Beobachtungen an der Herpetofauna der Seychellen Rene E. Honegger Zoologischer Garten Zürich, Schweiz 11 Abbildungen Eingegangen a m 31. Januar 1966 Inhalt: I Einlei tung - II Beobachtungsgebiet - III Vege tation: Granitinseln, Koralleninseln - IV Übersich t über die G esamtfauna - V Übersicht über die Herpetofauna - VI Gymnophiona - VII Salientia: Soogloss us, Nesomantis, ivlegalixalus seychellensis, Rana mascareniens is - VIII Testudines : Pelus ios subniger - IX Crocodylia: Crocodylus n ilo ticus - X Sauria : Gehyra mutilata, Aeluronyx seychellensis, Phelsuma spec., Hemidactylus mercatorius, Chamaeleo tigris, Mabuya sechellensis, M. wrightii, Seelotes braueri, S. vesey-fitzgeraldi, Ablepharus boutonii - XI Serpentes: Typhlops braminus, Boaedon geometricus, Lycognatop his seychellensis - XII Zusammenfassung Xlll Schriften. I. Einleitung Die n achfolgenden Beobachtungen an Reptilien und Amphibien des Seychellen-Archipels entstanden anläßlich eines dreimonatigen Studienaufenthaltes (Dezember 1963 bis April 1964 *). Sie sind als eine Ergänzung zu den bisherigen, z. T. ökologischen Veröffentlichungen gedacht. Über die Riesenschildkröten (Testudo gigantea) und die Suppenschildkröten (Chelonia mydas) aus diesem Gebiet wird an anderer Stelle berichtet (HONEGGER, im Druck) . Bei der Fauna der Seychellen handelt es sich vorwiegend um endemische Formen, von denen viele in ihrem Fortbestand stark gefährdet sind. Aus diesem Grunde wurde darauf verzichtet, eine größere Anzahl von Tieren zu Studienzwecken mitzubringen, so daß hier keine vergleichenden Werte zu erwarten sind. II. Beobachtungsgebiet Die Seychellen-Inseln, seit 1903 eine britische Kronkolonie, wurden um 1505 durch portugiesische Seefahrer endeckt. Später war die französische Krone Besitzer des Archipels. D ieser umfaßt 98 Inseln und Inselchen, die sich über eine fläche von rund 1 Million km2 im i ndischen O zean erstrecken. 46 Inseln sind ständig bewohnt. Die Verbindung zwischen diesen Inseln wird in sehr unregelmäßigen Abständen durch Schoner von der Hauptinsel Mahe aus aufrechterhalten. 24 Inseln haben geologisch ein sehr hohes Alter: es handelt sich um Granitformationen. Der restliche Teil, die Korallen-Inseln, sind jüngeren Datums. Die Bevölkerung setzt sich aus Schwarzen, Indern, Chinesen und Weißen zusammen. Sie umfaßt rund 42 ooo Menschen. Das Inselgebiet liegt zwischen 4 und 11 südlicher Breite in der Passatwindzone. Vom Mai bis November herrscht der SE-Monsun, während des NW-Monsuns v om November bis Mai sind anhaltende Regenfälle zu verzeichnen. Um diese Zeit ist die relative Luftfeuchtigkeit sehr hoch. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt zwischen 2 5° und 30° Celsius. ° ° * Dem Vorstand und der Direktion des Zoologischen Gartens Zürich (Prof. Dr. H. HEDIGER) danke ich für die Gewährung des Studienurlaubs, der Schweizerischen Goethe-Stiftung (Prof. Dr. H. ZBINDEN), dem World Wildlife Fund (Dr. F. VOLLMAR) und der Zoologischen Gesellschaft London (Dr. V. VEVERS) für die Finanzierung meines Arbeitsprogrammes. Herrn Prof. Dr. R. MERTENS danke ich für sein reges Interesse, das er mei nen Beobachtungen entgegenbrachte. M einem Reisebegleiter W . NOTH danke ich für Unters tützung im Gelä nde. Auf den Seychellen waren mir Mr. GUY LIONNET, Director des Botanischen Gartens zu Ma he, Mr. HARRY und GEORGE SAVY, sowie Cap t. SA VY und viele andere Personen behilflich, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. 21 III. Vegetation Granitinseln: Vor den ersten französischen Siedlern, die die Granitinseln besiedelten, waren die Seychellen kaum bewohnt. Sie wiesen damals einen tropischen Urwald auf, dessen Pflanzenreichtum die Botaniker auch heute noch sehr beeindruckt. Mit dem Einsetzen der intensiven Besiedlung wurde der Urwald stark dezimiert. Vor allem verschlang die Aufbereitung von Copra und Zimt durch den großen Bedarf an Brennmaterialien bis in neueste Zeit unersetzliche Urwaldbestände. Primäre Urwaldgebiete finden wir heute nur noch in Lagen höher als 550 m über dem Meer: diese Oasen sind weitgehend mit den Forstreservaten der Regierung identisch. Auf der Granitinsel Praslin, nördlich von Mahe, findet sich noch ein kleiner Bestand der endemischen Sey- chellen-Palme (Lodoicea maldavica; jetzt callipyge), der größten rezenten Palmenart. Die Küstenzone der Granitinseln ist charakterisiert durch große Bestände von Kokospalmen. Dazwischen findet man ausgedehnte Vanilla-Kulturen. Zwischen 170 und 300 m sind Zimtpflanzungen häufig. Zimt (Cinnamomum spec.) wurde 1772 auf den Seychellen eingeführt. Koralleninseln: Auf diesen sehr zerstreut liegenden Inseln finden wir heute überall die Kokospalme, die zum größten Teil unter Kultur gehalten wird. Auf Aldabra sind uns vor allem die Schraubenpalmen (Pandanus spec.) und die Casuarinen (Casuarina spec.) aufgefallen. Die sandigen Küstenzonen sind stellenweise dicht von der Winde lpomo ea bedeckt. Auch Mangroven fehlen nicht. Auf Aldabra 52• 55• • 8/~D 1 - + - - - - - - - ; - - - - - - t - - -- - - - - - t - - - --,.S,.,.,,,.,,E,=LTT,E=<N.