Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden Direktor: Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Michael Bauer Wirksamkeit einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenintervention bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung Dissertationsschrift zur Erlangung des akademischen Grades Doctor rerum medicinalium (Dr. rer. medic.) vorgelegt der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden von Maren Rottmann-Wolf aus Bielefeld Dresden 2016 Erster Gutachter: Prof. Dr. Andrea Pfennig Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Thomas D. Meyer Vorsitzender der Promotionskommission: Tag der mündlichen Prüfung: 04.08.2016 Prof. Dr. Kerstin Weidner Danksagung Mein besonderer Dank gilt Frau Prof. Dr. Andrea Pfennig für die sachkundige Betreuung und die vielen wichtigen Impulse, die ganz entscheidend zur Realisierung dieser Arbeit beigetragen haben. Weiterhin sollen die Kollegen, die allesamt mit hohem Engagement an der Konzeption und Durchführung der EarlyCBT-Studie beteiligt waren, Dank erfahren. Ebenso möchte ich mich bei meinen Kolleginnen Cathrin Sauer und Steffi Pfeiffer für die Aufbereitung der Daten und die hilfreichen Ratschläge bedanken. Ein großes Dankeschön geht auch an meine Kollegen Dr. Philipp Ritter, Dr. Sara Jahnke und Josephine Mathiebe für ihre wertvollen Rückmeldungen. Herzlich bedanken möchte ich mich bei Prof. Dr. Malte Schwinger, der mir nicht nur fachkundig zur Seite stand, sondern immer wieder die richtigen Worte fand, die mich nach vorne blicken ließen. Ebenso danke ich meinen Eltern und besonders meinem Bruder Heiko für die hilfreichen Korrekturhinweise sowie für die vielen aufmunternden Worte. Zuletzt gilt mein Dank meinem Mann Thomas, der stets an mich glaubt, mich in allen meinen Vorhaben unterstützt und mir über den gesamten Prozess des Schreibens dieser Arbeit Rückhalt und Liebe gab. Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis ............................................................................................................III Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... IV Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................... V 1. Einleitung ............................................................................................................... 1 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund ....................................................... 4 2.1. Phänomenologie und Behandlungsmöglichkeiten Bipolarer Störungen ................... 4 2.2. Früherkennung Bipolarer Störungen .......................................................................20 2.3. Frühinterventionen bei Bipolaren Störungen ...........................................................24 3. Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen ..................................................30 4. Methode .................................................................................................................33 4.1. Überblick ................................................................................................................33 4.2. Studienablauf..........................................................................................................33 4.3. Qualitätssicherung ..................................................................................................39 4.4. Studienmaterial .......................................................................................................40 4.5. Interventionen .........................................................................................................47 4.6. Statistische Analysen ..............................................................................................52 5. Ergebnisse ............................................................................................................54 5.1. Stichprobe ..............................................................................................................54 5.2. Vergleichbarkeit der beiden Versuchsgruppen........................................................57 5.3. Testung der Hypothesen.........................................................................................59 5.4. Dropout-Analyse .....................................................................................................69 6. Diskussion ............................................................................................................73 6.1. Diskussion der Untersuchungsergebnisse ..............................................................73 6.2. Stärken und Limitationen der vorliegenden Arbeit ...................................................84 6.3. Fazit und Ausblick...................................................................................................93 Inhaltsverzeichnis II 7. Zusammenfassung ...............................................................................................97 7.1. Zusammenfassung .................................................................................................97 7.2. Summary ..............................................................................................................101 8. Literaturverzeichnis ............................................................................................104 9. Anhangsverzeichnis ...........................................................................................121 10. Anhang ................................................................................................................122 11. Erklärungen.........................................................................................................154 Tabellenverzeichnis III Tabellenverzeichnis Tabelle 1. Maßnahmen und Inhalte der ausführlichen und interaktiven Psychoedukation bei Bipolaren Störungen (übernommen aus DGBS und DGPPN, 2012) .............12 Tabelle 2. Elemente einer KVT bei Bipolaren Störungen nach Meyer und Hautzinger (2004) ..............................................................................................14 Tabelle 3. Elemente der FFT für Bipolare Störungen nach Miklowitz (2008) .......................18 Tabelle 4. Phasen einer IPSRT bei Bipolaren Störungen nach Frank (2005) ......................19 Tabelle 5. Einschlusskriterien .............................................................................................35 Tabelle 6. Ausschlusskriterien ............................................................................................36 Tabelle 7. Dropout-Kriterien................................................................................................38 Tabelle 8. Soziodemographische und klinische Charakteristika der Gesamtstichprobe ......56 Tabelle 9. Vergleichbarkeit der beiden Versuchsgruppen hinsichtlich soziodemographischer und klinischer Parameter ...............................................58 Tabelle 10. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der SIS-Management-Scores zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen ...............60 Tabelle 11. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der SIS-Management-Scores zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen ...............62 Tabelle 12. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der TICS-Gesamt-Scores zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen .....................64 Tabelle 13. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der TICS-Gesamt-Scores zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen .....................65 Tabelle 14. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der FERUS-Gesamt-Scores zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen .................67 Tabelle 15. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der FERUS-Gesamt-Scores zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen .................68 Tabelle 16. Dropout-Häufigkeiten und Dropout-Gründe bis FU3 in den beiden Versuchsgruppen ...............................................................................................70 Tabelle 17. Häufigkeiten der verschiedenen Dropout-Zeitpunkte und –gründe innerhalb der Dropout-Stichprobe.......................................................................71 Tabelle 18. Dropout-Zeitpunkt * Dropout-Grund Kreuztabelle ...............................................71 Abbildungsverzeichnis IV Abbildungsverzeichnis Abbildung 1. Klinisches Stadien-Modell Bipolarer Störungen (nach Duffy, 2015)................21 Abbildung 2. Risikokonstellation für die Entwicklung einer Bipolaren Störung (nach Leopold et al., 2012) ............................................................................24 Abbildung 3. Klinisches Kategorienmodell mit Behandlungsoptionen für Personen mit (Hoch-)Risikoprofil für die Entwicklung Bipolarer Störungen (nach Leopold et al., 2013b) ..........................................................................26 Abbildung 4. Schematische Darstellung des gesamten Studienablaufes ............................38 Abbildung 5. Flussdiagramm zum Rekrutierungs- und Selektionsprozess im Studienverlauf ...........................................................................................55 Abbildung 6. SIS-Management-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen ....................................................................61 Abbildung 7. SIS-Management-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen ....................................................................63 Abbildung 8. TICS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen ....................................................................64 Abbildung 9. TICS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen ....................................................................66 Abbildung 10. FERUS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen ....................................................................67 Abbildung 11. FERUS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen ....................................................................69 Abbildung 12. SIS-Management-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL, FU2 und FU3 für beide Versuchsgruppen…………………………...…………152 Abbildung 13. TICS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL, FU2 und FU3 für beide Versuchsgruppen……………………..………….……152 Abbildung 14. FERUS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL, FU2 und FU3 für beide Versuchsgruppen……………………………...………153 Abkürzungsverzeichnis V Abkürzungsverzeichnis ANOVA analysis of variance BL Baseline BPSS-P Bipolar Prodrome Symptom Scale-Prospective DF degree of freedom DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft DGBS Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. DSM-IV Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen EarlyCBT early cognitive behavioural psychotherapy in subjects at high risk for bipolar affective disorders EM expectation maximization EPIbipolar Early Phase Inventory for bipolar disorders F Prüfgröße der Varianzanalyse FERUS Fragebogen zur Erfassung von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten FFT Familienfokussierte Therapie FU Follow-Up GCP Good Clinical Practice HAMD Hamilton-Depressionsskala ICD-10 Internationale Klassifikation psychischer Störungen IPSRT Interpersonelle und Soziale Rhythmus-Therapie ITT intention to treat KVT Kognitive Verhaltenstherapie λ Zusammenhangsmaß M mean MBCT mindfulness-based cognitive therapy MF-PE Mehr-Familien-Psychoedukative Therapie n Stichprobengröße p Signifikanzniveau partielles η2 Maßzahl für die Effektstärke RCT randomised controlled trial SD standard deviation SE standard error SIS Social Interview Schedule Abkürzungsverzeichnis SKID-I Strukturiertes Klinisches Interview für Psychische Störungen, Achse I SKID-II Strukturiertes Klinisches Interview für Psychische Störungen, Achse II SSRI selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer t Prüfgröße des t-Tests TAU treatment as usual TICS Trierer Inventar zu chronischem Stress UHR ultra high-risk 2 Prüfgröße des 2-Tests YMRS Young Mania Rating Scale ZNS zentrales Nervensystem VI 1. 1. Einleitung 1 Einleitung Bipolare Störungen sind rezidivierende, zur Chronifizierung neigende psychiatrische Erkrankungen, die durch einen zyklischen Wechsel von depressiven und (hypo-)manischen Episoden gekennzeichnet sind (American Psychiatric Association, 1996; Weltgesundheitsorganisation, 1992). Der Beginn liegt meist in der Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter (Bauer et al., 2008; Beesdo et al., 2009; Kupfer et al., 2002). Eine korrekte Diagnosestellung ist aufgrund der Komplexität der Symptomatik und der daraus resultierenden schwierigen differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen psychiatrischen Störungsbildern (v.a. unipolaren affektiven Störungen) erschwert (DGBS und DGPPN, 2012; Hauser et al., 2007) und erfolgt im Durchschnitt etwa zwölf Jahre nach dem Auftreten erster Symptome (Pfennig et al., 2011). Eine adäquate, bipolar-spezifische Behandlung erhalten Betroffene in der Folge oftmals erst viele Jahre nach Ausbruch der Erkrankung (Lish et al., 1994; Pfennig et al., 2011), - mit schwerwiegenden individuellen und gesundheitsökonomischen Konsequenzen. Retrospektive Studien konnten zeigen, dass Bipolare Störungen in ihrer Symptomatik besonders schwerwiegend verlaufen, einhergehend mit einer höheren Anzahl und längeren Dauer an Krankheitsepisoden und Ultra-RapidCycling-Verläufen, wenn das Ersterkrankungsalter bereits in der Kindheit liegt, die Erkrankung lange unentdeckt bleibt und die Dauer bis zum Beginn einer spezifischen Behandlung hoch ist (Post et al., 2010). Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung Bipolarer Störungen ist somit dringend indiziert, um den ungünstigen Krankheitsfolgen entgegenzuwirken (Berk et al., 2009; Hauser et al., 2007). Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der Früherkennung Bipolarer Störungen geben Hinweise darauf, dass Betroffene bereits Monate oder gar Jahre vor der Erstmanifestation unter subsyndromalen Symptomen, sogenannten Prodromalsymptomen (z.B. Stimmungsschwankungen, spezifische Schlaf- und Rhythmusstörungen) leiden (Conus et al., 2008; Correll et al., 2007b; Egeland et al., 2000). Überdies konnten in den letzten Jahren erste wegweisende Erkenntnisse im Bereich der Identifizierung von Risikofaktoren für die Entwicklung Bipolarer Störungen gewonnen werden (Bauer et al., 2008; Correll et al., 2007b; Duffy et al., 2007; Leopold et al., 2012). Die Versorgungspraxis in spezialisierten Früherkennungszentren hat gezeigt, dass ein dringender Bedarf an psychosozialer Unterstützung bei vielen jungen, noch nicht erkrankten Personen mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung besteht. Diese suchen gezielt Hilfe auf, da sie aufgrund ihrer Funktionseinschränkung bereits Schwierigkeiten zeigen, wichtige Entwicklungsaufgaben (z.B. Etablierung eines stabilen Selbstkonzepts, Autonomieentwicklung, Aufbau sozialer Kompetenzen, Erwerb eines 1. Einleitung 2 Schulabschlusses und Vorbereitung auf die Berufswelt) zu bewältigen. Es erscheint daher notwendig, mit einer bereits in möglichen Vorstufen Bipolarer Störungen ansetzenden Intervention die aktuelle Symptomatik zu lindern, das Funktionsvermögen der Betroffenen zu verbessern und nach Möglichkeit auch der Entwicklung einer Bipolaren Störung vorzubeugen (Correll et al., 2007b; Leopold et al., 2013b; Pfennig et al., 2012). Während bei verwandten psychiatrischen Erkrankungen wie der Schizophrenie bereits seit Jahren Präventionsmaßnahmen entwickelt und deren Wirksamkeit untersucht werden, existieren zur Behandlung in Vor- bzw. Risikostadien Bipolarer Störungen bis dato keine adäquaten und erprobten Behandlungsprogramme (Conus et al., 2006; Pfennig et al., 2012). Aufgrund des bestehenden Forschungsdefizits stellt sich die Frage, wie eine symptomorientierte und gleichzeitig risikoarme Intervention zur frühen Behandlung von Risikopersonen für die Entwicklung manifester Bipolarer Störungen aussehen könnte. Es besteht hoher Konsens darüber, dass psychotherapeutische Konzepte ergänzend zur Pharmakotherapie eine wichtige Säule bei der Behandlung Bipolarer Störungen darstellen (siehe S3-Leitlinie der DGBS und der DGPPN, 2012). Die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie im Hinblick auf den Verlauf der Erkrankung, das psychosoziale Funktionsvermögen und die Lebensqualität der Betroffenen konnte vielfach gezeigt werden (mit weiteren Nachweisen: Hautzinger & Meyer, 2007). Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen besonders effektiv bei Personen mit wenigen Krankheitsepisoden in der Vorgeschichte waren (Scott et al., 2006), was die Vermutung nahelegt, dass Psychotherapie besonders wirksam sein kann, wenn sie schon in frühen Stadien mit geringer Symptomausprägung einsetzt. Während im Bereich der Schizophrenieforschung bereits die Effektivität kognitiver Verhaltenstherapie bei Personen mit erhöhtem Psychoserisiko belegt werden konnte (Bechdolf et al., 2012b; Correll et al., 2010; Okuzawa et al., 2014), ist die Evidenzlage zum Effekt von Psychotherapie in Vor- bzw. Risikostadien Bipolarer Störungen noch sehr begrenzt (Pfennig et al., 2014). Für familienbasierte Verfahren gibt es erste Hinweise auf deren Effektivität (Miklowitz et al., 2011; Miklowitz et al., 2013), wohingegen kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze noch nicht untersucht wurden (Überblicksarbeit siehe Pfennig et al., 2014). Validierte und publizierte Psychotherapiemanuale liegen bis dato keine vor. Im Rahmen einer multizentrischen, randomisierten, Patient- und Rater-verblindeten klinischen Studie wird hier versucht, die beschriebene Forschungslücke zu schließen, indem eigens für diese Studie ein Gruppentherapieprogramm für Risikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung konzipiert wurde, dessen längerfristige Effektivität derzeit untersucht wird. Dieses Manual enthält neben Elementen der kognitiven Verhaltenstherapie (z.B. Psychoedukation, kognitive Techniken) auch Achtsamkeits- und Entspannungsübungen sowie Interventionen zum Stressmanagement. Im Rahmen dieser 1. Einleitung 3 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten EarlyCBT-Studie, in die die vorliegende Arbeit eingebettet ist, sollte die Frage untersucht werden, inwieweit Risikopersonen von diesem spezifischen Gruppentherapieprogramm mehr profitieren können als von unstrukturierten Sitzungen. Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit war zum einen die Erforschung der Veränderung des psychosozialen Funktionsvermögens der Probanden bis zum Ende der Intervention mittels eines semistrukturierten Interviews. Zum anderen wurden verschiedene stressassoziierte Parameter mittels Selbstreport erhoben, anhand derer die Effektivität der therapeutischen Intervention in Bezug auf das Stressmanagement der Studienteilnehmer (Stresserleben, Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten) nachgewiesen werden sollte. Schließlich wurde untersucht, inwieweit sich die gefundenen Resultate in der Verlaufsmessung nach sechs Monaten als zeitlich stabil erweisen. Die vorliegende Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Zunächst wird ein Überblick über die Phänomenologie der Bipolaren Störung und ihre Behandlungsmöglichkeiten gegeben (Kapitel 2.1). Neben einer Begriffsbestimmung und einer Beschreibung der diagnostischen Kriterien werden auch epidemiologische Daten berichtet sowie Komorbidität, Verlauf und Prognose des Störungsbildes erläutert. Des Weiteren werden verschiedene psychotherapeutische Verfahren zur Therapie Bipolarer Störungen und deren Evidenzlage vorgestellt. Es folgt eine Darstellung der Grundlagen und Ziele der Früherkennung bei Bipolaren Störungen (Kapitel 2.2). Wesentliche Charakteristika von Prodromalstadien sowie Risikokonstellationen für die Entwicklung Bipolarer Störungen werden beschrieben sowie der Nutzen klinischer Kategorien-Modelle zur Verlaufsdarstellung Bipolarer Störungen veranschaulicht. Das Kapitel 2.3 ist dem aktuellen Forschungsstand zu Frühinterventionen bei Personen mit erhöhtem Risiko für Bipolare Störungen gewidmet und setzt den Schwerpunkt hierbei auf psychosoziale Behandlungsprogramme. Im darauffolgenden Kapitel 3 werden die Ziele und Fragestellungen der vorliegenden Arbeit ausgeführt sowie die Hypothesen dargestellt, die sich aus den dargestellten theoretischen Überlegungen ableiten. Das Kapitel 4 umfasst die Beschreibung der Methode, die der Untersuchung zugrunde liegt. Hierbei erfolgt eine Darstellung des Studiendesigns, der Stichprobe, der verwendeten Messinstrumente sowie des Ablaufes der Untersuchung. Daneben wird das der vorliegenden Arbeit zugrundeliegende Therapiemanual vorgestellt. Daran anschließend werden die durchgeführten statistischen Verfahren beschrieben und die Ergebnisse zusammengefasst (Kapitel 5). Abschließend werden in Kapitel 6 die Ergebnisse vor dem Hintergrund des in Kapitel 2 erläuterten Forschungsstandes diskutiert, Stärken und Grenzen der durchgeführten Untersuchung aufgezeigt sowie ein Ausblick auf weiterführende Forschung gegeben. 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 4 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 2.1. Phänomenologie und Behandlungsmöglichkeiten Bipolarer Störungen 2.1.1. Definition und Symptomatik Bei Bipolaren Störungen handelt es sich um schwerwiegende affektive Erkrankungen, die durch wiederkehrende Phasen maniformer und depressiver Symptomatik charakterisiert sind. Diese affektiven Episoden lassen sich durch Abweichungen im Verhalten, in der Motivation, sowie hinsichtlich Kognitionen und Emotionen beschreiben. Zu den typischen Kennzeichen einer Manie zählen gemäß der zehnten Ausgabe der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) (Dilling et al., 2004) eine situationsinadäquate gehobene oder gereizte Stimmung, gepaart mit einem gesteigerten Antrieb und Rastlosigkeit, eingeschränkter Fähigkeit Wahnvorstellungen. Das verstärktem zur Rededrang, Realitätsprüfung Verhalten der bis Betroffenen gesteigertem hin ist Selbstwertgefühl, zu Größenideen und häufig hemmungslos und unangepasst. Ebenso besteht oftmals ein vermindertes Schlafbedürfnis. Die diagnostischen Kriterien für eine manische Episode sind erfüllt, wenn die Symptomatik über mindestens sieben Tage hinweg besteht. Unter sogenannten Hypomanien werden nach ICD-10 mildere Formen der Manie zusammengefasst, die kürzer andauern (mindestens vier Tage) und besonders durch Symptome eines auffallend gesteigerten Gefühls von Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit, Gedankenrasen und Ideenflucht gekennzeichnet sind. Die Veränderungen in der Lebensführung gehen, anders als bei der Manie, nur mit leichten psychosozialen Beeinträchtigungen einher. Depressive Episoden sind gemäß der ICD-10 von Gefühlszuständen wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Energielosigkeit, Wertlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Ängstlichkeit begleitet. Neben emotionalen Beeinträchtigungen ist die Symptomatologie durch eine Vielzahl körperlicher Auffälligkeiten (z.B. Appetitverlust) sowie verhaltensbezogener (z.B. sozialer Rückzug), motivationaler (z.B. Verlust von Interesse für Dinge, die früher Freude bereitet haben) und kognitiver (z.B. zirkuläres Grübeln) Veränderungen gekennzeichnet (vgl. Hautzinger, 1998). Die depressive Symptomatik muss zu bedeutsamen Veränderungen in der Lebensführung des Betroffenen führen und über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen bestehen, damit die Diagnose einer depressiven Episode nach ICD-10 gestellt werden kann. Depressive Episoden, die im Rahmen Bipolarer Störungen auftreten (sogenannte bipolare Depressionen), unterscheiden sich hinsichtlich klinischer Charakteristika von unipolaren Depressionen (z.B. Berk et al., 2009). Viele Studien geben Hinweise darauf, dass die Suizidalität bei Bipolaren Depressionen eine schwerere 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 5 Ausprägung annehmen kann als bei unipolaren Verläufen (siehe DGBS und DGPPN, 2012). In einer prospektiven Untersuchung einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe konnte gezeigt werden, dass die Symptomatologie bipolarer Depressionen neben einer erhöhten Suizidalität durch ein ausgeprägtes Erleben von Wertlosigkeit, Schuld und Hoffnungslosigkeit sowie tageszeitbedingte Schwankungen in der Stimmungslage charakterisiert ist (Pfennig et al., 2016). Neben manischen, hypomanischen und depressiven Krankheitsphasen können im Rahmen Bipolarer Störungen auch sogenannte gemischte affektive Episoden auftreten. Hierunter versteht man laut ICD-10 eine Mischung oder einen raschen Wechsel von depressiven und (hypo-)manischen Symptomen. 2.1.2. Diagnose und Klassifikation Zur klassifikatorischen Diagnostik einer Bipolaren Störung können die international gebräuchlichen Diagnosesysteme DSM-5 (American Psychiatric Association, 2013) und ICD10 (Weltgesundheitsorganisation, 1992) eingesetzt werden. Beide Systeme unterscheiden sich bezüglich der Kriterien der affektiven Episoden voneinander. Im Rahmen klinischer Forschung hat sich allerdings das DSM als Referenzsystem etabliert. Das DSM-5 hat im Jahr 2013 die vierte Auflage des DSM abgelöst und enthält im Vergleich zur Vorgängerversion einige Neuerungen hinsichtlich der Klassifizierung Bipolarer Störungen (für einen Überblick siehe Severus, 2014). Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch die Vorgängerversion in Kombination mit dem auf dem DSM-IV basierenden Strukturierten Klinischen Interview für Psychische Störungen (SKID-I, siehe Kapitel 4.4.3.) zur Diagnosesicherung angewendet wurde, sollen die DSM-IV-Kriterien für Bipolare Störungen im Folgenden näher beschrieben werden. Voraussetzung für die Diagnose einer Bipolaren Störung ist das Vorliegen von mindestens zwei eindeutig voneinander abgrenzbaren affektiven Episoden, wovon eine Episode die diagnostischen Kriterien einer Manie, Hypomanie oder eines Mischzustandes erfüllen muss. Je nach Art und Schwere der affektiven Episoden werden im DSM-IV zwei Hauptformen des Bipolaren Spektrums unterschieden: Unter einer Bipolar-I-Störung werden Verläufe zusammengefasst, die durch eine oder mehrere manische Episoden und mindestens eine depressive Episode gekennzeichnet sind. Eine Bipolar-II-Störung ist durch mindestens eine hypomane Episode, gepaart mit einer oder mehreren depressiven Krankheitsphasen, charakterisiert. Hypomanien unterscheiden sich von Manien durch eine kürzere Symptomdauer (vier Tage statt einer Woche), durch die Art und den Schweregrad der Symptome (z.B. auffallendes Gefühl des Wohlbefindens statt expansiv-gehobener, situationsinadäquater Stimmung) sowie deren Konsequenzen für den Betroffenen (leichte statt deutliche Beeinträchtigung im Funktionsniveau). Neben den beiden Hauptformen zählt 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 6 die sogenannte Zyklothyme Störung zum Bipolaren Spektrum, welche nach DSM-IV durch fluktuierende, seit mindestens zwei Jahren bestehende hypomanische und subklinische depressive Symptome gekennzeichnet ist. Schließlich werden im DSM-IV in der Kategorie „Bipolare Störung, nicht näher bezeichnet“ Formen der Erkrankung zusammengefasst, die die Kriterien der anderen Diagnosekategorien nicht vollständig erfüllen. Zur korrekten Diagnosestellung ist bei Bipolaren Störungen die Beurteilung der akuten Symptomatik nicht hinreichend und muss daher immer durch eine Längsschnitt-Betrachtung des Krankheitsverlaufs unter Berücksichtigung wichtiger diagnostischer Parameter wie Erstmanifestation, Episodenlänge und Anzahl der Zyklen ergänzt werden (Meyer & Bauer, 2011). Neben der klassifikatorischen Diagnostik kommt in der klinischen Praxis eine Vielzahl an validierten dimensionalen Erhebungsinstrumenten zum Einsatz, die in ihrer Kombination Aufschluss über den Schweregrad depressiver und maniformer Symptomatik geben können (Überblick siehe DGBS und DGPPN, 2012, Kapitel 4.3.). Ferner sollten zur Diagnosesicherung differentialdiagnostische Überlegungen vorgenommen werden. Diese betreffen vor allem die Abgrenzung der Diagnose Bipolare Störung von der Schizophrenie, der schizoaffektiven Störung, der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung, aber auch von der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Aufgrund der hohen Komorbiditätsraten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen, z.B. Substanzmissbrauch und -abhängigkeit, aber auch mit somatischen Erkrankungen (z.B. kardiovaskuläre Störungen) (Überblick siehe DGBS und DGPPN, 2012, Kapitel 4.6) sollte bei Bipolaren Störungen ferner eine sorgfältige Komorbiditätsdiagnostik durchgeführt werden. Eine fundierte Diagnosestellung ist Voraussetzung für eine adäquate Beratung und den Beginn einer bedarfsgerechten Intervention. Aufgrund des persönlichen Leidens der Betroffenen und der massiven Einschränkungen im psychosozialen Funktionsvermögen kommt der möglichst frühen Erkennung Bipolarer Störungen eine große Bedeutung zu (siehe auch Kapitel 2.3). 2.1.3. Epidemiologie Bipolare Störungen treten in der Allgemeinbevölkerung häufiger auf, als ursprünglich angenommen (Merikangas et al., 2007). Die Lebenszeitprävalenzraten liegen zwischen 1 und 3% (Bauer & Pfennig, 2005). Unter Berücksichtigung des dimensionalen Konzepts des Bipolaren Spektrums, welches neben den klassischen Bipolar-I und Bipolar-II-Störungen auch mildere Formen von Bipolarität umfasst (Akiskal, 1996), kann die Lebenszeitprävalenz Bipolarer Störungen auf ca. 5% geschätzt werden (Merikangas et al., 2007; Merikangas et al., 2011). In einer multinationalen Querschnittstudie konnte gezeigt werden, dass mehr als ein Drittel der initial als unipolar depressiv klassifizierten Personen an einer niederschwelligen hypomanischen Symptomatik oder sogar an einer bis dato noch nicht erkannten Bipolar-II-Störung leidet (Angst et al., 2011). Hinsichtlich der Prävalenz finden sich 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 7 bei Bipolar-I-Störungen keine Geschlechtsunterschiede, während von Bipolar-II-Störungen mehr Frauen betroffen sind (Goodwin & Jamison, 2007). Die Komorbididätsraten mit anderen Erkrankungen sind bei Bipolaren Störungen als besonders hoch einzuordnen. Anhand einer internationalen Querschnittsuntersuchung im Rahmen der sogenannten „World Mental Health Survey Initiative“ konnte gezeigt werden, dass drei Viertel der bipolaren Patienten mindestens eine, mehr als die Hälfte der Patienten zwei oder drei komorbide psychiatrische Erkrankungen aufwiesen (Merikangas et al., 2011). Angststörungen, Impulskontrollstörungen und Abhängigkeitserkrankungen stellten hierbei die häufigsten psychiatrischen Komorbiditäten dar. Ebenso kommen bei Bipolaren Störungen somatische Erkrankungen (z.B. kardiovaskuläre Störungen, Diabetes) häufig komorbid vor (siehe DGBS und DGPPN, 2012). Bipolar Erkrankte leiden im Rahmen depressiver Episoden häufig unter Suizidgedanken bis hin zu konkreten Suizidplänen und durchgeführten Suizidversuchen. Das LebenszeitSuizidrisiko beläuft sich nach Goodwin und Jamison (2007) auf mindestens 5%, wobei zahlreiche allgemeine (z.B. Suizidversuche in der Vorgeschichte, akute psychosoziale Stressoren) sowie bipolar-spezifische Faktoren (z.B. agitierte oder gemischte depressive Episoden, dysphorische Manien, junges Ersterkrankungsalter, komorbider Substanzabusus) das Suizidrisiko um ein Vielfaches erhöhen (Gonda et al., 2012; Goodwin & Jamison, 2007). 