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«texte» September 2013
«texte»
Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse
und therapeutische Arbeit
Herausgeber: Alois Altenweger, www.psychologieforum.ch und Szondi-Institut Zürich
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«texte» September 2013
«texte»
Das Online-Magazin
für psychologische Themen,
Schicksalsanalyse
und therapeutische Arbeit
September 2013
Szondi-Institut Zürich
Die Verantwortung für den Inhalt der Texte, die vertretenen Ansichten und Schlussfolgerungen liegt bei den
Autoren bzw. den zitierten Quellen.
Fotos: © Alois Altenweger
Szondi-Institut, Krähbühlstrasse 30, 8044 Zürich, www.szondi.ch, [email protected], Tel. 044 252 46 55
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«texte» September 2013
Inhalt
Thema im Schnittpunkt
Genetische Gemeinsamkeiten bei verschiedenen psychischen Erkrankungen nachgewiesen
Psychologisches
Psychologen entschlüsseln die sozialen Konsequenzen von Narzissmus
Reife und Ausgeglichenheit
Medizin und Gesundheit
Tinnitus – alles eine Sache der Gewöhnung?
Das Buch des Monats
Psychiatrische Diagnostik – Zur Kritik der diagnostischen Vernunft
Zu guter Letzt
Nach neuen Meeren
Friedrich Nietzsche
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_Thema im Schnittpunkt
Genetische Gemeinsamkeiten bei verschiedenen psychischen
Erkrankungen nachgewiesen
Haben verschiedene psychiatrische Störungen genetische Gemeinsamkeiten? Dieser Frage
gingen Wissenschaftler in einer internationalen Studie nach. Erforscht wurde das Ausmaß
genetischer Gemeinsamkeiten zwischen fünf psychiatrischen Erkrankungen, die in der
Bevölkerung besonders häufig vorkommen: Schizophrenie, Bipolare Störung, Majore
Depression, Autismus und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS).
Die Ergebnisse zeigen eine starke genetische Korrelation zwischen Schizophrenie und
Bipolarer Störung. Deutlich, wenn auch weniger stark, ist die Überlappung zwischen der
Majoren Depression mit Bipolaren Störungen und Schizophrenie sowie zwischen Bipolarer
Störung und ADHS. Die Ergebnisse der Studie, an der auch Forscher des ZI beteiligt waren,
wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Genetics veröffentlicht.
An der Entstehung psychiatrischer Störungen sind, neben
Umweltfaktoren, besonders erbliche Faktoren beteiligt.
Familienstudien wiesen bereits in der Vergangenheit darauf hin,
dass bei einzelnen, diagnostisch abgegrenzten klinischen Störungen
eine Überlappung der beteiligten genetischen Faktoren besteht. Erst
jetzt war es jedoch durch neue, Genom-weite
Untersuchungsmethoden möglich, diese Überlappung systematisch
auf der molekularen Ebene zu untersuchen. An der Studie
beteiligten sich mehr als 300 Forscher weltweit, darunter auch eine
Vielzahl deutscher Forscher, die im Rahmen des Nationalen
Genomforschungsnetzes „MooDs“ die molekularen Ursachen
affektiver und schizophrener Störungen untersuchen. Im Rahmen
der Studie wurden etwa eine Million variable Stellen im Genom,
sogenannte „Single Nucleotide Polymorphisms“ (SNPs), bei mehr als 75.000 Personen
miteinander verglichen. Untersucht wurden Patienten mit Schizophrenie, Bipolarer Störung,
Majorer Depression, Autismus, ADHS sowie gesunde Kontrollpersonen.
„Diese Studie zeigt einmal mehr, dass unser Ansatz, das Genom systematisch nach den
Ursachen psychischer Störungen zu untersuchen, erfolgreich ist“, betont der Koordinator des
Forschungsnetzes Professor Markus Nöthen vom Institut für Humangenetik der Universität
Bonn. „Das Nadelöhr ist allerdings, dass der Erfolg solcher Untersuchungen von der
Teilnehmerzahl der Patienten abhängt, insbesondere deshalb, da die Krankheitsverläufe so
individuell sind“, gibt Professor Marcella Rietschel, Wissenschaftliche Direktorin der
Abteilung für Genetische Epidemiologie in der Psychiatrie am ZI zu bedenken. Erst der
Zusammenschluss einer großen Zahl an Forschern weltweit und die molekulargenetischen
Daten von Zehntausenden von Individuen haben diesen Erfolg letztlich möglich gemacht.