---1 4• PRASL/N-!,;· SILHOUETTE• '.31 • FREGATE ,'AFRI N MAHE Afvf/RA NTEN oz C HE I N D I . AN •. ALPI-IONSE S.FRANr;OtS a·1-- - - - - - - - , f - - - - -- - - - + -- -- - - - + -- --------1 l) ~ ALDABRA \,' <§)eo p ASSUMPTION 8FARQU AR A TOVE 0 PROVID NCE MO LEDO 100 20 Km Km Abb. 1 Übersichtskar te des Beobachtungsgebietes, Maßstab in km, Höhen von Mahe in Metern. Map of the Seychelles Islands, Scale in Kilometers, Altitudes of Mahe in Meters . 22 Abb. 2 Naturschutzgebiet „Valle de Mai" auf Praslin. In den einzigartigen Beständen de r Seychellen-Nuß (Lodoicea m aldiv ica) leben u. a. Chamaeleo tigris und Lycognatophis sey ch ellensis . The Government Fores t Reserve „Valle de Mai" on Praslin consists mainly of huge Seychelle Palms (Lodic ea maldiv ica). In this habitat Chamaeleo tigris and Lycognatop his seych ellensis were found. z. B. sind sie im Innern der Lagune sehr dicht und bilden zusammen mit dem PemphisStrauch (Säuerling, Pemphis acidula, eine Lythracee) ein beinahe undurchdringliches Dikkicht. IV. Übersicht über die Gesamtfauna Die höhere Wirbeltierfauna des Archipels ist artenarm. So fehlen z. B. Affen und Halbaffen, Raubtiere und Robben. Auch nach endemischen Huftieren halten wir vergebens Ausschau. Neben Flughunden (Pteropus spec.) und Fledermäusen (Coleura spec.) findet man keine anderen endemischen Säugetiere. Die Seekuh oder Dugong (Dugong dugong) wurde bis 1810 im Archipel beobachtet, spätere Beobachtungen fehlen jedoch. Durch den Menschen sind Wanderratten (Rattus norvegicus) und Hausmäuse (Mus musculus) bereits früh eingeschlepp't worden. Um 1850 wurden aus Madagaskar, über Mauritius, Große Tanrekr (Tenrec ecaudatus) eingeführt. Der auf MahE und Fregate eingeführte Sambar-Hirch (Rusa unicolor) ist bereits wieder ausgestorben. Heute zeugen nur noch einige kapitale Geweihe von der Existenz dieses asiatischen Hirsches. Auf einer Insel im Cosmoledo Atoll (South-East Island) wurden in den dreißiger Jahren Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) ausgesetzt, die sich bis zum heutigen Tage gehalten haben. 13 einheimische Vogelarten, z. T. in sehr kleinen Populationen, leben auf den Granitinseln. Der schwarze Vasa-Papagei (Coracopsis nigra barklyi), der Seychellen-Brillenvogel (Zosterops modestus) und die Seychellen- Abb. 3 Chamaeleo t igris von La Misere/Mahe. Endemie Chamaeleo tigris from La Misere on Mahe. Drossel (Copsychus seychellarum) sind heute sehr selten. Eine Sittich-Art (Psittacula wardi) ist bereits ausgestorben. Verschiedene Vogelarten sind im Laufe der Zeit durch den Menschen nach den Granitinseln gebracht worden, z. B. der Kuhreiher (Bubulcus ibis), der Hirtenstar oder Trauermaina (Acridotheres tristis), aus Indien, die Schleiereule (Tyto alba) aus Sansibar und Ostafrika, der MadagaskarWeber (Foudi a madagascariensis) und der Haussperling (P asser domesticus) . Die Avifauna der Koralleninseln zeichnet sich vor allem durch Seeschwalben (z. B. Gygis alba, St erna fuscata), Tölpel (Sula sula, S. dactylatra) und Fregattvögel (F regatta ariel, F. minor) aus. Zwei bemerkenswerte Vogelarten, den Abbott-lbis (Threskiornis aethiopica) und eine flugunfähige Ralle (Dryolimnas aldabranus) findet man nur auf Aldabra, wo beide Arten recht selten sind. V. Herpetofauna Im Gegensatz zur Säuger- oder Vogelfauna ist die Herpetofauna des Archipels recht vielfältig. Zwei der größten Reptilienarten, das Nilkrokodil (Crocodylus niloticus) und die Elefantenschildkröte (Testudo gigantea), lebten einst auf den Granitinseln, wo sie jedoch beide ausgestorben sind. Riesenschildkröten leben heute in freier Wilbahn nur noch auf Aldabra, einem Atoll, 600 km westlich von Mahe. Erste systematische Angaben finden wir in WALLACE' s Island Life (1892) . Später folgen die Arbeiten von STEJNEGER (1893), ABBOTT (1894) und BOULENGER (1909, 1911) . Diese Listen wurden z. T . von PARKER (1936) revidiert. RENDAHL (1939), der die von SUNDBERG gesammelten Tiere bearbeitete, gibt zusätzlich zu den systematischen Daten noch einige Angaben über TerrarienBeobachtungen. In der Arbeit von VESEYFITZGERALD (1947) werden wir vor allem auf Probleme ökologischer Natur aufmerksam gemacht. VI. Gymnophiona Die Blindwühlen oder Gymnophionen, an denen die Granit-Inseln reich sind, führen eine derart versteckte Lebensweise, daß sie vom nicht speziell interessierten Besucher kaum oder überhaupt nicht beachtet werden. Von den Inseln Mahe, Praslin, Fregate und Silhouette kennt man die Gattungen Hypo geophis und Praslinia. Von Praslinia allein sind bisher fünf verschiedene Arten beschrieben worden. Die Suche nach den „ vers-de-terre", wie sie von den Seychellois genannt werden, ist trotz ihrer relativen Häufigkeit nicht einfach. All- gemein werden bezüglich der Fundorte die Gymnophionen als im „feuchten Boden vorkommend" bezeichnet ; eine Feststellung, die ich von den verschiedenen Seychellen-Inseln nur bedingt bestätigen kann. Nach meinen Beobachtungen zeigen die Blindwühlen eine Bevorzugung von kiesigem und körnigem Bodengrund, der leicht feucht, ja sogar triefend naß sein kann. So fanden wir auch alle Tiere in Tiefen von 20 bis 30 cm unter der Vegetationsnarbe : auf Praslin in einem Bachbett, auf Fregate in einer Bodenvertiefung, die mit Sand aufgefüllt war, und auf Mahe auf einer Höhe von ca. 550 bis 600 m. ü. M . zwischen den Granitfelsen in Taschen, die nasses Laub und faulendes Holz enthielten. Es ist uns leider nicht gelungen, Eier oder Larven von Blindwühlen zu finden, doch stellte uns Mr. GUY LIONNET vom Botanischen Garten Mahe die folgenden Daten zur Verfügung: Am 1. 