QB 3 – Gesundheitsökonomie Screeningmaßnahmen mit klinischen

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QB 3 – Gesundheitsökonomie
Screeningmaßnahmen
mit klinischen Beispielen
Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Katja Bartz
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,
Greifswald
Screening
- „Reihenuntersuchung“ oder Vorsorgeuntersuchung
- systematische Testverfahren
- Früherkennung, bevor Erkrankung klinisch manifest
- Vorliegen auffälliger Werte führt zu nachfolgenden
diagnostischen Untersuchungen
Screening - Ziele
- Lebenserwartung bei lebensbedrohenden
Krankheiten erhöhen
- Lebensqualität verbessern
- symptomlos Erkrankte erkennen und einer
Behandlung bzw. Änderung des Lebensstils zuführen
Screening - Voraussetzungen
- Krankheit für Volksgesundheit von Bedeutung
- Krankheit gut bzw. bei früherer Erkennung besser
behandelbar (frühzeitige Interventionsmöglichkeit)
- Testverfahren – hohe Sensitivität und Spezifität
- gut reproduzierbar
- gute Dokumentationsmöglichkeit
- zeit- und kostengünstig (günstige ökonomische
Kosten-Nutzen-Relation)
- geringe Belastung für Teilnehmer
- gute Annahme durch die Patienten (hohe
Teilnahmerate)
Screening - Vorteile
- Erkrankung in gut behandelbarem Frühstadium
entdeckt
- Behandlung im Frühstadium beeinträchtigt die
Lebensqualität in geringerem Ausmaß
- Behandlung im Frühstadium mit geringeren Kosten
- Heilung häufiger möglich
Screening - Nachteile
- Vorverlegung der Diagnose,
ohne Lebenserwartung zu erhöhen
Aufklärung:
Entscheidung über Teilnahme
durch Patienten selbst
Screening – Geburtshilfe
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Ersttrimester-Screening
Softmarker-Screening
Ultraschall-Screening
(Mutterschaftsrichtlinien)
Infektions-Screening in der
Schwangerschaft
Toxoplasmose-Screening
Blutzucker-Screening auf GDM
Geburtshilfliche Versorgung
- höheres Alter der Schwangeren
- steigendes Risikobewußtsein
- frühzeitiges Screening zur Einschätzung des
geburtshilflichen Risikos
- Gesundheit des noch Ungeborenen
- Chance zur Früherkennung von
Entwicklungsstörungen des Feten
Ersttrimester-Screening
- 11+0 – 13+6 SSW
- Anamnese, Erhebung von Risikofaktoren,
sonographische Kriterien, ggf. Messung der
Nackentransparenz, Serumscreening,
Infektionsabstriche
- Aussage zum Vorliegen von Fehlbildungen
- kein Bestandteil der Mutterschaftsrichtlinien
Ersttrimester-Screening
- Ultraschalluntersuchung
- Vorhandensein/ Fehlen körperlicher Anomalien
- Vorhandensein/ Fehlen des Nasenbeinknochens
- mütterliches Alter
- Beratung
- Nackenfaltenmessung
Nackentransparenz – NT-Messung
- Abschätzung des individuellen Risikos für
Trisomie 21
- Aussage für Vorliegen von Fehlbildungen: z.B.
fetalen Herzfehlern, Fehlbildungen der Niere,
des Skelettsystems
- Breite der Nackentransparenz ( in 1/10 mm)
- Scheitel-Steißbein-Länge
- Bestimmung mütterlicher Serumparameter
- mütterliches Alter
Nackentransparenz – NT-Messung
Auswertungsprogramm n. Nicolaides:
NT-Messung + Serum + Nasenbein
bis zu 97 %
NT-Messung + Serum
ca. 90 %
NT-Messung (ohne Serum)
ca. 75 %
Die Erst-Trimester-Diagnostik bietet eine Risikoabschätzung ohne sicheren
Ausschluss einer Chromosomenstörung. Diese kann nur durch eine invasive
Untersuchung (Amniocentese/Chorionzottenbiopsie) erfolgen.
Nackentransparenz – NT-Messung
Bei einer Messung der Nackentransparenz mit Werten im Normbereich reduziert
sich das individuelle Risiko im Vergleich zu dem Altersrisiko. Liegt das kombinierte
Endergebnis über 1:1000, gilt das als unauffälliger Befund, entsprechend der
Risikosituation einer 20jährigen Schwangeren. Dies trifft für ca. 82% aller
Untersuchungen zu.
