• UiD-DOKUMENTATION 45/46 1976 Die Verfassungsorgane im politischen Leben der Bundesrepublik So sieht unser parlamentarisches System aus Am 3. Oktober ist der 8. Deutsche Bundestag in freier und geheimer Wahl gewählt worden. Das gibt Anlaß zu dem Überblick, welche verfassungspolitische Rolle der Bundestag und die übrigen Verfassungsorgane wie Bundesrat, Bundespräsident, Bundeskanzler und Bundesverfassungsgericht im politischen Leben der Bundesrepublik Deutschland spielen. Bei der Wahl des Bundestages wurde bestimmt, welche politischen Kräfte die Belange der Bürger in den nächsten vier Jahren wahrnehmen sollen. Der größte Teil der Bürger, nämlich 48,6 Prozent der Wahlberechtigten, hat sich dabei für die CDU/CSU ausgesprochen, während für die SPD nur 42,6 Prozent und die FDP nur 7,9 Prozent stimmten. Die UNION kommt auf 254 Mandate, die SPD auf 224 und die FDP auf 40. Somit verfügen SPD/FDP knapp über die absolute Mehrheit. Nur durch eine Koalition ist es SPD und FDP deshalb möglich, gegen die stärkste Partei im Bundestag zu regieren. Der Bundestag Der Bundestag ist das höchste Verfassungsorgan der Bundesrepublik. Er ist die frei gewählte Volksvertretung. Seine wichtigsten Aufgaben sind die Gesetzgebung (Legislative) und die Wahl des Bundeskanzlers. Hinzu kommt die Mitwirkung bei der Wahl des Bundespräsidenten, die Wahl der Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichtes, die Mitwirkung bei der Wahl der Bundesrichter und der Anklagen gegen Bundesrichter, die sich standeswidrig verhalten haben, sowie die Feststellung des Spannungs- und Verteidigungsfalles und des Friedensschlusses. Nach seiner Konstituierung ist die erste Aufgabe des Bundestages, den Bundeskanzler zu wählen. Der Bundeskanzler wird dem Parlament vom Bundespräsiden- UiD-Dokumentation 45/46 1976 ten vorgeschlagen, der vorher mit den Parteien gesprochen und sich über die Aussichten der von den Parteien für dieses Amt benannten Persönlichkeiten unterrichtet hat. Solche Besprechungen sind insbesondere dann erforderlich, wenn keine Partei im Parlament über eine so sichere Mehrheit verfügt, daß sie ohne Unterstützung anderer Parteien eine Regierung bilden kann, die auch umstrittene Entscheidungen nach ihrem politischen Willen im Bundestag durchsetzen kann. Um in solchen Fällen sichere Mehrheitsverhältnisse zu gewährleisten, verbinden sich zwei oder mehr Parteien zu einer Regierungskoalition, während die anderen Parteien dann die Opposition bilden. Wahl des Bundeskanzlers Der Bundestag wählt den Bundeskanzler ohne Aussprache in geheimer Wahl. Für die beiden ersten Wahlgänge ist die absolute Mehrheit notwendig. Das heißt, der Bundeskanzler muß von der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages gewählt werden. Vereinigt auch im zweiten Wahldurchgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit auf sich, so ist eine dritte Wahl nötig, in der gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Der Bundespräsident muß ihn dann binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen. Ist der Bundeskanzler gewählt, so stellt er die Minister, die auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt werden, dem Bundestag vor. Der Bundeskanzler wird dann zusammen mit seinen Ministern vor dem Bundestag vereidigt. Das hervorragendste Recht des Bundestages ist die Gesetzgebungsbefugnis. Heute. wie zu allen Zeiten, bedarf das Zusammenleben der Menschen in einem Land allgemein geltender Regeln, der Gesetze. Diese Gesetze zu beraten und zu beschließen, ist die Aufgabe der Legislative. Sie schafft Rechtssätze, welche die Rechte und Pflichten der