Abonnement F, 4. Konzert Sonnabend 27.05.2017 · 20.00 Uhr Sonntag 28.05.2017 · 16.00 Uhr Großer Saal KONZERTHAUSORCHESTER BERLIN JEAN-CHRISTOPHE SPINOSI Dirigent VESSELINA KASAROVÁ Mezzosopran EDGAR KRAPP Orgel „Sein lange verkannter Name wird inzwischen von allen respektiert, und zwar ebenso auf Grund der Würde seines Wesens wie auf Grund der Vollkommenheit seiner Kunst.“ ROMAIN ROLLAND ÜBER CAMILLE SAINT-SAËNS, 1930 PROGRAMM Joseph Haydn (1732 – 1809) „Ariadne auf Naxos“ – Kantate für Mezzosopran und Klavier Hob XXVIb:2 (in einer zeitgenössischen Bearbeitung für Mezzosopran und Streicher) Sinfonie Nr. 82 C-Dur („L‘Ours“) VIVACE ASSAI ALLEGRETTO MENUETTO FINALE. VIVACE PAUSE Camille Saint-Saëns (1835 – 1921) „Mon coeur s‘ouvre à ta voix“ – Arie der Dalila aus der Oper „Samson et Dalila“ op. 47 Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 („Orgelsinfonie“) ADAGIO – ALLEGRO MODERATO POCO ADAGIO ALLEGRO MODERATO – PRESTO MAESTOSO – ALLEGRO PREMIUMPARTNER Mobiltelefon ausgeschaltet? Vielen Dank! Cell phone turned off? Thank you! Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und / oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind. Zuwiderhandlungen sind nach dem Urheberrechtsgesetz strafbar. Zum Programm Joseph Haydn: „Ariadne auf Naxos“ – Kantate für Mezzosopran und Klavier Hob XXVIb:2 ENTSTEHUNG 1789 · URAUFFÜHRUNG lässt sich nicht mehr ermitteln · BESETZUNG Streicher – Mezzosopran-Solo · DAUER ca. 20 Minuten ARIADNE. GEMÄLDE VON J. W. WATERHOUSE, 1898 Der Ariadne-Mythos aus dem Sagenkreis um den athenischen König Theseus gehörte durch die Jahrhunderte zu den beliebtesten antiken Stoffen und fand sowohl in der Antike als auch in der Neuzeit reichliche künstlerische Rezeption. Ariadne war die Tochter des kretischen Königs Minos, der in einem Labyrinth seinen missgeborenen Sohn Minotaurus (halb Mensch, halb Rind) gefangen hielt. Um dem menschen- JOSEPH HAYDN KURZ NOTIERT fressenden Bedürfnis dieses Ungeheuers nachzukommen, hatten die Kreta tributpflichtigen Länder in regelmäßigen Abständen Jünglinge zu opfern. Als Thronfolger der Kreta ebenfalls unterworfenen Stadt Athen führte Theseus eine solche Gruppe zu opfernder Jünglinge an und konnte im Labyrinth den Minotaurus töten. Die Königstochter Ariadne hatte Theseus ein Garnknäuel zugesteckt, mit dessen Hilfe die Athener das Labyrinth verlassen und mit ihrem Schiff entkommen konnten. Von Theseus zu seiner Gemahlin bestimmt, floh Ariadne mit den Athenern. Doch musste Theseus Ariadne auf Naxos allein zurücklassen, damit der Gott Dionysos sie als seine Gattin heimführen und sie in den Rang einer Unsterblichen erheben konnte. Zahlreiche Librettisten und Komponisten bearbeiteten den Stoff mit musikdramatischen Mitteln. Gerade die Szene auf der einsamen Insel Naxos bot reichlich Gelegenheit, durch die Darstellung feiner Seelenregungen den Zuhörer zu ergreifen und zu rühren. Bedeutende Ariadne-Opern komponierten Johann Sigismund Kusser (Braunschweig 1692), Georg Friedrich Händel (London 1734), in neuerer Zeit Jules Massenet (1906), Paul Dukas (1907) oder Bohuslav Martinů (Uraufführung 1961). Hugo von Hofmannsthal bearbeitete 1911 den Stoff für Richard Strauss zu einer Mischung von Seelendrama und Harlekinade. Joseph Haydn widmete sich um 1789 diesem Sujet und komponierte auf das Libretto eines unbekannten Dichters die dramatische Kantate „Arianna a Naxos“ für Singstimme und Klavier, die im heutigen Konzert in einer zeitgenössischen Bearbeitung für Singstimme und Streicher erklingt. Die dramatische Situation ist die gleiche wie etwa in Monteverdis bekannter Lamento-Szene: Ariadne findet sich verlassen (sie sieht das griechische