Alliance Franco Russe - Kammerorchester Basel

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Sa, 11.2.2017, 19.30 Uhr | Martinskirche Basel
Besetzung Kammerorchester Basel
18.45 Uhr Einführung mit SRF2 Redaktor Florian Hauser
Leitung und Violine
Alfred Schnittke (1934 - 1998)
Moz-Art à la Haydn
Spiel mit Musik für 2 Solo-Violinen, 2 kleine Streichorchester, Kontrabass und
Dirigent (1976)
Renaud Capuçon
Solisten: Renaud Capuçon und Daniel Bard – Violine
1. Violine
Renaud Capuçon
Daniel Bard
Ewa Miribung
Tamás Vásárhelyi
2. Violine
Jana Karsko
Yukiko Tezuka
Mirjam Steymans-Brenner
Valentina Giusti
Cello
Christoph Dangel
Georg Dettweiler
Hristo Kouzmanov
Kontrabass
Solist: Renaud Capuçon – Violine
1.Andante
2.Allegretto
3.Largo
Pause
Daniel Szomor
Schlagzeug
Julien Annoni
Viola
Mariana Doughty
Bodo Friedrich
Renée Straub
Anna Pfister
2
Dmitri Schostakowitsch (1906 - 1975)
Violinsonate op. 134, arrangiert für Violine, Schlagzeug und Streichorchester
von Mikhail Zinman und Andrei Pushkarev
Programm 27.3.2017
11.2.2017 || Alliance
Make Beethoven
franco russe
great again
Pjotr Tschaikowski (1840 - 1893)
«Souvenir de Florence» op. 70 für Streichsextett
in der Version für Streichorchester
1.
2.
3.
4.
Allegro con spirito
Adagio cantabile e con moto
Allegro moderato
Allegro vivace
3
«Auch wenn ich Franzose bin, fühle ich viele
Verbindungen zu Russland, ganz besonders
aber durch den Lehrer meines Lehrers, den
grossartigen Soloviolinisten Efrem Zimbalist»
(Renaud Capuçon)
Renaud Capuçon © Marc Ribes
Renaud Capuçon
Als Geigenvirtuose und Kammermusikpartner ist Renaud Capuçon international hoch geschätzt. 1976 in Chambéry geboren, begann er seine Ausbildung im Alter von vierzehn Jahren am Conservatoire National
Supérieur de Musique in Paris bei Gérard Poulet und Veda Reynolds
und vollendete sie in Berlin bei Thomas Brandis und Isaac Stern. 1997
wurde er von Claudio Abbado zum Konzertmeister des Gustav Mahler
Jugendorchesters ernannt und wirkte hier drei Jahre lang unter Dirigenten wie Pierre Boulez, Seiji Ozawa, Daniel Barenboim und Franz
Welser-Möst. Im Jahr 2000 wurde er zum «Rising Star» und zum «New
Talent of the Year» (französische Victoires de la Musique) und gewann
2006 den «Prix Georges Enesco» (Sacem).