In 2% der durchgeführten Untersuchungen liegt der Wert der ermittelten
Risikoberechnung unterhalb des Schwellenwertes von 1:100. In diesen Fällen
wird zu einer Abklärung der Chromosomen mittels invasiver Techniken geraten,
da sich in dieser Risikogruppe 80% der Kinder mit einer Trisomie 21 finden.
Den Bereich der mittleren Risikos stellen die Ergebnisse zwischen 1:101 und
1:999 dar. Sie werden in ca. 16% der Untersuchungen erhoben. Hier erfolgt eine
entsprechende Beratung über das weiter Vorgehen. Zur Differenzierung können
noch weiter US-Marker herangezogen werden (Nasenbeinmessung, Ductus
venosus-Messung, Beurteilung der Trikuspidalregurgitation).
Softmarker-Screening
individuelle Risikopräzisierung
z.B.
- Fetales Profil (Nasenbein, Mikrognathie)
- Nackenödem
- Ventrikelerweiterung
- „White spot“
- singuläre Nabelschnurarterie
- Oligo-, Polyhydramnion
- Sandalenlücke
- Double-bubble
Softmarker-Screening
Ultraschall-Screening (Mutterschaftsrichtlinien)
- Reihenuntersuchung gesunder Schwangerer ohne
erkennbare Risiken
- obligatorische, orientierende Sonographie
~ 10., 20. und 30. SSW
- Überwachung normal verlaufender SS
- augenfällige schwerwiegende Fehlbildungen
(Anenzephalus, Amelie von Gliedmaßen,
Omphalozele)
Ultraschall-Screening (Mutterschaftsrichtlinien)
-> gezielte Ultraschalldiagnostik (Feinsonographie)
-> Vermeidung entbehrlicher Kosten
Ultraschall-Screening (Mutterschaftsrichtlinien)
- Qualitätssicherung?
- Realität – „Kind als Schaden“
(Ersatz der vollen Unterhaltskosten, bei
übersehender Fehlbildung) [BGH 1982]
Ultraschall-Screening (Mutterschaftsrichtlinien)
►Sind Inhalte der Screening-Ultraschalluntersuchungen vor dem Hintergrund der technischen
Entwicklung und Rechtssprechung noch
angemessen?
►Können Risikogruppen definiert werden, die einer
gezielten weiterführenden Untersuchung zugeführt
werden sollten?
►Welche Anforderungen sind an die Aufklärung der
Schwangeren im Zusammenhang mit Ultraschalluntersuchungen zu stellen?
Infektions-Screening in der Schwangerschaft
• Infektion
-> vorzeitige Wehen, Blasensprung
-> Frühgeburt
• Frühgeburt -> kindliche Behinderung
-> kindliche Entwicklungsstörung
-> kindlicher Tod
Ziel:
- Zahl der Frühgeburten reduzieren
- Kosten für das Gesundheitssystem senken
Infektions-Screening in der Schwangerschaft
KISS – konsequentes Infektionsscreening in der
Schwangerschaft [Kiss H. et al. 2001/02]
prospektiv randomisierte Studie (Wien):
- Vaginalabstrich auf asymptomatische Infektion
Infektions-Screening in der Schwangerschaft
1. Studiengruppe: nachgewiesene Infektion mit
standardisierte Therapie mit Kontrollen
2. Kontrollgruppe: interne Dokumentation, keine
Therapie
- SSW und Gewicht zur Geburt
- durchschnittliche direkte Kosten auf NeoIntensiv (gesundheitsökonomische Berechnung)
Infektions-Screening in der Schwangerschaft
KISS-Ergebnisse:
KISS
- Frühgeburtenrate signifikant geringer
Frühgeburt
Studiengruppe
Kontrollgruppe
Signifikanz
Gewicht < 2500 g 34
70
p=0,00046
Gewicht < 1900 g 11
26
p=0,015
- Anzahl der Spätaborte geringer
- 20 % aller Schwangeren nachweisbare Infektion
-> massive Kosteneinsparung
Toxoplasmose-Screening
- Toxoplasmose-Erstinfektion: 0,1 % (1:1000)
- bis zu 50 % transplazentare Infektion
-> schwerwiegende Organschädigung
-> Therapie mit Antibiotika (Spiramycin bis 16.
SSW; dann Sulfadiazin)
Die infizierten Kinder können epileptische Anfälle, kognitive Einschränkungen,
Schäden an der Leber, Lunge, Gehirn, Augen, Herzmuskel und Hirnhaut aufweisen.
Ein Viertel der vor der Geburt infizierten Kinder durch Toxoplasma gondii haben
geistige Behinderungen, Spastiken, Epilepsie, Hydrocephalus und Verkalkungen
der Hirngefäße. Die typische Trias, bestehend aus Wasserkopf, intrazerebraler
Verkalkung und Chorioretinitis, wird jedoch nur bei 2 % der Betroffenen ausgeprägt.
