Aufnahme, Weitergabe und Verarbeitung von Information Immunbiologie: Entstehung einer Allergie; Biomembranen; humorale Immunantwort; ELISA-Test Aufgabe 6: Die Erdnuss – ein lebensgefährlicher Snack Einleitung Nahrungsmittelallergien sind ein stetig wachsendes Problem. Eine besonders schwere Form ist die Erdnussallergie. Bereits kleine Mengen bestimmter Proteine der Hülsenfrucht (Arachis hypogaea) reichen aus, um schwere Reaktionen bis hin zu einem anaphylaktischen Schock auszulösen. Besonders weit verbreitet ist die Erdnussallergie in den USA und in Großbritannien, aber auch in Deutschland steigt die Zahl der Betroffenen. In den USA sterben jährlich rund 120 Menschen an schweren Schockreaktionen. Neuste Studien zeigen, dass auch immer mehr Kinder davon betroffen sind. Aufgabenstellung 1. (a) Erstellen Sie eine schematische Zeichnung eines Antikörpers und beschriften Sie diese. (b) Beschreiben Sie unter Verwendung der Materialien M1 und M2 die Entstehung einer Erdnussallergie. Gehen Sie dabei ausführlich auf die humorale Immunantwort ein. (c) Begründen Sie, warum eine Erdnussallergie so gefährlich ist. 2. (a) Vergleichen Sie den Aufbau eines Chylomikrons mit dem Flüssig-Mosaik-Modell einer Biomembran. (b) Überprüfen Sie, warum Chylomikronen besonders geeignet sind, Fette aufzunehmen und zu transportieren. 3. Entwickeln Sie eine Hypothese, warum es bei Menschen mit einer Erdnussallergie zu allergischen Reaktionen auf andere Hülsenfrüchtler (Leguminosen) kommen kann. Solche „Kreuzreaktionen“ kennt man mit Erbsen, Linsen oder Sojabohnen, aber auch mit Tomaten, die zu den Nachtschattengewächsen (Solanaceae) gehören. 4. (a) Beschreiben und begründen Sie die Funktionsweise des ELISA-Tests anhand der Abbildung in M3. (b) Beurteilen Sie die Aussagekraft eines positiven Testergebnisses. (c) Erläutern Sie einen möglichen Versuchsaufbau eines ELISA-Tests, mit dem man statt der Antikörper, im Blut befindliche Antigene nachweisen könnte. 115 Übungsaufgaben Material M1 Wie eine Erdnussallergie entsteht; Die Rolle der Chylomikronen Man unterscheidet, je nach Dauer zwischen Allergenkontakt und Reaktion, verschiedene Allergietypen. Die Erdnussallergie gehört, zusammen mit Heuschnupfen, Insektenstichallergien, Tierhaarallergien u. a. zum Typ 1, dem „Soforttyp“. Eine solche Allergie unterteilt man in zwei Schritte, die Sensibilisierungsphase und die Effektorphase. Kommt es zu einem Erstkontakt mit dem Allergen (= Antigen einer allergischen Reaktion), beginnt die Sensibilisierungsphase. Sie läuft nach dem Prinzip der humoralen Immunantwort ab. Kommt es zu einem erneuten Allergenkontakt, setzt die Effektorphase ein. Dazu genügt es bereits, Mengen im Mikrogrammbereich zu sich zu nehmen. Es kommt zur Ausschüttung von Histamin. Histamin ist ein Botenstoff, der bei Entzündungsreaktionen eine entscheidende Rolle spielt. Bei einer „Überdosis“ Histamin können die Symptome in unterschiedlich starker Form am ganzen Körper auftreten (vgl. M2). Man vermutet, dass die allergenen Erdnussproteine durch Chylomikronen ins Blut gelangen könnten. Chylomikronen sind Lipoproteine, Makromoleküle die aus Proteinen und Lipiden bestehen. Sie werden in den Zellen der Darmschleimhaut gebildet und ermöglichen die Aufnahme und den Transport von Fetten. Die Hülle ist aus Phospholipiden und sog. Apoproteinen aufgebaut, im Kern befinden sich die zu transportierenden Nahrungsfette. Die in der Nahrung enthaltenen Lipide können auf diese Weise über die Lymphe ins Blut und zu den Fett abbauenden oder Fett speichernden Geweben