2.1.4. Verlauf und Prognose Bipolare Störungen manifestieren sich häufig in der Adoleszenz und im frühen Erwachsenenalter (Beesdo et al., 2009), - einer vulnerablen, aus vielen zu bewältigenden Entwicklungsaufgaben (z.B. Aufbau sozialer Kompetenzen, Erwerb eines Schulabschlusses und Vorbereitung auf die Berufswelt) geprägten Lebensphase. Das Ersterkrankungsalter liegt im Mittel bei 17,5 Jahren (Kupfer et al., 2002). Je früher die Erkrankung beginnt, desto schwerwiegender ist ihr Verlauf (im Sinne einer längeren Dauer und Schwere depressiver Episoden und höherer Raten an Suizidversuchen; Coryell et al., 2013). Betroffene leiden bereits Jahre vor der vollständigen Manifestation der Erkrankung unter niederschwelligen depressiven und manischen Symptomen (Lish et al., 1994). Da es sich bei der ersten Krankheitsphase häufig um eine depressive Episode handelt (Goodwin & Jamison, 2007; Pfennig et al., 2011), wird die Symptomatik vielfach fälschlicherweise als unipolar klassifiziert, - mit weitreichenden Konsequenzen für die Betroffenen, die häufig keine auf bipolare Verläufe zugeschnittene Therapie erhalten. Eine inadäquate Behandlung kann eine Erhöhung der Frequenz von Krankheitsphasen nach sich ziehen, manische Episoden auslösen und mit einem erhöhten Suizidrisiko einhergehen (Bauer et al., 2008). Nicht zuletzt aufgrund der Komplexität der Symptomatik und der differentialdiagnostischen Herausforderungen bleiben Bipolare Störungen im Verlauf oft lange Zeit unentdeckt (Bauer 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 8 et al., 2008), wobei die Latenzzeit (vom Beginn erster Symptome bis hin zur korrekten Diagnosestellung und Beginn einer adäquaten Behandlung) auf acht bis zwölf Jahre geschätzt wird (Baldessarini et al., 2003; Pfennig et al., 2011). Bipolare Störungen verlaufen rezidivierend, häufig chronisch und sind im Langzeitverlauf mit deutlichen Einschränkungen im psychosozialen Funktionsniveau der Betroffenen verbunden. Unter dem Konzept des Funktionsniveaus wird das Leistungsvermögen einer Person in den Bereichen Arbeit, Ausbildung/Studium, unabhängige Lebensführung und Engagement bei Freizeitaktivitäten sowie in interpersonellen Beziehungen subsumiert (Zarate et al., 2000). Studien konnten zeigen, dass Bipolar-I- und Bipolar-II- Erkrankte sowohl im Rahmen von Krankheitsepisoden als auch in symptomfreien Intervallen deutliche Einschränkungen in den Rollenbereichen Arbeit und Haushalt sowie in sozialen Beziehungen und Aktivitäten erleben, die in ihrer Ausprägung teilweise schwerwiegender sind als bei unipolar erkrankten Personen (Judd et al., 2008). Ebenso ließen sich Zusammenhänge zwischen Bipolaren Störungen und einer deutlich herabgesetzten gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei den Betroffenen, einer erhöhten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sowie Beeinträchtigungen in der beruflichen Performanz und damit einhergehenden krankheitsbedingten Arbeitsausfällen finden (Dean et al., 2004). In einer Übersichtsarbeit konnte gezeigt werden, dass die bei Bipolaren Störungen subsyndromalen zwischen depressiven Beeinträchtigungen, den und Einschränkungen Krankheitsphasen manischen in der häufig Symptome Lebensqualität zu beobachtenden mit psychosozialen sowie neurokognitiven Störungen (z.B. Gedächtnis, Planung und Problemlösen) assoziiert sind und ferner das Rückfallrisiko erhöhen (Sanchez-Moreno et al., 2009). Einige Studien geben Hinweise darauf, dass die psychosozialen Einschränkungen bei bipolar Erkrankten gravierender sind als bei Personen, die an anderen psychiatrischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenie) oder chronischen somatischen Erkrankungen leiden (Überblick siehe Dean et al., 2004). Ferner konnte nachgewiesen werden, dass Bipolare Störungen mit frühem Krankheitsbeginn in Kindheit oder Adoleszenz mit besonders schwerwiegenden psychosozialen und funktionellen Einschränkungen assoziiert sind und eine schlechte Prognose des Krankheitsverlaufs aufweisen, was wiederum den Bedarf an möglichst früh ansetzenden Interventionen bei Bipolaren Störungen deutlich macht (Macneil et al., 2009). Die Schwere unzureichenden der Erkrankung steht Versorgungssituation demgegenüber bipolarer im Patienten. deutlichen Eine Kontrast groß zur angelegte Querschnittserhebung erbrachte das Ergebnis, dass weniger als die Hälfte der Personen mit Bipolar-Spektrums-Erkrankungen eine psychiatrische Behandlung erhielten (Merikangas et al., 2011). Pfennig et al. (2011) konnten zeigen, dass ein hohes Engagement von Seiten der Betroffenen erforderlich ist, um eine angemessene Versorgung zu organisieren. 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 9 Bipolare Störungen zählen somit zu den schwerwiegendsten psychiatrischen Erkrankungen, die mit immensen individuellen, aber auch sozialen und ökonomischen Kosten einhergehen (Dean et al., 2004). 2.1.5. Ätiologie Bipolare Störungen weisen eine komplexe Pathophysiologie auf, die nach heutigem Kenntnisstand das Ergebnis einer multifaktoriellen Genese aus genetischen, neurobiologischen und psychosozialen Faktoren darstellt (Haack et al., 2010). Zahlreiche Studien belegen, dass genetischen Faktoren eine zentrale Bedeutung für die Entstehung der Erkrankung zukommt (Schulze, 2010; Shih et al., 2004). Ferner gibt es Hinweise, dass neurobiologische Dysregulationen an der Entstehung und dem Verlauf Bipolarer Störungen beteiligt sind (Haack et al., 2010). Störungen in der zirkadianen Rhythmik werden ebenfalls als wichtige ätiologische Faktoren diskutiert (Ritter et al., 2011, Ritter et al., 2015). Ein instabiler Schlaf-Wach-Rhythmus geht mit endokrinologischen Dysregulationen sowie typischen polysomnographischen Veränderungen einher. Soziale, psychologische und umweltbedingte Faktoren (z.B. Störung der Alltagsstruktur durch Arbeitsplatzverlust) können die zirkadiane Rhythmik stören, wodurch Krankheitsepisoden ausgelöst werden können (Hautzinger & Meyer, 2011). Aufgrund der prädiktiven Bedeutung eines gestörten Schlaf-Wach- und sozialen Lebensrhythmus bei Bipolaren Störungen wird im Rahmen psychosozialer Interventionen die Beobachtung des Schlafverhaltens zur Früherkennung affektiver Episoden ausdrücklich empfohlen (Bauer et al., 2009). Im Sinne eines Vulnerabilitäts-Stress-Modells stellen genetische und biologische Faktoren Vulnerabilitäten dar, die das Risiko erhöhen, affektive Symptome zu entwickeln (Meyer & Hautzinger, 2004). Ob eine Bipolare Störung entsteht, hängt dabei vor allem von psychosozialen Stressfaktoren ab. Signifikante Zusammenhänge fanden sich zwischen chronischem Stress (z.B. innerhalb der Familie oder der Paarbeziehung) und der Entwicklung von affektiven Symptomen (Kim et al., 2007). Die prädiktive Bedeutung von episodischen Stressfaktoren bzw. stressvollen Lebensereignissen für die Entwicklung von affektiven Episoden im Rahmen Bipolarer Störungen konnte ebenfalls nachgewiesen werden. Kim und Kollegen (2007) fordern auf Grundlage ihrer Untersuchungen, dass das Management solcher Stressfaktoren zentraler Gegenstand psychosozialer Interventionen bei bipolar erkrankten Patienten darstellen sollte. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Entstehung und der Verlauf Bipolarer Störungen wesentlich von der Fähigkeit abhängen, mit stressauslösenden subsyndromalen (Prodromal-) Symptomen umzugehen und adaptive Copingstrategien anzuwenden (Lam et al., 2005). Verschiedene Studien zeigen, dass erfolgreiches Coping Selbstmanagementstrategien zur Stressverarbeitung durch und psychotherapeutische der Einsatz Interventionen erlernt von und 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 10 verbessert werden können, und dass diese Schutzfaktoren die Symptomatik bei Bipolaren Störungen (z.B. die Rückfallrate affektiver Episoden) positiv beeinflussen (Lam et al., 2005; Murray et al., 2011; Stressverarbeitungsprozessen Post & spielen Informationsverarbeitungsprozesse eine Leverich, 2006). dysfunktionale wichtige Neben Kognitionen Rolle in der Stress und und fehlerhafte Entstehung und Aufrechterhaltung Bipolarer Störungen (Hautzinger und Meyer, 2011). Ein bestimmter Attributionsstil, der die Erfahrung von mangelnder Kontrolle über aversive Ereignisse nach sich zieht (Ursachenzuschreibung unangenehmer Ereignisse auf interne, stabile und globale Faktoren), gilt als Risikofaktor bei der Entstehung depressiver Episoden (Alloy et al., 2005). Maladaptive Überzeugungen bzw. kognitive Schemata, die situationsübergreifend sind und einen unmittelbaren Einfluss auf das Erleben und Verhalten haben (z.B. Übergeneralisieren oder dichotomes Denken), können in einem Aufschaukelungsprozess affektive Symptome provozieren (Meyer & Bauer, 2011). Die Arbeit an dysfunktionalen kognitiven Prozessen stellt ein wichtiges Element psychologischer Interventionen bei Bipolaren Störungen dar (Meyer & Hautzinger, 2004). Aufgrund der komplexen Pathophysiologie sind bislang noch nicht alle Mechanismen hinreichend identifiziert, die an der Genese und am Verlauf Bipolarer Störungen beteiligt sind (Haack et al., 2010). Meyer und Hautzinger (2004) haben auf der Basis bisheriger Kenntnisse ein Krankheitsmodell Bipolarer Störungen entwickelt, welches das Wechselspiel aus einer genetisch determinierten Vulnerabilität zur Dysregulation biologischer Prozesse, Stressfaktoren und kognitiven, affektiven und emotionalen Prozessen darstellt und die Grundlage einer psychotherapeutischen Behandlung bilden sollte. 2.1.6. Psychotherapeutische Behandlungskonzepte 2.1.6.1. Überblick und Behandlungsziele Bei der Behandlung Bipolarer Störungen kommen pharmakologische und nicht- medikamentöse somatische Therapieverfahren, psychotherapeutische Interventionen sowie psychosoziale Maßnahmen zum Einsatz. In der S3-Leitline zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen (DGBS und DGPPN, 2012) wird gefordert, dass alle Therapieverfahren einem wesentlichen Grundsatz Folge leisten sollen: „Übergeordnetes Ziel einer jeden Behandlung muss die Aufrechterhaltung eines möglichst hohen psychosozialen Funktionsniveaus des Patienten sein, was dann wiederum in erheblichem Maße seine gesundheitsbezogene Lebensqualität bestimmt und die Möglichkeit adäquater sozialer Teilhabe wesentlich mitbestimmt.“ (DGBS und DGPPN, 2012, S. 79). 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 11 Um dieses Ziel erreichen zu können, ist in der Regel eine multimodale Behandlung, bestehend aus unterstützenden Pharmakotherapie, Therapieverfahren psychotherapeutischen erforderlich. Welche Interventionen Therapieform und vordergründig angewendet wird, hängt im Wesentlichen vom Erkrankungsstadium und den daraus abzuleitenden therapeutischen Zielen ab. Da im Rahmen der vorliegenden Studie eine psychotherapeutische Intervention zum Einsatz kam, werden im Folgenden die wesentlichen evidenzbasierten psychotherapeutischen Verfahren zur Behandlung Bipolarer Störungen vorgestellt. Eine ausführliche Darstellung pharmakologischer, nicht-medikamentöser somatischer Therapieverfahren sowie psychosozialer Interventionen findet sich in der S3Leitline zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen (DGBS und DGPPN, 2012). Psychotherapeutische Behandlungskonzepte verfolgen in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium der Betroffenen unterschiedliche Zielsetzungen (siehe DGBS und DGPPN, 2012). In der Regel wird Psychotherapie als wichtige Ergänzung zur medikamentösen Behandlung eingesetzt. Im Rahmen einer Akutbehandlung, die oft teilstationär oder stationär erfolgt, können psychotherapeutische Interventionen zur Reduktion affektiver Symptome beitragen. Besonders können bipolar erkrankte Patienten in Teilremission von einer Psychotherapie profitieren, indem an der Aufrechterhaltung bzw. Stabilisierung des gebesserten Zustandes gearbeitet werden kann. Als weiteres wichtiges Ziel psychotherapeutischer Interventionen bei Bipolaren Störungen ist die Verhinderung weiterer Krankheitsepisoden, die sogenannte Rückfallprophylaxe, zu nennen. Psychotherapie kann im Einzel- oder Gruppensetting durchgeführt werden. Während im Rahmen einer Einzeltherapie mehr auf individuelle Bedürfnisse und Problembereiche eingegangen werden kann, profitieren Patienten im Gruppensetting vor allem von Rückmeldungen, sozialer Unterstützung und der Modellwirkung der anderen Teilnehmer. Darüber hinaus können Gruppenteilnehmer wechselseitig Ressourcen aktivieren, und die von bipolar erkrankten Patienten häufig bestehenden interpersonellen Probleme können unmittelbar mittels psychotherapeutischer Techniken (z.B. Rollenspiele) bearbeitet werden (Wittchen & Hoyer, 2011). Nicht zuletzt sind Gruppeninterventionen im Vergleich zur psychotherapeutischen Einzelbehandlung weniger ressourcen- und kostenintensiv. Aufgrund der vielen Vorzüge des Gruppensettings kam im Rahmen der vorliegenden Studie eine psychotherapeutische Gruppenintervention zum Einsatz. Die evidenzbasierten und am häufigsten eingesetzten psychotherapeutischen Verfahren zur Rezidivprophylaxe manifester Bipolarer Störungen werden nachfolgend dargestellt. 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 12 2.1.6.2. Psychoedukation Unter Psychoedukation werden „systematische, didaktisch-psychotherapeutische Maßnahmen zusammengefasst, die dazu geeignet sind, Patienten und ihre Angehörigen über die Krankheit und ihre Behandlung zu informieren, das Krankheitsverständnis und den selbstverantwortlichen Umgang mit der Krankheit zu fördern und sie bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen“ (Bäuml & Pitschel-Walz, 2003, S. 3). Psychoedukation ist weniger als formale Wissensvermittlung zu verstehen, sondern umfasst einen interaktionellen Prozess, in dem Therapeut und Patient die psychoedukativen Inhalte auf Grundlage der individuellen Störungsentwicklung des Patienten gemeinsam erarbeiten (Meyer und Bauer, 2011). In den letzten Jahren haben psychoedukative Verfahren bei verschiedenen psychotherapeutischen Interventionen zur Behandlung Bipolarer Störungen Eingang in die Behandlungspraxis gefunden (siehe DGBS und DGPPN, 2012). In der folgenden Tabelle werden wesentliche Maßnahmen und Inhalte einer Psychoedukation bei Bipolaren Störungen zusammengefasst (DGBS und DGPPN, 2012). Tabelle 1. Maßnahmen und Inhalte der ausführlichen und interaktiven Psychoedukation bei Bipolaren Störungen (übernommen aus DGBS und DGPPN, 2012) Maßnahmen und Inhalte der ausführlichen und interaktiven Psychoedukation bei Bipolaren Störungen Informationen zur Bipolaren Störung, zu deren Symptomatik und Verlauf, den möglichen Ursachen und zur Bedeutung der zuverlässigen Einnahme von Psychopharmaka, insbesondere der Phasenprophylaktika Anleitung zur Selbstbeobachtung von Stimmung, Aktivitäten, Alltagsereignissen, Schlaf-Wach-Rhythmus, um daraus den Zusammenhang von Stimmungsschwankungen und eigenem Verhalten, Medikamentencompliance, sozialem Leben und Schlaf-Wach-Verhalten aufzuzeigen Förderung einer für das ausgeglichene, normale Befinden günstigen Alltagsstruktur Reduktion von Belastungen Erkennen von Frühsymptomen und Warnzeichen sowie die Sammlung persönlich hilfreicher und machbarer Maßnahmen, um bei Krisen und Frühsymptomen gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen und die Eskalation in eine depressive bzw. manische Phase zu verhindern. Dabei werden Selbstbeobachtungsprotokolle, Schaubilder und Materialen eingesetzt. Die in den nachfolgenden Kapiteln dargestellten psychotherapeutischen Behandlungskonzepte (KVT, IPSRT und FFT) beinhalten jeweils ein psychoedukatives Modul, das im Wesentlichen ähnliche Inhalte über das Störungsbild der Bipolaren Erkrankung und zur Förderung des Krankheitsverständnisses und der sich daraus ableitenden Therapieziele umfasst (Meyer und Bauer, 2011). Die Wirksamkeit ausführlicher und interaktiver Psychoedukation konnte vielfach belegt werden (für einen Überblick siehe Hautzinger und Meyer, 2007). Besonders gut untersucht ist der psychoedukative Ansatz von Colom und Kollegen (Colom et al., 2006). In einer randomisierten kontrollierten Studie konnte gezeigt werden, dass bipolar erkrankte Personen nach sechsmonatiger Gruppenpsychoedukation im Fünf-Jahres-Follow-Up signifikant 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 13 geringere Rezidivraten sowie eine geringere Anzahl an Krankheitstagen aufwiesen im Vergleich zu Patienten der Kontrollbedingung, die an unstrukturierten Gruppensitzungen teilnahmen (Colom et al., 2009). Colom und Kollegen ist es mit ihrer Untersuchung erstmals gelungen, die langfristigen prophylaktischen Effekte einer Gruppenpsychoedukation bei Bipolaren Störungen nachzuweisen. 2.1.6.3. Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) Ausgehend von der Annahme der wechselseitigen Beeinflussung von Gedanken, Gefühlen und Verhalten (Meyer & Hautzinger, 2012), werden in der KVT verschiedene Therapieansätze kombiniert. Sie umfasst zum einen kognitive Elemente, die der Erkennung und der Arbeit an dysfunktionalen Kognitionen und Informationsverarbeitungsprozessen dienen. Zum anderen soll mittels verhaltenstherapeutischer Techniken auf Basis des Leitgedankens, dass Verhaltensweisen grundsätzlich erlernt sind und somit auch wieder verlernt werden können, neues Verhalten gelernt oder bisherige dysfunktionale Verhaltensweisen umgelernt werden. Ein wesentliches Prinzip von KVT stellt die „Hilfe zur Selbsthilfe“ dar (Margraf, 2009). Auf der Grundlage einer individuellen Verhaltens- und Bedingungsanalyse früherer affektiver Episoden sollen das selbständige Erkennen von potentiellen Frühsymptomen und Auslösern für zukünftige Krankheitsphasen gefördert und individuelle Bewältigungsfertigkeiten aufgebaut werden (nach Meyer und Hautzinger, 2004). Therapiebegleitende Informationssammlung Differenzierungsfähigkeit Stimmungsund und Symptomtagebücher zur Förderung zwischen normalen können zur Selbstbeobachtung und Stimmungsschwankungen und der Krankheitssymptomen zum Einsatz kommen (nach Meyer und Hautzinger, 2004). Das kognitiv-verhaltenstherapeutische Programm zur Behandlung Bipolarer Störungen von Meyer und Hautzinger (2004) umfasst ferner die Bearbeitung störungsaufrechterhaltender Kognitionen und Verhaltensweisen mit dem Ziel der Verhinderung des Aufschaukelns (hypo-)manischer oder depressiver Symptome. Bestandteile der Schlussphase der KVT Bipolarer Störungen nach Meyer und Hautzinger (2004) stellen die Verbesserung interpersoneller Kompetenzen und Problemlösefähigkeiten, die Erstellung eines Notfall- und Krisenplans und die Erkennung von Frühwarnsymptomen im Sinne der Rückfallprophylaxe dar. Bei dem Behandlungsprogramm für Bipolare Störungen von Meyer und Hautzinger (2004) handelt es sich um die deutschsprachige Adaptation des von Basco und Rush (1996) vorgestellten Manuals. In nachfolgender Tabelle sind die wesentlichen Therapieelemente dieses aus 20 Sitzungen bestehenden Programms zusammengefasst. 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 14 Tabelle 2. Elemente einer KVT bei Bipolaren Störungen nach Meyer und Hautzinger (2004) Elemente einer KVT bei Bipolaren Störungen nach Meyer und Hautzinger (2004) Informationen und Psychoedukation Complianceförderung Analyse der bisherigen Krankheitsepisoden Selbstbeobachtung von Stimmung, Befinden, Aktivitäten, Ereignissen, Medikation Auswertung dieser Selbstbeobachtungen Erkennen von persönlichen Frühwarnsymptomen Normalisierung des Lebensrhythmus regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus Einschränkung und Verzicht auf Drogen jeglicher Art Aufbau von sozialen, interaktionellen, kommunikativen und problemlösenden Kompetenzen kognitive Interventionen ggf. Einbezug des Partners Inzwischen liegen Ergebnisse aus mehreren kontrollierten Interventionsstudien vor, die die Wirksamkeit von KVT bei Bipolaren Störungen belegen (für einen Überblick siehe Hautzinger & Meyer, 2007). In einer randomisierten und kontrollierten Studie mit 103 Teilnehmern konnte gezeigt werden, dass mit KVT behandelte bipolare Patienten im Vergleich zu Probanden der „treatment as usual“ (TAU)-Bedingung signifikant weniger Rückfälle erlitten, weniger stationäre Aufenthalte hatten und ein höheres psychosoziales Funktionsvermögen aufwiesen (Lam et al., 2003; Lam et al., 2005). Dieser deutlich überlegene Effekt der KVT nahm jedoch im Langzeitverlauf ab, weshalb Lam und Kollegen empfehlen, Booster-Sessions zur Erhaltungstherapie zu etablieren und deren langfristigen Effekt auf die Rückfallhäufigkeit zu evaluieren. In einer breit angelegten multizentrischen randomisierten und kontrollierten Studie mit 253 bipolaren Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf konnte kein Nachweis für eine generelle Überlegenheit einer adjuvanten KVT im Vergleich zur TAU-Bedingung erbracht werden, jedoch ergaben Post-Hoc-Analysen, dass hauptsächlich diejenigen Patienten von der KVT profitierten, die weniger Krankheitsepisoden und somit weniger schwerwiegende Krankheitsverläufe aufwiesen (Scott et al., 2006). Die Autoren geben daher die Empfehlung, KVT in einem möglichst frühen, noch nicht chronifizierten Stadium der Erkrankung einzusetzen. Im Kontext des multizentrischen „Systematic Treatment Enhancement“-Programms für Bipolare Störungen (STEP-BD) wurde die Effektivität einer adjuvanten psychotherapeutischen Intervention (FFT, IPSRT und KVT) im Vergleich zu einem psychoedukativen Kurzprogramm untersucht (Miklowitz et al., 2007a; Miklowitz et al., 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 2007b). Die Autoren psychotherapeutischen kamen zu dem Interventionen dem Ergebnis, 15 dass Kurzprogramm alle im drei untersuchten Ein-Jahres-Follow-Up hinsichtlich der Genesung von Bipolaren Depressionen sowie der Verbesserung des Funktionsvermögens der Probanden überlegen waren. Die Aussagekraft der Ergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit von STEP-BD ist jedoch aufgrund einiger Limitationen der Studie (keine Kontrolle von paralleler Pharmakotherapie, unterschiedliche Anzahl an Sitzungen in den beiden Versuchsbedingungen) als eingeschränkt zu betrachten. Meyer und Hautzinger (2012) gingen in einer randomisierten, kontrollierten Studie der Frage nach, inwieweit eine KVT bei Bipolaren Störungen eine höhere Wirksamkeit zeigt als eine unterstützende, unspezifische Intervention gleicher Intensität und Dauer. Die Autoren konnten weder während der therapeutischen Intervention noch im Zwei-Jahres-Follow-Up signifikante Unterschiede hinsichtlich Rezidivrate und affektiver Symptomatik zwischen den beiden Therapiebedingungen nachweisen, vielmehr schien der Therapieoutcome mit der Anzahl vorangegangener Krankheitsepisoden, der Anzahl der Therapiesitzungen und der Art der Bipolaren Störung (Bipolar I vs. II) assoziiert gewesen zu sein. Dieses Ergebnis steht im Kontrast zu den oben erwähnten kontrollierten Therapiestudien mit eindeutiger empirischer Evidenz für die Wirksamkeit von Psychotherapie bei Bipolaren Störungen. Die Autoren führen als Begründung für diese Diskrepanz an, dass bei vorangegangenen Studien (z.B. Lam et al., 2003; Miklowitz et al., 2007a, 2007b) KVT als Add-On-Intervention zu TAU oder zu einem psychoedukativen Kurzprogramm eingesetzt wurde und damit die Probanden der Interventionsbedingung mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung erhielten, während die beiden untersuchten Therapieformen in der Studie von Meyer und Hautzinger (2012) hinsichtlich Frequenz und Intensität der Kontakte vergleichbar waren. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit für die vergleichbaren Ergebnisse in beiden Therapiebedingungen ist nach Hautzinger und Meyer (2012) darin zu sehen, dass in beiden Bedingungen eine positive therapeutische Beziehung gestaltet werden konnte und auch die supportive Intervention psychotherapeutisch wirksame Elemente (Psychoedukation, Anleitung zur strukturierten Selbstbeobachtung) enthielt. Bei der Interpretation der Ergebnisse aus kontrollierten Psychotherapiestudien muss folglich berücksichtigt werden, dass die Vergleichbarkeit oftmals aufgrund unterschiedlicher Studienmerkmale (z.B. therapeutisches Setting) beschränkt ist (Hautzinger & Meyer, 2007; Meyer & Hautzinger, 2012). In vielen Untersuchungen wurde eine psychotherapeutische Intervention als adjuvante Therapie zu TAU eingesetzt, so dass a priori eher mittelstarke statt starke Effekte zu erwarten gewesen sind. Bei den meisten der berichteten Forschungsergebnisse muss ferner kritisch angemerkt werden, dass hauptsächlich die Symptomreduktion oder die Rückfallrate als Outcome-Maße verwendet wurden und 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 16 psychotherapeutische Zielvariablen (z.B. Lebensqualität, Selbstmanagementfähigkeiten, Copingstrategien) kaum als Outcome-Variablen einbezogen worden sind. Aufgrund der nachgewiesenen Evidenz bei Bipolaren Störungen kam im Rahmen der vorliegenden Studie ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Programm zum Einsatz (Details hierzu finden sich in Kapitel 4.5.1.). 2.1.6.4. Weiterentwicklungen der KVT: Achtsamkeitsbasierte Therapieansätze In den letzten Jahren ist die KVT stetig weiterentwickelt und um wertvolle therapeutische Interventionen ergänzt worden, die der komplexen Emotionalität des Menschen Rechnung tragen und beispielsweise akzeptanz- und achtsamkeitsbasierte Konzepte beinhalten. Bei der sogenannten Achtsamkeitsbasierten Therapie (mindfulness-based cognitive therapy (MBCT); Segal et al., 2002; Segal et al., 2004) handelt es sich um eine vielversprechende Behandlungsform, die Elemente der KVT und des Achtsamkeitsbasierten StressreduktionsProgramms nach Kabat-Zinn (1990) in sich vereint. Diese Intervention hat sich als erfolgreiche Methode zur Rückfallprophylaxe einer depressiven Episode erwiesen (Piet & Hougaard, 2011; Teasdale et al., 2000). Bei der MBCT lernen Personen, eine achtsame Haltung gegenüber ihren grüblerischen Gedanken und den damit einhergehenden Emotionen zu entwickeln. Anders als bei der traditionellen kognitiven Therapie geht es hierbei nicht um die Modifikation der Inhalte der Gedanken, sondern um die Änderung des Verhältnisses zu diesen Gedanken im Sinne eines „Decentering“ (nach Segal et al., 2002). Die Einnahme einer dezentrierten oder auch metakognitiven Perspektive soll es ermöglichen, intrapsychische Prozesse zu registrieren, ohne darauf emotional zu reagieren (Bohus, 2012). Mittlerweile wird die Effektivität vom MBCT auch für Bipolare Störungen untersucht. Analysen aus einer Pilotstudie mit 51 unipolar depressiven und 17 bipolaren Patienten mit Suizidalität in der Vorgeschichte zeigen, dass durch MBCT in der Subgruppe der bipolaren Probanden eine häufig komorbid bestehende Angstsymptomatik im Vergleich zur Wartekontrollbedingung signifikant reduziert werden konnte (Williams et al., 2008). Darüber hinaus zeigte sich bei Teilnehmern der Interventionsbedingung ein signifikanter Effekt hinsichtlich der Reduktion depressiver Symptome, der sowohl in der Subgruppe der unipolar depressiv Erkrankten als auch bei den bipolaren Patienten zu beobachten war. Aufgrund der kleinen Stichprobengröße und des spezifischen Symptomprofils der Teilnehmer ist die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf bipolare Populationen aber begrenzt. In einer weiteren Pilotstudie zur MBCT mit acht bipolar erkrankten Personen konnten ferner positive Effekte im Hinblick auf Exekutivfunktionen, Gedächtnisleistung sowie die Fähigkeit, Aufgaben zu initiieren und erfolgreich abzuschließen, nachgewiesen werden, die teilweise 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 17 auch im Drei-Monats-Follow-Up nachweisbar waren (Stange et al., 2011). Aufgrund einiger Limitationen (kein RCT-Design, geringe Stichprobengröße, kurzer Follow-Up-Zeitraum, Erfassung der Veränderung kognitiver Funktionen nur über Selbstreport) sind die Ergebnisse dieser Studie als vorläufig zu betrachten. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass eine achtsamkeitsbasierte Gruppenintervention bei bipolaren Patienten mit chronischem Erkrankungsverlauf und Komorbiditäten zu einer Verbesserung in der achtsamen Wahrnehmung von Gedanken und Emotionen, zur Abnahme von zirkulärem Grübeln und übermäßigem Sich-Sorgen, zu verbesserten Emotionsregulationsfähigkeiten, psychosozialen Funktionsniveau einem sowie höheren zur Wohlbefinden, Abnahme affektiver einem stabileren Symptome führt (Deckersbach et al., 2012). Auch bei dieser Studie ist die Aussagefähigkeit der Ergebnisse eingeschränkt (kein RCT-Design, geringe Stichprobengröße von 12 Probanden). In einer randomisierten kontrollierten Studie zur MBCT mit 95 bipolar erkrankten Personen zeigte sich zwar keine Abnahme der Rückfallrate affektiver Episoden im Vergleich zur TAUBedingung, jedoch konnten durch MBCT die komorbide Angstsymptomatik sowie dysfunktionale Einstellungen signifikant reduziert werden (Perich et al., 2013). Basierend auf der aussichtsreichen Datenlage achtsamkeitsbasierter Konzepte bei affektiven Störungen empfehlen Hautzinger und Meyer (2011) für die psychotherapeutische Behandlung Bipolarer Störungen neben klassischen Elementen der KVT den Einsatz von Achtsamkeitsübungen (z.B. Body Scan, achtsames Gehen; Williams et al., 2006) mit dem Ziel, Stress und Belastungen zu reduzieren und Rückfälle zu verhindern. Das regelmäßige Üben in Achtsamkeit mittels konkreter Achtsamkeitsübungen kam daher auch im Rahmen der vorliegenden Gruppenpsychotherapiestudie zur Anwendung. 2.1.6.5. Familienfokussierte Therapie (FFT) Bei der FFT für Bipolare Störungen (Miklowitz, 2008) handelt es sich um eine früh einsetzende verhaltenstherapeutisch orientierte Familientherapie für vorwiegend junge bipolar erkrankte Personen und deren Eltern bzw. zentrale Bezugspersonen oder Partner. Die Basis für die Entwicklung dieser Intervention stellte die Forschung auf dem Gebiet der „expressed emotion“ dar. Dieses aus der Schizophrenieforschung bekannte Konzept (Brown et al., 1962) schreibt Rückfälle der Schizophrenie den Merkmalen der Kommunikation mit den Angehörigen, mit denen der Betroffene zusammenlebt, bzw. einem durch Kritik, Feindseligkeit oder emotionales Überengagement charakterisierten Familienklima zu. Es gibt Evidenz, dass auch bei bipolaren Patienten ein solches durch expressed emotion geprägtes Familienklima die Rückfallrate signifikant erhöht (Miklowitz et al., 1988; Yan et al., 2004). 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 18 Die FFT für Bipolare Störungen umfasst 21 Sitzungen, die sich über einen Zeitraum von neun Monaten erstrecken. Das Therapieprogramm gliedert sich in vier Phasen mit spezifischen therapeutischen Zielen, die in nachfolgender Tabelle zusammengefasst sind. Tabelle 3. Elemente der FFT für Bipolare Störungen nach Miklowitz (2008) Elemente der FFT für Bipolare Störungen nach Miklowitz (2008) Aufbau einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung Schaffung der Voraussetzungen für ein vertrauensvolles therapeutisches Arbeiten durch transparente Information zum Aufbau und zu den Inhalten der FFT Psychoedukation Informationen zu Störungsbild, Epidemiologie, Ätiologie, Verlauf, Prognose, Behandlungsmöglichkeiten, Rolle von Risikofaktoren und Frühwarnsymptomen Management affektiver Symptome Erstellung eines Non-Suizidvertrages Kommunikationstraining Erarbeitung und Anwendung von Skills zur Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Familie (Äußerung positiver Gefühle, konstruktives Feedback geben etc.) Erlernen von Techniken zur Regulation impulsiver Emotionen Problemlösetraining Benennung aktuell bestehender Probleme innerhalb der Familie Ableitung von Zielen Erarbeitung von Bewältigungsmöglichkeiten Die Wirksamkeit von FFT bei Bipolaren Störungen konnte vielfach belegt werden: Im Rahmen des kontrollierten Colorado-Projekts (Miklowitz et al., 2003) mit 101 erwachsenen akut erkrankten bipolaren Patienten wurde eine medikamentenbegleitende FFT gegen eine kurze adjuvante Krisenmanagement-Intervention getestet. Miklowitz und Mitarbeiter konnten zeigen, dass Patienten der Interventionsbedingung über einen ZweiJahres-Verlauf signifikant bessere Outcomes im Sinne von geringeren Rückfallraten und längeren phasenfreien Intervallen aufwiesen im Vergleich zu Probanden der Kontrollbedingung. In einer anderen kontrollierten Studie konnte nachgewiesen werden, dass durch eine begleitende FFT bei adoleszenten bipolaren Patienten zwar eine bessere Stabilisierung depressiver, jedoch nicht manischer Symptome erzielt wurde (Miklowitz et al., 2008). Mittlerweile wird die Wirksamkeit von FFT auch bei subsyndromalen Kollektiven bzw. bei Risikogruppen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung beforscht (siehe Kapitel 2.3.). Ein Überblick über alle bis dato durchgeführten Studien zur FFT bei Bipolaren Störungen und deren zentralen Ergebnisse findet sich bei Miklowitz (2012). 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 19 2.1.6.6. Interpersonelle und Soziale Rhythmus-Therapie (IPSRT) Die IPSRT (Frank, 2005) ist eine manualisierte Einzeltherapie zur Rezidivprophylaxe Bipolarer Störungen, die auf zwischenmenschliche Probleme und sozial bedingte Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus fokussiert. Die IPSRT besteht aus vier Phasen, die in Tabelle 4 dargestellt sind (siehe auch DGBS und DGPPN, 2012). Tabelle 4. Phasen einer IPSRT bei Bipolaren Störungen nach Frank (2005) Phasen einer IPSRT bei Bipolaren Störungen nach Frank (2005) Initialphase Erfassung der Krankheitsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung von Veränderungen oder Unterbrechungen der alltäglichen Routine sowie von interpersonellen Aspekten Aufklärung über die Erkrankung/Psychoedukation Identifizierung von Problembereichen (z.B. zwischenmenschliche Konflikte) Einführung eines Selbstbeobachtungsinstruments zur Erfassung des sozialen Rhythmus Symptommanagement und Bearbeitung interpersoneller Probleme Stabilisierung des Alltags (Schlaf-Wach-Rhythmus, regelmäßige Arbeitszeiten) Identifikation von Unterbrechungen des alltäglichen Rhythmus (z.B. durch Arbeitsanhäufung) und Aufrechterhaltung einer Balance Bearbeitung interpersoneller Probleme durch verschiedene Techniken (z.B. Rollenwechsel, Problemlösen, Kommunikation) Stabilisierung und Anwendung des Gelernten im Alltag Stärkung der Selbstwirksamkeitsüberzeugung Selbständiger Transfer des Gelernten in den Alltag Umgang mit Krisen und Notfällen Zukunftsplanung Vereinbarung von Booster-Sitzungen Im Rahmen einer kontrollierten Studie wurde die Wirksamkeit einer adjuvanten IPSRT bei 175 Bipolar-I-Patienten im Vergleich zur „clinical management“-Bedingung, die supportive Gespräche mit dem Ziel der Erhöhung der Medikamentencompliance umfasste, untersucht (Frank et al., 2005). Die Autoren konnten zwar keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich der Remission affektiver Symptome sowie Rückfallraten nachweisen, jedoch zeigten die mit IPSRT behandelten Probanden während der Therapie signifikant stabilere soziale Rhythmen. Die Ergebnisse aus einer weiteren kontrollierten Studie (Frank et al., 2008) mit 125 bipolaren Patienten zeigen, dass durch eine kombinierte Behandlung aus Pharmakotherapie und IPSRT deutliche Effekte in der Verbesserung der beruflichen Funktionsfähigkeit erzielt werden konnten, die über ein Zwei-Jahres-Follow-Up stabil waren. Auch für Patienten mit Bipolar-II-Störung scheint die IPSRT erfolgversprechend zu sein (Swartz et al., 2012). 