am 2. Juni 2006 im Parkhotel Biedenkopf

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Seminar „Transplantation aktuell“ am 2. Juni 2006 im Parkhotel Biedenkopf
Durch eine Nierentransplantation wieder vollkommen gesund zu
werden und wieder ein ganz normales Leben führen zu können, ist
der Wunsch der meisten Dialysepatienten. Aber ist das wirklich
möglich, gibt es keine Spielregeln, die zu beachten sind? Vom
„Verhalten nach Nierentransplantation“ berichtete und Prof.
Klaus von der Kinderklinik der Medizinischen Universität Marburg.
Bei diesem Thema ging es vorwiegend um das Verhalten in der
eigenen Umgebung, in der Umwelt, mit Pflanzen und Tieren und
anderen Menschen usw.. Prof. Klaus berichtete, dass er zu Beginn gedacht habe, es handele sich um
ein sehr einfaches Thema. Bei der Suche nach wissenschaftlichen Daten habe sich dann jedoch ein
ganz anderes Bild ergeben. Nahezu überhaupt keine Informationen gibt es in der internationalen Fachliteratur, in Fachbüchern sowie in Patientenführern. Nur wenig Informationen gibt es im Internet oder in
Patientenschulungsprogrammen. Die meisten Informationen entstammen aus Überlieferungen oder
eigenen Erfahrungswerten. Somit beruhen auch die nachfolgenden Informationen vorwiegend auf die
Erfahrungen des nephrogischen Teams um Prof. Klaus sowie auf die Richtlinien für Knochenmarktransplantierte, die aufgrund des besonders hohen Risikos sehr streng sind.
Am meisten werden die Patienten nach einer Nierentransplantation informiert
-
über die Wundversorgung,
das Erkennen von Abstoßungszeichen,
die einzunehmenden Medikamente
sowie die regelmäßig notwendigen Kontrollen.
Durch die Einnahme der immunsuppressiven Medikamente besteht grundsätzlich zum einen eine erhöhte Infektionsgefahr und zum anderen nehmen Infektionen - egal welcher Art – durch die eingeschränkte Immunabwehr auch einen schwierigeren Verlauf.
Besonders in den ersten Tagen, Wochen und Monaten nach einer Transplantation, wenn die Medikamente noch hoch dosiert sind, ist die Infektionsgefahr sehr groß. So ist auch besonders in dieser Zeit
Vorsicht geboten.
1. Menschenansammlungen meiden
Dies gilt vor allem in geschlossenen Räumen wie Kaufhäuser, Discos oder andere Versammlungsräume. Je mehr Menschen auf einen Punkt versammelt sind, je größer ist die Wahrscheinlichkeit,
auf Menschen mit z. B. Erkältungs- oder Grippeinfektionen zu treffen. Auch diese teilweise sehr
harmlosen Infektionen können für Menschen, die hochdosiert immunsuppressive Medikamente einnehmen müssen, eine große Gefahr bedeuten.
2. Keine Haustiere
Grundsätzlich sollten Haustiere im ersten Jahr nach Transplantation gemieden werden. Danach
gelten je nach Haustier verschiedene Empfehlungen:
a. Vögel
können eine Psittakose/Ornithose = Papageienkrankheit bekommen. Überträger der sogenannten Chlamydien durch Tröpfcheninfektion sind Papageien, Enten, Truthähne, Hühner und
Tauben. Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Lichtscheuigkeit und Husten mit Auswurf können
Symptome dieser Krankheit sein, die mit Tetracyclinen therapiert werden kann. Die Gefahr einer Infektion bei einem im Käfig gehaltenen Vogel mit wenig bis keinem Körperkontakt ist allerdings sehr gering, so dass Vögel als erlaubte Haustiere gelten. Allerdings sollte „Schmusen“ mit
Vögeln vermieden werden und auch der Aufenthalt in einer Gruppe wilder Vögel (z. B. Tauben
füttern) sollte möglichst unterlassen werden.
b. Katzen und Hunde
Die Toxoplasmose ist eine typische Katzenkrankheit, die Chlamydien werden von Fleisch und
Katzen übertragen. Lymphknotenschwellungen, Fieber, Krankheitsgefühl sowie Kopf- und Muskelschmerzen sind typische Symptome. Mit Pyrimethamin und Sulfaten wird die Toxoplasmose
therapiert. Die Gefahr bei immungeschwächten Menschen ist der Übergriff aufs Gehirn (Gehirnentzündung) sowie eine Ader- und Netzhautentzündung, die bis zur Erblindung führen
kann.
Eine weitere Krankheitsgefahr durch Katzen und Hunde ist die Kryptosporidiose. Kryptosporodien können übertragen werden von Kälbern, Lämmer, Ferkel, Hunde und Katzen. Erbrechen, Übelkeit und wässrige Durchfälle sind typische Symptome. Die Gefahr ist eine Chronifizierung. Für diese Erkrankung gibt es keine spezielle Therapie, nur die Reduktion der immunsuppressiven Medikamente ist möglich.
