Ausgabe 9 April 2008 BLUTBILD Zur Sicherheit lesen, was es Neues gibt! Labordiagnostik 2020 Labordiagnostik 2020 Wie das Labor der Zukunft aussehen könnte Prof. Dr. Georg Hoffmann, 1 Trillium GmbH, Grafrath Life & Science: Wissen fürs Leben Das Hepatitis ABC: HAV & HEV Dr. Martin Stürmer & PD Dr. Annemarie Berger, Universitätsklinikum Frankfurt 4 Schon gewusst? Welche Krankheitserreger sind durch eine Nadelstichverletzung übertragbar? 5 Risikomanagement TRBA 250 weiter verschärft Initiative Safety First! 6 Safety & Science Urin: In vielen Laboren immer noch ein ungeliebter Arbeitsplatz Dr. Kathrin Schlüter, BD Heidelberg Wie für Sie gemacht: BD Vacutainer® Urinsystem: Es geht auch hygienisch 7 7 Das kriegen Sie mit Sicherheit raus 8 Rätsel Das öffentliche Interesse an wissenschaftlich fundierter Zukunftsforschung hat in der Zeit rund um die Jahrtausendwende stark zugenommen, und auch in der Labordiagnostik ist die Nachfrage nach Aussagen über künftige Entwicklungen derzeit auffallend groß. Das hat gute Gründe: In den letzten 25 Jahren ging der Laboranteil an den Gesamtausgaben für Gesundheit ständig zurück, doch seit einigen Jahren scheint der Abwärtstrend gestoppt zu sein. Geht es nun endlich wieder aufwärts oder trügt der Schein? Sichere Antworten darf man sich von den Futurologen nicht erwarten, denn mit Mathematik allein kann man für beide 3 Antworten einen „signifikanten“ y=ax 2+bx+c r=0,997 Beweis liefern. Die 2 Abbildung ist der Beleg dafür. Trotzdem versuchen wir auf den nächsten Seiten, plausible Szenarien für die Labordiagnostik im Jahr 2020 zu skizzieren. Die Mathematik spielt dabei zwar eine Rolle, aber Erfahrung und Bauchgefühl sind mindestens ebenso wichtig. Laborausgaben (%) Inhalt 1 y=ax b r=0,957 0 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Laboranteil (ambulant) an den Gesamt-Ausgaben der GKV. Je nachdem, welche Funktion man anlegt, geht es künftig wieder aufwärts oder weiter bergab mit der Labordiagnostik. Prof. Dr. med Georg Hoffmann, Grafrath Das Hepatitis ABC HAV ist ca. 28nm groß, unbehüllt, besitzt eine einzelsträngige RNA und gehört zur Gruppe der Picorna-Viren. HAV ist weltweit verbreitet, dabei ist der Mensch der einzige Wirt. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral über fäkal kontaminierte Nahrungsmittel bzw. Trinkwasser oder als Schmierinfektion, sehr selten auch parenteral durch Blut oder Blutprodukte. Dementsprechend findet man die höchsten Durchseuchungsraten in Ländern mit ... Lesen Sie weiter auf Seite 4 TRBA 250 weiter verschärft Im Februar 2008 hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine weitere Verschärfung der „Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250“ veröffentlicht. Bisher durfte ein Arbeitgeber auf verletzungssichere Instrumente verzichten, wenn er unter anderem Arbeitsabläufe festlegte, die das Verletzungsrisiko minimieren. Diese Klausel ist aus dem Regelwerk gestrichen ... Lesen Sie weiter auf Seite 6 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, im BLUTBILD informieren wir Sie regelmäßig über Themen, die weitestgehend unter das große Feld Sicherheit fallen. Hier beleuchten wir sowohl arbeitsmedizinische Aspekte, Patientensicherheit, aber auch Bereiche, die sich mit der sicheren Gewinnung von biologischen Proben und deren Analytik befassen. Möglichst aktuell zu sein, ist unsere größte Motivation. So können Sie heute lesen, warum die TRBA 250 weiter verschärft wurde. haben, der mögliche Zukunftsszenarien für Sie diskutiert. Da mutet eine Betrachtung des Urinarbeitsplatzes im heutigen Labor geradezu vorsintflutlich an. In dieser Ausgabe gehen wir allerdings einen Schritt weiter und überlegen, wie sich