Zentrum für Impfmedizin und Infektionsepidemiologie Institut für Hygiene und Umw elt Hamburger Landesinstitut für Lebensmittelsicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltuntersuchungen INFEKT-INFO Herausgeber: Infektionsepidemiologie des Instituts für Hygiene und Umwelt z Beltgens Garten 2 z 20537 Hamburg Leiter: Dr. G. Fell (v.i.S.d.P.), E-mail: [email protected] Nachdruck : mit Quellenangabe gestattet, jedoch nicht zu gewerblichen Zwecken Kurzbericht über die im Rahmen der Infektionskrankheiten-Surveillance nach IfSG in Hamburg registrierten Erkrankungen Ausgabe 11 / 2006 2. Juni 2006 Erster Fall von Chikungunya-Fieber in Hamburg seit Beginn des IfSGbasierten Meldesystems In der 20. Kalenderwoche wurde in Hamburg erstmals seit In-Kraft-Treten des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) der Labornachweis des Chikungunya-Virus bei einer Hamburger Patientin gemeldet. Es handelt sich um eine 62 Jahre alte Frau, die sich diese durch Stechmücken übertragene Virusinfektion bei einem Aufenthalt auf Mauritius zugezogen hatte und mit Fieber und Gliederschmerzen erkrankte. Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) -2- Das Chikungunya-Fieber wurde erstmal 1952 in Tansania bekannt und ist vor allem in Afrika und im Süden und Südosten Asiens schon seit längerem endemisch. Eine Tendenz zur weiteren geographischen Ausbreitung dieser Krankheit, offenbar im Gefolge einer zunehmenden Verbreitung des Hauptvektors, der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus), ist gegenwärtig unverkennbar. Seit Februar diesen Jahres wird auf verschiedenen Inseln im Indischen Ozean eine massive Chikungunya-Epidemie beobachtet, die ausgehend von den Komoren relativ rasch die Inseln Réunion, Mauritius, Madagaskar, Mayotte und die Seychellen erfasste und inzwischen auch das Indische Festland erreichte. Allein auf Réunion, wo die Situation am besten untersucht und dokumentiert erscheint, wird die Zahl der Erkrankungsfälle mit mehr als 240 000 angegeben, was etwa einem Drittel der dortigen Gesamtbevölkerung entspricht. Auch in den anderen betroffenen Gebieten gehen die Erkrankungszahlen in die Tausende. Da es sich hier zum Teil um beliebte Urlaubs- und Reiseregionen handelt, erkranken seit Februar zunehmend auch Touristen aus aller Welt und importieren die Krankheit in ihre Heimatländer. Da eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung allerdings nicht stattfindet, resultieren daraus keine weiteren Infektketten. Das RKI weist in der aktuellen Ausgabe des Epidemiologischen Bulletins (Ausgabe 21/2006) für Deutschland bislang insgesamt 24 aus der Epidemie-Region importierte Fälle von ChikungunyaFieber aus. Gegenwärtig besteht für Reisende die einzige Möglichkeit der Vorbeugung in konsequentem Mückenschutz, ein Impfstoff steht nicht zur Verfügung. In dem nachstehenden Steckbrief sind die wichtigsten Informationen über diese Krankheit zusammengefasst. Eine ausführliche Übersicht hat das RKI im Epidemiologischen Bulletin Ausgabe 10/2006 publiziert (alle Ausgaben des Bulletins sind im Internet unter www.rki.de verfügbar). -3- Steckbrief Chikungunya-Fieber Erreger: Chikungunya-Virus, ein Arbovirus aus der Familie der Togaviridae Reservoir Meerkatzen, Paviane, verschiedene Nager Infektionsweg Durch Stich infizierter Mücken, hauptsächlich der Gattung Aedes albopictus, aber auch durch Aedes aegypti sowie durch Culex-, Mansonia- und Anopheles-Mücken. Ferner gibt es Hinweise auf die Möglichkeit einer diaplazentaren Übertragung. Inkubationszeit 2 – 10 Tage Diagnostik Direkter Nachweis mittels PCR oder Virusanzucht. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper (IF,ELISA,NT oder HHT). Krankheitsbild Therapie Rascher Temperaturanstieg, hohes Fieber, Schüttelfrost; oft biphasischer Fieberverlauf. Typisch sind Kopf-, Muskel- und vor allem starke Gelenkschmerzen, mit Gelenkschwellung und Berührungsempfindlichkeit; gelegentlich makulopapulöses Exanthem oder ZNS-Beteiligung (Meningitis, Enzephalitis). Leichte hämorrhagische Manifestationen wie Petechien und Nasenbluten kommen vor, ausgeprägte hämorrhagische Verläufe sind aber eine Ausnahme. Selbstlimitierendes Krankheitsbild mit im Allgemeinen günstiger Prognose, die Schmerzzustände können aber sehr lange persistieren. Kinder, alte Menschen und Immungeschwächte haben ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe und Komplikationen. Dauerhafte Immunität nach durchgemachter Erkrankung. Symptomatisch, kausale Therapie nicht verfügbar. -4- Übersicht über die aktuellen Meldezahlen in Hamburg Die folgenden Abbildungen und die nächste Tabelle zeigen die Zahlen der registrierten meldepflichtigen Infektionskrankheiten und Erregernachweise für die Kalenderwochen 20 und 21 sowie kumulativ für die Wochen 1 bis 21 des Jahres 2006. Auffallend ist ein erneuter kräftiger Anstieg der wöchentlich gemeldeten Norovirus-Infektionen. Die in den beiden Kalenderwochen aufgeführten Fälle gehören im Wesentlichen zu insgesamt 3 Ausbruchsgeschehen in 2 Altenund Pflegeheimen und einem Krankenhaus, davon einer mit 60 Erkrankten. In jeder der beiden Berichtswochen war wieder eine Erkrankung an Typhus zu verzeichnen, die in beiden Fällen auf eine Reise nach Indien zurückging. Eine direkte Verbindung zwischen den erkrankten Personen bestand nicht. Unter den 11 Masernfällen, die in diesem Jahr in Hamburg mittlerweile gemeldet wurden, befindet sich erstmals auch ein Erwachsener, der sich während des für eine Infektion in Frage kommenden Zeitraumes beruflich in einer der Regionen in Nordrhein-Westfalen aufgehalten hatte, die aktuell von einem beträchtlichen Masern-Ausbruch betroffen sind. In der 20. Kalenderwoche wurde ein Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) bei einem 2 Jahre alten Kind gemeldet, dass nach einer Infektion mit Shigatoxin I und II bildenden enterohämorrhagischen E. coli (EHEC) mit Nierenfunktionsstörungen, Thrombozytopenie und Anzeichen einer hämolytischen Anämie schwer erkrankte. Ein weiterer Fall von HUS wurde soeben aktuell in der 22. Woche gemeldet. Das RKI wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Norddeutschen Raum insgesamt betrachtet die HUSFallzahlen seit April etwas höher lagen, als in entsprechenden Vergleichszeiträumen der Vorjahre. Die Situation steht unter erhöhter Beobachtung, die Gesundheitsämter intensivieren gegenwärtig ihre Maßnahmen im Rahmen der Quellensuche und der Umgebungsuntersuchungen. 1 50 10 2 1 Erkrankung C 4 1 ie be r 1 1 in io se ny aF ku lo se 1 Ye rs hi ku ng u Tu be r Ty ph us 1 in io se nt er itis 4 Ye rs 1 ia rd ia sis H ep at iti s A -E i ti s 1 or ov H iru U S sEr kr R ot an av ku iru ng sE rk ra nk un g Sa lm on el lo se N C G E -E nt er 10 ku lo se 20 EH am py lo ba ct er 20 Tu be r C Anzahl der Fälle 40 Ty ph us am py lo ba C re ct ut er zf -E el nt der Ja i ti ko s bKr an kh ei t H ep at i ti s C Li st er io se M en in go M ko as kk er n en -E N r kr or an ov ku i ru ng sEr kr R ot an av ku iru ng sE rk ra nk un g Sa lm on el lo se C Anzahl der Fälle -5- Abb. 1: Registrierte Erkrankungen Hamburg 2006, 20. KW (n=162) -vorläufige Angaben90 80 80 70 60 50 32 30 18 12 7 1 4 0 Erkrankung Abb. 2: Registrierte Erkrankungen Hamburg 2006, 21. KW (n=81) -vorläufige Angaben- 60 44 40 30 16 6 3 0 1 -6- Abb. 3: Die häufigsten registrierten Infektionskrankheiten in Hamburg KW 1 - 21 2006 kumulativ (n=4189) mit Vergleichszahlen aus dem Vorjahr (n=2915) – vorläufige Angaben – Anzahl der Fälle 2100 2000 1900 1800 1700 1600 1500 1400 1300 1200 1100 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 NorovirusErkr. 8 Referenzdefinition nicht erfüllt 6 2055 897 Referenzdefinition erfüllt RotavirusErkr. 6 3 1253 865 C ampylobacterEnteritis 9 8 450 662 Salmonellose 6 8 181 225 Tuberkulose 1 81 66 Giardiasis Yersiniose 6 4 1 34 56 28 Hepatitis C 1 41 25 23 Hepatitis B 3 7 14 8 Shigellose = Fälle KW 1-21 2005 EHEC Erkr. 2 13 12 Erkrankungen = Fälle KW 1-21 2006 Hepatitis A = Referenzdefinition nicht erfüllt 7 15 7 7 -7- Tab. 1: Seltene Krankheiten und Meldetatbestände (mit und ohne Erfüllung der Referenzdefinition) in Hamburg KW 1-21 2006 kumulativ (n=101) mit Vergleichszahlen aus dem Vorjahr (n=116) - vorläufige Angaben Bezeichnung Anzahl der Fälle Anzahl der Fälle KW 1-21 2006 KW 1-21 2005 Influenza 41 74 Masern 11 2 E. coli-Enteritis (außer EHEC) 10 10 Listeriose 7 5 Typhus 7 5 Legionellose 4 2 Meningokokken-Erkrankung 4 6 Denguefieber 3 2 Kryptosporidiose 3 2 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit 2 1 Adenovirus-Konjunktivitis 1 1 Haemophilus influenzae-Erkrankung 1 2 Hepatitis D 1 1 Leptospirose 1 Hämolytisch-urämisches Syndrom 1 Chikungunya-Fieber 1 Lepra Fälle aus ätiologisch nicht gesicherten Häufungen 2 1 3