Eckpunkte einer globalen Klima- und Energiepolitik Köln, 27. Januar 2011 Ringvorlesung Kostenverteilung in Industrie- und Entwicklungsnationen Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Kippschalter im Erdsystem „Kippprozesse des Klimasystems“ zeigen starke Reaktion bereits auf kleine Klimaveränderungen Schellnhuber, 1996; Lenton et al., 2008 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Das Ampeldiagramm Prognose für 2100 (IPCC 2007) Potentielle politikrelevante Kippschalter, die durch die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert ausgelöst werden könnten, wobei die Schattierung die unsicheren Schwellenwerte darstellt. Bei jedem Schwellenwert gibt der Übergang von weiß zu gelb die untere Grenze der Annäherung und der Übergang von gelb zu rot die obere Grenze an. Der Grad der Unsicherheit wird durch die Verteilung des Farbübergangs dargestellt. T. M. Lenton & H. J. Schellnhuber (Nature Reports Climate Change, 2007) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Füssel 2007 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Füssel 2007 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Kohlenstoffschuld und Vermögen P: Fossile CO2-Emissionen (kg C pro Person und Jahr) 10 4 Russia South Africa 10 United States Germany France Japan 3 Mexico China Brazil Egypt India 10 2 Bangladesh 10 1 Ethiopia Fitting-Gerade: ln P=0.987 ln K+c 10 3 10 4 K: Kapitalbestand (US$2000 pro Person) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer 10 5 Füssel 2007 Die historische Herausforderung CO2-Emissionen [Gt C/Jahr] 3 Emissionsszenarien mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten, das 2°C-Ziel einzuhalten: 550ppm-eq, 450ppm-eq, 400ppm-eq baseline 550ppm-eq 450ppm-eq 400ppm-eq sual u s a ess Busin Klima s chutz pfade Jahr Prof. Dr. Ottmar Edenhofer ~15% Wahrs. ? ~50% Wahrs. ~75% Wahrs. Die Große Transformation Kohle Kohle mit CCS Öl Gas Kernenergie Biomasse Biomasse mit CCS Erneuerbare Energien REMIND-R, ADAM 450ppm-äq, 4/6/2009, Steckel/Knopf Energieverbrauch [EJ] Negative CO2Emissionen CO2Emissionen Jahr Basierend auf IEA-Daten (1971-2005) und REMIND-Ergebnissen für 450ppm-äq (ADAM); Grafik von Jan Steckel (PIK) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Bedeutung der Biomasse in Niedrig-Stabilisierungs-Szenarien x x xxx Vermeidungskosten [%] Konsumverluste [%] Konsumverluste [%] Hohes Biomasse-Potential Mit allen Optionen (Referenz) Ohne Kernenergie* Niedriges Biomasse-Potential Limitiertes CCS-Potential Ohne Erneuerbare* *über Business-as-usual hinaus POLES berichtet Vermeidungskosten - Das 400ppm-Stabilisierungsziel ist ohne den Einsatz von CCS bzw. gesteigerten Ausbau der Erneuerbaren nicht zu erreichen - Die Potentiale von Biomasse und CCS bestimmen die Vermeidungskosten Knopf, Edenhofer et al. (2009) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Copenhagen Pledges – nicht genug für 2°C Rogelj, Meinshausen et al. 2010 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Die Renaissance der Kohle Daten: IEA, Berechnung Jan Steckel (PIK) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Die Rolle unkonventionellen Öls erweitert sich vermutlich zusehends mb/d Coal‐to‐liquids (CTL)‐Produktion nach Ländern im New Policies Szenario 1.2 Andere Indonesien Indien Australien USA Süd-Afrika China 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0 2000 2009 2015 2020 2025 2030 2035 CTL wird bis 2035 zur drittgrößten Quelle für unkonventionelles Öl bei allen neuen Projekten, inkl. CCS & in einigen Fällen CBTL, zur Begrenzung der CO2-Emissionen Quelle: WEO 2010 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer China und andere asiatische Volkswirtschaften