Die größte Gefahr ist allerdings eine Infektion mit der Echinokokkose, die durch Katzen-/Hundoder Fuchskot übertragen wird. Sie führt zur Bildung von Zysten in Leber, Lunge oder Gehirn
und bringt allergische Symptome mit sich.. Die einzige Therapiemöglichkeit sind Operationen,
die allerdings mit einer hohen Letalität (Sterblichkeit) von 50 bis 75 % verbunden sind.
Somit sind die von Hunden und Katzen ausgehenden Gefahren für immungeschwächte Patienten durchaus beachtenswert. Daher sollte ein engerer Kontakt zu diesen Tieren auch gemieden
werden.
3. Gartenarbeit nur mit Handschuhen und Schutzkleidung und keine Topfpflanzen
Die Gefahr im Garten und bei Topfpflanzen geht vor allem von der Blumenerde aus. Die darin enthaltenen Vogelexkremente können durch einatmen von Staub zur Übertragung von Kryptokokkose führen. Die Symptome sind meist unspezifisch, teilweise Husten. Die große Gefahr ist der Befall
des Zentralen Nervensystems, der bei 30 % der infizierten Personen zum Tod führt. Therapiert wird
mit Antimykotica.
Eine weitere Gefahr geht von Kompost und schimmeligem Heu aus. Die Infektion mit Aspergillose
ist durch die Inhalation von Staub möglich. Die Symptome sind eher unspezifisch sowie Husten und
asthmatische Anfälle. Eine Lungenentzündung kann die Folge sein. Eine Operation und der Einsatz
von Antimykotica sind mögliche Therapien.
Vor allem in der Anfangszeit nach Transplantation sollte daher der Kontakt mit Blumen-/Gartenerde
gemieden werden.
4. Wohnung
Auch von der eigenen Wohnung kann eine Gefahr ausgehen durch Schimmelpilze. Eine Sanierung
ist dann notwendig, die allerdings auf keinen Fall von der immunsupprimierten Person durchgeführt
werden sollte.
5. Arzt- und Zahnarztbesuche
Auch bei Arztbesuchen ist Vorsicht geboten, besonders wenn der Arzt mit immunsupprimierten Patienten nicht vertraut ist.
a. Impfungen
Es ist zu beachten, dass vor allem keine Lebendimpfungen durchgeführt werden dürfen!
b. Medikamente
Auf Wechselwirkungen mit den einzunehmenden Immunsuppressiva ist zu achten. Besonders
bei Schmerzmitteln und Antibiotika können Wechselwirkungen auftreten.
c.
Invasive Eingriffe wie z. B. Magen- oder Darmspiegelung erfordern die prophylaktische Einnahme von Antibiotika.
d. Behandlungen durch den Zahnarzt, die mit Verletzungen des Mund-/Rachenraumes verbunden
sind, z. B. Zahn ziehen, erfordern ebenfalls eine prophylaktische Eintibiotikaeinnahme.
6. Essen / Genussmittel
Vor allem in den ersten Monaten nach Transplantation sollte ist beim Verzehr von Rohkost und vor
allem auch rohem Fleisch Vorsicht geboten. Auf Nikotin sollte grundsätzlich verzichtet werden, Alkoholkonsum in Maßen ist erlaubt.
7. Sex
Beim Geschlechtsverkehr ist die Nutzung von Kondomen ratsam, um einerseits eventuelle Krankheitsübertragungen zu vermeiden und zum anderen eine Schwangerschaft im ersten Jahr nach
Transplantation zu vermeiden.
8. Sport
Nach einer Transplantation sollte mit sportlichen Aktivitäten erst langsam wieder begonnen werden. Dabei sind Ausdauersportarten wie Walking / Nordic Walking, Schwimmen und Reiten besonders empfehlenswert. Ebenso ist Kraftsport zum Aufbau des Muskelgewebes, zur Verbesserung
der Kraft, zum Kalorienverbrauch und zur Gewichtsregulierung empfehlenswert. Kontaktsportarten
wie Boxen oder Fußball hingegen sind zu meiden.
9. Reisen
Reisen ist nach einer Transplantation grundsätzlich erlaubt. Es sollte allerdings darauf geachtet
werden, dass ein Krankenhaus mit Nephrologischer Abteilung oder ein Transplantationszentrum in
der Nähe ist. Es müssen ausreichend Medikamente mitgenommen werden, nicht nur immunsuppressiva, sondern möglichst auch mit dem betreuenden Arzt zu Hause abgestimmte Antibiotika
und andere Mittel des Hausgebrauchs. Reisen in Gebiete mit erheblicher Infektionsgefahr (Hepatitis, Malaria, Gelbfieber usw.) sind zu vermeiden.
Auch wenn der erste Eindruck ist, dass nach einer Transplantation erhebliche Einschränkungen bestehen, so bestehen die größten Risiken vor allem im ersten Jahr nach Transplantation. Es gibt auch keine
Verbote, sondern lediglich Empfehlungen, die in bestimmten Fällen zur Vorsicht raten.
Grundsätzlich gilt jedoch, leben so normal wie möglich!
Monika Centmayer
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