Bürger festlegen und nach denen Verwaltung und Rechtsprechung arbeiten. Wie Gesetze entstehen Als oberste gesetzgebende Gewalt initiiert, berät und verabschiedet der Deutsche Bundestag Gesetzesvorlagen. Gesetzesvorlagen aus dem Bundestag müssen von mindestens 26 Abgeordneten oder vom Vorsitzenden einer Fraktion im Namen der Fraktion eingebracht werden. Für die 7. Wahlperiode gilt: | B | Anträge der CDU/CSU Anträge der SPD/FDP Interfraktionelle Anträge Bundestagsinitiativen insgesamt 74 47 i5 136 UiD-Dokumentation 45/46 1976 Das Recht, Gesetze einzubringen, hat neben dem Bundestag auch die Bundesregierung — sie ist zur Ausarbeitung von Gesetzen durch ihren großen Apparat besonders befähigt — sowie der Bundesrat. Anregungen zu Gesetzen können aber auch vom Bürger, von Verbänden oder Interessengruppen kommen. Im allgemeinen werden Gesetzentwürfe vom Bundestag in drei Lesungen beraten. Einen wesentlichen Teil der Parlamentsarbeit leisten hierbei die Ausschüsse, an die die Gesetzesvorlagen nach der 1. Beratung überwiesen werden. Diese entsprechen zumeist den Fachgebieten der Bundesministerien und werden bald nach Konstituierung des Bundestages gebildet. Auf Grund von Vereinbarungen im Ältestenrat beschließt der Bundestag, wie viele Ausschüsse eingesetzt werden und wie viele Mitglieder sie haben sollen. Die Beratungen in den Fachausschüssen Im 7. Deutschen Bundestag sind 19 ständige Ausschüsse eingesetzt worden. Es handelt sich um Fachausschüsse, die jeweils für ein bestimmtes Gebiet zuständig sind und während der ganzen Dauer der Wahlperiode bestehenbleiben, z. B. der Auswärtige Ausschuß, der Innenausschuß und der Petitionsausschuß. Daneben können für die Beratung eines einzelnen umfangreichen Gesetzes oder für die Behandlung einer bestimmten Frage besondere Ausschüsse errichtet werden. Die Ausschüsse sind entsprechend den Fraktionsstärken besetzt, d. h. die ZusammenSetzung der Ausschüsse entspricht im kleinen der Zusammensetzung des Bundestages. Grundsätzlich sind die Beratungen nicht öffentlich. Es können nur die Mitglieder des Ausschusses und andere Abgeordnete sowie die Vertreter der Bundesregierung und des Bundesrates teilnehmen. Häufig führen die Ausschüsse zur Information öffentliche Anhörungen (Hearings) von Sachverständigen und Interessen Vertretern durch. Der Ausschußbericht liegt dann dem Bundestag bei der zweiten Lesung des Gesetzes zur Diskussion vor. Die ausschlaggebende Beratung ist die dritte Lesung. In ihr wird abschließend vom Bundestag über das Gesetz beraten. Mit der Schlußabstimmung tritt das Gesetz jedoch nicht automatisch in Kraft. Die Gesetze gehen, je nachdem, ob es sich um einfache oder solche handelt, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, unterschiedliche Wege. Der Bundesrat Höchstes Organ der Legislative ist neben dem Bundestag der Bundesrat. Er ist das Verfassungsorgan, durch das die Länder an der Gesetzgebung mitwirken. Der Bundesrat setzt sich aus 45 Mitgliedern der Regierungen der 11 Bundesländer zusammen, die je nach Einwohnerzahl mit drei, vier oder fünf Stimmen vertreten sind. Ihre Stimmen geben sie auf Grund von Beschlüssen ihrer Regierungen einheitlich ab. Die Bedeutung des Bundesrates läßt sich daran ermessen, daß der Bundesratspräsident Vertreter des Bundespräsidenten bei dessen Verhinderung im Amt ist. UiD-Dokumentation 45/46 1976 Der Bundesrat ist sowohl an der Beratung der Gesetze beteiligt als auch an der Einbringung von Gesetzesvorlagen. Diese Gesetzentwürfe des Bundesrates gehen zumeist auf Initiativen eines Bundeslandes oder mehrerer Bundesländer zurück. Sie werden dann