AUSSEN WIRTSCHAFT UPDATE ISLAND AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER KOPENHAGEN MAI 2017 2 Eine Information des AußenwirtschaftsCenters Kopenhagen W wko.at/aussenwirtschaft/dk Wirtschaftsdelegierte Mag. Cosima Steiner T +45 33 11 14 12 E [email protected] W wko.at/aussenwirtschaft/is HEAD OFFICE Dr. Michael Berger T 05 90 900/4450 E [email protected] fb.com/aussenwirtschaft twitter.com/wko_aw linkedIn.com/company/aussenwirtschaft-austria youtube.com/aussenwirtschaft flickr.com/aussenwirtschaftaustria www.austria-ist-ueberall.at Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfältigung, der Übersetzung, des Nachdrucks und die Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere elektronische Verfahren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, der Wirtschaftskammer Österreich - AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. 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EUR1 Bruttoinlandsprodukt/Kopf in EUR2 Bevölkerung in Mio.3 Reales Wirtschaftswachstum in %4 Inflationsrate in %5 Arbeitslosenrate in %6 Wechselkurs der Landeswährung (ISK) zu Euro7 Warenexporte des Landes in Mio. US-Dollar Warenimporte des Landes in Mio. US-Dollar Wirtschaftsleistung des Landes, Weltwertung8: 2014 2015 2016 12,954 32.972 0,32 1,9 2,0 5,0 155,17 4.861 4.961 15,130 34.829 0,33 4,1 1,6 4,0 146,30 4.655 4.926 18,830 35.646 0.33 7,2 1,9 3,0 133,59 4.470 5.312 Prognose für 2017 k.A. k.A. 0,33 4,6 2,2 2,5 125 4987 5.804 Rang 111 Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich Österreichische Warenexporte in Mio. Euro Österreichische Warenimporte in Mio. Euro Österreichische Dienstleistungsexporte in Mio. Euro9 Österreichische Dienstleistungsimporte in Mio. Euro10 Gesamtjahr 2015 17,593 14,508 16,0 19,0 Österreichische Direktinvestitionen11, Stand 2016: Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen12, Stand 2014: Direktinvestitionen aus ISL in Ö13, Stand 2016: Beschäftige in Österreich bei Direktinvestitionen aus ISL14, Stand 2014: Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich: k.A. k.A. k.A. k.A. Rang 104 Quelle: EIU Quelle: Isländische Zentralbank www.cb.is 8 Quelle Weltbank 9-14 Quelle Österreichische Nationalbank 1-6 7 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Gesamtjahr 2016 23,523 18,098 20,0 29,0 Veränderung zu 2015 in % 33,7 24,7 25,0 45,0 4 1. Wirtschaftslage Gesamtsituation Im Gesamtjahr 2016 betrug das BIP-Wachstum in Island +7,2%, das war deutliche mehr als die Isländische Zentralbank oder auch die European Intelligence Unit erwartet hatten, deren Schätzungen bei +4,5% gelegen waren. Im Vergleich dazu wuchs das BIP 2015 mit +4,1%. Für 2017 weisen alle Indikatoren darauf hin, dass sich das starke Wachstum fortsetzt (Quelle: Isländische Zentralbank, 29. März 2017). Die EIU prognostiziert für 2017 ein Wachstum von +4,6%. Wachstumsmotor Privatkonsum Starker Privatkonsum, Investitionen und der anhaltende Touristenboom erklären das beeindruckende Wirtschaftswachstum des kleinen Inselstaates. Das Plus beim Privatkonsum betrug 6,9% in 2016 und wurde durch die stark steigenden Gehälter von durchschnittlich +9,7% im selben Jahr stimuliert und zusätzlich durch die neu enstandenen Arbeitsplätze vor allem in der Tourismusbranche. Stabiler Arbeitsmarkt Der Durchschnittslohn in Island beträgt 415.000 ISK (ca. 3.566 EUR). 