1 0. 1957 wurde ihm ein Weibchen mit Eiern (Durchmesser ca. 1 0 mm) gebracht. Die Jungen schlüpften am 18. 10. 1957. Sie waren sehr beweglich und kräftig und wurden im Wasser gehalten, wo sie aber jegliches Futter verweigerten und nach neun Tagen starben. Da für den Monat Oktober noch weitere Funde von Weibchen mit Eiern vorliegen, ist anzunehmen, daß die Fortpflanzungszeit etwa in diese Jahreszeit fallen dürfte. VII. Salientia Die beiden kleinen endemischen Froschlurche (Soo glos sus gardineri und 5. seychellensis) findet man heute, entgegen der Annahme VESEY-FITZGERALD's (1 947) noch in den H öhenlagen von Mahe, Congo Rouge, etwa 55 0 bis 600 m . ü . M . Beide Arten haben wir in demselben Biotop angetroffen: in der vermodernden Bodenvegetation, die sich zwischen den großen Granitfelsen angesammelt hat. Stehendes Wasser fehlt, stellenweise fließt das Wasser in steilen Bächen dem Meer zu. Das eigenartige Fortpflanzungsverhalten der beiden Arten, welches BRAUER (1898) Abb. 4 Blindwühle, Praslinia spec. von der Insel Praslin. Praslinia spec. (Gyrnnophiona) from Praslin Island. 25 erstmals beschrieben hat, entspricht dem Fehlen günstiger Laichgewässer. Tatsächlich fanden wir auch ein adultes Tier in der Näh e eines kleinen Schleimhäufchens sitzen, das 10 bis 15 kleine, knapp zündholzkopfgroße Eier enthielt. Dieser Frosch, allem Anschein nach ein Männchen, schien die Eier zu bewachen. Nach BRAUER legt Sooglossus seine Eier frei ab. Sie werden anschließend mit Bodengrund zugedeckt. So bleiben sie feucht und trocknen nicht aus. Während dieser Zeit soll das Männchen die Eier bewachen. Nach dem Schlüpfen besteigen die Sooglossus-Quappen den Rücken des Alttieres und halten sich dort fest. Die höckerige Oberfläche der Haut bei erwachsenen Tieren gibt den Quappen, zusammen mit der schleimigen Absonderung derselben, den notwendigen Halt. Nach der Metamorphose verlassen die Jungen den Rücken und machen sich selbständig. Adulte Tiere von beiden Arten weisen eine kurze, jedoch auffällige Verlängerung der Wirbelsäule auf, wie wir sie z. B. bei europäischen Raniden unmittelbar nach der Metamorphose finden. Diese Vergrößerung der Rückenfläche wird auch in der BRAUER'schen Zeichnung wiedergegeben. Bedingt durch ihre Kleinheit - Sooglossus gardineri hat eine Körperlänge von 11 - 12 mm, S. seychellensis 16 - 17 mm - und durch ihre unscheinbare Färbung, findet man diese Froschlurche nur bei sehr genauem Suchen. Die feinen gelblichen Längsstreifen von S. gardineri sind beim flüchtigen Betrachten kaum sichtbar. Die im gleichen Biotop lebenden Blindwühlen scheinen sich Sooglossus als Beute zu suchen. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, daß Gymnophionen die Frösche ohne weiteres als Nahrung annehmen. über den Ruf der Sooglossus-Arten läßt sich noch nichts genaues aussagen. Ich nehme jedoch an, daß der hohe pfeifende Ruf, den wir bei regnerischem Wetter mehrmals hören konnten, von diesen Amphibien stammte. Er kann mit dem hohen Pfeifen des nordamerikanischen „Spring Peeper" (Hyla crucifer) verglichen werden. Abb. 5 Pe!usios subniger, die einzige Sumpfschildkröte im Archipel ist sehr wahrscheinlich durch den M enschen dorthin gebracht worden. Pelusios subniger, the only fresh-water turtle in the Archipelago, was probably introduced by man ; specimen from Praslin. N esomantis thomasseti: Dieser Frosch, der auf Mahe und Silhouette vorkommen soll, konnte von uns nicht beobachtet werden. Die Art scheint sehr selten zu sein. Megalixalus seychellensis : Diesen auffallend schönen, auf der Oberseite grün gefärbten Laubfrosch fanden wir trotz intensiver Suche in seinem Verbreitungsgebiet (Mahe, Praslin) nicht. Wohl bestä tigten uns einheimische Kenner der Fauna, daß dieser Vertreter der Polypedatiden vor allem auf der SW-Seite von Mahe häufig sei, doch unsere Nachforschungen blieben erfolglos. Nach VESEY-FITZGERALD & PARKER (1947) ist Megalixalus auch bei Cote d'Or auf Praslin nicht selten zu finden . Vom Botanischen Garten auf M ahe erhielten wir drei Alkoholpräparate, die eine Körperlänge von 45, 57 und 63 mm aufweisen. Sie befinden sich jetzt im Senckenberg-Museum in Frankfurt am Main. Rana mascareniensis: Dieser Frosch lebt auf allen Granitinseln des Archipels. Er ist die häufigste Amphibien-Art und scheint ein Kulturfolger zu sein. Wir fanden ihn auf Mahe, Praslin, Curieux und Fregate, nahe bei den Siedlungen in den zahlreichen Abflußgräben, auf Weiden neben den Tränken und in Kokosplantagen: überall, wo stehendes Wasser zur Verfügung ist. In den Sumpfgebieten in Küstennähe ist Rana mascareniensis im Brackwasser festzustellen. Auf der Insel Fregate fanden wir Kaulquappen (18 - 24 mm) und adulte Tiere in den zahlreichen Granitweiherchen des Hochplateaus ebenfalls häufig. Den Ruf dieses Frosches, ein leises Quarren, hört man vor und nach Regenfällen beinahe überall. Die Fluchtdistanz ist relativ groß, sie beträgt in Siedlungsnähe 3,5 m, in den Felsen auf Fregate dagegen nur ca. 2 m. Zu den Feinden dieses Frosches zählen vor allem die eingeführten Kuhreiher (Bubulcus ibis ), die Graureiher (Ardea cinerea), sowie die aus Asien eingeführten Hirtenstare ( Acridotheres tristis). Unter den