das medizinische Labor - so wie wir es heute kennen in den kommenden 20 Jahren entwickeln könnte. Wir sind sehr stolz darauf, in Professor Georg Hoffmann einen Experten gewonnen zu Andreas Karallus Bereichsdirektor Deutschland, Österreich, Schweiz BD Diagnostics, Preanalytical Systems Viel Spaß bei der Lektüre! Parallel, vernetzt und winzig klein? Wie das Labor der Zukunft aussehen könnte Zukunftsforschung gibt es, seit die Menschen denken können. Schon steinzeitliche Jäger und Sammler besaßen dank ihrer Fähigkeit, sich künftige Szenarien im Kopf auszumalen, einen Selektionsvorteil gegenüber anderen Lebewesen. Das bedeutendste Prognoseinstitut aller Zeiten war sicher das Orakel von Delphi, das etwa 1000 Jahre lang die Mächtigen der Welt beriet. Als Wissenschaft entstand die „Futurologie“ allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Anders als im Altertum befragt man heute nicht mehr die Götter, sondern Experten (z.B. mit der Delphi-Technik) oder Computer (z.B. mittels Simulation). So gab die Bundesregierung im Jahr 1998 eine Delphi-Umfrage über vorhersehbare Entwicklungen des 21. Jahrhunderts in Auftrag und erhielt von rund 1000 Fachleuten u. a. folgende Prognosen: Zwischen 2005 und 2019 wird AIDS durch Medikamente und Impfungen gestoppt, von 2006 bis 2013 kommen Gentests für die Risikovorhersage von Bluthochdruck und bestimmten Krebsformen auf den Markt, zwischen 2010 und 2018 werden Mikrosensoren zur Überwachung von Blutwerten und Therapien im Körperinneren eingesetzt. Heute, exakt zehn Jahre später, kann man schon abschätzen, dass die Experten zumindest nicht völlig falsch lagen. 2 Der letzte Punkt lässt besonders aufhorchen: Kann es sein, dass in weiteren zehn Jahren, also ab 2018, die Labordiagnostik im Körperinneren stattfindet? Wird man kein Blut mehr für die Messung von Laborwerten abnehmen, sondern stattdessen einen Chip direkt in die Blutbahn schieben? Die Antwort ist nicht nur für Hersteller von Blutabnahmesystemen von Bedeutung, sondern für den gesamten Berufsstand der Labordiagnostiker und MTLAs. Wenn die Antwort ja lautet, dann müssten sie sich alle sehr schnell neue Betätigungsfelder suchen, denn zehn Jahre sind eine kurze Zeit. Das Bauchgefühl beruhigt uns aber auch ohne die Befragung von 1000 Experten, dass es so schlimm nicht kommen wird. Die Verfügbarkeit einer neuen Technologie sagt bekanntlich noch nichts über deren tatsächlichen Einsatz aus. Der Autoanalyzer wurde vor 50 Jahren erfunden, doch die Vision vom automatisierten Labor wird heute erst Realität. Und das Reflotron gibt es seit 25 Jahren, aber die damalige Sorge, dass Trockenchemie und Point-of-Care-Tests das klassische Labor bald überflüssig machen würden, erwies sich bis heute als unbegründet. Allerdings: Was technisch möglich ist, wird irgendwann auch gemacht. Also lohnt es, die wirtschaftlichen Auswirkungen möglicher Szenarien rechtzeitig zu berechnen. Für die Vorhersage, wie sich neue Technologien im Markt durchsetzen werden, führt man meist Computersimulationen durch, denen Formeln für ein S-förmiges Wachstum zugrunde liegen. In der Einführungsphase verläuft die Kurve lange Zeit flach, in Zeiten des Booms ist sie steil und am Ende flacht sie wieder ab. Dies lässt sich z.B. am realen Beispiel der POCTUmsätze zwischen 1993 und 2007 gut demonstrieren (siehe Abbildung). In ihrer Reinform sind solche S-Kurven allerdings nur in einem homogenen Wirtschaftsraum wie z.B. Deutschland zu beobachten, wenn eine Entwicklung vor allem durch ein einziges Produkt - in der gezeigten POCT-Kurve durch Blutzuckertests - bestimmt wird. Andernfalls addieren sich viele S-Kurven zu einer mehr oder weniger geraden Linie mit gelegentlichen