Renaud Capuçon ist regelmässig zu Gast bei den wichtigsten Orchestern, u.a. Berliner und Wiener Philharmoniker, Staatskapelle Dresden
und Berlin, Orchestre Philharmonique und National de France, London
Symphony und Philharmonia Orchestra, St. Petersburg Philharmonic,
Orchestra di Santa Cecilia Rom, in den USA beim New York und Los
Angeles Philharmonic, Boston und Chicago Symphony und Philadelphia
Orchestra sowie in Asien beim NHK-Symphony Orchestra Tokyo und
Seoul Philharmonic. Auch mit Kammerorchestern spielt Renaud Capuçon gerne, z.B. mit dem Scottish Chamber Orchestra und dem Chamber Orchestra of Europe. Am Pult stehen bedeutende Dirigenten wie
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Programm 11.2.2017 | Alliance franco russe
Semyon Bychkov, Christoph von Dohnányi, Myung-Whun Chung,
Gustavo Dudamel, Charles Dutoit, Christoph Eschenbach, Daniele Gatti,
Bernard Haitink, Daniel Harding, Vladimir Jurowski, Andris Nelsons,
Yannik Nézet-Séguin, Jonathan Nott, Matthias Pintscher, Jukka-Pekka
Saraste, Lahav Shani und Tugan Sokhiev. Neben allen grossen Violinkonzerten liegt Renaud Capuçon insbesondere die zeitgenössische Literatur am Herzen. Er brachte diverse Werke zur Uraufführung, darunter Konzerte von Pacal Dusapin, Wolfgang Rihm und Bruno
Mantovani, die im Oktober 2016 auf CD erschienen sind. Renaud
Capuçon ist ein leidenschaftlicher Kammermusiker mit Partnern wie
Nicholas Angelich, Martha Argerich, Yuri Bashmet, Frank Braley, Daniel
Barenboim, Yefim Bronfman, Gérard Caussé, Hélène Grimaud, Katia
und Marielle Labèque, Mischa Maisky, Truls Mørk, Maria João Pires,
Vadim Repin und Jean-Yves Thibaudet und natürlich mit seinem Bruder, dem Cellisten Gautier Capuçon. Bei Warner Classics/Erato nimmt
Renaud Capuçon exklusiv auf. Seine jüngste Duo-Einspielung enthält
Sonaten von Franck, Grieg und Dvořák mit der Pianistin Khatia
Buniatishvili und die Violinkonzerte von Bruch und Lalo mit dem
Orchestre de Paris unter Paavo Järvi.
Im Juni 2016 wurde Capuçon in Frankreich zum Ritter der Ehrenlegion
(«Chevalier de la Légion d’honneur») ernannt. Er ist Mitbegründer und
Künstlerischer Leiter des Osterfestivals in Aix-en-Provence und seit
2016 künstlerischer Leiter des Festival Sommets Musicaux in Gstaad.
Für den musikalischen Nachwuchs engagiert er sich im Rahmen seiner
Professur am Conservatoire de Lausanne und als Botschafter für das
«Zegna & Music Project». Renaud Capuçon spielt auf einer Guarneri del
Gesù «Panette» (1737), die einst Isaac Stern gehörte und ihm von der
Banca Svizzera Italiana zur Verfügung gestellt wird.
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Kammerorchester Basel
Dreimal Russland
Das Kammerorchester Basel gilt als ein führender internationaler
Klangkörper. Einladungen in die weltweit bedeutendsten Konzerthäuser und Festivals prägen die Agenda ebenso wie die eigene Konzertreihe in Basel. Eine Diskographie mit über 30 CDs, viele mit prominenten Preisen ausgezeichnet, zeugt von der Qualität des Orchesters. Unter der künstlerischen Leitung seiner Konzertmeister und Konzertmeisterinnen sowie unter der Stabführung ausgewählter Dirigenten
präsentiert das Kammerorchester Basel in rund 80 Auftritten pro
Jahr sein breites Repertoire von Barock bis zeitgenössischer Musik.
Eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit verbindet das Basler Ensemble mit seinem Prinzipal Guest Conductor Giovanni Antonini. Ein
Höhepunkt ist dabei der Beethoven-Zyklus, den das Orchester und
der renommierte Barockspezialist erarbeitet haben. Unter Antoninis
Leitung wird das Kammerorchester Basel im Wechsel mit dem italienischen Ensemble «Il Giardino Armonico» bis ins Jahr 2032 alle 107
Sinfonien Joseph Haydns aufführen und auf CD einspielen.
Dreimal Russland: 1892, 1968 und 1976.
Drei unterschiedlichste Facetten eines Landes mit grosser Musiktradition: russisch-melancholisch gefärbte Italianità bei Tschaikowski,
introvertiert-verschachtelte Düsternis bei Schostakowitsch, hintergründig-witziges Spiel mit den Stilen bei Schnittke.
Kammerorchester Basel © Heike Kandalowski
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Programm 11.2.2017 | Alliance franco russe
Russland zum ersten: 1976.