Schiff mit Theseus an Bord sogar noch ablegen) und ist verzweifelt, denn um Theseus willen hatte sie ihr ganzes bisheriges Leben abgebrochen, die Heimat ver- JOSEPH HAYDN lassen, ihr Elternhaus aufgegeben! Die Musik lässt den Hörer teilnehmen am inneren Leid Ariadnes, an ihrem Hin- und Hergerissensein zwischen Hoffnung, Erwartung, Verzweiflung und Zorn. In seiner Kantate wählte Haydn für die musikalische Umsetzung dieser widerstreitenden Gefühle die Form einer mehrteiligen Szene, in der Rezitative und ariose bzw. Accompagnato-Teile mit Arienabschnitten (Largo und Presto) wechseln. Schon zu Lebzeiten des Komponisten und in den Jahrzehnten danach wurden von dieser Kantate verschiedene Arrangements erstellt, um das Werk gleichsam in eine Opernszene zu verwandeln. Die im heutigen Konzert erklingende Bearbeitung für Singstimme und Streichorchester ist anonym überliefert – das Material findet sich in der Library of Congress in Washington innerhalb einer geschlossenen Sammlung (Martorell Collection), wodurch man die Überlieferung bis zu den direkten Haydn-Quellen nachvollziehen kann. CD-TIPP Cecilia Bartoli, Mezzosopran / András Schiff, Klavier / Aufnahme 1992 (Label: Decca) JOSEPH HAYDN Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 82 C-Dur („L‘Ours“) ENTSTEHUNG 1786 · URAUFFÜHRUNG 1786 Paris · BESETZUNG Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner (oder Trompeten), Pauken, Streicher · DAUER ca. 20 Minuten AUFGEHORCHT Zahlreiche Sinfonien Joseph Haydns tragen Namen, die die Popularität der Werke noch verstärkten. Manche dieser Namen hafteten den Werken seit ihrer Uraufführung an, spätere Zeiten ergänzten den Namenskatalog, das Interesse von Musikern, Managern und Publikum nach solcher Form der Etikettierung ist also offensichtlich. Mit Namen wie „Le poule“ („Die Henne“) oder „L’ours“ („Der Bär”) ist die aufregende Neuheit der sechs Sinfonien, die Haydn 1785 im Auftrag der Pariser Loge Olympique schrieb, in keiner Weise wiedergegeben! Erstmals fasste Haydn in seinen Sinfonien eine Werkgruppe zu einem geschlossenen Zyklus zusammen, in dem die Tonartenfolge, aber auch musikalische Gestaltungselemente in bewusster, sinnvoll erdachter Anordnung gruppiert sind. In den „Pariser Sinfonien“ ist das Orchester in völlig neuer Weise behandelt, der Holzbläsersatz nun auf Flöte, zwei Oboen und zwei Fagotte (zu denen dann noch zwei Hörner treten) festgelegt, die nicht allein das Tutti verstärken und einzelne Soli übernehmen, sondern in vielfältiger Weise und Kombination in den Gesamtsatz integriert erscheinen. Darüber hinaus praktiziert Haydn in diesen Sinfonien die motivisch-thematische Arbeit in einer Intensität und Feingliedrigkeit, wie er sie zuvor nur in seinen Streichquartetten gewagt hatte. Sicherlich ist das Dudelsack-Finale der Sinfonie Nr. 82, die den sechsteiligen Zyklus der „Pariser Sinfonien“ abschließt (die aus der ersten Gesamtausgabe übernommene Nummerierung der sechs „Pariser Sinfonien“ als Nr. 82 bis 87 gibt weder die Entstehungsreihenfolge noch die zyklischen Inten- JOSEPH HAYDN tionen Haydns wieder!), mit dem eingängigen Thema und seiner genialen, kontrapunktisch gewürzten Verarbeitung der absolute „Hit“ dieser Sinfonie, doch würde es eine große Verarmung bedeuten, wenn sich die Wahrnehmung dieser Sinfonie auf diesen Satz, der im Hörer die Assoziation eines dressierten Tanzbären wachruft, beschränken würde. Die Faszination des Hörers sollte schon im 1. Satz mit seiner eigentümlichen Mischung von Vitalität und (gelegentlicher) Bedächtigkeit beginnen, fortgesetzt in dem als Folge von Doppelvariationen im Gegensatz von Dur und Moll gestalteten Andante und einem gravitätisch