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 20 2.2. Früherkennung Bipolarer Störungen 2.2.1. Grundlagen und Ziele der Früherkennung Bipolarer Störungen Dank intensiver epidemiologischer Forschungsaktivitäten der letzten Jahre konnte ein solides Verständnis über den Krankheitsverlauf manifester Bipolarer Störungen bei Erwachsenen gewonnen werden (siehe Kapitel 2.1.3. und 2.1.4.). Wie bereits in Kapitel 2.1. dargestellt, beginnen Bipolare Störungen meist in der Adoleszenz und im frühen Erwachsenenalter, bleiben jedoch häufig über Jahre unentdeckt, mit der Folge, dass eine adäquate, bipolar-spezifische Therapie erst viel zu spät einsetzen kann (Baldessarini et al., 2003; Pfennig et al., 2011). Es besteht Konsens darüber, dass die lange Latenzzeit bis zur korrekten Diagnosestellung und zum Beginn einer bedarfsgerechten Behandlung mit gravierenden Konsequenzen verbunden ist (z.B. Post et al., 2010). Falsche diagnostische Klassifikationen (z.B. Verkennung einer bipolaren Depression als unipolare Störung) und eine inadäquate Pharmakotherapie (z.B. antidepressive Monotherapie statt stimmungsstabilisierende Medikation) können den Verlauf und die Prognose der Erkrankung drastisch verschlechtern (siehe Bauer et al., 2008). Der möglichst frühen Identifizierung von bereits Erkrankten und von Hochrisikopersonen für die Entwicklung Bipolarer Störungen kommt demzufolge eine zentrale Bedeutung zu (Berk et al., 2009; Hauser et al., 2007; Pfennig et al., 2012). Ziel der Früherkennung Bipolarer Störungen ist es, das aktuelle Krankheitsstadium zu erfassen bzw. das Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung einzuschätzen. Eine frühe Erkennung Bipolarer Störungen stellt somit die Grundlage für die Indikation zu einer bedarfsgerechten Frühintervention dar (Bauer et al., 2008). Während Früherkennungs- und Präventionsmaßnahmen bei verwandten psychiatrischen Erkrankungen wie der Psychose zunehmend Eingang in die Praxis finden (Bechdolf et al., 2012b; Fusar-Poli et al., 2013), handelt es sich bei der Erforschung der Frühphasen Bipolarer Störungen um ein relativ junges Forschungsfeld (Conus & McGorry, 2002; Correll et al., 2007b; Özgurdal et al., 2009). Es gibt Hinweise darauf, dass sich die Früherkennung Bipolarer Störungen komplexer gestaltet als bei Psychosen (siehe Pfennig et al., 2012). Während die Diagnose einer Psychose bereits nach der ersten Krankheitsepisode zu stellen ist, geht bei Bipolaren Störungen der ersten Manie häufig eine depressive Episode voraus (Goodwin und Jamison, 2007), so dass die Abgrenzung zwischen einer Bipolaren Störung und einer unipolaren depressiven Störung erschwert ist (Conus et al., 2008; Pfennig et al., 2012) und somit depressive Symptome allein nicht als Indikator für die Entwicklung einer Bipolaren Störung herangezogen werden können (Hauser et al., 2007). Erkenntnisse aus retrospektiven und prospektiven Untersuchungen auf dem Gebiet der Früherkennung haben zur Entwicklung von Stadien-Modellen (Berk et al., 2011; Duffy et al., 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 21 2010; Duffy et al., 2014; Duffy, 2015) geführt, die die Grundlage für die Charakterisierung der Frühphasen Bipolarer Störungen darstellen. Diese Modelle beschreiben den Langzeitverlauf Bipolarer Störungen mit seinen für das jeweilige Krankheitsstadium typischen Symptomen. Auf der Datenbasis einer prospektiven Verlaufsuntersuchung an Kindern und Jugendlichen von bipolar erkrankten Eltern hat die Forschergruppe um Duffy (2015) jüngst ein StadienModell Bipolarer Störungen publiziert, das in Abbildung 1 dargestellt ist. Duffy (2015) postuliert, dass der Verlauf bei Personen mit erhöhtem genetischen Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung zunächst durch eine asymptomatische Periode gekennzeichnet ist, welcher eine Vielzahl unspezifischer Symptome (z.B. Ängste und SchlafRhythmusstörungen) folgen kann. Der Konsum von Substanzen (v.a. periodischer Konsum von Alkohol), der häufig in einen Missbrauch oder in eine Abhängigkeit übergeht, ist bei dieser Hochrisikoklientel häufig zu beobachten. In der Adoleszenz leiden die Betroffenen bereits unter fluktuierenden subsyndromalen affektiven Symptomen, die sich wiederum zu rezidivierenden depressiven Episoden entwickeln können. Die Konversion in Bipolare oder schizoaffektive Störungen findet in der späten Adoleszenz bis zum frühen Erwachsenenalter statt. Abbildung 1. Klinisches Stadien-Modell Bipolarer Störungen (nach Duffy, 2015) Die strukturierte Beschreibung der verschiedenen Krankheitsstadien Bipolarer Störungen im Langzeitverlauf anhand von Stadien-Modellen hat wichtige klinische Implikationen für die Behandlung Bipolarer Störungen. Berk et al. (2010) gehen davon aus, dass durch eine frühe, an das jeweilige Stadium der Erkrankung angepasste Intervention der Outcome im Hinblick 2. auf Theoretischer und empirischer Hintergrund 22 die Reduktion von Symptomatik und die Verbesserung des psychosozialen Funktionsvermögens deutlich erhöht werden kann. Durch eine frühe, bedarfsgerechte Intervention auf der Grundlage des Stadien-Modells kann ebenso der Übergang in ein nachfolgendes Krankheitsstadium verzögert und im besten Fall die Vollmanifestation einer Bipolaren Störung verhindert werden (McGorry, 2010). 2.2.2. Prodromalsymptome Bipolarer Störungen In einer Reihe von retrospektiven Untersuchungen an bipolaren Patienten konnte gezeigt werden, dass dem Vollbild einer Bipolaren Störung meist eine sogenannte Prodromalphase vorausgeht (Review siehe Howes et al., 2010). Der aus dem Griechischen stammende Begriff des Prodroms wird mit „Vorbote eines Ereignisses“ übersetzt (Fava & Kellner, 1991). Die Bezeichnung ist in der Medizin nur dann gerechtfertigt, wenn die Betroffenen im Prodromalstadium symptomatisch waren und später die vollständige Erkrankung entwickeln. Die Beschreibung eines Prodroms kann demzufolge nur retrospektiv erfolgen (Hafner & Maurer, 2012). Bei Bipolaren Störungen setzen sich Prodromalsymptome aus affektiven, kognitiven und behavioralen Symptomen zusammen (Lam et al., 2005; Pfennig et al., 2012) und können sich in ihrem Erscheinungsbild deutlich vom Vollbild einer bipolaren Krankheitsepisode unterscheiden (Lam et al., 2005). Die retrospektive Forschung zur Phänomenologie des bipolaren Prodroms konnte fluktuierende Stimmungsschwankungen, Affektlabilität, subklinische depressive Symptome und Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus als Prodromalsymptome Bipolarer Störungen identifizieren (Review siehe Howes et al., 2010). Das sogenannte Manie-Prodrom, das mit der dafür entwickelten Bipolar Prodrome Symptom Scale-Retrospective (BPSS-R) erhoben werden kann (Correll et al., 2007a; Correll et al., 2007b), ist charakterisiert durch eine Symptomkonstellation aus unspezifischen Merkmalen (z.B. Leistungsabfall, sozialer Rückzug) sowie unterschwelligen manischen Symptomen (z.B. gehobene Stimmung, Gereiztheit, vermehrte Energie, vermindertes Schlafbedürfnis). Jüngsten Studienergebnissen zufolge ist die Prodromalphase in den meisten Fällen durch eine mehrmonatige Periode fortschreitender subsyndromaler affektiver Symptomatik mit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen gekennzeichnet, die in einen langsamen Beginn der ersten manischen Episode mündet (Correll et al., 2014a). Grundsätzlich müssen bei der Interpretation der Ergebnisse retrospektiver Untersuchungen kognitive Erinnerungsverzerrungen (sogenannter Recall-Bias) bei den Befragten als Fehlerquelle berücksichtigt werden (Pfennig et al., 2012), wobei es Hinweise gibt, dass bipolare Patienten fähig sind, Prodromalsymptome retrospektiv reliabel zu berichten (Lam et al., 2005). 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 23 Anhand von prospektiven Untersuchungen an jungen Erwachsenen mit und ohne bekannte Risikofaktoren (z.B. positive Familienanamnese oder unterschwellige affektive Symptome) können demgegenüber verlässlichere Daten zu den Frühstadien Bipolarer Störungen gewonnen werden (Überblick siehe Howes et al., 2010; Pfennig et al., 2012). Das Ergebnis, dass nicht bei allen bipolaren Patienten retrospektiv ein Manie-Prodrom entdeckt werden konnte, regte die prospektive Forschung zur Identifizierung von Risikofaktoren für die Entwicklung Bipolarer Störungen an. 2.2.3. Risikofaktoren für die Entwicklung Bipolarer Störungen Ein aktuell erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung wird nicht nur durch Prodromalsymptome angezeigt, die bereits Ausdruck des Krankheitsprozesses sind, sondern auch durch frühe dispositionelle Vulnerabilitätsfaktoren. Wenngleich das genetische Risiko, also eine positive Familienanamnese für Bipolare Störungen, als der robusteste Prädiktor für die Entwicklung einer Bipolaren Störung gilt (Duffy et al., 2010), erkranken nicht automatisch alle genetisch vorbelasteten Risikopersonen. Gleichzeitig weist nur ein Teil der bipolaren Patienten eine positive Familienanamnese auf (Conus et al., 2008). Auf Basis dieser Erkenntnisse hat sich die prospektive Verlaufsforschung auf die Identifizierung von weiteren Risikofaktoren für die Entwicklung einer Bipolaren Störung fokussiert. In Anlehnung an die Entwicklung von Risikostufen (ultra-high-risk (UHR)-criteria) zur Vorhersage einer Psychose (McGlashan, 2011; Schultze-Lutter et al., 2007) wurden UHR-Kriterien für die Entwicklung Bipolarer Störungen definiert und deren prognostische Validität untersucht (Bechdolf et al., 2010). Die Ergebnisse zweier Studien (Bechdolf et al., 2012a, Bechdolf et al., 2014) geben erste Hinweise, dass sich die festgelegten Kriterien (subklinische Manie, depressive Symptome, zyklothyme Symptome und genetisches Risiko) als valide erweisen und die Einschätzung eines Risikostatus erlauben, jedoch steht eine Validierung an einer größeren Stichprobe im Rahmen einer prospektiven Untersuchung mit einem längeren Nachbeobachtungszeitraum noch aus. Auf der Grundlage einer umfangreichen Literaturrecherche wurden Risikokonstellationen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung definiert, die eine noch frühere Identifikation von Risikopersonen ermöglichen soll (Leopold et al., 2012). Die charakterisierten Symptomcluster können noch vor oder parallel zu einem Manie-Prodrom bestehen. In Abbildung 2 ist das multifaktorielle Risikoprofil nach Leopold et al. (2012) dargestellt, bei dem neben der klinischen Symptomatik und der positiven Familienanamnese auch psychosoziale Funktionsbeeinträchtigungen Eingang finden. 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 24 Abbildung 2. Risikokonstellation für die Entwicklung einer Bipolaren Störung (nach Leopold et al., 2012) Die Autoren nehmen eine Kategorisierung der Faktoren in Haupt- und Nebenrisikofaktoren für die Entwicklung einer Bipolaren Störung vor, anhand derer eine Risikoeinschätzung in die Kategorien „kein Risiko“, „Risikogruppe“, „Hochrisikogruppe“ und „Ultra-Hochrisikogruppe“ erfolgen kann. Die Erfassung des beschriebenen Risikoprofils erfolgt über EPIbipolar, ein neu entwickeltes Früherkennungsinstrument (Pfennig & Leopold, 2011), das auch im Rahmen der vorliegenden Studie zum Einsatz kam (siehe Kapitel 4.4.5.2.). 2.3. Frühinterventionen bei Bipolaren Störungen 2.3.1. Grundlagen und Ziele von Frühinterventionen bei Bipolaren Störungen Bipolare Störungen sind nicht nur mit folgenschweren Konsequenzen für die Betroffenen verbunden (siehe Kapitel 2.1.4.), sondern verursachen auch erhebliche Kosten im Gesundheitssystem. Den größten Kostenfaktor stellt die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen bipolarer Patienten, v.a. die stationäre Versorgung, dar, die in den USA auf mehrere Billionen US-Dollar geschätzt wird (mit weiteren Nachweisen: Dean et al., 2004). Dean und Kollegen kamen in ihrem systematischen Review (2004) zu dem Schluss, dass präventive Maßnahmen bei Bipolaren Störungen den effektivsten Weg zur Senkung der enormen gesundheitsökonomischen Kosten darstellen. Wenngleich auf dem relativ jungen Gebiet der Erforschung von Frühphasen und Risikokonstellationen für Bipolare Störungen bis dato noch viele Fragen ungeklärt sind, zeigt 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 25 die Versorgungspraxis, dass bereits Personen in Risikostadien unter ihren subsyndromalen Symptomen und Funktionseinschränkungen leiden und aufgrund dessen professionelle Hilfe aufsuchen. In einer australischen Querschnittserhebung konnte nachgewiesen werden, dass noch nicht erkrankte Jugendliche und junge Erwachsene mit affektiven Symptomen, die in spezialisierten Früherkennungszentren für psychische Störungen Hilfe aufsuchten, hohe Werte an psychischer Belastung und Funktionsbeeinträchtigungen aufwiesen (Hamilton et al., 2011). Die Erfahrungen aus sich zunehmend etablierenden Früherkennungsinitiativen in Deutschland, die komplementär zur Regelversorgung niedrigschwellig Möglichkeiten für Diagnostik und Beratung anbieten, zeigen ebenfalls, dass ein dringender Bedarf an psychosozialer Unterstützung bei jungen, noch nicht erkrankten Personen mit erhöhtem Bipolar-Risiko besteht (Leopold et al., 2013a). Eine frühzeitige und bedarfsgerechte, bereits in Risikostadien der Bipolaren Störung ansetzende Intervention im Sinne einer indizierten Prävention bietet die Chance, junge Menschen in ihrer Adoleszenzentwicklung zu unterstützen sowie sekundäre Problembereiche (z.B. interpersonelle Konflikte, Probleme in der Ausbildung, geringe Selbstwirksamkeit) gezielt zu bearbeiten (Berk et al., 2010). Weitere Ziele einer bedarfsgerechten Frühintervention gemäß der S3-Leitlinie (DGBS und DGPPN, 2012, S. 75) sind: Reduktion der frühen Symptomatik Verbesserung oder zumindest die Stabilisierung des funktionellen Status auf einem möglichst hohen Niveau Verhinderung oder zumindest Verzögerung der Erkrankungsmanifestation Minimierung des Erkrankungsschweregrades Verkürzung unbehandelter Krankheitsphasen sowie positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs, falls eine Verhinderung der Vollmanifestation einer Bipolaren Störung nicht möglich ist. Die Entscheidung für eine frühe Behandlungsstrategie muss stets partizipativ mit den Betroffenen und deren Angehörigen nach gründlicher Aufklärung und sorgfältiger Kostenund Nutzen-Abwägung erfolgen (DGBS und DGPPN, 2012; Pfennig et al., 2012). Der Einsatz einer frühen Intervention bei Personen mit erhöhtem Bipolar-Risiko ist immer mit den Gefahren einer fehlerhaften Diagnosezuschreibung, Stigmatisierung oder unnötigen Medikamentengabe mit möglichen Nebenwirkungen verknüpft (Berk et al., 2009). In der S3Leitlinie der DGBS und der DGPPN (2012) wird daher die Durchführung strukturierter Nachbeobachtungen nach Durchführung einer Frühintervention gefordert, um valide Erkenntnisse über den Verlauf der Symptomatik bzw. der Erkrankung sowie über die Wirksamkeit neu eingesetzter Interventionsstrategien gewinnen zu können. 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 26 Leopold et al. (2013) haben ein klinisches Kategorienmodell entwickelt, das konkrete Therapieoptionen für verschiedene Risikostadien enthält (siehe Abbildung 3). Die Autoren empfehlen, dass nur therapeutische Maßnahmen mit belegter Wirksamkeit und guter Verträglichkeit bei manifesten Bipolaren Störungen, wie zum Beispiel die kognitive Verhaltenstherapie, eingesetzt werden sollten. Leopold und Kollegen befürworten in allen Risikostadien den Einsatz von Therapiestrategien mit einem als eher gering einzustufenden Nebenwirkungsprofil wie Psychoedukation sowie die ausführliche Beratung z.B. bezüglich eines Substanzgebrauchs. Das therapeutische Vorgehen muss beim Vorliegen mehrerer Risikofaktoren, stets unter Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Aspekten, um spezifische Interventionen ergänzt werden. Aufgrund der noch fehlenden Datenlage kann bis dato keine Aussage über den prädiktiven Wert der vorgeschlagenen Risikostadien und den praktischen Nutzen des multifaktoriellen Interventionsmodells getroffen werden. Die Wirksamkeit der empfohlenen spezifischen psychotherapeutischen Interventionen (Achtsamkeitstraining, Schlafhygiene, Stressmanagement, Elemente der KVT) bei Personen mit (Hoch-)Risikoprofil für die Entwicklung Bipolarer Störungen wird im Rahmen der vorliegenden Gruppentherapiestudie untersucht. Abbildung 3. Klinisches Kategorienmodell mit Behandlungsoptionen für Personen mit (Hoch-)Risikoprofil für die Entwicklung Bipolarer Störungen (nach Leopold et al., 2013b) 2. 2.3.2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 27 Evidenzlage von Frühinterventionen Während im Bereich der Psychoseforschung bereits psychosoziale Programme zur Behandlung von Personen mit erhöhtem Psychoserisiko erfolgreich angewendet und deren Effektivität in Bezug auf die Übergangsrate in eine manifeste Psychose nachgewiesen werden konnte (Addington et al., 2011; Bechdolf et al., 2012b; Okuzawa et al., 2014), ist bis dato die Evidenzlage zu frühen Interventionen bei Personen in Risikostadien für die Entwicklung Bipolarer Störungen begrenzt (Conus et al., 2006; Pfennig et al., 2014). In Bezug auf die Wirksamkeit psychotherapeutischer Frühinterventionen bei Risikopersonen wurde von Pfennig und Kollegen (2014) ein systematisches Review durchgeführt, in welchem nur über drei bisher publizierte und qualifizierte Arbeiten berichtet werden kann: In einer randomisierten und kontrollierten Studie wurde die Effektivität einer Mehr-FamilienPsychoedukativen Therapie (MF-PE) für Kinder im präpubertalen Alter mit DepressionsSpektrums-Erkrankung mit (n = 37) und ohne transiente manische Symptomatik (n = 13) und für deren Eltern untersucht (Nadkarni & Fristad, 2010). Die im Gruppensetting aus acht wöchentlichen Sitzungen bestehende Intervention enthielt Elemente aus der KVT und der systemischen Familientherapie. Die Studienteilnehmer wurden in eine von zwei Gruppen (sofortige Intervention vs. Wartegruppe) randomisiert und erhielten, wenn benötigt, eine adjuvante Pharmakotherapie. Die Post-hoc-Analysen zur Konversion in eine manifeste Bipolare Störung erfolgten hierbei nicht für die randomisierte Gesamtstichprobe, sondern umfassten Vergleiche zwischen Subgruppen von Probanden mit unterschiedlich ausgeprägter affektiver Symptomatik. Über den Verlauf von 18 Monaten ging bei etwa einem Drittel der Teilnehmer die affektive Symptomatik in eine manifeste Bipolar-SpektrumsErkrankung über, wobei ein Trend in einer niedrigeren Konversionsrate in der Interventionsgruppe verglichen zur Wartelistenbedingung zu beobachten war. Aufgrund der geringen Stichprobengröße und der geringen statistischen Power zur Prüfung der Hypothesen ist die Generalisierbarkeit der Ergebnisse von Fristad und Kollegen begrenzt, wenngleich sie Hinweise in Richtung auf einen präventiven Effekt einer psychoedukativen Frühintervention bei Kindern mit erhöhtem Bipolar-Risiko liefern. In einer offenen, unkontrollierten Studie wurde die Wirksamkeit einer viermonatigen FFT für subsyndromale Jugendliche mit erhöhtem Bipolar-Risiko untersucht (Miklowitz et al., 2011). Zehn von den insgesamt 13 behandelten Jugendlichen erhielten die FFT ergänzend zu einer pharmakologischen Behandlung, drei der Probanden befanden sich zusätzlich zur FFT in psychotherapeutischer Einzelbehandlung. Miklowitz und Kollegen konnten eine signifikante Reduktion von affektiven Symptomen sowie eine Verbesserung im psychosozialen Funktionsvermögen der Probanden nachweisen, die auch im Zwölf-Monats-Follow-Up noch stabil waren. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist aufgrund der Limitationen der Studie 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 28 (offenes Studiendesign/keine Kontrollgruppe, geringe Stichprobengröße, FFT als adjuvante Therapie) als eingeschränkt zu betrachten. In einer randomisierten, kontrollierten Studie (Miklowitz et al., 2013) wurde der Effekt einer adjuvanten FFT bei 40 Hochrisikopersonen mit affektiver Symptomatik und genetischem Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung untersucht. Die Wirksamkeit der viermonatigen FFT wurde gegen eine Kontrollbedingung, die aus ein bis zwei edukativen Sitzungen bestand, getestet. Im Ein-Jahres-Follow-Up zeigte sich, dass die Teilnehmer der Interventionsbedingung schneller von affektiven Symptomen genesen konnten und längere Remissionsperioden aufwiesen. Als Limitation dieser Arbeit ist zu nennen, dass die Frage, ob die positiven Effekte bei den Probanden der Interventionsbedingung tatsächlich auf die Inhalte der FFT oder auf die deutlich größere Anzahl an Sitzungen im Vergleich zur edukativen Kontrollbedingung zurückzuführen sind, nicht abschließend beantwortet werden kann. Neben den vorliegenden Studien zur Wirksamkeit einer psychotherapeutischen Frühintervention bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung läuft seit 2011 eine multizentrische, randomisierte und kontrollierte Studie aus der Arbeitsgruppe von Miklowitz zur Untersuchung der Wirksamkeit einer FFT bei Hochrisikopersonen zwischen 9-17 Jahren und deren Eltern hinsichtlich der Symptomschwere, Konversionsrate und des psychosozialen Funktionsvermögens bei den Betroffenen1. Die Studie mit einer angestrebten Stichprobengröße von 150 Probanden wird voraussichtlich 2017 abgeschlossen sein; erste Ergebnisse liegen bis dato noch nicht vor. Für die Wirksamkeit von Pharmakotherapie bei Risikopersonen fehlt bisher ausreichende Evidenz (Pfennig et al., 2012). In einer randomisierten kontrollierten Studie an 30 depressiven Kindern und Jugendlichen mit positiver Familienanamnese für affektive Störungen konnte keine Überlegenheit von Lithium im Vergleich zum Placebo gezeigt werden (Geller et al., 1998). Die placebokontrollierte Gabe von Valproat bei 56 Kindern und Jugendlichen mit „Bipolarer Störung, nicht näher bezeichnet“ oder Zyklothymie sowie genetischem Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung führte nicht zu besseren Ergebnissen in der affektiven Symptomatik sowie im psychosozialen Funktionsvermögen im Vergleich zum Placebo (Findling et al., 2007). Bei der Interpretation der dargestellten Ergebnisse zur Wirksamkeit von Psychopharmaka muss berücksichtigt werden, dass die Untersuchungen an relativ geringen Stichproben durchgeführt worden sind und die teilnehmenden Risikopersonen bereits erhebliche affektive (Überblick siehe Pfennig et al., 2012). 1 Siehe Datenbank zu klinischen Studien der U.S. National Institutes of Health: URL: http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01483391?term=miklowitz&rank=2 (Aufruf am 11.02.2016). Symptomatik aufwiesen 2. Theoretischer und empirischer Hintergrund 29 Aufgrund des Fehlens allgemeingültiger Empfehlungen (Conus et al., 2006) sollte die Entscheidung für oder gegen eine Pharmakotherapie immer eine Einzelfallentscheidung sein, die sich an den Symptomen des Betroffenen und dessen Bedürfnissen orientiert und stets Nutzen und Risiken gegeneinander abwägt (nach Pfennig et al., 2012). 1.3.3. Implikationen aus der Forschung zur Frühintervention für die vorliegende Studie Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde eine psychotherapeutische Frühintervention für Personen mit erhöhtem Bipolar-Risiko gewählt, da Psychotherapie im Vergleich zur Pharmakotherapie im Allgemeinen akzeptabler und tolerabler für die Betroffenen erscheint2 und ferner nachhaltigere Effekte zu erwarten sind (vgl. auch Benkert & Hippius, 2013). Das untersuchte Gruppenpsychotherapieprogramm bestand aus Elementen, die bei der bestehenden Symptomatik und auch bei manifesten Bipolaren Störungen nachweislich wirksam sind, und bei denen von einem geringen Nebenwirkungsprofil auszugehen ist. Eine detaillierte Beschreibung des eigens für die vorliegende Studie konzipierten Manuals sowie zum Aufbau des Gruppenpsychotherapieprogramms findet sich in Kapitel 4.5.1. 2 Zum Problem der geringen Medikamentenadhärenz bei Personen in Frühphasen Bipolarer Störungen siehe Macneil et al., 2011. 3. 3. Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen 30 Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen Die Kombination aus einer lange unentdeckten Erkrankung mit keiner oder einer inadäquaten Behandlung und der Konsequenz psychosozialer Einschränkungen verdeutlicht die Notwendigkeit einer frühen Erkennung und Behandlung Bipolarer Störungen. Während im Bereich der Schizophrenieforschung bereits die Wirksamkeit psychotherapeutischer Interventionen bei Personen mit erhöhtem Psychoserisiko belegt werden konnte, gibt es so gut wie keine Evidenz zum Effekt von Psychotherapie in möglichen frühen Stadien Bipolarer Störungen, und es liegen hierzu bis dato keine validierten und publizierten Manuale vor. Die vorliegende Arbeit ist eingebettet in die multizentrische DFG-geförderte EarlyCBTStudie, die den Wissensstand auf dem Gebiet der Wirksamkeit eines zeitigen spezifischen Gruppeninterventionsprogramms bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung im Vergleich zu unstrukturierten Gruppensitzungen erweitern soll. Vor dem Hintergrund des Forschungsdefizites auf dem Gebiet der Charakterisierung von Hochrisikopersonen für die Entwicklung Bipolarer Störungen hinsichtlich des psychosozialen Funktionsniveaus sowie des Stresserlebens und –managements sollte im Rahmen des vorliegenden Projektes zunächst eine deskriptive Betrachtung dieser Parameter erfolgen. Es wurde angenommen, dass die untersuchte Klientel zu Studienbeginn bereits Einschränkungen im psychosozialen Funktionsvermögen zeigt, ein hohes Ausmaß an Stress erlebt und ihre Bewältigungsmöglichkeiten limitiert sind. Die Veränderung im psychosozialen Funktionsvermögen der Studienteilnehmer in Abhängigkeit von der Gruppenzugehörigkeit stellte das primäre Outcome-Kriterium des vorliegenden Projektes dar. Hierbei wurde von einer besseren psychosozialen Anpassung der Probanden der Interventionsbedingung an ihre Umweltbedingungen im Vergleich zu Teilnehmern der Kontrollgruppe ausgegangen. Daneben sollten Veränderungen in der Wahrnehmung von und im Umgang mit Belastungen und Stress sowie in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Probanden erforscht werden, wobei ein stärkerer Effekt auf stressassoziierte Parameter bei Probanden der Interventionsgruppe vorhergesagt wurde. Es wurde erwartet, dass neben der psychotherapeutischen Intervention auch die unstrukturierten Sitzungen, die im Rahmen der Kontrollbedingung realisiert wurden, einen therapeutischen Nutzen zeigen sollten, der sich in der Verbesserung der beschriebenen Parameter widerspiegeln sollte. Aufgrund der bekannten Nachhaltigkeit von Psychotherapie wurde schließlich prognostiziert, dass die zu erwartenden positiven Effekte im psychosozialen Funktionsvermögen und in den stressassoziierten Parametern in beiden Versuchsgruppen auch stabil über die Zeit sein sollten. 3. Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen 31 Fragestellung 1: Wie gut ist das psychosoziale Funktionsvermögen der Studienteilnehmer zu Studienbeginn ausgeprägt, wie stark ist ihr Stresserleben, und verfügen sie über Copingstrategien? Hypothese 1: In der Stichprobe zeigen sich deutliche Einschränkungen im psychosozialen Funktionsvermögen, das Stresserleben ist hoch, und die Möglichkeiten, angemessen darauf zu reagieren, sind eingeschränkt. Fragestellung 2: Lässt sich eine bedeutsame Verbesserung des psychosozialen Funktionsvermögens durch das Gruppeninterventionsprogramm feststellen? Hypothese 2a: In beiden Versuchsgruppen zeigen sich am Ende der Intervention signifikante Verbesserungen im psychosozialen Funktionsvermögen. Hypothese 2b: In der Interventionsgruppe zeigen sich am Ende der Intervention signifikant höhere Werte im psychosozialen Funktionsvermögen als in der Kontrollgruppe. Hypothese 2c: In beiden Versuchsgruppen zeigen sich sechs Monate nach Beginn der Intervention signifikante Verbesserungen im psychosozialen Funktionsvermögen im Vergleich zum Ausgangsniveau. Fragestellung 3: Lässt sich eine bedeutsame Verbesserung im Stresserleben und in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten durch das Gruppeninterventionsprogramm feststellen? Hypothese 3a: In beiden Versuchsgruppen zeigt sich am Ende der Intervention ein signifikant geringeres Ausmaß an chronischem Stress. Hypothese 3b: In der Interventionsgruppe zeigt sich am Ende der Intervention ein signifikant niedrigeres Ausmaß an chronischem Stress als in der Kontrollgruppe. Hypothese 3c: In beiden Versuchsgruppen zeigen sich sechs Monate nach Beginn der Intervention signifikante Verbesserungen im Ausmaß an chronischem Stress im Vergleich zum Ausgangsniveau. 3. Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen 32 Hypothese 4a: In beiden Versuchsgruppen zeigen sich am Ende der Intervention signifikante Verbesserungen in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten. Hypothese 4b: In der Interventionsgruppe zeigen sich am Ende der Intervention signifikant höhere Werte in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten als in der Kontrollgruppe. Hypothese 4c: In beiden Versuchsgruppen zeigen sich sechs Monate nach Beginn der Intervention signifikante Selbstmanagementfähigkeiten Verbesserungen im Vergleich in den zum Ressourcen und Ausgangsniveau. 4. Methode 33 4. Methode 4.1. Überblick Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des DFG-geförderten Projekts zur frühen kognitiven Verhaltenstherapie bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung Bipolarer Störungen (engl.: „Early cognitive behavioural psychotherapy in subjects at high risk for bipolar affective disorders“; Akronym: EarlyCBT). Hierbei handelt es sich um eine multizentrische, randomisierte und kontrollierte klinische Studie mit Verblindung der Versuchsteilnehmer, der Rater und des für die Datenauswertung zuständigen Statistikers bezüglich der Gruppenzugehörigkeit der Probanden. Teilnehmende Studienzentren waren die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums an der Ruhr-Universität Bochum, die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Zentrum für Psychosoziale Medizin des Universitätsklinikums HamburgEppendorf, die LWL-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Hamm der Ruhr-Universität Bochum sowie die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Köln. Zur Erhöhung der Rekrutierungszahlen wurden im Verlauf der Erhebung die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg sowie die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité Berlin als weitere Studienzentren aufgenommen. Die Studie wurde der Ethikkommission des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden zur Begutachtung vorgelegt. Nach eingehender Prüfung wurde am 23.02.2010 ein positives Votum für das beantragte Forschungsvorhaben ausgesprochen. 4.2. Studienablauf 4.2.1. Rekrutierung Studienteilnehmer waren Personen, die gemäß vorab definierten Kriterien (z.B. genetische Vulnerabilität, Stimmungsschwankungen, Funktionseinschränkung) in die Hochrisikogruppe für die Entwicklung Bipolarer Störungen einzuordnen waren. Die Rekrutierung erfolgte für dieses Projekt im Zeitraum von Oktober 2010 bis August 2014 über die Ambulanzen und Stationen der psychiatrischen Kliniken in den sieben partizipierenden Studienzentren. Ferner durchliefen Personen, die sich in den Früherkennungszentren für psychische Störungen in Dresden, Bochum, Köln, Hamburg und Berlin vorstellten, ein Screening (Screening-Checkliste siehe Anhang H) zur Prüfung der 4. Methode 34 Eingangsvoraussetzungen für die Studie. Alle als potentielle Studienkandidaten identifizierten Personen wurden über das Gruppentherapieprogramm informiert. Diejenigen, die Interesse an der Studienteilnahme zeigten, wurden durch einen Studienarzt im Sinne eines „informed consent“ ausführlich aufgeklärt und erhielten ferner eine Probandeninformation (siehe Anhang B) zum theoretischen Hintergrund, zu den Zielen sowie zum Ablauf des Forschungsprojektes. Erst nach schriftlicher Einwilligung (siehe Anhang E) der Probanden wurden diagnostische Interviews aus der Baselineuntersuchung zur Prüfung der Ein- und Ausschlusskriterien durchgeführt. Minderjährige und somit beschränkt geschäftsfähige Probanden erhielten altersgerechte Versionen der Probandeninformation (siehe Anhang C) und eine spezifische Einverständniserklärung (siehe Anhang F). Die gesetzlichen Vertreter (Eltern/Sorgerechtstragende) minderjähriger Probanden wurden ebenfalls aufgeklärt und um ihre Einwilligung zur Teilnahme des Kindes gebeten. Für die gesetzlichen Vertreter standen spezifische Probandeninformationen (siehe Anhang D) und Einwilligungserklärungen (siehe Anhang G) zur Verfügung. 