haben entscheidenden Einfluss auf die Zukunft der Kohle Anteil der Schlüsselregionen bei der globalen primären Nachfrage nach Kohle im New Policies Szenario 100% China Indien 80% USA Europäische Union 60% Russland 40% Japan Restliche Welt 20% 0% 1990 2000 2008 2015 2020 2025 2030 2035 Quelle: WEO 2010 Chinas Anteil beim Wachstum der globalen Nachfrage nach Kohle beläuft sich auf mehr als drei Viertel zwischen 2000-2008, und bis 2035 im New Policies Szenario, Chinas Anteil an der globalen Nachfrage nach Kohle beläuft sich auf 50% Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Begrenzte Deponie – Unbegrenzte Ressourcen Öl in der Atmosphäre Gas Kohle Biomasse + CCS 531 0 107 39 106 139 im Boden Bestand an Kohlenstoff (GtC) 2000 54 210 198 111 132 77 258 154 154 553 230 1581 11372 2000 Konventionelle Reserven Unkonventionelle Ressourcen Konventionelle Reserven Kumulierter historischer Verbrauch Konventionelle Ressourcen Projizierter Verbrauch (400ppm) Kohle mit CCS (400ppm) Biomasse mit CCS (400ppm) Zusätzlicher Verbrauch (BAU) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Der Global Deal Global Deal Entwicklungspolitik Anpassung Klimafreundliche Technologien Nachhaltige Waldnutzung Begrenzung und Handel von CO2 Effectiveness, Efficiency, Equity für Klima und Entwicklung Wechselseitige Verpflichtungen als Grundlage von Partnerschaft Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Atmosphäre als globales Gemeingut Ressourcen-Extraktion > 12.000 GtC Atmosphäre als begrenzte Ressource ~ 230 GtC Wie bestimmt man einen Knappheitspreis? – Zuweisung von Eigentumsrechten – Die Verteilung von Eigentumsrechten muß Gerechtigkeitsgrundsätzen entsprechen – Ressourcenrente wird in eine Klimarente transformiert Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Verteilungen von Emissionsrechten USA Japan Europa Russland Mittlerer Osten Lateinamerika Asien (Andere) China Indien Sub-Sahara Afrika Rest der Welt Welt Pro Kopf Pro BIP C&C: Contraction & Convergence C&C mit histor. Verantwortung CDC: Gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung Wohlfahrtsverluste [%] Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Knopf et al. 2010 Das Paradoxon internationaler Umweltabkommen • Viele Vorschläge zur globalen Klimapolitik setzen voraus, was zu zeigen ist: eine umfassende internationale Zusammenarbeit. • Die Wirklichkeit: Fehlen eines „Grünen Leviathans“, statt dessen: Freiwillige Internationale Umweltabkommen (IEA) • Beteiligung gering, immer wenn IEA (Barrett 1994) tatsächlich etwas erreichen: Je nötiger sie sind, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zustande kommen. Bali 2007 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Der Wert frühzeitigen Handelns • Verzögerung bei den Vermeidungsmaßnahmen bis 2020 lässt globale Kosten um 70% steigen • Stabilisierung bei 450 ppm CO2 nicht mehr machbar, wenn Maßnahmen bis 2030 verzögert werden ANNEX I, CHN, IND 2010 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Quelle: RECIPE 2009 Bereitstellung öffentlicher Güter als Gefangenendilemma Bereitstellung eines globalen öffentlichen Gutes: • Spielstruktur des Gefangenendilemmas: • • Spieler 2 Verschmutzen Vermeiden Individuelle Rationalität für Spieler, eigennützig zu handeln Anreize zum Trittbrettfahren Suboptimales Ergebnis Wenn die Vermeidung der globalen Erwärmung einem öffentlichen Gut gleicht, dann stehen Klimaverhandlungen einem Gefangendilemma gegenüber Vermeiden • (Gleicher) Nutzen für jeden, sagen wir z.B. 5 (pro Beitragendem!) (Gleiche) Kosten beizutragen, sagen wir z.B. 7 Verschmutzen • Spieler 1 • Prof. Dr. Ottmar Edenhofer 3 5 6 3 -2 -2 5 0 0 Zusatznutzen – Ein Vertrauensspiel? Spieler 