Säugern sind die eingeführten Tanreks (Tenrec ecaudatus) Froschfresser. Es ist auch möglich, daß jüngere Tiere von Blindwühlen erbeutet werden. In höheren Lagen, über 450 m. N . N., suchten wir auf Mahe vergebens nach Rana mascareniensis. Die Art scheint dort zu fehlen. In den wenigere Restbeständen primären Urwaldes konnten wir diesen Raniden ebenfalls nicht feststellen, obwohl dort die klimatischen Bedingungen gleich günstig sind wie z. B. in Küstennähe. Rana mascareniensis ist nach MERTENS (1934) sowie VESEY-FITZGERALD u. PARKER (1947) die einzige eingeführte Amphibien-Art auf den Seychellen-Inseln. VIII. Testudines Pelusios subniger: WERMUTH & MERTENS (1961) stellen die beiden von RENDAHL (1939) aufgeführten Pleurodiren-Formen der Seychellen, Sternothaerus nigricans und St. castaneus seych ellensis als Synonyme zu Pelusios subniger. Das Verbreitungsgebiet innerhalb des Archipels umfaßt Mahe, Praslin, La Digue und Fregate (RENDAHL op.cit.). Auf Silhoutte wurde P. subniger 1927 durch einen Siedler ausgesetzt. Vermutlich sind die Süßwasserschildkröten auch auf die anderen Inseln der Seychellen erst vom Menschen gebracht worden (MERTENS 1934: 49). Von P. subniger erhielten wir auf Mahe bei Pt. Police (im Süden der Insel) 7 Exemplare mit 145 - 170 mm Panzerlänge. Auf Praslin haben wir ebenfalls 2 größere Tiere mit Carapaxlängen von 159 und 172 mm gefunden. Auf Fregate, wo die Art ebenfalls (eingeführt) vorkommt, maßen die Panzer der 4 Tiere, die wir fangen konnten, 125 - 155 mm. Die Dunkle Pelomedusenschildkröte, von den Seychellois „soupape" genannt, ist auf La Digue sehr häufig und wird dort, aber auch auf den anderen Inseln, regelmäßig gefangen und gegessen. In einem Souvenir-Laden auf Mahe fanden wir einige ausgestopfte Tiere zum Verkauf an Touristen angeboten. Abb. 6 Vom ausgestorbenen Nil-Krokodil, Crocodylus niloticus, finde t man auf Mahe heute noch ab und zu Skelett-Tei le bei Bauarbeiten. Skull of the extinct Nile-Crocodile, Crocodylus niloticus. Such fragments are occasionally found on Mahe. 27 IX. Crocodylia Crocodylus niloticus : Die Seychellen-Inseln gehörten früher zum Verbreitungsgebiet des Nilkrokodils (Crocodylus niloticus). Dort lebte es, zeitgenössischen Berichten zufolge, auf den Inseln La Digue, Silhouette und M ahe. Die Brackwassersümpfe entlang den Küsten sowie einzelne Bäche und Sümpfe im Innern der Insein waren sein Lebensgebiet. Im Jahre 1609 berichtet der Seefahrer JOURDAIN zum ersten Mal von Panzerechsen auf den SeychellenInseln. Weitere Berichte folgten, und um 1743 herum baten die ersten französischen Siedler um militärische Hilfe zur Bekämpfung der damals häufigen Krokodile. 1771 erzählt ein Bericht von einer Krokodiljagd auf La Digue, wobei ein „13 Fuß" großes Tier, mit einem Körperumfang von „8 Fuß" erlegt wurde. Doch bereits 1787 lesen wir in Tagebüchern, daß auf der Insel Mahe kaum mehr Krokodile zu finden seien. Um 1810 wird das letzte Tier auf La Digue erlegt, und bereits 1819 stellt man fest, daß es auf M ahe keine Krokodile mehr gibt. Da in den Archiven der Regierung auch keine späteren Berichte über Krokodile oder „Caymans", wie sie von den Seychellois genannt werden, enthalten sind, muß 1819 als Aussterbedatum angenommen werden. Heute werden bei Bauarbeiten noch Skeletteile gefunden. X. Sauria Gekkonidae Gehyra mutilata: Dieser grauweiß gefärbte Gecko, im Lichte beinahe durchscheinend, ist besonders auf den Granitinseln Mahe, Praslin und Fregate häufig. Er fehlt beinahe in keinem Hause. Während des T ages sind die Geckos hinter Läden, Kasten etc. verborgen, nach 16.00 Uhr gehen sie auf Futtersuche. Am Abend und in der Nacht halten sie sich mit Vorliebe in der Nähe des Lichtes auf, wo sie auf Fluginsekten Jagd machen. Oft sind 10 bis 12 Geckos im Umkreis von 50 cm um eine Lampe versammelt. Es ist uns aufgefallen, daß Gehyra während Regenperioden von 2 bis 3 Tagen kaum außerhalb der Verstecke zu sehen 28 ~ · ist. Setzt aber trockenere Zeit ein (relativ gerL ge Luftfeuchtigkeit), so erscheinen die Tiere wieder in gewohnter Anzahl zu den üblichen Zeiten. Dann sind sie sichtlich abgemagert, und der Nahrungsbedarf ist groß. Ein einziger Gecko fraß einmal in 25 Minuten 17 eulenartige N achtfalter. Außerhalb der Häuser haben wir Gehyra auffallend häufig in der Nähe von Schuttablagerungen gefunden, vor allem dort, wo leere Bierdosen gelagert wurden. In den leeren Dosen konnten wir ohne Mühe Geckos fangen. Dies brachte uns auf die Idee, Geckofallen aus leeren Bierdosen, mit etwas Bier und Bananen als Köder, herzustellen. Der Erfolg war verblüffend: Die nach einigen Stunden leicht gärende Ködermasse zog die Geckos an, die dann in den engen Dosen leicht gefangen werden k onnten. Oft waren bis zu drei Geckos in einer Dose. Ihre Vorliebe für süße oder gärende Stoffe hat G ehyra den lokalen Namen „Sugarlizard" eingetragen. Diese Art scheint standorttreu zu sein. Ein Exemplar, das wir an seinem regenerierten Schwanz erkennen konnten, war nach 23 Tagen immer noch auf dem gleichen Deckenabschnitt eines Bungalows zu beobachten. Untereinander sind die Geckos nicht immer verträglich. Innerartliche Verhaltensweisen des Imponierens und der Verteidigung bilden Schwanzschlängeln und Bisse in die Körperseiten. Oft erzeugen die Tiere dabei einen