2016 betrug der Mindestlohn 260.000 ISK (ca. 2.234 EUR). Die Arbeitslosigkeit ist in den letzten Jahren im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs und insbesondere aufgrund der Nachfrage an Arbeitskräfen durch den Tourismussektor deutlich gesunken. Im Jahr 2015 betrug die Arbeitslosigkeit 4,0%, 2016 waren es 3,0% und für 2017 und 18 erwartet man, dass die Quote auf 2,5% bzw. 2,3% sinkt (EIU). Anziehen bei den Investitionen Die Investitionen in Island stiegen um +22,7%, und damit deutlich stärker als erwartet. Die Wohnbauinvestionen wuchsen sogar um +33,7%. Dennoch ist immer wieder vom Mangel an Wohnfläche zu hören. Starke Aufwertung der isländischen Krone Die isländische Krone hatte 2016 gegenüber EUR und USD stark aufgewertet. Auch eine losere Geldpolitik der isländischen Nationalbank zu Jahresende änderte nichts daran. Der durchschnittliche Umrechnungskurs betrug im Januar 2016 noch 141,393 ISK für einen Euro. Im Dezember 2016 war der Umrechnungskurs 118,685 ISK pro Euro. Nachdem die Kapitalverkehrskontrollen am 14. März 2017 fast vollständig aufgehoben worden waren, gab der Kronenkurs leicht nach und zog danach aber wieder an. Für 2017 erwartet die EIU eine weitere Aufwertung der ISK um 7%. Inflationsrate stabil Die durchschnittliche Inflationsrate betrug im Februar 2017 1,9%, im Gesamtjahr 2016 wurde sie mit dem gleichen Wert von 1,9% gemittelt. Trotz der zuletzt etwas höheren Preissteigerung wird es aufgrund der starken ISK und geringeren Lohnsteigerungen schwer werden, das 2,5% Inflationsziel der Zentralbank zu erreichen. Allerdings fuhr die Zentralbank ihren Kurs der strafferen Geldpolitik zuletzt zurück, was in Kombination mit robustem BIP-Wachstum zu Preisdruck führen sollte. Für 2015 sagt die EIU eine Inflationsrate von 2,2% voraus. Leitzins gesenkt Der Leitzins beträgt derzeit 5%, nachdem die Zentralbank ihn zunächst im August 2016 um 0,5% auf 5,25%, danach im Dezember auf 5% gesenkt hatte (Stand März 2017). Im- und Export Islands Wirtschaft ist stark exportabhängig und wird in den letzten Jahren massiv von der wachsenden Tourismusindustrie angetrieben. Betrachtet man Waren- und Dienstleistungsexporte gemeinsam, sind die bedeutendsten Devisenbringer bzw. Exporte Islands der Tourismus mit einem Anteil von 31% an der Exportleistung, Fisch und Meerestiere sowie Produkte daraus mit 19%, gefolgt von Produkten aus energieintensiver Produktion, v.a. Aluminium, mit 15% (Quelle: Isländische Nationalbank, Zahlen für 2016). Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA 5 Tourismusboom Der Tourismusboom in Island scheint derzeit kein Limit nach oben zu kennen. 2016 zählte die Insel über 1,7 Mio. Touristen. Die ausländischen Besucher brachten dem Land Einnahmen in Höhe von 560 Mrd. ISK (ca. 4,9 Mrd. EUR), das sind 45% der Gesamteinnahmen von 2016. Für 2017 erwarten die Analysten der Íslandsbanki 2,3 Mio. Touristen. Zum Vergleich 2010 besuchten 488 Tsd. Touristen die Insel. Die gestiegene Zahl der Touristen stellt teilweise eine starke Belastung für die Infrastruktur des Landes dar und führt zu einem starken Ausbau der Hotelkapazitäten. Im März 2017 sprach sich die Ministerin für Tourismus Þórdís Kolbrún gegenüber der isländischen Presse dafür aus, nicht noch mehr Touristen nach Island zu locken, sondern das Niveau zu halten und die Qualität zu verbessern, u.a. durch Fokussierung auf Investitionen in die Tourismusinfrastruktur. Wirtschaftsfaktor Fischerei… Die Fischerei-Industrie ist traditionell einer der Hauptpfeiler der isländischen Wirtschaft. Island ist weltweit auf Platz 18 der größten Fischereinationen. Unter den europäischen Ländern ist nur Norwegen besser platziert (Platz 12). Island beteiligt sich an den internationalen Sanktionen gegen Russland. Die russischen Sanktionen, die den Import von westlichen Lebensmitteln untersagen, haben einen moderaten negativen Effekt auf die isländische Fischerei-Industrie. …und energieintensive Produktion Island ist weltweit führend bei der Nutzung von regenerativen Energiequellen. Die Insel verfügt über umfangreiche natürliche Energie-Ressourcen. Derzeit werden ca. 25% der benötigten Energie über Geothermie und 75% über Wasserkraft erzeugt. Das Land ist sehr an der Ansiedlung energieintensiver Produktion interessiert. 