Beginnen wir mit ihm, Alfred Schnittke. Wieso eigentlich, fragen Sie
sich vielleicht, ist ein Mann mit diesem Namen ein Russe? Weil im Jahr
1934 in Engels, der damaligen Hauptstadt der Wolgadeutschen Republik, eine Lehrerin und ein Journalist (ein Jude lettischer Herkunft aus
Frankfurt) Eltern des Buben Alfred werden. Während des Kriegs zieht
die Familie nach Moskau; der kleine Alfred bekommt intensiven Musikunterricht. Ein kurzer Abstecher nach Wien folgt nach dem Krieg –
über diese Zeit schreibt Schnittke später: «Nun komme ich nach Wien,
und da darf ich deutsch sein.» Die nächsten Jahrzehnte aber ist wieder
Moskau sein Lebens- und Arbeitszentrum. Hier studiert er, lehrt selbst,
schreibt 70 Filmmusiken und entwickelt eine eigene Handschrift: die
sogenannte Polystilistik, die ihren Grund in den beiden Kulturen haben
mag, zwischen denen sich Schnittke zeitlebens bewegt: der deutschen
und der russischen. Und die künstlerisch reichhaltig ist. Schon in seiner
ersten Sinfonie verknüpft Schnittke exzessiv Zitate aus Barock, Tanzund Jahrmarktmusik. Diese Mischkunst verfeinert er mehr und mehr,
zerlegt verschiedene musikalische Genres und setzt sie neu zusammen: Barockes, Atonales, Tango und Walzer. Oder Klassisches. Zum
Beispiel von Mozart.
Wie aber Mozart begegnen? Andächtig oder provokant, emphatisch
oder betulich? Eine schöne, fruchtbare, leichte Gegenposition findet
Schnittke in seiner Moz-Art à la Haydn. Sie ist Teil einer Werkreihe, die
zwischen 1976 und 1990 entstand. Diese Reihe umfasst Moz-Art für
zwei Geigen (1976), Moz-Art à la Haydn für zwei Geigen, zwei kleine
Kammerorchester, Kontrabass und Dirigent (1976), Moz-Art für drei
Paar Instrumente (1980) und Moz-Art à la Mozart für acht Flöten und
Harfe (1990). Es ist eine Werkreihe, die sich auf das immer gleiche
Stück bezieht, Mozarts Faschingspantomime KV 446, von der allein die
Stimme der ersten Geige erhalten ist. Eine Steilvorlage für Schnittke,
indem er sich nicht auf den vollendeten, sondern den fragmentarischen Mozart stürzt, die originalen Themen und Melodiefragmente
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neu zusammensetzt und dann fröhlich behauptet, er habe «nichts hinzukomponiert» und «sich allein auf das Zusammenführen der Themen,
die bei Mozart einzeln erklingen, deren Harmonisierung und ähnliches» konzentriert. Was im Gegenzug freilich heisst, dass es durch die
Collagetechnik zu irritierenden Klangspannungen kommt – auch wenn
Schnittke seiner Moz-Art à la Haydn die blumigen Worte mitgibt: «Lose
Blätter einer beinahe verschollenen Partitur des Hofkompositeurs zu
Wien, Johannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart. So
Anno 1783 im Februar des selbigen Jahres vom Meister höchsteigenhändigst componieret, auf wunderbare Art von seinem treuesten
Schüler und ergebensten Verehrer, Alfredus Henricus Germanus Rusticus zu Moscau anno 1976 in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar im
Träume erhöret und aus dem Gehör mit höchster Präzision in Notenschrift festgehalten.»
Ein wilder Traum. Denn Schnittke schneidet die Zitate so, dass die
melodischen und motivischen Konturen erhalten und die Themen untransponiert bleiben, dass unterschiedliche Tonarten gleichzeitig erklingen, verschiedene Taktarten überblendet werden und der eine oder
andere Verfremdungseffekt (Flageolett, Skordatur, Pizzicato) die Farbpalette erheblich erweitert. Polystilistisches Komponieren, das ist, wie
Schnittke sagt, «dokumentarische Objektivität unserer musikalischen
Realität». Und es kommt noch etwas dazu: Denn Überlieferung und
Gegenwart verharren nicht im Gegensatz, sondern entwickeln, verschlingen sich im Prozess. Was anfangs klar und tonal ist, ver- und entfremdet zunehmend: Mozart geht durch den Filter der Aneignung hindurch. Den Zauber dieser Musik macht wohl genau jene Vielschichtigkeit
aus. Moz-Art à la Haydn klingt so vertraut wie fremd – und ist dabei
vom heiligen Ernst ebenso weit entfernt wie vom platten musikalischen
Witz.