4.2.2. Ein- und Ausschlusskriterien Voraussetzung für die Studienteilnahme war das Vorliegen einer spezifischen Risikokonstellation für die Entwicklung einer Bipolaren Störung, welche im Studienprotokoll (siehe Anhang A) ausführlich dargelegt ist. Neben einer positiven Familienanamnese für affektive und/oder schizoaffektive Störungen mussten die Probanden bereits affektive Symptome inklusive Stimmungsschwankungen aufweisen, die jedoch nicht die DSM-IVDiagnosekriterien für eine manifeste Bipolare Störung erfüllten. Die diagnostische Einordnung der Symptome und Prüfung der Eingangsvoraussetzungen erfolgte mittels des Strukturierten Klinischen Interviews für Psychische Störungen (SKID-I und II, siehe Kapitel 4.4.3.) sowie anhand ein Konsensus-Boardes, bestehend aus zwei Fachärzten für Psychiatrie pro Studienzentrum. Der spezifische Risikostatus wurde mittels strukturierter Früherkennungsskalen (BPSS-P und EPIbipolar, siehe Kapitel 4.4.5.) operationalisiert. Weiteres Kriterium für den Einschluss in die Studie war eine Progredienz der affektiven Symptomatik sowie eine zunehmende Einschränkung des psychosozialen Funktionsvermögens in den vorangegangenen zwölf Monaten, gemessen mit der Social Interview Schedule (SIS, siehe Kapitel 4.4.1.). Das vorgesehene Altersspektrum für die Studienteilnahme lag bei 15-30 Jahren. Nicht eingeschlossen werden konnten Personen, die entweder bereits die diagnostischen Kriterien für eine aktuelle oder anamnestische (hypo-)manische Episode erfüllten, die die Diagnose einer Psychose gestellt bekommen hatten oder deren affektive Symptomatik besser durch eine andere psychische Störung (z.B. Persönlichkeitsstörung) erklärt werden konnte. Ferner durften die Studienteilnehmer nicht unter einer organischen ZNS-Erkrankung 4. Methode 35 oder einer schweren somatischen Erkrankung leiden. Gemäß einem Amendment, welches von der Ethikkommission des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden nach eingehender Prüfung am 20.05.2011 als positiv bestätigt wurde, stellte die Einnahme einer psychotropen Medikation kein Ausschlusskriterium zur Studienteilnahme dar, sofern es sich entweder um eine reine Schlafmedikation oder um eine antidepressive Medikation handelte, die vor Studienbeginn bereits seit mindestens acht Wochen stabil eingestellt war. Damit eine Person in die Studie eingeschlossen werden konnte, mussten alle Einschlusskriterien erfüllt sein, und es durfte keiner der festgelegten Ausschlussgründe vorliegen. In den Tabellen 5 und 6 sind die Ein- und Ausschlusskriterien für die Studienteilnahme zusammengefasst. Tabelle 5. Einschlusskriterien Einschlusskriterien Positive Familienanamnese für affektive und/oder schizoaffektive Störungen (Angehörige ersten und/oder zweiten Grades) Einschränkung im psychosozialen Funktionsvermögen, erfasst mittels SIS, in den letzten 12 Monaten im Vergleich zu den 12 Monaten davor Affektive Symptomatik (unterschwellige Manie3 und/oder mind. unterschwellige Depression4 mit zyklothymen Symptomen und/oder zyklothyme Symptome)5 in den letzten 12 Monaten (Definitionen gemäß Bechdolf et al., 2010; erfasst durch EPIbipolar und BPSS-P) Alter zwischen 15-30 Jahre Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache Schriftliche Einwilligung 3 Subklinische Manie: Diese wird definiert als Periode einer abnormalen und persistierenden gesteigerten, expansiven oder gereizten Stimmung über einen Zeitraum von mindestens zwei aufeinander folgenden Tagen. Darüber hinaus müssen mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein: Größenideen, vermindertes Schlafbedürfnis, vermehrter Redefluss, beschleunigter Gedankengang/Ideenflucht, Ablenkbarkeit, erhöhte Energie/zielgerichtete Aktivität, Risikoverhalten. 4 Subklinische Depression: Diese umfasst eine depressive Stimmung oder ein vermindertes Interesse/Freudverlust über einen Zeitraum von mindestens einer Woche plus wenigstens zwei der folgenden Kriterien: Erschöpfung oder verminderte Energie, Gefühle von Wertlosigkeit oder Schuldgefühle, Insomnie oder Hypersomnie, signifikanter Gewichtsverlust, psychomotorische Verlangsamung oder –Unruhe, Denk- und Konzentrationsschwierigkeiten, wiederkehrende Gedanken an den Tod/Suizidgedanken. 5 Zyklothyme Symptome: Diese Kategorie umfasst wiederkehrende Episoden mit subklinischen manischen Symptomen, die nicht die Kriterien für subklinische Manien erfüllen sowie zahlreiche Episoden mit depressiven Symptomen. 4. Methode 36 Tabelle 6. Ausschlusskriterien Ausschlusskriterien DSM-IV-Diagnose einer Bipolaren Störung Typ I/II (Prüfung mittels SKID-I) Anamnestisch behandelte oder unbehandelte Psychose von mind. 7 Tagen Dauer (SKID-I) Hauptsymptomatik darf nicht allein auf eine Persönlichkeitsstörung zurückzuführen sein (SKID-II) Organische ZNS-Erkrankung akute Suizidalität Schwere, instabile somatische Erkrankung Einnahme psychotroper Medikation (Ausnahme: Medikation bei Schlafstörung und stabile Medikation mit SSRI, Venlafaxin, Duloxetin, Mirtazapin oder Valdoxan seit mindestens 8 Wochen) 4.2.3. Randomisierung Alle Personen, die ihre schriftliche Einwilligung gegeben hatten und gemäß dem Studienprotokoll die Voraussetzungen zur Studienteilnahme erfüllten, wurden bei genügender Teilnehmerzahl für die Durchführung einer Gruppe per Gruppenrandomisierung einer der beiden Versuchsbedingungen (Interventionsgruppe mit spezifischer kognitiver Verhaltenstherapie vs. Kontrollgruppe mit unstrukturiertem Gruppensetting) zugeordnet. Ab einer Teilnehmerzahl von vier Probanden konnte eine Gruppe durchgeführt werden. Ein Gruppenstart konnte bei nicht erreichter Teilnehmerzahl auch durch Hinzunahme von Auffüllkandidaten (Personen mit subsyndromaler affektiver Symptomatik, die nicht alle Einschlusskriterien zur Studienteilnahme erfüllten) erfolgen. Die Zuteilung der Gruppe zu einer der beiden Versuchsbedingungen wurde zentral vom Zentrum Dresden über eine vor Studienbeginn erstellte Randomisierungstabelle realisiert. 4.2.4. Trainings Um Zentrumseffekte möglichst gering zu halten, erhielten die wissenschaftlichen Mitarbeiter aller Studienzentren vor Studienbeginn ein intensives Training in der Prüfung der Voraussetzungen für die Studienteilnahme und der sicheren Anwendung der Messinstrumente. Ferner erhielten die Psychotherapeuten, die die Durchführung der Gruppensitzungen übernahmen, eine mehrtägige Schulung in der Anwendung des Interventionsmanuals sowie im therapeutischen Vorgehen in der Kontrollbedingung. 4.2.5. Ablaufschema Im Folgenden soll der Studienablauf genauer dargestellt werden: Diejenigen Personen, die ein positives Screeningergebnis erzielt hatten und somit als potentielle Studienkandidaten identifiziert werden konnten, nahmen nach eingehender Aufklärung in die Studie und schriftlicher Einwilligung an einer Baselineuntersuchung teil, die von einem geschulten Studienarzt durchgeführt wurde. Diese Erhebung diente zunächst der 4. Methode 37 Prüfung der Eingangsvoraussetzungen für die Studienteilnahme. Hierzu wurden eine ausführliche Anamnese erhoben sowie klinische Interviews und spezifische Früherkennungsskalen zur diagnostischen Einordnung der vorliegenden Symptome eingesetzt. Zur genaueren Abbildung der affektiven Symptomatik der Probanden kamen verschiedene Fremdbeurteilungsinstrumente zum Einsatz. Darüber hinaus erfolgte im Rahmen der Baselineuntersuchung die Erfassung des aktuellen psychosozialen Funktionsvermögens der Studienteilnehmer, welches gemäß dem Studienprotokoll durch eine Verschlechterung in den vorangegangenen zwölf Monaten gekennzeichnet sein musste. Zudem wurden im Rahmen der Baselinemessung die Wahrnehmung von Stress, die Reaktion darauf und das Ausmaß an bestehenden Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten anhand von Selbstreportfragebögen erfasst. Um einen möglichst hohen Rücklauf zu gewährleisten, erhielten die Studienteilnehmer frankierte Rückumschläge mit der Bitte um zeitnahe Bearbeitung und Rücksendung der Fragebogenpakete. Die Dauer der gesamten Studie betrug für jeden Studienteilnehmer 18 Monate. Davon fanden in den ersten 14 Wochen wöchentliche Gruppensitzungen à 90 Minuten Dauer statt. Bis zum Studienende wurden fünf umfassende Follow-Up-Messungen durchgeführt, in denen ein Teil der bereits zur Baselineuntersuchung eingesetzten Instrumente erneut zum Einsatz kam. Für die vorliegende Arbeit waren die Follow-Up-Messzeitpunkte am Ende der Intervention sowie sechs Monate nach Beginn der Intervention von Relevanz; die Follow-UpDatenerhebung für die gesamte Studie wird voraussichtlich Ende 2016 abgeschlossen sein. Im Anhang I ist ein Flowchart der Gesamtuntersuchung für alle Messzeitpunkte mit den jeweiligen eingesetzten Instrumenten aufgeführt. Abbildung 4 zeigt zusammenfassend das Ablaufschema der gesamten Studie. 4. Methode 38 Abbildung 4. Schematische Darstellung des gesamten Studienablaufes Für den Zeitraum der Durchführung der Gruppensitzungen waren unstrukturierte Konsultationen der Versuchsteilnehmer mit dem jeweiligen behandelnden Arzt zugelassen. Falls aufgrund von Zunahme von Symptomatik bei einem Probanden während der Gruppensitzungen zusätzliche strukturierte psychotherapeutische Interventionen erforderlich wurden (z.B. der Beginn einer Psychotherapie im Einzelsetting), führte dies zum Dropout des Teilnehmers aus der Studie, wobei dieser weiterhin an den Gruppensitzungen teilnehmen konnte. Bei Einverständnis des Studienteilnehmers wurden die Follow-Up-Untersuchungen zwecks Informationsgewinnung über die Symptomentwicklung und etwaige Konversion in eine Bipolare Störung jeweils weitergeführt. In nachfolgender Tabelle sind alle Kriterien zusammengefasst, die zum Dropout eines Probanden während der Durchführung der Studie führten. Tabelle 7. Dropout-Kriterien Dropout-Kriterien Teilnehmer hat kein Interesse mehr an Studienteilnahme akute Suizidgefahr bzw. andere klinische Gründe (Ausschluss durch Studienarzt) medizinische Gründe (z.B. Dauermedikation (länger als 7 Tage), abgesehen von der zugelassenen antidepressiven Medikation) Beginn einer Psychotherapie Teilnahme an weniger als 50% der Sitzungen 4. Methode 4.3. Qualitätssicherung 4.3.1. Dokumentation 39 Die Dokumentation der Studiendaten wurde in Übereinstimmung mit den Guidelines for Good Clinical Practice (GCP) durchgeführt. Für jeden Studienteilnehmer wurde ein sogenanntes case report form angelegt, welches in verschlüsselter, pseudonymisierter Form alle Untersuchungsdaten enthielt und gemäß den gesetzlichen Datenschutzbestimmungen angelegt war. Unerwünschte medizinische Ereignisse, sogenannte adverse events, wurden zu jedem Visitentermin erfasst und entsprechend dokumentiert. Bei Ausscheiden aus der Studie (z.B. aufgrund medizinischer Gründe) erfolgte nach expliziter Zustimmung des Probanden die Weiterführung der Follow-Up-Untersuchungen mit entsprechender Verlaufsdokumentation. Zur Untersuchung der Vergleichbarkeit der Gruppendurchführung in allen Studienzentren sowie zur Prüfung der Erfüllung der Qualitätskriterien der beiden Gruppenbedingungen wurden sämtliche Sitzungen mit Kamera aufgezeichnet. Darüber hinaus erfolgte eine schriftliche Dokumentation aller Sitzungsinhalte durch den jeweiligen Studientherapeuten. 4.3.2. Schulung der Studienmitarbeiter Alle Studienmitarbeiter erhielten im koordinierenden Studienzentrum Dresden qualifizierte Schulungen in GCP, in der Durchführung der Ratings sowie der Realisierung der beiden Gruppenbedingungen. 4.3.3. Monitoring Um gewährleisten zu können, dass die Durchführung der Untersuchung und Dokumentation der Daten in allen Zentren gemäß dem Studienprotokoll und mit hoher Qualität erfolgte, wurden von Mitarbeitern des klinischen Studienzentrums in Dresden regelmäßige Monitoringtermine nach einem vorab festgelegten Zeitschema durchgeführt. Wesentliche Ziele der Monitorings stellten die Prüfung der Untersuchungsdaten auf Vollständigkeit und Plausibilität sowie die Sicherstellung der Einhaltung der Datenschutzbestimmungen dar6. 4.3.4. Expertenboard Ein Expertenboard, bestehend aus Wissenschaftlern in den Disziplinen Früherkennung psychischer Störungen, Durchführung klinischer Studien gemäß den Standards der GCP sowie aus dem Bereich der Biometrie, stand den Projektmitarbeitern supervisorisch über den gesamten Projektverlauf hinweg zur Verfügung. Das Expertenbord hatte weiterhin die 6 Details zum Monitoring finden sich im Studienprotokoll, siehe Anhang A. 4. Methode 40 Aufgabe, die Einhaltung des Studienprotokolls zu prüfen sowie wichtige Entscheidungen im Studienverlauf (z.B. bezüglich der Weiterführung der Studie bei unvorhergesehenen Ereignissen) zu treffen. 4.4. Studienmaterial 4.4.1. Psychosoziales Funktionsvermögen Social Interview Schedule (SIS) Die SIS (Clare & Cairns, 1978; Faltermaier et al., 1985) ist ein standardisiertes Interview zur Erfassung der sozialen Anpassung eines Individuums an seine Umgebungsbedingungen. Die SIS erweist sich als reliables, sowohl für klinische als auch non-klinische Populationen gut geeignetes und anerkanntes Verfahren. Anders als bei anderen Instrumenten zur sozialen Anpassung, die ausschließlich die Rollenperformanz einer Person messen, können mittels der SIS drei wichtige Kategorien abgebildet werden: Der Aspekt der materiellen und objektiven Lebensbedingungen eines Individuums wird mit Hilfe von Fragen aus der Kategorie „objektive Bedingungen“ erfasst. Die soziale Kompetenz einer Person und das Ausmaß des erfolgreichen Handels und Erfüllens sozialer Verpflichtungen werden durch Items der Kategorie „soziales Management“ abgebildet. Mittels der Skala „Zufriedenheit“ kann schließlich die Befriedigung oder Erfüllung einer Person gemessen werden, die diese durch ihre Lebenssituation und durch das Agieren in verschiedenen Rollen erfährt. Faltermaier und Kollegen (1985) betonen, dass es sich bei den Kategorien „soziales Management“ und „Zufriedenheit“ um relativ unabhängige Faktoren handele, die keineswegs stabil im Sinne eines traits, sondern besonders änderungssensitiv seien. Eingesetzt wird die SIS somit zur Erfassung der aktuellen sozialen Situation einer Person, und sie erweist sich hierbei als geeignetes Instrument zur Veränderungsmessung. Die soziale Anpassung wird anhand von acht Rollenbereichen (Wohnsituation, Arbeit/Interaktion, finanzielle Situation, Freizeit/Kontakte, Kontakte zu Familie und Verwandten, häusliche Situation, Zurechtkommen mit Alleinleben bzw. Partnerschaft, Kindererziehung) erhoben. Die 44 Items der SIS beziehen sich auf den Zeitraum der vergangenen vier Wochen. Die Ratings der Kategorien „objektive Bedingungen“ und „soziales Management“ werden vom Interviewer anhand eines Ratingmanuals auf einer Vierpunkt-Skala (1 = keine Einschränkungen, 2 = leichte Einschränkungen, 3 = deutliche Einschränkungen, 4 = starke Einschränkungen) vorgenommen; die Zufriedenheitsbeurteilung erfolgt durch die Untersuchten ebenfalls auf einer Skala mit vier Antwortalternativen (1 = sehr zufrieden, 2 = zufrieden, 3 = unzufrieden, 4 = sehr unzufrieden). Nach Faltermaier und Kollegen (1985) kann die Berechnung der sozialen Anpassung sowohl durch Bestimmung eines Gesamtscores als auch durch separate Betrachtung und 4. Methode 41 Scorebildung der drei Dimensionen „objektive Bedingungen“, „soziales Management“ und „Zufriedenheit“ erfolgen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgte die Auswertung anhand eines Gesamt-Management-Scores, der durch Aufsummierung der Management-Items und Mittelwertbildung berechnet wurde. Die SIS weist gute psychometrische Eigenschaften auf. So berichteten Faltermaier und Kollegen (1985) von Test-Retest-Reliabilitäten7 des Gesamtscores der sozialen Anpassung von rtt = .90, gemessen an psychisch erkrankten Probanden. Im Rahmen der Reliabilitätsstudie wurde ebenfalls die Übereinstimmung der Bewertungen unabhängiger Rater ermittelt; die Inter-Rater-Reliabilitätswerte für die Gesamtscores lagen bei rtt = .90. Ferner haben die Autoren eine Studie an gesunden Probanden durchgeführt, in der die Beziehungen zwischen den Items der drei Kategorien der SIS analysiert wurden. Die vergleichsweise geringen Assoziationen zwischen den Dimensionen, gemessen mit ProduktMoment-Korrelationen, werten die Autoren als Beleg für die relative Unabhängigkeit der drei Dimensionen der SIS. Da die SIS eine detaillierte Abbildung des psychosozialen Managements ermöglicht, wurde das Instrument im Rahmen der vorliegenden Studie zur Veränderungsmessung zu allen Messzeitpunkten als zentrales Outcome-Maß eingesetzt. 4.4.2. Stresserleben, Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten 4.4.2.1. Trierer Inventar zu chronischem Stress (TICS) Das TICS (Schulz et al., 2004) ist ein Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung verschiedener Facetten von chronischem Stress. Grundlage für die Konzeption des Instruments stellen Befunde aus der Stressforschung dar, wonach chronischer Stress mit klinisch relevanten Beeinträchtigungen der Gesundheit assoziiert ist. Die Entstehung von Stress wird von den Autoren auf eine Beanspruchung personenbezogener Ressourcen bei der Auseinandersetzung einer Person mit ihrer Umwelt zurückgeführt (Schulz & Schlotz, 1999). Stress wird erlebt, wenn Person-Umwelt-Interaktionen „übermäßig lange andauern, negativ oder konflikthaft verlaufen oder zu selten sind bzw. gar nicht stattfinden“ (zitiert nach Schulz und Schlotz, 1999, S. 9). Chronischer Stress wird in der TICS durch Einschätzungen komplexer Belastungserfahrungen ermittelt. Die 57 Items des Fragebogens sind in zehn Skalen zusammengefasst und beziehen sich auf Aspekte chronischen Stresses, wie sie in den vergangenen drei Monaten erlebt wurden. Die Beurteilung des Stresserlebens erfolgt anhand einer 5-Punkte-Skala (0 = nie, 1 = selten, 2 = manchmal, 3 = häufig, 4 = sehr häufig). Mit Hilfe der Skalen „Arbeitsüberlastung“, „Soziale Überlastung“ und „Erfolgsdruck“ soll chronisches Stresserleben erfasst werden, das aus 7 Bei der Test-Retest-Reliabilität wurde die Übereinstimmung der Ratings zwischen zwei Interviewern gemessen. 4. Methode 42 hohen Anforderungen resultiert. Die Skalen „Arbeitsunzufriedenheit“, „Überforderung bei der Arbeit“, „Mangel an sozialer Anerkennung“, „Soziale Spannungen“ und „Soziale Isolation“ beziehen sich auf Stress, der auf einen Mangel an Bedürfnisbefriedigung durch unbefriedigende Arbeits- oder soziale Bedingungen zurückzuführen ist. Daneben können sorgenvolle Gedanken, die sich auf die Zukunft beziehen, mittels der Skala „Chronische Besorgnis“ erfasst werden. Schließlich enthält das TICS eine Screening-Skala zur Globalerfassung von erlebtem Stress. Die Auswertung des TICS erfolgt über Bildung von Summenscores der einzelnen Skalen und Umwandlung der Skalenrohwerte in t-Werte. Das TICS weist überzeugende psychometrische Eigenschaften auf: So konnten Schulz und Mitarbeiter (2004) hohe Reliabilitätswerte der zehn Skalen (.84 ≤ Cronbachs α ≤ .91) zeigen. Darüber hinaus wurden mittels einer Faktorenanalyse die ermittelten Dimensionen des TICS bestätigt. Die hohen Korrelationen mit anderen Stressfragebögen und Persönlichkeitsmerkmalen weisen zudem auf die hohe Konstruktvalidität des Instrumentes hin. Wichtige Einsatzgebiete des TICS sind klinische Untersuchungen zum Zusammenhang von Stress und körperlicher und seelischer Gesundheit sowie die Evaluation von psychotherapeutischen Interventionen, beispielsweise Stressbewältigungstrainings. In der vorliegenden Arbeit kam das TICS daher als Instrument zur Erfassung der Veränderung des Erlebens von chronischem Stress der Studienteilnehmer zum Einsatz. 4.4.2.2. Fragebogen zur Erfassung von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten (FERUS) Der FERUS (Jack, 2007) dient der Erhebung von gesundheitsrelevanten Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten und eignet sich zur Anwendung bei erwachsenen stationären Psychosomatik- oder Psychiatriepatienten und auch bei ambulanten Psychotherapieklienten. Einsetzbar ist das Selbstreportverfahren nicht nur zur Erfassung von dispositionalen Ressourcen bzw. Ressourcendefiziten, sondern auch zur Überprüfung der Zielerreichung und Veränderungsmessung im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung. Als Grundkonzept für das Messinstrument dienten das salutogenetische Modell nach Antonovsky (1979, 1987) sowie das Selbstmanagementkonzept nach Kanfer et al. (1996). Der FERUS besteht aus 66 Items, die sich auf den Zeitraum der letzten zwei bis drei Wochen einschließlich des aktuellen Tages beziehen. Die Beantwortung der Items erfolgt auf einer fünfstufigen Skala (1= stimmt nicht, 2= stimmt wenig, 3= stimmt mittelmäßig, 4= stimmt ziemlich, 5= stimmt sehr). Die Items des FERUS sind zu 7 Skalen zusammengefasst („Veränderungsmotivation“, „Coping“, „Selbstbeobachtung“, „Selbstwirksamkeit“, „Selbstverbalisation“, „Hoffnung“ und „Soziale Unterstützung“). Zudem kann ein Wert für die 4. Methode 43 Erfassung der Gesamtressourcen einer Person durch Zusammenfassung der Skalen „Coping“, „Selbstbeobachtung“, „Selbstverbalisation“ und „Hoffnung“ gebildet werden. Die Auswertung des FERUS erfolgt durch Addition der zu einer Subskala gehörenden Itemantworten und Transformation der Skalenrohwerte in t-Werte und Prozentränge. Es liegen Normierungstabellen für eine stationäre Psychosomatikstichprobe sowie für eine Stichprobe aus gesunden Probanden vor. Die Bestimmung der Gütekriterien erfolgte anhand einer klinischen Stichprobe aus 195 stationären Psychosomatik-Patienten. Jack (2007) konnte befriedigende bis gute RetestReliabilitäten aller Skalen (.66 ≤ rtt ≤ .86) sowie gute bis sehr gute interne Konsistenzen (.86 ≤ Cronbachs α ≤ .93) nachweisen. Eine Hauptkomponentenanalyse zeigte eine gute faktorielle Validität der Skalen. Die konvergente und divergente Validität des FERUS, erfasst durch Korrelationen der Skalen mit verschiedenen Fragebögen (Zusammenfassung siehe Jack, 2007), kann ebenfalls als zufriedenstellend beurteilt werden. In der vorliegenden Studie wurde deshalb anhand des FERUS die Veränderung von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Hochrisikopersonen für Bipolare Störungen untersucht. 4.4.3. Klassifikatorische Diagnostik Strukturiertes Klinisches Interview für Psychische Störungen, Achse I und II (SKID-I und II) Das SKID (Wittchen et al., 1997) dient der Erfassung und Diagnostik ausgewählter psychischer Syndrome und Störungen, wie sie im DSM-IV auf den Achsen I und II definiert werden. Alle Diagnosen werden im Längs- und Querschnitt sowie mit Zusatzinformationen über Beginn und Verlauf erhoben. Folgende DSM-IV Diagnosen können im SKID-I auf Achse I beurteilt werden: Affektive Störungen, Psychotische Störungen, Störungen durch psychotrope Substanzen, Angststörungen, Somatoforme Störungen, Essstörungen und Anpassungsstörungen. Beim SKID-II handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren, bestehend aus einem Screeningfragebogen und einem halbstrukturierten Interview, zur Erfassung von zehn Persönlichkeitsstörungen sowie zwei im Anhang des DSM-IV aufgeführten Persönlichkeitsstörungen. Für die deutschsprachige Fassung des SKID-I nach DSM-IV liegen keine gesonderten psychometrischen Kennwerte vor. Für die Vorgängerversion (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-III) konnten gute bis befriedigende Test-Retest-Reliabilitäten für die untersuchten SKID/DSM-III-Diagnosen nachgewiesen werden (Wittchen et al., 1991). Der Kappa-Wert für Bipolare Störungen betrug = .70. 4. Methode 44 Für die deutsche Version des SKID-II für DSM-III-R ergab sich eine prozentuale InterraterÜbereinstimmung von 89 bis 100% für die einzelnen Persönlichkeitsstörungen (Wittchen et al., 1993). In der vorliegenden Arbeit diente die Durchführung des SKID I und II zu Studienbeginn der Prüfung der Eingangsvoraussetzungen in die Studie. Darüber hinaus wurden die klinischen Interviews zur Charakterisierung von komorbiden psychiatrischen Erkrankungen bei den untersuchten Probanden mit Risikostatus für eine bipolare Entwicklung eingesetzt. 4.4.4. Schwere der affektiven Symptomatik 4.4.4.1. Hamilton-Depressionsskala (HAMD) Bei der HAMD (englisches Original Hamilton, 1960; deutsche Version Baumann, 1976) handelt es sich um das gebräuchlichste Verfahren zur Erfassung der Schwere einer depressiven Erkrankung. Das Instrument ist als halbstandardisiertes Interview konzipiert; die Einschätzung depressiver Symptome erfolgt hierbei durch ein Expertenrating. Die Gesamtskala besteht aus 21 Items, die sich sowohl auf physische (beispielsweise Schlafstörungen, psychomotorische Unruhe) als auch auf psychologische Symptome einer Depression (z.B. Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle, Ängste) beziehen. Die Beurteilung der depressiven Symptome erfolgt durch den Kliniker je nach Item auf einer drei- bzw. fünfstufigen Skala. Auf Grundlage von klinischen Erfahrungen wurden folgende Konventionen bezüglich der Cut-off-Werte der Skala getroffen: Während Punktwerte in der HAMD unter 8 als unauffällig zu bewerten sind, weisen Werte von 8 bis 13 auf eine milde Depression hin, solche von 14 bis 18 auf eine mäßige Depression und Werte von 19 Punkten und mehr auf eine schwere Depression (Hamilton, 1986). Zur Erfassung der psychometrischen Eigenschaften der HAMD wurde ein Review der hierzu publizierten Literatur seit Veröffentlichung der Skala durch Hamilton erstellt (Bagby et al., 2004). Bagby und Kollegen konnten interne Konsistenzen über alle Studien hinweg von .46 ≤ Cronbachs α ≤ .97 aufzeigen. Die Inter-Rater-Reliabilitäten nahmen in der systematischen Zusammenschau Werte zwischen .82 ≤ rPearson ≤ .98 an. Ferner konnten gute Test-RetestReliabilitäten nachgewiesen werden (.81 ≤ rtt ≤ .98). Da die Skala auf der Grundlage des DSM-III konstruiert wurde und aufgrund dessen nicht alle heute erforderlichen Symptome einer Depression enthält, muss die Inhaltsvalidität der HAMD allerdings als eingeschränkt betrachtet werden. Bei der Beurteilung Bipolarer Störungen durch die HAMD muss zudem berücksichtigt werden, dass zusätzliche typische Symptome Bipolarer Depressionen (Hypersomnie, Appetit- und Gewichtszunahme) nicht erfragt werden. Die HAMD hat sich trotz methodischer Kritik weltweit etabliert und in zahlreichen klinischen Studien sowie zur Verlaufsbeurteilung von therapeutischen Interventionen bei depressiven Störungen bewährt. 4. Methode 45 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde folglich mittels der HAMD die affektive Symptomatik der Hochrisikopersonen zu Baseline erfasst. 4.4.4.2. Young Mania Rating Scale (YMRS) Die YMRS (Young et al., 1978) ist ein Fremdbeurteilungsmaß zur Beurteilung und Quantifizierung manischer Symptome. Inzwischen ist eine deutsche Version verfügbar (Bernhard & Meyer, 2012). Die Ratingskala besteht aus 11 Items, die das gesamte Spektrum manischer Symptome, aber auch in der Manie typischerweise auftretende psychotische Symptome umfasst. Die Schweregradeinschätzung der einzelnen Symptome erfolgt, angelehnt an die Struktur der HAMD, auf der Grundlage eines Interviews durch einen erfahrenen und geschulten Kliniker. Bei vier Items (Reizbarkeit, Sprechweise, Sprach- und Denkstörungen, expansiv-aggressives Verhalten), die mit einer hohen Beeinträchtigung für die Betroffenen verbunden sind, erfolgt eine Bewertung auf einer Punkteskala von 0-8, während die restlichen 7 Items Werte zwischen null und vier annehmen können. Ein Wert von kleiner als 5 auf der YMRS kann als „remittiert“ bewertet werden, während Werte größer als 17 auf eine starke Beeinträchtigung hinweisen (Hautzinger & Meyer, 2004). Young und Kollegen (1978) berichten eine hohe Inter-Rater-Reliabilität der englischen Originalskala (.66 ≤ rSpearman ≤ .95; rSpearman gesamt = .93). Die Validität der YMRS konnte ebenfalls gut belegt werden. So konnten die Autoren eine hohe Korrelation zwischen der Skala und anderen Maßen zur Beurteilung des manischen Spektrums nachweisen (rSpearman Beigel-Scale = .71; rSpearman Petterson-Scale = .89). Hinweise auf die prädiktive Validität des Instruments lieferten hohe Korrelationen zwischen dem YMRS-Gesamtscore und der Dauer des Krankenhausaufenthaltes (rSpearman = .66). Die psychometrischen Kennwerte der deutschen Adaptation der YMRS sind mit denen der Originalversion vergleichbar (Mühlbacher et al., 2011). Zusammenfassend handelt es sich bei der YMRS um eine weltweit etablierte reliable und valide Testskala zur Beurteilung des Schweregrades manischer Symptome, welche insbesondere im Rahmen klinischer Studien zum Einsatz kommt. Die YMRS wurde daher in der vorliegenden Arbeit bei den Studienteilnehmern zur Erfassung manischer Symptome zu Baseline eingesetzt. 4.4.5. Frühsymptome in der Entwicklung einer Bipolaren Störung Zur Erfassung von Frühsymptomen in der Entwicklung einer Bipolaren Störung liegen zwei halbstandardisierte Interviews vor, die im Folgenden beschrieben werden sollen. Da diese Instrumente im Rahmen der vorliegenden Arbeit lediglich zur Erfassung des Risikostatus der potentiellen Probanden und somit zur Prüfung der Eingangsvoraussetzungen zur 4. Methode 46 Studienteilnahme dienten, nicht jedoch in die Auswertung eingingen, soll die Darstellung dieser Skalen nur überblicksartig erfolgen. 4.4.5.1. Bipolar Prodrom Symptom Skala-Prospektiv (BPSS-P) Bei der BPSS-P handelt es sich um die deutsche, für das EarlyCBT-Projekt adaptierte Version der Bipolar Prodrome Symptome Interview and Scale-Prospective (Correll et al., 2005). Das Instrument, welches als halbstrukturiertes Interview konzipiert ist, dient der Erfassung von potentiellen affektiven Frühsymptomen, die im vergangenen Jahr aufgetreten sind. Formal gliedert sich die BPSS-P in zwei Abschnitte (Manie-Symptome, DepressionsSymptome) mit jeweils einer Gruppe von Fragen, die Hinweise auf ein Manie-Prodrom, ein Subdepressions-/Depressions-Syndrom sowie auf das Vorliegen von Stimmungsschwankungen liefern. In einer jüngst erschienenen Arbeit konnten gute bis sehr gute psychometrische Eigenschaften für die BPSS-P nachgewiesen werden (Correll et al., 2014b). Eine Validierungsstudie bezüglich der Konversionsprädiktion läuft aktuell. 4.4.5.2. Early Phase Inventory for bipolar disorders (EPIbipolar) Ergänzend zu der oben beschriebenen BPSS-P, die auf affektive Frühsymptome von Bipolaren Störungen fokussiert, wurde im Rahmen der Studie das halbstrukturierte Interview EPIbipolar (Pfennig & Leopold, 2011) eingesetzt. Mittels EPIbipolar können die in frühen Phasen zusätzlich zur affektiven Symptomatik als Risikofaktoren in Frage kommenden Bereiche (Schlaf und zirkadiane Periodik/Licht, Stimmungsschwankungen und Affektlabilität, Ängste/Ängstlichkeit, Kreativität, Substanzgebrauch, psychosoziale Funktionseinschränkung sowie dissoziative Symptome) erfasst werden. Zur finalen Risikoabschätzung kann eine Einordnung in die drei Risiko-Kategorien „Risikogruppe“, „Hochrisikogruppe“ und „Ultrahochrisikogruppe“ für die Entwicklung einer Bipolaren Störung erfolgen (siehe auch Leopold et al., 2012). Eine prospektive Validierungsstudie zur Beurteilung des prädiktiven Werts von EPIbipolar für die Entwicklung einer Bipolaren Störung und zur Erhebung weiterer psychometrischer Kennwerte wird derzeit von Leopold und Mitarbeitern durchgeführt. 