78% der hydro- und geothermal erzeugten Energie werden von energieintensiven Branchen, wie der Aluminiumproduktion, verbraucht. Nach Schätzungen der isländischen Regierung sind bis jetzt 75% der natürlichen Energiequellen Islands ungenutzt. Die niedrigen Stromkosten haben dazu geführt, dass in den vergangenen Jahren die Produktionskapazitäten für Aluminium stark ausgebaut wurden. Island liegt mit ca. 861.95 Millionen Tonnen Aluminium jährlich (Stand 2016) auf Platz 10 der größten Aluminiumhersteller der Welt. Derzeit gibt es drei Aluminiumproduktionsstätten: in Straumsvík von Rio Tinto Alcan, in Grundartangi von Nordural und in Reyðarfjörður von Alcoa. Ein vierter Standort in Nordwestisland befindet sich in Planung. Exportmärkte Die wichtigsten Exportmärkte Islands waren 2015 die Niederlande (26,1%), Großbritannien (11,6%), Spanien (11,5%) und Deutschland (7,4%). Beim Import waren die Länder Norwegen (10,1%), Deutschland (8,6%), China sowie USA (jeweils 7,9%) die wichtigsten Handelspartner. Dass die Niederlande beim Güterexport in der Statistik den führenden Platz einnehmen, lässt sich nach einer Analyse von Statistics Iceland nur durch statistische Verzerrungen erklären: Viele Seetransporte werden im Hafen von Rotterdam umgeschlagen. Und oft steht nur der erste Zielhafen innerhalb der EU in den Zollpapieren. Bei einer Untersuchung vom November 2015 machte der eigentliche Anteil der Niederlande nur 6% aus. Isländische Handelsbilanz Islands Handelsbilanz war 2016 negativ. Das Defizit hatte sich zuletzt erhöht, weil die Inlandsnachfrage stark anstieg, während die Güterexporte absanken. Die Handelsbilanz wies für 2016 ein Minus von 101.505 Mio. ISK auf. Für 2015 lag das Minus bei 30.300 Mio. ISK. In Zahlen: Die Exporte aus Island betrugen 2016 gesamt 4.470 Mio. US Dollar und im Gegenzug wurden Waren im Wert von 5.312 Mio. US Dollar importiert. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA 6 Eine starke Inlandsnachfrage dürfte auch heuer wieder ein Defizit bewirken. Die Dienstleistungsbilanz ist aufgrund des Tourismusbooms aber deutlich positiv, mit einem Überschuss von über 10% des BIP. Die EIU geht daher von einem Rekord-Leistungsbilanzüberschuss von 7,7% des BIP im Jahr 2016 aus. konsolidierter Staatshaushalt In den letzten drei Jahren war der isländische Staatshaushalt sehr ausbalanciert. Das hohe Defizit aus den Krisenjahren konnte dauerhaft verringert werden. Für die nächsten Jahre strebt die isländische Regierung eine deutliche Reduktion der Schulden an. Die nationalen Ausgaben stiegen 2016 um 8,7%. Die Ausgaben für Gesundheit und für das Sozialsystem sollen über die nächsten fünf Jahre um 22% bzw. 13% steigen. Die größte Änderung im Steuersystem wird die Anhebung der Mehrwertsteuer (auf den vollen Satz) auf tourismusrelevante Leistungen sein, ausgenommen hiervon sind nur Restaurants. Die Änderung soll ab dem 1. Juli in Kraft treten. Ab dem 1. Januar 2019 soll dann die generelle Mehrwertsteuer von derzeit 24% auf 22,5% gesenkt werden. Staatsverschuldung