«Ich habe kein Land, ich habe keinen
Platz. Das hat mich jahrelang gequält.
Dann habe ich verstanden und endlich
Ruhe gefunden: Es wird keine reale
Lösung geben.»
Alfred Schnittke
Im Westen stösst Schnittkes respektlose Polystilistik recht schnell auf
Interesse. Dank dem Geiger Gidon Kremer findet sie ihren Weg zu den
Musikfestivals in Graz, Paris, London, Berlin, Donaueschingen oder
Wien. Die Kulturfunktionäre daheim aber begegnen ihr mit Argwohn:
zu experimentell, zu dekadent, zu westeuropäisch. Und das wiederum
ist ein Kapitel, das bei Dmitri Schostakowitsch eine noch viel grössere
Bedeutung hat … Womit wir im Jahr 1968 sind.
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Programm 11.2.2017 | Alliance franco russe
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Russland zum zweiten: 1968.
Die Einflussnahme der Politik auf die Kunst ist mal mehr, mal weniger
deutlich. Im Nationalsozialismus ist sie sehr deutlich. Von Anfang an ist
klar, wer unerwünscht ist – der dann mit aller Härte verfolgt wird. Anders zeigt sich das im stalinistischen Russland: Unter Stalin müssen
Künstler in ständiger Unsicherheit leben, ob sie gerade gelitten sind
oder nicht. Dmitri Schostakowitsch ist dafür ein Paradebeispiel. Er ist
hochbegabt, voller Tatendrang und früh erfolgreich. Seine Oper Lady
Macbeth von Mzensk feiert 1936 riesige Erfolge, wochenlang. Dann
plötzlich erscheint in der Prawda ein angriffiger Artikel: «Das ist linke
Zügellosigkeit anstelle einer natürlichen, menschlichen Musik. Das
aber kann böse enden. Die Gefahr, die diese Richtung für die sowjetische Musik bedeutet, ist offensichtlich.» Der Artikel ist unsigniert, also
offizielle Parteimeinung. Ein Blitz wie aus heiterem Himmel. Warum?
Weil Josef Stalin eine Vorstellung besucht und wegen einer drastischen Sex-Szene die Oper wutschnaubend verlassen hatte.
Soldatenfriedhof in Russland
Nun beginnt das zermürbende Katz-und Maus-Spiel, dieses Spiel mit
Zuckerbrot und Peitsche. Schostakowitsch wird einerseits als Staatskomponist hofiert und muss andererseits damit rechnen, vom KGB
abgeholt zu werden, er wird mit Medaillen ausgezeichnet und muss
vor der Partei zu Kreuze kriechen. 1948 wird der «1. Unionskongress
der sowjetischen Komponisten» inszeniert und Schostakowitsch
macht das, was man von ihm erwartet: Er unterwirft sich. Allen Ernstes sagt er: «Auch wenn es mir schwerfiel, die Verurteilung meiner Musik anzuhören, so weiss ich, dass die Partei recht hat, dass es die Partei
gut mit mir meint und dass es meine Aufgabe ist, Wege zu finden, die
mich zum sozialistischen, realistischen und volksnahen Schaffen führen. Ich bin ein sowjetischer Künstler und ich bin in der Sowjetunion
aufgewachsen. Ich sollte und ich will einen Weg zum Herzen des Volkes
finden.» Genau das ist vielleicht sein grösstes Dilemma: Er ist absoluter
Patriot, und die Suche nach Anerkennung ist seine Tragödie. Dass jemand daran nicht zerbricht, ist unwahrscheinlich. Schostakowitsch
zerbricht daran, macht öffentliche Demutsgesten und komponiert
avancierteste Werke, hält sie aber zurück, weil er weiss, dass sie ihm
das Genick brechen könnten.