4. Methode 47 4.5. Interventionen 4.5.1. Interventionsgruppe: Spezifische kognitiv-behaviorale Psychotherapie Da für die Behandlung von Personen mit hohem Risikoprofil für die Entwicklung einer Bipolaren Störung nach Kenntnis der Projektleitung keine strukturierten psychotherapeutischen Behandlungsprogramme existieren, wurde eigens für das EarlyCBTProjekt ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual entwickelt und im Rahmen der Studie erstmals eingesetzt. Das Therapieprogramm mit dem Namen „Best (be)for(e) bipolar“ (© Marx et al., 2010) ist für ein Gruppensetting konzipiert und umfasst 14 Sitzungen à 90 Minuten, die jeweils wöchentlich stattfinden. Grundlage für Struktur und Inhalt des Manuals bildeten verschiedene evidenzbasierte Therapieprogramme zur Behandlung Bipolarer Störungen (Manisch-depressive Störungen - Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Behandlungsmanual: Meyer & Hautzinger, 2004; Kognitiv-psychoedukative Therapie bei bipolaren Erkrankungen: Schaub et al., 2004), aus denen Elemente zur Stressbewältigung und Problemlösung entnommen und auf die Hochrisikoklientel zugeschnitten wurden. Ferner wurde das Manual an das therapeutische Konzept des Programms Psychoedukation bei Personen mit erhöhtem Psychoserisiko (Bechdolf & Juckel, 2006) zur Frühintervention bei Risikopersonen für die Entwicklung von Psychosen angelehnt. Bechdolf und Juckel (2006) legen in ihrem bereits evaluierten Behandlungsprogramm besonderen Wert auf eine nichtstigmatisierende Informationsvermittlung sowie die Erarbeitung von Copingstrategien zur Förderung des selbstverantwortlichen Umgangs mit den Symptomen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Behandlungsklientel (eher geringes Lebensalter, häufig keine Therapieerfahrung, Befürchtungen und Unsicherheit bezüglich Diagnosen; nach Bechdolf & Juckel, 2006). Als Grundlage für die Interventionen zur Achtsamkeit dienten Komponenten aus der Achtsamkeitsbasierten Kognitiven Therapie der Depression (Segal et al., 2008). Das manualisierte Behandlungsprogramm „Best (be)for(e) bipolar“ umfasst sowohl psychoedukative Elemente als auch Aspekte, die auf die Verbesserung von CopingStrategien abzielen, wie den Umgang mit Belastungen und kritischen Lebensereignissen, Achtsamkeits- und Entspannungsübungen sowie Elemente aus dem sozialen Kompetenztraining. Ferner kommen kognitive Strategien zur Identifikation und Modifikation dysfunktionaler Gedanken und Überzeugungen zum Einsatz. Die therapeutische Grundlage des Programms stellt somit ein ressourcenorientierter Ansatz dar, der das Ziel verfolgt, die Selbstmanagement-Fähigkeiten der Klienten gezielt zu fördern. Auf dieser Basis soll eine Verbesserung des psychosozialen Funktionsniveaus sowie der Stressmanagementfähigkeiten der Teilnehmer erzielt werden. Weiteres therapeutisches Ziel ist die Reduktion der affektiven Symptome sowie die Reduktion der Wahrscheinlichkeit der Konversion in eine Bipolare Störung. 4. Methode 48 Der Transfer des in der Gruppe Erarbeiteten in den Alltag der Teilnehmer wird durch Durchführung von Verhaltenstrainings, Rollenspielen sowie Hausaufgaben zwischen den Therapiesitzungen (z.B. Führen von Verhaltenstagebüchern, Training in Entspannungsübungen) realisiert. Das didaktische Konzept von „Best (be)for(e) bipolar” sieht vor, dass aktuelle Themen der Teilnehmer immer zuerst bearbeitet werden können. Erst im Anschluss werden psychoedukative Elemente (z.B. Darstellung des Vulnerabilitäts-StressModells) vermittelt. Die Theorieblöcke, die die Themen Verhaltensanalyse, Stimmungsschwankungen, Achtsamkeit, Einfluss des Denkens, Zirkadiane Periodik und Schlaf, Stress und Entspannung umfassen, sind pro Sitzung auf maximal 30 Minuten beschränkt und bauen kleinschrittig aufeinander auf. Die Teilnehmer erhalten zu allen Theorieblöcken und zur Durchführung der Hausaufgaben Handouts. Weitere didaktische Elemente des Therapieprogramms stellen die Festigung der Inhalte durch Wiederholen sowie die Elaboration des Gelernten durch Trainings (z.B. zur Achtsamkeit) dar. Jede Therapiesitzung sieht hierzu eine kurze Wiederholung und Zusammenfassung der besprochenen Themen aus der vorherigen Sitzung sowie einen Erfahrungsaustausch bezüglich der Realisierung der Hausaufgaben zu dem jeweiligen Thema vor. Zudem stehen vier Gruppensitzungen zur Verfügung, in denen keine neuen theoretischen Inhalte vermittelt oder neue Strategien erarbeitet werden, sondern die ausschließlich dem Trainingseinheiten Training dienen der ferner erlernten der Fertigkeiten Vertiefung dienen des sollen. Entspannungs- Diese und Achtsamkeitstrainings. Auf dieser Basis sollen die Teilnehmer befähigt werden, einfache Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen in kritischen Alltagssituationen anzuwenden. Ferner soll es durch die recht breit angelegte Einführung in verschiedene Entspannungs- und Achtsamkeitsverfahren (Übungen zur Progressiven Muskelrelaxation, zum Autogenen Training, Imaginationsreisen, Genussübungen, Atemmeditation) ermöglicht werden, dass die Teilnehmer die Verfahren identifizieren können, die ihren Bedürfnissen und Vorlieben entsprechen, und sie diese weiter vertiefen können. Alle Behandlungsbausteine von „Best (be)for(e) bipolar“ stellen in der KVT bereits etablierte Konzepte dar und zeigen im Bereich der affektiven Störungen eine hohe Wirksamkeit. Im Rahmen der vorliegenden Studie sollte nun geprüft werden, inwieweit sich das neu entwickelte Therapieprogramm „Best (be)for(e) bipolar“ bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung als erfolgversprechend erweist. Im Folgenden sind die einzelnen Sitzungen und die wesentlichen Inhalte von „Best (be)for(e) bipolar“ dargestellt. 4. Methode 49 1. Sitzung: Kennenlernen Vorstellungsrunde zum gegenseitigen Kennenlernen Sammeln von Wünschen und Erwartungen der Teilnehmer bezüglich der Gruppenintervention Darstellung des Therapieprogramms theoretische Inhalte: Definition psychischer Störungen, Epidemiologie, Bezugnahme auf Bipolare Störungen 2. Sitzung: Psychoedukation Erarbeitung von Störungsmodellen (Vulnerabilitäts-Stress-Modell) sowie des Synapsenmodells zur Erklärung der Wirkweise von Psychopharmaka Vorstellung des Verhaltenstagebuches „Situation-Verhalten-Gedanken-Gefühle“, Führen des Tagebuches als Hausaufgabe 3. Sitzung: Verhaltensanalyse Achtsamkeitsübung Einführung in das SORKC8-Modell nach Kanfer unter Einbeziehung der Hausaufgabe (Verhaltenstagebuch) Sammeln von Copingstrategien für kritische Situationen: Welche Ressourcen haben Sie? Was kann in einer solchen Situation helfen? Hausaufgabe: Weiterführen des Verhaltenstagebuches 4. Sitzung: Stimmungsschwankungen Achtsamkeitsübung Besprechung der Verhaltenstagebücher und der Erfahrungen mit den zuvor erarbeiteten Copingstrategien Stimmungsschwankungen: Graphische Erarbeitung von affektiven Symptomen unter Bezugnahme auf die Unterscheidung zwischen gesunden und krankheitswertigen Schwankungen 8 kurze Entspannungsübung S: Stimulus, O: Organismus, R: Reaktion, K: Kontingenz, C: Konsequenz. 4. Methode 50 5. Sitzung: Achtsamkeit Achtsamkeitsübung Einführung in das Achtsamkeitskonzept und dessen wesentliche Ziele Motivierung zum regelmäßigen Training mit dem Ziel, später Achtsamkeit bei sich ankündigenden Stimmungsumbrüchen einzusetzen Entspannungsübung 6. Sitzung: Einfluss des Denkens Achtsamkeitsübung Einführung in das ABC-Schema9 zur Identifikation von dysfunktionalen Gedanken und ihre Konsequenzen für die Teilnehmer Erarbeitung von Techniken zur Modifikation und zum Umgang mit dysfunktionalen Kognitionen Schlaftagebuch als Hausaufgabe zur Vorbereitung auf die nächste Sitzung Entspannungsübung 7. Sitzung: Zirkadiane Periodik und Schlaf Achtsamkeitsübung Psychoedukation zu Schlafstadien, gesunder Tag-/Nacht-Struktur, Schlafhygiene, Schlafstörungen Erarbeitung des Einflusses von Störungen der zirkadianen Rhythmik auf die Entwicklung affektiver Symptome Entspannungsübung 8. Sitzung: Stress und Entspannung Achtsamkeitsübung Psychoedukation zu Stress (Was ist Stress? Wann habe ich Stress? Wie spüre ich ihn, und welche Konsequenzen hat er?) Bewältigungsstrategien sammeln falls geeignete Beispielsituationen der Teilnehmer gebracht werden: Übungen aus dem Sozialen Kompetenztraining Stressreduktion) 9 Entspannungsübung A: Action, B: Belief, C: Consequence. („nein“ sagen, „sich abgrenzen“ zur 4. Methode 51 9. -12. Sitzung: Training Training der vorgestellten Techniken und Diskussion des aktuellen Befindens ausführliches Achtsamkeitstraining (z.B. Körperreise, Bodyscan, Sinneswanderung) ausführliches Entspannungstraining (z.B. Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training) 13. Sitzung: Früherkennung und Krisenintervention Achtsamkeitsübung Psychoedukation zu Frühwarnzeichen für affektive Episoden/ Stimmungsumbrüche Erstellung eines Krisenplans Entspannungsübung 14. Sitzung: Abschluss Achtsamkeitsübung Rückblick auf die vergangenen Stunden und Zusammenfassung (Was war besonders interessant und hilfreich? Was von dem Gelernten werde ich zukünftig anwenden? Welche Bereiche will ich weiter trainieren?) Zusammenfassung/Bezugnahme zur letzten Stunde: Was ist zu tun, wenn eine Krise droht? 4.5.2. Verabschiedung Kontrollgruppe: unstrukturiertes Gruppensetting Die Kontrollbedingung umfasste äquivalent zur Interventionsbedingung 14 Sitzungen à 90 Minuten im Gruppensetting, welche im wöchentlichen Rhythmus stattfanden. Die unstrukturierten Gruppensitzungen, denen kein Manual zugrunde lag, wurden von einem speziell geschulten, psychotherapeutisch tätigen Kollegen geleitet. Der Gruppenleiter agierte in diesem Setting weniger therapeutisch, sondern übernahm die Moderation der Gruppe, indem er beispielsweise direkte Fragen der Teilnehmer an die Gruppe zurückgab. Ziel des Therapeuten war es, durch Anregung von offenen Gesprächen eine angstfreie Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle Teilnehmer wohlfühlen sollten. Falls keine Themenvorschläge seitens der Gruppe gemacht wurden, hatte der Therapeut die Möglichkeit, allgemeine Themen wie beispielsweise Sport oder gesunde Ernährung anzubieten. Phantasiereisen, die keinen spezifischen Entspannungs- und Achtsamkeitswert hatten, konnten bei Bedarf ebenfalls angeleitet werden. Auf Basiselemente der kognitiven Verhaltenstherapie (Psychoedukation, Kognitives Umstrukturieren, Stressmanagement) sowie Entspannungs-, Achtsamkeits- und soziales Kompetenztraining, so wie sie Interventionsbedingung zum Einsatz kamen, wurde bewusst verzichtet. im Rahmen der 4. 4.6. Methode 52 Statistische Analysen Die Fallzahlschätzung für die Gesamtstudie wurde mittels des Programms G*Power Version 3.1.2. (Faul et al., 2007) vorgenommen. Bei einer Effektstärke von 0.5 wurde eine Stichprobengröße von 2 * 50 Probanden ermittelt, welche zur Erfassung von signifikanten Unterschieden zwischen beiden Versuchsgruppen im primären Outcome (SIS-ManagementScore) mit einer statistischen Power von 0.8 erforderlich ist. Die statistische Auswertung der vorliegenden Arbeit diente der Interims-Auswertung zur Überprüfung der Fallzahlschätzung und basierte auf einer geringeren Stichprobengröße, als für die Gesamtstudie geplant war. Die Datenauswertung erfolgte mit Hilfe des Statistik-Programms SPSS 22.0 für Windows. Bei sämtlichen statistischen Berechnungen wurde ein Signifikanzniveau von α < .05 verwendet. Gemäß den Konventionen für klinische Wirksamkeitsstudien (Cohen, 1988) wurde eine Teststärke von 80% zugrunde gelegt. Basierend auf einer intention-to-treat (ITT)-Analyse gingen die Daten aller randomisierten Probanden in die Auswertung Gruppensitzungen gemäß dem mit ein, unabhängig davon, ob diese Studienprotokoll teilnahmen oder aus der an den Studie ausschieden. Für die inferenzstatistischen Analysen wurden fehlende Werte anhand des Expectation-Maximization (EM)-Algorithmus (Dempster et al., 1977) geschätzt. Zur Charakterisierung der vorliegenden Stichprobe erfolgte eine deskriptive Auswertung hinsichtlich der Mittelwerte und Standardabweichungen bzw. Häufigkeiten der wichtigsten soziodemographischen und klinischen Parameter, getrennt für die beiden Versuchsbedingungen. Zur Überprüfung etwaiger Unterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen hinsichtlich soziodemographischer und klinischer Charakteristika („Geschlecht“, „Alter“, „Familienstand“, „Schulbildung“, „derzeitige berufliche Tätigkeit“, „DSM-IV-Diagnosen“, „Suizidversuche in der Vergangenheit“, „frühere Behandlungen“, „affektive Symptomatik“, „psychosoziales Management“, „Erleben von chronischem Stress“, „Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten“) wurden t-Tests (für intervallskalierte Variablen) und 2-Tests (für kategoriale Variablen) durchgeführt. Aufgrund der Vielzahl von Subkategorien und der damit einhergehenden kleinen Fallzahlen in den einzelnen Zellen wurden die Daten zur Schulbildung und zur derzeitigen beruflichen Tätigkeit zusammengefasst10. Zur Beantwortung der Frage, wie sich die Kohorte der Hochrisikopersonen hinsichtlich ihres psychosozialen Funktionsvermögens sowie des Ausmaßes von Bewältigungsstrategien und 10 „Schulbildung“: 10. Klasse und darunter (achte Klasse, neunte Klasse, Realschule); Abitur und höhere Qualifikation (Abitur, Ausbildung/Lehre, Fachhochschule, Universität) „derzeitige berufliche Tätigkeit“: berufstätig (selbständig, angestellt, andere); nicht berufstätig (Schüler, Student, arbeitssuchend). 4. Methode 53 Ressourcen zum Umgang mit Stress charakterisieren ließ (Hypothese 1), wurden deskriptive Analysen durchgeführt. Das psychosoziale Management gemäß der SIS wurde hierbei durch Berechnen eines Gesamtscores (Aufsummieren aller Management-Items) ermittelt. Dieser Score umfasste Werte zwischen 1 (keine Einschränkungen) bis 4 (starke Einschränkungen). Die Berechnung des Erlebens von chronischem Stress anhand des TICS erfolgte gemäß den Auswertungshinweisen von Schulz et al. (2004) durch Addition der t-transformierten Items der globalen Screeningskala „chronische Besorgnis“. Erhöhte Skalenwerte sprachen hierbei für ein ausgeprägteres Stresserleben. Zur Darstellung der gesundheitsrelevanten Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Studienteilnehmer wurde auf Basis der Normierungstabellen für Gesunde ein FERUSGesamtscore ermittelt, der, wie von Jack (2007) empfohlen, durch Aufsummieren der ttransformierten Itemwerte der Skalen „Coping“, „Selbstbeobachtung“, „Selbstwirksamkeit“, „Selbstverbalisation“ und „Hoffnung auf Erfolg“ erfolgte. Eine Zunahme des FERUSGesamtscores konnte hierbei als Verbesserung in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten gewertet werden. Als statistische Verfahren für die Prüfung der Hypothesen 2 bis 4 kamen Varianzanalysen zum Einsatz. Zur Überprüfung von prä-post-Unterschieden in den zentralen OutcomeParametern in beiden Versuchsgruppen wurden einfaktorielle Varianzanalysen mit Messwiederholung durchgeführt. Der Innersubjektfaktor war hierbei die Zeit (Score zur BL vs. Score zu FU2 bzw. FU3), der Zwischensubjektfaktor war die Gruppenzugehörigkeit (Intervention vs. Kontrolle). Zur Prüfung von Gruppenunterschieden am Ende der Intervention Stresserleben im primären und in Outcome den „psychosoziales Ressourcen und Funktionsvermögen“ sowie Selbstmanagementfähigkeiten im wurden einfaktorielle Varianzanalysen mit dem Faktor „Gruppenzugehörigkeit“ durchgeführt. Während im Ergebnisteil signifikante Effekte von p < .05 berichtet wurden, floss in die Diskussion und Interpretation der Ergebnisse aufgrund der recht geringen Fallzahlen auch die numerische Betrachtung von Veränderungen in den untersuchten Outcome-Parametern ein. Zur Identifizierung von möglichen systematischen Dropouts erfolgte eine Deskription der Zeitpunkte und Gründe für die Ausfälle. Zur Prüfung von Unterschieden zwischen Probanden der Dropout-Gruppe und denjenigen Personen, die bis zum Sechs-Monats-Follow-Up an der Untersuchung teilgenommen haben, wurden 2- Tests und einfaktorielle Varianzanalysen durchgeführt. 5. Ergebnisse 54 5. Ergebnisse 5.1. Stichprobe Studienteilnehmer waren Personen, die gemäß vorab definierten Kriterien in die Hochrisikogruppe für die Entwicklung Bipolarer Störungen einzuordnen waren. Bis zum Auswertungszeitpunkt für die vorliegende Arbeit wurden in den sieben teilnehmenden Studienzentren insgesamt 125 Personen für die Untersuchung positiv gescreent und zur Prüfung der Eingangsvoraussetzungen für die Studienteilnahme weiter untersucht. Von den 85 Personen, die in die Studie eingeschlossen worden waren, konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit Datensätze von 74 Probanden ausgewertet werden. Die Interventionsbedingung absolvierten 38 Teilnehmer, während sich 36 Probanden in der Kontrollstichprobe befanden. Im nachfolgenden Flussdiagramm (Abbildung 5) ist der Rekrutierungs- und Selektionsprozess im Studienverlauf ausführlich dargestellt. Probanden, die aus der Studie aufgrund eines Dropouts ausgeschieden sind, durften die Gruppe (Intervention oder Kontrolle) weiterhin besuchen und wurden auch, sofern dem zugestimmt wurde, im Rahmen der Follow-Up-Termine weiter untersucht. Im Flussdiagramm ist nur der Anteil der Probanden angegeben, die weiterhin die Studienkriterien erfüllten und somit regulär an den Verlaufsuntersuchungen teilnahmen. In Tabelle 8 findet sich eine Übersicht über die soziodemographischen Daten sowie klinischen Charakteristika der Versuchsteilnehmer, getrennt betrachtet für die beiden Versuchsbedingungen. Das mittlere Alter in der Gesamtstichprobe betrug 23.43 Jahre (SD = 5.12). Der Anteil weiblicher Probanden lag bei 48.6%. Gemäß den Einschlusskriterien litten alle Versuchsteilnehmer zu Beginn der Untersuchung unter subsyndromalen affektiven Symptomen, die mit Einschränkungen des psychosozialen Funktionsvermögens einhergingen. Die recht hohe Rate an Manie-Prodromi (54.1%) und die Eingruppierung der meisten Probanden in die Ultrahochrisikogruppe (83.1%) verdeutlichen die Erkrankungsschwere sowie die niedrige Schwelle zum Übergang in eine Bipolare Störung innerhalb der Stichprobe. Bei einem Großteil der Teilnehmer waren die Kriterien für eine unipolare affektive Störung bereits erfüllt (74.3%). Ferner bestanden häufig Komorbiditäten mit anderen psychischen Störungen, vor allem Angststörungen (25.7%) und Persönlichkeitsstörungen (21.6%). Der Anteil an komorbiden substanzbezogenen Störungen lag bei 4.1%. 5. Ergebnisse Abbildung 5. Flussdiagramm zum Rekrutierungs- und Selektionsprozess im Studienverlauf 55 5. Ergebnisse 56 Tabelle 8. Soziodemographische und klinische Charakteristika der Gesamtstichprobe Soziodemographische und klinische Charakteristika der Gesamtstichprobe Intervention Kontrolle (n = 38) (n = 36) Geschlecht (n = 74) Frauen (%) Männer (%) 21 (55.3) 17 (44.7) 15 (41.7) 21 (58.3) Alter (SD) (n = 74) 23.37 (3.96) 23.50 (6.16) Familienstand (n = 74) ledig (%) verheiratet (%) 34 (89.5) 4 (10.5) 32 (88.9) 4 (11.1) Schulbildung (n = 72) achte Klasse (%) neunte Klasse (%) Realschule (%) Abitur (%) Ausbildung/Lehre (%) Fachhochschule (%) Universität (%) 1 (2.7) 2 (5.4) 5 (13.5) 24 (64.9) 0 (0.0) 4 (10.1) 1 (2.7) 2 (5.7) 3 (8.6) 7 (20.0) 14 (40.0) 4 (11.4) 1( 2.9) 4 (11.4) derzeitige berufliche Tätigkeit (n = 74) selbständig (%) Angestellter (%) arbeitssuchend (%) Schüler (%) Student (%) andere (%) 0 (0.0) 2 (5.3) 2 (5.3) 7 (18.4) 22 (57.9) 5 (13.2) 1 (2.8) 8 (22.2) 5 (13.9) 11 (30.6) 10 (27.8) 1 (2.8) DSM-IV-Diagnosen (aktuell und/oder lifetime, Mehrfachangaben möglich) (n = 74) affektive Störungen (%) Angststörungen (%) Anpassungsstörungen (%) substanzinduzierte Störungen (%) Essstörungen (%) andere (%) Persönlichkeitsstörungen Cluster A (%) Persönlichkeitsstörungen Cluster B (%) Persönlichkeitsstörungen Cluster C (%) 29 (76.3) 9 (23.7) 0 (0.0) 2 (5.3) 1 (2.6) 0 (0.0) 1 (2.6) 4 (10.5) 4 (10.5) 26 (72.2) 10 (27.8) 1 (2.8) 1 (2.8) 1 (2.8) 0 (0.0) 2 (5.6) 1 (2.8) 4 (11.1) Suizidversuche in der Vergangenheit (n = 74) 6 (15.8) 3 (8.3) frühere Behandlungen (n = 21) (Mehrfachangaben möglich) Psychotherapie (%) pharmakologische Behandlung (%) 0 (0.0) 6 (50.0) 0 (0.0) 3 (33.3) affektive Symptomatik zu Baseline HAMD-Summenscore (n = 68) (SD) YMRS-Summenscore (n = 68) (SD) BPSS-P Manie-Prodrom (n = 74) (%) EPIbipolar Risikogruppe (n = 65) (%) EPIbipolar Hochrisikogruppe (n = 65) (%) EPIbipolar Ultrahochrisikogruppe (n = 65) (%) 9.97 (7.67) 4.91 (4.23) 24 (63.2) 2 (5.6) 7 (19.4) 27 (75.0) 10.15 (7.73) 3.12 (3.62) 16 (44.4) 0 (0.0) 2 (6.9) 27 (93.1) 5. Ergebnisse 57 Psychosoziales Funktionsvermögen zu Baseline SIS Management-Gesamtscore (n = 70) (SD) 1.97 (0.45) 2.11 (0.45) Aspekte des Stresserlebens und Copingstrategien zu Baseline t-Wert TICS-Gesamtscore (n = 74) (SD) t-Wert FERUS-Gesamtscore (n = 62) (SD) 53.84 (18.34) 39.23 (11.41) 54.83 (15.96) 38.13 (10.17) 5.2. Vergleichbarkeit der beiden Versuchsgruppen Beide Versuchsgruppen waren hinsichtlich der soziodemographischen Parameter vergleichbar. In Bezug auf frühere psychotherapeutische und psychiatrische Behandlungen zeigten sich ebenfalls keine signifikanten Gruppenunterschiede. Ferner waren die Teilnehmer beider Gruppen hinsichtlich komorbider psychiatrischer Diagnosen, des Auftretens von Suizidversuchen in der Vergangenheit sowie der affektiven Symptomatik und Risikogruppierung für die Entwicklung einer Bipolaren Störung vergleichbar. Schließlich erbrachten die Analysen keine signifikanten Gruppenunterschiede im psychosozialen Funktionsvermögen der Teilnehmer sowie im Stresserleben und in den Fähigkeiten zur Stressbewältigung. Tabelle 9 zeigt die Ergebnisse der t-Tests und 2-Tests zur Prüfung der Vergleichbarkeit der beiden Versuchsgruppen. 5. Ergebnisse 58 Tabelle 9. Vergleichbarkeit der beiden Versuchsgruppen hinsichtlich soziodemographischer und klinischer Parameter Vergleichbarkeit der beiden Versuchsgruppen hinsichtlich soziodemographischer und klinischer Parameter Variable t 2 DF p Geschlecht -- 1.37 1 .24 -0.11 -- 72 .91 Familienstand -- 0.01 1 .94 Schulbildung -- 1.44 1 .23 derzeitige berufliche Tätigkeit -- 0.92 1 .34 DSM-IV-Diagnose affektive Störungen -- 0.10 1 .76 DSM-IV-Diagnose Angststörungen -- 0.40 1 .53 DSM-IV Diagnose Persönlichkeitsstörungen -- 0.02 1 .90 Suizidversuche in der Vergangenheit -- 0.96 1 .33 frühere Behandlungen -- 0.58 1 .45 HAMD-Summenscore -0.10 -- 66 .92 YMRS-Summenscore 1.87 -- 66 .07 BPSS-P Manie-Prodrom -- 2.61 1 .11 EPIbipolar Risikogruppe -- 4.07 2 .13 SIS Management-Gesamtscore -1.29 -- 68 .20 TICS-Gesamtscore -0.25 -- 72 .81 FERUS-Gesamtscore 0.40 -- 60 .69 Alter (SD) 5. Ergebnisse 59 5.3. Testung der Hypothesen 5.3.1. Psychosoziales Funktionsvermögen, Stresserleben sowie Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten zu Studienbeginn Hypothese 1 Zur Charakterisierung des psychosozialen Funktionsvermögens der untersuchten Risikokohorte wurde der SIS-Management-Gesamtscore berechnet. Die Gesamtstichprobe wies einen Mittelwert von M = 1.99 (SD = 1.12) auf. Das bedeutet, dass die Teilnehmer im Mittel leichte Schwierigkeiten im psychosozialen Management verschiedener Rollenbereiche aufwiesen. Eine deskriptive Betrachtung der einzelnen Management-Dimensionen zeigte, dass die größten Defizite im Bereich der Qualität der Interaktion mit nahestehenden Personen (M = 2.48, SD = 0.80) sowie hinsichtlich des Funktionsvermögens im Job (M = 2.40, SD = 0.85) bestanden. Hier konnten leichte bis deutlich ausgeprägte Beeinträchtigungen festgestellt werden. Keine bis leichte Schwierigkeiten zeigten sich im Management von Finanzen (M = 1.41, SD = 0.67). Eine deskriptive Analyse der Werte im TICS erbrachte eine mittlere Stressbelastung von M = 21.07 (SD = 11.80). Eingeordnet in eine altersnormierte Bevölkerungsstichprobe (Schulz et al., 2004), ergab sich ein transformierter Wert von t gesamt TICS BL = 54.32 (SD = 17.11). Der in der vorliegenden Stichprobe ermittelte Stresswert lag somit noch innerhalb einer Standardabweichung der t-Werte-Verteilung einer nicht-psychiatrischen Kohorte. Die Teilnehmer der vorliegenden Studie erlebten somit chronischen Stress, welcher aber noch im durchschnittlichen Bereich anzusiedeln war. Hinsichtlich der gesundheitsrelevanten Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Studienteilnehmer wurde auf Basis einer Normierungsstichprobe für Gesunde (Jack, 2007) ein FERUS-Score von t gesamt FERUS BL = 39.56 (SD = 11.73) ermittelt. Der mittlere Rohwert lag bei M = 134.58 (SD = 28.58). Unter Zugrundelegung der Konventionen für die Interpretation der Testwerte (siehe Jack, 2007, S. 26) bestanden bei der vorliegenden Hochrisikokohorte zu Studienbeginn somit gravierende Ressourcendefizite. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass im Einklang mit Hypothese 1 bei den Studienteilnehmern zu Studienbeginn deutliche Einschränkungen im psychosozialen Funktionsvermögen vorlagen, dass das Stresserleben hoch war und große Defizite in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten bestanden. 5. Ergebnisse 5.3.2. 60 Verbesserung des psychosozialen Funktionsvermögens durch das Gruppeninterventionsprogramm 5.3.2.1. Hypothese 2a Zur Überprüfung von prä-post-Unterschieden (BL vs. FU2) im psychosozialen Management in beiden Versuchsgruppen, gemessen mit der SIS, wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen werden in Tabelle 10 präsentiert. Die Varianzanalyse erbrachte keinen signifikanten Effekt für den Faktor „Zeit“ (λ = 1.00, F(1, 72) = .02, p = .89, partielles η2 < .001). In der Gesamtstichprobe bestand somit keine signifikante Veränderung im psychosozialen Management zwischen der Baseline und der Follow-Up-Messung am Ende der Intervention. Der Interaktionseffekt mit dem Faktor „Gruppe“ erwies sich ebenfalls als nicht signifikant (λ = .98, F(1, 72) = 1.22, p = .27, partielles η2 = .02). Auch innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Veränderung in den SIS-Werten von prä zu post festgestellt werden. Tabelle 10. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der SIS-Management-Scores zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der SIS-Management-Scores zu BL und FU2 Variable Gruppe n M SD SE SIS Management BL Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 1.88 2.10 1.99 1.25 0.96 1.12 0.18 0.19 0.13 SIS Management FU2 Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 1.50 2.39 1.93 2.94 2.61 2.80 0.53 0.36 0.33 In Abbildung 6 sind die SIS-Management-Scores zu Baseline (BL) und am Ende der Intervention (FU2) für beide Versuchsgruppen graphisch dargestellt. Unter Berücksichtigung der SIS-Schweregradskala spiegelt sich eine Verbesserung im psychosozialen Management in einer Abnahme des mittleren Scores wider. Je niedriger der Score, desto geringer ist die Beeinträchtigung im Management verschiedener Rollenbereiche. 5. Ergebnisse 61 Abbildung 6. SIS-Management-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Hypothese 2a nicht beibehalten werden konnte. Die Ausprägung im psychosozialen Management zeigte keine signifikanten Verbesserungen vom Studienbeginn bis zum Ende der Intervention. Auch innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Veränderungen in den SIS-Scores gefunden werden. 5.3.2.2. Hypothese 2b Zur Prüfung eines Gruppenunterschieds am Ende der Intervention (FU2) in Bezug auf das psychosoziale Management wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit dem Faktor „Gruppenzugehörigkeit“ durchgeführt. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied in den SIS-Management-Scores zwischen den beiden Versuchsgruppen (F(1) = 1.89, p = .17, partielles η2 = .03). Die Mittelwerte und Standardabweichung der SIS-Management-Scores zu FU2 für beide Versuchsgruppen finden sich in Tabelle 10. Bezüglich der graphischen Darstellung des psychosozialen Managements für beide Versuchsgruppen am Ende der Intervention wird auf Abbildung 6 verwiesen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass entgegen der Hypothese 2b am Ende der Intervention keine signifikante bessere psychosoziale Anpassung bei den Teilnehmern der Interventionsbedingung im Vergleich zu den Kontrollprobanden bestand. 5. Ergebnisse 62 5.3.2.3. Hypothese 2c Zur Prüfung von Unterschieden in beiden Versuchsgruppen im psychosozialen Management über den Verlauf von sechs Monaten (BL vs. FU3) wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen zu BL und FU3 werden in Tabelle 11 präsentiert. Die Varianzanalyse erbrachte einen signifikanten Effekt für den Faktor „Zeit“ (λ = .89, F(1, 72) = 9.17, p < .001, partielles η2 = .11). In der Gesamtstichprobe zeigte sich somit eine signifikante Verbesserung im psychosozialen Management zwischen der Baseline und der Follow-Up-Messung nach sechs Monaten. Nach den vorgeschlagenen Richtlinien zur Klassifikation von Effektstärken (Cohen, 1988)11 wies dieses Ergebnis eine mittlere Effektstärke auf. Der Interaktionseffekt mit dem Faktor „Gruppe“ erwies sich nicht als signifikant (λ = .98, F(1, 72) = 1.51, p = .22, partielles η2 = .02). Innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Veränderung in den SIS-Werten vom Studienbeginn bis zur Verlaufsmessung nach sechs Monaten festgestellt werden. Tabelle 11. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der SIS-Management-Scores zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der SIS-Management-Scores zu BL und FU3 Variable Gruppe n M SD SE SIS Management BL Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 1.88 2.10 1.99 1.25 0.96 1.12 0.18 0.19 0.13 SIS Management FU3 Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 1.60 1.44 1.52 0.82 0.51 0.69 0.12 0.10 0.08 In Abbildung 7 sind die SIS-Management-Scores zu Baseline (BL) und zur Follow-UpMessung nach sechs Monaten (FU3) für beide Versuchsgruppen graphisch dargestellt. 11 .01 = kleiner Effekt, .06 = mittlerer Effekt, .14 =großer Effekt. 5. Ergebnisse 63 Abbildung 7. SIS-Management-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich im Einklang mit Hypothese 2c eine signifikante Verbesserung im psychosozialen Management in der Gesamtstichprobe von der Baseline zum Sechs-Monats-Follow-Up feststellen ließ. Innerhalb der Versuchsgruppen bestanden keine signifikanten Unterschiede in der Verbesserung im psychosozialen Management. 5.3.3. Verbesserung des Stresserlebens Selbstmanagementfähigkeiten sowie durch das der Ressourcen und Gruppeninterventions- programm 5.3.3.1. Hypothese 3a Zur Überprüfung von Veränderungen (BL vs. FU2) in beiden Versuchsgruppen im Erleben von chronischem Stress, abgebildet mit dem TICS, wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen werden in Tabelle 12 dargestellt. Die Varianzanalyse erbrachte einen signifikanten Effekt für den Faktor „Zeit“ (λ = .77, F(1, 72) = 20.70, p < .001, partielles η2 = .22). In der Gesamtstichprobe ließ sich somit eine signifikante Verringerung im mittleren Stresserleben zwischen der Baseline und der Follow-Up-Messung am Ende der Intervention nachweisen, die Effektstärke war hierbei sehr hoch. Der Interaktionseffekt mit dem Faktor „Gruppe“ erwies sich nicht als signifikant (λ = .97, F(1, 72) = 2.58, p = .11, partielles η2 = .04). Innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten somit keine signifikanten Unterschiede Veränderung in den TICS-Werten von prä zu post festgestellt werden. hinsichtlich der 5. Ergebnisse 64 Tabelle 12. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der TICS-Gesamt-Scores zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der TICS-Gesamt-Scores zu BL und FU2 Variable Gruppe n M SD SE t-Wert gesamt TICS BL Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 53.84 54.83 54.32 18.34 15.96 17.11 2.98 2.66 1.99 t-Wert gesamt TICS FU2 Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 46.28 39.04 42.76 20.98 21.05 21.18 3.40 3.51 2.46 Abbildung 8 zeigt die TICS-Gesamt-Scores zu Baseline (BL) und zum Ende der Intervention (FU2) für beide Versuchsgruppen. Eine Abnahme des TICS-Scores spiegelt hierbei eine Verringerung im Erleben von chronischem Stress wider. Abbildung 8. TICS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Hypothese 3a beibehalten werden konnte. Das mittlere Stresserleben der Teilnehmer verringerte sich signifikant vom Studienbeginn bis zum Ende der Intervention. Innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten keine signifikanten Unterschiede in der Abnahme der TICS-Gesamt-Scores nachgewiesen werden. 5. Ergebnisse 65 5.3.3.2. Hypothese 3b Zur Prüfung eines Gruppenunterschieds am Ende der Intervention (FU2) hinsichtlich des Erlebens von chronischem Stress wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit dem Faktor „Gruppenzugehörigkeit“ durchgeführt. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied in den TICS-Gesamt-Scores zwischen den beiden Versuchsgruppen (F(1) = 2.20, p = .14, partielles η2 = .01). Die Mittelwerte und Standardabweichung der TICS-Gesamt-Scores zu FU2 für beide Versuchsgruppen finden sich in Tabelle 12. Bezüglich der graphischen Darstellung des chronischen Stresserlebens für beide Versuchsgruppen am Ende der Intervention wird auf Abbildung 8 verwiesen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Hypothese 3b nicht beibehalten werden konnte. Am Ende der Intervention zeigten die Teilnehmer der Interventionsbedingung kein signifikant niedrigeres Ausmaß an chronischem Stress als die Teilnehmer der Kontrollgruppe. 5.3.3.3. Hypothese 3c Zur Prüfung von Unterschieden in beiden Versuchsgruppen hinsichtlich des Stresserlebens über den Verlauf von sechs Monaten (BL vs. FU3) wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen werden in Tabelle 13 präsentiert. Die Varianzanalyse erbrachte einen signifikanten Effekt für den Faktor „Zeit“ (λ = .68, F(1, 72) = 34.00, p = < .001, partielles η2 = .32). In der Gesamtstichprobe zeigte sich somit eine signifikante Verbesserung im Erleben von chronischem Stress zwischen der Baseline und der Follow-Up-Messung nach sechs Monaten. Dieses Ergebnis wies eine sehr hohe Effektstärke auf. Der Interaktionseffekt mit dem Faktor „Gruppe“ erwies sich nicht als signifikant (λ = .99, F(1, 72) = .96, p = .33, partielles η2 = .01). Innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten keine Unterschiede hinsichtlich der Veränderung in den TICS-Gesamt-Scores vom Studienbeginn bis zur Verlaufsmessung nach sechs Monaten festgestellt werden. Tabelle 13. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der TICS-Gesamt-Scores zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der TICS-Gesamt-Scores zu BL und FU3 Variable Gruppe n M SD SE t-Wert gesamt TICS BL Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 53.84 54.83 54.32 18.34 15.96 17.11 2.98 2.66 1.99 t-Wert gesamt TICS FU3 Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 35.48 41.76 38.54 20.15 15.52 18.20 3.27 2.59 2.12 5. Ergebnisse 66 Abbildung 9 zeigt die TICS-Gesamt-Scores zu Baseline (BL) und zum Follow-Up nach sechs Monaten (FU3) für beide Versuchsgruppen. Abbildung 9. TICS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass im Einklang mit Hypothese 3c eine signifikante Verbesserung im Ausmaß an chronischem Stress in der Gesamtstichprobe von der Baseline zum Sechs-Monats-Follow-Up gezeigt werden konnte. Innerhalb der Versuchsgruppen ließen sich keine signifikanten Unterschiede in der Verbesserung des Stresserlebens feststellen. 5.3.3.4. Hypothese 4a Zur Überprüfung von Veränderungen (BL vs. FU2) in beiden Versuchsgruppen in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten, gemessen mit dem FERUS, wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen sind in Tabelle 14 dargestellt. Die Varianzanalyse erbrachte einen signifikanten Effekt für den Faktor „Zeit“ (λ = .88, F(1, 72) = 9.70, p < .001, partielles η2 = .12). In der Gesamtstichprobe konnte somit eine signifikante Zunahme von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten zwischen der Baseline und der Follow-Up-Messung am Ende der Intervention nachgewiesen werden. Die Effektstärke war hierbei im mittleren bis hohen Bereich anzusiedeln. Der Interaktionseffekt mit dem Faktor „Gruppe“ erwies sich nicht als signifikant (λ = 1,00, F(1, 72) = .03, p = .87, partielles η2 < .001). Innerhalb der beiden 5. Ergebnisse Versuchsgruppen 67 konnten somit keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Veränderung in den FERUS-Werten von prä zu post festgestellt werden. Tabelle 14. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der FERUS-Gesamt-Scores zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der FERUS-Gesamt-Scores zu BL und FU2 Variable Gruppe n M SD SE t-Wert gesamt FERUS BL Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 39.50 39.63 39.56 12.93 10.50 11.73 2.10 1.75 1.36 t-Wert gesamt FERUS FU2 Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 44.60 45.29 44.94 11.70 11.11 11.34 1.90 1.85 1.32 Abbildung 10 zeigt die FERUS-Gesamt-Scores zu Baseline (BL) und zum Ende der Intervention (FU2) für beide Versuchsgruppen. Eine Zunahme des FERUS-Scores spiegelt hierbei eine Verbesserung in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten wider. Abbildung 10. FERUS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU2 für beide Versuchsgruppen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Hypothese 4a beibehalten werden konnte. Die Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Teilnehmer verbesserten sich signifikant vom Studienbeginn bis zum Ende der Intervention. Innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Zunahme in den FERUS-Gesamt-Scores nachgewiesen werden. 5. Ergebnisse 68 5.3.3.5. Hypothese 4b Zur Prüfung eines Gruppenunterschieds am Ende der Intervention (FU2) hinsichtlich der Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit dem Faktor „Gruppenzugehörigkeit“ durchgeführt. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied in den FERUS-Gesamt-Scores zwischen den beiden Versuchsgruppen (F(1) = .07, p = .80, partielles η2 = .00). Die Mittelwerte und Standardabweichung der FERUS-Gesamt-Scores zu FU2 für beide Versuchsgruppen finden sich in Tabelle 14. Bezüglich der graphischen Darstellung der FERUS-Gesamt-Scores für beide Versuchsgruppen am Ende der Intervention wird auf Abbildung 10 verwiesen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass entgegen der Hypothese 4b die Teilnehmer der Interventionsbedingung am Ende der Intervention keine signifikant höheren Werte in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten zeigten als die Kontrollprobanden. 5.3.3.6. Hypothese 4c Zur Prüfung von Unterschieden in beiden Versuchsgruppen in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten über den Verlauf von sechs Monaten (BL vs. FU3) wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen sind in Tabelle 15 dargestellt. Die Varianzanalyse erbrachte einen signifikanten Effekt für den Faktor „Zeit“ (λ = .49, F(1, 72) = 75.30, p < .001, partielles η2 = .51). In der Gesamtstichprobe zeigte sich somit eine signifikante Verbesserung in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten zwischen der Baseline und der Follow-UpMessung nach sechs Monaten. Dieses Ergebnis wies eine hohe Effektstärke auf. Der Interaktionseffekt mit dem Faktor „Gruppe“ erwies sich nicht als signifikant (λ = 1.00, F(1, 72) = .34, p = .56, partielles η2 = .01). Innerhalb der beiden Versuchsgruppen konnten somit keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Veränderung in den FERUS-GesamtScores vom Studienbeginn bis zum Follow-Up nach sechs Monaten festgestellt werden. Tabelle 15. Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der FERUS-Gesamt-Scores zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen Mittelwerte, Standardabweichungen und Standardfehler der FERUS-Gesamt-Scores zu BL und FU3 Variable Gruppe n M SD SE t-Wert gesamt FERUS BL Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 39.50 39.63 39.56 12.93 10.50 11.73 2.10 1.75 1.36 t-Wert gesamt FERUS FU3 Intervention Kontrolle Gesamt 38 36 74 48.41 47.42 47.93 13.26 11.28 12.26 2.15 1.88 1.43 5. Ergebnisse 69 In Abbildung 11 sind die FERUS-Gesamt-Scores zu Baseline (BL) und zur Follow-UpMessung nach sechs Monaten (FU3) für beide Versuchsgruppen graphisch dargestellt. Abbildung 11. FERUS-Gesamt-Scores (Mittelwerte und Standardfehler) zu BL und FU3 für beide Versuchsgruppen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass im Einklang mit Hypothese 4c eine signifikante Verbesserung in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten in der Gesamtstichprobe von der Baseline zum Sechs-Monats-Follow-Up nachgewiesen werden konnte. Innerhalb der Versuchsgruppen konnten keine signifikanten Unterschiede in der Verbesserung der FERUS-Gesamt-Scores festgestellt werden. 5.4. Dropout-Analyse Aufgrund der Ausfallquote im Studienverlauf wurde eine Dropout-Analyse durchgeführt. Bis zum FU2 am Ende der Intervention gab es 32 Dropouts, was einer Dropout-Quote von 43.2% in der Gesamtstichprobe entsprach. Bis zur Verlaufsmessung nach sechs Monaten (FU3) lag die Dropout-Quote bei 48.6%. Die Häufigkeiten in den Dropouts sowie die Dropout-Gründe bis zum FU3, getrennt für beide Versuchsgruppen, sind in Tabelle 16 dargestellt. 5. Ergebnisse 70 Tabelle 16. Dropout-Häufigkeiten und Dropout-Gründe bis FU3 in den beiden Versuchsgruppen Dropout-Häufigkeiten und Dropout-Gründe bis FU3 in den beiden Versuchsgruppen Intervention Kontrolle Dropout bis FU3 (n = 74) (%) 18 (47.4) 18 (50.0) Dropout Grund bis FU3 (n = 36) kein Interesse mehr an Teilnahme (%) klinische Gründe (%) Beginn einer Psychotherapie (%) Teilnahme an < 50% der Sitzungen (%) fehlerhafter Einschluss mehrere Gründe (%) 12 (57.1) 2 (9.5) 1 (4.8) 2 (9.5) 0 (0.0) 1 (4.8) 7 (38.9) 0 (0.0) 3 (16.7) 3 (16.7) 4 (22.2) 1 (5.6) Die Dropout-Rate nach sechs Monaten lag in der Interventionsgruppe bei 47.4%, während sie in der Kontrollbedingung 50% betrug. Der Unterschied in den Dropout-Raten zwischen Interventions- und Kontrollbedingung zu FU3 war nicht signifikant (2(1) = .05, p = .82). Ferner konnten zwischen den beiden Versuchsgruppen keine signifikanten Unterschiede in den Dropout-Gründen festgestellt werden (2(5) = 7.00, p = .22). Die Ergebnisse von einfaktoriellen Varianzanalysen zeigten ferner, dass sich Personen der Dropout-Gruppe nicht signifikant von den nicht ausgeschiedenen Teilnehmern in den zentralen Outcome-Parametern „psychosoziales Funktionsvermögen“ (F(1) = .01, p = .94), „Stresserleben“ (F(1) = .57, p = .45) und „Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten“ (F(1) = .16, p = .69) unterschieden. In Tabelle 17 sind die Häufigkeiten der Zeitpunkte des Ausscheidens aus der Studie sowie die Verteilung der Gründe für die Dropouts dargestellt. Der größte Anteil an Probanden (27 von den insgesamt 36 Dropouts) schied bereits zu Baseline aus der Studie aus; dies entsprach einem Prozentanteil innerhalb der Dropout-Gruppe von 75%. Von diesen bereits zu Studienbeginn ausgeschiedenen Probanden nahmen 14 Personen an der Gruppe teil. Insgesamt nahmen 60 Probanden entweder an der spezifischen Gruppentherapie oder an den unstrukturierten Sitzungen der Kontrollbedingung teil. 5. Ergebnisse 71 Tabelle 17. Häufigkeiten der verschiedenen Dropout-Zeitpunkte und –gründe innerhalb der DropoutStichprobe Häufigkeiten der verschiedenen Dropout-Zeitpunkte und –gründe innerhalb der Dropout-Stichprobe (n = 36) Variable Häufigkeit Prozentanteil Dropout Zeitpunkt zu BL zu FU1 zu FU2 zu FU3 27 2 3 4 75.0 5.6 8.3 11.1 Dropout Grund kein Interesse mehr an Teilnahme klinische Gründe Beginn einer Psychotherapie Teilnahme an < 50% der Sitzungen fehlerhafter Einschluss mehrere Gründe 19 2 4 5 4 2 52.8 5.6 11.1 13.9 11.1 5.6 Der häufigste Grund für einen Dropout war mit 52.8% das mangelnde Interesse an der Studienteilnahme. Aus nachfolgender Kreuztabelle (Tabelle 18) für die Variablen „DropoutZeitpunkt“ * „Dropout-Grund“ geht hervor, dass die größte Gruppe der ausgeschiedenen Teilnehmer diejenige darstellte, die zu Baseline aufgrund eines mangelnden Interesses an der Studienteilnahme ausschied. Diese Gruppe umfasste 14 der insgesamt 19 Dropouts zu Baseline, was einem Prozentanteil von 73.7% innerhalb der zu Baseline ausgeschiedenen Probanden entsprach. Tabelle 18. Dropout-Zeitpunkt * Dropout-Grund Kreuztabelle Dropout-Zeitpunkt * Dropout-Grund Kreuztabelle Häufigkeit Dropout-Zeitpunkt Dropout Grund kein Interesse mehr an Teilnahme klinische Gründe Beginn einer Psychotherapie Teilnahme an < 50% der Sitzungen fehlerhafter Einschluss mehrere Gründe zu BL zu FU1 zu FU2 zu FU3 Gesamt 14 1 1 5 4 2 2 0 0 0 -0 1 1 1 0 -0 2 0 2 0 -0 19 2 4 5 4 2 Zur Überprüfung von etwaigen Unterschieden in den zentralen Outcome-Parametern zwischen den 14 Dropouts aufgrund mangelnden Interesses zu Baseline und allen anderen Teilnehmern wurden einfaktorielle Varianzanalysen durchgeführt. Es zeigten sich dabei keine signifikanten Unterschiede im psychosozialen Funktionsvermögen zwischen den beiden Subgruppen (F(1) = .94, p = .34). Weiterhin konnten keine Gruppenunterschiede im 5. Ergebnisse 72 Stresserleben (F(1) = .99, p = .32) nachgewiesen werden. Hinsichtlich der Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten ergab sich aber ein signifikanter Gruppenunterschied (F(1) = 5.47, p = .02, partielles η2 = .08). Die Teilnehmer, die zu Baseline aufgrund mangelnden Interesses aus der Studie ausschieden, wiesen hierbei signifikant höhere Werte in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten auf als alle anderen Teilnehmer. 6. Diskussion 6. 73 Diskussion Im Folgenden werden die Ergebnisse der vorliegenden Studie zusammengefasst und unter Berücksichtigung theoretischer sowie methodischer Überlegungen diskutiert. Hierbei sollen Stärken und Grenzen der vorliegenden Arbeit aufgezeigt und abschließend ein Ausblick auf Implikationen für zukünftige Forschung und die psychotherapeutische Behandlung von Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung gegeben werden. 6.1. Diskussion der Untersuchungsergebnisse 6.1.1. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, dass die teilnehmenden Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung bereits zu Studienbeginn deutliche psychosoziale Einschränkungen aufwiesen, chronischen Stress erlebten und nur über begrenzte Copingstrategien zum Umgang mit Stress und Belastungen verfügten. Am Ende der Intervention ließen sich in der Gesamtstichprobe signifikante Verbesserungen hinsichtlich des Stresserlebens sowie der Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten beobachten; in Bezug auf das psychosoziale Funktionsvermögen ergaben sich numerische, aber keine signifikanten Verbesserungen. Zwischen der Interventions- und Kontrollbedingung konnten am Ende der Intervention keine bedeutsamen Unterschiede in den geprüften Zielgrößen psychosoziales Funktionsvermögen, Stresserleben sowie Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten festgestellt werden. Sechs Monate nach Beginn der Intervention zeigten sich in beiden Versuchsgruppen signifikante Verbesserungen in den drei untersuchten Parametern. 6.1.2. Psychosoziales Funktionsvermögen, Stresserleben sowie Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten zu Studienbeginn Bei der Identifizierung und Charakterisierung von Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung handelt es sich um ein recht junges Forschungsfeld. Während die Versorgungspraxis zeigt, dass betroffene junge Erwachsene bereits deutliche Einschränkungen im Funktionsvermögen zeigen und Schwierigkeiten haben, den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden, existieren bis dato keine repräsentativen Daten zum Ausmaß dieser Beeinträchtigungen. Im Rahmen der vorliegenden Studie konnten wichtige Erkenntnisse auf dem Gebiet der Charakterisierung einer Hochrisikoklientel hinsichtlich des psychosozialen Funktionsvermögens, des Erlebens von chronischem Stress sowie des Ausmaßes an Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten gesammelt werden. 6. Diskussion 74 Die gefundenen Ergebnisse sollen im Folgenden unter Hinzunahme von Vergleichsdaten aus gesunden und psychiatrischen Populationen interpretiert werden. Im Einklang mit Hypothese 1 konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass bei den untersuchten hilfesuchenden Personen mit erhöhtem Risiko für eine bipolare Entwicklung zu Studienbeginn deutliche Einschränkungen in der psychosozialen Anpassung an verschiedene Rollenbereiche (z.B. Arbeit/Studium, Interaktion mit nahestehenden Personen, Hausarbeit, Freizeitaktivitäten) bestanden. Dieses Ergebnis ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass es sich bei Einschränkungen im psychosozialen Funktionsvermögen um ein Einschlusskriterium für die Studienteilnahme handelte. Zur Untersuchung der Frage, wie der Management-Gesamtscore der vorliegenden Stichprobe mit gesunden und psychiatrischen Populationen ins Verhältnis gesetzt werden kann, wurden Vergleichsdaten herangezogen (Hecht & Wittchen, 1988). Der vorliegende SIS-Management-Gesamtscore von M = 1.99 (SD = 1.12) lag in einer großen allgemeinen Population (n = 393) auf dem 90%-Perzentil. Dies bedeutet, dass 90% der Werte in der Allgemeinbevölkerung unter dem Mittelwert der vorliegenden Stichprobe lagen. Im Vergleich zur allgemeinen Kohorte wiesen die untersuchten Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung somit deutlich größere Schwierigkeiten in der psychosozialen Anpassung auf. Verglichen mit der um psychiatrische Patienten bereinigten allgemeinen Kohorte (n = 293), lag der vorliegende Management-Score über dem 90%-Perzentil. Aus der Gegenüberstellung der Daten mit psychiatrisch Gesunden wird somit ersichtlich, dass das psychosoziale Funktionsniveau der Teilnehmer der vorliegenden Studie deutlich niedriger war. Das Ausmaß an Beeinträchtigung im psychosozialen Management war ähnlich ausgeprägt wie bei Personen mit affektiven Störungen (n = 51, M = 1.8, SD nicht angegeben). Dieses vergleichbare Ergebnis ist vermutlich vor dem Hintergrund erklärbar, dass etwa drei Viertel der untersuchten Hochrisikoklientel neben der subsyndromalen bipolaren Symptomatik bereits die Diagnosekriterien für eine unipolare affektive Störung erfüllte. Im Vergleich zum Management-Score von schizophren erkrankten Patienten (n = 63, M = 1.6, SD nicht angegeben) erschienen die Probanden der vorliegenden Studie sogar etwas belasteter. Hinsichtlich des Erlebens von chronischem Stress zeigten sich bei der untersuchten Hochrisikokohorte ebenfalls hypothesenkonforme Ergebnisse. Die Probanden der vorliegenden Studie gaben zu Studienbeginn an, sich übermäßig viele Sorgen zu machen, sich vor allem im beruflichen Kontext überlastet und überfordert zu fühlen und nicht genügend Anerkennung für ihre Leistung zu erhalten. Vergleicht man den vorliegenden TICS-Score zu Baseline (M = 21.07, SD = 11.80) mit den Stresswerten aus einer großen bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe (siehe Hapke et al., 2013) mit fast 8000 Teilnehmern, zeigte sich bei den Studienteilnehmern eine überdurchschnittliche 6. Diskussion 75 Stressbelastung12. Aufgrund des Fehlens von Vergleichsdaten aus klinischen Populationen zum chronischen Stresserleben, wie es das TICS erfasst, können die vorliegenden Ergebnisse nicht in Relation zu Patientengruppen oder gar Risikopopulationen gesetzt werden. Schließlich zeigten sich bei der untersuchten Hochrisikoklientel deutliche gesundheitsrelevante Ressourcendefizite (M = 134.58, SD = 28.58). Ein Vergleich mit dem mittleren FERUS-Score aus der von Jack (2007) beschriebenen Normierungsstichprobe von 86 gesunden Probanden (M = 162.5, SD = 20.5) verdeutlicht, dass den Teilnehmern der vorliegenden Studie deutlich weniger Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten zur Verfügung standen. Nach Einordnung des vorliegenden FERUS-Scores in die Verteilung der Gesunden-Stichprobe ergab sich ein Prozentrang von PR = 10. Nur 10% der Kohorte der Gesunden hatten somit ähnlich schwach ausgeprägte gesundheitsrelevante Ressourcen wie die Teilnehmer der vorliegenden Studie. Die Einschränkungen in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten waren vergleichbar mit denen von sich in stationärer Behandlung befindlichen psychosomatischen Patienten (Jack, 2007) (n = 545, M = 133.9, SD = 31.2) und lagen mit einem Prozentrang von PR = 50 in der Mitte der Verteilung der psychosomatischen Stichprobe. Die Teilnehmer der vorliegenden Studie zeigten zu Studienbeginn somit ähnlich starke Einschränkungen in den Selbstmanagementfähigkeiten wie psychosomatische Patienten, Ressourcen und die vorwiegend an unipolaren depressiven Erkrankungen, Anpassungs- und Angststörungen litten. Aus der Psychoseforschung ist bekannt, dass Hochrisikopersonen für die Entwicklung von Psychosen über ein deutlich eingeschränktes psychosoziales Funktionsniveau verfügen. Psychose-Hochrisikopopulationen weisen hierbei Werte im Globalen Funktionsvermögen (Global Assessment of Functioning Scale (GAF)) im Bereich von 48-61 auf (Addington et al., 2011, Bechdolf et al., 2012b, McGorry et al., 2002; Morrison et al., 2004), was auf mäßig bis stark ausgeprägte Schwierigkeiten bezüglich der sozialen, beruflichen oder schulischen Leistungsfähigkeit hindeutet. Wenngleich im Rahmen der Studien zur Früherkennung und – intervention bei Psychosen die Operationalisierung des Funktionsvermögens über andere Instrumente als die im Rahmen der vorliegenden Studie verwendete SIS erfolgte, deutet ein Vergleich der vorliegenden Daten mit dem von Psychose-Hochrisikopersonen auf ähnlich starke psychosoziale Funktionsbeeinträchtigungen hin. In der Literatur zur klinischen Charakterisierung bipolarer Patienten finden sich Hinweise auf erhebliche psychosoziale Dysfunktionen (Überblicksarbeiten siehe Mehta et al., 2014; Sanchez-Moreno et al., 2009), besonders im Bereich des Funktionierens im Job, hinsichtlich 12 Hapke und Kollegen (2013) legten folgende Klassifikation der Stresswerte zugrunde: 0 bis 11 Punkte (≤ Median) „unterdurchschnittliche bis durchschnittliche Stressbelastung“, 12 bis 22 Punkte „überdurchschnittliche Stressbelastung“, 23 bis 48 Punkte (≥ 90. Perzentil) „starke Stressbelastung“. 6. Diskussion 76 interpersoneller Beziehungen und in der adäquaten Gestaltung von Freizeitaktivitäten. In einer prospektiven Multicenterstudie (The European Mania in Bipolar Longitudinal Evaluation of Medication (EMBLEM)) konnte gezeigt werden, dass 68% der untersuchten bipolar erkrankten Personen unter mittelgradigen bis schweren Einschränkungen im Bereich des Jobs litten (Goetz et al., 2007). Schwierigkeiten in interpersonellen Beziehungen sind bei bipolar erkrankten Personen stärker ausgeprägt als bei depressiven Patienten (Mehta et al., 2014). In der vorliegenden Studie lag bei der untersuchten Hochrisikoklientel für die Entwicklung einer Bipolaren Störung der Anteil an im Job mittelgradig bis stark beeinträchtigten Personen bei 39%; nur 10.8% der Probanden berichteten keine Einschränkungen in diesem Rollenbereich. Auch die Qualität der Interaktion mit anderen Personen war in der vorliegenden Stichprobe deutlich herabgesetzt. Die psychosozialen Funktionsbeeinträchtigungen der untersuchten Hochrisikokohorte wiesen somit deutliche Parallelen zu denen von bipolar erkrankten Personen auf. Beim Vergleich der vorliegenden Befunde mit den oben beschriebenen Studienergebnissen muss berücksichtigt werden, dass zur Erfassung von psychosozialen Dysfunktionen unterschiedliche Messinstrumente, die ähnliche, teilweise überlappende Konstrukte messen (z.B. psychosoziales Funktionsvermögen gemäß der SIS vs. Globales Funktionsniveau/GAF), zum Einsatz kamen. Zusammenfassend verdeutlichen Funktionsbeeinträchtigungen und die Befunde Ressourcendefizite die im enormen Umgang psychosozialen mit Stress und Belastungen, unter denen Personen mit Risikostatus für eine bipolare Entwicklung leiden. Diese erheblichen Einschränkungen sind in ihrem Schweregrad vergleichbar mit denen von psychiatrischen Populationen und zeigen den dringenden psychotherapeutischen Bedarf hinsichtlich der Förderung der Funktionsfähigkeit und des Stressmanagements für diese Klientel auf. 6.1.3. Verbesserung des psychosozialen Funktionsvermögens durch das Gruppeninterventionsprogramm Aufgrund der hohen klinischen Relevanz wurde in der vorliegenden Studie das psychosoziale Funktionsvermögen der Hochrisikopersonen als ein primäres Maß für die Wirksamkeit der Gruppenintervention gewählt. Hierbei wurden in beiden Versuchsgruppen Verbesserungen im psychosozialen Management erwartet, wenngleich bei den Teilnehmern der Interventionsbedingung größere Effekte als bei den Teilnehmern der Kontrollgruppe postuliert wurden. Entgegen der Hypothese 2a konnten in der Gesamtstichprobe am Ende der Intervention keine signifikanten Verbesserungen im psychosozialen Funktionsvermögen nachgewiesen 6. Diskussion 77 werden. Wenngleich das Ergebnis keine statistische Signifikanz erreicht, zeigte sich jedoch, dass die SIS-Werte der Interventionsgruppe abnahmen, sich also das Funktionsvermögen verbesserte, während sie in der Kontrollgruppe zunahmen. Dieses Ergebnis lässt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu: Zum einen könnte die Gruppeninterventionsprogramm Schlussfolgerung nicht wirksam abgeleitet in Bezug werden, auf das dass das psychosoziale Funktionsvermögen der Teilnehmer war. Gegen die These der mangelnden Wirksamkeit spricht der Befund, dass sich übereinstimmend mit Hypothese 2c sechs Monate nach Beginn der Intervention durchaus positive Effekte in Bezug auf das psychosoziale Management der Probanden beobachten ließen. Möglicherweise handelt es sich bei der Veränderung im psychosozialen Management um einen Prozess, der nicht innerhalb weniger Wochen zu messbaren Ergebnissen führt, sondern sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten erstreckt. Deutliche Fortschritte hinsichtlich der Interaktion mit Kollegen und nahestehenden Personen, im Bereich des Funktionierens im Job oder in der adäquaten Freizeitgestaltung können vermutlich gar nicht innerhalb von wenigen Wochen erzielt werden. Allerdings können die Erfahrungen aus der Gruppenteilnahme dazu beigetragen haben, dass längerfristig Erfolge im psychosozialen Management erreicht werden können. Eine weitere Erklärung für die fehlende signifikante Verbesserung im psychosozialen Funktionsvermögen am Ende der Intervention betrifft die Messung dieses Outcomes mittels der SIS. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich während der 14-wöchigen Intervention durchaus Verbesserungen im psychosozialen Management ergeben haben, die aber mit dem Messinstrument nicht operationalisiert werden konnten. Obwohl die Autoren der SIS die Veränderungssensitivität ihres Verfahrens hervorheben, wurde das Instrument in klinischen Wirksamkeitsstudien wenig angewandt, so dass Vergleichsdaten aus anderen klinischen Populationen fehlen. Die Frage, ob sich die SIS im Kontext von Psychotherapiestudien tatsächlich als änderungssensitiv erweist, kann somit nicht abschließend beantwortet werden. Denkbar wäre auch, dass die Probanden durchaus Fortschritte in einzelnen Dimensionen des psychosozialen Managements, beispielsweise in der funktionalen Interaktion mit anderen Personen, erzielt haben, diese Veränderungen jedoch durch die Auswertung der SIS mittels Bildung eines Gesamtscores nicht erkennbar waren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit hätte eine statistische Analyse der Veränderung in den einzelnen Rollenbereichen des psychosozialen Managements aufgrund der Stichprobengröße und der geringen Zellhäufigkeiten in den einzelnen Subskalen der SIS keine interpretierbaren Erkenntnisse gebracht. Eine größere Datenbasis erscheint daher notwendig, um Aussagen über etwaige Veränderungen einzelner Dimensionen Funktionsvermögens der Studienteilnehmer treffen zu können. des psychosozialen 6. Diskussion 78 Entgegen der Hypothese 2b ergaben sich nach Abschluss der Intervention zwischen den beiden Versuchsgruppen keine signifikanten Unterschiede im psychosozialen Funktionsvermögen. Die numerische Betrachtung der Management-Scores geht konform mit der Hypothese und zeigt zumindest eine Tendenz, dass Teilnehmer der Interventionsbedingung ein besseres psychosoziales Management aufwiesen als die Probanden der Kontrollbedingung. Im Gegensatz zu diesen Ergebnissen konnte in den bekannten Psychotherapiestudien bei Hochrisikopersonen für Psychosen (für einen Überblick: siehe Müller et al., 2012) eine deutliche Überlegenheit der spezifischen psychotherapeutischen Gruppeninterventionen gegenüber den Kontrollbedingungen gezeigt werden. Allerdings muss beim Vergleich der vorliegenden Ergebnisse mit denen aus der Psychoseforschung berücksichtigt werden, dass die Operationalisierung der Wirksamkeit der Interventionen vornehmlich über die Konversionsraten in eine manifeste Psychose erfolgte. Darüber hinaus war die Kontrollbedingung in einigen Interventionsstudien für Personen in Risikostadien einer Psychose viel weniger strukturiert als in der vorliegenden Studie, beispielsweise bestand die Kontrollbedingung nur aus einem Monitoring der Symptomatik ohne jeglichen Interaktionscharakter (Morrison et al., 2007). In den aktuelleren Psychotherapiestudien bei Hochrisikopersonen für Psychosen kamen, ähnlich wie in der vorliegenden Studie, aktive, supportive Settings als Kontrollbedingung zum Einsatz. Interessanterweise fanden sich in diesen Publikationen viel geringere Unterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen. In der Studie von Addington und Kollegen (2010) wurden beispielsweise keine signifikanten Unterschiede in den Konversionsraten zwischen Interventions- und Kontrollbedingung festgestellt. In der Arbeit von Bechdolf et al. (2012) konnte zwar eine deutliche Überlegenheit der Interventionsbedingung im Hinblick auf die Erstmanifestation einer Psychose, nicht aber in Bezug auf das globale Funktionsniveau der Teilnehmer nachgewiesen werden. Offenbar kann durch eine Gruppenteilnahme per se eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit von Hochrisikopersonen für die Entwicklung Bipolarer Störungen und Psychosen erreicht werden, wobei die Form und Konzeption der Intervention einen vergleichsweise geringen Einfluss auf den Outcome zu haben scheint. Dieses als „Äquivalenzparadoxon“ bezeichnete Phänomen des Nicht-Unterschieds zwischen einzelnen Therapieformen wird jedoch in der Psychotherapieforschung vielfach als ein methodisches Artefakt angesehen, nämlich als ein Problem der statistischen Power (Reinecker, 2009). Psychotherapiestudien weisen oftmals nicht die erforderliche statistische Power auf, um kleine oder mittlere Unterschiede zwischen verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren entdecken zu können. Kazdin (1989) schlussfolgerte aus einer Analyse von 85 Psychotherapiestudien, dass eine statistische Power von 80-90% nötig ist, um kleine bis mittlere Effekte entdecken zu können. 6. Diskussion 79 Die relativ geringe Stichprobengröße von 74 Probanden in dieser Studie könnte dazu beigetragen haben, dass ein möglicher, tatsächlich bestehender Unterschied zwischen den beiden Versuchsgruppen keine statistische Signifikanz erreicht hat. Aufgrund des hohen Rekrutierungsaufwandes und der beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen (siehe Kapitel 6.2.1.) konnte im Rahmen der vorliegenden Studie keine Untersuchung an einer größeren Stichprobe realisiert werden. Die Erklärung, dass die spezifische Gruppenpsychotherapie keine signifikant besseren Effekte in Bezug auf das psychosoziale Funktionsvermögen der Teilnehmer nach sich zog als die unstrukturierte Kontrollbedingung, muss daher in Betracht gezogen werden. Zum Ausschluss des möglichen Effektes, dass die Teilnahme an einer Gruppe per se dazu beigetragen haben könnte, dass zwischen den beiden Versuchsgruppen keine Unterschiede zu beobachten waren, hätte ein weiterer Studienarm, eine Wartekontrollgruppenbedingung, realisiert werden müssen, auf den aus ethischen Gründen jedoch verzichtet wurde, da die Probanden aufgrund erheblicher psychosozialer Funktionsbeeinträchtigungen und Symptomatik Hilfe gesucht hatten (siehe auch Kapitel 6.2.2.). Aufgrund der dargestellten, nicht-hypothesenkonformen Ergebnisse am Ende der Intervention, dass keine signifikanten Verbesserungen hinsichtlich des psychosozialen Funktionsvermögens in der Gesamtstichprobe und ferner keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen festgestellt werden konnten, muss die Auswahl des 14-Wochen-Outcomes als primärer Endpunkt der Studie kritisch hinterfragt werden. Denkbar wäre es, dass die Teilnehmer der Interventionsgruppe einige Monate nach Abschluss der Intervention den Kontrollprobanden im psychosozialen Funktionsvermögen durchaus überlegen waren. Dieser Frage gilt es im Rahmen der Auswertung der Gesamtstudie, die für Ende 2016 geplant ist, auf den Grund zu gehen. Dort kann abschließend geklärt werden, ob auf Basis der Ergebnisse aus den Follow-Up-Untersuchungen (nach 6, 12 und 18 Monaten) differenziertere Aussagen zur Wirksamkeit der spezifischen Gruppentherapie, aber auch zum Effekt des unstrukturierten Kontrollsettings, getroffen werden können. Wie bereits erwähnt, stützen die Ergebnisse aus der Verlaufsmessung nach sechs Monaten die Hypothese 2c, welche signifikante Verbesserungen in der Gesamtstichprobe hinsichtlich des psychosozialen Funktionsvermögens postuliert. Die Teilnehmer beider Versuchsgruppen konnten im Zeitraum von sechs Monaten deutliche Fortschritte in der psychosozialen Anpassung erzielen, wobei die größten Verbesserungen in der Zeit nach Abschluss der Intervention bis zum Sechs-Monats-FU zu beobachten waren (vgl. Abbildung 12 im Anhang). Inwieweit diese positive Veränderung auf die Gruppenteilnahme zurückzuführen ist, oder ob andere Faktoren ausschlaggebend für den Effekt waren, kann nicht abschließend geklärt werden. Es wäre beispielsweise denkbar, dass die beobachteten Veränderungen auf sogenannten Regressionseffekten beruhen, was bedeutet, dass eine Verbesserung aufgrund 6. Diskussion 80 von spontaner Remission zustande kommt. Einer der Pioniere der Psychotherapieforschung, Klaus Grawe, konnte dagegen in einer umfangreichen Analyse von 111 Studien nachweisen, dass der Effekt von spontaner Remission psychischer Störungen vielfach überschätzt wird (Grawe, 1992). In der vorliegenden Studie wurde eine Personengruppe mit Risikosymptomatik untersucht, bei der eine Progredienz der Symptomatik bzw. der funktionalen Beeinträchtigungen zu Studienbeginn als Einschlusskriterium gefordert war, so dass eine spontane Remission dieser Einschränkungen nicht zu erwarten war. Zur Beantwortung der Frage nach dem Einfluss des potentiellen Effekts der Spontanremission wäre wiederum ein Wartekontrollgruppendesign erforderlich gewesen, welches, wie bereits erwähnt, aus ethischen Gründen nicht umgesetzt wurde (eine ausführliche Diskussion bezüglich des Studiendesigns findet sich in Kapitel 6.2.2.). 