sinkt Die Staatsverschuldung (Schulden/BIP Ratio) war von 28,5% im Jahr 2007 im Zuge der Finanzkrise auf 95,1% in 2011 gestiegen, was vor allem auf die Rekapitalisierung der Geschäftsbanken und der Isländischen Zentralbank zurückzuführen war. 2015 betrug die Staatsverschuldung 88,2% des BIP. Für 2016 wurden ca. 82% angenommen bis 2018 rechnet man mit einem Absinken auf 44% (Quelle: EIU), vor allem durch die Privatisierungen und Rückzahlungen von Garantien durch die isländischen Banken. Bankensystem Die drei größten isländischen Banken wurden 2009 nach dem Kollaps des Finanzmarkts verstaatlicht und restrukturiert. Die Inlandsbanken wurden von den ausländischen Banken mit ihren schlechten Deals getrennt und neugegründet. Die alten Gesellschaften wurden in den Konkurs geschickt. Der Zustand des Bankensystems hat sich seither deutlich gebessert. Laut Prognosen setzt sich diese positive Entwicklung fort. Alle großen Ratingagenturen haben Island im letzten Jahr hochgestuft. Bankenprivatisierung Am 19. März 2017 gab die Arion Bank den Verkauf von knapp dreißig Prozent ihrer Anteile an ausländische Investoren und Goldmann Sachs (2,6% der Anteile) bekannt. Der Transaktionswert beträgt 48,8 Mrd. ISK (ca. 0,420 Mrd. EUR). Das war bis jetzt die größte Transaktion von Bankanteilen an ausländische Investoren, die jemals in Island getätigt worden ist. Die Arion Bank ist die Neugründung der ehemaligen Kaupthing Bank. Damit verringert sich der Anteil von Kaupthings - der alten Bank- an der neuen Arion Bank auf 57,9%. Die beiden Investoren Taconic Capital (9,99%) und Och-Ziff (9,99%) sind seit längerem in Island über eine Reihe von Investitionen tätig. Der dritte Investor Attestor Capital (6,6%), ist unter anderem auch an der österreichischen Kommunalkredit beteiligt. Die Einnahmen werden dazu genutzt, staatliche Sicherheiten zurückzuzahlen. Die Landsbankinn ist derzeit noch zu 97,9% staatlich. Die Regierung plant, knapp 30% ihrer Anteile zu verkaufen. Das eingenommene Kapital soll dazu verwendet werden, Kredite zurückzuzahlen, die für die Rekapitalisierung aufgenommen worden waren. Dies und weitere geplante Privatisierungen – u.a. im Energiesektor – sollen die Staatsverschuldung in den kommenden Jahren deutlich reduzieren. Mitte 2016 gab es laut Icelandic State Financial Investment (ISFS)17 Interessenten, darunter die Rothschild Bank, Carnegie, Barclays und die Deutsche Bank. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA 7 Immobilienpreise steigen Die Immobilienpreise waren 2016 im Höhenflug. In Reykjavik stiegen sie um +15%, in den Gemeinden außerhalb der Hauptstadtregion sogar um +20%. Die hohen Preise sind u.a. ein Ausdruck dafür, dass in den Jahren nach der Krise nicht genug gebaut wurde. Mindestens 8.000 Wohnungen werden in den nächsten drei Jahren benötigt. Die Entwicklung der Mietpreise im Verhältnis zu den Hauspreisen hat sich wieder normalisiert, letztere stiegen jedoch in den letzten Jahren vor allem in Reykjavik stark an. Die Arion Bank prognostiziert für das laufende Jahr einen Anstieg von +14% bei den Immobilienpreise und für 2018 einen weiteren Anstieg um +9,7% sowie für 2019 um +7,5%. 