in den Ausschüssen des Bundesrates behandelt, in denen jedes Land durch ein Mitglied des Bundesrates oder durch einen Beauftragten seiner Regierung vertreten ist. Damit ist im Ausschuß das Stimmgewicht der Länder gleichwertig und nicht wie im Plenum des Bundesrates verschieden je nach der Einwohnerzahl des Landes verteilt. Für die Beschlußfassung des Bundesrates ist grundsätzlich die Mehrheil aUer Stimmen, nämlich 21 (ohne die Berliner Stimmen) erforderlich. Seine Gesetzesinitiativen und Stellungnahmen zu Gesetzesvorlagen der Bundesregierung oder des Bundestages werden dann der Bundesregierung zugeleitet, die sie ihrerseits mit einer Stellungnahme an den Bundestag weiterleiten muß. Sind die Gesetze vom Bundestag endgültig verabschiedet, weiden sie unverzüglich dem Bundesrat zugeleitet. Dieser hat nun über den Gesetzentwurf zu befinden. Ist der Bundesrat mit dem Gesetz nicht einverstanden, so stehen ihm je nach Art des Gesetzes unterschiedliche Mittel und Wege zur Verfügung, das Gesetz zu verhindern bzw. zu ändern. Einfache Gesetze In diese Kategorie fallen diejenigen Gesetze, die nicht das Grundgesetz ändern oder für die das Grundgesetz nicht vorsieht, daß sie der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Der Bundesrat kann hier, wenn er das Gesetz in der vom Bundestag beschlossenen Form nicht billigt, den Vermittlungsausschuß anrufen. Dieser Ausschuß wird zu Beginn der Wahlperiode aus je 11 Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates — je ein Mitglied aus jedem Land — gebildet. Obwohl er nur eine beratende und keine entscheidende Funktion hat, trägt er in vielen Fällen bei umstrittenen Gesetzen zu einem tragfähigen Kompromiß bei. Der Bundesrat kann darüber hinaus, wenn er auch nach dem Abschluß des Vermittlungsverfahrens nicht mit dem Gesetz einverstanden ist, Einspruch einlegen. Der Bundestag stimmt über diesen Einspruch noch einmal ab. Er hat dabei die Möglichkeit, den Einspruch durch den Beschluß einer entsprechenden Mehrheit aufzuheben. Zustimniungsbedürftige Gesetze Diese Gesetze können nur dann rechtskräftig werden, wenn der Bundesrat ihnen ausdrücklich mit der Mehrheit seiner Stimmen zustimmt. Dabei handelt es sich vor allem um Gesetze, die die Einnahmen und Ausgaben oder die Verwaltungszuständigkeil der Länder berühren. Der Bundesrat hat hier ein absolutes Vetorecht, er kann endgültig nein sagen und damit ein Gesetz verhindern. UiD-Dokumentation 45/46 1976 Wie verantwortungsvoll die Union mit ihrer Mehrheit im Bundesrat seit 1969 umgegangen ist, zeigt eindrucksvoll die Statistik. Von 1969 bis Juli 1976 sind nur vier Gesetze an der Zustimmungsverweigerung des Bundesrates gescheitert. Verfassungsändernde Gesetze Gesetze, die das Grundgesetz ändern, können nur mit Zweidrittelmehrheit des Bundestages und Bundesrates verabschiedet werden. Da keine der tragenden Kräfte über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügt, können Grundgesetzänderungen nur im Einvernehmen zwischen den großen Parteien vorgenommen werden. Anzahl der bisher vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetze I. Wahlperiode (1949 — 1953) 545 II. Wahlperiode (1953 — 1957) 510 III. Wahlperiode (1957—1961) 423 IV. Wahlperiode (1961—1965) 426 V. Wahlperiode (1965 — 1969) 454 VI. Wahlperiode (1969 — 1972) 333 VII. Wahlperiode (1972—1976) 515 Der Bundespräsident Der Bundespräsident repräsentiert als Staatsoberhaupt die Bundesrepublik Deutschland nach außen und vertritt den Bund völkerrechtlich, d. h. er schließt im Namen des Bundes die Verträge mit den auswärtigen Staaten. Er ist die neutrale Kraft im politischen