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Die Wissenschaftler fanden heraus, dass es zwischen Schizophrenie und Bipolarer Störung
eine besonders starke Ähnlichkeit im Muster der SNPs gibt. Dies weist darauf hin, dass es
einen hohen Anteil von gemeinsamen genetischen Faktoren für diese beiden psychiatrischen
Störungen gibt. Hinweise auf eine signifikante Überlappung der beteiligten genetischen
Faktoren gab es auch zwischen Bipolarer Störung und Majorer Depression, sowie auch
zwischen Schizophrenie und Majorer Depression. „Insbesondere für die Schizophrenie und
Majore Depression zeigt die Studie, dass die Krankheitsursachen dieser beiden
psychiatrischen Störungen ähnlicher sind als bisher gedacht“, so Sven Cichon, Professor für
Medizinische Genetik an der Universität Basel. Die Ergebnisse liefern einen bedeutenden
Beitrag zum Verständnis dieser in der Bevölkerung häufigen neuropsychiatrischen
Krankheiten. Sie belegen biologische Gemeinsamkeiten bislang diagnostisch abgegrenzter
Störungen und geben Impulse bei der Suche kausaler Krankheitsklassifikation.
idw-online.de/de/news548885
Ziegenbein, M., Machleidt, W., Brüggemann, B. R., Wessels, A., Haltenhof, H. (Hrsg.):
Schizophrenie – Frühintervention und Langzeitbegleitung
Pabst, 400 S., ISBN 978-3-89967-584-9
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_Psychologisches
Psychologen entschlüsseln die sozialen Konsequenzen von
Narzissmus
Narzissten wirken einerseits charmant, andererseits unangenehm. Eine Forschergruppe um
die Psychologen Prof. Dr. Mitja Back und Dr. Albrecht Küfner von der Universität Münster
hat nun neue Forschungsergebnisse vorgelegt, die diese paradoxen Effekte erklären.
Demnach nutzen Narzissten zwei Verhaltensstrategien, die mit sozialem Erfolg oder mit
Konflikten verbunden sind.
Dr. Christina Heimken Presse- und Informationsstelle
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
10.09.2013
Sie sind schillernde Persönlichkeiten: Narzissten wirken einerseits oft faszinierend und
anziehend auf andere Menschen. Sie machen einen charmanten Eindruck und haben häufiger
Führungspositionen inne. Auf der anderen Seite sind sie unangenehm. Ihnen sind die
Bedürfnisse anderer Menschen egal, sie überschätzen ihren Beitrag zu gemeinsamen
Leistungen, sind arrogant und provozieren Konflikte. Eine Forschergruppe um die
Psychologen Prof. Dr. Mitja Back und Dr. Albrecht Küfner von der Universität Münster hat
nun neue Forschungsergebnisse vorgelegt, die diese paradoxen Effekte erklären. Demnach
lassen sich zwei Seiten von Narzissmus unterscheiden: das narzisstische Bedürfnis nach
Bewunderung, welches mit einem selbstbewussten und charmanten Auftreten einhergeht, und
die narzisstische Rivalität. Letztere ist mit der Abwertung anderer Personen und aggressivem
Verhalten verbunden, besonders nach Kritik.
In einer Reihe von Studien haben die Münsteraner Psychologen gemeinsam mit Kollegen
zeigen können, dass die zwei Seiten von Narzissmus zwar miteinander einhergehen, jedoch
unterschiedliche Auswirkungen auf soziale Begegnungen und soziale Beziehungen haben. Ein
erhöhtes Bedürfnis nach Bewunderung ist mit größerem Selbstbewusstsein, positiverer
Stimmung, extravertierterem Auftreten und höherer Beliebtheit beim Kennenlernen
verbunden. Demgegenüber führt narzisstische Rivalität zur Abwertung anderer, einer
geringeren Beliebtheit in sozialen Gruppen und mehr Konflikten in Freundschaften, aber auch
in romantischen Beziehungen.