6.1.4. Verbesserung des Stresserlebens Selbstmanagementfähigkeiten durch sowie das der Ressourcen und Gruppeninterventions- programm Neben der psychosozialen Funktionsfähigkeit wurde bei den Teilnehmern der vorliegenden Studie die Veränderung des Erlebens von chronischem Stress anhand des TICS als wichtiger Outcome-Parameter untersucht. Grundlage für die Stressgenese stellt hierbei eine Dysbalance von Anforderungen und anforderungsbezogenen Ressourcen dar (siehe Schulz et al., 2004), die im engen Zusammenhang mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen und somatischen Erkrankungen steht (z.B. Kaluza, 2004). Ziel des spezifischen Gruppenpsychotherapieprogramms war sowohl die Reduktion des aktuellen chronischen Stresserlebens als auch die Prävention von zukünftigem Stress durch spezifische Stressbewältigungs- und Problemlösestrategien. Es wurden in beiden Versuchsgruppen positive Veränderungen in Bezug auf das Stressniveau vorhergesagt, wenngleich ein größerer Effekt in der Interventionsbedingung erwartet wurde. Das Ergebnis, dass in der Gesamtstichprobe eine signifikante Reduktion im Erleben von chronischem Stress vom Studienbeginn bis zum Ende der Intervention nachgewiesen werden konnte, steht im Einklang mit Hypothese 3a. Der gefundene Effekt erwies sich als hoch signifikant und zeigte eine hohe Effektstärke. Demgegenüber konnten innerhalb der beiden Versuchsgruppen keine bedeutsamen Unterschiede in der Veränderung des Stressniveaus von prä zu post identifiziert werden. Offenbar fanden in beiden Versuchsgruppen Veränderungsprozesse im Stresserleben statt, die sich in ihrem Ergebnis kaum voneinander unterschieden. Es erscheint naheliegend, die positiven Effekte in der Interventionsbedingung im Hinblick auf das Erleben von und den Umgang mit chronischem Stress den spezifischen Stressbewältigungs- und Problemlösetechniken zuzuschreiben, die im Rahmen der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Intervention zum Einsatz kamen. Der 6. Diskussion 81 Befund, dass Versuchsteilnehmer beider Gruppenbedingungen zu profitieren schienen, spricht allerdings dafür, dass neben spezifischen Wirkmechanismen der psychotherapeutischen Intervention (z.B. Problemlösetechniken, Achtsamkeitstraining) auch allgemeine, therapieübergreifende Wirkfaktoren (z.B. Ressourcenaktivierung oder die therapeutische Beziehung) zur Erklärung der positiven Effekte in Bezug auf das Ausmaß an chronischem Stress in Betracht gezogen werden müssen. Für die Planung zukünftiger Interventionen für Hochrisikopersonen für die Entwicklung Bipolarer Störungen erscheint es daher erstrebenswert, anhand einer größeren Stichprobe der Frage nachzugehen, welche spezifischen und unspezifischen Wirkfaktoren in den beiden Versuchsbedingungen zur positiven Beeinflussung des Erlebens von chronischem Stress beigetragen haben könnten. Die Auswertung zu Hypothese 3b, in welcher am Ende der Intervention eine signifikante Überlegenheit des spezifischen Gruppentherapieprogramms in Bezug auf das Stresserleben im Vergleich zur Kontrollbedingung erwartet wurde, erbrachte keine hypothesenkonformen Ergebnisse. Numerisch betrachtet, war das Ausmaß an chronischem Stress bei den Teilnehmern der Kontrollgruppe sogar etwas geringer als bei den Probanden, die an der spezifischen Gruppenintervention teilgenommen hatten. Eine Erklärungsmöglichkeit für den fehlenden Unterschied im Hinblick auf das chronische Stresserleben stellt das bereits im vorangegangenen Kapitel 6.1.3. beschriebene Äquivalenzparadoxon, also der vielfach überschätzte Einfluss der Therapiemethode auf den Outcome, dar. Die Kontrollbedingung der vorliegenden Studie stellte keine strukturierte und evaluierte Therapieform dar. Obschon in der Kontrollgruppe keine spezifischen psychotherapeutischen Techniken angewandt wurden, handelte es sich hierbei nicht um eine Placebobedingung. Durch das Gruppensetting und die moderierende, weniger aktive und direktive Rolle des Therapeuten wurde die Eigenverantwortung und gegenseitige Unterstützung der Teilnehmer in Bezug auf das Stressmanagement angesprochen, so dass die Kontrollbedingung bereits eine unspezifische Form der psychosozialen Intervention darstellte (siehe Kapitel 6.2.5.). In Psychotherapiestudien wurde das Phänomen ähnlicher Effekte zwischen Interventionsund Kontrollgruppe vielfach untersucht. Meyer und Hautzinger (2012) kamen in ihrer Studie zur Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie bei Patienten mit Bipolarer Störung zu dem Schluss, dass in der supportiven Kontrollbedingung offenbar auch die allgemeinen Wirkfaktoren von Psychotherapie greifen. Die Erfahrungen und Rückmeldungen der Studientherapeuten der vorliegenden Studie, wie auch die Analyse erster Videosequenzen der Gruppensitzungen zeigen, dass in der Kontrollbedingung eine positive therapeutische Beziehung gestaltet wurde, die Probanden Zuwendung und Anerkennung bekamen und durch die offene, nicht-manualisierte Struktur die Möglichkeit erhielten, Inhalt und Verlauf der Sitzungen selbst zu bestimmen. 6. Diskussion 82 Aus Interventionsstudien für Personen in frühen Phasen von Psychosen ergeben sich ebenfalls Hinweise auf die relativ hohe Wirksamkeit von in den Kontrollbedingungen angebotenen supportiven Interventionen, so dass diese inzwischen als First-LineInterventionen bei Personen mit erhöhtem Psychoserisiko diskutiert werden (McGorry et al., 2013; Yung et al., 2011). Aufgrund der Unterschiedlichkeit zwischen Psychosen und Bipolaren Störungen hinsichtlich der Entwicklung vom Prodromalstadium bis hin zur Erstmanifestation können die Erkenntnisse aus der Psychoseforschung nur begrenzt auf Bipolare Störungen übertragen und hieraus therapeutische Empfehlungen abgeleitet werden. Da die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit als vorläufig zu betrachten sind, kann die Frage, ob bei Hochrisikopersonen für eine bipolare Entwicklung eine ausschließlich supportive Therapie ebenfalls eine Alternative zu einer spezifischen, psychotherapeutischen Intervention darstellen könnte, an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden. Im Einklang mit Hypothese 3c erwiesen sich die gefundenen positiven Effekte im Hinblick auf das Erleben von chronischem Stress als zeitlich stabil. Im Sechs-Monats-Follow-Up konnte erwartungsgemäß eine signifikante Verminderung des Ausmaßes an chronischem Stress in der Gesamtstichprobe nachgewiesen werden. Nach Abschluss der Intervention nahm das Stresserleben im Verlauf von sechs Monaten sogar weiter ab (vgl. Abbildung 13 im Anhang). Ähnlich wie im Follow-Up am Ende der Intervention (Hypothese 3a) erreichte die Interaktion mit dem Faktor „Gruppe“ nach sechs Monaten keine statistische Signifikanz, was bedeutet, dass innerhalb der beiden Versuchsgruppen keine Unterschiede in der Veränderung der TICS-Werte zu beobachten waren. Aufgrund des Studiendesigns, welches keine Wartekontrollbedingung vorsah, kann an dieser Stelle wiederum nicht ausgeschlossen werden, dass der positive Effekt in Bezug auf das Stresserleben in beiden Versuchsgruppen auf andere Einflussfaktoren, wie beispielsweise Reifungseffekte, zurückgeführt werden kann. Aufgrund der ausgeprägten Psychopathologie der untersuchten Hochrisikokohorte, der hohen Komorbiditätsraten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen und der schweren funktionalen Beeinträchtigungen erscheint eine spontane Remission im Sinne einer Reduktion des chronischen Stresserlebens in einem kurzen Zeitraum von sechs Monaten aufgrund von Entwicklungs- und Reifungsprozessen allerdings unwahrscheinlich. Nach Abschluss der Gesamtstudie könnte eine Analyse der Veränderung des Stresserlebens derjenigen Probanden, die bereits vor Beginn der Intervention aufgrund mangelnden weiteren Interesses aus der Studie ausschieden, Aufschluss über die Frage geben, ob bei dieser Kohorte, die quasi unbehandelt blieb, eine Reduktion des Stresserlebens auch ohne gruppentherapeutische Intervention festgestellt werden kann. Aufgrund der sehr geringen Anzahl (in der vorliegenden Untersuchung handelte es sich um eine Subpopulation von 14 Personen, die aufgrund mangelnden Interesses bereits zu Baseline aus der Studie ausschieden) und der Tatsache, dass diese Personengruppe eher 6. Diskussion 83 schwer zu motivieren war, an den Verlaufsuntersuchungen teilzunehmen, wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf die separate Betrachtung dieser Substichprobe hinsichtlich der Veränderung im Erleben von chronischem Stress verzichtet. Die Auswertung der Gesamtstudie wird schließlich Aufschluss darüber geben können, ob Teilnehmer beider Versuchsbedingungen auch über einen längeren Zeitraum als sechs Monate von der Gruppenteilnahme profitieren können und stabil niedrigere Stresslevel im Vergleich zum Studienbeginn aufweisen. Einen weiteren Aspekt des funktionalen Umgangs mit Stress und Belastungen stellen gesundheitsrelevante Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten dar, die in der vorliegenden Arbeit mittels des FERUS erhoben wurden. Ziel des in der vorliegenden Studie angewandten Gruppenpsychotherapieprogramms war hierbei die Stärkung von Ressourcen, Selbstwirksamkeits- und Kontrollüberzeugungen sowie Fertigkeiten zum Management von Stress, um letztlich gemäß dem salutogenetischen Modell (Antonovsky, 1979) die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden bei den Studienteilnehmern zu fördern. Die Analysen zur Veränderung von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten erbrachten ähnliche Ergebnisse wie die oben diskutierten Befunde zum Erleben von chronischem Stress. Im Einklang mit Hypothese 4a, in welcher signifikante Fortschritte in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten in beiden Versuchsgruppen postuliert wurden, zeigten sich am Ende der Intervention deutlich geringere Ressourcendefizite. Der nicht signifikante Interaktionseffekt mit dem Faktor „Gruppe“ deutet wiederum auf fehlende Unterschiede innerhalb der beiden Versuchsgruppen hinsichtlich der Veränderung in den FERUS-Werten hin. Durch die Gruppenteilnahme konnte somit eine deutliche Verbesserung im Hinblick auf Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Probanden erreicht werden, wenngleich der potentielle Einfluss anderer Faktoren (spontane Verbesserung, Reifungseffekte) aufgrund des Studiendesigns nicht ausgeschlossen werden kann. In Bezug auf die Überlegenheit der Teilnehmer der Interventionsbedingung in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten (Hypothese 4b) ergaben sich keine hypothesenkonformen Ergebnisse. In beiden Versuchsgruppen konnte am Ende der Intervention eine ähnliche Ausprägung in den untersuchten Parametern festgestellt werden. Offenbar haben in beiden Versuchsbedingungen Prozesse stattgefunden, durch welche Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Teilnehmer gefördert wurden. Im Rahmen der Interventionsbedingung wurde auf spezifische, bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen bereits bewährte, psychotherapeutische Techniken zur Ressourcenaktivierung und Problembewältigung der Studienteilnehmer zurückgegriffen, wie beispielsweise die Anregung zur Selbstreflexion, die Anleitung von selbstwirksamkeitsfördernden Achtsamkeitsübungen oder die Problemaktivierung und – 6. Diskussion 84 lösung mit Hilfe von Rollenspielen. Diese spezifischen, psychotherapeutischen Ansätze kamen in der unstrukturierten Kontrollbedingung nicht zum Einsatz, wobei es gleichwohl gelungen sein muss, die verfügbaren Ressourcen der Studienteilnehmer zu fördern und Selbstmanagementfähigkeiten auszubauen. Es kann vermutet werden, dass eine gute Therapeut-Patient-Beziehung, die für einen ressourcenorientierten Ansatz als bedeutend angesehen wird (Beesdo-Baum, 2011), in beiden Versuchsbedingungen realisiert werden konnte. Eine umfangreiche Analyse der Videomitschnitte aus den Gruppensitzungen wird Aufschluss darüber geben können, inwieweit das offene, unstrukturierte Setting der Kontrollbedingung, welches einen intensiven Austausch der Studienteilnehmer ermöglichte, im besonderen Maße dazu beitragen konnte, persönliche Ressourcen zu stärken, das Selbstwirksamkeitserleben zu erhöhen und Problemlösefertigkeiten zu etablieren. Im Einklang mit Hypothese 4c konnte in der vorliegenden Studie gezeigt werden, dass die positiven Veränderungen im Hinblick auf die Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Probanden auch über den Sechs-Monat-Follow-Up-Zeitraum zeitlich stabil waren. Das Ausmaß von gesundheitsrelevanten Kompetenzen ist nach Abschluss der Intervention bis zum FU3 sogar weiter angestiegen (vgl. Abbildung 14 im Anhang). Innerhalb der Gruppen konnten nach sechs Monaten wiederum keine Unterschiede hinsichtlich der Veränderung der untersuchten Parameter gefunden werden. Auch bei diesem Ergebnis, welches eine hohe Effektstärke aufwies, kann der potentielle Einfluss anderer Faktoren aufgrund des Fehlens einer Wartekontrollbedingung nicht ausgeschlossen werden. Daher kann nur die Annahme getroffen werden, dass das in den Gruppensitzungen angesammelte Wissen und der Erwerb von Kompetenzen dazu geführt haben, dass auch über die Gruppensitzungen hinausgehend nachhaltige Fortschritte in den Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten in beiden Versuchsgruppen erkennbar waren. Interessant sind in diesem Zusammenhang die im Rahmen der Gesamtstudie vorgesehenen Analysen der weiteren Messzeitpunkte der Studie, welche Aufschluss über die Stabilität der gefundenen positiven Effekte über den SechsMonats-Zeitraum hinaus und somit über die nachhaltige Wirksamkeit der Gruppenteilnahme geben können. 6.2. Stärken und Limitationen der vorliegenden Arbeit 6.2.1. Merkmale der Stichprobe Bei der in der vorliegenden Studie untersuchten Hochrisikoklientel handelte es sich um Adoleszente und junge Erwachsene, die zwar nicht die Diagnosekriterien für eine Bipolare Störung erfüllten, jedoch bereits klinisch symptomatisch (vgl. Tabelle 8) sowie stark funktional beeinträchtigt (siehe Kapitel 5.3.1.) waren. Durch die Randomisierung konnte eine Parallelität der beiden Versuchsgruppen hinsichtlich soziodemographischer und klinischer 6. Diskussion 85 Charakteristika erreicht werden, was die interne Validität der vorliegenden Befunde erhöht. Da komorbide psychische Störungen per se kein Ausschlusskriterium für die Studienteilnahme darstellten, war die untersuchte Stichprobe diesbezüglich wenig selektiert und wies bereits ähnliche Komorbiditäten wie bipolare Kohorten auf (für einen Überblick: siehe Kapitel 4.6.1. der S3-Leitlinie der DGBS und der DGPPN, 2012). Komorbide Angststörungen, welche auch als Risikofaktor für die Entwicklung Bipolarer Störungen diskutiert werden (Duffy et al., 2013), waren in der vorliegenden Hochrisikoklientel ähnlich häufig wie bei bipolaren Populationen vertreten. Im Hinblick auf die Verteilung von Frauen und Männern zeigte sich in der untersuchten Hochrisikopopulation ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis, so wie es auch für Bipolar-I-Störungen bekannt ist (vgl. Kapitel 2.1.3.). Trotz der für Bipolare Störungen und deren frühe Stadien charakteristischen Symptomatologie kann die Stichprobe der vorliegenden Untersuchung nicht als repräsentativ für die Gesamtheit der Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung angesehen werden. Die externe Validität der vorliegenden Studie ist insofern eingeschränkt, als es sich bei der untersuchten Population um hilfesuchende Personen handelte, die über Früherkennungsinitiativen rekrutiert wurden. Demgegenüber kann in der vorliegenden Arbeit eine Repräsentativität im Hinblick auf die Klientel der hilfesuchenden Personen, welche in Früherkennungszentren multizentrischen vorstellig Charakter Früherkennungsinitiativen der in wurden, Studie angenommen gelang Deutschland, es, die in eine werden. den derzeit Durch den existierenden Früherkennung bipolarer Krankheitsentwicklung anbieten, alle hilfesuchenden jungen Menschen hinsichtlich der Risikokonstellation für eine bipolare Entwicklung zu screenen und bei Erfüllung der Eingangsvoraussetzungen in die Studie einzuschließen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie müssen darüber hinaus vor dem Hintergrund des sogenannten „volunteer bias“ diskutiert werden. Die Studienteilnehmer nahmen freiwillig an der Untersuchung teil und waren möglicherweise motivierter und veränderungsbereiter als nicht-hilfesuchende Hochrisikopersonen oder solche, die zwar ein Früherkennungsangebot wahrgenommen, jedoch die Studienteilnahme abgelehnt haben. Hautzinger (2007) geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass bei kontrollierten Psychotherapiestudien aufgrund von stattfindenden Probandenselektionsprozessen mit einer eingeschränkten externen Validität der Ergebnisse zu rechnen ist. Eine Generalisierbarkeit der vorliegenden Befunde ist aufgrund der Stichprobengröße nur eingeschränkt möglich, wenngleich hervorzuheben ist, dass mittels des multizentrischen Designs der Studie und der Beteiligung aller in Deutschland bestehenden Früherkennungsinitiativen, welche eine Früherkennung für Bipolare Störungen anbieten, hoffentlich alle hilfesuchenden Hochrisikopersonen für eine bipolare Entwicklung erreicht 6. Diskussion 86 werden konnten. Vor dem Hintergrund der vergleichsweise geringen Prävalenz Bipolarer Störungen und deren Vorstufen sowie der strengen Hürden in Bezug auf den Studieneinschluss, ist die Stichprobengröße der vorliegenden Arbeit von 74 Probanden jedoch als recht gut zu bewerten. Verglichen mit den wenigen bislang publizierten Interventionsstudien bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung, die Stichproben zwischen 13 (Miklowitz et al., 2011) und 37 (Nadkarni & Fristad, 2010) Teilnehmern untersucht haben, erscheint die Aussagekraft der Befunde aus der vorliegenden Arbeit deutlich höher. 6.2.2. Studiendesign, Studienablauf und Datenqualität Bei der vorliegenden Untersuchung wurde ein multizentrisches, randomisiertes, kontrolliertes Studiendesign realisiert, welches in der klinischen Forschung aufgrund seiner nachgewiesen hohen Aussagekraft als der „Goldstandard“ bezeichnet wird (Buchkremer & Klingberg, 2001). Eine weitere Stärke der vorliegenden Studie ist in der Verblindung der Studienteilnehmer und Rater bezüglich der Gruppenzugehörigkeit zu sehen. Die Studienqualität wurde weiterhin durch intensive Trainings der Studienmitarbeiter in der Durchführung der Gruppenbedingungen sowie in der Anwendung der Instrumente, GCP-Schulungen und regelmäßige Monitorings in den Studienzentren gewährleistet. In der vorliegenden Studie war neben der Interventions- und Kontrollbedingung kein weiterer Studienarm, beispielsweise eine Wartekontrollgruppe, zur Messung von spontanen Veränderungen vorgesehen, da ein solches Design mit ethischen Problemen verbunden gewesen wäre. Aufgrund der ausgeprägten Psychopathologie und funktionalen Einschränkungen der Studienteilnehmer erschien es ethisch nicht vertretbar, den Teilnehmern die angebotene Gruppenintervention, von der sie, wenngleich noch nicht hinsichtlich der Effektivität untersucht, profitieren könnten, über mehrere Monate hinweg vorzuenthalten. Die Datenanalyse erfolgte nach dem ITT-Prinzip, welches die Daten aller Studienteilnehmer, auch der ausgeschiedenen, in der Ergebnisauswertung berücksichtigt. Bei der Interpretation von Ergebnissen, die auf der Grundlage dieses Auswertungsprinzips gewonnen wurden, muss berücksichtigt werden, dass positive Effekte realistischer, aber auch deutlich unvorteilhafter ausfallen können, indem tatsächlich bestehende Effekte kleiner erscheinen, als sie tatsächlich sind. Nichtsdestotrotz wird der Einsatz des ITT-Verfahrens aufgrund seiner Vorteile gegenüber anderen Ansätzen (wie beispielsweise der per-protocol-Analyse) in den internationalen Leitlinien zur Durchführung klinischer Studien empfohlen (Moher et al., 2010). Trotz der intensiven Schulung der Studienmitarbeiter wurden vier Personen in die Studie eingeschlossen, die, wie sich im späteren Monitoring herausstellte, die Einschlusskriterien nicht vollständig erfüllten. Diese Probanden wiesen in dem zentralen Outcome-Instrument, der SIS, geringere Beeinträchtigungen auf, als es für den Studieneinschluss vorgesehen 6. Diskussion 87 war. Diese vier fehlerhaften Einschlüsse gingen aufgrund des ITT-Prinzips dennoch in die Auswertung ein, was jedoch im Hinblick auf die Datenqualität als kritisch betrachtet werden muss. Für die Auswertung und Interpretation der interessierenden Parameter stellten Dropouts und fehlende Werte in der vorliegenden Arbeit ein methodisches Problem dar, welches wiederum in der klinischen Forschung allgegenwärtig erscheint, da eine vollständige Datenerhebung nahezu nie erreicht werden kann. Um dem Problem unvollständiger Datensätze zu begegnen, musste ein Schätzverfahren angewandt werden, was in der vorliegenden Arbeit mit dem EM-Algorithmus realisiert wurde. Da in klinischen Studien stets mit Dropouts im Studienverlauf zu rechnen ist, wurde gemäß dem Studienprotokoll der Gesamtstudie eine Dropout-Quote von etwa 30% der eingeschlossenen Studienteilnehmer bis zum primären Endpunkt der Studie am Ende der Intervention erwartet. Diese angenommene Quote stützte sich auf Befunde aus den wenigen bisher publizierten Interventionsstudien bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung (z.B. Nadkarni und Fristad, 2010). Ein direkter Vergleich der DropoutRaten der verschiedenen Studien ist insofern schwierig, als sich die Dropout-Kriterien deutlich voneinander unterscheiden; beispielsweise durften Probanden der Studie von Miklowitz und Kollegen (2011) parallel zum Treatment eine ambulante Psychotherapie beginnen oder eine neue psychiatrische Medikation erhalten, was in dieser Studie wiederum Gründe für einen Dropout darstellten. In der vorliegenden Arbeit ergab sich eine DropoutRate von 43.2% von der Baseline bis FU2 am Ende der Intervention; zum Sechs-MonatsFollow Up lag die Dropout-Quote bei 48.6%. Hinsichtlich der Dropout-Quote und der Gründe für das Ausscheiden zeigten beide Versuchsgruppen vergleichbare Ergebnisse. Ferner konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen der Dropout-Gruppe und allen anderen Probanden in den zentralen Outcome-Parametern festgestellt werden. Die Dropout-Analysen zeigten weiterhin, dass der größte Anteil der Personen der Dropout-Gruppe zu Baseline ausschied (74.4%). Hauptgrund für die recht hohe Ausfallrate zu Studienbeginn war das mangelnde weitere Interesse an der Studienteilnahme, welches sicherlich mit den Herausforderungen der Rekrutierung und Realisierung des Gruppenstarts im Zusammenhang stand. Aufgrund der recht hohen Eingangshürde in die Studienteilnahme und des damit einhergehenden Zeitaufwandes, der zur Rekrutierung der für die Gruppendurchführung erforderlichen Personenzahl nötig war, konnte den Studienteilnehmern oftmals nicht direkt nach Studieneinschluss eine Gruppenteilnahme angeboten werden. Dies führte dazu, dass die Probanden häufig in der Zwischenzeit ein anderes therapeutisches Angebot, z.B. eine ambulante Psychotherapie, in Anspruch nahmen oder einfach nicht mehr motiviert und interessiert waren, an der Gruppe teilzunehmen. Die systematische Dropout-Analyse erbrachte keine Unterschiede zwischen 6. Diskussion 88 den zu Studienbeginn aufgrund mangelnden weiteren Interesses ausgeschiedenen Probanden und allen anderen Studienteilnehmern in den Parametern SIS und TICS, wohl aber im FERUS. Hinsichtlich der Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten wies diese Subgruppe signifikant höhere Werte als die anderen Studienteilnehmer auf. Offenbar war diese Personengruppe funktional belastet und erlebte chronischen Stress, wobei das Ausmaß an gesundheitsrelevanten Ressourcen höher eingeschätzt wurde. Dieses subjektive Erleben von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten kann möglicherweise dazu beigetragen haben, dass diese Subgruppe kein weiteres Interesse an der Studienteilnahme zeigte. Im Studienzentrum Hamm, welches ein psychiatrisches Versorgungsangebot speziell für Kinder und Jugendliche hat, bestand eine besondere Herausforderung hinsichtlich der Motivierung der jungen Probanden zur Teilnahme an den Gruppensitzungen und Follow-UpTerminen, da die Studienteilnahme aufgrund des Standortes der Klinik mit recht großem Fahraufwand verbunden war und oft eine Unterstützung durch die Eltern der jungen Probanden erforderlich machte, welche jedoch nicht immer gewährleistet war. Darüber hinaus gestaltete sich in allen Zentren die Terminfindung für die Gruppensitzungen als recht schwierig. Einigen Studienteilnehmern war es nicht möglich, einen wöchentlichen Termin einzurichten, oder sie waren zeitlich nicht flexibel genug, um sich mit den anderen Teilnehmern hinsichtlich der Termine abzustimmen, was vielfach dazu führte, dass diese Probanden entweder bereits zu Beginn der Gruppensitzungen oder im Studienverlauf ausschieden. Schwierigkeiten ergaben sich ferner im Rücklauf der Selbstreportfragebögen, was wiederum unvollständige Datensätze zur Folge hatte. Den Probanden fiel es mitunter schwer, sich für die Bearbeitung des recht umfangreichen Fragebogenpaketes zu motivieren, oder die Dokumente wurden vor allem bei den Verlaufsuntersuchungen zu Hause vergessen. Es kann vermutet werden, dass die im Ergebnisteil dargestellten Effekte größer gewesen wären, wenn alle Probanden mit der Gruppenteilnahme erreicht worden wären und es ferner besser gelungen wäre, diese für die Bearbeitung der Selbstreportfragebögen zu motivieren. Im Rahmen von Folgestudien könnte dem Problem der recht hohen Dropout-Rate begegnet werden, indem die Hochrisikopersonen für eine bipolare Entwicklung bereits nach Studieneinschluss ein therapeutisches Angebot erhalten und den Teilnehmern ferner durch den Einsatz neuer Medien flexiblere Möglichkeiten der Nutzung spezifischer Therapiemodule sowie der digitalen Bearbeitung von Fragebögen bereitgestellt werden (siehe Kapitel 6.3.). 6. Diskussion 6.2.3. Im 89 Messinstrumente Rahmen der vorliegenden Verlaufsbeurteilung und Studie Evaluation kamen des zur Statusdiagnostik Erfolgs der sowie zur psychotherapeutischen Gruppenintervention sowohl Fremdbeurteilungsinstrumente als auch Selbstreportverfahren zum Einsatz, was eine Stärke im untersuchungsmethodischen Vorgehen darstellt. Bei Selbstreportinstrumenten muss die Interpretation von Befunden stets vor dem Hintergrund potentieller, nicht-kontrollierter Störgrößen erfolgen. Aus der Literatur ist bekannt, dass in der Wahrnehmung und Bewertung von stressrelevanten Belastungen interindividuelle Unterschiede bestehen (Caspar & Jacobi, 2007). Darüber hinaus können Probanden im Sinne der sozialen Erwünschtheit geantwortet haben oder bestimmte Antworttendenzen (z.B. Tendenz zur Mitte) zeigen, welche die Befunde verzerren. Da es auch bei der Durchführung von Interviews zu Verzerrungen kommen kann, beispielsweise durch Merkmale des Untersuchers, wird der parallele Rückgriff auf Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren empfohlen. Während hinsichtlich der subjektiven und objektiven psychosozialen Funktionsfähigkeit mit Hilfe der SIS eine recht breite Erfassung gelang, wurden das Erleben von Stress und das Ausmaß an vorhandenen Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten nur im Selbstreport erhoben. Aufgrund des Umfangs der Untersuchungen erschien eine Hinzunahme weiterer Instrumente allerdings für die Studienteilnehmer nicht zumutbar und wäre mit der Gefahr der Demotivierung der Probanden verbunden gewesen, was wiederum fehlende Werte in den Datensätzen hätte zur Folge haben können. Die strukturierte Erfassung des Risikostatus für die Entwicklung einer Bipolaren Störung erfolgte in der vorliegenden Studie mittels zweier jüngst konzipierter Risikoerhebungsinstrumente (BPSS-P und EPIbipolar; siehe Kapitel 4.4.5.). Aussagekräftige Daten zur prädiktiven Güte der identifizierten Risikofaktoren sowie psychometrische Kennwerte der beiden Verfahren liegen bis dato nicht vor, werden aber aktuell im Rahmen einer prospektiven Validierungsstudie erhoben. Die Frage, ob der Erfolg der psychotherapeutischen Intervention anhand der untersuchten Outcome-Parameter tatsächlich adäquat abgebildet werden konnte, kann an dieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden. Trotz der Vorzüge der SIS, welche die Erfassung psychosozialer Beeinträchtigungen in verschiedenen, für Adoleszente und junge Erwachsene relevanten Rollenbereichen ermöglicht, ist das Instrument wenig verbreitet, und es liegen kaum Vergleichsdaten aus anderen klinischen Studien vor. Wie bereits in Kapitel 6.1.3. beschrieben, ist unklar, ob sich die SIS tatsächlich als änderungssensitiv erweist und somit als Instrument zur Messung des Therapieerfolges gut geeignet ist. Trotz der bekannten Kritikpunkte an der SIS wurde dieses Instrument für die vorliegende Studie gewählt, da nach 6. Diskussion Kenntnisstand der 90 Projektleiter keine Verfahren existieren, die die Dimensionen psychosozialer Funktionsfähigkeit angemessener abbilden. Schließlich können anhand der Befunde der vorliegenden Studie keine Aussagen über die Wirksamkeit der psychotherapeutischen Gruppenintervention per se, sondern nur in Bezug auf statistisch bedeutsame Veränderungen in den untersuchten Outcome-Parametern getroffen werden. Im Rahmen zukünftiger Forschungsbemühungen sollte neben der Therapieerfolgsmessung durch indirekte Maße auch die klinische Relevanz der untersuchten Effekte erforscht werden, indem beispielsweise Fragebögen eingesetzt werden, welche die Bedeutung der Veränderungen für die Patienten in deren Lebenskontext und die Zufriedenheit mit der therapeutischen Intervention abbilden (vgl. dazu Reinecker, 2009). 6.2.4. Merkmale der Interventionsbedingung Vor dem Hintergrund der Evidenz zur Wirksamkeit von Psychotherapie bei Bipolaren Störungen und der nachgewiesenen positiven Effekte von kognitiver Verhaltenstherapie bei Hochrisikopersonen für Psychosen (siehe Kapitel 2.3.2.) wurde im Rahmen der vorliegenden Studie die Wirksamkeit einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenintervention bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung untersucht. Aufgrund des Fehlens von publizierten, kognitiv-verhaltenstherapeutischen Programmen für diese Klientel kam ein eigens für das vorliegende Projekt konzipiertes, ressourcenorientiertes Behandlungsmanual zur Anwendung, welches neben Bausteinen der klassischen kognitiven Verhaltenstherapie auch Elemente aus der Achtsamkeitsbasierten Psychotherapie sowie Interventionen zum Stressmanagement und Entspannungsübungen enthielt und an die Besonderheiten der Klientel der Hochrisikopersonen für eine bipolare Entwicklung angepasst war. Aufgrund von praktischen und ökonomischen Erwägungen beschränkte sich die Intervention auf 14 Sitzungen und konnte somit neben einer ausführlichen Psychoedukation sicherlich nur einen Einblick in die behandelten Themen bieten. Die praktischen Erfahrungen der Studientherapeuten im Studienverlauf zeigten, dass die vorliegende Konzeption durch die Vorgaben in der Struktur sowie den Umfang der Theorieblöcke und der praktischen Übungen relativ wenig Raum für die individuellen Themen und Bedürfnisse der Teilnehmer zuließ. Dem komplexen Charakter der affektiven Symptomatologie der Probanden, welche vielfach mit Komorbiditäten verbunden war, konnte mittels der angewandten Intervention aufgrund der Begrenztheit der Sitzungen und des Gruppensettings daher nur bedingt Rechnung getragen werden. Psychotherapeutische Interventionen zum Umgang mit komorbiden Substanzgebrauchsstörungen und Ängsten bzw. Angststörungen, die das Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung erhöhen können, hätten im Behandlungsmanual mehr Berücksichtigung finden können. 