Spannungsfeld und ein Garant unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Durch die Verfassung wird der Bundespräsident aus der Tagespolitik herausgehalten. Das wird auch darin deutlich, daß er zwar die Bundesgesetze unterzeichnen muß, bevor diese in Kraft treten, er aber keinen Einfluß auf ihren Inhalt hat. Dem Bundespräsidenten steht nur das Recht zu, zu prüfen, ob die Gesetze verfassungsgemäß zustande gekommen sind. Der Bundespräsident wird jeweils auf 5 Jahre von der Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung besteht aus den 496 stimmberechtigten Abgeordneten des Bundestages und der gleichen Anzahl Delegierter aus den Länderparlamenten. Die Länder sind entsprechend ihrer Bevölkerungszahl und entsprechend der Wahlergebnisse aus den Landtagswahlen vertreten. In der Bundesversammlung gehören zur Zeit von 1 036 Delegierten 531 der CDU/CSU, 436 der SPD und 69 der FDP an. Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung erhalt. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Der Bundespräsident wird dann vor dem Bundestag vereidigt. UiD-Dokumentation 45/46 1976 Die Bundesregierung Wichtigstes Organ der vollziehenden, ausübenden Gewalt (Exekutive) ist die Bundesregierung. Nachdem die Gesetze vom Parlament, der Legislative, beschlossen sind, ist es Sache der Bundesregierung, sie auszuführen. Sie ist dabei für ihr Tun dem Parlament verantwortlich. Wie bereits erwähnt, wird der Bundeskanzler vom Bundestag gewählt. Der Bundeskanzler schlägt dann dem Bundespräsidenten seine Minister vor, der sie ernennt. Die entscheidende Rolle bei der Kabinettsbildung liegt beim Bundeskanzler. Der Bundestag hat keinen direkten Einfluß auf die Regierungsbildung. Die Minister sind weder für den Amtsantritt noch für das Verbleiben im Amt von dem Vertrauen des Bundestages abhängig. Auch der Bundespräsident ist praktisch an die Vorschläge des Bundeskanzlers gebunden. Zwar hat es in der Vergangenheit Versuche verschiedener Bundespräsidenten gegeben, Einfluß auf die Kabinettsbildung zu nehmen und sogar die Ernennung bestimmter Minister zu verweigern. Doch hat nach Prüfung der Verfassungslage in allen Fällen letztlich der Bundespräsident den Vorschlägen des Bundeskanzlers zugestimmt und die Ernennung vorgenommen. Mit der Vereidigung der Bundesminister vor dem Bundestag ist die Regierungsbildung abgeschlossen. Die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers Die Bundesregierung, — der Bundeskanzler und die Bundesminister als Kollegium —, hat die Aufgabe zu regieren, d. h., die politischen Entscheidungen für die Bundesrepublik Deutschland als Ganzes zu treffen. Dabei hat der Bundeskanzler die Richtlinienkompetenz, er bestimmt die grundsätzliche politische Richtung und trägt die Verantwortung für die Politik der Regierung. Innerhalb der Richtlinienkompetenz führen die Minister ihre Ressorts weitgehend selbständig. Als Mitglieder der Bundesregierung nehmen sie an der allgemeinen politischen Führung teil. Die Minister sind an das Vertrauen des Bundeskanzlers gebunden und können auf seine Veranlassung vom Bundespräsidenten jederzeit entlassen werden. Die Stellung eines einmal gewählten Bundeskanzlers ist nach dem Grundgesetz sehr stark. Er kann nur durch die Wahl eines Nachfolgers vom Amt abgelöst werden. Das Instrument dazu ist das konstruktive Mißtrauensvotum. Gemäß Artikel 67 des Grundgesetzes kann der Bundestag mit der Mehrheit der Mitglieder dem amtierenden Bundeskanzler das Vertrauen entziehen, indem es einen anderen Bundeskanzler wählt. Der Bundespräsident ist dann verpflichtet, den bisherigen Bundeskanzler zu entlassen und den neugewählten zu ernennen. Außer durch Tod oder durch Rücktritt endet das Amt des Bundeskanzlers und damit automatisch das seiner Minister mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages. UiD-Dokumentation 45/46 1976 Die Bundesregierungen seit 1949 Bundeskanzler Kabinettsitze ADENAUER (CDU) Erstes Kabinett 20. 