feinen, kaum hörbaren Pfeifton. Gehyra, der die Mehrzahl der tropischen Inseln bewohnt, besitzt außer dem Menschen und dem Seychellen-Falken (Falco area) auf dem Archipel kaum Feinde. Verfolgung aus Aberglauben und die Anwendung von Insektiziden können jedoch einzelne Kleinst-Populationen empfindlich schädigen. A eluronyx seychellensis: Diese relativ große Geckoart (90 bis 110 mm) beobachteten wir nur auf den kleinen Granitinseln Fregate und Praslin. Von RENDAHL (1939) wird sie auch von den Inseln Cousine und Mahe beschrieben. Unsere Nachforschungen zeigten, daß dieser Gecko sehr scheu ist. Seine Flucht- Abb. 7 Sekundär-Wald auf Mahe (Bananen- und Brotfruchtbäume) . Lebensraum von Rana mascareniensis, Phelsuma spec. und Mabuya sechellensis. Secondary growth on Mahe, habitat of Rana mascareniensis, Phelsuma spec. and Mabuya sechellensis. distanz liegt im Durchschnitt bei 3,5 m. Oft wurden wir erst durch den feinen Ruf, der vor der Flucht ausgestoßen wird, aufmerksam. Aeluronyx ist auch Kulturfolger; denn wir fanden die Art regelmäßig in den Viehställen, vor allem auch in der Nähe der warmen CopraTrocknungsanlage auf Fregate und, wenn auch nicht so häufig, in den Fasern der Kokospalmen auf Praslin. Die Haut dieses Geckos ist sehr leicht verletzbar. Selbst beim sorgfältigen Fangen riß die Oberhaut, und die Geckos mußten losgelassen werden. Auch der Schwanz wird bei der geringsten Berührung Mahe Praslin Curieuse Fregate Cosmoledo Atoll Aldabra Atoll Menai Wizard Grand Polyte South East Astove Assomption Picard South North autotomiert. Unter einer Bretterfeige fanden wir die Reste der weißen kalkschaligen Eier. Jungtiere wurden nicht festgestellt. Phelsuma: Neben Madagaskar, Maskarenen, den Comoren und Sansibar sind die Granit- wie die Koralleninseln der Seychellen das Verbreitungsgebiet der schönen Taggeckos (MERTENS 1962, 1963, 1964, 1966) . Sie stehen den madagassischen Formen nahe, unterscheiden sich aber scharf von den maskarenischen (z. B. Phelsuma cepediana und vinsoni) . Wir hatten Gelegenheit, auf folgenden Inseln Phelsumen zu beobachten: Phelsuma abbotti pulchra, Ph. astriata astriata Ph. madagascariensis sundbergi Ph. astriata astriata, Ph. madagascariensis sundbergi Ph. abbotti lo nginsulae, Ph. astriata astriata Ph. abbotti menaiensis Ph . abbotti subsp. inc. Ph. abbotti subsp. inc. Ph. abbotti subsp. inc. Ph. astriata astovei Ph . abbotti abbotti Ph. abbotti abbotti Abb 8 Mabuya sech ellensis, der kleine Skink der Seychellen. Mabuya sechellensis, the small endemic skink of the granitic islands; specimen from Curieuse Island. Während der ersten Tage unseres Aufenth altes fiel es uns schwer, die grünen Geckos im Pflanzendickicht zu finden. Bald lernten wir jedoch die von ihnen bevorzugten Aufenthaltsplätze kennen. Das Verhalten der von uns beobachteten Arten läuft tagsüber in groben Zügen wie folgt ab: Unmittelbar nach Sonnenaufgang erklettern die Phelsumen ihre Tageseinstände, die sich an erhöhten Punkten, z. B. hoch in den Palmkronen, Bananenstauden, auf Dachbalken etc. befinden. Dort gehen sie auf Nahrungssuche, wobei Nektar oder Fruchtsäfte abwechselnd mit Insekten aufgenommen werden. Steigt die Temperatur gegen Mittag an, so ziehen sie sich vorübergehend an schattige Orte zurück, z. B. entsprechende Stammlagen, Unterseiten der Palmblätter, Innenwände von Häusern und Hütten. Gegen Abend steigen die Geckos wieder hinunter, wo sie in Rindenrissen oder zwischen Steinen schlafen. Selten konnten wir Phelsumen b eobachten, die in der Nacnt auf dem Erdboden nach Nahrung suchten, z. B. auf Mahe, Praslin und East Island auf Aldabra. Dort sahen wir die Tiere in unmittelbarer N ähe der Brandungszone beim N ahrun gserwerb. Im Hause des britischen Gouverneurs auf Mahe werden die Phelsumen mit reifen Bananen und Fruchtsäften angelockt und gefüttert. Bei einem Besuch zählte ich n a6 15.00 Uhr 13 T aggeckos an einer solchen „Iutters telle" . Bei längeren Regenperio- den kommen Phelsumen nicht selten ins Innere der Häuser, wo sie am Tage und in der Dämmerung ebenfalls Jagd au f Insekten machen. In Anbetracht der Tatsache, daß die Taggekkos auf den Granitinseln nicht mehr in ihrem ursprünglichen Biotop, dem primären Urwald, leben, ist es auffallend, wie häufig sie hier überhaupt noch sind. Die ursprüngliche Vegetation wurde mit Beginn der dauernden Besiedlung (ca. 17 40) aufs äußerste dezimiert. An ihre Stelle traten auf Mahe z. B. Kokos-, Zimt- und Vanilleplantagen. Der ursprüngliche Urwald ist heute auf Höhen über 550 m. N. N. zurückgedrängt, wo Phelsumen fehlen. Gegenüber ihrem H auptfeind, dem Seychellen-Falken (Falco area), der sich vorwiegend von Echsen ernährt, zeigen die T aggeckos ein e verblüffende Fluchtreaktion. Die Falken erbeuten die Phelsumen mit einer sehr großen Geschwindigkeit. Sie s treifen dicht über die Gekkos hinweg, welche auf Palmblättern und Nüssen sitzen und greifen sie dabei mit den Fängen, um die Echsen dann in der Nähe zu kröpfen. Nähert sich ein Falke oder ein anderer großer Vogel, z. B. der H irtenstar (Acridotheres tristis) dem Blüten- oder Fruchtstand einer Kokospalme, auf dem sich Phelsumen aufhalten, so lassen sich die Echsen blitzschnell fallen, um auf dem nächsten Blatt oder zwischen den Fasern zu verschwinden . Versucht