6. Diskussion 91 Hinsichtlich des gewählten psychotherapeutischen Settings muss kritisch angemerkt werden, dass das Gruppensetting trotz seiner vielen Vorzüge (Gefühl, mit seinen Problemen nicht allein zu sein; Möglichkeit des Austausches und Chance des wechselseitigen Lernens; Verbesserung der Selbstwahrnehmung durch Rückmeldungen; Kosten-Effektivität) nicht in ausreichendem Maße geeignet war, die Therapieziele und Interventionen an der individuellen Situation des Patienten zu orientieren, so wie es mittels einer psychotherapeutischen Einzeltherapie möglich gewesen wäre. Im Rahmen von zukünftigen Interventionsstudien erscheint es aufschlussreich, die Wirksamkeit einer kombinierten Gruppen- und Individualtherapie, ähnlich wie sie bereits erfolgreich zur Behandlung von Personen in frühen Phasen von Psychosen zum Einsatz kommt, zu überprüfen und ferner der Frage nachzugehen, welche Subgruppen innerhalb der Hochrisikoklientel für die Entwicklung einer Bipolaren Störung von welchem psychotherapeutischen Regime gut profitieren können. Zur Beurteilung der Behandlungsintegrität, also der Frage nach der manualgetreuen Durchführung der Gruppenintervention, wurden alle Sitzungen auf Video aufgezeichnet. Die Qualität der Studiendurchführung sollte durch intensive Schulungen der Studientherapeuten im Behandlungsmanual und durchgeführte Supervisionen im Therapieverlauf gewährleistet werden. Ferner wurde eine hohe interne Validität erwartet, da es sich bei den Therapeuten zumeist um erfahrene approbierte Psychotherapeuten handelte und die Interventionen ausführlich im Manual beschrieben waren. Nichtsdestotrotz erscheint eine formale Erfassung der Umsetzung der psychotherapeutischen Kompetenz sowie des Therapiemanuals zur Beurteilung der Aussagekraft hinsichtlich der Wirksamkeit der durchgeführten Intervention unabdingbar. Eine umfassende Analyse der beiden Gruppenbedingungen durch eine unabhängige formalisierte Auswertung der Videodateien ist geplant. Eine stichprobenartige Auswertung der ersten Videoaufzeichnungen lieferte erste Erkenntnisse bezüglich der Behandlungsintegrität der vorliegenden Studie (Toth, 2013). Im Rahmen dieser Arbeit erfolgte eine Analyse von 31 Videoaufzeichnungen von Gruppensitzungen aus den Studienzentren Dresden und Bochum anhand verschiedener Qualitätskriterien in Anlehnung an die Skala für kognitive Therapie bei Psychosen (Wittorf et al., 2007). Wenngleich die Ergebnisse zur Behandlungsintegrität allenfalls als vorläufig zu betrachten sind, zeigten die Auswertungen, dass in der Interventionsbedingung die allgemeinen Wirkfaktoren von Psychotherapie (Grawe et al., 1994), im Besonderen die Problemaktualisierung und Hilfe zur Problembewältigung, stärker angeregt wurden als in der Kontrollbedingung. Demgegenüber weisen die Befunde darauf hin, dass Ressourcen besser in der Kontrollbedingung aktiviert werden konnten. Darüber hinaus gaben die Auswertungen Hinweise auf ein manual-adhärentes Vorgehen und zeigten, dass die Ausführung der inhaltlichen Schwerpunkte in den beiden Versuchsbedingungen gelungen ist. 6. Diskussion 92 Trotz der dargestellten formalen und inhaltlichen Kritikpunkte an der psychotherapeutischen Gruppenintervention muss positiv hervorgehoben werden, dass bei den Studienteilnehmern signifikante Erfolge hinsichtlich der Funktionsfähigkeit und der Bewältigungsmöglichkeiten mit Stress und Belastungen festgestellt werden konnten. Darüber hinaus zeigten die Rückmeldungen der Teilnehmer, dass das Behandlungsprogramm sehr gut angenommen wurde und eine Gruppenkohäsion soweit gelungen war, dass einige Probanden motiviert waren, sich auch über die 14 Sitzungen hinaus in der Gruppe zu treffen und über ihre Erfahrungen auszutauschen. Vermutlich kann die Gruppenintervention für diese Hochrisikoklientel, die trotz der ausgeprägten Psychopathologie wenig Therapieerfahrung hat, als ein guter Einstieg in die psychotherapeutische Behandlung angesehen werden. Zur nachhaltigen Stimmungsstabilisierung und Aufrechterhaltung der erzielten Therapieerfolge erscheint indes eine längerfristige psychotherapeutische Behandlung mit Booster-Sitzungen essentiell. 6.2.5. Merkmale der Kontrollbedingung Die Kontrollbedingung wurde in der vorliegenden Studie durch unstrukturierte, nichtmanualisierte Gruppensitzungen realisiert, welche hinsichtlich der Anzahl und Dauer äquivalent zur Interventionsbedingung waren. Wenngleich auf den Einsatz spezifischer kognitiv-verhaltenstherapeutischer Techniken verzichtet wurde, handelte es sich bei der Kontrollbedingung nicht um eine Nicht-Behandlung, sondern diese stellte sicherlich eine Form von psychosozialer Intervention dar. Der Studientherapeut hatte in diesem Setting die Aufgabe, den offenen Austausch zwischen den Teilnehmern anzuregen und den Gesprächsverlauf zu moderieren, ohne aktiv zu intervenieren. Die Rückmeldungen der Studientherapeuten, welche in der Regel erfahrene approbierte Psychotherapeuten waren, aber auch die Auswertungen der ersten Videoaufzeichnungen (Toth, 2013) zeigten, dass in der Kontrollbedingung eine therapeutische Beziehung gestaltet wurde und die Studienteilnehmer Lob, Zuwendung und Anerkennung erhielten. Aufgrund der Qualifikation der Studientherapeuten wäre es sicherlich nicht umsetzbar gewesen, die therapeutische Grundhaltung abzulegen und überhaupt keine therapeutische Beziehung aufzubauen. Insofern konnten allgemeine psychotherapeutische Wirkfaktoren im Rahmen der Kontrollbedingung greifen, was wiederum die vergleichbaren positiven Effekte in den untersuchten Parametern in beiden Versuchsgruppen erklären kann. Die ersten Videoanalysen gaben sogar Hinweise darauf, dass in der Kontrollgruppe die Aktivierung und Stärkung von Ressourcen im besonderen Maße gelungen war. Offenbar konnte insbesondere durch das unstrukturierte Setting, welches keine konkreten Themenvorgaben umfasste, zum intensiven, gewinnbringenden Austausch Selbstwirksamkeitserleben der Gruppenteilnehmer gefördert werden. angeregt und das 6. Diskussion 6.3. 93 Fazit und Ausblick Trotz des dringenden Bedarfs an psychosozialer Unterstützung von Personen mit Hochrisikostatus für eine bipolare Entwicklung ist die Studienlage zur Effektivität von frühen psychotherapeutischen Maßnahmen bisher unzureichend, und präventive, risikoarme Interventionen haben bis dato keinen Eingang in die Versorgungspraxis gefunden (Leopold et al., 2013b). Aufgrund der bereits in möglichen frühen Stadien der Erkrankung bestehenden hohen subjektiven Belastungen für die Betroffenen und der schwerwiegenden gesundheitsökonomischen Konsequenzen einer fehlenden oder zu späten Behandlung ist es von hohem wissenschaftlichen Behandlungsprogramme zu und klinischem entwickeln, deren Interesse, Wirksamkeit psychotherapeutische zu untersuchen und evidenzbasierte Therapiestrategien in das Versorgungsangebot zu implementieren. Im Rahmen der vorliegenden Studie konnten erstmals wichtige Erkenntnisse auf dem Gebiet der Effektivität einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenintervention im Sinne einer indizierten Prävention bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung gewonnen werden. Während das primäre Ziel der eingesetzten spezifischen Intervention in Bezug auf die Verbesserung der psychosozialen Funktionsfähigkeit sowie den Aufbau von Bewältigungsstrategien zum Umgang mit Stress und Belastungen im Sechs-Monats-Verlauf erreicht werden konnte, fanden sich in der vorliegenden Studie ebenfalls Belege für die Wirksamkeit der unspezifischen Kontrollbedingung. Für die Weiterentwicklung von psychotherapeutischen Behandlungsprogrammen ist eine systematische Untersuchung der psychotherapeutischen Wirkvariablen, wie die Aktivierung und Förderung von Ressourcen im Hinblick auf die Hochrisikostatus, Symptomatik von und das zukunftsweisender Funktionsvermögen Bedeutung. Ein von Personen weiteres Ziel mit von Forschungsbemühungen sollte die Identifikation von Prädiktoren sein, die bereits zu Behandlungsbeginn die Passung und somit die Indikation für eine spezifische psychotherapeutische Intervention ermöglichen. Studien zur Beantwortung der Frage, von welchem Behandlungsansatz speziell die Subgruppe der jugendlichen Hochrisikopersonen gut profitieren kann, sollten hierbei besondere Beachtung finden. Es gibt erste Hinweise darauf, dass gerade klinisch auffällige Jugendliche, welche oftmals unter komplexen und fluktuierenden Störungen und Problemen leiden, auf transdiagnostische Therapieansätze mit entwicklungsbezogenem Fokus besonders gut anzusprechen scheinen (Weisz, 2015). Weisz und Kollegen entwickelten ein Behandlungsprogramm für Jugendliche mit Angst- und depressiven Problemen bzw. Verhaltensauffälligkeiten (Child STEPs), welches der Komplexität der Symptomatologie und gleichzeitig den bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen der jungen Hilfesuchenden Rechnung trägt. Empirisch gestützte Therapieprogramme sind in der Regel linear konzipiert, haben oftmals (nur) einen 6. Diskussion 94 Behandlungsschwerpunkt und sind durch eine fest vorgegebene Reihenfolge der Therapiesitzungen charakterisiert. In der klinischen Praxis haben sich einige empirisch gestützte psychotherapeutische Behandlungen jedoch nicht bewährt, was die Entwickler von Child STEPs darauf zurückführen, dass individuelle Behandlungs- und Kontextbedingungen nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden hatten (siehe Weisz, 2015). Child STEPs verwendet daher ein evidenzbasiertes, integratives und modulares Behandlungsprotokoll, das die Therapie durch ein regelmäßiges Feedback der Behandlungsfortschritte der Jugendlichen an den Kliniker begleitet. In ersten kontrollierten Studien konnten durch Child STEPs deutlich höhere Effekte in Bezug auf die Psychopathologie der Jugendlichen im Vergleich zu einer klinischen Standardbehandlung erbracht werden (Chorpita et al., 2013; Weisz, 2015). Aufgrund des Bestehens hoher Komorbiditäten (unipolare Depressionen, Angststörungen, substanzassoziierte Störungen) bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung sollten zukünftige, zeitig einsetzende Therapieansätze nicht nur auf die bestehende affektive Symptomatik, sondern auch auf andere bereits manifeste psychiatrische Erkrankungen abzielen (vgl. dazu Leopold et al., 2013b). Moderne psychotherapeutische Behandlungsprogramme für Personen mit Risikokonstellation für die Entwicklung einer Bipolaren Störung sollten jedoch nicht nur störungsspezifische Interventionen umfassen, sondern im Sinne einer modularen Konzeption (Bohus, 2013; Bohus, 2015) auch flexible Therapiebausteine enthalten, mit denen eine bessere Anpassung an die Bedürfnisse der Teilnehmer ermöglicht werden kann. Wie beispielsweise beim oben beschriebenen Child STEPs-Programm realisiert, enthalten modular organisierte Therapieansätze eine pragmatische Gliederung der derzeit etablierten therapeutischen Strategien und geben Entscheidungsalgorithmen vor, welche Interventionen zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen genutzt werden sollen (Bohus, 2013). Ob ein zeitlich begrenztes psychotherapeutisches Gruppensetting, wie es in der vorliegenden Studie zum Einsatz kam, sich tatsächlich eignet, um der recht komplexen Symptomatologie und den unterschiedlichen Therapieanliegen und Bedürfnissen der Klientel der Hochrisikopersonen gerecht zu werden, erscheint nach gegenwärtigem Kenntnisstand fraglich. Wie bereits in Kapitel 6.2.4. dargestellt, kann mittels einer Einzeltherapie zweifelsohne eine bessere Orientierung an der individuellen Situation der Betroffenen erreicht werden. Demgegenüber zeigte sich in der vorliegenden Studie, dass durch das Gruppensetting offenbar wichtige psychotherapeutische Prozesse wie der Aufbau von Selbstwirksamkeitserleben sowie die Aktivierung und Förderung von Ressourcen angeregt werden konnten. Auch vor dem Hintergrund von Kosten-Nutzen-Überlegungen sollte die Perspektive für zukünftige Forschung darin bestehen, die Wirksamkeit einer kombinierten psychotherapeutischen Einzel- und Gruppenintervention, wie sie bereits erfolgreich zur 6. Diskussion 95 Behandlung von Personen mit Risikostatus für Psychosen zum Einsatz kommt, zu untersuchen. Ferner erscheint eine bessere Einbeziehung von Angehörigen und besonders von Bezugspersonen der jungen Betroffenen im Sinne eines trialogischen Prinzips, wie es auch im Rahmen der Behandlungsleitlinien für Bipolare Störungen gefordert wird (DGBS und DGPPN, 2012), essentiell. Um psychotherapeutische Effekte langfristig erhalten zu können, sollten regelmäßige Auffrischungssitzungen über einen längeren Zeitraum angeboten werden, was in der vorliegenden Studie nicht realisiert werden konnte. Zur Überprüfung der Nachhaltigkeit von psychotherapeutischen Programmen im Hinblick auf die positive Beeinflussung der Symptomatik, des psychosozialen Funktionsvermögens sowie bezüglich der etwaigen Konversion in eine Bipolare Störung, sind Langzeituntersuchungen notwendig. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde bei drei der 74 untersuchten Probanden ein Übergang in eine manifeste Bipolare Störung festgestellt; Aussagen über den Einfluss der durchgeführten psychotherapeutischen Gruppenintervention auf die Konversionsraten der Teilnehmer können erst nach einer deutlich längeren Beobachtungszeit getroffen werden. Wenngleich bei psychotherapeutischen Interventionen im Vergleich zu anderen Behandlungsstrategien wie der Pharmakotherapie (vgl. Kapitel 2.3.2.) von einem geringeren Nebenwirkungsprofil auszugehen ist, kommt der langfristigen Verlaufsbeobachtung zur Analyse von potentiellen Folgen von präventiven psychotherapeutischen Behandlungsprogrammen bei noch nicht erkrankten Hochrisikopersonen zudem eine zentrale Bedeutung zu. In Kapitel 6.2.2. wurde bereits erörtert, dass die Nutzung des Potentials von digitalen Medien im Rahmen von psychotherapeutischen Programmen gerade für die junge Klientel der Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung eine vielversprechende Ergänzung zu traditionellen face-to-face-Interventionen darstellen kann. Internetbasierte Therapieprogramme bieten Personen, die aufgrund einer Hemmschwelle und Angst vor Stigmatisierung einen Therapeuten gar nicht erst kontaktieren, die Chance eines erleichterten Einstiegs in die psychologische Behandlung (Berger, 2013). Weitere Vorteile internetbasierter Angebote stellen die flexible Verfügbarkeit der psychotherapeutischen Interventionen sowie die Förderung der Selbstbestimmung der Teilnehmer dar. Die Betroffenen können selber entscheiden, wann und wie sie die verschiedenen therapeutischen Module nutzen und übernehmen somit mehr Eigenverantwortung für die Psychotherapie. Besonders störungsspezifische, auf die Klientel der Personen mit Hochrisikostatus für eine bipolare Entwicklung zugeschnittene psychoedukative Module, welche die Vermittlung von Wissen sowie konkrete Übungen und Hausaufgaben beinhalten, könnten auf digitaler Basis angeboten werden. Überdies könnte dem Problem der Wartezeit, bis Hochrisikopersonen eine Gruppenintervention erhalten können, mittels internetbasierter Ansätze adäquat begegnet werden. An internetbasierte Therapiemodule sollten sich 6. Diskussion 96 ressourcenintensivere face-to-face-Interventionen im Gruppen- und Einzelsetting anschließen. Das Internet könnte jedoch über den gesamten Therapieverlauf als Informations- und Kommunikationsmedium dienen, indem Plattformen zum Zweck des Austausches der Betroffenen eingerichtet werden und der Emailverkehr eine Variante des Kontakthaltens zwischen dem Betroffenen und dem Therapeuten darstellt. Da ausschließlich digitalbasierte Therapieprogramme in Bezug auf akute Krisen wie Suizidalität, wie sie bereits bei der Hochrisikoklientel für Bipolare Störungen recht häufig zu beobachten ist, nicht geeignet sind, sollten sie nur als Ergänzung zu face-to-face-Therapien eingesetzt werden. Dem therapeutischen Kontakt kommt Berger (2013) zufolge auch in internetbasierten Therapieansätzen eine zentrale Bedeutung zu, welcher den Therapieerfolg maßgeblich beeinflussen kann. Erste Untersuchungen auf dem Gebiet der Bipolaren Störungen zeigen, dass mittels internetbasierter Psychotherapieprogramme die affektive Symptomatik, die Rückfallraten in manische oder depressive Episoden und die Lebensqualität der Betroffenen günstig beeinflusst werden können (Todd et al., 2014). Die Untersuchung der Wirksamkeit von kombinierten internetbasierten und face-to-face-Therapieansätzen bei Bipolaren Störungen, aber auch bei Personen mit erhöhtem Risiko für eine bipolare Entwicklung, sollte in den Fokus weiterer Forschungsbemühungen gestellt werden. Zusammengefasst liefert die vorliegende Studie wegweisende Erkenntnisse hinsichtlich der Effektivität einer psychotherapeutischen Frühintervention bei Personen mit Hochrisikostatus für die Entwicklung einer Bipolaren Störung, wobei eine Weiterentwicklung und Evaluation von psychotherapeutischen Ansätzen dringend indiziert erscheint. Aussagekräftige Befunde, welche einen wichtigen Beitrag zur Etablierung von auf die individuellen Bedürfnisse der Hochrisikoklientel angepassten therapeutischen Angeboten leisten, können wahrscheinlich am besten im Rahmen von Verbundprojekten, wie dem jüngst in Deutschland initiierten BipoLife-Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung13, realisiert werden. Da hinsichtlich der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis erfahrungsgemäß eine deutliche zeitliche Verzögerung zu erwarten ist (Bohus, 2015), stellt schließlich die Implementierung von evidenzbasierten Diagnosesystemen und Therapieprogrammen für Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung in die Versorgungsrealität eine große Herausforderung dar, der eine stärkere Fokussierung auf den Bereich der Prävention psychiatrischer Erkrankungen und damit auch Bipolarer Störungen im Gesundheitssystem vorausgehen muss. 13 Siehe Datenbank zu klinischen Studien der U.S. National Institutes of Health: URL: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02456545?term=BipoLife&rank=2 (Aufruf am 11.02.2016). 7. Zusammenfassung 97 7. Zusammenfassung 7.1. Zusammenfassung Hintergrund Bipolare Störungen zählen zu den schwerwiegendsten psychiatrischen Erkrankungen, die sich bereits in der Adoleszenz und im frühen Erwachsenenalter manifestieren, jedoch aufgrund ihrer komplexen Symptomatologie oftmals erst mit deutlich zeitlicher Verzögerung korrekt diagnostiziert werden. Auf Patientenseite ist die Erkrankung mit schweren psychosozialen Beeinträchtigungen, Einbußen in der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und einem deutlich erhöhten Suizidrisiko verbunden; eine bipolar-spezifische Behandlung setzt zumeist zu spät ein. Forschungsbemühungen auf dem Gebiet der Früherkennung Bipolarer Störungen zeigen, dass Personen in möglichen Vorstufen der Erkrankung bereits unter subsyndromalen Symptomen und Funktionseinschränkungen leiden. Der Bedarf nach frühzeitiger und adäquater Behandlung in Risikostadien kann in der klinischen Versorgung bis dato nicht abgedeckt werden, da spezifische Versorgungsstrukturen für junge Menschen vor Manifestation einer schweren psychischen Störung sowie evidenzbasierte Therapieprogramme nicht existieren. Frühe präventive Maßnahmen können hilfesuchenden Personen mit Risikokonstellation für eine bipolare Entwicklung aber die Chance bieten, die bestehende Symptomatik zu reduzieren, die Funktionsfähigkeit zu verbessern und Bewältigungsstrategien aufzubauen. Weitere Ziele einer frühen Intervention stellen die Verzögerung oder Abschwächung von drohenden Krankheitsphasen beziehungsweise bestenfalls die Verhinderung der Konversion in eine manifeste Bipolare Störung dar. Die Studienlage zur Effektivität von adäquaten Behandlungsansätzen für Personen mit erhöhtem Risiko für eine bipolare Entwicklung ist ausgesprochen begrenzt. Für psychotherapeutische Verfahren gibt es erste Hinweise auf die Wirksamkeit familienbasierter Verfahren, wobei die Aussagekraft der Befunde aufgrund methodischer Limitationen eingeschränkt ist. Trotz indirekter Evidenz, welche sich aus dem Wirksamkeitsnachweis von kognitiver Verhaltenstherapie bei bipolaren Patienten mit wenigen Krankheitsphasen ableiten lässt, wurden kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze hinsichtlich der Effektivität bei jungen, noch nicht erkrankten Personen mit erhöhtem Bipolar-Risiko bislang nicht systematisch untersucht. 7. Zusammenfassung 98 Fragestellungen/Hypothesen Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die beschriebene Forschungslücke zu schließen, indem die Wirksamkeit einer spezifischen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenintervention bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung untersucht wurde. Aufgrund des bisherigen unzureichenden Kenntnisstands erfolgte zunächst eine Charakterisierung der untersuchten Hochrisikoklientel für die Entwicklung Bipolarer Störungen hinsichtlich des psychosozialen Funktionsniveaus, des Stresserlebens sowie Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten. Ausgehend von ersten praktischen Erfahrungen aus spezialisierten Früherkennungszentren wurde postuliert, dass die teilnehmenden Hochrisikopersonen bereits Einschränkungen im psychosozialen Funktionsvermögen zeigen und ein hohes Ausmaß an chronischem Stress erleben, während ihre Bewältigungsmöglichkeiten begrenzt erscheinen. In der vorliegenden Arbeit wurde die zentrale Frage untersucht, inwieweit mittels einer spezifischen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Intervention eine günstigere Beeinflussung des psychosozialen Funktionsvermögens, des Stresserlebens sowie von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Studienteilnehmer gelingen kann als bei einer unstrukturierten Kontrollbedingung. Wenngleich in der Interventionsbedingung eine stärkere Verbesserung in den untersuchten Outcome-Maßen erwartet wurde, sollte sich durch die Teilnahme an den unstrukturierten Sitzungen der Kontrollbedingung ebenfalls ein gewisser therapeutischer Nutzen ergeben, der sich in der Verbesserung der beschriebenen Parameter widerspiegeln sollte. Schließlich wurde die Hypothese geprüft, inwieweit sich die zu erwartenden positiven Effekte im psychosozialen Funktionsvermögen sowie in den stressassoziierten Parametern in beiden Versuchsgruppen auch als stabil über einen Verlauf von sechs Monaten erweisen. Methode Die vorliegende Arbeit war eingebettet in die multizentrische, DFG-geförderte, randomisierte und kontrollierte klinische EarlyCBT-Studie, in der die Wirksamkeit eines innovativen Gruppentherapieprogramms für Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung im Vergleich zu unstrukturierten Sitzungen untersucht wird. Das Vorliegen einer positiven Familienanamnese für affektive und/oder schizoaffektive Störungen, gepaart mit zunehmenden Einschränkungen in der psychosozialen Funktionsfähigkeit und subsyndromaler affektiver Symptomatik, stellten die wesentlichen Einschlusskriterien zur Studienteilnahme dar. Die Stichprobe umfasste 74 hilfesuchende Probanden im Alter zwischen 15 und 30 Jahren, welche zu drei Erhebungszeitpunkten (Baseline, am Ende der Intervention und sechs Monate nach Beginn der Intervention) untersucht wurden. 7. Zusammenfassung 99 Das eigens für die Studie konzipierte Behandlungsmanual enthielt neben Elementen der kognitiven Verhaltenstherapie auch Achtsamkeits- und Entspannungsübungen sowie Interventionen zum Stressmanagement. Primäre Outcomes der vorliegenden Arbeit waren das psychosoziale Funktionsvermögen, das Erleben von chronischem Stress sowie die Ressourcen und psychosozialen Selbstmanagementfähigkeiten Funktionsniveau der der Teilnehmer. Hochrisikopersonen Veränderungen wurden mittels im eines semistrukturierten Interviews erhoben, während die Effektivität der therapeutischen Intervention in Bezug auf stressassoziierte Parameter anhand von Selbstreportfragebögen erfasst wurde. Die Auswertungen basierten auf dem intention-to-treat (ITT)-Ansatz; fehlende Werte wurden anhand des Expectation-Maximization (EM)-Algorithmus geschätzt. Als statistische Verfahren für die Prüfung der dargestellten Hypothesen kamen Varianzanalysen (einfaktoriell, mit und ohne Messwiederholung) zum Einsatz. Zur systematischen Analyse von Dropouts erfolgte eine Deskription der Zeitpunkte und Gründe für die Ausfälle sowie eine Prüfung von Unterschieden zwischen Probanden der DropoutGruppe und den vollständig an der Studie teilgenommenen Probanden mittels 2-Tests und einfaktoriellen Varianzanalysen. Ergebnisse In der vorliegenden Studie konnte hypothesengemäß gezeigt werden, dass die untersuchten Hochrisikopersonen bereits deutliche psychosoziale Einschränkungen aufwiesen, chronischen Stress erlebten und nur über begrenzte Ressourcen und Strategien zum Umgang mit Stress und Belastungen verfügten. Am Ende der Intervention zeigten sich in der Gesamtstichprobe erwartungsgemäß signifikante Verbesserungen hinsichtlich des Stresserlebens sowie der Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten. Entgegen der Hypothese erbrachten die Auswertungen zum psychosozialen Funktionsvermögen in der Gesamtstichprobe numerische, aber keine signifikanten Effekte am Ende der Intervention. Zwischen der Interventions- und Kontrollbedingung konnten entgegen den Hypothesen am Ende der Intervention keine bedeutsamen Unterschiede in den geprüften Zielgrößen psychosoziales Funktionsvermögen, Stresserleben und Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten festgestellt werden. Sechs Monate nach Beginn der Gruppenteilnahme zeigten sich im Einklang mit den Hypothesen in beiden Versuchsgruppen signifikante Verbesserungen in den drei untersuchten Parametern. 7. Zusammenfassung 100 Schlussfolgerungen Die im Rahmen der vorliegenden Studie eingesetzte, spezifische kognitiv- verhaltenstherapeutische Gruppenintervention bietet Personen mit Hochrisikostatus für die Entwicklung einer Bipolaren Störung einen guten Einstieg in die psychotherapeutische Behandlung. Um der komplexen Symptomatologie, der häufigen Komorbidität sowie den individuellen Bedürfnissen der jungen, (noch) nicht bipolar erkrankten Hochrisikopersonen besser gerecht werden zu können, erscheint ein kombinierter, über einen längeren Zeitraum angelegter psychotherapeutischer Ansatz im Einzel- und Gruppensetting auch unter Einbeziehung der neuen Medien sinnvoll, dessen Entwicklung und Evidenzprüfung Ziel weiterer Forschungsbemühungen sein sollte. Eine zeitnahe Implementierung von präventiven, bedarfsgerechten Interventionsstrategien in die klinische Versorgung erscheint vor dem Hintergrund der bereits in Risikostadien Bipolarer Störungen existierenden erheblichen psychosozialen erstrebenswert. Belastungen, unter denen die Betroffenen leiden, 7. 7.2. Zusammenfassung 101 Summary Background Bipolar disorders are among the most serious mental disorders that occur in adolescence and early adulthood. Due to their complex symptomatology, they are often diagnosed with considerably delay. Bipolar disorders are associated with severe psychosocial impairments, loss in health-related quality of life and a significantly increased risk of suicide. Usually, patients receive a bipolar-specific treatment far too late. Research in the field of early detection of bipolar disorders has shown that people in the early stages of the disease already suffer from subsyndromal symptoms and functional impairments. To date, the need for an early and appropriate treatment for patients at risk for bipolar disorders cannot be covered in clinical care because a health care system for young people with at risk states of a serious mental disorder and evidence-based treatment programs do not exist. However, early preventive interventions can provide help seeking at risk individuals with the opportunity to reduce symptom burden and to improve psychosocial functioning and coping skills. Further objectives of early interventions are the delay or slowdown of illness phases or at best, the prevention of conversion into manifest bipolar disorder. The current evidence base regarding the efficacy of appropriate interventions for people at high-risk for bipolar disorders is extremely limited. Concerning psychotherapeutic interventions, there is some evidence indicating the efficacy of family-based approaches. However, the statistical power of these findings is limited so far. Despite indirect evidence for the efficacy of cognitive-behavioral therapy in young bipolar patients with few illness episodes in their history, cognitive-behavioral approaches for individuals at risk for bipolar disorders have not been systematically evaluated so far. Question/Hypothesis This study aims to close the described gap in knowledge by investigating the efficacy of a specific cognitive-behavioral group intervention in individuals at risk for the development of bipolar disorders. Based on the current insufficient scientific knowledge a characterization of the high-risk clientele in terms of psychosocial functioning, stress experience, resources and selfmanagement skills was carried out. Based on practical experiences of specialized early recognition centers it has been postulated that the participating high-risk individuals already show psychosocial impairments, experience a high degree of chronic stress and have limited coping skills. 7. Zusammenfassung 102 In the present work the primary objective was to investigate whether a specific cognitivebehavioral intervention has a favorable influence on the participantsꞌ psychosocial functioning, stress level and resources and self-management skills compared to unstructured group meetings. Even though a greater improvement in the analyzed outcome measures was expected in the intervention condition, it has been assumed that participation in the unstructured control condition would also show a therapeutic effect which should be reflected in the improvement of the parameters described. Finally, the stability of the postulated positive effects on psychosocial functioning and stress parameters in both groups over the course of six months was analyzed. Methods The present work was embedded in the multicentered, DFG-funded, randomized and controlled clinical trial EarlyCBT. The primary objective of this study was to investigate the efficacy of an innovative group therapy program for individuals at high-risk of developing bipolar disorders compared to unstructured sessions. The main inclusion criteria for study participation were a family history for affective and/or schizoaffective disorders, increasing psychosocial impairments and an affective symptomatology including mood swings. The sample included 74 help-seeking individuals between 15 and 30 years of age. Study visits have been conducted at baseline, at the end of the intervention and six months after starting the intervention. The innovative treatment manual included elements taken from cognitive behavioral therapy as well as mindfulness and relaxation exercises and stress management interventions. Primary outcomes of the present study were psychosocial functioning, experience of chronic stress as well as the resources and self-management skills of the participants. Changes in psychosocial functioning of high-risk individuals were examined by a semi-structured interview. Stress-associated parameters have been detected on the basis of self-report questionnaires. The evaluations were based on the intent-to-treat (ITT)-approach. Missing values were estimated using the expectation-maximization (EM)-algorithm. One-way-analyses of variance (ANOVAS, with or without repeated measures) were used to test the hypotheses. A systematic dropout analysis was conducted using descriptive statistics as well as 2 tests and ANOVAS for examining differences between subjects in the dropout group and those individuals who have been participated fully at the study. 7. Zusammenfassung 103 Results The results of the present study showed that in line with the hypothesis high-risk individuals already had substantial psychosocial impairments, heightened chronic stress and had limited resources and coping skills for dealing with stress. As expected, significant improvements in the total sample concerning stress experience, resources and self-management skills were found at the end of the intervention. Contrary to the hypothesis, numerical, but no significant effects were found in psychosocial functioning of the total sample at the end of the intervention. In contrast to the assumptions, there were no significant differences between the tested group conditions concerning the examined parameters psychosocial functioning, stress experience, resources and self-management skills at the end of the intervention. Six months follow up data demonstrated the expected significant improvements in all investigated parameters in the total sample. Conclusions The specific cognitive-behavioral group intervention investigated in the present study is a reasonable treatment option for people at risk for bipolar disorders. In order to take account the complex symptomatology, the high comorbidity and the individual needs of the young help-seeking individuals, the investigation of a long-term psychotherapeutic approach in individual and group setting, involving new media, seems reasonable. The development and examination of evidence of such an appropriate intervention should be objective for further research efforts. Because of the high functional impairments identified in individuals at risk for bipolar disorders, a timely implementation of preventive, needs-based intervention strategies into clinical care seems desirable. 8. 8. Literaturverzeichnis 104 Literaturverzeichnis Addington J, Epstein I, Liu L, French P, Boydell KM, Zipursky RB. 2011. A randomized controlled trial of cognitive behavioral therapy for individuals at clinical high risk of psychosis. Schizophr Res 125:54-61. Akiskal HS. 1996. The prevalent clinical spectrum of bipolar disorders: beyond DSM-IV. J Clin Psychopharmacol 16:4S-14S. 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