1968, über drei Jahrzehnte nach den ersten Angriffen in der Prawda
und 20 Jahre nach dem verhängnisvollen, demütigenden «1. Unions-
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kongress der sowjetischen Komponisten» ist Schostakowitsch gesundheitlich schwer angeschlagen. Nach diversen Lähmungserscheinungen bzw. Muskelschwäche (beim Essen kann er die Gabel nicht
mehr halten und entschuldigt sich bei den Tischgenossen mit Appetitlosigkeit) hatten die Ärzte eine Art Poliomyelitis diagnostiziert, also
eine Kinderlähmung, die bei Erwachsenen kaum vorkommt und nicht
heilbar ist. Das Komponieren wird extrem beschwerlich, mehr und
mehr schlägt sich seine Gesundheits- und Gemütslage auch in der Musik nieder. Ästhetisch gespiegelt, versteht sich. Der schnelle, so überbordende wie tiefsinnige Witz seiner Tonsprache bekommt düstere,
groteske, sarkastische Schatten. Eine neue Art von Innerlichkeit, eine
neue Art von Konzentration wird spürbar. Und in der Geigensonate op.
134 auch eine bisher fremde emotionale Zurückhaltung.
Tschaikowski Videotagebuch Florenz © Ralf Pleger
Dabei ist diese Sonate ein Geburtstagsgeschenk, und zwar ein verspätetes. Zum Sechzigsten seines Freundes David Oistrach hatte
Schostakowitsch ihm ein Geigenkonzert komponiert – allerdings ein
Jahr zu früh, Oistrach wurde erst 59. «Offenbar meinte Dmitri», erinnerte sich Oistrach, «dass er diesen Fehler unbedingt ausbessern
müsse. So entstand die Sonate für Violine und Klavier. Ich hatte
nichts dergleichen erwartet, obwohl ich schon lange davon träumte,
dass Schostakowitsch einmal eine Geigensonate schreiben würde.
Ein prächtiges Geschenk, nicht nur für mich, sondern natürlich für
unsere gesamte Musikwelt.» Dass Schostakowitsch mit dem Geigenkonzert zu früh kommt und mit der Sonate nun zu spät (die letzten
Takte werden erst einige Wochen nach der Geburtstagsfeier fertig),
stört Oistrach dabei nicht weiter. Er spielt diese Sonate, spielt sie oft,
und sie wird zum festen Bestandteil im Geigenrepertoire. Schon 1970
wird sie Pflichtstück beim Moskauer Tschaikowski-Wettbewerb, dem
berühmtesten aller Musikwettbewerbe.
Dessen Geschichte beginnt 1958 mit einem Politikum: Denn den ersten
Preis gewinnt damals ein Klassenfeind, ein Amerikaner: der 23-jährige
Van Cliburn. Die USA feiern ihn nach seiner Rückkehr als Helden und
auch der Sowjetunion gelingt es, die eigentlich peinliche Situation auszuschlachten: «Auf alle ausländischen Musiker», so heisst es, «macht
die Tatsache Eindruck, dass beim schöpferischen Wettbewerb in Moskau der überaus begabte amerikanische Pianist Van Cliburn entdeckt
wurde.» Van Cliburn aber führt uns auf eine falsche Fährte …
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Russland zum dritten: 1892.
… Die richtige Fährte ist der Namensgeber des Wettbewerbs, Pjotr Iljitsch Tschaikowski. In den frühen 1890er Jahren, nach der Uraufführung seines «Dornröschen»-Balletts, geht Tschaikowski für drei Monate in die Toskana, nach Florenz, wo er in Abgeschiedenheit in nur
eineinhalb Monaten seine Oper «Pique Dame» komponiert. Direkt im
Anschluss an diese Arbeit skizziert er Ideen und macht sich dann, zurück in Moskau, an die Ausarbeitung seines einzigen Streichsextetts,
des «Souvenir de Florence». In Italien geblieben wäre er wohl schon
gern, allein er muss zurück nach Moskau. Denn in Florenz hat sich herumgesprochen, dass der berühmte russische Komponist in der Stadt
ist und so kann er sich vor Einladungen nicht mehr retten. Also zurück.
Ins Landhaus. Und an seine Mäzenin Nadeshda von Meck schreibt er:
«Noch nie hat Gott der Natur so viel Schönes verliehen wie in diesem
Sommer. Meine Blumen blühen zahlreich wie noch nie. Kaum hatte ich
die Oper beendet, da wandte ich mich einer neuen Komposition zu,
deren Entwurf ich bereits beendet habe. Ich hege die Hoffnung, Sie,
meine Liebe, werden froh sein, dass ich ein Sextett für Streicher komponiert habe.»