2. Besondere Entwicklungen Kapitalverkehrs-kontrollen aufgehoben Am 14. März 2017 hat Island die Kapitalverkehrskontrollen weitestgehend aufgehoben, der Schritt kam überraschend und wurde, um Währungsspekulationen zu verhindern, erst zwei Tage zuvor angekündigt. Im Zuge der Bankenkrise 2008 hatte Island Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, um den Abzug von Kapital zu verhindern. Die Maßnahmen waren ursprünglich nur für ca. sechs Monate angedacht. Der Prozess der Aufhebung der Kontrollen ist bisher relativ reiblungslos verlaufen und die Zentralbank hat in ihrem Märzmeeting beschlossen, ihre Geldpolitik wie gehabt weiterzuführen. Besondere geldpolitische Vorsicht ist aber zu erwarten. Im Jänner 2017 erreichten die Devisenreserven einen Rekordstand: Die Zentralbank will Island so gegen einen destabilisierenden Devisen-Outflow wappnen. Ende Oktober 2016 wurden in Island vorgezogene Neuwahlen abgehalten, nachdem die damalige Regierung durch die „Panama Papers“ stark unter Druck geraten war. Neue Regierung Nach den Wahlen dauerten die Koalitionsverhandlungen fast drei Monate, es gab drei Anläufe verschiedener Parteien, eine Regierungskoalition zu bilden. Die mitte-rechts Independence Party (IP), als stärkste Partei, regiert jetzt zusammen mit der Bright Future (BF) und der Reform Party (Reconstruction), einer Splittergruppe der IP. Beide kleineren Koalitionspartner sind das erste Mal an einer Regierung beteiligt. Diese Koalition ist auch insofern einmalig, weil Island zum ersten Mal von drei Parteien regiert wird. Seit der Gründung der isländischen Republik 1944 waren es immer Koalitionen aus zwei Parteien, die Islands Regierungsgeschäfte bestimmt hatten. Die jetzige Koalition hat nur einen Sitz mehr im Parlament als die Oppositionsparteien. Neuer Premierminister ist der frühere Finanzminister Bjarni Benediktsson (IP). EU-Beitrittsgesuch zurückgenommen Island zählt zu den Gründungsmitgliedern der NATO, ist EFTA-Mitglied und gehört dem Schengenraum an. 2015 hatte die Regierung den Antrag auf Aufnahme in die EU zurückgenommen. Freihandelsabkommen mit China Als einziges westeuropäisches Land hat Island ein Freihandelsabkommen mit China geschlossen, das im Juli 2014 in Kraft trat. Das Abkommen umfasst die fast vollständige Abschaffung von Importzöllen zwischen beiden Ländern. Ausgenommen davon sind lediglich die Einfuhr von Milchprodukten und Fleisch nach Island und von speziellen Papierprodukten nach China. AgrarHandelsabkommen mit der EU Die Europäische Union und Island haben im September 2015 zwei neue Abkommen unterzeichnet, eines über die weitere Liberalisierung des Handels mit landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln und ein weiteres über den Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA 8 Schutz von geographischen Herkunftsbezeichnungen. Beide Erweiterungen zum Freihandelsabkommen sind derzeit noch nicht veröffentlicht (Stand März 2017). Tourismus stimuliert Investitionen Für die wachsende Tourismusbranche entstehen zahlreiche neue Hotels, aber auch die Zahl der neugebauten Wohnhäuser steigt nach schwachen Jahren zwischen 2009 und 2011 wieder an. Ebenso wird in Infrastruktur investiert: So wird der Flughafen Keflavik erweitert und der Ausbau bzw. Neubau zahlreicher –bis heute einspuriger - Brücken und des Straßennetzes ist geplant. Hollywood im Nordatlantik Blockbuster wie „Interstellar“, „Fast and Furious“ sowie die weltweit erfolgreiche Serie „Game of Thrones“ waren in den letzten Jahren sicherlich einer der besten Werbeträger für den isländischen Tourismussektor. Die Insel lockt die Produktionsfirmen mit Steuervorteilen. Seit Januar 2017 beträgt die Förderung 25%, dies gilt bis 2021. Konkret heißt das, dass 25% der Produktionskosten von der isländischen Steuerbehörde zurückerstattet werden, wenn mehr als 80% der gesamten Produktionskosten in Island anfallen. Die Erstattung erfolgt auf Basis der gesamten