Toxoplasmose-Screening
durchgemachte Infektion/ keine Gefährdung in SS:
- vor SS: IgG-AK pos.
- in Früh-SS: IgG-AK pos. und IgM-AK neg.
weiter Abklärung:
- pos. IgM in SS
Information/ Aufklärung
(Katzenkontakt meiden, Handschuhe
bei Gartenarbeit, kein Verzehr von rohem Fleisch):
- IgG-AK und IgM-AK negativ
Toxoplasmose-Screening
IGel-Leistung (Individuelle Gesundheits-Leistung):
15 - 22 €
Blutzucker-Screening auf GDM
- Kurz- und Langzeitschäden für Mutter und
Embyos (antenatale Mortalität 0,3 %)
- Prävalenz 0,5 – 1 % (internat. 5 %)
Belastungstest: 75 g oGTT
NBZ
WHO
DDG
7,0 mmol/l
5,0 / 5,3 mmol/l 5,0 mmol/l
1h Wert
2h Wert
11,1 mmol/l
kV
Weiss (Graz)
VP
10,0 mmol/l
8,9 mmol/l
8,6 mmol/l
7,8 mmol/l
Gemeinsamer Bundesausschuß
der Krankenkassen 2003:
kein allgemeines Screening auf GDM
aufgrund der international
uneinheitlichen diagnostischen Kriterien
für den oGTT und fehlender Daten, dass
unbehandelter SS- Diabetes Mutter und
Kind schädigen
Pedersen Hypothese 1952:
mütterliche Hyperglykämie
führt zu
fetaler Hyperglykämie
mit resultierendem fetalen
Hyperinsulinismus
358(19), 8 Mai 2008, p 1991-2002
Hyperglycemia and Adverse Pregnancy Outcomes
HAPO Studie
> Beobachtung: 7/00-4/06
> n=23.316 Mutter-Kind-Paare
HAPO Studie
Kernfrage:
Welcher Grad der Hyperglykämie in der SS
unterhalb der Kriterien eines manifesten
Diabetes mellitus ist assoziiert mit
ungünstigen mütterlichen, fetalen und
neonatalen Ergebnissen?
Einteilung der Glucosekategorien in 1-7
NBZ
1h Wert
2h Wert
Kategorie 1
unter 4,2 mmol/l
unter 5,8 mmol/l
unter 5,0 mmol/l
Kategorie 2
4,2 bis 4,4 mmol/l
5,9 bis 7,3 mmol/l
5,1 bis 6,0 mmol/l
Kategorie 3
4,5 bis 4,7 mmol/l
7,4 bis 8,6 mmol/l
6,1 bis 6,9 mmol/l
Kategorie 4
4,8 bis 4,9 mmol/l
8,7 bis 9,5 mmol/l
7,0 bis 7,7 mmol/l
Kategorie 5
5,0 bis 5,2 mmol/l
9,6 bis 10,7 mmol/l
7,8 bis 8,7 mmol/l
Kategorie 6
5,3 bis 5,5 mmol/l
10,8 bis 11,7 mmol/l
8,8 bis 9,8 mmol/l
Kategorie 7
mehr als 5,6 mmol/l
mehr als 11,8 mmol/l
Mehr als 9,9 mmol/l
Ergebnisse
steigend
gleichbleibend
steigend
steigend
C-Peptid – Parameter für fetalen Hyperinsulinismus
Nutzen der Studie
Umdenken, dass BZ Werte in der SS unterhalb
der Grenzbereiche des GDM schon Einfluß auf
mütterliches und fetales outcome haben
Screening auf GDM Aufnahme in
Mutterschaftsvorsorge
Screening – Frauenheilkunde
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Krebsfrüherkennung
PAP/ HPV-Screening
Knochendichte-Screening
Mammographie-Screening
Screening in der Gynäkologie
- gynäkologische Praxis: Vorsorge und Beratung
- Wunsch nach Erhaltung der Gesundheit durch
präventive Maßnahmen
- Krebsvorsorgeuntersuchung – Erkrankung
vermeidbar (Gynäkologen die ersten!)
- Überlebensraten gynäkologischer Erkrankungen
durch verbesserte Früherkennung gesteigert
- Rückgang der Brustkrebssterblichkeit (um 18 %)
Gesetzliches Krebs-Früherkennungsprogramm
Untersuchungen:
- ab 20. Lebensjahr: inneres und äußeres Genitale
- ab 30. Lebensjahr: Mamma und Haut
- ab 50. Lebensjahr: Rektum und Kolon
Ein allgemeines Screening aller Bevölkerungsgruppen erscheint, insbesondere
unter den finanziellen Aspekten, nicht durchführbar und auch nicht sinnvoll.