Sprüngen, die die so genannten mittleren und langen Wellen der Konjunktur repräsentieren. Die Konjunktur in Deutschland und vielen anderen westlichen Industrienationen erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg drei solche Wellen, die sich auch in der Labordiagnostik in Form von drei Systemgenerationen mit jeweils 20 bis 25 Jahren Dauer widerspiegelten. Die dritte ist derzeit in vollem Gange und endet nach Bei einfachen Tests wie der Blutzuckermessung ist der Trend bereits klar zu erkennen, und auch für aufwändigere Messungen sind schon kleine Handgeräte im Markt. Das cobas h232 von Roche kann zum Beispiel fünf verschiedene Proteinmarker für Herzkreislaufkrankheiten bestimmen, und das iStat von Abbott schafft sogar 17 verschiedene Tests aus den Bereichen Klinische Chemie und Immunchemie, Hämatologie, Gerinnung und Blutgasanalytik. Solche Wunderwerke der Technik sind Vorreiter einer neuen Gerätegeneration, deren enorme Leistungsfähigkeit sich erst in Umrissen abzeichnet. Das Stichwort heißt „Lab on a Chip“. Gemeint sind Entwicklungen der Elektronik und Mikrofluidik, die auf einer Fläche von wenigen Quadratzentimetern theoretisch all das erledigen können, was sich heute im Makromaßstab in einem herkömmlichen Analysator abspielt: Dosieren, trennen, mischen, temperieren, detektieren usw. Bereits existierende Geräte von Agilent, Nanogen u. a. werden vor allem in der Molekularbiologie für die Nukleinsäure- und Proteinanalytik eingesetzt, aber prinzipiell gibt es keinen Grund, warum man damit nicht auch weniger aufwändige Analyte aus Nano- oder Picolitern Blut bestimmen sollte. Immerhin würden sowohl die Reagenzkosten als auch die Analysenzeiten durch solche Technologien auf Bruchteile der heute üblichen Werte sinken und der Diagnostik völlig neue Dimensionen eröffnen. Das Routinelabor der Zukunft hat, wenn es schon nicht in der Hand gehalten wird, zumindest auf einem Tisch Platz. Neben der Miniaturisierung wird auch die Parallelisierung bei den Systemen der vierten Generation eine wichtige Rolle spielen: 400 Tests in einem Analysengang sind z.B. beim Nanochip NC400 Standard. Noch finden sich in Deutschland kaum Befürworter einer Renaissance von Profiltestungen, aber in den USA ist die „deeskalierende“ Diagnostik bereits weit verbreitet, um beispielsweise im DRG-Krankenhaus die Verweildauer zu senken oder bei Prävention und Früherkennung möglichst viele Krankheiten auf einmal zu erfassen. Beide – DRG-System und Prävention – stecken hierzulande noch in den Kinder- 400 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 0 1993 200 1992 Der Hauptvorteil dieser Systeme ist aus heutiger Sicht ihre Effizienz, ihr Nachteil der Zwang zur Zentralisierung von Laborleistungen. Um die teuren Straßen auszulasten, müssen viele Proben an einer Stelle gebündelt werden, etwa so wie man früher zu einer zentral gelegenen Telefonzelle gehen musste, um von unterwegs zu telefonieren. Die Vorhersage für 2020 lautet also: Ähnlich wie sich das Mobiltelefon gegen die Telefonzelle durchsetzte, werden handyähnliche Analysengeräte der vierten Generation mit den Zentrallaboratorien konkurrieren. Daraus ergeben sich auch Konsequenzen für die Blutabnahmetechnik, da solche Geräte mit einem Blutstropfen auskommen und keine Röhrchen mehr benötigen. 