einherschreitenden Menuetto mit seinem entzückenden Ländler-Trio. In den letzten beiden „Pariser Sinfonien“ ergänzte Haydn das Orchester zusätzlich zu den Holzbläsern und Hörnern noch durch Trompeten und Pauken und gab dem Zyklus somit einen noch festlicheren Abschluss. CD-TIPPS Kammerorchester „Carl Philipp Emanuel Bach“ / Hartmut Haenchen, Dirigent / Aufnahme 1989 (Label: Berlin Classics); Orchestra of the Age of Enlightenment (auf historischen Instrumenten) / Sigiswald Kuijken, Dirigent / Aufnahme 1989 (Label: Virgin Classics); Berliner Philharmoniker / Kurt Sanderling, Dirigent / Konzertmitschnitt 1997 (Berliner Philharmoniker, „Im Takt der Zeit“, CD 11) Camille Saint-Saëns: „Mon coeur s‘ouvre à ta voix“ – Arie der Dalila aus der Oper „Samson et Dalila“ op. 47 ENTSTEHUNG 1868-77 · URAUFFÜHRUNG 2.12.1877 Weimar, Großherzogliches Hoftheater (Musikalische Leitung: Eduard Lassen) · BESETZUNG 2 Flöten, 2 Oboen, Englischhorn, 2 Klari- netten, Bassklarinette, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Harfe, Streicher – Mezzosopran · DAUER ca. 7 Minuten SAMSON UND DALILA. GEMÄLDE VON GUSTAVE MOREAU, 1882 Camille Saint-Saëns hatte seine musikalische Ausbildung am Conservatoire seiner Heimatstadt Paris (sein Orgellehrer dort war François Benoist) erhalten. 1853-57 war er Organist an der Pariser Kirche St-Merry, 1858 übernahm er das Orga- CAMILLE SAINT-SAËNS nistenamt an der Madeleine. 1877 gab er seine kirchenmusikalischen Ämter auf, um fortan als freischaffender Komponist, Dirigent und Virtuose nur vom Ertrag seiner Werke und Konzerte zu leben. Als Gründungsmitglied und erster Vorsitzender der Societé Nationale de Musique setzte er sich für die Förderung und Propagierung einer eigenständigen, von deutschen Vorbildern weitgehend unabhängigen französischen Instrumentalmusik ein. 1921 verstarb er in Algier. KURZ NOTIERT Insgesamt 13 Opern hat Camille Saint-Saëns komponiert, zumeist auf historische oder mythologische Stoffe – zum Beispiel „La princesse jeune“ (1872), „Le timbre d‘argent“ (1877), „Etienne Marcel“ (1879), „Henry VIII.“ (1883), „Prosperine“ (1887), „Phryné“ (1893), „Les barbares“ (1902), „Hélène“ (1904) oder „L‘ancêtre“ (1906). Doch von diesen Bühnenwerken hat sich einzig das Bibeldrama „Samson et Dalila“ nach der umjubelten Weimarer Premiere im Repertoire halten können. Franz Liszt, immer noch so etwas wie die „graue Eminenz“ des Weimarer Musiklebens, hatte sich offensichtlich für seinen Pariser Freund und Kollegen noch einmal stark machen können. (Der Erfolg der Premiere von „Samson et Dalila“ gab Saint-Saëns den Mut, endlich die Organistenstelle an der Pariser Madeleine zu kündigen und fortan nur noch freischaffend zu arbeiten.) Kurioserweise hatte Saint-Saëns den Stoff zunächst nur als Oratorium bearbeiten wollen, wurde dann aber durch seinen Li- brettisten gedrängt, „Samson et Dalila“ für die Opernbühne umzudenken. So fehlt diesem Werk der Opportunismus anderer Bühnenwerke von Saint-Saëns, nämlich seine Bereitschaft, um der Möglichkeit einer Inszenierung willen Konzessionen an den Publikumsgeschmack in Kauf zu nehmen. Allerdings wollte sich in Frankreich der Erfolg der neuen Oper nicht so schnell einstellen – erst 1892 sollten die ersten französischen Aufführungen in Rouen und Paris stattfinden. CAMILLE SAINT-SAËNS Den Stoff für die dreiaktige Handlung fanden Saint-Saëns und sein Librettist Ferdinand Lemaire im 16. Kapitel des biblischen Buches der Richter. Der Israelit Samson vermag mit seiner gewaltigen Körperkraft die das Gottesvolk bedrängenden Scharen der Philister in Schach zu halten und zu besiegen. Um das Geheimnis seiner Kraft zu enträtseln, setzen die