2 Vermeiden Verschmutzen Versuch, einen Schwerpunkt beim Sozialen Optimum zu schaffen: Vermeiden Verschmutzen Spieler 1 9 9 8 5 5 8 ‚Zusatznutzen bei der Vermeidung so groß, dass sich einseitiges Vermeiden bezahlt macht, ungeachtet der Entscheidung Anderer‘ Ein reines Problem eigener Wahrnehmung 2 2 Nash-Gleichgewicht und Soziales Optimum decken sich Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Warum CO2-Zölle wirken! CO2-Handelsbilanzen 1990-2008 der verschiedenen Weltregionen 0.5 0.4 1.9 0.4 0.6 5.1 (EU‐27) 3.1 (EU‐27) 0.9 1.9 4.1 Blautöne: CO2-Exportdefizit, Rottöne: CO2-Exportüberschuss Die Pfeile beschreiben die größten CO2-Handelsströme zwischen den Weltregionen Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Peters, Minx, Weber und Edenhofer (2009) Bestrafung: Importzölle • Abstimmung von Anreizen durch Vertragsverhandlungen: Koalition 2 – Negativer Anreiz: Importzölle • Koalition erhebt Zölle auf Importe von Trittbrettfahrern • Zölle führen bis zu einer vollständigen Zusammenarbeit • Zölle sind individuell + sozial rational • Beispiel, bei dem das IEA-Modell das Dilemmaspiel in ein Vertrauensspiel verwandelt hat • Nähere Informationen unter – Lessmann et al. (2009), Economic Modelling Prof. Dr. Ottmar Edenhofer 1 Handel 3 Zoll 4 6 5 Trittbrettfahrer Globale Entwaldung Verlust an Biomasse (Kohlenstoff) aufgrund von Landnutzungswandel (v.a. Abholzung), Durchschnittswert von 1998-2003 in g C/m2 und Jahr Vohland et al. 2008 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Cancún - Besser REDD als „dead“? Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Agrarwirtschaft versus Waldschutz $ $ Nachfrage Nahrung, Bioenergie • Landwirtschaft und Waldschutz konkurrieren um knappe Böden • Optimale Aufteilung der verfügbaren Flächen Nachfrage Wald Wald Agrarland Verfügbare Fläche Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Agrarwirtschaft versus Waldschutz $ Nachfrage Wald Nachfrage Nahrung, Bioenergie $ REDD Wald Agrarland Verfügbare Fläche Prof. Dr. Ottmar Edenhofer • REDD schützt zusätzliche Waldflächen Quelle: IMF; FAO International Commodity Prices Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Source: BP Statistical Energy Review; WRI Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Agrarwirtschaft versus Waldschutz $ Nachfrage Wald Nachfrage Nahrung, Bioenergie $ • Steigende Agrarpreise (Ölpreis, Bioenergie, Nahrungsmittel) konterkarieren den Effekt von REDD • Höhere Preise für Waldschutz! Agrarpreise Wald Agrarland Verfügbare Fläche Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Vermutete Wirkungen • Kosten des Waldschutzes werden unterschätzt! • Die vorgeschlagenen Fondlösungen müssten den Preis auf einem hohen Niveau stabilisieren, um die Wirkungen der Ölpreissteigerungen zu kompensieren. Das ist politisch nicht sehr wahrscheinlich. • Die Einbeziehung der Wälder in einen fragmentierten Emissionshandel kann so zu mehr Abholzung führen als bei einem umfassenderen Fondsansatz. Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Kohlenstoffarme Technologien durchdringen zunehmend den Elektrizitätsmix Anteil an nuklearer und erneuerbarer Energie bei der gesamten Stromerzeugung nach Region im New Policies Szenario 60% Nuklear 50% 40% 30% 14% 14% 14% 20% 10% Erneuerbare 23% 19% 24% 22% 8% 21% 32% 17% 5% 24% 33% 21% 7% 23% 31% 0% 2008 2020 2035 2008 2020 2035 2008 2020 2035 Welt OECD Nicht-OECD Quelle: WEO 2010 Erneuerbare Quellen (einschl. Hydro) und Atomkraft machen bis 2035 laut Prognose 45% der gesamten Stromerzeugung aus, von heute 32% Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Der CO2-Preis alleine macht‘s! MC Black MC Green Electricity Electricity MC Black