[Beckmann M. et al., Frauenarzt, 870-878, 46 (2005)]
Gesetzliches Krebs-Früherkennungsprogramm
Ziele:
- Senkung der Inzidenz
- Senkung der Morbidität
- Senkung der Mortalität
- Verbesserung der Lebensqualität
- Senkung der Kosten
Beteiligungsrate
1995
2005
Alte Bundesländer
33 %
56 %
Neue Bundesländer
18 %
54 %
Gesetzliches Krebs-Früherkennungsprogramm
Gründe für eine Teilnahme (n=2019):
-
eigene Initiative (84,7 %)
Aufforderung Frauenarzt/ -ärztin (71,1 %)
Krebsfall in der Familie (53,5 %)
Aufforderung durch einen Arzt (33,6 %)
Information der Krankenkasse (24,3 %)
Information durch Zeitschrift/ Zeitung (18,2 %)
Aufforderung durch Familie/ Freunde (18,2 %)
Information durch Vorträge (17,4 %)
Information durch Radio/ TV (15.,9 %)
Gesetzliches Krebs-Früherkennungsprogramm
Gründe gegen eine Teilnahme (n=386):
-
Bequemlichkeit (44,6 %)
Vergesslichkeit (32,1 %)
keine Zeit (21,5 %)
sonstige Gründe (19,6 %)
Angst, Krebs zu haben (16,3 %)
Angst vor der Untersuchung (15,2 %)
PAP-Abstrich
- sekundäre Prävention durch Erkennen von
Vorstufen eines Karzinoms
- einmal jährlich
- zytologische Abstichentnahme von
Portiooberfläche und Zervikalkanal
- möglichst unter kolposkopischer Kontrolle
PAP-Abstrich
HPV-Screening
- Infektion mit Beginn der Sexualität
- innerhalb eines Jahres bei 80 % der Infizierten
nicht mehr nachweisen
- fehlender HPV-Nachweis!
ScreeningVerfahren
Sensitivität
Negativer
Vorhersagewert
HPV-Test
89,4 %
99,6 %
Zytologie
20 %
97,5 %
Kolposkopie
13,3 %
97,3 %
HPV-Screening
Screening-Verfahren
Kosten
HPV-Test
35,40 €
Krebsvorsorge
Zytologie, Kolposkopie, Untersuchung
22,85 €
- Kombination aus Zytologie und HPV-Nachweis –
kosteneffektiv?
Knochendichte-Screening
- Zunahme des Frauenanteils im höheren
Lebensalter
- weitere Zunahme an osteoporotischen Frakturen
zu erwarten
-> Screening?
- Prävention von Osteoporosefrakturen mit hohem
Morbiditäts- und Mortalitätsraten (12-20 %)
und schwerwiegenden Komplikationen
Knochendichte-Screening
Leitlinien für die Prävention und Behandlung der
Osteoporose – Knochendichtemessung (alle 2 Jahre):
- alle postmenopausalen Frauen ab 65 Jahre
- Frauen unter 65 Jahre bei zusätzlichen
Risikofaktoren
(Frakturanamnese, Demenz, schlechte Gesundheit,
Zigarettenkonsum, Gewicht < 60 kg, Östrogenmangel, frühe Menopause,
Alkoholmißbrauch, geringe Kalziumaufnahme)
- postmenopausale Frauen mit Frakturen (Ursache?)
Knochendichte-Screening
- gegenwärtig in Deutschland keine Umsetzung
- keine Erstattungsfähigkeit
Die Forschung ist dringend aufgerufen, die Zuverlässigkeit der Risiko-Vorhersage
und damit die Prävention durch Validierung der Knochendichtemessung und
Schaffung eines brauchbaren Risiko-Scores zu verbessern.
[Lauritzen C. et al., Frauenarzt, 1067-1071, 43 (2002)]
Mammographie-Screening
- frühzeitige Erkennung
- Verlängerung der Lebenserwartung
absolute Risikoreduktion:
Verringerung von 4 auf 3 Todesfälle unter 1000
Frauen während 10 Screeningjahren
Mammographie-Screening
Mammographie-Screening
- in Deutschland seit 2005
- zwischen 50 und 69 Lebensjahr (10 Mio Frauen)
- alle 2 Jahre
- 54 % Teilnahmerate
- 30,8 % kleine Tumoren (< 10 mm)
- 76,7 % ohne Lymphknotenbefall
- 5,3 % Wiedereinbestellrate
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