Philister die schöne Dalila an, die den Helden umgarnen soll. Und die weiblichen Reize verfangen bei dem Recken, und er verrät ihr, dass das Geheimnis seiner Stärke in seiner Lockenpracht begründet liegt. Am Ende des 2. Aktes wird der Held, durch einen starken Schlaftrunk berauscht und inzwischen seiner Haarpracht beraubt, von den hereinstürmenden Philistern überwältigt, geblendet und in Ketten gelegt. Doch er (und mit ihm sein Gott Jahwe) wird im 3. Akt an den Philistern grausame Rache nehmen: Der geblendete, aber bereits wieder zu Haar und Kraft gekommene Samson soll seine Peiniger mit Proben seiner Stärke gleichsam als Kunststückchen erheitern – in einem letzten Aufbäumen bringt er jedoch den Dagon-Tempel zum Einsturz, der die Philister unter den zusammensinkenden Ruinen begräbt. „Mon coeur s‘ouvre à ta voix“ ist die zentrale Arie der Dalila aus dem 2. Akt der Oper, mit der die Verführerin die entscheidenden Argumente vorbringt, um Samson zum Verrat seines Geheimnisses zu bewegen. Auf dem Konzertpodium empfindet der Hörer Text und Musik als innig und zu Herzen gehend – auf der Opernbühne spürt der Kenner der Geschichte dagegen die Falschheit, mit der die Verführerin den Helden ins Verderben stürzt … CD-TIPP Elīna Garanča, Mezzosopran / Filarmonica del Teatro Comunale di Bologna unter Leitung von Yves Abel / Aufnahme 2012 (Label: Deutsche Grammophon) CAMILLE SAINT-SAËNS Camille Saint-Saëns: Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 („Orgelsinfonie“) ENTSTEHUNG 1885/86 · URAUFFÜHRUNG 19.5.1886 London (unter Leitung des Komponisten) BESETZUNG 3 Flöten (3. auch Piccolo), 2 Oboen, Englischhorn, 2 Klarinetten, Bassklarinet- te, 2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Schlagzeug (Große Trommel, Triangel, Becken), Klavier (auch vierhändig bzw. 2 Klaviere), Orgel, Streicher · DAUER ca. 38 Minuten KURZ NOTIERT Camille Saint-Saëns‘ umfangreiches Orgelschaffen weist neben Präludien und Fugen mehrere Rhapsodien und Fantasien auf, in denen auch seine vielgerühmte Improvisationskunst ihren Niederschlag gefunden hat. Sein bekanntestes Orgelwerk (im weitesten Sinne) ist jedoch die Sinfonie Nr. 3 c-Moll aus den Jahren 1885/86, mit deren Komposition er einen Auftrag der Londoner Philharmonic Society erfüllte. Widmungsträger des Werkes war kein Geringerer als Franz Liszt, dessen große Orgelwerke dem Jüngeren häufig als Vorbild eigener Kompositionen dienten. Als einer der führenden Pariser Organisten war Camille SaintSaëns 1878 zur Mitwirkung im Eröffnungszyklus an der neuen Orgel im Trocadéro-Saal auf dem Gelände der Pariser Weltausstellung eingeladen worden. Er spielte in diesem Konzert am 28.9.1878 auch mehrere Werke von Franz Liszt (so die halbstündige Fantasie über Meyerbeers Wiedertäufer-Choral „Ad nos, ad salutarem undam“), und der Maestro aus Weimar reiste extra an, um diesem Konzert beizuwohnen und zuvor mit dem Solisten die Registrierungen an der von Kennern und Liebhabern als wunderbar beschriebenen Orgel zu erarbeiten. Die Aufzeichnungen der Registrierungen haben sich übrigens erhalten … Neben dem solistischen Orgelpart weist die mit dreifachem Holz und vollem Blech und Schlagzeug besetzte Partitur noch weitere Besonderheiten auf: Der Einsatz des Klaviers (bzw. der beiden Klaviere) ist in einer Sinfonie ebenso unge- CAMILLE SAINT-SAËNS wöhnlich wie eben ein herausgehobener Orgelpart. Mit diesem Werk gelang Saint-Saëns erstmals eine sinfonische Großform, die trotz ihrer Mannigfaltigkeit aus einer motivisch-thematischen Gestalt entwickelt wurde – César Franck konnte in seiner kurze Zeit später entstandenen Sinfonie d-Moll unmittelbar daran anknüpfen. Doch trotz der Attacca-Brücken