man, Taggeckos auf jungen Palmen zu fan- gen, dann eilen sie immer in kurzer Flucht n ach oben und verbergen sich in den Fasern der Blattspreiten. Wird ihnen ein Versteck verwehr t, so klettern sie zum höchsten Punkt eines Palmwedels, von wo sie sich zu Boden foilen lassen. Dort verstecken sie sich dann zivischen der Bodenvegetation. Die Geckos lassen sich aber nicht nur während der Flucht fallen, sondern auch bei der Nahrungssuche, etwa, wenn ihnen ein Insekt zu entgehen droht. Wie sie auch fallen mögen, die Phelsumen landen wie Katzen immer auf den Füßen. Interessant war auch das Verhalten von Taggeckos (Phelsuma a. abbotti) zu Elefantenschildkröten (Testudo gigantea) auf der SüdInsel von Aldabra. Dort haben wir verschiedentlich Taggeckos auf Riesenschildkröten beobachtet, die sich von Insekten ernährten, welche auf das Supracaudal-Schild flogen. Ein einzelner Gecko, wir erkannten ihn an seinem Gabelschwanz, blieb 36 Stunden auf „seiner" Schildkröte. Während die Schildkröte im offenen Felde Nahrung suchte, saß der Taggecko in der Nähe der Marginalschilder und jagte die vielen Insekten, die durch den Kot des Panzertieres angezogen wurden. Unter dem Busch, den die Schildkröte zum „Dösen" und Schlafen aufsuchte, hielt er sich auf dem Rükkenpanzer auf. An beiden Orten zog sich der Gecko unter die freistehenden Marginalschilder zurück, wo er auch während der Nacht beobachtet wurde. Auf der Nord-Insel von Aldabra, bei Anse Malabar, waren es die sehr zutraulichen, flugunfähigen Aldabra-Rallen (Dryolimnas aldabrrmus), die bei den Schildkröten nach Nahrung suchten. Diese braunen Vögel pickten Insekten und Zecken von den „dösenden" und schlafenden Riesen. Dieses Verhalten kann mit dem der Kuhreiher und der Madenhacker verglichen werden, die in ihrem Verbreitungsgebiet Insekten von Großtieren „ablesen". Hemidactylus mercatorius: Diesen lebhaft gefärbten Gecko haben wir auf den Koralleninseln Astove, Assomption, Wizard und Menai im Cosmoledo Atoll und auf Aldabra gefunden. Auf Wizard und Menai, wo Häuser fehlen, sahen wir Hemidactylus unter Korallenstökken, Schwemmholz oder verrottenden Panzern der Suppenschildkröten (Ch elonia mydas ). Auch in den Brutkolonien der Rotfuß-Tölpel (Sula sula) hielt sich der Gecko, anscheinend durch Insekten angezogen, in unmittelbarer Nähe der Nestmulde zwischen der Vegetation versteckt. In den Siedlungen dagegen war Hemidactylus in den Häusern zu beobachten. Abb. 9 Ph elsuma madagascariensis sundb ergi, der größte Tag-Gecko der Seychellen-Inseln lebt auf Praslin . Th e largest of the Green Day-Gecko, Ph e!suma m ada gasca riensis sundb ergi, is found on Praslin. (Photos vom Autor) 31 Chamaeleontidae Chamaeleo tigris: Diese kleine ChamäleonArt, die auf den Inseln Mahe, Praslin und Silhouette lebt (RENDAHL, 1939), haben wir nur auf den beiden ersten Inseln gefunden. Beide Fundgebiete, in denen wir dem Chamäleon begegneten, sind ruhige Lagen, die sich vor allem durch eine dichte Vegetation auszeichnen. Auf Mahe um La Misere (ca. 580 m N. N.) ist die natürliche Vegetation durch eingeführte Pflanzen ersetzt, während wir im Valle de Mai (Naturschutzpark der Seychellennuß-Bestände) noch die primäre Vegetation vorfinden. Beide Fundstellen liegen oft in dichtem Nebel, daher auch der dichte Farnwuchs. Weil das Finden von Chamäleons schwierig ist, haben wir nur Zufallsbeobachtungen. Ein Teil der Tiere wurde uns von Seychellois gebracht und anschließend im Botanischen Garten freigelassen und beobachtet. Die Größe der erwachsenen Tiere schwankt zwischen 60 und 88 mm. Die Färbung liegt zwischen einem schwefelgelben und einem tief rotbraunen Ton. Es scheint, daß Chamaeleo tigris seine Farbe nicht so leicht wechseln kann, wie wir es von anderen Arten her kennen. So erhielten wir ein Tier von La Misere, dessen Färbung über Tag konstant tiefrotbraun war. Tiger-Chamäleons, die sich bedroht fühlen, blähen ihren Körper ballonartig auf und nehmen auf ihrem Ast eine langgestreckte Form an, den Schwanz eng um den tragenden Ast geschlungen. Zudem schaukelt der Körper seitlich hin und her. Ein Weibchen von 70 mm Körperlänge, welches uns auf Mahe tot gebracht wurde, enthielt drei hartschalige, legereife Eier. Wir dürfen daher annehmen, daß sich diese Chamäleonart durch Eier fortpflanzt. Chamäleons werden von einem großen Teil der Bevölkerung gefürchtet, weil sie als giftig gelten. Diesen Aberglauben fanden wir auch in Tansania weit verbreitet. Scincidae Mabuya sechellensis und Mabuya wrightii: Die beiden Skinke sind markante Echsen auf den Granitinseln. Sie unterscheiden sich vor 32 allem durch ihre Größe: M . sechellensis hat eine Körperlänge von 45 bis 70 mm, Mabuya wrightii mißt dagegen zwischen 71 u. 128 mm. VESEY-FITZGERALD und PARKER (1947) haben das Verbreitungsgebiet dieser beiden Skinke der Seychellen näher untersucht. Dabei stellten wir fest, daß die kleine M . sechellensis auf allen Granit-Inseln zu finden ist, außer auf einigen kleinen felsenähnlichen Eilanden. Die große M. wrightii trifft man dagegen nur auf den Granitinseln, wo sich größere Kolonien von Seevögeln (vor allem Seeschwalben) befinden Ornithophilie (MERTENS 1934: 100) - , und die mit Kokospalmen bestanden sind. Die geographische Verbreitung steht in engem Zusammenhang mit einem spezifischen