Produktionskosten, die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums anfallen. In Island gibt es derzeit Vorbereitungen für den Bau einer umfangreichen Filmproduktionsstätte mit Studios und allen benötigten Strukturen. Großprojekt Nyr Landspitali Das Um- und Neubauprojekt Nyr Landspitali in Reykjavik wird seit 2015 realisiert. Der Bauplan war schon Ende 2012 von der Stadt Reykjavik genehmigt worden. Das Patient-Hotel befindet sich seit letztem Jahr im Bau und soll Ende 2017 fertiggestellt werden. Aller Voraussicht nach wird es von der öffentlichen Hand verwaltet und betrieben. Die Erdarbeiten für das Spital sollen Ende 2017 beginnen, der Bau Mitte 2018. Medical Equipment soll ab 2021 ausgeschrieben werden und die komplette Instandsetzung bis 2023 abgeschlossen sein. Das Projekt soll Schätzungen zu folge bis zu 5% vom BIP kosten. Es wird mit 500 Mio. EUR veranschlagt. Island gibt derzeit im Schnitt pro Jahr ca. 9% seines BIPs für sein Gesundheitssystem aus. Bau eines neuen Schmelzers in Planung Für den Bau eines weiteren Schmelzers in Nordwestisland wurde Anfang Juni 2015 eine Absichtserklärung zwischen Gemeinden und der chinesischen NFC sowie der Klappir Development ehf. unterzeichnet. Der neue Schmelzer soll ein Kapazität von 120.000 Tonnen jährlich haben, voraussichtlich 676,7 Mio. EUR kosten und in der Nähe von Hafursstaðir in Skagabyggð stehen. Pläne für Infrastruktur Bis 2040 will Islands Hauptstadt CO2 neutral werden, um dieses Ziel zu erreichen will man u.a. vermehrt auf öffentlichen Transport und Smart City Solutions setzen. Weiterhin gibt es Überlegungen, die erste Bahnstrecke Islands zu bauen. Diesbezügliche Pläne wurden zu Beginn 2015 erneut öffentlich diskutiert. Die Strecke soll die Stadt Reykjavik mit dem 45 Autominuten entfernt liegenden Flughafen Keflavik verbinden, die Fahrzeit würde sich um ca. fast 30 Minuten reduzieren. Für Planung und Umsetzung des Projektes werden 10 Jahre angesetzt. Zudem gibt es laut dem staatlichen Rundfunk RÙV Pläne für ein Leichtbahnprojekt. Die Strecke soll die einzelnen Gemeinden der Hauptstadtregion miteinander verbinden. Mit einer Umsetzung des Projektes rechnet man bis 2040. Energieexporte Seit 2012 wird auch ein mehrere tausend Kilometer langes Seekabel zwischen Island und Großbritannien diskutiert. Über diese Verbindung sollen bis zu 2 Mio. britische Haushalte mit umweltfreundlichem Strom versorgt werden. Für das Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA 9 Projekt müsste auch ein neues Kraftwerk gebaut werden, das ca. 250 MW liefert. Größenmäßig wäre das vergleichbar mit dem Wasserkraftwerk Hrauneyjarfoss. Costco-Effekt Die amerikanische Supermarktkette Costco eröffnet ihren ersten Shop auf Island im April 2017. Der neue Player bringt den Markt in Aufruhr, bis jetzt ist die einzige nicht-isländische LEH-Kette das britische Unternehmen Iceland, das drei Märkte in Island hat. Isländische Importeure verhandeln bereits jetzt mit ihren ausländischen Lieferanten, um mit niedrigeren Preisen auf die neue Situation vorbereitet zu sein. Viele isländische Supermarktketten haben die gleichen Lieferanten, Costco dagegen wird seine eigenen Produkte importieren. Neben Costco plant auch H&M 2017 und 18 seine ersten beiden Läden in Reykjavik und Kópavogur eröffnen. 