zwischen 1. und 2. Satz sowie zwischen Scherzo und Finale ist die traditionelle Viersätzigkeit in Saint-Saëns‘ Orgel-Sinfonie immer noch klar erkennbar. Nicht zuletzt unterstreichen die Einsätze der Orgel die formale Großgliederung und geben dem 2. und dem 4. Satz die charakteristische „Einfärbung“: Im 1. Satz mit langsamer Einleitung und Allegro-Hauptsatz schweigt nämlich die Orgel und überlässt das musikalische Geschehen den intensiv konzertierenden Streichern und Bläsern. Das Adagio aber bekommt durch den Orgeleinsatz im Pianissimo geradezu eine Aura verliehen – in der Folge geben die Orgel-Akkorde wunderschönen Melodien der Streicher eine satte Grundierung. Das anschließende Scherzo muss wieder ohne Orgelklang auskommen, der virtuos geführte Klavierpart ersetzt stattdessen die Orgel. Das Maestoso mit vollem Werk der Orgel einsetzende Finale ist eine einzige großangelegte Apotheose, in deren Schluss neben Orgel und Klavieren das volle, von lautem Beckenschall umglänzte Orchester einstimmt. CD-TIPPS Joachim Dalitz, Orgel / Berliner Sinfonie-Orchester unter Leitung von Claus Peter Flor / Aufnahme 1986 (Label: Berlin Classics); Jean Guillou, Orgel / Dallas Symphony Orchestra unter Leitung von Eduardo Mata / Aufnahme 1994 (Label: Dorian Recordings); Gaston Litaize an der Orgel der Kathedrale Notre-Dame zu Chartres (synchr.) / Chicago Symphony Orchestra unter Leitung von Daniel Barenboim / Aufnahme 1975 (Label: Deutsche Grammophon); Christian Schmitt, Orgel / Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken unter Leitung von Johannes Wildner / Aufnahme 2003 (Label: Audite) Übersetzung der Gesangstexte Joseph Haydn: „Ariadne auf Naxos“ Theseus, mein Leben, du nicht hier? Wo flohst du hin? Du ruhtest so süß an meiner Seite – nein, mit falschem Schmeicheln hat nur ein Traumbild mich getäuscht. Dort im Rosenlichte naht Aurora – das Meer verkündigt, hoch erglühend, die Ankunft des lichtbekränzten Gottes. Theseus, Theseus, mein Gatte – ach, du erscheinst noch nicht? Hat das Gebrüll der Löwen dieser Wälder dich zum Kampfe entflammt? Ach kehre, ach kehre zurück! Nimmer vergilt die reichste Beute dies mein Zagen. Am Busen deiner Gattin, an dem Herzen der Teuren kühle, kühle dein wildes, wildes Heldenfeuer. Hier vergiss, dass die Erde noch Ungeheuer trägt. Nicht länger tragen kann dies mein zaghaft Herz, die öde Stille. Schrecklicher Ahnung Flüstern hör ich aus den Klüften tönen: Deine Gattin lebt! Teurer, komm sieh ihre Tränen. Arie Teurer Gatte, ach erscheine! Bringe Ruhe in dies Herz! Sieh, wie einsam ich hier weine: Komm und lindre meinen Schmerz! GESANGSTEXTE Seht herab, ihr guten Götter, Blickt mit Mitleid auf mich nieder: Ihr, ihr gabt mir dies schwache Herz! Theseus, noch verweilst du? Teurer Gatte, ach erscheine! Bringe Ruhe in dies Herz! Sieh, wie einsam ich hier weine: Komm und lindre meinen Schmerz! Rezitativ Doch zu wem red‘ ich? Meine Klagen gibt das Echo nur zurück. Er bleibt entfernt, Theseus gibt mir keine Antwort, kein Lüftchen trägt zu ihm mein Seufzen, mein Rufen! Andante Dort hebt am Seegestade sich die Klippe zum Himmel, auf ihrer Spitze entdeck ich ihn, wenn ihn die Täler bergen! Wohl! ich erklimme sie! Entsetzlich! ihr Götter, was muss ich sehn? Das ist das Schiff der Griechen – ja! wie sie eilen! Theseus! Er unter ihnen! nein! Er vermag das nicht und doch ja, er ist es, er flieht er kann mich hier verschmachten lassen! Allegro Keine Hoffnung für mich, ich bin verloren! Theseus! Theseus! ach höre, höre mich! Alles ist vergebens die Fluten, die Winde entreißen ihn auf ewig meinen Blicken, GESANGSTEXTE dass mit gerechter Rache dir alle Götter folgten! oh Undank, oh