Fluchtverhalten (siehe unten) . Auf den wenigen Inseln, wo beide Arten zusammen vorkommen, z. B. Fregate Island, kann man Jungtiere von M. wrightii mit adulten M. sechellensis verwechseln, so sehr ähneln sich ihre Farbe und Muster. Auf Fregate konnte ich das unterschiedliche Fluchtverhalten dieser beiden Mabuyen beobachten: Während M. sechellensis sich bei Gefahr sofort im Bodengrund zu verstecken sucht, läuft M. wrightii, ohne Deckung aufzusuchen, davon und zu einem Baumstamm, um daran rasch und sehr geschickt hochzuklettern und sich so dem Feinde zu entziehen. Der Skink versucht beim Hochklettern, den Stamm zwischen sich und dem Feind zu halten . Verfolgt man das Tier um den Baum herum, so gelingt es ihm meistens, sich durch Drehklettern dem Blick zu entziehen. M. wrightii wird von den Seychellois auf den Vogelinseln stark verfolgt. Die Echsen rollen Seeschwalben-Eier aus den Nestmulden, bis diese an einem Stein anstoßen und zerbrechen. D er ausfließende EiInhalt wird dann von den Skinken aufgeleckt. Da das Sammeln von Seevogel-Eiern zu einem der wichtigsten Erwerbszweige gehört, werden während der Brutzeit für getötete Whrigt's Skinke Prämien bezahlt. M . sechellensis, den wir auf Mahe im gleichen Biotop wie Phelsuma beobachtet haben, Abb. 10 Phelsuma a. abbotti von der Süd-Insel Aldabras. Abbott's Day-Gecko, Ph elsuma a. abbotti, from Aldabra' s South Island. (Photo : Werner Noth) gehört wie diese zur Beute des SeychellenFalken (Faleo area). Die Skinke werden vor allem beim Sonnen geschlagen. Die Vögel stoßen nach Turmfalken-Art auf die Echse herab und fassen sie mit den Fängen. Gekröpft wird meist in unmittelbarer Nähe des Fangplatzes. Auf Mahe fielen uns die recht zahlreichen Skinke mit Gabelschwänzen auf. Seelotes braueri und S. vesey-fitzgeraldi: Zu unserer Enttäuschung konnten wir die beiden endemischen Arten von Seelotes (Synonym: Amphiglossus) nicht finden. Trotz intensiver Suche in der Bodenvegetation, in vermodernden Palmstämmen und im Erdboden des gesamten Verbreitungsgebietes (Mahe, Praslin, Fregate und Silhouette) waren diese Skinke nicht festzustellen. Seelotes scheint schon derart selten zu sein, daß selbst interessierte Bewohner der Inseln diese Skinke nicht finden können. VESEY-FITZGERALD und PARKER haben bereits 1 947 darauf aufmerksam gemacht, daß Seelotes selten ist. Anscheinend ist diese Art durch die starken Rodungen ihres Biotops beraubt worden. Ablepharus boutonii: Der Platz, den die beiden Mabuyen (M . seehellensis und Mab uy a wrightii) auf den Granitinseln einnehmen, wird auf den zahlreichen Koralleninseln durch das Natternauge (Ablepharus boutonii) besetzt. Diesen kleinen lebhaften Skink (25 bis 30 mm) fanden wir gleich häufig in unmittelbarer Nähe der Brandungszone (Flutgrenze) wie in Wohnhäusern und Hütten. Am Strand ist die Fluchtdistanz viel größer (2,5 bis 3 m) als in der Nähe der Siedlungen (dort oft unter 100 cm) . Das Natternauge flüchtet am Strande unter Schwemmholz oder in die zahlreichen toten Korallenstöcke; in den Häusern in die Ritzen der Wände. In der Nähe der Gestelle, wo Meeresfische an der Sonne getrocknet werden, sind die Natternaugen überaus häufig. Sie sonnen sich mit Vorliebe auf den heißen Blechen, die zum Trocknen der Fische dienen. Dort werden sie von schwarz-weißen Krähen 33 gefangen (Aldabra). Ablepharus pflanzt sich durch weichschalige Eier fort; unter einem Korallenbrocken fand ich auf Wizard im Cosmoledo Atoll über 70 etwa 4 x 6 mm große Eier zusammen versteckt. McGREGOR (1904) erwähnt solche gemeinsamen Eiablageplätze von A. boutonii auf Maui/Hawaii. Wir haben Ablepharus boutonii auf folgenden Inseln festgestellt: Aldabra (aldabrae-Rasse), Assomption, Astove und Cosmoledo (Menai, Wizard). Von allen Fundorten wurde eine kleine Anzahl Tiere mitgebracht, deren Rassengliederung von R. MERTENS untersucht werden wird. XI. Serpentes Typhlops braminus: Diese braune Erdschlange wurde zwischen 1936 und 1939 auf den Seychellen-Inseln von Privatpersonen eingeführt. Die ursprüngliche Heimt ist der Indomalayische Archipel. Außerdem soll die Art auch auf Madagaskar vorkommen (Beleg im Senckenberg-Museum). Auf Hawaii wurde sie ebenfalls eingebürgert. Ihrer versteckten Lebensweise wegen bekamen wir Typhlops braminus nie zu Gesicht. Im Botanischen Garten zu Mahe wurde uns ein Tier von der Insel Praslin gezeigt, wo die Schlange 1957 erstmals festgestellt worden ist. Boaedon geometricus: Diese imposante, braunschwarze Schlange haben wir auf Mahe und auf Fregate gefunden, von wo sie auch von RENDAHL (1939) erwähnt wird. Außerdem soll die Art auch auf Silhouette vorkommen. STEJNEGER (1893) nennt 23 (glatte) Schuppenreihen, RENDAHL (loc. cit.) nur 17. Die Exemplare, die wir auszählen konnten, hatten alle 23. Boaedon ist ein Mäusefresser. Im Terrarium nahmen die Tiere willig Hausmäuse an, die durch Umschlingen getötet wurden. Auf Fregate werden die Schlangen vom Besitzer der Insel, Mr. HARRY SAVY, geschützt, da er erkannt hat, daß Boaedon ein guter Mäusevertilger ist. Die afrikanischen Formen von Boaedon werden nach PITMAN (1938) als „Hausschlangen" bzw. als Mäuse34 fresser bezeichnet. Auf Mahe h ingegen verfolgt man die Schlangen regelmäßig. Der Botanische Garten erhält gelegentlich erschlagene Tiere zur Bestimmung (z. B. 1 