transportiert werden. Erstkontakt Chylomikron Allergen B-Plasmazelle IgE Mastzelle wird sensibilisiert Abgabe ins Blut humorale Immunantwort Aufnahme über Darmschleimhaut Erdnüsse Zweitkontakt 116 Allergen wird aufgenommen Blutgefäße Allergene binden an IgE auf der Mastzelle Histamin M1 a Schematische Darstellung der Erdnussallergie Aufnahme, Weitergabe und Verarbeitung von Information Hülle Kern Apoprotein Nahrungsfette Phospholipide M1 b Aufbau eines Chylomikrons M2 Allergische Reaktionen werden nach vier Schweregraden eingeteilt Schweregrad 1 Juckreiz, Rötung und Schwellung der Haut Schweregrad 2 Übelkeit, Bauchkrämpfe, Atemnot, beschleunigter Herzschlag, Blutdruckabfall Schweregrad 3 Erbrechen und Durchfall, Asthmaanfall, Schock und Bewusstlosigkeit Schweregrad 4 Atem- und Kreislaufstillstand, ggf. mit Todesfolge (=anaphylaktischer Schock) M3 Der ELISA-Test zum Nachweis spezifischer IgE Neben dem bekannten Pricktest, bei dem Allergene auf die durch einen kleinen Stich verletzte Haut aufgetragen werden, gibt es etliche weitere Verfahren, mögliche Lebensmittelallergien zu testen. Ein Testverfahren, das auch bei anderen immunologischen Tests, beispielsweise dem HIV-Test, angewendet wird, ist der ELISA-Test (Abk. für engl. „enzyme linked immuno sorbent assay“). Die nachfolgende Abbildung zeigt den Aufbau und die Durchführung eines solchen ELISA-Tests. Testverfahren wie der ELISA-Test wurden erst durch die Entwicklung monoklonaler Antikörper, für deren Entdeckung der Freiburger Forscher Georges Köhler 1984 den Nobelpreis erhielt, möglich. Dazu spritzt man einer Maus die entsprechenden Antigene, beispielsweise allergene Nahrungsbestandteile und wartet bis sie die passenden B-Plasmazellen gebildet hat. Anschließend werden der Maus die Plasmazellen entnommen und mit bestimmten Tumorzellen (Myelomzellen) fusioniert. Die so entstehenden Hybridomzellen vereinen die Eigenschaften beider Ursprungszellen, die Fähigkeit einen ganz bestimmten Antikörper zu produzieren und sich permanent teilen zu können und damit nahezu unsterblich zu sein. 117 118 Übungsaufgaben Serum mit Antikörpern wird aufgetragen Zugabe von enzymgekoppelten monoklonalen Antikörpern (MAK) IgE Waschen Testplatte mit Antigen IgE IgE Antikörper binden Waschen MAK MAK IgE MAK MAK IgE MAK Zugabe der Farbvorstufe IgE MAK IgE Farbe wird sichtbar: Test positiv M3 Schema eines ELISA-Tests zum Nachweis von Antikörpern Benötigte Fachkenntnisse Aufbau der Biomembran (S. 37 f.), Struktur und Funktion von Antikörpern, Ablauf der humoralen Immunantwort (S. 64 f.) Benötigte Methodenkenntnisse Umgang mit Texten, schematischen Abbildungen, Experimenten und Hypothesen. Lösungen 1. (a) Siehe S. 63. (b) Wenn man Erdnüsse isst, werden die als Allergene in Frage kommenden Proteine vermutlich zusammen mit den in den Nüssen enthaltenen Fetten in der Darmschleimhaut in Chylomikronen verpackt, aufgenommen und ins Blut transportiert. Dort werden die Lipoproteine abgebaut und die Allergene frei. Sie werden von Makrophagen und passenden B-Lymphocyten phagocytiert. Die Makrophagen präsentieren Allergenfragmente auf ihrem MHC-II Komplex. T-Helferzellen docken an und verbinden sich über ihren CD4-Rezeptor mit dem MHC-II Komplex, wodurch sie aktiviert werden. Die T-Helferzellen teilen sich vielfach und schütten Interleukin 2 aus, was die B-Plasmazellen, die das Allergen ebenfalls aufgenommen haben, aktiviert und zur Teilung anregt. Einige dieser Klone werden zu B-Plasmazellen, die den zum Allergen passenden Antikörper von Typ IgE bilden. Diese Antikörper