Undank! Mein Leben wagt‘ ich, dich zu retten. Und du kannst nun mich verlassen und dein Versprechen und deine früheren Schwüre – wo sind sie? Verräter! Kannst du sie vergessen? Adagio Wohin mich wenden? Wo Mitleid finden, da ich’s bei dir nicht fand? mein Blut erstarrt. Mein Fuß, er wanket. Nacht erfüllt mein brechend‘ Auge, dunkler wird nun die Nacht, ich bin am Ziel. Larghetto Nichts kann das Schicksal bringen, nehmt hin mein junges Leben, lehrt, Götter, mich vergeben dem, der dies Herz zerbricht. Nichts kann das Schicksal bringen nehmt hin mein junges Leben, lehrt, Götter, mich vergeben dem, der dies Herz zerbricht. Presto Öffne die trüben Gründe verbirg in deine Schlünde, da nirgends Trost ich finde, mich, heilges, ewges Meer! verbirg mich heilges, verbirg mich arges, verbirg mich heilges, ewges Meer. GESANGSTEXTE Camille Saint-Saëns: „Mon coeur s‘ouvre à ta voix“ – Arie der Dalila aus der Oper „Samson et Dalila“ op. 47 Mein Herz geht auf, wenn deine Stimme klingt, so wie beim Morgenrot die Blumen. Doch um die Tränen mir nun ganz zu trocknen, sprich, Liebster, fort und fort. Dass du für immer nun zu bleiben denkst, sag mir, und dass die Treue, einst gelobt, du hier und jetzt aufs Neue schwörst. Erwid‘re meine Zärtlichkeit! Verzücke mich! So wie das Ährenmeer sich wellt und wiegt in weicher, warmer Sommerluft, so bebt mein Herz dem Trost entgegen, geliebte Stimme, den du gibst. Noch niemals ist ein Pfeil so schnell geflogen wie ich in deine Arme komm‘. Erwid’re meine Zärtlichkeit! Samson, ich liebe dich! (Deutsche Fassung: Andreas Hitscher) Im Porträt KONZERTHAUSORCHESTER BERLIN 1952 als Berliner Sinfonie-Orchester (BSO) gegründet, erfuhr es unter Chefdirigent Kurt Sanderling (1960-1977) seine entscheidende Profilierung und internationale Anerkennung. 1977 wurde Günter Herbig zum Chefdirigenten berufen, 1984 gefolgt von Claus Peter Flor. In diesem Jahr bekam das Orchester als eigene Spielstätte das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Unter Michael Schønwandt (1992–1998) wurde das BSO offiziell zum Hausorchester des Konzerthauses Berlin. Nach vier Spielzeiten unter Eliahu Inbal (2001-2005) begann 2006 die Amtszeit von Lothar Zagrosek. Im selben Jahr wurde aus dem Berliner Sinfonie-Orchester das Konzerthausorchester Berlin. Seit der Saison 2012/13 ist Iván Fischer Chefdirigent des Konzerthausorchesters. Ihm zur Seite steht Dmitrij Kitajenko als Erster Gastdirigent. Das Konzerthausorchester Berlin gehört mit seinen über 12.000 Abonnenten zu den Klangkörpern mit der größten Stammhörerschaft in Europa. Es ist nicht nur in über 100 Konzerten pro Saison im Konzerthaus Berlin zu erleben, sondern war auf Konzertreisen in die USA, nach Japan, Großbritannien, Österreich, Dänemark, Griechenland, Holland, Belgien, Italien, Türkei, China und Spanien eingeladen. Regelmäßig gastiert es bei nationalen und internationalen Musikfestivals. Ein besonderes Anliegen ist die Nachwuchsförderung. So wurde 2010 die Orchesterakademie am Konzerthaus Berlin gegründet, in der junge Musiker über den Zeitraum von mindestens einem Jahr eine praxisorientierte Förderung durch die Orchestermusiker erhalten. IM PORTRÄT JEAN-CHRISTOPHE SPINOSI Der korsische Dirigent pflegt von Anfang an ein sehr breites Repertoire, das sich von der Barockmusik bis zum zeitgenössischen Werk auf modernen und traditionellen Instrumenten erstreckt. 