9. 1949 — 6. 10. 1953 Zweites Kabinett 20. 10. 1953 — 22. 10. 1957 Kabinettsumbildung am 16. 10. 1956 Drittes Kabinett 28. 10. 1957 —7. 11. 1961 Viertes Kabinett 14. 11. 1961 — 13. 12. 1962 Fünftes Kabinett 13. 12. 1962 — 15.10.1963 6 CDU CSU 2 8 CDU CSU 10 3 CDU CSU 4 12 CDU CSU 4 12 CDU CSU 4 12 CDU CSU 3 FDP 4 FDP 2 FDP 2 DP 5 FDP 5 FDP ERHARD (CDU) 4 Erstes Kabinett 13 17. 10. 1963 — 25. 10. 1965 CDU CSU 5 Zweites Kabinett 13 26. 10. 1965 — 1. 12. 1966 CDU CSU Am 27. 10. 1966 Ausscheiden der FDP-Minister 5 FDP 4 FDP KIESINGER (CDU) 1. 12. 1966 — 20. 10. 1969 CDU 3 CSU 2 DP 2 BHE 2 DP 9 SPD BRANDT (SPD) Erstes Kabinelt 12 3 1 22.10.1969—19.11.1972 SPD FDP parteilos seit 16. 5. 1972 ohne Koalitionsmehrheit durch Ausscheiden von SPD- und FDP-Abgeordneten Zweites Kabinett 13 5 15. 12. 1972— 7. 5. 1974 SPD FPD SCHMIDT (SPD) Erstes Kabinett 16. 5. 1974—13. 12. 1976 12 SPD 4 FPD 2 DP 1 partei los UiD-Dokumentation 45/46 1976 Das Bundesverfassungsgericht Alles staatliche Leben vollzieht sich auf der Grundlage der Verfassung. Das Grundgesetz weist der rechtssprechenden Gewalt eine besonders starke Rolle zu. Es sieht fünf Gerichtsbarkeiten vor, an deren Spitze jeweils ein oberster Gerichtshof des Bundes steht. Aus diesen hohen Gerichten ragt das Bundesverfassungsgericht besonders hervor. Es steht selbständig und unabhängig neben den anderen Verfassungsorganen und ist oberster Hüter der Verfassung. Seine Aufgabe ist es, den Gesetzgeber zu kontrollieren, ob er beim Erlaß der Gesetze gemäß den Vorschriften des Grundgesetzes, d. h. verfassungsmäßig gehandelt hat. Es kontrolliert aber auch Behörden und Gerichte, ob sie bei ihren Maßnahmen und Entscheidungen das Grundgesetz beachtet haben. Es beschließt ferner über die Rechtmäßigkeit von Bundestagswahlen, das Verbot politischer Parteien und über die Verwirkung von Grundrechten. Entscheidungen haben Gesetzeskraft Das Bundesverfassungsgericht kann nie von sich aus, sondern immer nur auf Antrag von außen tätig werden. Sowohl die Bundesregierung als auch Landesregierungen sowie ein Drittel der Mitglieder des Bundestages können beantragen. Bundes- oder Landesrecht auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder Landesrecht auf seine Vereinbarkeit mit einem Bundesgesetz zu prüfen. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben Gesetzeskraft. Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten mit je acht Richtern. Die Richter werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. In den 26 Jahren ihrer Anwendung hat sich die parlamentarische Verfassung der Bundesrepublik Deutschland bewährt. Manches hat sich zwar anders entwickelt, als die Väter des Grundgesetzes es sich vorgestellt hatten. Die Grundidee unserer Verfassung, ein wirksames System gegenseitiger Machtkontrolle zwischen den Verfassungsorganen, zwischen der Legislative und der Exekutive, zu schaffen, zeigte über die Jahre hinweg Bestand. Die Verfassungsorgane haben sich als solider Rahmen für die Fortentwicklung der Demokratie in unserem Lande erwiesen. UiD-Dokumentation — Verantwortlich: Heinz Winkler, 53 Bonn, Konrad-Adenauer-Haus. Verlag: Union Betriebs GmbH, 53 Bonn, Argelanderstraße 173. Geschäftsführer: Peter Müllenbach, Gerhard Braun. Druck: VVA-Druck Düsseldorf.