"Diese Befunde verdeutlichen, dass Narzissten zwei Gesichter haben. Eine Hälfte der
Persönlichkeit ist durch Selbsterhöhung und Selbstdarstellung auf der Suche nach
Bewunderung gekennzeichnet. Die andere versucht, fehlender Anerkennung und Kritik durch
die Abwertung anderer und durch aggressives Verhalten entgegenzutreten", erklärt Mitja
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Back. "Beide Strategien dienen den Narzissten dazu, ihre vermeintliche Großartigkeit
aufrechtzuerhalten. Sie sind aber unterschiedlich effektiv. Je nachdem, welche der zwei Seiten
in einem sozialen Kontext stärker zum Ausdruck kommt, ist Narzissmus mit sozialem Erfolg
oder mit sozialen Konflikten und Unbeliebtheit verbunden."
Eine solche genaue Betrachtung hilft, die Konsequenzen von Narzissmus in vielen sozialen
Zusammenhängen – beispielsweise Freundschaften, Liebesverhältnisse und soziale
Beziehungen am Arbeitsplatz – und über die Dauer von Beziehungen hinweg zu verstehen.
"Wenn wir Narzissten kennenlernen, erscheinen sie uns aufgrund ihres selbstbewussten und
ausdrucksstarken Verhaltens häufig sympathisch, attraktiv oder als 'Macher'", erläutert
Albrecht Küfner. "Erst später, wenn sich in engeren Interaktionen zeigt, dass Narzissten
weniger auf andere achten und gereizt auf Kritik reagieren, kommt es zu einer abnehmenden
Beliebtheit unter Gleichaltrigen, zu Konflikten in Paarbeziehungen und zu ausbleibendem
Erfolg im Beruf."
Die Psychologen um Mitja Back und Albrecht Küfner wollen nun auf den Ergebnissen ihrer
Studien aufbauen und sich einer Reihe wichtiger offener Fragen widmen, beispielsweise:
Welche Narzissten schaffen es, sozial erfolgreich zu sein, und welche scheitern eher? Wer
profitiert von Narzissten und wer leidet unter ihnen? Wie bewusst ist Narzissten überhaupt ihr
eigener Narzissmus, und wie ist der Übergang zu narzisstischen Persönlichkeitsstörungen zu
verstehen?
Neben Wissenschaftlern aus Münster waren Forscher der Universitäten Göttingen, Berlin und
Tilburg (Niederlande) an den Studien beteiligt. Die Forschung von Mitja Back und seinen
Kollegen zu den sozialen Konsequenzen von Narzissmus wird von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft unterstützt.
Beteiligte Wissenschaftler:
Universität Münster: Mitja Back, Roos Hutteman, Albrecht Küfner, Steffen Nestler, Stefanie
Wurst
Georg-August-Universität Göttingen: Tanja M. Gerlach
Humboldt-Universität Berlin: Michael Dufner, John F. Rauthmann
Universität Tilburg (Niederlande): Jaap J. A. Denissen
Weitere Informationen:
http://www.uni-muenster.de/PsyIFP/AEBack/
http://www.uni-muenster.de/PsyIFP/AEBack/research/publications.html
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_Psychologisches
Reife und Ausgeglichenheit
Ältere Personen zeigen weniger Leistungsschwankungen als jüngere. Dies geht aus den Daten
der COGITO-Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin hervor.
Schlüssel verlegt, Handy vergessen, Termin verschwitzt… Es gibt Tage, an denen scheint uns
unser Gedächtnis im Stich zu lassen. Doch stimmt es wirklich, dass wir an manchen Tagen
geistig besser in Form sind als an anderen? Wie sehr schwankt unsere geistige
Leistungsfähigkeit von einem Tag auf den anderen, wie sehr im Tagesverlauf? Zeigen jüngere
und ältere Erwachsene vergleichbare Leistungsveränderungen? Diesen Fragen gingen
deutsche und schwedische Wissenschaftler im Rahmen der COGITO-Studie des Max-PlanckInstituts für Bildungsforschung in Berlin nach.
Für die Untersuchung bearbeiteten 101 Personen im Alter von 20 bis 31 Jahren und 103
Personen im Alter von 65 bis 80 Jahren neun verschiedene Aufgaben an 100 verschiedenen
Tagen. Mit den Aufgaben wurden die Wahrnehmungsgeschwindigkeit, die Merkfähigkeit und
das Arbeitsgedächtnis getestet. Die Wiederholung der Aufgaben über 100 Tage erlaubte es
den Forschern, neben den Lernfortschritten auch die täglichen Leistungsschwankungen zu
bestimmen und zwischen den Altersgruppen zu vergleichen.