1991 gründete er das Ensemble Matheus in Brest, ein Orchester, das ihn auf der ganzen Welt begleitet. Seit 2007 führt Spinosi jede Saison eine neue Opernproduktion mit dem Ensemble Matheus am Théâtre du Châtelet auf und spielt regelmäßig im Théâtre des Champs-Elysées, dem Theater an der Wien oder der Wiener Staatsoper. Seit einigen Jahren arbeitet er mit Bühnenregisseuren wie Pierrick Sorin (Rossinis „La Pietra del Paragone“ 2007 und 2014), Oleg Kulik (Monteverdis „Marienvesper“ 2009), Claus Guth (Händels „Messias“ am Theater an der Wien, 2009), Patrice Caurier und Moshe Leiser („Otello“ im Théâtre des Champs-Elysées und Salzburger Festspiele 2014). Jean-Christophe Spinosi arbeitet regelmäßig mit Orchestern wie dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, dem Orchestre de Paris, der Wiener Staatsoper, dem Monte-CarloPhilharmonischen Orchester, dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt, dem Orchestre National du Capitole de Toulouse, dem schottischen Chamber Orchestra, der New Japan Philharmonic, dem Royal Stockholm Philharmonic, dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, den Wiener Symphonikern, dem Radio-Symphonieorchester Wien, dem Orquesta de Castilla y Leon, dem Symphonic Orchestra Birmingham, der IM PORTRÄT NDR Radiophilharmonie Hannover, dem Mozarteum Orchester Salzburg, dem Orchestre du Festival de Verbier, der Händel- und Haydn-Gesellschaft Boston, dem Moskauer Kammerorchester und dem Osaka Philharmonischen Orchester. Spinosi arbeitet mit Künstlern wie Cecilia Bartoli, Marie-Nicole Lemieux und Philippe Jaroussky, mit denen er das Album „Heroes“ für EMI-Virgin Classics einspielte. Nach ihrem Triumph am Theater an der Wien im Februar 2013 in „Le Comte Ory“ setzten Jean-Christophe Spinosi und Cecilia Bartoli ihre enge Zusammenarbeit mit zwei weiteren RossiniOpern, „Otello“ am Théâtre des Champs-Elysées und bei den Salzburger Festspielen und „La Cenerentola“ bei den Salzburger Festspielen fort. Diese Spielzeit startete Spinosi mit der Saisoneröffnung der Hamburger Staatsoper mit einer neuen Produktion von Mozarts „Zauberflöte“. 2017/18 wird er an der Wiener Staatsoper gleich drei Produktionen leiten („Carmen“, „Cenerentola“, „Barbiere di Siviglia“) sowie ein Konzert im Palast Monaco mit der Monte Carlo Philharmonie. VESSELINA KASAROVÁ wurde in Stara Zagora (Bulgarien) geboren und begann im Alter von vier Jahren mit dem Klavierspiel. Nach dem Konzertdiplom studierte sie Gesang bei Ressa Koleva an der Musikakademie von Sofia und trat schon als Studentin an der dortigen Nationaloper in größeren Rollen auf. Ein zweijähriger Festvertrag führte sie nach Beendigung ihres Studiums 1989 ans Opern- IM PORTRÄT haus Zürich, im selben Jahr gewann sie auch den Ersten Preis beim deutschen Gesangswettbewerb „Neue Stimmen“ in Gütersloh. Im Mozartjahr 1991 debütierte sie bei den Salzburger Festspielen mit zwei Matineen im Mozarteum sowie als Annio in der von Sir Colin Davis geleiteten Wiederaufnahme von „La clemenza di Tito“. Weitere Rollen bei den Salzburger Festspielen waren Tancredi, Ombra felice, Zerlina, Farnace, Sesto und Marguerite („La damnation de Faust“). Im Herbst des gleichen Jahres gab Vesselina Kasarova als Rosina („Il barbiere di Siviglia“) unter Donald Runnicles ihr vielbeachtetes Debüt an der Wiener Staatsoper. Mit Partien von Mozart (Cherubino, Idamante, Sesto, Dorabella) und Rossini (Rosina, Tancredi, Isabella, Angelina) sowie als Romeo („I Capuleti e i Montecchi“), Giovanna Seymour („Anna Bolena“), Charlotte („Werther“) gastierte sie auch am Grand Théâtre de Genève, Royal Opera House Covent Garden, Teatre del Liceu in Barcelona, Opernhaus Zürich, an der Deutschen Oper Berlin, Bayerischen Staatsoper München, Opéra National de Paris (Bastille, Garnier), Lyric Opera of Chicago, San Francisco Opera, Wiener Staatsoper, in Amsterdam sowie beim Maggio Musicale Fiorentino und Rossini Opera Festival in Pesaro und arbeitete