600 1991 Die vierte Generation 800 Umsatz (Mio €) Computersimulationen mit überlagerten S-Kurven etwa im Jahr 2020. Ab dann werden automatisierte Workcells und Analysenstraßen, die heute alle Hochdurchsatzbereiche auf einer einzigen Analysenplattform abdecken, kaum mehr Abnehmer finden. Typisch s-förmiger Verlauf der Umsätze mit POCT-Systemen in Deutschland: Nach einem flachen Teil boomt das Geschäft etwa fünf Jahre lang von 1996 bis 2002 mit jährlichen Wachstumsraten über 20% und flacht dann wieder ab (Quelle: VDGH und eigene Berechnungen). schuhen, werden aber in nicht all zu ferner Zukunft einen Bedarf für parallelisierte Analysengeräte schaffen. Schließlich kann man auch vorhersehen, dass die neue Gerätegeneration ihre Daten nicht mehr auf Druckern ausgibt, sondern mit Internet-Technologien in elektronische Akten einspeisen wird, wo sie dem Patienten und allen behandelnden Ärzten auf Knopfdruck zur Verfügung stehen werden. Diese „Telepathologie“ ist in Deutschland ebenfalls noch wenig entwickelt, aber unausweichlich. Die großen Elektronikkonzerne wie Siemens, GE und Philips haben längst neben ihrem klassischen medizinischen Standbein in der Radiologie auch die Labordiagnostik als Zukunftsmarkt erkannt: Ähnlich wie das Handy die Jugend der Welt im Sturm eroberte, sollen IT-vernetzte Miniaturgeräte in die Wohnzimmer alter, oft allein lebender Menschen vordringen. In regelmäßigen Abständen will man dort Blutdruck und Puls, Temperatur und vermutlich auch eine Reihe von Laborwerten an eine Zentrale senden. Wenn Gefahr im Verzug ist, wird der „doc around the clock“ informiert und meldet sich – möglicherweise – per Handy. Ob für die Laborüberwachung auf Dauer herkömmliche chemische Tests aus einem Tropfen Blut erstellt werden müssen oder tatsächlich irgendwann ein eingepflanzter Chip seine Signale aus dem Körperinneren sendet, ist heute noch nicht vorherzusagen. Wahrscheinlich sprechen wir hier eher über die fünfte Generation der Laborsysteme, die erst um 2050 zu erwarten ist. Falls Sie, liebe Leser, bis dahin nicht mehr im Berufsleben stehen, können Sie sich also getrost zurück lehnen und abwarten. Prof. Dr. med. Georg Hoffmann Trillium GmbH Hauptstr. 12b, 82284 Grafrath [email protected] 3 Life & Science: Wissen fürs Leben Das Hepatitis ABC Viren können durch Infektion von Leberzellen eine Entzündung der Leber (Hepatitis) hervorrufen. Dabei werden Viren, die primär die Leber infizieren, als Hepatitis-Viren bezeichnet. Die Nomenklatur lässt vermuten, dass es sich hierbei um nahe verwandte Erreger handelt; dabei wird jede der genannten Virushepatitiden durch genetisch und epidemiologisch sehr unterschiedliche Viren verursacht. Die heutige Ausgabe behandelt die in ihrem klinischen Verlauf sehr ähnlichen Hepatitis A- und Hepatitis E-Viren. HEPATITIS A (HAV) Darm in die Leber, wo es sich hauptsächlich vermehrt. Die Inkubationszeit beträgt 2 – 6 Wochen (Abbildung 1); das Virus wird schon vor dem Auftreten von klinischen Symptomen in großen Mengen im Stuhl ausgeschieden und damit weiter verbreitet. Auch im Blut kann die Virämie trotz Antikörperbildung bis zu einem Jahr andauern. Antikörper findet man ca. 3 Wochen nach Infektion, sowohl IgG als auch IgM. Die IgG-Antikörper bleiben erhalten und vermitteln eine lebenslange Immunität. Klinisch manifestiert sich die HAV-Infektion in Form einer signifikanten Transaminasenerhöhung, sowie der für akute Lebererkrankungen charakteristischen Gelbfärbung der Haut und Augen, dem Ikterus. Insgesamt ist der Verlauf eher mild; oft verläuft die HAV-In- HAV ist ca. 28 nm groß, unbehüllt, besitzt eine einzelsträngige RNA und gehört zur Gruppe der Picorna-Viren. HAV ist weltweit verbreitet, dabei ist der Mensch der einzige Wirt. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral über fäkal kontaminierte Nahrungsmittel bzw. Trinkwasser oder als Schmierinfektion, sehr selten auch parenteral durch Blut oder Blutprodukte. Dementsprechend findet man die höchsten Durchseuchungsraten in Ländern mit schlechter bzw. mangelhafter Hygiene. „Sexuelle“ Übertragung ist eher selten bei oral-analen Kontakten beschrieben und spielt epidemiologisch keine Rolle. Das Virus wird oral aufgenommen und gelangt über den HEPATITIS E (HEV) Ikterus Transaminasen Infektion 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wochen W HAV im Stuhl W HAV im Serum W Anti-HAV-IgG Abbildung 1: Verlauf der akuten HAV-Infektion 4 fektion asymptomatisch, vor allem bei Kindern unter 5 Jahren (weniger als 10% erkranken klinisch). Auch bei Erwachsenen weisen ca. 25% keine klinischen Symptome auf. Eine fulminante Hepatitis ist eher selten (weniger als 0,1%), jedoch steigt der Anteil mit zunehmendem Alter (ca. 2% tödlich endende HAV-Infektionen bei über 40-jährigen). Chronische Verläufe kommen nicht vor; nach spätestens einem Jahr ist die Infektion ausgeheilt und die Patienten symptomfrei. Eine spezifische Therapie der HAV-Infektion existiert nicht, es gibt jedoch einen gut verträglichen und effektiven Impfstoff. Dieser wird in zwei Dosen verabreicht, einer Grundimmunisierung und einer „Boosterung“ nach 6 – 18 Monaten; die Schutzdauer beträgt ca. 10 Jahre. W Anti-HAV-IgM Bis zu seiner Entdeckung 1990 wurde die HEV-Infektion als enterale non-A, non-B Hepatitis bezeichnet. HEV ist ca. 30 – 32 nm groß und, wie HAV, unbehüllt und mit einer einzelsträngigen RNA ausgestattet. Eine exakte Eingruppierung von HEV gibt es nicht, es steht jedoch in seiner Struktur den Caliciviridae nah. Das HEV ist mit sporadischen Ausbrüchen in einigen Endemie-Gebieten assoziiert (Abbildung 2), die Antikörperprävalenz weist aber auf eine weltweite Verbreitung evtl. in einer nicht pathogenen Form hin. Bei Schweinen lassen sich dem HEV sehr nah verwandte Viren nachweisen, so dass man inzwischen annimmt, dass es sich um eine Zoonose handeln könnte. Die Übertragung von HEV ist analog dem HAV fäkal-oral, jedoch ist die Virusmenge im Stuhl deutlich niedriger; daher ist die Transmission von Mensch zu Mensch selten. Häufiger sind hingegen Infektionen durch fäkal kontaminiertes Trinkwasser, die häufig epidemisch auftreten. Die akute HEV-Infektion verläuft vergleichbar mit der HAV-Infektion; im Einzelfall sind diese klinisch nicht unterscheidbar. Auch wenn ein großer Teil der akuten HEV-Infektionen asymptomatisch bleibt, ist der Verlauf insgesamt schwerer; die Letalität beträgt ca. 1%. Besonders gefährdet sind schwangere Frauen, bei denen die Letalität aus bisher nicht geklärten Gründen bis zu 20% beträgt. Abgesehen davon sind, wie bei HAV, keine chronischen Verläufe bekannt. Abbildung 2: Geografische Verbreitung von HEV; modifiziert nach Purcell und Emerson, J Hepatol. 2008. Zur Behandlung bzw. Prävention der HEV-Infektion existiert aktuell weder eine spezifische Therapie noch ist ein Impfstoff zugelassen; allerdings befindet sich zurzeit ein Impfstoff in der klinischen Prüfung (Phase II). Wie kann man sich vor HAV und HEV schützen? Schutz vor HAV: Impfung Schutz vor HAV/HEV: Einhaltung hygienischer Grundlagen wie: • Hände waschen • “Cook it, peel it, boil it, or forget it“ (gilt v. a. auch für Wasser!) • Vermeiden von Lebensmitteln, die mit potentiell kontaminiertem Wasser in Berührung gekommen sind, z. B. Muscheln, Salat, usw. Dr. Martin Stürmer und PD Dr. Annemarie Berger Institut für Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt a. M. Paul-Ehrlich-Str. 40, 60596 Frankfurt Schon gewusst? Welche Krankheitserreger sind durch eine Nadelstichverletzung übertragbar?