Die Ergebnisse der Auswertung zeigen, dass tatsächlich Schwankungen der geistigen
Leistungsfähigkeit auftraten. Allerdings sei nach Ansicht der Forscher das häufig auftretende
Gefühl, dass gleich der ganze Tag gut oder schlecht ist, eher nicht realistisch. Der Großteil der
Leistungsschwankungen trete über kürzere Zeitspannen auf. Was uns als schlechter oder guter
Tag erscheine, lasse sich oft auf gute und schlechte Momente zurückführen – ohne dass die
Leistung, über den ganzen Tag betrachtet, schlechter oder besser sei als an anderen Tagen.
Die tatsächlichen Schwankungen von Tag zu Tag seien vergleichsweise gering.
Überraschend waren die Ergebnisse des Vergleichs zwischen den Altersgruppen: Die älteren
Versuchsteilnehmer zeigten bei allen untersuchten Aufgaben geringere
Leistungsschwankungen von Tag zu Tag als die jüngeren. Ihre geistige Leistungsfähigkeit
war folglich zuverlässiger. Dies galt auch dann, wenn die Leistungsvorteile der Jüngeren
berücksichtigt wurden.
Weitere Auswertungen der Wissenschaftler weisen darauf hin, dass für die höhere
Zuverlässigkeit bei den Älteren erlernte Strategien bei der Aufgabenbearbeitung, eine
gleichbleibend hohe Motivation sowie ein ausgeglichener Alltag mit stabiler Stimmungslage
eine wichtige Rolle spielen. Dies steht in Übereinstimmung mit früheren Studien, die zeigten,
dass die emotionale Ausgeglichenheit mit dem Alter ansteigt.
Die Wissenschaftler betonen, dass ihre Ergebnisse auch mit Blick auf die Debatte über die
Leistungsfähigkeit Älterer im Berufsleben interessant seien. Die Produktivität und
Zuverlässigkeit älterer Mitarbeiter sei unter dem Strich höher als die der jüngeren. Auch dies
bestätigt die Ergebnisse früherer Untersuchungen, die belegen, dass ältere Mitarbeiter deutlich
seltener schwere und teuer zu beseitigende Fehler machen als jüngere und den jungen
Kollegen in puncto Produktivität nicht unterlegen sind.
Quelle: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
Foto © Joi Ito / flickr.com unter CC BY 2.0
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_Medizin und Gesundheit
Tinnitus – alles eine Sache der Gewöhnung?
Fähigkeit des Gehirns, sich an Geräusche zu gewöhnen, ist bei Tinnituspatienten
offensichtlich gestört. Training kann gegensteuern.
Prof. Dr. Peter Kropp
Ohrgeräusche sind ganz normal und tauchen bei fast allen Menschen gelegentlich auf. Sind
sie dauerhaft vorhanden, spricht man von einem Tinnitus. Tinnituspatienten sind häufig durch
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die dauerhaften Geräusche sehr beeinträchtigt. Eine Arbeitsgruppe aus Rostock ist nun dem
Phänomen weiter auf den Grund gegangen und hat festgestellt, dass Tinnituspatienten, statt
sich an immer wieder kehrende Geräusche zu gewöhnen, diesen sogar wachsende
Aufmerksamkeit zukommen lassen. Es ist bekannt, dass bei Tinnitus-Patienten die kortikale
Aufmerksamkeit oft verändert ist. Man geht bei diesen Menschen davon aus, dass der
Tinnitus durch eine Fehlfunktion der neuronalen Verarbeitung verursacht wird, durch die
Ohrgeräusche anstatt abgeschwächt zu werden eher verstärkt wahrgenommen werden. Der
Kopf wendet die Aufmerksamkeit demnach stärker auf das Ohrgeräusch hin anstatt das
Geräusch durch Abnahme der Aufmerksamkeit abzuschwächen. Den Vorhang der
Abschwächung eines Signals oder Geräusches nennt man auch Habituation; man kann diese
daran erkennen, dass ein tickender Wecker in der Nacht irgendwann nicht mehr stört. Die
fehlende Aufmerksamkeit auf das Geräusch hin blendet das Ticken aus. Ganz im Gegensatz
dazu kann fehlende Habituation zu einer Zunahme der Intensität des nächtlichen WeckerTickens führen, was dann als sehr störend empfunden werden kann.