9 Gesamtlänge 790; Schwanz 135 mm), von denen ich einzelne Tiere auf Nahrungsreste (Nager) hin untersuchen konnte. Schlangen sind im Archipel seit 1929 nominell geschützt, doch kümmern sich weder die zuständigen Regierungsstellen noch die Polizei um die Gesetzesübertretungen. Boaedon scheint nach verschiedenen mündlichen Berichten ungefähr 100 cm lang zu werden. Große Tiere sind aber der Verfolgung wegen wohl selten. Lycognatophis seychellensis: Diese Art ist die einzige Baumschlange der Granitinseln. Wir haben sie in den Bananenpflanzungen und in jungen Kokospalmen auf Mahe und Praslin gefunden. Nach RENDAHL (1939) kommt sie auch auf Fregate und Silhouette vor. Die gekielten Schuppen stehen in 16 Reihen. Ein Weibchen mit einer Gesamtlänge von 955 mm (Schwanz 305 mm) fraß im Terrarium auf Mahe Geckos der Gattungen Gehyra und Phelsuma. Nach VESEY-FITZGERALD (1947) ist Lycognatophis auf Mahe und besonders auf Silhouette die häufigste Schlangenart. Neben den genannten Reptilienarten leben noch einige andere Vertreter von Geckos auf den Seychellen. Doch besitzen wir darüber noch nicht genügend Material. XII. Zusammenfassung Die Herpetofauna der Seychellen leidet, wenn auch nicht in dem Maße wie z. B. die A vifauna, unter dem zunehmenden Druck der Besiedlung durch den Menschen. Die durch Rodungen hervorgerufenen Umweltsveränderungen können zusammen mit der Einführung von tierischen Feinden und Nahrungskonkurrenten die endemischen Arten derart stark in ihrem Gleichgewicht stören, daß diese aussterben. Die Verminderung des Regenwaldes in den vergangenen 50 Jahren hat die endemischen Amphibien (Sooglossus und M egali- xalus) in letzte Rückzugsgebiete verdrängt. Die aus Mauritius eingeführten Tanreks (Tenrec ecaudatus) stellen Amphibien und Reptilien gleichermaßen nach, auch eingeführte Vögel, z. B. Kuhreiher ( Bubulcus ibis) und Hirtenstare (Acridotheres tristis) ernähren sich zum Teil von Vertretern der Herpetofauna. Das Tiger-Chamäleon (Chamaeleo tigris) leidet ebenfalls unter den massiven Umweltsveränderungen, während die verschiedenen Geckos, die Taggeckos (Phelsuma) eingeschlossen, zu den Kulturfolgern gezählt werden können. Auch der eingeführte Frosch, Rana mascareniensis, ist wohl als Kulturfolger zu betrachten. Eingeführte Ratten und Mäuse stellen eine weitere Gefahr für die Herpetofauna dar, ebenso wie die verwilderten Hauskatzen. Einzig auf der Insel Fregate fehlen Katzen. Dort wurden sie von der Regierung nach dem Aussetzen durch Private wieder abgeschossen. Da auch Tanreks noch nicht auf Fregate heimisch sind, ist diese kleine Granitinsel die einzige in der Gruppe, die frei von Raubtieren ist. Auf den Koralleninseln sind Ratten und Mäuse, sowie verwilderte Hauskatzen häufig. Auf Aldabra leben zudem noch einige Gruppen von verwilderten Ziegen. Diese Eindringlinge bilden eine Gefahr für die gesamte Fauna. Seit 1961 existiert auf den SeychellenInseln ein Naturschutz-Rat (Conservation Board), dessen Aufgabe es ist, dazu beizutragen, die interessante Inselfauna zu erhalten. Daß der Naturschutzgedanke sich in den kommenden Jahren durchzusetzen vermag, erachte ich als durchaus möglich, und ich hoffe, daß auch der bald unabhängige Staat diese Werte zu wahren vermag. SUMMARY This contribution to the Herpe tology of the Seychelles Islands, located in the Indian O cean between latitude 4° South and 10° South, results from a three months stay in this Colony of the British Crown. A short geographical introduction is followed by a brief summary on the general fauna, and the herpetofauna in special. In systematic order, observations on Gymnophionians, Anurans, Chelonians, Crocodilians (extinct), Saurians and Serpentes are written up, mainly dealing with ecological gues tions of the species. The Herpetofauna of the Seychelles granitic group, e. g. around the principal island of Mahe, is suffering although not as severe as the Avifauna, under the constantly raising pressure of the expanding human population. Changes in habitat, due to massive inroads by cutting primary fores ts, have brought many species to the verge of extinction. Sooglossus, Nesomantis and M egalixalus among the Amphibians, Chamaeleo tigris and Seelotes among the Reptiles, a ll endemic forms, are especially threatened. An introduced species of Insectivora, the Tenrec from Madagascar (Tenr ee ecauda tus), as weil as several species of introduced birds, e. g. a Mynah Bird (Ae ridotheres tristis), the Cattle Egret (Bubuleus ibis) feed partly, together with the ever present m ice and rats, on endemic amphibians and reptiles. Various Geckos, including the Green Day-Gecko (Phelsuma spec.) are observed to be technophile species, while the endemic Chamaeleon (Chamaeleo tigris), is technophobe. The introduced Frog (Rana mascareniensis), is the only Amphibian which is technophile. The Herpetofauna of the outlying coral islands was also observed, especially on Aldabra. SCHRIFTEN Abbott, W . L. (1893): Notes on the Na tural History of Aldabra, Assumption a nd Glorioso Islands, Indian Ocean. - Proc. Nat. Mus. Washington, XVI, 973: 759 - 764. Boettger, 0. (1896): Neue Kriechtiere (Se elotes, A rthroleptis) von den Seychellen. - Zoo!. Anz. 19: 349. Boulenger, G. A. 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