* Virusinfektionen Bakterielle Infektionen Pilz-Infektionen Hepatitis B Brucella Abortus Blastomyces Dermatitidis Hepatitis C Corynebacterium Diphteriae Cryptococcus Neoformans Hepatitis G Neisseria Gonhorreae Sporotrichum Schenkii Human Immunodeficiency Virus Leptospira Icterohaemorrhagiae Simian Immunodeficiency Virus Mycobacterium Marinum Infektionen mit Protozoen Herpes Simiae Mycoplasma Caviae Plasmodium Falciparum Herpes Simplex Orientia Tsutsugamushi Toxoplasma Gondii Herpes Zoster Rickettsia Rickettsii Ebola/Marburg Staphylococcus Aureus Tumore Dengue Streptococcus Pyogenes Darm-Adenokarzinom Creutzfeldt-Jakob Krankheit (Prion) Treponnema Pallidum Sarkom Mycobacterium Tuberculosis * Jagger J, De Carli G, Perry J, Puro V, Ippolito G. Chapter 31. Occupational exposure to bloodborne pathogens: epidemiology and prevention. In: Wenzel RP; Prevention and Control of Nosocomial Infections. 4th ed. Baltimorek Md: Lippincott, Williams & Wilkins; 2003. 5 Gefahr erkannt - Risikomanagement TRBA 250 weiter verschärft Verletzungssichere Instrumente werden zur Regel ohne Ausnahme Im Februar hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine weitere Verschärfung der „Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250“ veröffentlicht. Bisher durfte ein Arbeitgeber auf verletzungssichere Instrumente verzichten, wenn er unter anderem Arbeitsabläufe festlegte, die das Verletzungsrisiko minimieren. Diese Klausel ist aus dem Regelwerk gestrichen. Denn nach Einschätzung des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) schützen nur Sichere Instrumente verlässlich vor Nadelstichverletzungen. Lediglich Patienten mit bekannt negativem Infektionsstatus dürfen weiterhin mit konventionellen Instrumenten behandelt werden. Seit vergangenem Jahr schreibt die TRBA 250 vor, dass Tätigkeiten, bei denen „Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge übertragen werden können“, mit verletzungssicheren Instrumenten durchgeführt werden müssen. Außerhalb der Hochrisikobereiche waren unter anderem Ausnahmen möglich, wenn der Arbeitgeber risikominimierende Arbeitsabläufe festlegte, „die auch in Notfallsituationen nicht umgangen werden“. Dies ist im praktischen Arbeitsalltag jedoch nicht zu gewährleisten, so die Einschätzung des ABAS. „In Situationen, die von der festgelegten Arbeitsroutine abweichen, schützen nur Sichere Instrumente verlässlich vor Nadelstichverletzungen“, erklärt Dr. Stefan Dreller von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und Mitglied des zuständigen Arbeitskreises im ABAS. Gemäß der jetzigen Fassung der TRBA 250 wird die sichere Arbeitsweise bei Verwendung von Instrumenten ohne Schutzvorrichtung nur vermutet, wenn der Infektionsstatus des Patienten bekannt ist und keine blutübertragbare Krankheit vorliegt. „Gerade bei Blutentnahmen gehen wir davon aus, dass routinemäßig nur noch verletzungssichere Instrumente verwendet werden“, so Dr. Dreller weiter. „Für die wenigen Ausnahmen, in denen der Infektionsstatus des Patienten vollständig bekannt ist, wird sich eine doppelte Lagerhaltung nicht mehr lohnen.“ IMPRESSUM Herausgeber: Becton Dickinson GmbH BD Diagnostics, Preanalytical Systems Tullastr. 8-12, 69126 Heidelberg www.bd.com/de Verantwortlicher Redakteur: Andreas Karallus,Tullastr. 8-12, 69126 Heidelberg Wissenschaftlicher Beirat: Initiative DIAPRO Druck: Druckerei Stolinski-Vöhringer GmbH Kopernikusstr. 4, 69190 Walldorf 6 Zum Rechtsstatus der TRBA 250 Die „TRBA 250“ enthält entsprechend dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik Vorgaben zum betrieblichen Arbeitsschutz beim Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen. Sie konkretisiert damit die Biostoffverordnung, ohne selber unmittelbar verbindliche Rechtsvorschrift zu sein. Arbeitgeber können daher theoretisch von den Vorgaben der TRBA abweichen, wenn sie einen gleichwertigen Schutz ihrer Mitarbeiter vor Nadelstichverletzungen garantieren und dies nachweisen. Dieser Nachweis muss sich jedoch am Sorgfaltsmaßstab der TRBA 250 messen lassen. Wer die TRBA 250 nicht kennt oder einfach ignoriert, handelt der Biostoffverordnung zuwider. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Initiative SAFETY FIRST! www.nadelstichverletzung.de Die vollständige Version der TRBA 250 finden Sie auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) www.baua.de Safety First, eine Gemeinschaftsinitiative der Universität Wuppertal – Fachgebiet für Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg – Abteilung für med. Soziologie, und dt. Koordinierungsstelle f. Gesundheitswiss./Public Health, der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege e.V. Fachkreisinformation: Dieser Newsletter der Becton Dickinson GmbH (BD Diagnostics, Preanalytical Systems) ist ausschließlich für Heilberufe und sonstige Fachkreise bestimmt. Haftung: Herausgeber und Redaktion prüfen die Veröffentlichungen sorgfältig; dennoch kann keine Haftung für deren Richtigkeit übernommen werden. Eine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen. Durch Einsendung eines Leserbriefs (auch elektronisch) räumen Sie dem Herausgeber das Recht ein, diesen ggf. aus redaktionellen Gründen umzuarbeiten und ihn im Rahmen dieses Newsletters (auch elektronisch) unter Nennung Ihres Namens und Ihres Wohnortes zu veröffentlichen. Urheberrechte: Alle in diesem Newsletter veröffentlichten Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt und die Rechte insoweit vorbehalten. Jede weitere Verwertung außerhalb der engen Schranken des Urheberrechtsgesetzes ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung des Herausgebers gestattet. BD, BD Logo und alle anderen BD Marken sind Eigentum von Becton, Dickinson and Company. © 2008 BD. Alle anderen Marken gehören dem jeweiligen Eigentümer. Safety & Science Urin – in vielen Laboren immer noch ein ungeliebter Arbeitsplatz Urin ist eine wichtige Probe in der Diagnostik. Wegen der vielerorts üblichen Handhabung allerdings ist der Umgang mit dieser Probe nicht beliebt. Das beginnt damit, dass Patienten ihren Urin in offenen Bechern abgeben. Bringen die Patienten die Probe von außerhalb mit, stellt die Standardisierung der Probengefäße eine ganz andere Herausforderung dar: Der Erfindungsreichtum der Patienten lässt die kuriosesten Gefäße ins Labor gelangen, vom Marmeladenglas bis hin zur Coladose. Die anschließende Überführung des Urins aus einem offenen Gefäß in die Röhrchen mit einem Saugkolbensystem oder gar durch Umgießen ist eine Herausforderung an die Geschicklichkeit und endet nicht selten damit, dass die Probe auch auf die Unterlage oder die Hände gelangt. Kontaminationen sind nicht nur unangenehm, sondern stellen ein konkretes Infektionsrisiko dar! Die Zuverlässigkeit der Laboruntersuchungen von Urinproben kann durch die Verwendung von ungeeigneten Sammelgefäßen beeinträchtigt werden. Als anschauliches Beispiel sei hier die Bestimmung von Zucker aus Urin ge- nannt, der in einem nicht gut gespülten Marmeladenglas transportiert wurde. Ein zusätzlicher wesentlicher Faktor ist die Zeit zwischen Gewinnung und Analyse. Während viele Analyte für 24 Stunden stabil bleiben, sollten mikrobiologische Untersuchungen spätestens innerhalb von 2 Stunden begonnen werden. Es gibt also einige Gründe dafür, warum Urin als Probe so unbeliebt ist – dabei ließen sich die meisten Probleme mit der Verwendung moderner Systeme für die Urinentnahme vermeiden. Dr. Kathrin Schlüter Scientific Affairs Manager BD Diagnostics, Preanalytical Systems Tullastr. 