Selbstbestimmt Dement!? Möglichkeiten und Grenzen einer Ethik Prof. Dr. Ruth Schwerdt Frankfurt University of Applied Sciences „Selbstbestimmt dement“ Jahrestagung der Landesinitiative Demenz-Service NRW Ethik-Fachtagung Mercatorhalle Duisburg im CityPalais, 12.5.2015 Provokation: Selbstbestimmung - Demenz Demenzereignis Lebenskrise Selbstbilderschütterung Definition Selbstbestimmung (Duden online): „Unabhängigkeit des bzw. der Einzelnen von jeder Art der Fremdbestimmung (z. B. durch gesellschaftliche Zwänge, staatliche Gewalt)“ „Unabhängigkeit des Individuums von eigenen Trieben, Begierden u.ä.“ „Definition von sich selbst; Standortbestimmung“ Seite 2 Schwerdt, Dr. Prof. Dr.Ruth Ruth Prof. Schwerdt Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Universalisierungsgrundsatz Grundfrage der Ethik: Was ist Freiheit? Transfer: Was ist individuelle Freiheit, Selbstbestimmung, Autonomie? Abstufungen der Fähigkeit zur Selbstbestimmung Abstufungen der Autonomie bis zur „Autonomie des Augenblicks“ Seite 3 Schwerdt, Dr. Prof. Dr.Ruth Ruth Prof. Schwerdt Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Professionelles Selbstverständnis der Pflege Förderung der Selbstpflegekompetenz (Dorothea Orem) Förderung von Selbständigkeit und Wohlbefinden der Person mit Pflegebedarf und ihrer Angehörigen in ihrer Alltagsbewältigung (Monika Krohwinkel) Seite 4 Prof. Dr.Ruth Ruth|Schwerdt Schwerdt, Prof. Dr. Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Professionelle Intention der Pflege stetige Weiterentwicklung des Repertoires zur differentiellen Bedarfserfassung und bedarfsgerechten Indikation von Interventionen, die - Gesundheit fördern - Krankheit verhüten - Gesundheit wiederherstellen - Leiden lindern (International Council of Nurses) externe und interne Evidence Seite 5 Prof. Dr.Ruth Ruth|Schwerdt Schwerdt, Prof. Dr. Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Ethische Grundorientierung in der Hilfe für Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen Artikel 1: Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe „Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können.“ (BMFSFJ) Seite 6 Prof. Dr.Ruth Ruth|Schwerdt Schwerdt, Prof. Dr. Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Dilemma professionell Helfender Beispiel: „Wegläufer“ Norm: Alltagsnormalität Norm: Sicherheit gewährleisten (Selbst- und Fremdgefährdung ausschließen) Lösung: Perspektivenwechsel „Hinläufer“ Warum läuft er/sie weg? Warum bleibt er/sie nicht hier? Was kann getan werden, damit er/sie hier bleibt und ein erfülltes Leben genießen kann? Seite 7 Prof. Dr.Ruth Ruth|Schwerdt Schwerdt, Prof. Dr. Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Abhängigkeit als Appell: Macht als Verantwortung Abhängigkeit bringt die Gefährdung mit sich, das Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen zu bekommen. Je höher Abhängigkeit ausgeprägt ist, desto höher ist der Anspruch an die Professionalität der Helfenden! Selbstbestimmung ist ein abhängiges Prinzip Je stärker ein Mensch aufgrund eines Demenzprozesses abhängig wird, desto mehr benötigt er ein sorgendes Umfeld Sorge ermöglicht Selbstbestimmung Das Ausmaß von Selbstbestimmung ist abhängig von professioneller Kompetenz! Seite 8 Schwerdt, Dr. Prof. Dr.Ruth Ruth Prof. Schwerdt Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Potentiale der Ethik - Beschreibung der Anliegen der Beteiligten Dabei Fokussierung auf die Bedürfnisse der Hauptbeteiligten (Hearing the voice of the person with dementia; Goldsmith 1996) - Gemeinsame Festlegung der Ziele - Auswahl der Vorgehensweisen (wissensbasierte Leitdokumente + Personalized Care Pathways) - Evaluation - Instrumente: Fallbesprechung, verstehende Diagnostik, Führungsgrundsätze - Institutionen: Ethikkomitee, Ethikkonsil Seite 9 Schwerdt, Dr. Prof. Dr.Ruth Ruth Prof. Schwerdt Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Grenzen der Ethik - Situationsverwiesenheit moralischer Praxis - „Konkurrenz“ des Selbstbestimmungsrechts Aller - moralische Freiheit aller Beteiligten - Verhältnismäßigkeit - Kompetenz (z.B. Kommunikation, Krisenprävention, Umgebungsgestaltung Konzeptentwicklung, Verhandlungsgeschick in Interessenvertretung) - Allokationsverhandlungen Seite 10 Schwerdt, Dr. Prof. Dr.Ruth Ruth Prof. Schwerdt Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Benefits professioneller praktischer Ethik - Entlastung von zielblindem (Re)Agieren Hinwendung zur Person Bewusstwerdung und Identifikation der Bedürfnisse der Beteiligten Klärung von Zielen: Realisierbarkeit, Angemessenheit Klärung der Handlungsrahmen und -optionen Identifikation von Voraussetzungen und Bedingungen Benennung der nötigen Ressourcen Verbindliche Konsentierung Grenzziehung vor Überforderung der Netzwerke Coaching, Unterstützung, Mentoring, Konsultation Bildung von Versorgungsnetzwerken krankheitsspezifische und phasenspezifische Betreuungskonzepte, Einrichtungen Unterstützung von Angehörigen - Qualifikation und Kompetenzentwicklung Seite 11 Prof. Dr. Ruth Schwerdt Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015 Benefits professioneller praktischer Ethik - Entindividualisierung, Kontextualisierung - Entpathologisierung der Betroffenen/Entprofessionalisierung der Aufgaben - Selbstkritische Revision der Normmaße für Lebensentwürfe/ individuelle Selbstbilder und gesellschaftliches Selbstverständnis Sektorenübergreifende Öffnung gesellschaftlicher Räume und Inklusion Der Andere bin ich! Die Anderen sind wir! Abhängigkeit ist Verwiesenheit Seite 12 Schwerdt, Dr. Prof. Dr.Ruth Ruth Prof. Schwerdt Jahrestagung Landesinitiative Demenz-Service NRW Duisburg 12.5.2015