3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich Warenhandel stark projektabhängig Aufgrund der geringen Größe des isländischen Marktes (rund 332 Tsd. Einwohner) ist der bilaterale Warenaustausch mit Österreich stark projektabhängig und dadurch schwankungsanfällig. Nach den vorläufigen Zahlen für 2016 wuchs die Einfuhr von Waren um 24,7% (18,098 Mio. EUR) und die Ausfuhr um 33,7% (23,523 Mio. EUR). Im Vergleich dazu: 2015 waren Österreichs Exporte nach Island um 16,6% (17,593 Mio. EUR) gewachsen. Gleichzeitig hatten sich die Einfuhren von Waren aus Island beinahe verdoppelt (14,508 Mio. EUR, +99%). Ausfuhren 2016 Bei den Ausfuhren lässt sich ablesen, dass die Isländer, die generell gerne Süßes essen, Geschmack an österreichischen Süßigkeiten / Zuckerwaren, Backwaren, Säften und Wein gefunden haben. Gesammelt betragen die Exporte in den entsprechenden Warengruppen 1,723 Mio. EUR. Lebensmittel sind somit der viertgrößte Exportschlager aus Österreich. Die größten Umsätze gab es im Bereich „Kessel, Maschinen und Apparate“ 5,212 Mio. EUR (+23,1%), gefolgt von Sperrholz furniertes Holz, ähnliches Lagenholz mit 2,248 Mio. EUR (+62,5%) und „Fahrzeugen, Zugmaschinen und Traktoren“ 2,033 Mio. EUR (-0,3%). An fünfter Stelle folgt die Position „Möbel, Bettwaren, Beleuchtungskörper, vorgefertigte Gebäude“ 1,124 Mio. EUR (+41,8%) gefolgt von „Waren aus Eisen oder Stahl“ 1,133 Mio. EUR (+52,1%) und „Luftfahrzeuge, Raumfahrzeuge und Teile davon“ mit einem Umsatz von 1,027% und einer enormen Steigerung von +4.554,8%. Einfuhren 2016 Bei den Einfuhren aus Island stieg der Einkauf von „Aluminium und Waren daraus“ auf einen Wert von 14,146 Mio. EUR, dies entspricht einer Steigerung von +36,8%. Die Einfuhr von „Fischen, Krebs- und Weichtieren“ sank zwar um 10,6% auf einen Umsatz von 769 Tsd. EUR, genauso wie die von „Pharmazeutischen Erzeugnissen“ 1,31 Mio. EUR (-15,4), jedoch sind sie neben dem Aluminium nach wie vor die größten Importgruppen. Deutlich gestiegen ist die Einfuhr von „anderen Waren tierischen Ursprungs“ 427 Tsd. EUR (+41,5%). Dienstleistungen 2016 Österreich lieferte Dienstleistungen im Wert von rund 20 Mio. EUR (+25%) nach Island und bezog Dienstleistungen aus Island im Wert von 29 Mio. EUR (+45). Im Jahr 2015 waren es ausfuhrseitig 16 Mio. EUR (-5,88%), und einfuhrseitig 19 Mio. EUR (-5,0%). Ein Großteil dieser Dienstleistungen entfallen auf den privaten Reiseverkehr. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA 10 Geschäftschancen Für österreichische Firmen bestehen auf dem kleinen isländischen Markt durchaus gute Chancen, besonders in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau und bei den erneuerbaren Energien. Auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und der nun anlaufende Neubau des Superkrankenhauses Nyr Landspitali, der boomende Tourismussektor und die Investitionen in die Tourismusinfrastruktur sowie die Nachfrage der Touristen nach Lebensmitteln und Konsumgütern bieten Möglichkeiten, auch weil die Isländer mehr und mehr online einkaufen. Beispiele einiger in den vergangenen Jahren erfolgten Lieferungen aus Österreich nach Island sind u.a. Turbinenlieferungen durch diverse österreichische Firmen für Kraftwerksbauten im gesamten Land, eine Turn-key Ferrosiliziumanlage durch die Firma Hereschwerke Automation Group, oder eine Bühnenanlage der Firma Waagner-Biro für das eröffnete Konzert- und Kongresshaus „Harpa“ in Reykjavik. Firmen wie Manner und Pez liefern ihre süßen Waren ebenso nach Island, wie Pfanner seine Säfte und die Massivholz-Firma KLH war an der Errichtung von neuen Hotels beteiligt. Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA 11 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA KOMMUNIKATION INLAND 1045 Wien Wiedner Hauptstraße 63 T +43 (0)5 90 900-4317