mit Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt, Sir Colin Davis, Pinchas Steinberg, Donald Runnicles, Seji Ozawa, Semyon Bychkov, Daniel Barenboim, Riccardo Muti, Marcello Viotti, Alberto Zedda, Franz Welser-Möst, Sir Roger Norrington, Eve Queler, Wolfgang Sawallisch, Ivor Bolton und Friedrich Haider. Liederabende und Konzerte führten Vesselina Kasarova nach München, Berlin, Rom, Paris, Wien, Dresden, an die Mailänder Scala, Wigmore Hall London, Carnegie Hall New York, zur Schubertiade Feldkirch und zum Festival de la Musique Montreux-Vevey. IM PORTRÄT Für RCA Red Seal hat Vesselina Kasarova zahlreiche CDs eingespielt, die mehrfach ausgezeichnet wurden. Aktuelle CDs: Berlioz’ „Mort de Cleopatre“ („Of Madness & Love“) und „Russian Arias“. EDGAR KRAPP 1947 in Bamberg geboren, erhielt Edgar Krapp seine Ausbildung an der Münchner Musikhochschule bei Franz Lehrndorfer, ergänzt durch Studien bei Marie-Claire Alain in Paris. 1971 wurde er beim Münchner ARD-Wettbewerb mit dem 1. Preis ausgezeichnet, was ihm in der Folge eine internationale Konzerttätigkeit eröffnete – auf Konzertreisen in Europa, Amerika und Japan. Zahlreiche Schallplatten-, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, die vornehmlich an bedeutenden historischen Instrumenten entstanden, dokumentieren sein breitgefächertes umfassendes Repertoire. Den Schwerpunkt bilden die Orgelwerke von Johann Sebastian Bach, die er in Frankfurt, Nürnberg, beim Rheingau-MusikFestival und in München (dort mit Rundfunk-Live-Übertragung) zyklisch aufgeführt hat. Dirigenten wie Rafael Kubelik, Colin Davis, Lorin Maazel, Christoph Eschenbach, Vladimir Fedoseyev oder Horst Stein verpflichteten Edgar Krapp zu Aufführungen mit ihren Orchestern. Von 1974 bis 1993 leitete Edgar Krapp als Nachfolger von Helmut Walcha eine Orgelklasse an der Frankfurter Musikhochschule; von 1982 bis 1991 war er Gastprofessor am Salzburger IM PORTRÄT Mozarteum. 1993 übernahm er (in Nachfolge seines Lehrers Franz Lehrndorfer) eine Professur an der Münchner Musikhochschule bis zu seiner Emeritierung 2012. Als Jury-Mitglied wirkte er bei internationalen Wettbewerben mit (ARD-Wettbewerb München, ION Nürnberg, Bruckner-Wettbewerb Linz, Grand Prix de Chartres, Musashino Wettbewerb Tokio). Er ist Träger des Frankfurter Musikpreises und des E.T.A.-Hoff mann-Preises der Stadt Bamberg sowie Mitglied des Direktoriums der Neuen Bachgesellschaft Leipzig und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. DOPPELT FREUDE SCHENKEN IM PORTRÄT Machen Sie sich oder Ihren Liebsten mit einer Patenschaft für einen Stuhl im Großen Saal des Konzerthauses eine besondere Freude! Mit Ihrer Stuhlpatenschaft unterstützen Sie die Nachwuchsförderung des Konzerthauses Berlin. Infos unter Tel. 030 · 20 30 9 2344 oder konzerthaus.de/zukunft-konzerthaus-ev Vorankündigung Donnerstag 01.06.2017 Freitag 02.06.2017 Sonnabend 03.06.2017 20.00 Uhr · Großer Saal KONZERTHAUSORCHESTER BERLIN PABLO GONZÁLEZ Dirigent ÉRIC LE SAGE Klavier Robert Schumann Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54 Richard Strauss „Ein Heldenleben“ – Tondichtung für großes Orchester op. 40 Konzerteinführung jeweils 19.00 Uhr DIE BLUMEN WURDEN ÜBERREICHT VON ZUKUNFT KONZERTHAUS E. V. IMPRESSUM HERAUSGEBER Konzerthaus Berlin, Intendant Prof. Dr. Sebastian Nordmann · TEXT Dr. Dietmar Hiller · REDAKTION Tanja-Maria Martens · KONZEPTION / GESTALTUNG Meta Design AG · ABBILDUNGEN Isabelle Levy (J.-C. Spinosi), Marco Borggreve (V. Kasarová), privat (E. Krapp), Archiv Konzerthaus Berlin · SATZ UND REINZEICHNUNG www.graphiccenter.de · HERSTELLUNG Reiher Grafikdesign & Druck · Gedruckt auf Recyclingpapier · PREIS 2,50 ¤