Was uns mit Musikern
verbindet, ist die Liebe
ZUR PERFEKTEN
KOMPOSITION.
Eine der glücklicheren Zeiten in seinem Leben war das wohl. Nicht beschwert durch seine sonstigen Probleme, die Beziehungsspannungen,
die Konkurrenz zu den grossen Komponistenkollegen und überhaupt
eine schwierige Selbstfindung. «In Leipzig wirft man mir vor, ich sei
französisch, in Hamburg, ich sei asiatisch, in Paris, ich sei deutsch, in
Russland findet man, ich sei alles im Durcheinander und jedenfalls
völlig unoriginell.» Das Sextett beweist das Gegenteil: als Musik eines
Weltbürgers, der eines nicht ist: unoriginell.
Florian Hauser
DAS IST CLARIANT:
LEIDENSCHAFTLICHER FÖRDERER DER KÜNSTE
Das perfekte Zusammenspiel von Harmonie, Tempo
und Rhythmus erschafft Musik, die uns alle bewegt.
Fast wie bei uns: Denn wenn wir etwas bewegen
wollen, entstehen aus Engagement, Know-how
und Forschung innovative Lösungen für die Spezialchemie, die Emissionen senken, Rohstoffe sparen –
und nachhaltig Wert schaffen.
Das ist uns wichtig.
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Nächste Konzerte
«Basel Composition Competition»
Do, 16.2., und Sa, 18.2. je 15.00 Uhr Theater Basel, Foyer | Wettbewerbskonzerte
So, 19.2., 11.00 Uhr Theater Basel, Foyer | Abschlusskonzert und Preisverleihung
Franck Ollu (Leitung)
«Kostprobe»
Mo, 27.2., 12.30 Uhr Basel, Volkshaus
Giovanni Antonini (Leitung)
Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 79 F-Dur Hob. I:79
Haydn 2032: «Lamentatione» – Abo und Unterwegs
Di, 28.2., 19.00 Uhr Basel, Martinskirche – Abokonzert
Mi, 1.3., 20.30 Uhr Rom, Auditorium | Di, 7.3, 19.30 Uhr Wien, Musikverein
Giovanni Antonini (Leitung)
Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 30; Sinfonie Nr. 3; Sinfonie Nr. 26; Sinfonie Nr. 79
Joseph Martin Kraus: Ouvertüre d-Moll VB 147
«Nachtklang III» – Haben Sie die Kreutzer-Sonate gelesen?
Fr, 17.3., 22.00 Uhr Basel, Druckereihalle im Ackermannshof
Yukiko Tezuka und Jana Karsko (Violine), Mariana Doughty (Viola),
Hristo Kouzmanov und Ekachai Maskulrat (Cello), Maria Thorgevsky (Sprecherin)
Ludwig van Beethoven: Kreutzer-Sonate
Auszüge aus der Novelle «Die Kreutzer-Sonate» von Lew Nikolajewitsch Tolstoi
In Zusammenarbeit mit Philosophicum Basel
«Tschaikowski & Beethoven» – Abo und Unterwegs
Sa, 25.3., 20.00 Uhr Brügge, Concertgebouw | So, 26.3., 20.00 Uhr Frankfurt, Alte Oper
Giovanni Antonini (Leitung), Sol Gabetta (Cello)
Mo, 27.3., 19.30 Uhr Basel, Musical Theater – Abokonzert «Make Beethoven great again»
Giovanni Antonini (Leitung), Nicolas Altstaedt (Cello)
Werke von Mozart, Tschaikowski, Jaggi und Beethoven
Vorverkauf
www.kulturticket.ch | www.kammerorchesterbasel.ch
Impressum
Herausgeber
Text
Redaktion 16
Kammerorchester Basel
Florian Hauser
Barbara Tacchini
Programm 11.2.2017 | Alliance franco russe
Design Stadtluft
Satz
Nadin Zeisse
Druck Hornberger Druck GmbH
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