Electricity MC Green Electricity Social Costs of Carbon PE2 PE1 PE1 Black Energy Green Energy Black Energy Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Quelle: O. Edenhofer et al., Potsdam Institute for Climate Impact Research, Research Domain „Sustainable Solutions“, 2007 Green Energy Lernraten und Marktwachstum 1,5 1,5 0.1% Co st in d ex ($/kW ) Nuclear Reactors France 1977-2000 1,0 1,0 50% interval 90% interval mean learning rate (115 case studies): -20% per doubling 0,5 0,5 PVs Japan 1976-1995 0.1% 0,0 0 1 2 3 4 0,0 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Number of doublings (installed capacity) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Übernommen von Grübler 2010 Internalisierung sozialer Kosten nicht ausreichend! Social Costs of Carbon ►Die Internalisierung der sozialen Kosten der Energieversorgung (z.B. durch ein Cap-and-Trade-System) verbessert die Konkurrenzfähigkeit der Erneuerbaren Energien ►Solange es keine Bewegung von PE3 gibt, verharrt das System in einem ineffizienten Zustand Edenhofer et al. (2007) Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Vergleich der Politikinstrumente • Technologie-Externalitäten erfordern zusätzliche Instrumente zum Kohlenstoffpreis • Ohne Technologiepolitik ist ein „Lock-in“ in teure Vermeidungsoptionen möglich Kalkuhl, Edenhofer & Lessmann 2010 beste Performance Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Robuste Instrumente? Abweichung vom optimalen Instrument • Hohe Konsumverluste bei kleinen Abweichungen von der optimalen Subvention • Einspeisetarif und Quoteninstrument sind robuster gegen Abweichungen Kalkuhl, Edenhofer & Lessmann 2010 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Die Kosten einer reinen Technologiepolitik Subventionen sind ein schlechtes Vermeidungsinstrument. Ohne Kohlenstoffpreis explodieren die Kosten, das Klimaziel zu erreichen. Selbst bei (suboptimalen) konstanten Kohlenstoffpreisen sind die Kosten hoch. Kalkuhl, Edenhofer & Lessmann 2011 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Die Risiken einer reinen Technologiepolitik Kleine Abweichungen von der optimalen Subvention haben enormen Einfluss auf Emissionen und Konsum Grünes Paradoxon: Das Vermeidungsziel wird trotz Subventionen verfehlt. Kalkuhl, Edenhofer & Lessmann 2011 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Neue Speichertechnologien erhöhen die Verlässlichkeit und die Integration von Erneuerbaren Andasol I, Spanien Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Andasol I, Spain Belohnung: Technologie-Kooperation und Verminderung der Emissionen Koalition • Abstimmung von Anreizen durch Vertragsverhandlungen : 2 1 – Positiver Anreiz: Forschungskooperation • F&E Spill-over innerhalb der Koalition • Beteiligung nimmt mit Spill-over-Intensität zu • Verbesserung der Produktivität durch F&E hat sich als stärkerer Anreiz erwiesen als die Vermeidung zu verbessern 3 4 5 Trittbrettfahrer • Beispiel, bei dem das IEA-Modell das Dilemmaspiel in ein Vertrauensspiel verwandelt hat • Nähere Informationen unter – Lessmann and Edenhofer (2010), Resource and Energy Economics Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Spillover 6 Änderung der Agrarproduktion Klimabedingte Änderung der Agrarproduktion zwischen 1990 und 2050 Füssel et al., 2010 Prof. Dr. Ottmar Edenhofer Der Global Deal Global Deal Entwicklungspolitik Anpassung Klimafreundliche Technologien Nachhaltige Waldnutzung Begrenzung und Handel von CO2 Effectiveness, Efficiency, Equity für Klima und Entwicklung Wechselseitige Verpflichtungen als Grundlage von Partnerschaft Prof. Dr. Ottmar Edenhofer http://www.klima-und-gerechtigkeit.de/ Prof. Dr. Ottmar Edenhofer