8-12, 69126 Heidelberg [email protected] BD Vacutainer® Urinsystem: Es geht auch hygienisch Anzeige Wie für Sie gemacht Einfache Handhabung, hohe Probenqualität und Hygiene Urin ist - wie Blut - ein potentiell infektiöses Probenmaterial. Das geschlossene BD Vacutainer® Urinentnahme und -transportsystem minimiert das Kontaminationsrisiko sowohl für den Anwender als auch für die Probe. Die Urinprobe wird durch den Vakuumsog hygienisch direkt vom Urinbecher in das Röhrchen transferiert. Hygienisch, weil es sich hierbei um ein komplett geschlossenes System handelt. Die Röhrchen sind innen steril, standardisiert und mit einem für Urin speziellen Farbcode versehen. Für klinisch-chemische Untersuchungen und die Mikrobiologie stehen Röhrchen mit speziellen Additiven zur Verfügung, bei denen die Proben bei Raumtemperatur bis zu 48 Stunden stabilisiert werden. Patient: Der Patient kann den Urin selbst in einem 120 ml Urinbecher oder in einem 24-Stunden 3 Liter Sammelbehälter sammeln. Das Pflegepersonal / die Arzthelferin transferiert den Urin danach in die entsprechenden Röhrchen für die Mikrobiologie oder die Urinanalyse. Das Röhrchen wird automatisch durch das Vakuum befüllt: Die Hände bleiben sauber und die Probe bleibt von jeglichen Umwelteinflüssen geschützt. Patient mit Katheter: Der Urin wird aus dem Katheter steril entnommen. Dabei verwendet man: • eine Kanüle oder einen Adapter (abhängig vom Kathertertyp) • einen Halter • ein BD Vacutainer® Röhrchen 7 Das kriegen Sie mit Sicherheit raus Rätsel Damit bleibt mit Sicherheit alles kalt! Die Sommerzeit rückt näher, die Temperaturen steigen. Nun will man nicht nur den Kopf kühl bewahren. Mit viel Glück können Sie diesmal bei unserem Preisausschreiben eine tragbare Kühlbox im Retro-Look von Jamie Oliver für vielseitige Einsatzmöglichkeiten gewinnen. Finden Sie die richtigen Begriffe für u.g. Umschreibungen und tragen Sie sie den Zahlen entsprechend in die waagerechen Reihen ein. Die Buchstaben der gelb gekennzeichneten Felder ergeben von oben nach unten gelesen das Lösungswort. Dieses schicken Sie uns per Post an u.g. Adresse oder per Mail an [email protected]. Einsendeschluss ist der 15. Juni 2008. Viel Spaß beim Rätseln! 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Kabellose Verbindung Japanisches Kirschblütenfest Arznei zum Auftragen auf die Haut Benötigt man zum Fechten Behälter für Flüssigarznei Weltraumbahnhof Getränk im Wonnemonat Stadt mit dem schiefen Turm Abkürzung für „Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe“ 10. Scheinarznei 11. Der VIII. mit den 6 Frauen 11 Hier die komplette Auflösung des Sudokus aus der letzten Ausgabe: Die Lösungszahl des letzten Rätsels lautet: 529 „Das Laborbuch für Klinik und Praxis“ haben gewonnen: • • Dr. Jörg Ziems, Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt Olaf Hußmann, Ev. Krankenhaus Göttingen-Weende Herzlichen Glückwunsch! 1 7 3 5 8 2 9 6 4 8 9 4 6 7 1 3 5 2 2 6 5 3 9 4 7 1 8 5 1 2 7 3 6 4 8 9 6 4 7 8 1 9 5 2 3 9 3 8 4 2 5 6 7 1 3 8 1 9 5 7 2 4 6 4 5 9 2 6 8 1 3 7 7 2 6 1 4 3 8 9 5 Nur Angehörige der Heilberufe und sonstiger Fachkreise dürfen an diesem Preisausschreiben teilnehmen. Mit der Teilnahme erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Name und Wohnort im Falle eines Gewinns in der nächsten Ausgabe des Blutbildes - auch elektronisch - veröffentlicht wird. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Mitarbeiter von BD sind von der Teilnahme ausgeschlossen. • Sagen Sie uns Ihre Meinung! Wir sind gespannt auf Ihre Anregungen und Kritik. • Sie möchten “BLUTBILD“ regelmäßig erhalten? Ihre persönliche Ausgabe können Sie kostenlos anfordern bei: 8 BD Diagnostics, Preanalytical Systems Redaktion “BLUTBILD“ Tullastr. 8-12 69126 Heidelberg Tel. ++49-(0)6221-305248 E-Mail: [email protected]