Habituationseffekte lassen sich auch bei der Messung des Elektro-Enzephalogramms (EEG)
feststellen. Dabei werden Töne präsentiert, wobei auf einen bestimmten Ton schnell mit
Tastendruck reagiert werden muss. Normalerweise kann im Verlauf von 32 derartigen
Durchgängen eine Habituation, also eine Abnahme der EEG-Kurven beobachtet werden. Die
Arbeitsgruppe um den Medizinpsychologen Professor Peter Kropp aus Rostock konnte nun
bei Menschen mit einer länger andauernden Tinnitus-Erkrankung zeigen, dass die EEGKurven sogar zunahmen. Und zwar umso stärker, je länger die Patienten bereits unter dem
Tinnitus litten. Dies deutet darauf hin, dass mit zunehmender Erkrankungsdauer
Ohrgeräuschen eine immer größere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Damit wird ein
Teufelskreis in Gang gesetzt, durch den sich die Ohrgeräusche hartnäckig halten können.
„Die Erkenntnisse der Studie weisen deutlich darauf hin, dass beispielsweise die TinnitusRetraining-Methode, ein sehr erfolgreiches psychotherapeutisches Habituationstraining zur
Behandlung des Tinnitus, das Übel offensichtlich an der Wurzel anpacken kann“, sagt Prof.
Kropp, der Leiter des Instituts für Medizinische Psychologie…. „Möglicherweise wird man in
Zukunft die EEG-Kurven sogar nutzenkönnen, um den Patienten ihren Trainingserfolg direkt
zurückzumelden und damit das Training noch effizienter zu gestalten.“
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_Das Buch des Monats
Psychiatrische Diagnostik
Klaus Brücher, Martin Poltrum (Hg.)
Psychiatrische Diagnostik
Zur Kritik der diagnostischen Vernunft
Broschur, 333 Seiten, Fr. 46.90
ISBN: 978-3-938880-55-5
Vor jeder Therapie steht die Diagnose – aber ist die gegenwärtige Praxis der psychiatrischen
Diagnostik geeignet, klinisches Handeln und wissenschaftliche Forschung anzuleiten? Der
Versuch, psychische »Störungen« theorie- und schulenunabhängig zu operationalisieren
(DSM, ICD), hat zu keiner überzeugenden Ordnung geführt und eine Verarmung der
klinischen Wahrnehmung und Praxis mit sich gebracht. Eine eindeutige Erfassung
psychiatrischer Krankheitsbilder hinsichtlich Psychopathologie, Differentialdiagnose, ÄtioPathogenese, Prognose und Therapie ist allerdings eine unverzichtbare Voraussetzung für
rationale Interventionen.
Was Diagnosen und die verschiedenen diagnostischen Systeme prinzipiell leisten und wo ihre
Grenzen sind, wird durch die Kritik der diagnostischen Vernunft bestimmt. Diagnosen
können Menschen stigmatisieren, aber auch entlastend und exkulpierend wirken, sie sind die
Grundlage für Verstehens- und Erklärungsansätze und für daraus abgeleitete Interventionen.
Nicht zuletzt verweisen Diagnosen auch in die Geschichte, denn jede Zeit findet und erfindet
ihre Krankheiten ein Stück weit mit. Der Band leistet die notwendige kritische Bestimmung
psychiatrischer Diagnostik für unsere Zeit.
Herausgeber: Klaus Brücher, Dr. med., Ärztlicher Direktor der AMEOS Klinik Dr. Heines,
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Bremen.
Martin Poltrum, Dr. phil., ist Philosoph und Psychotherapeut, Koordinator der Akademie des
Anton Proksch Instituts Wien, Zentrum zur Erforschung und Behandlung von
Suchterkrankungen.
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_zu guter Letzt
Nach neuen Meeren
Dorthin - will ich; und ich traue
mir fortan und meinem Griff.
Offen liegt das Meer, ins Blaue
treibt mein Genueser Schiff.
Alles glänzt mir neu und neuer,
Mittag schläft auf Raum und Zeit -;
Nur dein Auge – ungeheuer
Blickt mich’s an, Unendlichkeit.
Friedrich Nietzsche
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