern kleine Kappen
auf, die ihnen den Blick auf den Nacht­himmel
versperrten. Plötzlich liefen die Krabbler nicht
mehr geradeaus, sondern irrten in großen
Kreisen durch die Gegend. Mit ihren schlechten Augen können sie zwar keine einzelnen
Sterne erkennen, aber die helle Milchstraße
sehen sie offenbar als verschwommenes
Band. Damit sind Dung­käfer die ersten Tiere,
bei denen Forscher ein »Milchstraßen-Navi«
Wie schlafen Delfine?
Wenn Delfine und andere Meeressäuger
wie etwa Schweinswale schlafen, ruht stets
nur eine Hälfte ihres Gehirns. So können sie
mit ihren aktiven grauen Zellen auf mögliche Feinde oder Hindernisse achten und
­merken, wann sie wieder zur Oberfläche
auftauchen müssen, um Luft zu holen. Die
schlafende Hirnhälfte kann sich derweil
erholen. Normalerweise bleibt während
dieser Ruhephasen ein Auge offen – das,
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welches der aktiven Hirnhälfte gegenüberliegt. Nach etwa zwei Stunden wechseln
sich rechte und linke Seite dann ab. Nicht
nur bei Walen, Delfinen und Robben beob­
achteten Forscher den einseitigen Tiefschlaf
schon, sondern auch bei Zug­vögeln, die
dadurch sogar im Flug schlafen können!
(Mehr über Zugvögel lest ihr auf S. 74.) Übrigens: Träume, die mit unseren ver­gleichbar
wären, haben Delfine wahrscheinlich nicht.
Durch ihr ungewöhnliches Schlaf verhalten
gelangen sie nicht in die so genannte REMPhase. Das sind jene Abschnitte des Schlafs,
in der nicht nur wir Menschen unsere lebhaftesten Träume haben, sondern auch
Katzen, Affen und Hunde.
Haben Tiere Freunde?
Drei Fragen an Oliver Schülke von der
­Universität Göttingen.
Herr Dr. Schülke, was ist Freundschaft? Und gibt es sie zwischen
Tieren?
Für Menschen ist Freundschaft ein starkes Gefühl der Zuneigung. Das kann man nicht direkt
beobachten. Aber wenn wir in einen Sportverein
kommen, erkennen wir trotzdem, wer mit wem
befreundet ist: Freunde sitzen nebeneinander,
verbringen viel Zeit zusammen und streiten
weniger als andere. Außerdem teilen sie mit­
einander, so dass sich Geben und Nehmen auf
lange Sicht ausgleichen. Das ist auch bei Tieren
so. Zum Beispiel bei Raben, Delfinen, Pferden
oder Makaken – also Tieren, die in größeren und
stabilen Gruppen leben.
Woran erkennen Sie, dass Assam-­
Makaken befreundet sind?
mit frdl. Gen. von Oliver Schülke
Damit wir überhaupt von einer Freundschaft
reden können, müssen Tiere die Mitglieder
ihrer Gruppe unterschiedlich behandeln. Wenn
einer zu allen gleich nett ist, kann ich keine
So sieht wahre
Freundschaft aus –
zumindest bei
Makaken.
Oliver Schülke erforscht
Zusammenarbeit und
Freundschaft unter Affen.
Seit 2005 be­obachtet
er frei lebende AssamMakaken in ­Thailand.
Freundschaft erkennen. Ich nenne zwei Assam-­
Makaken Freunde, wenn sie häufiger und länger
als mit anderen beieinandersitzen, sich
­gegenseitig öfter das Fell pflegen und sich
dabei fair abwechseln.
Warum haben Tiere überhaupt
Freunde?
Freunde helfen sich. Für uns Menschen ist das
selbstverständlich. Aber dass Tiere, obwohl sie
nicht näher verwandt sind, sich helfen, passiert
in der Natur nicht oft und muss erklärt werden.
Der Sinn der Freundschaft ergibt sich daraus,
dass Freunde Unterstützung bekommen, wenn
sie diese brauchen. Assam-Makaken kämpfen
zum Beispiel darum, wer der Chef in der Gruppe
ist. Wir haben schon einmal beobachtet, dass
der alte Chef dabei getötet wurde. Männchen,
die gute Freunde haben, sind in der Affengesellschaft erfolgreicher. Das heißt, sie steigen
schneller im Rang auf als Männchen, die keine
Unterstützung haben. Und ähnlich wie wir
Menschen werden Tiere eher krank, wenn sie
keine Freunde haben.
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